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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 1, 1911)
DersKunstreiter Erzählung von Friedrich Gerstäcker I ----- - -- -I (14. IorisejungJ Oboe-g sprach kein Wort, weder zu ,H Kindern, noch zu seinem Schwie ter.- Nur einen einzigen finstern T ick warf er dem Alten zu. dann Eier, wie er sich aus dem Menschen gdrsnge frei fab, fühlte fein Pferd poren und Peitsche, und in gestreckter Carriere flog ekdie Straße hin, dem Mungslos vor ihm hergaloppirenden car! nach. Dessen Pferd. wie es die raschen hufschläge hinter sich hörte, wollte allerdings jetzt ebenfalls in ein rascheres Tempo fallen, aber fein jun ger Reiter-, der den Rad-folgenden er kannte. griff ihm erschreckt in die Zü- » gel. Dem Rappen hätte er auch nicht« entfliehen können. Jn kaum zwei Mi Isten hatte er ihn eingeholt, und mäh Md Georg, der das Kunststück des Knaben von dem Ufer des Sees aus mit angesehen, jeyt dunkelroth vor Zorn im Antiiy, dicht neben ihm sein hier parirte, hieb er dem zusammen stedmden Knaben mit voller Wucbt die itsche über die Schultern, daß dieser seit einem Angst- und Schmerzens tshrei seitwärts von seinem Pferde hinunterflog und, was er laufen konn te. auer über die Wiese floh. - Georg aber fah sich nicht weiter nich den um. Das davonfprengende Pferd rasch einbolend und am Zügel fassend, fährte er es langsam dem jetzt nicht Irrt-r fernen Gute zu und überließ den Anderen, ihm zu folgen. Zu Haufe angelangt, nahm indessen ein wirthfchaftliches und noch dazu un sergenebmesGefchsäft Georg’s Aufmerk samkeit gleich fo in Anspruch, daß er eine Zeit lang im Hofe aufgehalten wurde. Ein Knecht hatte nämlich Hafer ver sntreuh denselben den Pferden entzo gen und verkauft, der Verwalter ihn Aber auf der That ertappt, und der Schuldige mußte verhört und bestraft hetdetr Georg war auch heute nicht in .- der Stimmung, ihm das Vergehen uachzufeben Der Bursche wollte aller dings feine That erft noch ableugnen rard dann wenigftens befchönigen, aber es half ihm nichts. Sein Lohn wurde ihm ausgezahlt und er in derfelben Stunde mit feiner Kiste, die er auf dem Rücken nach Schildheim hinunter kragen mußte. vom Hofe fortgejagt. Zum Mittagessen das bald nachher , gen wurde, kam die ganze IMM- zufarnrnern Selbft Karl hatte wieder eingefunden, denn er Mie, daß er nicht fehlen durfte. Der alte Miit-let war aber volltommen dichtern geworden und blieb febr Ileinlaut« und tein Wort wurde iiber dein Essen von den Vorgängen des heutigen Tages erwähnt. Georginen konnte übrigens nicht entgehen, daß irgend etwas Äußerste wöhnliches vorgesallen sein müsse. Als sie ihren Gatten deshalb staate, fehiitte dieser allerdings die Angele genheit mit dem Knechte vor, aber sie ließ sich nicht durch solche Ausrede täuschen; denn wenn das ihn auch ver Iimmen konnte, hatte es den näm Iithen Einfluß doch nicht auch zu Weber Zeit auf ihren Vater-, wie alle Uebrigen, die gar nicht damit in Ber siudung standen, ausgeübt Da Gevrg indessen selber nichts weiter darüber Fußerth so vermuthete sie, daß er mit ihr allein davon reden wolle, und schwieg ebenfalls, und die Mahlzeit seelies diister und lautlos. » M Tische verließ Georg die Ta » sel· Ihm ihr das Geringste zu sagen. It M mit dem Verwalter in seins EIN-, dai ien andern Flügel lag,. " · M Geld siir die heutige Milch-« sei-g der Tagelöhner zu überliefern,» »so der Hanslehrer zog sich ebensallsj , riet, im nach Tische ungestört seine» re zu rauchen. Nur die Gou Wåte blieb noch zriick, und diese FOR-te Georgine bald mit einem Ali sie edas Zimmer verlassen hatte, l sah die Frau erst den Vater, bannt Karl, der an Gen Nägeln tauend am Fenster stand, dann Jasephinen an, und sagte endlich mit ernster, strenger Stimme, sich ihrer Herrschaft selbst über den Vater bewußt: »Was ist heute voraesallen? —- Jht habt etwas, das Jhr mir verbergt, und ich will es wissen. Was war es, Vater?« »Nichts — Aslfanzerei!« brummte dieser, indem er ebenfalls zum Fenster trat und an den Scheiben tummelte »Der Junge ba, der Karl, ist hinter einem durchgegangenen Pferde breinge » gen, bat es eingefangen und ist . , sortgerttten, und er kam dazu; « » G wurde böse darüber —- das ist »Und ich lasse mich nicht mehr miß Wi« knirschte seit Karl, der nur MM und Noth die votquellenden · W.JIWL. in verbissener ,JH its alt genug, mir mein W verdienen und brauche »Es »Um Und —- M tote einen bunt-Z« « , M MEDIUM fragte -·.1-"M. « in chte der Knabe Why ttschtvok W »M! IS b- sichs Es länger hier, denn ich weiß, wenn er es mir noch einmal thäte. würde ich ihm mein. Messer zwischen die Rippen »rennen —- dem . . .'· s »Du bleibsi.« sagte Georgine mit «sester, entschiedener Stimme, .ich sel » bei werde mit Georg reden.« » »Ich begreife gak nicht« warum Ba jtee so böse darüber geworden ist,« J meinte Josephinr. ! »Höre, Zeugian sagte nach eini Igem Zögern der alte Miit-ten der sich nicht ganz sicher wußte, ab Georg sei nen eigenen Luitsprung gesehen hatte oder nicht —- ,.lasz das iieber bieiben.« .Weshalb?—« »Du weißt. Georg ist hestig and . .« »Er hat kein Recht, den Knaben zu schlagen. weil er ein wild gewardenei Pferd einsiingt.« »Nun ja, die Sache war aber auch eigentlich ein bischen anders. Karl ifi aus das Pferd hinauf voltigirt, was ihm Georg streng verboten hatte. Da für hat er ihm Eins mit der Reit peitsche aufgezählt, das war Alles." .Alles? —- aber ich bin kein Kind mehr und — kein Pferd," rief Karl, nur noch mehr in seinem Trotze behar rend, da er Georginen auf seiner Seite fand. »Aber Du hattest Unrecht,'· sagte der Alte, »Du weißt, Du sollft keine Kunststücke mehr machen.« »Und wer will es mir wehren?« rief der Knabe; »wenn mich der Mann als Kind Kunststück machen ließ und mich besonders dazu an lernte. hat er kein Recht, ei mir seht, da es ihm nicht mehr paßt, zu ber wehren. Ich brauche ihn gar nicht, ich kann ohne ihn leben, und das ber dammte Lernen habe ich ohnedies satt. Jch bringe nichts in den Kopf, und in der Schule lachen mich die kleinen Jungen aus, weil ich noch zwischen ihnen sigen muß Das thue ich auch nicht länger; ich laufe fort « »Du bist ein Esel!" sagte der Alte trocken; »wo willst Du hin, heh?" «Ueberall hin, ich komme durch,« trotzte aber der Bursche. — »hol’s der Böse, so ein Leben hier fortzuführen halte ich doch nicht aus« und da war’s in der freien Reitbahn zehntausend millionenmal besser. Jch komme durch.« »Warte, bis ich mitlaufe,« brummte F der Alte, »dann kannst Du mit; seht aber geh zu Deinem herrn Doktor und lerne Deine Geschichten, wai Du zu lernen hast; das ist gelcheidter. Marsch auf mein Zimmer, ich komme selbst gleich nach —- da kommt auchI schon die Franziisin wieder. —- Nun haltet das Maul, wenn Ihr gescheidt seid und macht keinen Scandal ans der Sache daß er nicht noch einmal böse darüber wird Komm Karl heut Abend lassen wir den Von-warst wieder tanzen, wenn Du brav bift." Und mit diesen Worten den Knaben bei der Hand ergreifend, zog er ihn mit sich aus der Thür. 15. Mühler ging mit dem Knaben den Gang hinunter, feiner eigenen Stube zu, als ihnen Georg begegnete. Der Alte wäre ihm gern ausgewichem aber es war nicht mehr möglich. ,,Miihler," fagte Georg ruhig, »ich habe ein paar Worte mit Euch zu sprechen· Karl, geh auf Dein Zim mer — ich hoffe, die heutige Lectipn wird Dir in’e Gedächtnis zurückgetri fen haben, meinen Befehlen tiinftig genauer nachzukommen Geh nur fest —- wir brauchen Dich hier nicht« — und er winkte dabei dem Knaben fo gebieterifch zu, daß diefer, wenn auch verdrossen, doch fcheu dem Befehle Folge leistete. Er wußte recht gut, daß er gehorchen mußte. Geprg fah ihm nach. bis er um die Ecke des Ganges verschwunden war, dann fagte er mit wohl gedämpfter, aber finfterer Stimme zu dem Alten« der sich ihm höchst Uquich WI iiberfühltet «Miihler, Jhr folltet Tuch tn Eure Seele hinein schämen, fvlche Frei-he zu treiben, wie Ihr heute ge t n." »Ich? ich weiß gar nicht . . ." »Schweigt!« besahl ihm aber Georg. »Ihr wißt recht gut, was ich meine, denn ich habe Euch gesehen. Versteht Jhr denn nicht besser, als ich es Euch ie erklären könnte, die eigenthiimliche Lage, in der ich mich hier der Welt gegenüber befinde, und sollte Euch nicht gerade besonders daran liegen, dat- Berhältniß nicht muthwillig zu »siören, ja zu zerstören, das Euch so wohl wie uns hier Frieden und eine anständige, gerichtete Existenz sichert?« »Ich vergaß mich einmal . . .« »Das weiß ich, aber,« und er hob dabei drohend den Finger, »es-dars nicht wieder geschehen. Jhr werdet jetzt, wie es steht, Mühe genug haben, Euch die Achtung irn Orte wieder zu sichern, die Jhr durch Euer heutiges Betragen vielleicht aus immer ver scherzt habt. Erfahren dieLeute erst einmal, was Jhr gewesen seid, dann haltet Euch auch versichert, daß kein anständiger Bauer, von den Gutsher ren Aar nicht zu reden, mehr Gemein schast mit Euch wird haben wollen, denn so viel habt Jhr im Leben drau ßen doch gewiß gelernt. daß man iiber einen hanswursi wohl lacht, aber nicht mit ihm verkehrt. Noch könnt Jhr ei aber vielleicht wieder gut ma chen; haltet Euch die Leute fern, so viel es geht, und besonders trinlt nicht mit ihnen. Euer Kops verträgt die starlen Getränle nicht« und einmal halb im Wanst-»und Jhr seid Eurer Zunge. Eurer handlungen nicht mehr mächtig. Aber ich denke. ich habe Euch genug darüber gesagt — nur das noch als Warnung: fällt etwas Arhnlirhei noch einmal vor« so müßt Jhr den Platz verlassen —- daraus gebe ich Euch mein Wort, und wie Georg Berirand sein Wort niemals brach, so breche auch ich es nicht. Jch dächte, Ihr lenntet mich darin.« Und ohne werter eine Antwort abzuwarten, ließ er den Alten im Gange stehen und schritt snach Georginens Stube. Mühler aber driiclte sich rasch um die Gangrae, sei nem eigenen Zimmer zu; wie er sich jedoch aus dem Bereiche Georg’i wußte, blieb er stehen, schüttelte sich, wie ein Pudel eine Tracht Schläge ab schiittelt. und zwar aus eine ihm ei genthiimliche Weise, die schon ost die Gallerien zu lreischendem Gelächter gezwungen hatte, daß nämlich alle seine Glieder wie locker am Leibe hin gen und Linz und herslogen. —- Dann einen scheuen Blick über die Schulter wersend, ob die Lust noch rein sei, rieb er sich vergnügt die hände und lachte still vor sich hin, während er den Gang hinabtrolltr. »Das tn noch gut gegangen —- Juus - sel auch! heute glaubt' ich, triegt icksi dick. Er steht aber auch Alles, der Cu jon — na warte, Du sollst mich nicht wieder erwischen, mein Schad, denn sort möcht’ ich mich doch auch nicht aus dem bequemen Plai hier sagen lassen.u . Georg ging in das Zimmer seiner Frau und sand diese mit getötbeten Wangen und raschen Schritten, die Arme sest verschräntt. aus- und abge ben. Bei seinem Eintritt blieb sie ste ben und sah ibren Gatten sinster an. »Was hast Du?« sagte dieser ruhig, die Bewegung der Frau konnte ihm nicht entgehen. »Was ich habe, Georg,« ries Geor gine. die diesen Augenblick ersehnt hatte, indem sie nach dem setzen griss, »einen Schmerz hier, einen bittern, nagenden Schmerz. der mir nicht Rast« noch Rube läßt« .Daz alte Leidens« sagte Georg dil ster, indem er seinen but aus den Tisch wars. »Ja und nein,« lautete die Ant wort, »Du selber hast es heute ber ausgezwungen!« »Jch? — wie lo?« »Daß Du den Knaben gemißhans delt, weil er in fröhlicher Jugend laune einen Augenblick vergaß, welch freie schöne Kunft er einft ausgeübt hatte und jeht nicht mehr ausüben sollte. Glaubst Du nicht, daß wie den Zwang doppelt— fühlen, wenn er auf la rohe Weise in Kraft gehalten wird? Glaubst Du nicht« daß der Stab, der sich bis jehi nur gebogen, wenn er zu ftraff angespannt wird, auch brechen könnte?« »Wenn er das Ziegen nicht vertra gen kann, mag er brechen.« erwiderte mit tiefer, fefter Stimme der Mann. «Gevrg!« «höre mich,« fuhr ihr Gatte fort, «denn ich zweifle lehr, daß Du den ganzen Umfang des heutigen Berge henz weißt. Karl hat nicht allein ge fehlt, das hätte ich vielleicht verziehen» da er sich bis jetzt gut gehalten, aber Dein Vater selber, wahrscheinlich wie der vom siarken Trunie erregt, vergaß sich so weit, daß er mitten im Dorfe« von der ganzen Schule umgeben. feine alten Kiinsie ausühte und sich in der Luft Aberfchlug Den Jubel, den das von dem alten, bisher la gelegten Manne erregte, kannsi Du Dir den ken. Jch kam zum Gliia zufälliger Weile dazu und verhinderte weiteren Unfug. Soll ich mein Ansehen, mein ganzes künftiged Lebensglück, toie das meines Kinde-, auf solche ekelhafte Art gefährdet und imtergraben sehen? Georgine, Du weißt, tvie lieb ich Dich und Euch Alle habe, aber Du lennft mich auch; Du weißt, daß ich Begon nenei auch durchführe, daß, .tvo ich einmal meinen Willen eingeleht, ich auch die Kraft besise, da zu handeln; deshalb warne Deine Angehörigen Noch ein solches Vergehen, und die Bande, die mich bi- iest an sie fes selt-, sind unerbittlich, unwiderruflich IMME , »Meine Angehörigen? und sind es nicht die Deinen nachf« fragte Geor gine Wit «Sie sollen es bleiben, so lange sie meinen Anordnungen folgen — nicht einen Augenblick länger-X Mandat-agent —- sage lieber Be Wen-« »So nenne ei denn Befehle, wenn Du willst.« »Ich wetß es wohl,« zürnte die Jene-, .Du hast tetn hnz für uni. So lange wie Dir Rasen beachten. waren tote Dir gut. doch jeht, wo . . .« »Halt ein, Georgine,« unterbrach sie ernst der Mann, »das ist ein harter, böser Vorwurf, der nicht aus Deinem setzen tam. Du bist aber fest. wenn auch völlig grundlos, gereizt, und wir wollen nicht weiter dariiber rechten. Jch habe Deinen Vater sreundlich er mahnt, an uns sowohl, wie an sich selbst zu denken; ich hosse, das wird siir ihn genügen. Karl hat gleich an Ort und Stelle seine Strase bekom men, und die Sache ist also abge macht. Willst Du selber noch ein mal mit ihnen darüber sprechen, so gehe erst mit Deiner Vernunst zu Rathe, die wird Dich den richtigens Weg schon leiten.« Und ohne weiters eine Antwort abzuwarten. verließ ers das Zimmer. bestieg unten im Hase sein schon bereit gehaltenes Pferd und« sprengte in den Wald hinaus. Georgine blieb, wie er sie verlassen, im Zimmer stehen und sah ihm diister nach. Der ungebeugte Charakter des bisher so selbstständigen, verwöhnten Weibes tonnte sich dem Zwange noch nicht sitgen, der es hier don allen Seiten hemmend umgab. Wohl tauch ten wieder sene Gedanken, ihn abzu schiitteln, in ihr aus, aber wieder und wieder hielt sie der Gedanie an Jose phine zart-C die das derhaszte Geseh ihren Händen entzog, das Schicksal des Kindes in die Hände des Vaters legend. Allerdings hatte sie schon in ·’". ehe sie dem Willen des Gatten nachgab, Alles versucht, sich Recht in ihrem Sinne zu verschassen. Sie sel ber war zu den besten Advotaten der Stadt gegangen, ihren Beistand in dieser Sache zu erfragen und fiir sich zu sichern. Sie alle aber hatten ihr einfach das in diesem Falle wirtlich einmal nicht anders zu deutende Ge feg vorgelegt, das teinen Ausweg of fen ließ: Bis zum siebenten Jahre blieb, bei einer Scheidung der Gatten, das Kind der Mutter, damit diese über das zarte Alter desselben wachen tonnte; nach dem siebenten Jahre aber wurde es dem Vater« als feinem ei gentlichen Erhalter und Ernährer. anvertraut, und es hätte der Beweise bedurft, daß dieser dessen Erziehung nicht leiten und bestreiten konnte, um es zu Gunsten der Mutter umzuiin dern —- Beweisr. die sie in diesem Falle unmöglich bringen konnte. Sie sah sich deshalb gezwungen, nachzuge ben — nachzugeben vielleicht zum er sten Mal in ihrem ganzen Leben, und das vergaß sie deshalb schon dem Gatten nie. Georg svrengte indessen in den Wald, das herz voll von trüben, drückenden Gedanken; denn nie mehr, als gerade in diesem Augenblick, fühlte er die Last, die mit den Ueber reften seines früheren Lebens herein ragte in sein jehiges edleres Sein. Wie war es möglich, daß er den alten Mann. den er verachtete, von sich ab schiitteln konnte, ohne Georginen im tiefsten herzen zu verwunden — und that er es nicht, wer bürgte ihm da siik» daß nicht bei nächster Gelegen heit der Mensch, der nun einmal zur hefe des Volkes gehörte, seine eigene Stellung im neuen bürgerlichen Leben durch irgend einen tollen Streich un? tergraben, ja rettungslos zerstören könne? —- Und was dann-iL hatte er nicht die Pein seiner früheren Exi stenz kennen gelernt? War nicht der Schleier von seinen Augen gefallen, durch den geblendet er jenen wilden, zügellosen Stand nur stets im rosig sten und schönsten Lichte gesehen? Da hin tonnte er nicht zurückkehren, ohne. wie er recht gut fiihlte, geistig und moralisch zu Grunde zu gehen, und machte es ihm hier die Verbindung mit jenen alten Ketten, in der er durch den seitheren Possenreiher feiner Bande gehalten wurde, nicht doch am Ende auch noch unmöglich, seinem Ziele fest und unverzagt entgegen zu« strer Er fühlte felber nicht, wie der Rappe, von Schenkeldruct und Sporn getrieben, in sausendem Galopp mit ihm die Straße entlangslog. Der Wind aber tiihlte seine heißen Schlä fen, die rasche, kräftige Bewegung that ihm wohl, und seinem feurigen« Thier den Zügel lassend, sprengte er mit ihm, dem nächsten breiten Holz wege folgend, gerade in den Wald hinein. hier aber mäßigte der Rappe selber seinen Schritt; der Weg war rauh und hart gefroren, und die zar ten hufe des edlen Thieres nicht an solche Bahn gewöhnt. Und alt auch hierin der Reiter ihm volle Freiheit ließ, blieb es endlich schnaubend und mit dem Kopfe auf- und niederfah rend auf einer Waldbliisze stehen« wo ein Jäger, die Ilinte vor sieh aus den Knieem auf einem gefällten Baume saß und jett erst, als er den Raben den erkannte, aufstand, ihn achtungs vall zu begrüßen Es war der alte Forsttvart Bar thold, und Geprg'i Blick haftete un wtlltiirlith lange und mit einem eige nen Interesse aus-den gefurehten ei sernen Ziigen des Greises, um dessen Schläfe der kalte Nardtvind die vonj den Jahren zu Schnee gebleichteni Lotsen jagte. ( s »Seht aus, Alter. seht aus,« sagte er endlich hastig, als sein Geist zu den lGegenständen um ihn her zurückkehrte, »das ist kein Wetter-, mit entblößtem HKopse zu stehen, und noch dazu in sEueen Jahren!« Der Alte neigte sich leise und gehorchte dem Befehl. « »Und was macht Jhr hier-im fuhr Georg sort, indem er abstieg, den Nacken seines Thieres llopste und ihm dann den Zügel aus den Sattel legte; »kommt, geht mit mir ein Stiick durch den Wald; meinPserd ist etwas warm geworden, und ich möchte es nicht stillstehen lassen." - »Ich had’ hier in der Gegend ein Eisen siir eine wilde Katze gestellt,« erwiderte der Forstwart, indem er sich an der Seite Georg’ö hielt, aber nicht ohne einiges Erstaunen sah. dasz die sem der feurige Rappe lammsromm und wie ein Hund solgte. »Gebt es deren hieri« »Selten einmal eine, aber sie lum men doch zu Zeiten vor und« thun dann gar erschrecklichen Schaden unter den lieben Waldthieren. Es ist blut dilrstiges, unersättlichez Zeug, das Katzengeschlechn und Wols und Fuchs reichen ihm nicht das Wasser. —- Nur der Mensch treibt es manchmal noch schlimmer als sie.« »Und so hallet Jdr den Wolf sur besser als den Mensche-if lächelte Georg. der schon von den Eigenheiten des Alten gehört hatte, und der sich jeht freute, einmal so allein mit ihm zusammengetroffen zu fein —- ver tried es ihm doch auch die bösen Ge danken, die sein Hirn peiniglen und feine Seele quälten. . »Gewiß thu’ ich das.« erwiderte leise der Mann. »Der Wolf ist ein wildes Thier, ohne weiteren Ver stand als den« den ihm der liebe Gott gegeben hat« um seine Beute zu be schleichen« CFortsehung folgt.) v--— fDossle itber Sherlock Halm-es Könnte man aus dem Wege einer Unisrage feststellen, welche Leute mo derne Kriminalromane lesen, des Er staunen-s wäre tein Ende. Staats miinner, Gelehrte, Industrielle und Kaufleute, sie alle wären darunter. Woher das kommt, ist noch so schwer zu entriitseln. Nehmen wir die gelungensten Erzeugnisse dieser Art Literatur zur Hand, von dem unglückliche-i genialen Edgar Allan Poe, von Gaboriau bis za: Conan Dohle, Mauriee Leblanc und ihren zahllosen Nachahmern, so ist ihnen al len —- ob sie kiinstlerisch und men schendarstellerisch bessert oder schlechter sind — gemeinsam, daß sie den Leser zu einem bezaubernden Kombina tionsspiel des Verstandes einladen, ihn reichlich mit erregenden und fes selnden Räthseln bewirthen und ihm schließlich die reinste aller Freuden, die Entdeckersreude bereiten. Daß auch bedeutende und lluge Leute sich an Kriminalromanen ersreut haben, liegt eben daran, daß diese Romane dem suchenden, kombinierenden, ord nenden Geist mehr bieten, als die ewi gen Geschichten, die sich darum drehen. ob der hans die Grete kriegt oder ob er so davonkommt. Liegt daran, daß es sehr vielen Leuten gleichgültig ist, den Gemätsbewegungen Liebender zu folgen, liegt daran, daß der wirllich kiinstlerisch werthvolle Roman leider sehr ost stofslich uninteressant ist. Wir haben ia eine kiinsilerische Richtung der ein Roman minderweethig scheint, sobald er sesselnd ist, gerade toie sie ein Drama verurtheilt, das das Unglück hat« ein gutes Theaterstiick zu sein. Es lie t schließlich noch an verschiedenen an ern Gründen, wie zum Beispiel dem, daß der Inhalt des Kriminalros mans unserem modernen technisch ge richteten Denken sympathisch ist und schließlich daß die Figur des kühlen, jeder Sachlage gewachsenen« körperlich und geistig immer behend-beweglichen helden des Kriminalronians, heute die Masse mehr interessiert als der Träumer und Stimmungsmensch der I sentimentalen Literatur. l Ob ich mit diefen gänzlich anmaß- F aeblichen Bemerkungen ganz oder nur zum Theil oder gar nicht das Richtige getroffen habe —- es waren jedenfalls naheliegende Gedanken fiir die kurze Zeit, die ich in dem Garten eines ele ganten Hotels in homburg v. d. höhe avf Sie Arthur Conan Doyle zu war ten hatte, den berühmten Verfasser der Sherloel atmet-Geschichten, den Ca rufo der erleger - hvnoraer. Ich wollte von ihm hören, was er iiber fein Wert sagt. und den Schöpfer des Sherloel holmei gern von Angesicht zu Angesicht sehen. Daß er feinen dürren, asletifchem zwifchen Träumerei und ftählernen VerfolgersEnergie abwechselnden De tettiv nicht nach feinem eigenen Bilde gefchaffen hat, fiel-i man auf den er ften Blick. Conan Doyle tft ein oth letifcher baumlanger, fchtveree Mann von der Wucht eines Grizzly-Bäkä. Aus denr runden, maffigen Gesicht mit dem dichten blonden, fpihgedrehten Schnurbart blicken freundliche blaue Augen .und die stumpfe, gerniithliche Nase wirkt friedlich. Der berühmte Mann ist schlicht von Gebet-de und spricht und gehabt sich ohne Pole. Ein Mensch, von dem man die zierliche lorgsiiltige Kleinarbeit seiner Deter tivgefchichten nicht erwartet hätte. Er lennt Deutschland gut und hat auf ei ner Schule in Tirol deutsches Wesen rennen gelernt. Febhaft spricht er seine Bewunderung fiir Deutschland aus und erzählt, daß er ein eifriges Mitglied der englischen Gesellschaft zur Beförderung der guten Beziehun gen mit Deutfchland ist. Davon nimmt man um so lieber Notiz, als Dovle auch als Verfasser populärer vaterländischer Schriften unter seinen Landsleuten viel Einfluß hat. Doch den hauptaegenstanv des Ge fpriichs bildet Sherloct Holmes, der ia auch in Deutschland zu den popu liirften Persönlichkeiten gehört. Jn teresfant ist. —-— viele werden enttäufcht sein —- dasz Donle ausdrücklich sagt, er habe niemals einen Detrttiv ge-· trossen, der auch nur annähernd die Cigrnschasten des Sherlock Holmes gehabt hätte. Diese Heldengestait ist aus eine merkwürdige Weise entstan den. Jn Edinburg, wo Conan Doyle einst Medizin studiert hat« lebt heute noch. alt und krank. ein Professor Bekl. Dodle war sein Schüler. Pros. Beil ist äußerlich und innerlich das Urbild des Sherloa Halm-T lsr be siht das schmale, asietische Gesicht, das den Meisterdetektiv auszeichnet. Er pflegte mit einer bewunderungs würdigen Kunst der Beobachtung und einer glänzenden Fähigkeit des logi schen Schließens aus winzigen Merk malen in der Erscheinung der ihm zur Untersuchung überwiesenen Patienten deren Art, Leiden, Beschäftigung fest zustellen. Das brachte Conan Donle aus den Gedanke , einmal diese De duktionen aus s Verbrechen and seine Bekämpfung anzuwenden, zu zeigen, wie aus diesem Wege die Ur heberschast eines Verbrechens festge stellt werden kann. — Zweiseklos bat Conan Doyle von Poes aenialem Che valier Dupin viel gelernt. Man kann das namentlich in Poeg Erzählung Der entwendete Brief sehr hübsch fest stellen, aus der Danke einen Zwi schensall in seineErziiblung »Ist Srna dal in Bohemia« herübergenomcnen hat. Dohle erkennt auch mit schöner Bescheidenheit Poes Meisterschast an, wodurch er gewiß nichts verliert, denn die Bielseitigkeit in der Anwendung seiner Methode. die Sicherheit, mit der seine Verbrecher gezeichnet sind, stellen ihn aus diesem Gebiet der Li teratur unbedingt an die jSpihr. Sir Arthur hat indessen höhern Ehrgeiz. Er ertlärt. daß die Sherlock holmeS-Geschichten für ihn nur eine Episohe feines literarischen Schaffens sind. Er hat sich ganz auf hie histo rische Novelle geworfen und wird nur noch hie und da einmal eine Sherlock holtnes-Geschichten schreiben. Man lann sich denlen, dass ihn vie Verleger drängen, den Meisterbetettio nicht verschwinden-ja lassen. Aber Doyle schreibt nur« was ihn interessiert, und hat in der letzten Zeit eine Reihe klei ner historischer Novellen erscheinen lassen· hie ebenso wie seine früheren Arbeiten dieser Art realistisch gesehen und originell aufgefaßt sind. Aber wenn er auch selbst seinen brillanten Sherlocl Holmes geringer einsehäßt als seine iibrigen Arbeiten — woher seine liebenswürdige Gattin, die die sem Gespröche zuhört. überzeugt nickt, —- auch bei Conan Donle wirb, wie bei so vielen andern. has Publilum unerbittlich sein. Mag er noch schrei ben, was er will, er wird als ber Schöpfer des Meisterdeteltivei —- des es leider bei leiner Polizeibehörde gibt —- fortleben. solange noch alt und jung, Professoren. Staatsmänner und Kommerzienrtithe gespannt ver folgen, toie der unvergleichliche Detels tiv aus einem Zigarrenftumnrel fest stellt, wie, wo, wann unb warum her Berbrecher den griiszlichen Doppel raubrnorv beging. Nun, ei ift hoch auch ein ganz an genehmer Ruhm, die besten Kriminals geschichten geschrieben zu haben. Aus faulen Ausreden werden oft ftintende Lügen. f f i Auf nichts bilden sich die Menschen mehr ein, als wenn man sie fiir etwas hält, was fie.nicht Lind. . Rockefeller gefteht offen zu, er fei zu reich. Das ift doch teine unheilbare Krankheit! I I f Von Georgia nach New York wurde dieser Tage eine Wagenladung Bill-net gesandt. Bei ver Ankunft hatten die hennen fo viel Eier gelegt, dafz der Perlan die Koften der Frucht deckte —- Endlich mal was anderes wie dir ewige Seefchälangr.m reibilleti zum Fußballfpiel der Un versität Yale find die Preife, die Ballfchul - Eleven von New hauen erringen tsnnen, wenn fie fleißig und artig find. Ei Hab mal eine Zett, da fette man Shalespearei Werte als reis fiir einen ausgezeichneten Schü et sus.