Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1911, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats— Anzetger und J set-old
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Kandekangen
Von Dedula Slivingen.
Lichte, blaue Augen,
Frühlingshimmel gleich.
Stimmen meine Seele
Heut so hoffnungsteich.
Lange sucht’ i, nage,
Nach dem höchsten Werth.
Den in ihren Weiten
Bitgt die schöne Etd’.
Jn den Kindekaugen
Hals ich ihn erkannt:
’s ist vie reine Seele
Aus des Schöpfers Hand.
Os
Menschenmütter.
Skizze von SophievonKhueni
berg.
l.
Jedes Jahr, wenn die Primeln lei
men aus den Wiesenhöngen und aus
der schneebefreiten. durchseuchteten
Erde der starke Dust neuen Lebens
aufsteigt, fährt Frau Hilde in jene
schöne Stadt, in der sie einstmals ge
wohnt hat. und geht aus den stillen
Friedhof zu Mariatrost, der außer
balb im leuchtenden Gelände liegt.
Ganz einsam ist es da oben am
frühen Vormittag, nur die lenzftohen
Vögel schwirren und jubeln, heimlicher
Nislpläne voll, durch die wohlige
Stille. JedetmaL wenn Frau Hilde
durch das geöffnete Gitterthor tritt,
bleibt sie eine Weile stehen auf dem
grünen Wiesenaeund, grüßt mit ent
zückten Augen den trauten Fleck des
Friedens und das liebliche Land
schastbild der Mittelsteiermarl, das
sich dahinter breitet: das wellige, von
Waldhiigeln umsäumte Thal, die
weiße, behagliche gewundene Straße,
die dem Osten sachte ansteigend zu
strebl, « alles belebt und heimath
sroh, im löstlichen Glanz der noch
milden Sonne . . «
Dann erst tritt Frau nde an das
tleine Gra Thres Erstge orenen, aus
dem ein Fichtenbiiumlein brav über
wintert hat, und legt die mitgebrach
ten Veilchen, nachdem sie ihre rothen
Lippen innig daraus gepreßt, dicht
unter die schlichte Marmortasel, die
seinen Namen trägt. Lange, lange
steht sie an dem tleinen Hügel und
träumt viele Jahre zurück . ..
Blutsung und glücklich. weltdumm
und voll heiligem Jdealismus war
sie damals, alg das kleine, süße Büb
lein zur Welt lam. Selbst noch wie
ein staunendes Kind lag sie da und be
trachtete dies Wunder, das sie geschaf
sen. Alles jauchzte um sie herum,
liebte und hötstelte sie eb war
den jungen Eltern, alr- niiisse die
Welt stille stehen einen Augenblick und
den Athem anhalten vor diesem ioeihei
vollen Ereigniß
Aber ein erstes Kind ist so häufig
wie ein erstes Bliithentniispchen, das
der Frühling versuchtgweise sprossen
läßt, und das dann jählings absiillt
in einer Frostnacht Und so haben sie
das Büblein bald daraus begraben
und Veilchen in den lleinen Sarg ge
legt, benetzt mit heißen, jungen Mut-—
terthränen . . . .
Das ist lange her, so lange! Zwei
andere Kinder hat Frau Hilde ge
boten, Söhne, die nun schon trastvoll
ringen um Leben und Zutunst und die
sie liebt mit aller sorgenden Mutter
treue. Weit und voll und reich, mit
Arbeit, Kämpfen, strömendem Glück,
ist das Leben über Frau Hilde hinge
rauscht, hat sie geschüttelt, gefestigt,
gewiegt - je nachdem. Sie ist welt
llug geworden, und dennoch, trotz vie
len Tüuschungen und vielem erlittenen
Unrecht, ist eine Sonnenspur ver
trauender Freudigkeit in ihr, die zur
Höhe strebt und an das höchste glaubt,
und in alle dem Wandel der Zeit ist
die Erinnerung an ihr-erstes Kind in
ihr lebendig geblieben, so frisch, so
warm. als wör’ es gestern gewesen.
Jedesmah wenn sie an dem kleinen
hilgel steht, schließt sie wie in himm
lischer Sehnsucht die Augen. Dann
sieht sie es ganz deutlich vor sich mit
dem süßen. saugenden Mllnbchen, den
zierlichen Fingern, die ins Leere ta
sten. spürt an ihren Wangen noch den
Flaum und Dust des warmen Kör
- perehenG und eine unbezwinglichr.
tiese Zärtlichkeit strömt durch ihr
herz und Blut
»Man nie vergißt eine Mutter
Jht allererstes Kind,
Oh auch in Glück und Elend
Viel Jahre vergangen sind.
Und steht sie an feinem Grabe
Jn Sehnsucht bona und weich
Es segnet sie ein Engel
, »Aus fernem himmelkeich!«
2.
Sie führen ein ernsthaftes Ge
spräch, die beiden kleinen Mädchen,
indessen sie ihre Puppen durch den
Sand des Spielplayes schleifen . ..
»Weißt du«, sagt die schwarzge
loekte Annie im tadellosen--weißen
Mantel, mit dem goldgestickten Daub
chen, »morgen kommen wieder zwei
Onkel zu Besuch Abends, dann darf
ich auch auf eine Viertelstunde in den
Solon und bekomme Bonbons. Papa
wird auch da sein und Mama sieht
dann immer wunderschön aus in hel
ler Seide, ich freue mich immer,
wenn ich sie und Papa sehen kann.'«
Die blonde Trade in der blauen,
chemisch aeputzten Bootsjacke und Ma
trosenmiitse reißt ihre germanischen
Blauaugen weit aus. ,,; a, siehst du
sie denn nicht immer, den ganzen
Tag?!«
»Du bist dumm!« sagt Annie alt
tlug. »Papa ist fast immer auf Rei
sen und Mama hat sehr viel zu thun,
— nur um zehn, wenn sie sriihstiickt,
darf ich auf eine Viertelstunde zu ihr.
und manchmal auch nicht, wenn sie zu
müde is
»Ist sie denn so müde?«
,,Freilich. Sie macht oft große
Slitouren mit den Onkeln und dann
geht sie wieder in Gesellschaft, je
den Abend ist sie aug.«
»Aber spazieren geht sie doch mit
dir .·.·?« sagt Trude im dunklen
Drang, sie zu trösten.
»Spazieren? Nein« niemals . . .
was fällt dir denn ein!«
»Aber dort dort sitzt sie ja
neben meinem Muttchen.«
I Jetzt lacht Llnnie hell auf. »Aber
das ist ja mein Fräulein!«
Jn Trudens Kopf wird es ganz
,wirr. So sagt sie, gleichsam in un
bewußtem Stolz: »Ich brauch tein
, « Jch bin den ganzen Tag
mit Muttchen. Sie tämmt mich, sie
lernt mit mir sie geht mit mir spa
zieren, sie bringt mich zu Bett.'
»So?« sagt Annie ernst mit plötz
i lich traurigen Augen. Da faßt Trade
sie freundschaftlich unter dem Arm.
»Ich willsdir was sagen, Annie . . .
schaff dir auch ein Brüderchen an, . . .
ich hab’ so lang drum gebeten, bis
Muttchen sagte, es werde bald eins
gebracht werden. Dann wird-z erst
Ischön! Und du du hättest dann
auch viel mehr Freude und wenn
sdeine Mama ein ganz Kleineg hat
wird sie gewiß zu Hause bleiben«
Annie schüttelt den Kopf
i »Meine Mama maa keine Kinder.
Hveißt du. Neulich bat sie zu Onkel
IFritz gesagt, Kinder seien was furcht
xbar Lästigeg, sie habe sich nie eins
igewünscht.
! »Aber sie hat dich doch lieb, gelt,
sie küßt dich doch? Muttchen tüszt
imich oft so, das ich ersticke
»Ja, sie küßt mich schon manchmal,
»aber selten. Papa tüßt mich ost.
Mama küßt nur Große gern alnub’
ich den Papa nnd die Ontelg. «
» »Hast du denn so viele Onkelsk«
ifragt Trade neidisch, denn sie dentt
Hin die Bonbon5, die sie ihr bringen.
i »Oooh«, sagte Annie renommirend
nnd die Finger spreizend. »ich habe
jeine Menge Ontels Wart nur
eins drei vier Ontels hab ich!
zllnd einen ganz neuen «
; »Annie, wir gehen!« ruft das
Fräulein scharf von der Bank her
über. Und Trude hat nur mehr
"Zeit, wehmüthig zu sagen: »Wir ha
ben gar keinen, ich werde Mutt
chen fragen, westwle
U
1
Unter hohen Fichtenbänmen auf
det Berglehne, mitten ini dornuni
wucherten Gestrüpp, hatte eg fein
Rest gebaut, das Meisenpärchen. Allzu
loohnlich war es just nicht gelegen,
ohne Sonnenglanz, von lauter stachli
gem Gezweige umgeben, das den Ein
flug erschwerte, aber dafiir freilich ge
sichert war vor nöchtlich anfchleichen
,dem Raubgesmdel des Waldes. So
saß denn das Weibchen mit zufrieden
blinzelnden Aeuglein auf ihren frisch
ausgekrochenen Jungen, und das
«Männchen brachte Nahrung und flog
! jubelnd von Zweig zu Zwng und fang
sein siiszes Lied von Liebe und Ehe
gliick in die ungläubige Welt hinaus-.
Die einzige, die um dies Vogelge
weimniß hier wußte, war eine stille
walbluftgenießende Frau, die nach
bar-lich aus einer einsamen Bank vor
einem rohgezimmerten Tische sasz und
schrieb. Ab nnd zu unterbrach sie sich
und horchte hinüber, trat wohl auch
an das Vogelheim leise heran und
lächelte dem lieben Weibchen zu, sehn
süchtig der Zeit gedenkend, da auch
sie selbst noch ihr Nest voll kleiner
Kinderlein hatte. Sie konnten die
stillen Frau sehen und fürchteten sie
nicht« denn zuweilen brachte sie kleine
Leckerbissen mit siir die Wöchnerin
und streute sie aus den Boden hin,
wo das Männchen sie sorgsam auf
pickte. .
So vergingen einzig schöne, kraft
voll-n)iirzige Frühsommertage. Bis
eines Nachts ein so heftiges Unwet
ter losbrach, wie man es seit langem
hier nicht erlebt hatte. Brausend
fegte der Sturm durch den Wald,
bog ihn mit wüthenden Griffen,
lnackte in wildem Spiel alles dürre
Geöst los, half dem prasselnden, mit
Hagellörnern vermengten Sturzregen
seine Wassermassen schneller durch
die tiefen Erdrinnen zu Thal zu
jagen.
Traurig bahnte sich die stille Frau
am nächsten Morgen den Weg bergan
An Arbeit war heute nicht zu den-«
len, alles war naß, eiglalter Wind
wehte von den Felsenhöhen nieder,
nur nach den armen Vöglein wollte
sie suchen, die wohl rettungslos zu
Grunde gegangen waren in dieser
bösen Nacht.
Wahrhaftig da hing noch im
mer das Restchen im dortigen Ge
zweige aber kein Männchen sang
im Umkreis, das lag wohl irgendwo
todt im Moose, tein Weibchen saß im
Nest eg schien leer. Leise bog
die stille Frau das dornige Geranke
ailHeiiiaiider. griff beherzt mit der
Hand nach dem tleinen graubraunen
Restchen und zog es mühsam hervor.
Da lag die tleine Vogelniutter mit
auggebreiteten Flügeln, von Haaeltör
nern blutig geschlagen, todt. Unter
ihrem Leichnam aber Piepte es noch
schwach
Da nahm die stille Frau die kleine
Brut in ihr warmes Heim und atzte
sie groß, um sie dem Walde wieder
geben zu können. Der tapferm, hel
denhaften Vgelmnttek aber setzte sie
in ihrem Herzen ein Denkmal. Da
ran stand geschrieben: Menschenstim
tek nehmt euch ein Beispiel an ihr!
Eins .«ifenbalm durch vier
Erdtheile.
Die erstaunliche Entwickelung der
Vertehrstechnik hat so oft Ideen, die
bei ihrem ersten Auftauchen als mür
chenhast. als unmöglich hingestellt,
vielleicht gar verlacht und verspottet
wurden, schließlich zu wirklichenr Le
tsen erwachen sehen, daß man
sich gar sehr hüten muß, neu auf
muchenden Riesenprojelten, die zu
nächst als Produkte einer zügellosen
Phantasie erscheinen, von vornherein
iede LelIenssiihigteit abzusprechen So
wird die Jdee, das-, es möglich sein
müsse, mit der Eisenbahn von Kapstadt
bis nach Bueuos Aires zu gelangen.
sicherlich zunächst überall ein verwun
drrteg Kopfschiitteln erregt haben, und
dennoch mus; man bei näherer Betran
Jung zugeben, daß der Stand der lieu
tlaen Eisenbahntechnil die einstiqe Ver
mirtlichung dieses ungeheuren Gedan
leus nicht unbedingt ausgeschlossen er
scheinen liiszi. Betrachten wir näher.
nsie dieTurchsührung einer Eisenbahn
verbinoung ziuifchensiapstadt und Buc
»nrs Aires ermöglicht werden könnte,
und wir werden zugeben, dass dahinter
mehr steckt, als eine nur auf dem Pa
ldier mögliche, geistvolle Julegoerniadek
Natürlich denlt man nicht etwa da
ran, aus dem nächsten Wege von Fiap
stadt nach Bucnos Aires, etlra Unter
dem thlantischen Ozean hindurch eine
Istnnelbahn herzustellen lleberhaupt
will die Bahn nicht etwa gerade zloi
flehen Süoasrita und Argentinien einen
Leigenerk neuen Vertehrstoeg schaffen
»der den bestehenden Schiffahrtslinien
ssionturrenz machen soll, sondern das
genannte Bahnprojett würde nur das
zufällige Endergebniß einer ganzen
fNeihe von einzelnen Vertehrspliineu
Hsein, die nur flir sich allein eine pralti
ssche Bedeutung haben, nicht aber als
leinheitliches Ganzes. Kurz gesagt
der in Zukunft vielleicht einmal zustan
di- lorurnende Schienenweg Aapstadt —
Buenos Aireg würde durch Asrila,
Europa, Asien und Amerika hindurch
verlaufen und jeden Erdteil taufter
Europas dabei in seiner ganzen Aug
ldehnung von Süd nach Nord oder von
IWest nach Ost durch-treffen
Verfolgt man aus der Landlartr
oder dem Globus die Vertheilung von
Land und Wasser uns dem Erdball.
so sieht man, daß alle Kontinent-:
sntszer Australien nnter sich zusammen
bringen; nnr zwischen den beiden groß
ten, Asien nnd Amerita, ist der Zusinn
menhang durch die verhältnißiiiäßig
schmale und wenig tiese Beringsstraßk
iin hohen Norden unterbrochen, und
zwischen Asien und Asrila hat man in
neuerer Zeit eine künstliche Trennung
in Gestalt des Suezhmals geschaffen,
dem eine ähnliche Abreiszung Nord
amerika-Z von Südamerika demnächst,
noch Fertigstellung des Paninnakanals,
folgen wird. Man lann daher auf
der Landtarie einen Weg von Kapstadt
nach Buenos Aires herstellen, der aus
schließlich, bis auf die einzige Beringss
straße, auf dem Lande verläuft, nähn-J
lich von Südafrika iiber Aegnpten,1
Sibirien und Alaska. ;
Jn Afrika ist seit geraumet Zeit das»
getvaltige Projekt der Frau-Raim- l
Bahn an der Tagesordnung das dem ;
Geiste des Königs von Südafrita, des·
verstorbenen Cecil Rhodes entsprungen
ist. Es soll hier nicht erörtert werden,
wie weit diese KapsKairwVahn schon
verwirklicht ist, welche Schwierigkeiten
fiel-, einer Durchführung des Plane- iin
urspriinglich geplanten Umfang entge
genstellen u. s. w. Zur Zeit sieht eg ja
so auss, als ob der ungebeuere Gedanke
War Wirklichkeit werden wird, aber
doch in einer wesentlich alsgeiinderten
Gestalt. Dier in nicht gar zu ferner
Zukunft eine dirette Verbindung zwi
schen dem statt und dein Mittelmeer
mitten durch Afrika hindurch vorhan
den iein wird, können angesichts der
raschen Fortschritte der Kansstairo
Bahn selbst die eingefleschtesten Sten
titer lnnrn noch bezweifeln Aber ver
siiindigerioeifsr wird man dabei dic
nucnuigfach Vorhandenen natürlichen
Ltlasserstraßem vor allem den langge
strectten TanganyikasSee nnd den Nil
auf weite Strecken in denVerbindunggs
weg einbeziehen so daß Bahnstrecten
und Schifsgstrafien miteinander ab
wechseln werden. Gegenwärtig würde
es ein ungesunder und unwirtljschast
licher Schematismug sein. wenn man
mehr -nistreben und eine wirllich un
nuterbrochene Bahn Find-»Kann ins
Lclsen rufen wollte. Das hindert frei
licli nicht, daß in späterer Zeit, bei der
rasch fortschreitenden Erschließung
Afritas fiir Handel nnd Vertehr, sich
einmal doch noch die Nothtvendigteit
lierausstellen kann, die Wasserstraßen
ganz auszuschalten und eine unnnter
krochene Bahnlinie durch ganz Afrika
been liap bis zum Mittelineer zu schaf
fen. Wenn diese Zeit getounnen ist,
bunt man also aus der Bann von Kap
stadt nach Aegnpten gelangen. Wie
alter sollte die Bahn nun weiter lan
Nun, es ist nur eine Frage der Zeit,
rig eine weitere Bahn von Aegypten
ostwärts über die Landenge von Suez
und die Sinaihalbinsel hinweg einen
Anschluß an die neuerdings vielge
nannte Metkabahn der Türkei herstet
ten wird, die aeaenwärtig bereits von
Damagtuz bis nach Medina im Be
trieb ist. Da nun aber weiterhin mit
zweiselloser Sicherheit eine Lohnver
dindung zwischen der Mekladahn nnd
der geqenwärtig im Entstehen begris
senen deutschen Bagdadbahn über
Aleppo zustande kommen wird, so
könnte man alsdann weiterhin von
Aegypten mit der Bahn zum Weg-vo
rus nnd dann ins europäische Bahnnetz
gelangen, das natürlich wieder aus
mannigfache Weise einen Schienen
anschluß mit den russischen Bahnen
nnd weiter mit der qrbszen Zitxirisehen
Bahn ermöglicht
Von Konstantinopel taun uian init
Der-Bahn ja schon heute bis nach Wh
diioostot und selbst bis nach Peling ge
langen. Jn tiinstiger Zeit aber ioird
ei- voraugsichtlicb möglich sein, noch
aus einein anderen und wesentlich liir
zeren Wege von Aegnpten aus dein
Schieneiuvege nach Lstasien zu fahren·
Die Vagdadbaliu, die nach ihrer in ioes
nigen Jahren sicher bevorstehenden
Illkeiterfiihrnng bis an den Euphrat
und Tigris zweifellos mit der Metla
bahn durch Ehrien hindurch versoach
sen wird Durste nämlich so gut toie
sicher dereinst «.)lb,zioeigungen nach Per
sien hinein und durch Persien nach
dem schon vorhandenen transtasdischen
Bahnnesz Rußlands erlangen. Noch
fehlen zwar infolge politischer Vermit
telungen undtsisersüelfsteleien inPersien
alleEisenbahnen vollständig,aber dieser
Zustand lann unmöglich noch sehr lan
ge anhalten, und dann ist die verbin
dende Bahn zwischen der Bagdadbahn
und den russischen Bahnen in Vlsien
nur noch eine Frage der Zeit. Von
den translaspischenBahncn aus schasst
sich aber Rußland schon setzt eine Li
nie, die in der Richtung aus Barnaui
an die Sibirische Bahn heranführen
wird. Sind alle diese Pläne verwitt
Jlicht, was voraus-sichtlich schon in we
Y nigen Jahren der Fall sein wird, so ist
’es.«- also möglich, in der Eisenbahn von
der Mettabahn zur Sibikischen Bahn
in sast gerader Linie, unter gänzlicher
Ausschaltung des europäischen Bahn
netzei zu gelangen· Jn jedem Falle
würde also der sortlausende Schienen
tveg vom Kap zum Stillen Ozean da
mit zur Thatsache werden. Wie aber
sollte es nun weiter möglich sein, ins
amerilanische Gebiet hinein zu gelan
gen?
Nun, es besteht ein amerikanischesI
Projekt, das die allem Anschein nach;
sehr minetalreichen Theile des non-öft
lichen Sibirien dem Bergbau erschlie
ßen und dem amerikanischen Handel
eröffnen will, und zwar in Gestalt ei
ner Bahn, die in Kunst, westlich vorn -
Baikalfee, von der Sibirifchen Bahn
abzweigen und in fchräger nordöftli
cher Richtung zur Tfchuktfchen-Halb
fel und zur Beringsftraße verlaufen
foll. Die Beringsftraße foll mit Hilfe
eines ungeheuren, iiber 40 Meilen lau-—
gen Unterfeetanals überwunden wer
den, fo daß alsdann dieBahn ihatfäch:
lich von Asien nach Amerika verlaufen
rsiirde! Die Aussichten diefeg kühnen
Planes find zwar zur Zeit nicht die
besten, denn Ruleand, das natürlich
feine Genehmigung dazu geben müßte,
freht dem Projekt wenig freundlich ge
geniiber, weil es davon eine wirthfchafL
liche Jnvafion der Amerikaner auf fi
birifches Gebiet befürchtet, und weil eg
feine sibirifchen Bergwertsfchätze lieber
ielbft ausbeuten will. Aber da die
Amerikaner offenbar mit sehr großen
Mitteln arbeiten und feft überzeugt
find, daß die genannte Bahn von Mil:
liardenwerth eine gute Kapitalganlage
sein würde, fo ift es nicht ausgeschlos
fen, daf; iiber kurz oder lang doch ihre
Idee in der einen oder anderen Weise
verwirklicht werden wird. Dann wäre
alfo die Bahnlinie vorn Kav zur Be
ringsftrafze und sogar noch iiber diese
oder vielmehr unter ihr hinweg tein
bloßes Phantasiegebilde mehr!
Jst aber der amerikanische Boden
erst einmal erreicht, so is« die Haupt
schtvierigteit der Bahn Kapsiadt-Bue
noS-Aires natiirlich überwunden. Der
Bahnbau in Alaska würde zwar aus
mehrfachen Gründen außerordentlich
schwierig sein, aber das genannte
amerikanische Projekt der Bahn zwi
schen Aften und Amerita hat ihn ohne
hin mit in das Programm aufgenom
men, um einen unbedingt erforderli
chen Anschluß der sibirischen Nordost
bahn an die Bahnen Kanadas und der
Vereinigten Staaten zu erhalten. Bis
an die Grenze zwischen Kanada und
Alaska, in die Gegend von Darvson
un Klondite, wird in einigen Jahren
das tanadische Bahnnetz in jedem Falle
ausgedehnt werden, um den reichen ta
nadischen Nordwesten dem Verkehr zu
erschließen. Jst also erst einmal der
Anschluß an die tanadische Grenze ge
lungen, so kann man von dort alsdann
mit der Bahn iiber Winnipeg ins Ge
biet der Ver. Staaten und durch diese
hindurch nach Merito gelangen. Auch
Merito tann schon gegenwärtig in sei
ner ganzen Ausdehnung von Nord und
Süd mit der Bahn durchfahren wer
den, bis unmittelbar an die Grenze
von Guatemala Die weitere Bahn
Fortführung nach Süden aber steht
auf dem Programm der Bestrebungen
zurSchaffung einer panameritanischcn
Bahn, die es sich zum jzziel gesetzt hat,
alle Staaten Ameritag durch einen
fortlaufenden Schienenweg niiteinan
der in Verbindung zu bringen
Oh die panamerikanische Bahn
wirklich dereinst im vollen Utnfange
zur Ausführung gelangen wird, ist
heut« noch nicht mit Sicherheit zu fas
gen. Bei nüchterner Betrachtung er
geben sich so ungeheure Schwierigkeiten
technischer, politischer und vor allem
wirthschastlicher Natur, daß man ve
griindete Zweifel an der vollen Ver
wirklichung des Gedankens zu hegen
berechtigt ist. Immerhin läßt sich nicht
leugnen, daß mit einer so ungemein
zähen Energie und einer fo gewaltigen,
vor keinen Ausgaben zurückfcheuenden
finanziellen Stoßkraft an dem Werte
gearbeitet wird, welches man in weiten
Theilen der nordamerilanifchen Union
als eine nationale Ehrensache behan
delt, das; es vermessen wäre, vie Schaf
fung ver panameritanischen Bahn von
vornherein alsJ eine Unmöglichkeit hin
zustellen. Es sind schon so gewaltige
Summen für vie Durchführung der
Bahn geopfert worden« daß man ohne
weiteres davon überzeugt sein kann,
es werde das Aeußerste an Anstren
gungen aufgewandt werden, unt die
Idee in vollem Umfange zu verwirkli
then
Daß das heute bis an die Grenze
von Merilo nnd Guntecnala reichende
Nordende in eitiiaeanhren oder allen
salls Jahrzehnten bis nach Costa Rica
verlängert sein wird, lann als fest
stehend gelten· Die sebr großen
Schwierigkeiten des Weiter-drittes der
ssananterilanischen Bahn betreffen da
auch erst dng Gebiet südlich von Costa
Rim, durch Panaina, Golnmbiem
Ecuador und Pern hindurch, too dns
gewaltiaste Hochgebirae der Erde einer
fortlaufenden Bnhnlinie die unglaub
lichsten Schtvierialeiten bereiten wiirss
de. Gelingt es nder einmal dennoch,s
Peru zu erreichen, so ist die panameris
innische Bahn gesichert» denn von
Cuzco bis nach dem Endpunkt Brienos
Aires wird man schon in zwei oder
drei Jahren ohne Unterbrechung gelan- -
gen können, und zwar am Titicaca
See vorbei, durch Bolivicn hindurch in
die nordwestlichste der argentinischen
Provinzen hinein, Saltu, wohin schon
seit gernumer Zeit eine in Buenos
Aires beginnende Bahn führt, die seit
kurzem ins bolivianische Gebiet über
Pässe von mehr als 12,00() Fuß Höhe
Verlängert worden ist.
Wie mon sieht, ist demnach dasPro
je:. eines ununterbrochenen Schienen
wegeg zwischen Kupstotst und Biwas
Aires durchaus kein phantastisches
Hirngespinnst, sondern eH ruht aus
lauter einzelnen Plänen, die schon ge
genwärtig spielen und sehr eifrig hin
nnd her erwogen werden, so weit sie
nicht gar schon verwirklicht worden
sind.
Dr. Bimer Vennig.
--—
Falschmünzer-ei tm Großen.
Man wirft Napoleon l. vor, daß er
dass Papieraeld von Staaten, mit de
nen er sich aerade im Kriege befand,
l)«·be nachalsmen und in Verkehr brin
aen lassen. Der französische Kaiser
damit aber nur aus ältere Vorbilder
zuriicl Unter Ludioia XHI war ein
iycftiaer diplomatischer Konflikt mit
der Pforte ausaebrorbem so daß der
Gefandtenposten in Konstantinopel
lanae ruhte. Hierunter litt auch der
Levantehandel der siidfranzösischen
Kaufleute ganz empfindlich, um so
mehr, als aerade sie schlecht organisiert
vorainqen und überhaupt mit der ihrer
Nation in iiberfeeischenDingen so eige
den Läfsigkeit arbeiteten. Aber die
Krisis machte erfinderisch. Schon
lanae hatte sich eine kleine Silbermünze
imWerthe von 5 Saus an den asiatisch
tijrtischen Kiistenplätzen eingebürgert:
sie war italienischer Hertunst und hieß
hier im Osten Timin. Die Orienta
len nahmen Timins besonders gern,
sogar mit Agio, wie der Feingehalt
dag auch rechtfertigte. Die französi
schen Handelstreife aber fanden jetzt
nichts-Besseres zu thun, als in der Hei
matl), so in Dombes, Avignon und
Orange, »Timinfabrilen« anzulegen.
Eine Weile scheint man diese Falsch
miinzerei noch vorsichtig betrieben und
den Silberaebalt nur mäßig verschlech
tert zu haben. Indessen entdeckte die
Jonturrenz den Sachverhalt dennoch,
nnd die Folac war, daß sich auch im
(stenuesischen, in Monat-o, sogar in
Florenz heimlicheMiinzstätten ernstha
ten. Jetzt aber verzehnfachten die
Franzoten den Betrieb, nahmen zu ib
ten Timinsz nur noch Kupfer, das mit
lsiinnen Silberpliittchen beleat wurde,
und ihre Gen-inne beim Einkauf stiegen
ing« Ilngelieure Mancheg Haus, das
Iawn vor oeni kltnin gestanden hatte,
wurde reich, denn der Schwindel hielt
meriwiirdigerweise eine ziemliche Zeit
hindurch vor. Erst als die europäi
schen Märkte sich mit morgenliindischen
Erzeugnissen iiberfiillten nnd bier ein
Preissturz eintrat, wurden die Eng
liinder aufmerksam. Sie hatten sich
nicht an demBetrug betheiligt, stets mit
tiellwichtiziem Gelde bezahlt, litten also
ans empfindlichslen dabei. Ihre Sei
deneintänfe wurden beinahe unmöglich,
de- die Franzosen mit den falschen Ti
ming die Preise im Orient in die Höhe
trieben. ohne selbst etwas dabei zu
verlieren list-T erfolgte durch die Di
rektoren der englischen LebanteiKom
pagnisk dac- Verbot an alle Bitten, Ti
mincs ferner anzunehmen, nnd gegen
Ende des folgenden Jahres waren end
lich auch die Tiirlen dahinter entom-«
men. Die beliebte Miinsze fiel jäh inc
Sinrg; statt JOTiming auf denThaler
verlangte man schon 2(). und die türki
ichen Behörden zöaerten mit dem Ein
greifen nur, weil auch der Schatz des
Sultans mit solchem wohlfeilen »Si!
l«er« iibersiillt war. Aber zn Anfang
»Im erhielten endlich die Zoll-— und
Steuereinnelnner den Befehl, teine Ti
using- mehr anzunehmen Heitige Kra
asalle, so in Anaora und Brnssa, wa
ren die Folge, wobei es blutig herging,
nnd der Diwan hielt es siir röthlich,
einznlenlen Die sarnosen Tirnins er
hielten gesetzlichen Kurs, 30 auf den
Thaler, doch Nehiner fanden sich nir
gend mehr-, und so blieb nichts übrig,
als die Stücke zum waren Werthe ein
zuziehen nnd nmzuschmelzen Drau
seen vor Smhrna aber lagen noch meh
rere Schisse aus Frankreich, beladen
mit frischen Tiniing. Sie mußten na
tiirlich urntehren und brachten den
»Krach« mit nach Hause. Der Ban
lerott des französischen Leoantehandelsö
war vollständig, viele Existenzen schei
terten. und für lange hinaus wollte
man im Orient mit Franzosen nichts
imehr zu thun haben.
Wer nach Großem strebt, darf sich
nicht ins Kleinliche einpuppen.
si-· J si·
Konversation ist die Kunst, andere
nusreden zu lassen.