Ein Roman WM Neue Menschen Von A. Flachs GLI. Fortsetzung.) Nachmittags stellte ek sich pünktlich bei Misle ein. Die Form und gin tichtung des großen stinan in dem er ern-fassen wurde, besaß-n viel Redlichkeit mit dem, das er bewohnte Ct must-me Alles aufmerksam und seh dann immer wieder den alten Mähm und Tochter an und mußte M sagen. daß diese schlichten Men schen und die einfache, alterthümliche Einrichtung miteinander harmoniren Mäblng hätten in modernen Pracht räumen wunderlich auggesehen Und es ging ihm jetzt ein Verständniß aus siir den intimen Reiz solcher Raume — -- Alles dereinigte sich zu dem Ein druck des Nuhigem Friedlichen Welt fremden: und dasselbe fand er in dem wenig tomplizirten Jnnenleben der beiden lieben Menschen« die mit ihm jeit so herzlich waren, als gehörte er zu ihrem engsten Familientreisr. Es schauderte ihn, als er sich jetzt. im Gegensatz dazu, das bunte Durchein ander von Kunstmödeln und die Fülle von kleinen und großen Einrichtunge gegenitiinden einer vornehmen Groß stadtwohnung vorstellte, wo das Wirrwarr von Formen und Farben das Zuviel an Luxus ein einheitliches sinnendes, ungestörtes Genießen der Einzelheiten nicht zulassen und gera dezu aufdringlich wirken und wo net böse lärmende Menschen mit unruhi gen« Gesten versammelt sind, die unter schlau ersonnenen Höflichkeiten ihreT Falschheit und Verlogenheit verbergen. Während hildegard den Kaffee einschentte, begann Herr Mähly wie der Betrachtungen anzustellen. »Sei-en Sie, Herr Doktor, nehmen Sie es mir nicht übel: Die jungen Leute von heute gefallen mir nicht. Sie lernen vielerlei und glauben des halb auch viel zu wissen. Lieber wes niger, aber griindlich. Jch kann über haupt das Bieitvissen nicht leiden, es macht nicht glücklich. Die wenigsten Aerzte können sich ihres Leben-L freuen. bei dem geringsten Schmerz, bei nur etwas gesteigerter Körpern-arme quält sie die Furcht, welche Krankheit begin nen könnte ich finde jetzt keinen besseren Vergleich. Aehnlich ist ess- mit dem Bielwisfen, es quält und verdirbt die Freude am Leben.« Der Alte sprach und sprach. Robert stimmte Allem bei, er hatte nicht die Lust, zu widersprechen das s Art-e zu langen Inwanderseguw , ftihren und er sehnte sich blos nach Kne- Inseinandersejsngen unter ; vier Augen mit hildegard. Nach dem Laffeefagte pliidlich Herr Möhlin »Das Vetter ist fo hell und schön. Es wäre eine Sünde. zu hause zu bleiben. hilde. willst Du nicht mit dem Herrn Doktor einen Spaziergang machen? Ich lann nicht mitkommen, s ich will wieder einmal zu meiner Schwester geben« Hildegard und Robert schlugen den Weg nach dem Uetliberg ein. Durch ihre Seelen zogen liebliche Gedanken. nur selten fiel ein Wort. Ein Wagen kam plöilich herangesaust, gerade als chridegard die Gasse überschreiten wollte. - »Sieh Acht.« rief treidebleich Robert und riß sie auch schon zurück. Jetzt ergossen sich dunkelrothe Wellen in sein Gesicht - er schämte sich, daß er sie geduzt und sich damit verrathen hatte. the lachte ihn herzlich an. sagte aber m s. Hoch oben oui dem Berge nahmen sie in einer Gastwirthschaft an einem Tische, der abseits stand, Platz und genossen etwas. Sie sprachen wenig, sahen einander aber desto häusiqer an. Die Sonne stund schon tief. Sie brachen auf. Aus dem Abstieg hiel ten sie an einer Stelle, die einen wun derschönen Blick aus das von der scheidenden Sonne in Gold gebadete Thal gewährte. kurze Rast. «Hildegard!« sliisterte plötzlich Ro bert, er wollte etwas sagen und stockte. Sie blickte ihm voll ins Gesicht, lächelte zärtlich und sagte leise: »Robert!« Da schlang er seinen Arm um sie, zog sie an sich und küßte ihre warmen, schwellenden Lippen. Ein Beben lies durch Hildegardö Körper, das Blut schoß ihr stoßweise in das von unsag barem Liebreiz verschönte Gesicht die Liber senkten sich halb herab, bilde qord sah nichts, sie fühlte blos, wie das Glück in ihr herz eingezogen Mk lau »Meine herrliche hilde" , jauchzte er sz Meinxeliebter Robert« lispelte - fe: iilpsren lick us seine Augen versen Hist ergriff fest ihre Dant- nnd so " schilt csie, stumm vor Liebesqlück, Jus Zu lssle mä Hause kamen war "sett M Wie da. Er saß ge - - « M am M der hoswohnung und ;- M, ans einer großes Pseise rau J .-M. in des M hinaus der in Ile- stli Wiss-the staådbe t M y« sann o r sie-I Ists-Ue- Mtztbh »O M den Kopf, dann stand er auf und sagte »Ich glaube fast, ich weiß, was Sie endet-um« Ja Roberts Gesicht wechselte Blässe mit Röthe Er spürte es und schämte sich der tnabenhaften Verlegenheit. Hildegakds Gesicht glüh-Oe, ihre Augen leuchteten und wandten sich bald dem Vater, bald Robert fzu. · »Ist das ader ratch gegangen, irever Doltor!« fuhr Herr Mählv fort, der Mühe hatte, seine fiefe Bewegung durch ein gemiithliches Schmunzeln zu verbergen. »Nun, ich habe lein Recht, Nein oder Ja zu sagen. Jhr »seiv erwachsene Menschen. Jhr möget sthun wozu das Herz Euch drängt. »Was mich betrifft ich bin es zu isrieden Wenn Euch aber an meinem ! Segen gelegen ist . . . ." s Rasch näherte sich Robert Hildegard Jund ergriff ihre Hand, der Alte ging sihnen entgegen und sprach mit zit ;tetnder Stimme: . ? »Gott fchenle Euch Glücks« ) s s Mit nervöser Ungeduld wartetei Robert auf Antwort von den Eltern« Sie tam erst nach fünf Tagen — aus; Paris. Roberts Vorschlag wurde! unter lobender Anerkennung seinerl schönen Absicht abgelehnt Pia-] thilde soll es ungestört versuchen. sichs das Leben nach eigenem Ermessen einzurichten. Robert machte sich sofort an diei Beantwortung dieses Schreibens- Ers erzählte ausführlich, welche Verände- s rung in seinem Jnnenleben eingetre-» ten ist, und schrieb in einem Gefühls der Scham über feine Jntonseguenzk förmlich eine Abhandlung, welche die» tieferen Gründe erörterte und das’ Geschehene ais eine völlig uatiikiichel Entwickelung erklärte. Dieser Theil des Briefes machte den Eindruck, alsi "wäre er von einem nüchternen Manne ! der Wissenschaft geschrieben; in dems sich daran schließenden Absatz schil-; derte Robert feine Braut und dies blühende, glühende Sprache, die er da führte, zeigte ihn in der ganz neuen» Eigenschaft eines begabten Lnrilers.z Er bat zum Schluß die Eltern, sie? imögen doch bald nach Zürich kommen, » Isein Glück mit zu genießen, ihres IFreude zu haben an dem Sohn, demj idie Liebe wohl etwas den Uebermuths sgebrochen, aber den Muth, in denj fneuen Bahnen vorwärts zu streben, unversehrt gelassen hat. Die Eltern trafen auch bald in Zürirh ein. Robert drückte es das herz ab, daß sie so plößlich gealtert waren. Kein Zweifel bestand — er und Mathilde trugen daran Schuld. Und doch: Niemand lann dafür ver antwortlich gemacht werden, daß Alt und Jung andere Anschauungen ha ben; das ist immer so gewesen und wird immer so bleiben. Diese Be trachtung war wohl eine Erklärung, milderte aber nur sehr wenig seinen Schmerz, der das Glücksgefühl in ihm herabstimmte. Einmal wollte er die Rede darauf bringen« doch der Vater fiel ihm ins Wort: »Mein lieber Robert, wir wollen nicht messen und wägen ,ob und wem Schuld zufällt und wieviel daran dem und jenem. Freuen wir uns, Daß die Zeit der Mißverständnisse vorbei ist. Mama und ich wünschen nichts sehnlicher, als daß wir auch mit Mathilde so weit wären. Jch will Dir ein für alle Male sagen und erklären, wie Du uns jetzt verstehen s span. i Lug ich mich nach dem traurigen -Au«ggang deg Festes schon recht gut Terholt hatte und Mama auch wieder iruhiger geworden war, sprachen wir soft und lange über das Zerwiirfniß szifchen uns und Euch und wir sahen »dann Alles in einem anderen Lichte. iVielleicht haben uns erft die starken I feelifchen Erfchiitterungen zu richtigem iBlick verholfen, es ist ja oft beobachtet Iwordem daß großer Schmerz läu sternd und klärend wirkt. Mama und )ich kamen da zu der Ueberzeugung daß weder geringer Widerstand von unserer Seite, noch größere Nachgie bigkeit von Euch die Konflikte verhin dert hätten. Alter und Jugend kön nen nicht in Allem eines Sinnes fein und sollen es auch nicht. Der Jugend unantastbares Recht, ja ihre Pflicht ift es, der Zeit doranzueilen, nach neuen Pfaden zu fuchen fonft gäbe es keinen Fortfchrit in Allem und Federn ——-« und die Alten haben die ufgabe den Vorpoften am Vordrins gen zu hindern, wenn fie glauben, daß Gefahr vorliegt. Das «Vormärts!« der Einen und das «Halt!« oder »Zurück!« der Anderen muß naturge möß zu mehr oder minder lebhaftem Zwift führen -—— es giebt keinen un: fehlbaren Generaliffimus, weil Nie mand zu gleiches Zeit jung und alt Ifein kann. Es liegt alfo ftets eine Igetpiffe Bist-z zwilchen Alt und sJungx da eine Verflihnnng der Ge genfäße undenkdar ist, fo ift das Gän ’ ste, was gefunden werden kann und er rebt werden foll, ein Modus di vendi, der mn Mindesten Hei-Me ligkelten se Idee-, Entfernung zwi schen Glitt-nnd Liedern hintanhali ten fas. W er es fede- nieht ver mag- ein traf des Abtritt-im der IAnsichten freundschaftliches Verhält niß zu sichern. Dr. Sellin, ver einmal dazu kam, als wir gerade diese Sache ventilirten, meinte, solcher Familien hadet käme jetzt häufiger vor-als früher, weil die jungen kaßstadts kLeute von heute keine rothen Baden, kdofiit aber sehr teizbate Nerven ’habeii. Jch theile seine Ansicht nicht ganz. Daß das nerviise Leben uns iferer Zeit, und zumal in den großen »Städten. die Menschen reizbarer Lmachn und daß deshalb Meinungs .verschiedenheiteii leichter entstehen und sich öfter zu erbittertein Streit ent wickeln, glaube ich aern. Allein dasi trifft doch mehr aus die Form zu. in! welcher die verschiedenen Ansichten ver- ; fochten werden. Jm Wesentlichens bleiben die Gegensätze zu allen Zeiten gleich: Neue und alte Menschen hat es immer gegeben, wir Aelteren waren es ja auch vor dreißig. vierzig Jahren. Also, wir wollen die Streitaxt ver graben. was vorgesallen ist. ist under meidlich gewesen« 13. Kapitel. Mathilde schritt durch die stillen Straßen Brootlyns eilig dahin, als würde sie von einem verdächtig aus sehenden Menschen verfolgt. Sie hatte die Empfindung sie würde Frevungs im Zorn und hohn so häßliche-z Ge sicht erblicken, wenn sie sich umdrehen wollte. Während troftlose Gedanken ihre Seele verdüsterten, ging sie immer weiter und wußte nicht wohin. So lam sie bis zu den Balken-Anlagen am Oasen. Die Wellen des -Meeres spiel ten leise vlätschernd im silbern schim mernden Licht des Mondes. Der An blick beruhigte sie ein wenig, und die frischere Luft kühlte ihre glühende Stirn. Sie setzte sich aus einen Stein und dachte nach. Erinnerungen an das alte Leben im elterlichen Hause stiegen in ihr auf und die eben verflosseneZeit erschien ihr nur noch trauriger. Sie rang nie Dünde —- was sollte sie be ginnen? Am liebsten spriinge sie ins Meer. Was fesselt sie noch ans Lebens Jhr Vers ist gebrochen, das heilt nicht wieder, die goldene Freiheit hat sich als eine Chimäre erwiesen. die Liebe der« Eltern wird sie sich taum zurück gewinnen können. Sie hat auf Erden nichts Schönes mehr zu erwarten . . . . Es gehört gar nicht viel Muth dazu, da hinab zu springen. Es dauert knicht lange, so hat sie das Bewußtsein verloren und ist befreit von dem un sagharen und unheilbaren Schmerz der Enttäuschung, der ihre Seele unbarmherzig zerfleischt . Sie er hob sich eritschlofsen, sie will nicht lange darüber nachdenlen. welcher Schicksalsschlag das für ihre Eltern stre. sie betet hier« daß Gott ihnen Kraft verleihe, und macht einen Schritt nach vorwärts. dann noch einen, nun neigt sie den Oberliirver vor. um sich todfüjier ins Meer zu stürzen, und . .. eine Baßstimme er tönt neben ihrem Ohr. I »Fraulein, Sie sind dumm. Wenn man so jung und hübsch ist wie Sie, springt man ins Wasser blos, uin ein Bad zu nehmen« Mathilde richtet sich aus und sah den Sprecher an; es war ein deleibter Mann. der aussah wie ein Berliner Schuszmann in Cioil. Sie gab teine Antwort und ging fort Der Mann riei ihr nach: »Fröulein. Sie haben vielleicht noch eine Mutter oder einen Vater . .. Sie sind also nicht blos dumm, sondern auch roh.« Mathilde guckte zusammen und lies davon. Jin Centralpart sanl sie er: schöpft aus eine Bani und nieste ein. Die Morgensonne ioectte sie. Sie er hob sich. Die Glieder inickten ihr vor Schwäche ein. Ein nagender Hunger trat aus« und das Sehnen nach heißen Getränken, nach Thee, Kasser. Sie griss in die Tasche s— 10 Ernte-. Sie seufzte und seste sich wieder. Es war lnoch zu sriih ain Morgen, man tonnte lBrot noch nicht tausen. Mit stumpsern iGroll dachte sie wieder an Freyung, l ihre Seele war zu müde, uin kräftigere lGesiihle hegen zu können. Die Augen lsielen ihr zu und sie schlummerte wie ider ein. Dann weilte sie ein dumpser Schmerz im Magen. Nun verließ sie den Pakt und ging aus das gerade Wohl durch die Straßen. Vor einein Bäckerladen, der noch geschlossen war, blieb sie stehen. Das ermüdete sie und sie lehnte sich an die Thiir des Ladens. Ausmertsain lauschte sie aus ein etwa drinnen bernehaibaies Geräusch Sie hörte dann schleppendeS ritte und das Klappen eines Schlüssel undeb. Sie trat von der Thiir sort und behielt sie angstlich jin Auge. Aber sie össnete sich noch immer nicht. Mathilde fühlte eine Ohnmacht berannaben. Endlich bitarrte die Thür und bssiiete gleich sain gastlich die beiden Flügel. Ma thilde trat sofort ein und iani init einein Stück Weißbrot wieder aus die Straße. Sie wollte II in einein Bari liest-rein aber sie iomite den hunge In länger bezwingen und asz es im sehen hasilis aus. Sie siihlte sich et was gests » und schrit ohne h stiinniteb l weiter-. Sie überlegte, kostet « sollte. uai Obdach zu ims- vsd W n- vetwaern m erinnerte sich m aii Mis Middbursts von der sie wußte, daß sie in der Stemin Stkeet wohnte. Befäße sie Geld» sie würd-L in eine Konditotei gehen. etwas zu sich nehmen und dann die genaue Adresse herausfuchen lqu sen, aber fo Mathilde schieppte sieh immerhin bis in dies Straße, viel leicht wird ihr der ' ufall helfen. Plötzlich entsann sie sich ganz genau der Adresse. Aber ist es nicht zu seith? Kann sie jeßt schon der Dame einen Besuch machen? Sie wußte nicht« was die Zeit war. Erft als sie an einem Uhrmacherladen vorbeikam, sah sie, daß es 1»-«-.-11 Uhr war. Ma thilde konnte kaum mehr weiter. sie litt fest unter gäulendem Durst. Die Sonne war heute wieder unbarmher zig Mathilde erreichte mit Mühe die Batterh; hier ließ sie sich auf eine Bank fallen und starrte wehniithig auf das schöne Hasenbald Wieder, wie heute Nacht. wandelte sie die Lust an. ihrem Leben ein Ende zu machen. Um einige Stunden früher was liegt daran? denn wer mag wis sen, ob Miß Middhurft sich ihrer an nehmen wird. Den Gedanken, zu Frehung zurückzukehren. wies sie mit Abscheu von sich. ohne daß sie erst nach Gründen suchte. An die Eltern würde sie sich vielleicht doch wenden, aber das war unmöglich, ohne Geld tonnte sie nicht um Hilfe telegtaphiren. Sie be kam einen Abscheu gegen das,Leben. weil man mitten unter vielen hundert tausenden Menschen elend zu Grunde gehen tann, wenn man sich nicht er niedrigen will. Wenn sie Jemand jetzt erfaßte und ins Meer schleuderte, sie würde ihm dankbar sein« Sie muthete sich nicht die physische Kraft zu, den Sprung selbst zu thun. Nun stand sie wieder auf und ging langsam, hier und da stehend bleibend, um ihr heftig schlagendes herz aus ruhen zu lassen, in die Greenwich Street zurück. Da erfuhr sie, daß Miß Midhurft verreistfei. und erst nach zwei Wochen zuriicltehren witd So war auch die letzte hoffnung auf Ret tung entschwunden. Mathilde nahm alle ihre geistigen und physischen Kräfte zusammen, geraden Weges wollte sie zur Battern gehen und sich dort in die Iluthen stürzen. Zwei, drei Schritte machte sie rasch und sicher, dann begann sie zu schwanten es wurde ihr duntel vor den Augen. es sauste ihr in den Ohren, der Athem versagtösz und sie brach bewußt l auf dem Trottoir zusammen. ls sie wieder zu sich lam, war sie erstaunt, sie lag in einem einfachen eisernen Bett in einem großen Saale, wo in turzen Abständen von einander Bett an Bett ftand. Eine freundliche Meterin trat bald daraus an ihr Bett und labte sie mit kräftiger Brühe, ohne ein Wort zu sprechen. Mathilde lag im halbschlummer da. Wohl eine Stunde später brachte ihr die Wärterin eine warme Weinsuppe. Mathilde fühlte allmählich ihre Kräfte erwachen, auch das Gedachtnisz tehrte ihr zurück und sie erinnerte sich jetzt genau, wie ihr in der Greeiiwich Street schlecht geworden war. Sie blickte nun schärfer und beobachtend um sich und lächelte triib: Die reiche Mathilde Schioendt liegt in einem Armenhospitai. Gegen Abend tam der Arzt, er befragte sie eingehend, untersuchte sie uiid ertlärte hierauf. sie sei blos entträftet, binnen zehn bis vierzehn Tagen werde sie sich vollstän, dig erbolen. Die Wärterin wiinschte dann ihren Namen und Wohnort zu erfahren. Mathilde überlegte einen Augenblick, sie nannte sich dann Miß Mathilde Schwendt und bat man möge an ihre Eltern telegraphiren, dasi sie ihr auf telegraphischem Wege Geld an wiesen, sie wolle nach hause reisen. Auf der Adresse soll aber ja nicht das hosvital genannt sein. sondern bloß die Straße und die Nummer des hau fesr Die Wärterin versvrach ihr die Erfüllung desWunschesx sie werde von ihrem eigenen Gelde vorläufig die Ko sten dii Telegramins tragen. Mathil de erholte sich zusehends, blos der Geist besaß noch nicht die volle Stätte und Frische. Als am vierten Ta e noch immer keine Nachricht aus entsch tand fiir sie eingetroffen war, wurde das Gesicht der Wärterin unfreund lich. Matbiide fragte nach dem Grunde und beruhigte die mißtrauj sche Frau damit, daß ihre Eltern wohl auf einer Reise begriffen seien, was sie damals vergessen hatte. Aber die Wärterin schüttelte mit dem Kopf und schentte dieser Erklärung teinen Glauben sie hatte vor Kurzem unbe iriertt die Kleider der Patientin un tersucht und in einer Tasche eine Vi sitentarte efunden, die auf »Mifses Mathilde revung« lautete. Mathil de verlegte es tief daß die Frau sie offenbar fiir eine Betrüger-in hielt, und dachte nach, wie sie diesen falschen Schein zerstören könnte, ohne sich eine stähe zu . Da fiel ei ihr ein, daß inzwi chen Nachrichten von der Mutter auf dein Postamte eingetrof xen sein konnten· Sie ers te auch ofort, dort nacht-gen zu la en, und bekain ivei Or e von den Eltern. Ver svater datirte stimmtesie siiithi; er enthielt Mittheilunz das Eltern gegen i Uns MI thllde istiiischch etwas einzuwenden lia ben und sich bemühen-wollen Frehnng liebzugewinnen Das Eintresfen der zwei Briefe bei ruhigte die Wärterin ein wenig und sie wurde die ansnierlsasne freundliche Frau, die sie früher gewesen« als Ma thilde auch einen Tag später ain Vor mittag ein Telegramin erhielt nnd-ihr am Nachmittag Geld gebracht wurde. Die Nachrichten von den Eltern wirkten toie ein Wundermittel aus Mathilde« ihr Ausfehen besserte sich zusehendä. ihre Kraft nahm zu nnd sie tonnte acn nächsten Tage das Ho spital verlassen nnd in eine vornehme Pension iibersiedeln. Das Telegratnrn der Eltern tam ans Ziirich und lau trie: »Wir lassen Dir durch ein New Yorker Banthaus dreihundert Dot lars zuschieken Robert ift unterwegs, Dich abzuholen. Auf baldiges Wie derfehen. Jn Liebe Deine Eltern.« Mathilde ließ nach Ziirich folgendes Telegram abgehen: »Vielen Dank» freue mich sehr iiber Roberts Ankunft und baldige Heim kehr. bin gesund und munter nnd küsse Euch tausend Mal. Eure Thilde.'· Mathilde hatte die volle Wahrheit telegraphirt. Sie freute sich wie ein Kind« zu den Eltern zurückzugeben, von Robert begleitet. Ein wohliges Gefühl der Sicherheit beseelte fie. Mit Schaudern dachte sie an die häßlichen Tage der Drangsal zurück und den noch gbedauerte sie jetzt nicht, dafz sie das durchgemacht hat · sie hatte denn doch etwas erlebt, hat Noth und Un glück kennen gelernt und ift reifer und ernster geworden. Das feindselige Gefühl gegen Freyung hatte sich abge schwöcht; er bat ja nur feinem anges borenen und anerzogenen Wesen ge mäß gehandelt - ein guter Kern steckt in ihm doch. Sie dachte an ihn, wie man an einen guten alten Bekannten dentt, den man aus den Augen verloren hat und dem man alles Schöne und Gute wünscht. Sie wiitde sich sehr freuen. wenn seine musikalische Begabung bald Anerken nung fände. (Schluß folgt.) Ein kühnes Jngenieurweik in Deutsch-Ostafrika. Jm vergangenen Jahre wurde in Deutsch-Oftafrika ein Jngenieurwerk dem Betriebe übergeben, das nicht nur zu den tithnsten Bauten seiner Art, sondern mit zu den interessantesten und wichtigsten Jngenieurwerten iiverhaupt zu rechnen ist« nämlich eine Drahtfeilbahn, die aus der Panganis Ebene sich auf einer Strecke von noch nicht 9 Kilometer Länge aus 15«.-’:: Meter Höhe hinausschwingt. zu dem Plateau des MstsllsamvarmGebirges Jn der PanganisEbene breiten sich zurzeit immer mehr Plantagen aus. Dort wird Tabak, Chinin, Gerbers Jakaziesp Kautjchuh namentlich aber i sum-Dank Baumwolle uno neuer dings Zuckerrohr gezogen. Selbst die Eingeborenen, initttlugnahme der viel-, zuchttreibenden Massai. richten dort Bauerngiiter ein, wo sie Reis. Varia ncn, Baumwolle, iiautschnh Bohnen und Liotos ziehen. Ueber diesem pa— radiesischen Garten im Norden unseres Schutzgebietes erhebt sich bis zu Höhen von 2000 Metern und mehr dass schroffe UsambarasGebirgr. das nur von wenigen Schwarzen bewohnt ist, kenn dort oben tann es in den Mich ten bitteren Frost geben und in den endlosen Urwäldern des Hoch-Pla teaus treten ost Mittegrade bis zu 3 Grad Celsiug aus. Daher ist das Pla teau des Gebirges noch unbewohnt, und sein Waidreichtum tonnte sich un gestört entwickeln. Es sinden sich denn auch in diesem Gebirge gewaltige Ur tvaldriesen, die viele Jahrhunderte iiberdauert haben. Benierlenswert ist auch der Reichtum an mächtigen Ze dernstäminen· Der erste, der den Wert dieser Wäl der ertannte, war hermann von Wiß mann. Er wies die Ansiedler des Nor dens daraus hin, neben der Plantageni wirtschast holzwirtsehast zu betreiben, um so den von der Witterung, den . Arbeiter- undMartt-Verhiiltnissen abs« hängigen Ertrag der Plantagen durch die weniger schwor-senden Einnahmen aus der holzwirtschast aus eine sichere Grundlage zu stellen. Seinem Winkel sind manche Ansiedier gefolgt, und so « sehen wir in den Mittelgebirgen Ost-. Usotnbaraj, aber auch sitt das steile( hochgehirge West-Usambara heute eine s grössere Anzahl von hoiztonzessionens erteilt, und in den dunklen Urwiiidern ; erklingt der helle Schlag der Axt. Frei- « lich ist die Förderung des hohes von « den Gebirgen nach der Eisenbahn mit den größten Schwierigteiten vetiniidsi. Von Mstsllsambara herunter schien; ein Transport überhaupt ansgeschlos-i sen, stürzen doch die hänge des Gebir- ; ges sost 1500 Meter senkrecht in dies Ebene ab, und nur mit Mithe und end losen Windungen tann der Weg überi Wilhelmital von Norden her das Pla toau ers-M Aber auch dieser Weg ist so steil und so sehtoierig und die Transportoerhiiltnitse aus ihm sind » wegen der TseiTse Fliege die die Vet .wendnng von Zuglieken unmöglich machi, so ungünstig, daß ein witt schnstlichek Transpoei von den Höhen »herumet ans diesem Wege ausge ! schlossen ist. « Deutscher Jngrnieurlunsl isl es Tnun doch gelungen. einen Weg aus die steilen Hänge zu schlagen nnd vie schweren Zedetnstömnie in lauen ein stündiger Fahrt an die Eisenbahn zn bringen Zur Lösung dee Tennspoeli skage swnndle sich die Plnnlngensitma ’an die DtnhlseilbabnsFabeil von HAdols Bleicheet E Co. in Leipzig, die »durch ihre Erfolge namenllich auch bei Idee Ausschließung von Gebirgen, bei spielsweise der Coedilleren in Regens ! linien, wo sie eine 535 Kilometer lange » und nns 4600 Meter ansieigende Lusts seilbahn irn Austrage der arge-trink schen Regierung gebaut hatte, belannt geworden ist. Die Firma baute auch hier eine Drahtseildahn, die an dein Sägewerk aus dem Plateau ansetzt dann eine Gegentteigung von 90 Me tern überwindet und nun von dem Plateaurand kühn ans einen vor dein Gebirgsriieken liegenden Kegel über springt Hier var es nötig, in einem Winkel weiterzugeben und mittelbar an schroffen 5illssiillen vorbei iiber Schluchten von mehreren hundert Mr tern Tiefe hinweg mit zwei freien Spannweiten von je etwa 300 Metern die Bahn zu einern Vergriielen zu siihs ren, wo sie wieder cine Stühe finden konnte. Von hier aus war aber jede weitere Tragseilunterstiihung ausge schlossen, denn vor dem Eebirgshange lag das breite und tiefe, landschaftlich wunderbare Ngohatal. Kühn setzt die Bahnlinie ohne jede Zwischenunter stühung über das ganze Tal hinweg, 900 Meter frei iiberspannend und sitt; gleichzeitig aus 210 Meter absenkend Dann verläuft die Linie, noch mehrere Gebirgshiinge anschneidend und im mer noch mit startern Gesälle nach der Eisenbahnstation Mkunibara. Aue dieser schwanken, nur aus Stahldraht: seiten gebildeten Babn gleiten heute die schwersten Zedernstiirnnie und Blöde bis zu 14 Meter Länge in ruhi ger Fahrt talwärt5. Die Bahn selbst ’wird aber auch von Personen benutzt, I bildet sie doch den beguernsten Weg aus ; das Gebirge und von dem Gebirge zu riiet zur Ebene Abgesehen davon daß die tiefsten und breitesten Täler von der Bahn überbriickt werden, ist dieses kühne Jngenieurwerl auch deswegen bemertenswert, weil es die steilsteBahn Eber Welt darstellt, denn Zwischen den beiden Winkelstationen kommt eine Steigung von 86 Prozent vor, die bisher bei keiner anderen Bahnanlage, weder einer Luftschwebebahn, noch ei ner Schienenbahn, erreicht ist. Diese Bahn. ein Werk deutscher Jn genieure, aus das wir uiit Recht stolz :sein können, ist heute zu einein wichti Ygen Faktor in der Entwicklung der Kolonie geworden. Es hat sich näm jttch heraus-gestellt daß es möglich ist. auf dem 2000 Meter hoben Plateau enropäische Feldfriichte und Großvieb zu ziehen, so daß mit hilse der Draht feilbahn von dein Platean aus die Plnntagenbau treibende Ebene rnit fri schem Gemiise, frischen Lebensmitteln und Fleisch versehen werden kann. Das ist ein Umstand, der von großer Be deutung für den Norden der Kolonie «zu werden verspricht. Jst es doch so möglich. die Schaden, die die Tse Tie Fliege der Viehhaltung in der Ebene zufügt, naher völlig auszugleichen und jedes Fleckchen der libene fiir die Zucht von wertvollen Plantaaenpslan zen zu verwenden, ohne daß Eurovaer nnd Eingeborene dabei auf rein tropi sche oder Konterventost angewiesen wären. O-— Auf Grund einer eingehenden Un tersuchung ist festgestellt worden, daß die Arbeitgverhältnisse in hawait un ter der Herrschaft der Trusts gerade schauderhaft sind. Schon jetzt besteht die Bevölkerung zur hälfte aus Japa nern und in dein offiziellen Bericht wird in Aussicht gestellt, dase Hawaii zsoweit die Bevölkerung in betracht kommt, in absehbarer Zeit faktisch eine japanische Kolonie sein werde. Die bis zum Widerwillen wiederholte Be hauvtung des Zuckertrusts, daß weisse Arbeiter dort des Ali-nat tvegen nicht beschäftigt werden tönnten, wird als positiv unwabr bezeichnet. So werden wir es der badgier dieses Trusts zu verdanten haben, daß Japan zu gege bener Zeit sich hatvaiis bemächtigen tann. M s « Ein Professor behaiivtete, man müsse, um mager zu werden, den gan zen Tag essen. Der Mann ist wahr scheinlich Stammgast ins ·den Ouirt Lunch-Reftaurants. wo man eine gan ze Woche lang unaufhörlich suttern T tann, ohne siir einen Tag satt zu wer den. e- tc i Richt nur sprechen, was nicht wahr ist, sondern auch nicht los-been was wahr ist, ist Sche I If « . Uenr das Leben feine Ideen gibt, Um sit auch titu- Jvee vom Lebe-.