Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 15, 1911)
WHAT-ALLE LPI OLIL LLLU LU! Ein Roman au- dem Leben ..-...- «.- ««--k---I«---s--XXBXTJZIFXIXZXIT 7II IIIIPIYIV YIVZU YYLIZ717!(V·’" UEJLITL Gib mich fcm h11431242iCIZIKZIZZZIZZZZIOZCZZZZZOZZIZZJIJIOZCOZZZOZZZ Wssssspss ; Z--,»»« -«», Von Hedwig Courthsimahler kas Lisa stand in dem langschleppenden W Brauttleide nor dem Spiegel - Ist zwei Stunden war sie aus dem tat-besann nach Recht und Gesey Gattin des Barons Ronald von tolle - hechingen geworden Nun We vie iirchliche Einsegnung der Ist stattfinden. Lisas Tante, Frau Jenseit Limbach, stand vor ihr und betrachtet sie durch ihre Stillorgnette mit kritischen Blicken. Sie gab der Jungfer, die noch um Lisa beschäftigt war, in vornehm lispeindem Ton An weist-agen, was noch an dem Kleide geordnet werden mußte. Lisa selbst sagte kein Wort dazu. Sie stand in geraden gezwungener Haltung da und blickte mit grasen, peririiurnten Augen in den Spiegel Ein scheues verklärtes Lächeln huschte zuweilen um ihren Mund, und leise Seufzer entstiegen ihrer Brust, als sei sie zu eng für das, was sie empfand. Sie war keine Schönheit, die blasse. scheue Lisa. Jhre mittelgroße Gestalt war entschieden noch zu schlank und unentwickelt: die Linien entbehrten der Rundung. Dieser Eindruck wurde noch durch eine steife. gezwungene Haltng ver-schärft Jn ihrem Wesen lag etwas Gedrücktes, Unselbständi gej, wie man es bei Menschen findet, die sich nicht srei entwickeln lonnten. —- Jhr Gesicht war zu farblos und besaß wenig Reiz. Zwar hatte sie wende-schöne dunkelblaue Augen, W braunes Haar und einen hübsch Mittenen Mund: aber die Lippen n meist sest auseinander, die Au Sen verbargen sich zu oft unter den Libera, und das- baar war straff und nnkleidsain über die Stirn zurückge nommen. Eis-bildete am Hinterlon ei nen dicken, til-stehenden Knoten und gab dein Avps eine unvortheilhaste Form. Diese von Frau Koniul Linn-ach fiir ihre Nichte gewählte Frisur legte sür die Geschmacklosigleit und den rnangelnden Schönheitssinn dieser Dame beredtes Zeugnis ab. Die Jungfer hatte versucht, der Konsulin wenigstens sür heute die Er laubniß abzuringen, der jungen Braut eine gefälligere, moderne Frisur ma chen zu dürfen. Sie schlug einen locker fallenden, welligen Scheitel vor, und Lisa hatte bei dieser Bitte mit scheitern Verlangen in die kalten, im mer halbgeschlossenen Augen der Tante get-liest Sie fand ihre eigene Frisur greulich und unschön und hätte ihr Haar schon längst gern anders geord net. Aber Tantes Befehl verbot das ein für allemal. Auch heute schüttelte sie, die Liplen vornehrn lriiuselnd, den Kopf. «Frisiren Sie die Frau Baronin wie alle Tage, Minnen Derartige Fri suren passen für Kellnerinnen und La denmädchen, oder für Künstlerinnem —- ader nicht für eine wirllich vor nehme Dame.« Lisas Lippen zuckten bei diesen Marter-. Sie hätte gern gesagt, daß diese Damen der Gesellschaft sich so fritirten, tvie es Minna für sie in Vorschlag gebracht; aber ein Blick in Tante Herminens kaltes, strenges Ge sicht hielt sie davon ab. Sie wußte ja aus Erfahrung, daß Tante nie von dem abging, was sie bestimmte. Sie nannte das Konsequenz, ihr Gatte be zeichnete es jedoch im Stillen mit Starrtüpsigleii. Wie immer, ordnete sich Lisa auch heute dem desvotischen Willen der Tinte unter. Die Jungfer suchte mitleidig durch Brauitranz und Schieier die strengen Linien der Fri fur zu mildern. Dazu slag heute ein teier Noth auf den sonst so blossen Bangen, und die Augen strahlten in tensiver So fah die junge Braut Ieicht gar fo reizlos aus. Lifa legte auch nicht viel Gewicht auf Aeußerlichkeiten. Schließlich war es gleich, ob sie so oder fo frisirt war, —- ihrem Ronald gefiel sie doch. Er liebte sie, wie sie war: ihm galt ihre Seele mehr als ihr Aeußeres. Sonst hätte er sie doch nicht zum Weibe be gehrt, —- er, ihr Höchsteå Bettes im Leben, ihr herrlicher Ronald, — ihr Gatte Welch ein wunderbares unfaßbares Glück, daß er sie liebte, fie, die Im scheinbare stille Lisa, die weder schön noch glänzend, weder besonders geist reich noch interessant war! Nie wäre es ibr eingefallen, an seiner Liebe zu zweifeln. So unverdient Und wär cbenhaft ihrem befcheidenem Sirm ihr Glück erschier so demüthig sie sich auch vor der Größe desselben beugte, nie suchte sie nach« einem anderen Sei-nd siir seine Wert-ung. Daß er sie liebte und zur Frau begehrte, war ihr ein hsldes Wunder, dem sie sich mit gläubige- Herzen beugte. Es kam the nie in den Sinn, daß Reichs ihr Reichthum ihn dazu be wogen haben konnte. Reichthum war the etwas so Gewohntes, Gleichgülti Z seit sie ei immer besessen hatte, sure sie die Macht des Geldes nicht. ; : meste so wenig vom Leben über j« read ahnte ntebt, das Geld ein A Meer satt-r war als Liebe. Jst Das einzige Gute hatte Tante Hei- s mines Erziehung bei ihr erzielt, vaßl sie nicht stolz ans die Macht des Gel des pochte wie andere Erbinnen. Lisa wußte wohl daß ihr die Eltern ein sehr großes Vermögen hinterlas« en hatten, dasz sie einst auch Onkel und Tante Limbach und auch noch eine Schwester ihres Vaters, Frau von Rahnsdors beerben würde. Aber der Begriff daß sie mit diesen Aussichten eine glänzende Partie war, ging ihr vollständig ab. Dazu hatte sie Tante Hermine viel zu sehr in Bescheiden heit nnd Demuth erzogen. Tante Her mine war einst ein seer armes adliges Fräulein gewesen« und obgleich sie bei ihrer Berheirathung sehr wohl mit dem Vermogen ihres Gatten gerechneti hatte liebte sie es wegwerfend vom’ »schniiden Mammon« zu sprechen. Sie verherrlichte die Geburtsaristotratie sehr aus Kosten dee Geldaristolratir. Da nun Lisa nicht gleich ihrer Tante ein adliges Fräulein war, sondern nur ein reiches, bürgerliches Mädchen so siol es ihr nicht ein. diesen Reichthum als etwas besonders Erstrebenswerthes anzusehen. - j Zu ihrer heimlichen Beschämung mußte sie sich indessen eingestehen daß sie gar nicht das hohe Glück zu wüt digen verstand, eine Baronin Stolle Hechingen zu werden. Die Tante1 siihrte ihr dies Glück täglich vor Art-s gen; aber Lisa wußte ganz genau:3 wenn ihr Ronald irgend ein Schutzes oder Lehmann gewesen wäre, sie hätte ihn ebenso lieb gehabt und wäre ebenso stolz gewesen« keine Frau zu werden ; Aber das durfte Tante um Himmels willen nicht wissen; und auch Ronald’ hätte sie das nicht zu sagen gewagt. · wenn er auch gar nicht stolz aus seinen Namen pochte, wie es Tante immer that. « Die Konsulin hatte Lisa in ihrer despoiischen Weise erzogen. seit diese als achtjiihrige Waise in ihrhaus kam. Lisa war der Gegenstand eineri Erziehungsmethode, die jede person-i liche Eigenart erstickt und willens-l schwache Menschen schafft. Sie wars erfüllt von dem Bewußtsein. daß esl ihn Pflicht mak, sich bedingungslos-II der Tante unterzuordnen, gleichviel, ob sie Lust dazu hatte oder nicht Tanie hermine war vom Unfehslbar-1 teiisteufel besessen: und das schüch-( terne Kind glaubte an diese Unfehl-. barieit. Wenn sich später auch leise Zweifel daran einstellten, so war Lisa l doch inzwischen so willenlos gemacht worden, daß sie nie zu revoliiren wagte. Onkel Karl, Frau Herminens Gatte, war viel zu gutmüthig, fried liebend und bequem, um seiner Gat tin gegenüber seinen Willen zur Gel tung zu bringen. Er war zwar mit ihrer Erziehungsmethode gar nicht einverstanden; aber er traute sich doch nicht genug piidagosgifche Fähigkeiten zu, um einzugreifen. Außerdem blieb ihm bei seinen ausgedehnten Ge schäftsverbindungen wenig Zeit, sich um Lisa zu kümmern. Aeußerte er jedoch einmal sein Miß fallen an der filavisrhen Unterdrückung jeder Willensregung seiner Richte, dann sah ihn seine Gattin mit dem erstauntesten, iiiltesten und vornehm sten Blick an, den sie auf Lager hatte, und sagte: »Lieber Karl«, — »lieber« wurde stark betont. »Ich wünfche, daß Du mir über-läßt, Lifa zu einer wahrhaft vornehmen und wohlerzogenen jungen Dame zu erziehen. Davon verstehst Du nichts. Da der Himmel uns lei der selbst ein-Kind versagte, will ich ’ men in dieser die Tochter Bemes- Bruoerg mir au der Sorgfalt erziehen, die ich einer eigenen Tochter widmen würde. Jch bosse, Du machst mir mein schweres Amt nicht durch gedankenlose und ge fährliche Weichherzigieiten noch schwe: ret. Du weißt, ich wurzle noch mit allen Fasern in dem Boden, dem ich entstamme. Jn meiner Familie, in der Familie der Freiherrn von Schlorndors, werden alle jungen Da wahthast vornehmen bescheidenen Weise erzogen« Damit wurde Karl Limbach stets zum Schweigen gebracht. Wenn seine sGattin die Geborene von Schlornbors I I ins Treffen führte, war er geschlagen. Richt, weil er diese wohledle Familie so sehr ehrfurchtsvoll zu betrachten pflegte, sondern weil seine Gattin, wenn sie dies Thema anschnitt, über haupt kein Ende fand und sich so in Selbstberiiucherung gefiel, daß ek trog seiner Friedsertigkeit wild wurde Ebeliche Szenen waren ihm aber ver haßt; deshalb gab er dann meist lie ber Fersen-gehn Solange seine Frau noch jung und hiibsch war, hatte er ihr zuweilen den Gefallen gethan, sich überzeugen zu lassen, wie beneidenöwerth er sei, eine Geborene von Schlorndors zur Frau bekommen zu haben. Später wurden ibin diese Ergiisse langweilig, und fest trieben sie ibn in die Flucht. So war Lisa den Erziehungprim sit-ten ibeer Tante aus Gnade und Unsnade überliefert Sie besaß zwar noch eine Taute, die energisth genug war, um Frau Herniine " nachdritcilich genug den Standpunkt klar zu machen; aber Frau von Rahnsdors hatte sieh voll ständig mit ihrer Scheoiigerin über worsen, und jeder Verkehr zwischen ihnen hatte aufgehsrt. Anna von Rahnsdorf war seit «»Jahren Wittwe; und da sie auch keine Kinder besaß, hätte sie Lisa sehr gern zu sich genommen. Herrnine hatte das jedoch zu hintertreiben gewußt. Sie nahm Lisa hauptsächlich in ihr Haus, um ihre Schwögerin, die sie haßte. zu ärgern. Dadurch tvar die Feindschaft der Schwägerinnen noch verstärkt worden· sswar hatte Hermine einwilligen müssen. daß Frau von Rahnsdorf zu Lisas Hochzeit eingeladen wurde, aber diese hatte abgelehnt zu kommen. Während Pisa noch vor dem Spie gel stand, wurde ein Brief fiir sie ge bracht. Erröthend schaute sie aus die Adresse: " »Frau Baronin Eiisabeth Stolle Hechingen". Wie sonderbar fremd und doch vertraut ihr dieser neue Name erschien. »Von wem ist der Brief, Lisai« Fragte die Konsulin ungeduldig. »Du mußt Dich beeilen, wenn Du ihn noch lesen willst.'-« Lisa öffnete ihn und blickte nach der Unterschrift «Von Tante Anna,« sagte sie er staunt Die Konfulin machte ein vertniffeg neS Gesicht, und in ihren kalten Au gen guckte es bösartig auf. Wie un willkürlich streckte sie die Hand aus, um ihn Lisa iortzunehmen. Jn deut selben Augenblick wurde sie in einer wichtigen häuslichen Angelegenheit abgerufen. Mit einem unschlussrgenl Blick auf den Brief in Lifaz Hand rauschte fie hinaus. Die junge Frau las den Brief nur flüchtig durch und faltete ihn dann schnell zusammen, um ihn in einer kleinen Ledertasche zu bergen, die zu ihrer Neisetoilette ge hörte. Sie wollte ihn später auf der Reise vielleicht. noch einmal aufmerk sam durchlesen, da ihr der Einhalt wichtig erschien. Jetzt konnte re sich nicht näher damit befassen. da Tante hermine jeden Augenblick zurückkehren konnte., Diese durfte den Brief um keinen Preis lesen, weil er durchaus nicht in schmeichelhaften Ausdrücken von ihr sprach. Die Konsutin kehrte wirklich gleich darauf zurück. »Nun, wo hast Du den Brief, Lisa?« fragte sie hastig. Die junge Frau blickte scheu und beklommen auf. »Ich habe ihn schon fortgelegt, Tantex er war nur fiir mich be siimmt.« »Mit fiir Dich befiimrnt? Was soll das heißen?« fragte die Konsulin schmi. Lisa war betreten. »Es war ein Glückwunsch zu meiner ; Hochzeii « z Die Konfulin bliebe sie miß irauisch an; aber ehe sie noch etwas erwidern konnte, wurde an die Thiir geklopft und eine tlare Männer l ftimme rief draußen. »Bist Du fertig, lLisa?« « Ein strahlendes Leuchten flog über T das Gesicht der bräutlichen Frau. Sie keilte zur Thür und öffnete. Ein Egroszer, schlanker Offizier stand auf ider Schwelle. Lisa fah zu ihm auf Imit strahlender Jnnigkeit. Er war ,erne vrnehme, elegante Erscheinung ISchlante sehnige Figur gebräunter sTeint, rassige, sestgefiigte Züge und kklare graue Augen vereinigten sich zu seinem sympathischen Ganzen. Der stleine gestutzte Lippenbart war etwas lbellen als das soldatisch verschnittene baut-than « Schmerz zusammen. x Seine Augen singen den strahlen den Blick Lisas aus; und einen Mos» ment zog sich feine Stirn wie ims »Du bift da,« sagte Lifa mit einems fo warmen, jubelnden Ausdruck, daß’ feine Stirn sich röthetr. ; Er führte ihre lleine schmale Hand ritterlich an die Lippen. Dann fah er mit einem Lächeln in ihr Gesicht, einem Lächeln. dem sie nicht anmerltq wie gezwungen es war. »Es ist Zett, Lifa. Wir müssen fort,« sagte et mit freundlicher Ruhe. Schnell begrüßte er noch die Konsu-« lin; dann zog er Lisas Arm durch den seinen und führte sie hinaus· Die Konsulin gab der Jungfer noch Wei sung, mit dem Reifekoftiim der funaen Frau um fechs Uhr im Hotel Fär fienhof zu fein, um dieser beim Um lleiden zu helfen. Die hochzeitsfeier des jungen Paares wurde in diesem vornehmsten Mel abgehalten, weil eine folche Menge Einladungen Wozu ergangen waren, daß die Räume der Billa Limboch nicht ausgereicht hätten. Au ßerdem liebte Frau hermtne große Umwälzungen tm haust-alt nicht. Da viele Säfte von outmärts ge laden waren, hatten diese auch zu , gleich im Ml Wohnung genommen Ettoas ver-stimmt darüber, daß sie den Brief ihrer Schwägerin nicht zu lesen bekommen hatte, suhr die Kon sulin neben ihrem Gatten nach der Petritirchse, wo die Trauung des jun gen Paarej stattfand. c O I Die Hochzeitsgesellschast saß in dem großen Festsaal des Fürstenhqu in seöhlichek Stimmung an der sestlich geschmückten Tasel. Man hatte sich bereits am Abend vorher mit den sympathischen Festtheilnehmern ange sreundet, und die formelle Steisheit war unter Einwirkung des Weines verschwunden Außer einigen Mitgliedern der Freiherrlich Schlorndorsschen Familie waren noch verschiedene Vertreter der Geburtsaristotratie anwesend. Unweit des Brauipaares saßen Mutter und Schwester des Bräutigams. Die ver wittwete Baronin von Stolle-hechin gen sah mit frohen Augen aus ihren stattlich-en Sohn. War doch durch seine Verbindung mit der reichen Er bin eine schwere, drückende Last von ihrer Seele genommen. Lotte Lechingen, Ronalds Schwe ster, eine bildhiivsche schlanke Blon dine· blickte jedoch zuweilen besorgt in das ernste Gesicht des Bruders. Sie war von Kind aus seine Ver traute gewesen und wußte, daß er nicht mit freiem, leichtem Herzen tn diese Ehe ging. Neben Lotte sasz Kurt Mailin, Nonnle bester und intimster Freund und Regimentstamerad. Er unter hielt ftch eisrig und angeregt mit sei ner reisenden Tischnachbarin. Seine Althn sahen dabei mit Wohlgefallen in Lottes Gesicht. Sie sprachen von schönen, vergan genen Tagen, die sie gemeinsam ver lebt hatten. Als Kadett hatte Kurt Mallwih seinen Freund Ronald zu weilen nach Hechingen begleiten dür fen. Ei war schon damals iheure Zeit aus Hechingen gewesen; aber Ronalds Vater hatte noch immer ge hosst, sein Stammgut halten zu tön nen. Jedenfalls hatte sich das Jung voll die Stimmung nicht durch dro hende Zukunstöbilder trüben lassen. Schön, wunderschön war es immer qewesen in den Ferien. Sie zehrten noch jetzt davon. Die beiden jungen Menschen ver kehrten in einem heiter freundschaft lichen Ton mit einander, der nur zu weilen, in nahen-achten Momenten, ein ernsteres Gepräge erhielt. Dann blickten sie sich seltsam weich und ties in die Augen, selbstve:.oren, selbstver gessen. —- Aber schnell retteen sie sich wieder hinter den neckenden, lustigen Ton. Sie wußten ganz genau von ein ander, daß sich hinter diesem leichten Geplänlel etwas Andere-, viel Werth volleres versteckte: aber sie wußten auch, daß sie sich das nicht sagen durften, daß sie nie einander angehö ren konnten. Denn sie waren beide sehr arm. Kurt Mallnii erhielt von einem Cvusin seiner Mutter eine schmale Zulage. Seine verwittwete Mutter lebte bei diesem Cousin, dem Majo ratzherrn von Brachwitz aus Brach wiy als Hausbamr. Brachwih hatte zwar leine Kinder. Sein einziger Sohn war vor Jahren auf einein Ritt tödtlich verunglückt; und der Schmerz darüber hatte auch der Mutter desselben das Leben ge kostet. Aber Berichin war Majorat und fiel nach dem Tode des jetzigen Besitzers an eine Seitenlinie. Mallg witz hatte also keine hoffnung, jemals in eine bessere Vermögen-lage zu lam men. Trotz dieser Aussichtslosigleit lieb ten sich Lotte Hechiugen und Kurt Mallwih. Aber sie waren tapfer und vernünftig und wußten· daß sie vom Schicksal nichts Unmögliche-·- ertrotzen konnten. Vorläufig waren sie auch noch jung und lebensfroh genug, um sich an der Gegenwart genügen zu lassen, und eins half dem andern, da mit die herzen nicht zu schwer wur den. Lotte hechingen war heute auch zu sehr mit ihres Bruders Schicksal be schäftigt, um viol an das eigene zu "denlen. So lieb sie auch die scheue Iftille Lisa mit dem weichen warmen sherzen gewonnen hatte, fürchtete sie doch, daß ihr Bruder nicht mit ihr glücklich werden würde, weil sein herz einer Andern gehst-te Ronald liebte Lilli Sandern, Lottes Pensionsstatu din. Lilli, die Tochter eines vermä genslosen Majori, war ein bildschiis net, anmuthiges Geschöpf voll Geist und Temperament; und wenn sie auch taurn so gut und geohherzig war wie -Lisa, so stellte sie diese doch durch ihre äußeren Borzilge zu sehr in den Schatte-a Ronald wiirde Lilli wohl sobald nicht bemessen wenn er auch viel zu ehrenhaft war« um sichnicht gegen diese heimliche Neigung zu weh ren Außer Lotte wußte nur Furt Moll tuis um diese Herzeniangelegenheit IMMWL Lotte seuszte leise und Mallwiy tin-etc sie forschend an. · »Was ist Ihnen. Baroneß«e’« »Ach, herr von Mallwik, Sie wis sen ja, wie ich mich um Ronald sorge. Schauen Sie ihn an, wie blaß er aussieht. « »Sie sehen in Jhrer Sorge viel sleicht mehr als ich. Ein bißchen ernst sieht er aus; aber das ist doch-leite Wunder bei so einem ernsten Schritt,« suchte er sie zu trösten. Sie schüttelte den Kopf »Nein nein; mir brauchen Sie nichts vorzumachen, Herr oon Moll witz. Wir zwei wissen doch wie es um ihn steht.« »Ja, — aber wir können ihm mit aller Trübsal nicht helfen. Machen Sie nicht ein so beliimmertes Gesicht, liebe Lotte. Morgen Abend muß ich wieder in die Garnison zurück und da möchte ich mir die Erinnerung an Jhr frohes, lachendes Gesicht mit nehmen. Wenn ich dann Abends allein aus meiner Bude sehe, dann denke ich an Jhr srohes Lachen und bilde mir ein, ich bin wieder als fro her Kadett in Hechingenk Sie nickte veririiumt. »Das alte liebe hechingenl Wie ich mich manchmal danach zurücksehne.« »Und nun hausen fremde Menschen dort in den traulichen Räumen. Daran darf man gar nicht'denlen. Und die herrliche große Wiese hinter dem Parl! Wir spielten dort so wun derschön, — Räuber und Prinzessin und dergleichen. Jetzt soll eine große Konseroensabril dort stehen: der neue Besitek verwendet Obst und Gemiise nutzbringend." « »Ja,« erwiderte Lotte seufzend, »und sie soll viel Geld einbringen.« »Das sagen Sie beinahe schwärme risch, als wenn Geld etwas ganz märchenhast Poetisches wäre«« neckte er. Sie nickte eifrig »Es ist auch etwas Märchenhastes, sdas liebe Geld. Eine goldene Wün schelruihe ist ej, mit der man sich so viel Gutes und Schönes herbei-saubern lanu. Diese Erkenntnis haben aber immer nur Leute, die nicht im Be sine dieser Wünschelrutbe find« »Was würden Sie sich wohl mitr solch einer samosen Wünschelrutlse berbeizouberm Baroneß?« fragte er lächelnd. Sie sann mit drolliger Wichtigkeit noch. »Ein stolzes Schloß am Meer,« sagte sie dann lachend. »Und einen Pein-en dazu?« »Qh -— der läme dann von selbst, wenn ich Schloßberrin wäre.« Er sah ihr voll ernster Weichheit in die Augen. - »Ich glaube, et käm’ schon, wenn die Kraft der Wünschelruthe sür eine lleine feste hätte ausreichte, meinen Sie nicht auch. liebe Lotte?« Sie erwiderte seinen Blick in glei cher «Wetse. » a, — das glaube ich bestimmt.« Und sich zur heiterleit zwingend, suhr sie fort: »Aber wir wollten ja sröblich sein; dazu langen solche Wenn und Aber nicht. Also morgen Abend geht Jhr Urlaub schon zu Ende?« «Leider.« »Dann sehen wir Sie wohl nicht mehr Morgen?« »Dort-, Baroneß; ich komme, mich von Ihnen und Jhrer Frau Mutter zu derabschieden.« s z. Die Tasel wurde aufgehoben Jn dem allgemeinen Tumult, der hier durch entstand, trat die Konsulin an das Brautpaar heran. »Es dürfte iiir Dich an der Zeit sein, Dich jeht unbemerkt zurückzu ziehen, Lisa. Du mußt Dich umklei den« Die junge Frau blickte erröthend zu ihrem Gatten empor. Scheu streifte ihr glückstrahlender Blick sein ernstes Gesicht, dieses Gesicht, das sie so un sagbar liebte· Er sah mit ernster Freundlichleit aus sie herab. »So geh, Lisa. Jn einer Stunde erwarte ich Dich im Vesiibiii. Bies dahin tannst Du doch bequem sertig sein, nicht wahr ?« Sie nictte nur und drückte leise seine Hand. Dann sliisterte sie der. Tante ein paar hastige Abschieds-! werte zu, bestellte noch einen Gruß an Onlel Karl, den sie in der Menget nicht sah, und schliivste durch das fröhliche Gedränge hinauf. » Die Konsulin sprach noch einige Worte mit Ronald und betrachtete ihn mit stolzersiilltem Herzen. Was sie erstrebt, hatte sie erreicht. Ihre ehrgeizigen Pläne waren erfüllt. m mer hatte es bei ihr seitgestan n, daß Lisa eines Tages den Träger ei nes hochadeligen Namens heirathen wtirdr. Darin gis-fette siir sie alle Gliirtseligielt. In ihrer Art hatte sie Lisai Wohl und Wehe im Auge und glaubte, mit dieser Ehe ihr Glück be gründet zu haben. Die junge Frau ahnte nicht« wie sehr ihre Tante bei dem Zustande epurmeu ihm Ehe ortheiltgt gewesen wur eni Ren-up Hechingea eines Tages im Hause ihres Onlels erschienen war, erwachte in irer Seele eine tiefe sMrmerisehe Neigung für den hab fthen, eleganten Ofsizier, dessen ern stkö Wesen ihr sofort sympathisch wor. Wie ein Traum war es ihr gewesen, als er dann eines Tages um Ihre band anhielt; wie in einem wunder samen Traum hatte sie ihm ihr Ja roort gegeben und war unfähig ge wesen, die Größe ihres Glückes zu fassen. Und nun, nach tut-irr Brautzeih war sie seine Frau, Ohne so recht zum Bewußtsein zu kommen, war diese Zeit an ihr doriibergerauscht — Mit fliegenden Pulsen stieg Lisa draußen die hoteltrepe empor. Minna wartete,bereite, um ihr beim Umilei den zu helfen. Sie siihrte die junge Frau in ein Zimmer im ersten Stock, welches un bewohnt tvar und ihr zum Umlleiden zur Verfügung gestellt wurde. Die Reisetoilette lag bereits ausgebreitet Schnell machte sich die Jungfer an th Wert. denn Lisa hatte etwas Kopf fchmerz und wollte noch ein halbes Stündchen ruhen« bis sie unten wieder mit Ronald zusammentraf. Lisa brauchte nicht viel länger als eine Viertelstunde, um die Koftiime zu wechseln. Sie machte sich vollständig fertig bis aus Hut und Handschuhe und entliesz dann das Mädchen. Als see allein war, wars sie sich in einen Lehnstuhl und versank in holde Träumerei. Sieg-los blickte sie zur Decke empor, als wenn dort oben ein lockendes Zutunftsbild ausgebreitet wäre. Gortsetzung iolgt.) —... pas ers-seine cis-new China vor allem und dann auch Jn dien galten in der zivilifierten Welt bis vor turzem als Länder, die sich in Be zug auf wirthf ftlicheEntwicklung im Zustand eines ornröschenschlafg be fknden Nur vereinzelt drangen neuer dings Nachrichten in die Oeffentlichleit, daß mag auch dort anfängt. sich dem modernen Weltlauf anzupassen Sie wurden meist nicht ernst genommen. Aber immer mehr toird die Ansicht durch Leute« die jahrelang in Ostasien ver-brachten erschüttert, daß man dort ein Traumleben führt« aus Bequem lichteit es versäumt, fortschrittliche Ge legenheiten auszunutzen und in einem stagnierenden Zustand verharrt. Wenn man in Ostasien nur ganz all mählich aus den deralteten Einrichtun gen heraus zu Neuerungen übergeht, so muß man zunächst bedeuten, daß eine Umwälzung bei so dichter Bevölkerung nur nach und nach geschehen tann. Die Ruhe ift jedoch nur äußerlich. Selbst in dem derzopften China ragen immer mehr Schornsteine empor, die zum Be tZieb von Fabriten gehören deren Her ren Männer der gelben Rasse sind, und in denen Schaaren der schlizäugigen Gesellen fiir wenige Kupfermünzen in oft zehn-— bis ztoölsstiindiaer Arbeit ihr Brot im Schweiße des Angesichts ver dienen. Sogar neuerdings oft ohne Hilfe des Ahendländers sind diese in dustriellen Anlagen in den überm-Liter ten Städten in Betrieb. Wogende Fäden vorwiegend mit Reis bedslanzt, wechseln mit dichten Waldungen ab, deren Holz noch keinem Sdetulanten zum Opfer gefallen ist. Weiter und weiter erstreckt das Eisenbahnnetz seine Maschen. Unahschiitzbare Lager an Eisen und Kohle harren des Abs-aus. Zu ihrer Ausbeute stehen die billigsten Arbeitstriiite zur Versiiauna und für die Gehirnarbeit im Betrieb Männer, die an Schlauheit und Zöhigleit nichts zu wünschen itbrig lassen. Das haben wenigstens die Japaner zur Genüge be wiesen, die in geduldiger Langmutb den Westen als Lehrmeister benutzt haben. Die Berichte über das erwachende Ostasien stammen vorwiegend aus eng lischen Quellen. Dort sieht man darin die wahre gelbe Gefahr« Aber dieses Erwachen toird ziemlich langsam ge schehen. zunächst aus lommerziellem und industriellern Gebiete, insosern als die Aussubr nach Ostasien mit der Zeit abnehmen wird. Dennoch dürsten noch viele Jahre vergehen, bis sich als Kon kurrenten Reisende aus dem Orient mit Musterlossern in Europa oder den Ver. Staaten einstellen, wenn auch JRobmaterial und Arbeitskraft dort inoch so billig ist. ! Nach den eben bekannt gegebenen jsiesultaten der Vollszähtung in der Siibasrtlanischen Union ergibt sich eine Gesammtbevölterung von rund 6 Millionen Seelen, von denen aber nur etwas über M Millionen Weise sind. Auch in Südasrila wird die Rassen frage noch viel zu schassen machen; umsomehr als sich die Schwarzen dop pelt so schnell vermehren, wie die Weißen. Auch durch-Schweigen tann man die Leute ausstagen.