Der Kunstreiter Erzählung von Friedrich Gerstäcker tx. Fortsetzung) «cher caxenck Sie schneiden ein Ianz verzweifelt sinsteres nnd feftg : Vidriges Gesichi«. lächelte in diesemf Augenblick ein kleiner, schmächtiger,. mit Goidstietereien und Orden fasti bedester herr, der, den dreieckigen Hut - unter den- Ellbogen ge«driielt, seinen« Arn-e vertraulich in den des Grasen; tcksbs . . .. . Es war eine eigentbmnliche nnd, s einmal gesehen lauen wieder zu der-« gessendePersönlichteit. dieser Herr v. Ziibbig, dessen Gesicht mit dem tief hinabgedrehten, schwarzen Schmier bart, wie den hinausgezogenen, etwas starken Augenbrauen den unvertenn baten Ausdruck trug, als ob er per manent über irgend einen Gegenstand sein äußersteg, aber auch unterthänigi ei Bedenken ausdrücken wolle. Der nnn sprac·b auch eigentlich nie, er lispelte nur, und lispelte dabei so süß, so lieb. so herzlich, recht aus tiesster Seele, daß man ihm zuletzt den Schnurrbart gar nicht nicht glaubte. »Dabe ich wirklich so ein sinstereäi Gesicht gemacht; Herr Jntendant."' sagte Geyerstein sich Zu ihm wendend. «Entseslich«, rief der Höfliche, nnd die Augenbrauen berührten «ast das tbohlgelockte und geölte Haa. »Dann denunciren Sie diesen Ver stoß gegen die Etiqnette um Gottes willen nicht dem Ceremonienmeister. Uebrigens gebe ich Ihnen die Versiche rung, daß es nur ganz in Gedanken geschehen sein tann, ohne den gering Ren Grund, denn ich dachte wirtlich eben nur an ganz gleichgültige. unbe deutende Sachen.«. «Apropds. Herr Gras, haben Sie die neue Robe unserer Allergnädigften schon bewundert? Sie ist wirklich ma ifiquc.« ,, ch muß Ihnen meine Unaufmerl amleit gestehen; ich habe es in der hat noch nicht gethan.« »Dann versäumen Sie keinen Au gtnblick länger, eher Tonne-. Die Herrschaften werden sich überdies sehr Idol-d wieder zurückziehen Unter gnä di ster herr war io unendlich huld beute sss Sie hatten vorher eine Engere Audienz bei Sr. Königlichen beit, nicht wahr? Wohl Dienst -achen?« - L g-« »Allerdings.« T «,,Königliche Hoheit haben nichts Tiber die gestrige Vorstellung et wähntP »Richt· daß ich mich erinnere.« »Den General-Jntendnnt«, flüster te in diesem Augenblick ein Kammer herr an seiner Seite, »Se. Königliche Hoheit wünschen...« . »Ja Befehl!" rief der Geschmeidng indem et in dem Moment auch fast um wenigstens sechs Zoll tkeiner wurde, und den Arm des Kammerbetrn er greifend, schritt er mit diesem· nach einem bald-reichen überglücklichen Lächeln gegen den Grafen. der Rich tung zu, in der sich der Fürst befand, unterwegs indessen die ibm übersand ten Befehle des Herrn entgegen zu nehmen. Noch stand der Rittmeister aus sei ner Stelle, wo ihn v. Zubbig verlas sen hatte, als ein Herr-, ein großer, Hattlicher Mann mit militiirischem nstand, aber glatt rasiktem Gesicht. mehr jedoch noch durch seinen einfach schwarzen Frac, an dem nicht ein einziger Orden prangte. gegen die übrige gestickte, gefchmiickte und uni xormirte Gesellschaft abstechend, zu hm trat. Es war der amerikanische Gesandte« Oberst Pollard, erst seit kurzer Zeit in III-. « »Mein Herr Graf«, redete er den jungen Mann an, den er schon früher kennen gelernt und lieb gewonnen bat te. »ich muß Sie um eine Auskunft bitten.« L Der Graf verbeugte sich leicht. »Wer war der Herr, ver Sie eben verlassen hat?« fragte ver Oberst. »Es soll ein französischer General bei Tafel gewesen fein. War jener herr vielleicht . » c« »Da thun Sie ihm unrecht«, lächelte der Rittmeifter. »Herr v. Zühbig ift der harmlofefte und am wenigften blutdiirftige Mann feines Jahrhun derts, obgleich allwöchentlich zahlreiche Personen unter feiner Leitung theils erftpchen werden« theils an gebroche nem Herzen sterben.« »Sie sprechen in Räthfeln.« »Es ist der General-Jntenvant un feres boftheaters.« »Und trägt einen wahren Panzer von Ordens« fagte der Ameritaner erstaunt. . »Wir. Psllord«, lachte ver GraH »Sie sind erst zu kurze Zeit in Deutschlsth um sich hier an unsere Sitten sysesriinche schon hinaus liehMt nhaben. Aber ser innern Sie ch wohl, daß Sie mir neulis ein-rat m Ihren ndianern eriä ten, die gewisse Ker "l er ha lten sten« an denen sie ihre ve Gede nen Pfichuitte sowohl, wie außer- ’ ews licht Begebenheiten ihres Les » i angeschan ; «UEerdings.« ; , »Nun gut! -——— unsere höflinge —I III sprt jedoch tn der freundliehsien « zusteht -—- d ebepr dtej «- derzti man denensichi « - Mr est Geburt-answer he- 1 freundeter Höfe fiir Befuche auswär tiger Potentaten überhaupt fiir fest liche und außergeipiihnliche Gelegen- · heiten - ein Zeichen machen. zur-ein so zierliches Kerbholz gehört aber auch, wie Sie mir zugestehen werden« ein zierlicher Schmuck, und -- mit-V Oberst Pollard lächelte still vor fich hin, als plöilich eine allgemeine Be wegung in den Salons entstantH Die Herrschaften zogen sich zurück und die Gruppen der Gäste neigten sich tief und ehrfurchtsvoll dem Herr scherpoar. Und fest auf einmal kam reges, natürliches Leben in die bis dahin noch so steife, förmliche Men schenmengr. Alles brach auf, und wie der Fürst mit der Fürstin den Saal verlassen hatte, zogen sich die Gäste ebenfalls den Thüren zu. Der Ame rilaner war bon dem jungen Grafen durch einige dazwischentretende Herren vom Hofe getrennt worden, als sich Graf Generstein wieder angeredet sah, Es war diesmal durch eine ihm eben nicht angenehme Persönlichkeit mit der er bis ietzt auch noch teinen Verkehr gehalten hatte: ein noch sehr junger, ungemein geschniegelter, nach Parfiim duftender Herr, mit kleinern. stark gewichften1. pechschwarzem Schnurrbart. gebogener Nase und sehr lebendigen, rasch umherschweisenden schwarzen Augen, zwei große auslän dische Ordenstreuze aus der Brust. rnit einem Worte. der Sohn eines erst vor kurzer Zeit baronisirten, sehr rei chen Banquieris, dessen Vater mit dem hofe in fortwährender Verbindung stand »Herr Graf«, sagte der jungeMann, sich selbstgefiillig dem Rittmeister dor stellend, »Sie müssen mich entschuldi gen. wenn ich mir die Freiheit nehme. mich selber bei Ihnen einzuführen. Jch bin Baron Hugo d. Silberglanz und habe schon lange nach dem Vergnügen und der Ehre getrachtet, Jhre persön liche Bekanntschaft zu machen.« »Herr Baron«. sagte der Graf· »e5 war mir sehr angenehm, Ihre Be kanntschaft gemacht« zu haben;« und sich leicht und kalthoflich vor ihm nei gend, schritt er an ihm vorüber den Sa—al entlang. Baron Hugo v. Silberglanz blieb," etwas derdußt über diesem Empfang, noch einige Selunden an derselben Stelle stehen« als er den Blick des Staatsraths v. Zädnitz mit innigem und boöhastem Vergnügen aus sich haften sah. Er fühlt-, wie er roth wurde, und sich rasch und mit einem vollständig gleichgiiltigen Blick empor rassend, wars er den Kopf zurück und schritt einem der Seitengemächer zu. Gras Gwerstein indessen. der schon gar nicht mehr an den saden Menschen dachte, suchte noch der Comtesse Me lanie zu nahen, denn bis jeßt war er nicht im Stande gewesen, ein einziges Wort mit ihr zu wechseln aber es gelang ihm nicht. Einmal glaubte er allerdings. daß ihr im Saale umher schtveisendes Auge ihn wenigstens streise doch konnte sie ihn nicht ge sehen haben, denn schon im nächsten Moment wandte sie sich vwieder ihrem fesiqen Begleiter-« dem jun en Grasen Selitoss, zu, an dessen mler Seite Fräulein v. Zahl-ern dahinschritt und sehr nngelegentlich ans ihn einst-each »Seht-i Sie nur, wie sich die Zah bern an den Selitoss drückt. und wie bezaubernd sie zu ihm hinübertrachtet«, sliisterte nicht weit oon ihm der Cahi netösSetretär einem neben ihm gehen den Kammerhetrn des Fürsten zu. »Das hilst ihr doch nicht ", erwi derte dieser, «er scheint nur use und bOelsr siir die kleine Ralphen zu ha n.« »Die arme Zuhbern«, lächelte der Setretiir, »und sie giebt sich so viel Mühe!« »Und hat schon so viel bittere Er fahrungen gemacht!« sagte der Kam merherr. Die beiden Herren schlenderten langsam der Thiir zu, ließen sich draußen von den Lakaien ihre Pale tdts überhangen und stiegen die Trep pe hinunter, um ihren Wagen dort zu erwarten. Auch Gras Geyerstein folg te ihnen und sah eben noch, wie der junge Rasse mit dem Kriegiminister v. Ralphen und Melanie in deren Equipage stieg und in die Stadt hin einsuhr. — »Aber, herr Gras, Sie antworten mir ja gar nicht«, sagte in diesem Augenblick eine vorwurssvolle Stimme an seiner Seite« und Fräulein v. Zah bern schaute mit einem freundlich der weisenden Blick zu ihm aus. · .Meiu mdigez Ethik-in ich bitte tausenden-l sein Entsssesdigyng -— jedas Rasseln der Wagen —- Sie be sehienf . »Gut nichts, lieber Gras; ich meinte nur, daß der junge Gras Selitoss ein höchst liebes-würdiger Mensch ist — .ee war se artig; die alte Excellenz weiß aueh wohl, was sie thut-« ; -.Wer? —- heer v. Ralphen?« Fräuiein v. Zahl-ern nicktr. »Der junge Gras ist steineeich, ein Wort, das man ganz vorzüglich von den Rassen ehre-wehen taten. denn sie wählen in· iaaranten, und bei Rol pherä alten die Bemsqeniverhiilinisse - —» ie wissen, man Funkett »du Ver NUM« f i - »Ja KasseeiGesellschasten?« »Mir nicht bojhast, wenn ich bitten dars!« WAber mein gnädiges Fräulein» »Ich weiß schon, was Sie sagen wollten sp - aus uns arme Frauen wird von diesen sogenannten Herren der Schöpfung am liebsten gleich Mez ge wälzt. Das habe ich iibrigens aus ganz sicherer Quelle und nicht aus ei ner Rassen Gesellschast. « »Daß die sogenannten Derren der Schspfung« ?« »Da nicht sehen wollen« wo sie sel ber blind sind's sagte die junge Dame mit sehr scharfer Betonungdes desSel ber »llnd sind sie da nicht vollkommen entschuldigt?« liichelte der Gras. »Der Kriegsminister wird Alles da ran wenden. um den Rassen hier zu sesseln«» subr die junge Dame fort. «Glauben Sie?« »Was die Augen sehen, glaubt das Herz.« »Und wenn wir den Satz umdre ben?« . »Sie sind unaussteblich heute, Gras!« ries die Dame; .siir meine freundliche Warnung hätte ich andern Dank verdient.'« »Für Jhre Warnung, mein gnadis ges Fräulein?'· sagte Gras Generstein erstaunt »Ihr-n Sie nur nicht so unschul dig", rief die junge Dame »und trauen Sie der Residenz nicht zu, daß sie blind ist, wenn Sie blind sein wol len. Sie lennen doch die Fabel vom Strausriw »Mit dem Kieselsteine- Verschlucken?« Fräulein d. Zabbern wollte etwas daraus erwidern« aber sie bis; sich aus die Lippen. »Mein nicht zu rathen ist, lieber Gras«, sagte sie endlich, indem sie sich gegen ihn verneigte, «dem isi auch nicht zu helfen ich sehe, da ist mein Wagen an rest·(iir!« «Mein gnädiges Fräulein ...« »Am-du« —- -- werden Sie heut Abend den Circus besuchen-" «Es ist Meß- Sonntag« «Leider Gottes und ich ginge so gern! Madame Bertrand soll eine rei zende Frau sein. Grif, Gras nehmen Sie sich in Acht!« Fräulein d. Zahbern drohte ihm da bei« als er ihr gerade den Arm bot, um sie in den Wagen zu heben, lächelnd mit dem Finger. «Wieder eine Warnung, mein gnä giges Fräulein?« fragte der Mitwi er. »Ich will weiter nichts gesagt ha ben«, erwiderte die Dame, und die weitere Unterhaltung wurde durch das An iehen der Pferde abgebrochen. er Nittrneister schritt langsam seiner eigenen Wohnung zu. D. Am nächsten Morgen war Graf Geherftein friih ausgestanden und hat te einige Briefe geschrieben. Nach dem Frühstück ging er unruhig in feinem Zimmer auf und ab, und sah wohl hundertmal nach der Uhr, deren Zei ger ihm nie so langsam fortgeschlichen waren, wie gerade heute. Endlich schlug es Acht. Sein Bursche Karl trat herein und fragte nach den Brie fen, die ihm der Herr Rittineister be fohlen hätte auf die Post zu schaffen »Warte noch einen Augenblick, ich bin noch nicht fertig«, lautete die Ant wart. »hat noch Niemand nach mir gefragt?« »Noch nicht, herr Rittmeifter.« »Ich werde Dich rufen, wenn ich Dich htauche." Der Bursche schloß die Thiir wie der· und der Rittineifier seßte rnit un tergeschlagenen Armen seinen unruhi gen Spaziergang fort. Es schlug halb Neun, da tlingelte draußen die Bor faalthiir. und der Rittmeifter zuckte zusammen. Er blieb stehen und horch te: draußen wurden Stimmen laut, und gleich darauf trat Karl ein und überreichte ihm eine Karte, die den einfachen, außerordentlich fein darauf gesiegt-even Namen trug »Wenn Ber ran «. ,,Cs ift gut«, fagte der iliittmeifter,r «laß « laß den herrn eintreten aber warte.« Hier. nimm das gleich mit fort: diefe beiden Brief auf die Poft -- diefe Büchersbier kommen zum Buchbinder, und hier die Koppel trägft Du zum Sattler und läßt Dir eine andere Schnalle fiit die gebrochene an sehen. Du magst gleich darauf war ten.« » u Befehl, herr Rittmeifter.« »Alle bitte den Fremden, einzutre ten, und halte Dich nicht länger auf als Usihig ist« Der Bursche verfchwand wieder, gleich darauf aber öffnete sich aan Neue die Thiir und fchloß sich hinter dem eingetretenen Fremden, der mit leifer, aber fefter Stimme und leichter Berneigung sagte: »Sie haben ge wünfcht, mich zu sprechen, herr Graf.« · Graf Generftein ftand der hoben, männlichen Gestalt des Kunftreiters Bertrand ge eniiber, aber er antwor-« tete keine Silbe. Todtenbieich fah ers dabei aus; jeder Tropfen Blut hattet seine Wangen verlassen, und nur feine ’ Blicke bafteten feft, ja ftier auf den’ Zügen Urkund-. z .Sie Its-M gewünscht mich zu spre chen. Herr Gras«, wiederholte der Kunstreiter endlich - aber noch— leiser als vorher. Da streckte der Gras die Jlrrne nach ihm aus. »Georg", sagte er rnit vor innerer Bewegung sast erstickter Stimme , «Bruder Gent !« Monsieur ertrnnd riihrte sich nicht. Er hatte die Zahne aus einan der gebissen und sah sest und ernst in die Züge des Grasen -- aber es war nur ein Moment --- im nächsten wars er sich an seine Brust, und die beiden Männer hielten sich stumm und schwei gend herz an Herz in eiserner Umar mnng sest umschlossen. - »Ich hatte leine Ahnung, Dich hier in Umschen Diensten zu sinden«, sliis sterte endlich Georg, als er sich lang sam. die Augen von Thränen gestillt, wieder einporrichtetr. »Ich ertannte Dich aus den ersten Blick, wie ich Dich die Straße nieder reiten sah«· erwiderte der Rittmeister »aber, Georg, um Gottes utn unserer Eltern willen s- welchen Le bensweg hast Du gewählt? Was konn te Dich in diese Bahn schleudern?« »Wir sind allein?« sagte Georg wähtend er einen Blick nach der Thiir wars. .Volltommen Und ungestört. Mein Bursche ist sort; außerdem weiß er. daß er nicht horchen darf. Sehr Dich zu inir hierher.« Georg tögette einen Augenblick, dann legte er seinen Hut ab und ließ sich still neben dem Bruder nieder, der seine Hand ergriss und bittend sagte: »Jetzt sprich, Georg - gestehe mir Alles Alles. was geschehen ist, lchiitte Dein gan es Herz in meine Brust aus, nnd lag mich dann Mittel und Wege finden, Dir zu helfen « Dich zu retten." . »Mich zu retten?« lächelte aber Georg bitter vor sich hin, »das ist vor bei zu spät, und ich glaubte auch die Vergangenheit schon fest und sicher abgebrochen, glaubte mit der Welt und meinem früheren Namen abgeschlossen zu haben, als Deine Karte gestern all· diese hoffnungen und Pläne mit ei nem Schlage über den Haufen warf.« »Und so lange bist Du schon nach Deutschland zurückgelehrt olme selbst mir ein Lebenszeichen zu geben!« sagte Wolf vorwurssvolL »Ich wagte es nicht«, sliisterte Georg, finster das Antliz zur Seite wendend. »Ich vermied sogar,-die heimischen Grenzen- zu betreten, denn ich fürchtete ertannt zu werden, fürch tete mich selber zu verrathen, und « mochte den Spott Derer nicht ertra gen, die ich früher — als meines Glei chen wußte.« «Georg«, sagte der Bruder ties be wegt· «nicht um Dir Vorwürfe iiber Vergangene-Z zu machen hab' ich Dich ausgesucht, hab' ich Dich gebeten zu mir zu kommen. Deine eigenen Worte seht gestehen mir Alle-. was ich Dir darüber zum Herzen reden tönntex denn Du, der sich seinen Lebensberuf darin gewählt hat« dem Tod in seiner häßlichsten Form zu trotzen, schömst Dich seit, Denen unter die Augen zu treten; die früher Deines Gleichen wa ren und aus deren Kreisen Du fort — - hinab gestiegen bist. Daß Du das aber fühlst, bürgt mir auch fiir die Erfüllung meiner Hoffnung. Dich die sem Leben wieder zu entreißen.« »Es ist zu spät«, sagte düster der Kunstreiteh »ich tann nicht mehr zurück.« »Der Mensch tann Alles, tvas er ernstlich will, und Deine Seele hast Du nicht verbsiindot«, entgegnete ernst der ·«Graf; »ja, wenn Du es Deinet halben selbst nicht thun wolltest, müß test Du es meinethalben mußtest Dues der Mutter wegen thun.« Gearg barg das Antlitz in den Hän den, und Wolf, feine hand freundlich auf des Bruders Schulter legend, fuhr leife fort: »Sieh, Georg, fosgut wie ich Dich, felbft unter dem dichten Barte und dem Flittertande erkannt, mit dem Du Dich umgeben, fo gut tann einer Deiner früheren Kameraden Dich ebenfalls erkennen, und daß es bis fest noch nicht gefchehen, begreife ich fogar nicht einmal. Das Tagesw fpriich befchiiftigt sich fogar faft aus fchließlich mit Dir und Deiner Frau, u d wunderliche Gerüchte iiber Euch d rchlaufen fchan die Stadt, wenn sie die rechte Fährte auch noch nicht gefunden haben.« »Und gerade diefe tollen Gerüchte fächern mir vielleicht meine Verborgen it.« « Eielleicht -— aber auf wie lange? Und glaubft Du nicht, daß Du das Derg der Mutter brechen würdest, wenn ihr die furchtbare Wahrheit je zu Ohren käme? Sie hat Dich als ei nen Todten beweint; oh, laß fie nicht den Lebenden noch mehr beklagen als den Todten!« Georg war aufgefprungen, und mit unruhigen Schritten maß er das Zim mer auf und ab, bis er endlich wieder neben dem, ihm mit mitleidigen Blicken folgenden, Bruder Pla? nahm und sagte: »Du weißt Wo f, rote mein ungezügelteiisceben in früheren Jah ren la sam. ID- dias Nek tiber mich zu ammensoxdszdev ich endlich » unter-ins —- j if erlag. Dein Truni gab ich mich hin, nnd in dem Trunk dem Spiel. und mit dem Spiel verlor ich Alle-, was ich mein nannte « verlor mich selbst. Ich mußte fliichs ten, mein ganzes mir zukommendrs Verträgen reichte nicht hin, die hinter lafsenen Schulden zu decken - unter brich mich nicht ich weiß daß Du. Wolf, iidrr Deine Kräfte beigesptun gen bist, wenigstens die Ehre unseres Namens zu retten, wenn Du mich auch nicht mehr retten konntest. Da, als ich das hörte, erfaßte mich die Ver zweiflung; ich floh nach Frankreich. und mein böser Stern warf mich in die Arme einer dort umher iehenden Kunstreitertruppr. Du wei t, daß ich von je ein guter, vielleicht zu toll kiihner Reiter gewesen; die kleinen Kunstgriffe jener Truppe lernte ich deshalb bald und fiihlte dadurch einen gewissen Stolz, mein Leben. meine Existenz dem Schicksal selber abringen zu können. Der Chef unserer Truppe war zugleich ein Seiltänzer, und wie mein in eine falsche Bahn geworfener Stolz nicht ertragen konnte und woll te. daß irgend Jemand es mir in dem Berufe, den ich mir jetzt gewählt, zu vorthun sollte, tvarf ich mich mit tol lem Eifer dieser neuen Kunst in . die Arme. Vollkommen schwindelfrei - denn der Leidenschaft des Truniee wie dem Spiel hatte ich lange entsagt --, machte sich reifend schnelle Fortschritte, und msn werthloses Dasein doch nicht achtend und lett bei jeder Gelegenheit in die Schanze schlagend, übertraf ich bald meinen Meister.« fFortseyung folgt.) —- — Die Banqne de France Wer von den vielen Tausenden, die Paris zu tennen glauben, weiß etwas Genauetes von einer der wichtigsten Anstalten, einer Lebens-quelle der französischen hauptsiadL von der Banaue de France? Und doch ist es gerade sie, die von der am Golde hängenden. nach Gold drän- » genden modernen Menschheit Be- i achtung und Respekt verdient. ; Alle Schätze Goltondas befinden sich s in den Souterrains des Palais der Nue de la Brillidsrr. das einst dem Sohn Ludwigs XHI und der Mar auife de Montefan, dem Grafen von Toulouse, gehörte. Die Geschichte des drunthasten feudalen Schlosses, das fiir seine heutigen Zwecke manche tief einschneidende. vernichtende und neuschöpferische Umwälzungen erfah ren hat, ift ein Stüct Hos- und Stan taloeschichte des Frankreichs der Bourbonen Hier vertehrte das galante Paris der aristolratischen Gesellschaft. n i den reich mit Gold verzierten hohen Sälen spielten die Edelleute Ludwigz XV. und Xlsj Neversi eine Art Ta rockfpiel Hier weilte die auf so grau same Weise von den Nevolutioniireni getödete liebliche Prinzesfin Lamballe, J die Freundin der unglücklichen Marie I Antoinette, wenn sie ihre Pflichten bei der Königin nicht nach Bersailles rie- : sen. Das prächtige, fiir Feste und? Prnnlentfaltung entstandene Palaisi wurde 1620 von dem berühmten Ar- ; chiteiten Mansart erbaut, der den noch ’ heut erhaltenen schönsten Theil des Louvre fiis Ludwig XIV. schuf. Nach der großen Revolution. als die mei sten, wenn nicht alle der Krone gehöri gen Schlösser Staatseigenthum wur den. ging es dem Gebäude der Nur de la Vrillicksre wie allen anderen vor nehmen Prachtbauten, es wurde gänz lich umgestaltet. Der erste KonfuL Napoleon Bonaparte, hatte die geniale Idee, dem net-geschaffenen Reich ein großes Finanzinftitut nach dem Vor bild Englands zu schaffen. Er grün dete am 13. Februar 1800 die Banque de France mit einem Kapital von 30 Millionen Franc das schon nach drei Jahren auf 45 Millionen erhöht wurde. Die Attien « betragen 1000 Frank. Selbstverständlich iibernahm Rapoleon fiir sich und seine Familie sowie die grossen Finanzleute jener Taae, die Fould, Perrier.- Mallet. Fasfittn den haupiantheil der Ernis con. Im Jahre 1812 bezog die Banl das sür sie und ihre immer steigenden Be dürsnisse hergerichtete Palais der Prinzeß Lamballe. Die Organisation dieses großen Finanzinstituts weicht von dem anderer Staatobanien in vie len Punkten ab. Die Banaue de France ist nicht vom Wohl und Wehe des Staates abhängig. Sie ist der Bankier des Staates-. der ihr gewisse, ausschließliche Privilegien zuertheilt: dazu qebört die Fabrikation der Gelb scheine. Das sich im Umlaus befind liche französische Papiergeld wird in dem Palaii der Rue de la Brilliore selbst hergestellt. Das Recht der Fa brikation ist bis zu einem Maximum von vier Milliarden begrenzt Es ist eine betannteTbatsache, daß die Bank von Frankreich so reich ist, daß sie ie den Augenblick die von ihr bis zu drei Milliarden ausgegebenen Bankbillette in Gold umsehen kann. Diese Gold-schätze befinden sich in den Kellereien unter der Erde und sind nach menschlichen Begrissen gegen alle nur denkbaren Gefahren geschitu Die Souterrains sind aus Granit, Eil sen und Zement. Einige Stufen vom Erdqeschofi befindet sich eine schwere ThiIt mit 3 Schlössern. Der Schlüs sel zu jedem Schlon ist in den fänden einer anderen ofsiziellen Per- örtlich leit. Nur mit Einteilligung der drei tann also die Thür, hinter der sich die Kasse fiir die täglichen Bedürfnisse befindet. geöffnet werden. Wehe dem Untundigen. der diese Thiir selbst harmlos berührt. Sofort erhebt sich sein Döllenliirm von hunderten von « eleitrischen Klingelm bei dem einem Hören und Sehen vergeben kann. Nachdem man noch eine zweite eiserne UIhiir mit drei Schiiissern durchschrit ten hat, betritt man eine Art Rund gang, dessen Wände mit eisernen Ver sschliigen versehen sind, hinter denen fdie der Bank anvertrauten Depotc sausbewahrt werden. Eine Mustertarte sirdischer Schiihr. Hier liegen die »Kronsrhiihe Frankreichs. die Perlen Wind Diamanten der Königinnen der ; Salons und der Bühne, die im Leben E meist nur noch schöne Jmitationen tra saen. hier ruhen Säcke Goldes und Bündel vonWerthpapieren, deren Be siser so reich sind, daß bis zu ihrem Tode die Bei-ließe laum je geöffnet « werden. Aher noch sind wir nicht in das allergeheimste allerverschlossenste Ge lasi der Bank gelangt. Durch eine mit eisernen Stangen dernagelte Pforte, die iich durch Drehung öffnet kommen wir an eine ganz schmale, spiralför mige Wendeltreppr. 43 Stufen in die JTiefe fiihren in einen 60 Fuß langen Raum. Das ist das Reich Pluioa; hier ruht der böse und doch so sehr be gehrte Mammon. Jn hohen eisernen Kisten mit Grifer auf den Deckeln. z Das find die Reserven der Bunt. Das ZdeitaL dessen Vertreter in blauen »und bunten, aus Lumpen und hanf angefertigten Scheinen Frankreich und die Erde hereisen Da stehen Kisten mit fiir zwei Millionen Los-Frank Stiicken in Gold lLouisdor), filr drei Millionen amerikanisches Gold, fiir 800.000 Frank Fünffrantftiicke usw Das Verhältnis des Staates zur Bank von Frankreich ist in zwei Wor ten folgende-St der Staat hesiht in der Bant ein lausendes Konto Alle öf fentlichen Einkünfte werden der Bank eingezdhlt Dagegen verpflichtet sie sich« dem Staat Avancen bis zu 180 Millionen zu gewähren. Diese Anan een werden nur dann ver-zinst. wenn das Konto des Staatsschatzes sie nicht deckt. und dann auch nur der fehlende Theil. Die Bank veröffentlich ihre Bilanz ieden Donnerstag und macht alle sechs Monate Inventur. Die Ad ministration wird von der Regierung ernannt., Sie besteht aus einem Ge neralgouoerneur und zwei Untergou verneuren sowie ans fünfzehn Mit gliedern des administrativen Komites, die von den Aliionären gewählt wer den. Diese Mitglieder führen den sehr umworbenen Titel Regents. Die Siyungen finden in der Galerie Dort-e statt, die noch mit den vergol deten Holzschnidereien des 17. Jahr hunderts geschmückt ift. Gegen Feuersgefahr sind die Gold kellereien dadurch gefchiiyt, daß man fie in wenigen Sekunden unter Wasser seyen kann. 1871, als die Kommu nardi in die Souterrains dringen wollten« hatte ein Beamter die Geistes gegenwart, auf den Wasserreserooir automat zu drücken und so die Gold schähe Frankreichs vor dem Zerstöru und Plündererfeuer zu schühem Ge igen sonstiges gesährliches Eindringen sfeindlicher Elemente sind Vorbereitun »sien aetrossen Die schmalen-Warum sso schmalen Gänge mit Ton undErde lauszustopsem und der Druck aus eine sIeder genügt. um sämmtliche unter irdischen Räume nIit Kohlengas anzu siillen« die das Eindringen ausriihre rischer ltjsorden unmöglich machen. All dieser Vorkehrungen bedarf man, um das Gut der Menschen vor Jhresglei chen zu schiihen Und das Gold, das mit Mühe der Erde entrissen wurde, vertraut man ihr wieder an, damit sie es mütterlich gegen unbesugte Men schenhand beschütze. Und während oben aus dem Asphalt sich das erwer bende und genießende Paris drängt· stößt, dahinsaust und sich im Gewühl zermalmen -läßt, schlummert unter seinen Füßen in eisernen Särgen die Gottheit, vor der sich noch immer die Widerspenstigen beugten. A. Julett Cast Ein unternehmender Mann hesiirs wortet die Benudung oon Lusthalloni siir Retlamezweetr. So lange die Menschheit nicht aus dem Rücken da herrutscht und den ausrechten Gang beibehält, wird er wenig Gliick mit sei ner Jdee haben. I if s Caruso tann wieder singen: seitdem er geschwiegen hat« hat er ein Vermögen verloren, in seinem Falle ist Schweigen also nicht Gold. s- i » i Wer sein ganzes Herz gibt, schenkt am meisten, und wäre er ern Bettler. I I Der Tabaktrust wird es arn heften selbst beurteilen können, ob die Ent scheidung starker, milder, oder leichter Tahal ist. v