Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1911, Zweiter Theil, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Witz Falschttng.
sca- Ekziehuuge - Geschichte vka
' IatgaretdeLiedmanm
»He-Be bist Du noch nicht fort?«
, «JII «dchen schob den Kopf zur
studenthstr herein. um aus der
Ianduhr zu sehen. wie spät es sei.
»He-is antwortete nicht, und Anna
, schloß die Thür. Er schaute verzwei
felt Zur Uhr hinauf. deren Zeiger auf
Minuten vor neun wies. Er
te doch nicht ohne Mütze zur
Schule gehen was würden die
Jungens sagen und die Lehrer --
er trat von einem Fuß aus den an
deren. Nein, so ein Pech! Mußte er
auch gestern seine Mütze in Mutters
Zimmer tiegen lassen! Und Mutter
schlief jent und durfte uns keinen Fall»
gestört werden. Auf keinen Fall! Sie ’
waren ja alle so froh, daß Mutter
eingeschlafen war nach dem bösen
Schmerzanfall heute Nacht.
Fritz entschied sich: »Ach wer-II« Er
nahm die Manne, schlich damit über
den Korridor in seine Stube und
schob sie tief unter sein Vett. Er
athmete aus. So, nun rasch auf
den Zehenspitzen an der Küche vorbei
und durch das hofthor aus die Straße
hinaus. Da würde er die Zeit ver
bmnmeln bis zum Schulschluß. Er
mußte es nur schlau anstellen beim
Rachhaufetommen Nun, es würde
schon gehen! Jetzt, durch Mutter-Z
Krankheit achtete so niemand aus ihn.
Selbst Vater strich ihm nur manch
mal im Vorbeigehen mit der Hand
ttber den Kopf.
Fritz schlich sich an den Häuser-n
entlang. Keine Gefahr. Aus der
Schule konnte er niemand treffen,
und hier in den Seitengassen war es
ftis und leer.
Er dachte nach. Heute Nachmittag
mußte er den Entschuldigungszettel
schreiben. - Vielleicht so: Konnte
nicht zur Schule kommen wegen Hals
schmerzen.« Nein, das war dumm.
lsfschmerzen gingen nicht weg an
einem Vormittag Also »wegen
Beinschmerzen.« Das ivar fein. Bein
fchmetzen konnte ihm niemand nach
weisen .. .. Dann der Name darunter
vom Vater: »Joseph Danneberg.«
ObBeinschmerzen wohl groß geschrie—s
den würde? Er könnte feine große
Schwester danach fragen. ErledigL
Run fix noch ein bißchen an Selles
Schaufenster, die große Eisenbahn an
schauen, und dann noch an das Fen
ster zu Konditor Möller - allmäh
lich wird es dann Zeit fein zum Nach
hsssegehew l
)
Undetnertt schlüpft er wieder zurl
Hosthiire hinein. Es ist doch eine
gräßliche Geschichte! Sein Herz klopft,
als er das Zimmer der Mutter betritt.
Sie ist soeben ausgemacht und lächelt
ihm entgegen· Er läuft aus sie zu und
Hist ihr die Hand. Dabei blickt er
verstohlen in die andere Ecke des-« Zim
ssetiL Richtig« da liegt seine Mütze.
Ganz harmlos liegt sie da, als wäre
nichts geschehen. Die Mutter schließt
wieder die Augen« und Fritz holt sich
verstohlen die Mütze und drückt sich
zur Thüre hinaus. Jhm ist nicht be
haglich zu Muth. Der Entschuldi
gungszettel quält ihn. Gleich nach
Tisch läuft er in sein Zimmer und
stellt sich Tinte und Feder zurecht.
So, nun noch das Diarium her und
eine Seite hinausgeschnitten Ein
wenig krumm und schief. Na, das
schadet schon nichts. So. Nun also
hithsch souber aus den Linien bleiben
und keinen Klex machen! Er malt
langsam und sorgfältig: »lounte nicht
in die Schule kommen, hatte!
er öffnet die Thür zum Nebenzimmer.
»Du, Käte, schreibt man Beinfchmer
zen groß oder tlein?««
«Natiirlich groß.««
«2Ilso hatte Beinschmerzen«.
— So « er betrachtete das Blatt
kritisch «-—- »nun noch darunter: Jo
seph Danneberg.«
Gott sei Dant, daß das gethan ist.
Nun morgen noch den Zettel abgeben,
nnd dann ist alles wieder in Ord
W.
, Lause des Nachmittags denkt
ee chon gar nicht mehr daran. Am
Wen Morgen, als er seine Mappe
, legt er den Zettel hübsch sorg
gesaltet zwischen die Blätter
Lesebuchec.
- Gleich am Anfang der Stunde wird
,er eu user-.
» s, weshalb hast Du gestern ge
IMP
« ch -- ich war trank.«
ft Du einen Entschuldigung5:
Fettel von Deinem Vater?«
a — a —
i ge ihn ber.«
Itng schiebt sich langsam durch die
sank mit dem Blatt in der Hand
Seine Dant- zittert ein wenig, als
erben Zettel abgiebt Der Lehrer
ftltet ihn auseinander. Er liest ihn,
Wt die Brauen, schaut Fritz an
M fcgt. »Da-! es ift gut Du
M auf Deinen Platz geben«
sei athtnet auf Es war doch
feine leinigtett aber Gott sei
M, nun ist ja alles vorüber. Er
sich heute besondere Mühe, den
eheer zufrieden zu stellen. -—— —— «
tTage später erhält here Dan
. ne rg eine Aufforderung vom Direk
bät-as Gysmnasiuåns Hfsb am Vor
in emer prechtu«.de einzu
». --M, um Rückfprache zu nehmen we
feines Sohnes, des Borschiilers
»z. Mberg
Danneberg ift fehr erftaunt
Jst M fein Bub angestellt hoben?
Beim Herrn Direktor ift es feier
lich. Alles fchant ernft auf Derrn
Danneberg. Sele der torrette
Schreihtifch. der würdevolle Lehns
ftuhl, der den Direktor trägt, und die
Blumen der Tapete an der Wand, die
aussehen wie tausend ftrnfende Augen.
Neben dein Direktor fteht mit stren
gern Gesicht der Vorschullehrer Herr
Neste. Jn der Hand des Direktore
zittert ein Blatt - ein schiefes-, lis
niirtes. dünnes Diariumblatt.
»Mein Name ist Dann-derg. Sie
wünschen mich zu sprechen?'
«anohl. Bitte. setzen Sie sieh.
Hm. hm.« Der Direktor räufperk fich
..Mein werther Herr. ei rrkrd mir
schwer. es auszusprechen -- aber
»ich muß es Ihnen sagen hniT
hin! »Ihr Sohn ivird noch einmal
im Zuchthaus enden
Herr Danneberg fährt aufs »Aber
erlauben Sie, mein Sohn ift das Kind
anständiger Eltern . . . .·«
Der Direktor heruhigend: »Besten
Sie sich nicht auf. werther Herr!
Also, Jhr Sohn wird noch einmal im
Zuchthaus enden.«« Drohend und laut,
mit der Hand auf das fehiefe Blätt
chen schlagend: »hier fehen Sie, er
hat eine Urtundenfälfehung begangen
- eine richtige Urtundenfiifchung!«
»Jawohl", fällt hier Herr Noste
ein und erhebt feinen Finger, »und
noch dazu mit einem Flüchtigieiisfeh
ler! Wie oft habe ich dein Knaben ge
sagt, ein k ifi ein t mit einem Siietchen
daran « . .·'
Der Direktor unterbricht ihn:
»Gut, gut, Herr Kollege - s also,
um weiter zur Sache zu lommen·'
er steht aus »Herr Danneberg, ent
weder wird der Knabe hier vor un
seren Augen exemplarisch bestraft sür
seine Verworsenbeit, oder« er er
hebt seine Stimme »oder er muß
das Gymnasium verlassen!«
Herr Danneberg überleat einen Mo:
ment. Er muß immer wieder aus das»
schiefe Diariumblatt sehen. und einE
unterdrückt-s Lächeln spiku ihm umi
Mund und Augen. Er hat sich schnell
entschlossen. Eine Entlassung vom
Gymnasium ist hier in der Mittelstadt
eine sehr unnngenehme Sache -
Strafe muß der Junge doch bekom
men also mögen sie ihm die Voll
ziehung abnehmen. Damit ist dann
die Sache erledigt. Er erllärte sich
also mit der Eretution einverstanden
und bittet nur um milde handha
bungni
Der herr Direktor tlingelt und be
siehlt dem eintretenden Schuldiener.
den Schüler der dritten Vorschultlasse
Iris Danneberg herbeizuholen
Der Kleinetommt Er wird schnee
weiss im Gesicht, als er seinen Vater
den Herrn Direttor. den herrn Leh
rer und zwischen ihnen aus dem Tisch
das Diariumblatt erblickt. Er ant
wortet teinen Ton, als man ihm sein
Verbrechen vorhält und sieht nur im
mer aus den Vater. Als der Schul
diener ihn dann hochhebt und über das
Knie legt, giebt er nur einen tleinen
wehen Laut von sich, dann preßt er
die Lippen sest auseinander.
Der Direktor läßt es bei drei
Schlägen bewenden. Der Vater
nimmtsseinen Knaben an die Hand,
verbeugt sieh lurz und verläßt dasi
Zimmer !
Als er mit dem Kleinen draußen!
ist, beginnen dessen Thränen zu flie-l
ßen. Fest klammert er sich an die
band des Vaters.
lHerr Danneberg lentt die Schritte
nach dem nahen Stadtvart. Sie setzen
sich auf eine Bank unter einem gro
-ßen, blühenden Lindenbaum, der Va
ter nimmt den schluchzenden Jungen
auf sein Knie, hebt seinen gesenkten
Kon leicht empor und sieht ihm ernst
in die von Thränen verschleierten hel
len Augen. Das ist Frage genug
»Vater, lieber Bater«, schluchzte der
Kleine und umklammert des Vaters
Hals. «sei doch nicht böse! Die Mütze
war schuld ich konnte doch nicht
ohne Mütze nach der Schule gehen! Jch
hatte sie in Mutter-i Zimmer liegen
lassen Mütterchen schlief und
durfte nicht geweckt werden Da
hab’ ich geschwönzt und bin spazieren
gegangen. Aber einen Zettel mußte ich
doch haben und und
ich schämte mich so«. er versteckte den
Kopf an des Vaters hals, »Hu erzäh
len, daß ich nicht zur Schule gegan
gen war-« Aber das wollte er dem
Vater nun versprechen --— -——- und er
gab ihm die hand daraus und sah ihm
steif in die Augen —- nie, nie wieder
wollte er etwas verschweigen ——- alles,
alles wollte er Vater und Mutter er
"hlen, und wäre es auch noch so
chlirnin · » .
Herr Danneberg ließ den Knaben
von seinem Knie gleiten. Er lächelte.
Mehr wollte er nicht. Vertrauen
sollte sein Kind zu ihrn haben und
keine Angst vor harten Strafen. Ur
landensöschung ---! Zuchthaus
—---« --! er schüttelte den Kopf. Hatten
die Großen denn so gan? das Maß
verloren für die Ver-seh ungen der
Kinder - s?
Er schaute aus seinen Jungen. Der
trabte fest ganz vergnügt var ihm her.
Ab und zu blieb er stehen und faßte
nach des Vaters Hund« Einmal
driifckte er verstohlen die Lippen da
ran .
Die Sonne lachte hell un nd froh an
diesem lichten Frühlingstag. Es war,
als umlanzten ihre Strahlen lichernd
einen drohenden dunklen Schatten,
der über dem Weg stand. Der wurde
kleiner und kleiner, kroch in sichzu
samtnen und versank schließlich ganz
H—
« in dem Sense-ge von Glanz and LHL
«Schnell, schnell« sagte Deu- Dan
nebeeg, «es ist Zeit zum MittagessesX
Und als Fest ihn vor bee We
bittend onFeCL streichen ihm das
Haar: »Nein, nein, davon erfährt
Mutter nichts. Spefng hinauf zu
ihr und sieb, wie es ihr geht« Aber«,
er droht mit dem Finger und lächelt
leise Daß Du mir ja nicht wieder
die Müse oben liegen läßt - — X -
verstanden ?«
—
Vie schöne prinzipalin.
Eine Berliner Geschichte von
Flimise Gaben
Seitdem die Firma Simon einen
jungen Stief hatte -— der alte war vor
etwa Jahresfrist gestorben ---—- wurden
die Angestellten von Zeit zu Zeit freu
dig überrascht durch kleine, alten Zops
und Brauch abschneidende Neuerun
gen, die das warme Verständniß des
Jungen Herrn« sür die Wünsche und
Nötbe der an den Schreibtisch ge
schmiedeten Jugend bekundeten. Zum
Beispiel den Kontorschluß urn sieben
Uhr; die Abschafsung des Sonntags
dienste5: der allsonnabendliche steie
Nachmittag von vier Uhr an. here
Simon junior war förmlich genial irn
Eriinden solcher scheinbar geringfügi
gen. an sich aber hochbedeutsamen Zu
gestiindnisse So auch heute wieder
am Kaisersgeburtstag. t
»Wir wollen heute nrn vier Uhr
Schluß machen!« hatte er gesagt
genügt. wenn einer der herren hier
bleibt bis sieben salls noch etwas vor
kommen sollte. Die Herren mögen(
sich miteinander verständigen wen die
Reihe trifft. Jch werde heute tvohlj
nicht wiederkommen, eventuell llingele
sich noch mal an. Mahlzeitk Als ert
gegangen war, trat die Gruppe derl
Ijungen Leute zusammen. Vier Herren,
Idrei Damen; no letztere schieden von
vornherein aus«-. Und die vier Herren
wollten mit einander auslosen wer
»Stallwache" haben werde heute. Eine
der Damen, das lustigeFriiulein Miit
ler, mischte die Loose und reichte jedem
eins hin.
»O, rr Reinectl Sie sind am
dranfien.«
Reinen besah das kleine, betriselte
Zettelchen und niclie gleichmiithig vor
sich hin. Auch gut sa! Er hatte nie
manden sonst in Berlin. den er durch
seinen Besuch zu ungewohnter Zeit in
Aufregung setzen konnte; zum Stadt
bummel reichte der Abend von stehen
Uhr an vollkommen; und irgend ein
nettes Mädel zur Gesellschaft sand er
ldann auch noch; ersi recht sogar. So
fließ er sich denn vorn Lehrling aus
idem nahen Restaurant etwas zu essen
’holen und ein Glas Echtes dazu zün
dete sich eine Zigarre an und zog die
Zeitung herbei. Nur eine einzige
HLampe ließ er brennen, und der ent
serntere Umkreis seines Arbeitsplanes
lag in leisem, verschwitnmendem
Dämmerlicht
Draußen slammien schon verein
zelte Lichtgarben an den Fassaden der
Säufer empor. Fardige Flammen loh
ien aus und versanken wieder im
Dämmer des scheidenden Tages, und
ein immer mehr anschwellendes Brau
sen und Stimmengewirr bekundete,
daß alles, alt und jung sich auf die
Beine machte, um die Jlluminatian
anzustaunen oder zu iritisiren, je nach
dem . . .
Hang Reineck war schon lanalt der
seiten Ueberzeugung, daß nichts mehr
los sein würde heute. —— Grabesstille
herrschte ringsum; die Zeitung hatte
er auf-gelesen, zum Arbeiten hatte er
keine Lust mehr. Es sing an ihm
langweilig zu werden.
Da bewegte sich die Eingangg
thüre. Ja sicher, er hatte sich nicht
getäuscht es mußte Jemand draußenl
sein. Mit rascher Bewegung drehte
er den Knopf der elektrischen Leitung«
alle Birnen ringsum erglühten ausl
einmal in unbarmherzig hellem, nichts
verborgen lassendem Licht. Hans;
Reineck sah eine Dame vor sich stehenH
eine junge, mit höchstem Schick, nach
neuester Mode gekleidete Dame. Gold
blonde Locken quollen unter dem netz
besesten hutrande hervor und legten
sich sest um den weißen Nacken, der
aus dem weichen, sammtnen Ottetsell
des Pelzlrageni herausschinimerte
Und schlank war sie, ach, so schlantl
Das suszsreie, enganschließende Sam
metlleid schmiegte sich ihren zarten
Gliedern an, als sei es selbst ein
weiches, molliges Iellchen. Mit zier
lichen, teippelnden Schritten, etwas
zögernd und befangen, kam sie näher.
»Ach bitte, ist mein Mann nicht
hieri« fragte sie rnit leiser Stimme.
Mann? Himmel, dieses süße junge
Wesen war schon verheirathen Er
starrte sie ganz sassungölos an. Da
tönte ein helle-, leises Kichekn durch
den Raum.
»Wissen Sie nicht, daß ich Frau
Lucie Simon bin?« " Es tlang iro
uisch, vokwukssvoll und doch ein we
nig eitel dabei. Mit schnellem Ruck
sprang et vor, verbeugte sich tief.
»Verzeihung, gnädige Frau. Ich
hatte keine Ahnung, daß s—« Cz
stockte. Ja, wie war denn das-?
Kollege Franf hatte dpch neulich erst
gesagt, die Frau des jungen Chesj sei
sehe dick und schwetsällig. habe ein
Flengseeiligses W and sitpwlse
das-es Seh Esel!
»den Sie-on M ant hier-, Ins
vigstr. Er hatte auch kaufte die sb
sichl. nochmals hetzulocnmem vielleldst
wärt-e et telephpniren, wie et sagte.«
Der kleine, schmale Frone-ins tkkzl
energisch auf die dunkle, geölte Dlelr.
»Er wollte lommenl hierher, kurz
vvt sieben. Wir wollen in’g Theater
zufammen. Ich werd-se wetten!«
Hans Reine-l zog diensteifeig einen
ver weichen Sessel im Privatlontot
herbei, drehte auch hier das elelttifche
Licht an und stellte sich in beratet
Haltung neben die Eingangsthür.
Ader sie dankte mit anmuthigem
Kopfneigen
»Ich bleibe lieber hier m Jhtet Ge
fellfchaftk« sagte sie lächelnd, und er
sah, wie ein lockendes Licht in ihren
Augen stinkt Feuer und Flamme
wurde et auf einmal.
Diese entzückende Cheiinl Wie sie
da vor ihm lehnte in dem hartfitzigen
Kontorstuhh den Arm leicht iiber die
Lehne gehängt, und plauderte mit
rothen Lippen und weißen ZähnenL
Wie sie ihn befragte iiber das Kon
torleben, oh es ihm gefalle. oh er
viel mit Geld zu thun habe: oh er
wisse, daß der Geldbrief aus Lille
fchon eingetroffen fei?
Er beeilie fich, ihr zu antworten
Ja, der Brief sei getommen, endlich
heute. Ader der Kasstrer have ihn
Jnicht zur Banl bringen können. das
solle erft Morgen geschehen.
Sie prüfte aufmerksam den Saum
ihres Kleides. ob er an dem Delstrieh
des Fußboden-I keinen Schaden ge
nommen have. Er fah ein zartes
.dufiige"5 Spitzen-gewoge» seidene
.Striimpfe und einen zierlichen
Schuh mit breiter, blihenoer
Schnalle. Sie lreuzte die Füße und
fah ihn mit einem tiefen Bliel von
unten herauf an.
»Der Geldschrant ist doch sicher?"
fragte sie forschend.
Er wollte ihr eben beruhigend ant
worten, als es am Telephon llingelte.
Mit einem leifen Jubelschrei sprang
die Dame aus und eilte zum Hörer,
ehe Neineet das Telephon erreicht
hatte. »Mein Mönni. mein süßes
Manni, Du bist es, nichtisp Jhre ileine
hand winkte zu Neineck herüber, der
verlegen ahfeits stand. Als sie feine
unsichere Miene gewahrte, lächelte sie.
»Er ist es. Kommen Sie, nehmen
Sie den anderen Hörer. Es llingt so
undeullich; was sagt er da?«
»Sie möchten auf ihn warten,
gnädige Franzn
»Ja wohl, Manni, ich warte.
hier!«
»Oh Sie allein seien, gnaorge
Frau?«
»Allein? Manni, bist Du eisersiieh
tig? Ein Herr ist hier vom Kontor,
ein ganz entzückend-er Mensch. O,
wir unterhalten uns so schön! Nimm
Dir ruhig Zeit, Manni. ich langweile
mich aar nichts«
Reineck ließ plötzlich den Hörer fal
len vor Schreck über den Fluch, der
ihm da eben ans Ohr gedonnert war.
Wer hätte wohl gedacht, daß here Si
mon so fluchen lonnte! Aber die ent
zückende Chesin sah auf einmal ganz
besorgt aus.
»Er ist wirklich eiieksiichtiq aus
Sie! O Gott« wenn er Sie hier noch
irisst, so mit mir allein . . . Wissen
Sie was? Gehen Sie ruhig fort, es
ist ja ohnehin gleich sieben: ich werde
allein auf meinen Mann warten. Ja,
ja, thun Sie es nur« auf meine Ver
antwortung hin. Mein Mann schließt
dann zu.'«
Sie rerane ihm die Dank-. Wie
Feuer rann es ihm durch die Adern.
»Es war sehr nett!'« sagte sie leise
»Aber nun neben Sie, bitte, bitte!'«
Er ging.
Als hans Reinen die nächite Stra
ßenecle erreicht halte wurde ihm plötz
lich lriiiiig auf die Schulter geilopsi.
Er drebie sich. Abs, Freund Neu
mann der Polizei: Wachtmeilier!
Kommst Du ein Stückchen mit?«
fragte dieser.
»Aber gewiß doch! Höchst ange
nehm! Darf ich Dir eine Ciaarre --—-'«
han«- Neineck suchte und suchtH
Umsonst! Das Etai hatte er oben:
auf seinem Platze liegen lassen. Pech!
Gerade ietzt würde er wobl dem Cbef
in die Arme laufen der so eiferfiich-i
lig war auf ian Er erzählte seinem
Freunde itn Weiterlchreilen von der
enizlleimdem liebenswürdigen Chefin
Der Wachirneifier lächelte rnil irv
nifchern Seitenbllck auf des Freundes
schmale, vorniiderbängende Schultern
»so-uml« sagte er. »Die Clgarren
holen wir uns; ich begleite Dich
Dann lann er nichts dabei findenW
Sie betraten das haus, ertlommen’
die Stiegen; wie eilig es ver Freunds
hatte, und wie leise er austrat! Da
IGeschöftilotal war unverschlossen;
aber auch das Licht brannte nicht
mehr. Nur ein mattes Leuchten drang
durch die Scheiben der Eingangsthiir.
Behutfam öffneten ste, traten ein.
Hans Reinecks Fuß stieß an etwas
Weis-T helles. Ek bückte sue-. Was
er emporheb. war ein goldblondet,
get-sey etwas zerzaustet Lettau-ig
non.
Uhu- ja gte ver Wachtmeijter leise.
Und plötzlich hatte et den Revolvet
gezogen, mit der anderen hand rasch
das Licht ausgedrehi. Nun sahen sie,
wie zwei Gestalten am Gelt-schmal
hetumbohttem ein älterer Mann"und
DI- Rles eins kam-niste- Vismäsek
Unser Bild zeigt den Apparat mit defer Hülfe die Vaumsiillkk MIIM
tcln nach welcher Richtung der Nie-sc fallen wird
ein schlantes Mädchen im dunklen
Sammettteide. Den hettuliichen Kräf
ten des Wachtrneisters gelang es
leicht, beide zu fesseln, während Hans
Reinen an das nächste Polizeirevier
um hilfe telephonirtr.
Man hatte zwei längst gesuchte Ein
brechee dinafest gemacht.
Hans Reinen aber strahlt im
Glanze deg lauten Lober-. das ihm von
allen Seiten gespendet wied. Denn je
der glaubt. daß er, die Situation
längst diirchschauenv, nur fortgegan
gen fei, urn Beistand zu boten und die
Verbrechet auf frischer That zu erinn
pen. —
Der »cöeiis der IaltchspielerQ
Aus Wien schreibt man: Das Wie
ner Sichermitebureau hat sich vor ei
niger Zeit ein Schwarzbuch der be
rufsmäßigen hasardeure und unter
nationalenFalschspieler angelegt. Man
findet darin viele Hunderte von Per
sonen angeführt, denen das Spiel Be
ruf·und reiche Erwerbs-quelle ist. Als
der gefährlichste Falschspieler Euro
pas und als »König der hasardeure«
ist der Rufse Stefan o. Römer ange
führt.
Kürzlich ist es nun der Wiener Po
lizei gelungen, diesen internationalen
hochstapler. der leinen ständigen
Wohnsitz hat und ganz Europa bereist,
zu verhaften. Die römische und die
Pariser Polizei verfolgten ihn. Besp
fonders großes Interesse für ihn be
kundeten aber die tussischen Behörden,
weil sich Römer in Riga große Be
trügereien und Urlundenfiischungen
hatten iuschulden lornmen lassen. Er
ist der Nachlomme einer alten Abels
samilie und war Kavallerieoffizier,
wurde aber in schmutzige Angelegen
heiten vermittelt und vom Gericht zu
fünf Jahren Zwangsarbeit verurs
theilt. Vorher flüchtete er jedoch, trieb
sich in aller Welt herum, besuchte
Spielhöllen und wurde ein Komplize
der Falschspieler. Die österreichische
Regierung hat die Auslieferung Röil
Furc- an die russischen Behörden ver-i
iigt.
sucer eine-— berühmten fund-(
Mqu Lebensdauer-.
Vor kurzer Zeit starb in Marseillet
im Alter von 70 Jahren »Ur Premier
Sauveteur Des France«, Edwards
Chnir. Das ganze Leben dieses Man-J
nes war sozusagen ein Beispiel voni
muthiger Aufopferung fiir seine Mit-«
menschen und verdient daher einer»
breiteren Oeffentlichteit bekannt zu’
werden: Schon im Alter von zehnl
Jahren retiete Chaix mir Hilfe feines
Bruders zwei Mädchen von dem Tode
des Crit-Mens- Mii 13 Jahren ge-«
lang es ihm, wieder im Verein mirs
seinem Bruder. ein schweres Unglücki
irn Marseiller Hafen zu verhüten. Ein
Schiff. das u. a. eine Ladung Pulver
an Bord hatte, gerieth in Brand.
Während die meisten Leute sich m
Sicherheit brachten oder nach «der
euerwehr riefen, stiegen die beiden
Zungen an Bord und festen die Pun!
pe in Bewegung. Um dem Feuer bes
ser beitornmen zu können, ließ sich
Edouard an einem Seil durch das
Mannloch in die unteren Raume hin
ab, rnit der Abmnchung, dasz ihm der
Bruder auf seinen Ruf sofort wieder
heraufzögr. Als der an der Pumde
Gebliebene einiye Zeit nichts von un
ten hörte und aus seine Rufe teine
Antwort erhielt, zog er den Hinabge
stiegenen wieder herauf. Er war be
wußtlos. feine Haare waren versengt.
die Kleider angebrannt. Ader er hatte
das Schiff gerettet, ein furchtbares
Unglück verhütet. Die Kraft hatte-ihn
erft verlassen, als er dem Sprinenrohr
der Pumpe schon einen günstigen
Platz gegeben, sodaß der Feuerherd
überschwemmt wurde. Chaix lonnte
wieder ins Leben zurückgerufen wer
fden zum Heil siir seine Mitmen
Hchen, denn es gelang ihm, nicht weni
jaer nls 53 Menschen durch 24 ver
Jfchiedene Heldenthaten vor dem Tod
Izu bewahren. An Auszeichnungen er
hielt er nufzer dem Kreuz der Ehren
legion 13 Medaillen, zuletzt im Jahre
1888 die goldene Medaille erster
Klasse.
Im The-ten
Hen- szu einem Bekannten): »Sie
lfletschen Beifall, Sie haben doch
nichts gesehen und nichts gehört!«
Eben deswegen; so samt-s habe ich
seit Monaten nicht geschlafen.'
Auf set Sie-In
»Sei-en Sie den Herrn dort drü
book-«
Jan-obl, was MS mit ihm?"
f » em habe ich auf die Beine gehol
en.«
,,Wiefo denn?«
»Er fuhr früher in einer Ewi
page-"
Wams-.
- Richter: »Einn! großen Werth hak
«ten die Cigatken wohl nicht, die Jn
neu gestohlen worden sind?«
Zeuge: »O doch; denn ich habe sie
immer dazu gebraucht, meine
Schwieaetmuttet aus dem Haus her
jauszutöuchetn !'«
Ettlitlich
! »Warum wurde der Vegetatianer
Grodoss denn gestern plötzlich so wiii
thend?«
»Ja, man hatte ihm seinen Spinat
inthiimlichetweise in eine Nummer
der «Fleifchetzeitung« eingewickelt.«
- --- .- ps-»
Pfahlbsidnf us Atterser.
Von frühgelchichtlichen Pfahlbaw
ten berichtet schon herodot, und mn
die Mitte des vorigen Jahrhundert
etwa wurden in der Schweiz die ersten
prähtstorifchen Pfahlbaureste entdeckt.
heute tennen wir schon über 200
Pfahlbautenflationen allein in der
Schmelz. Eingedenl der Gewißheit
daß diese Pfahlbanten der Stetnzeit,
denen man ein Alter von fi-7000
Jahren zuspricht, in derEntwicklungö
tette menschlicher Kultur in den Al
penländern ein wichtiges Glied bil
den, hat sich der Verein »Du-thue hei
math« seiner Zeit entschlossen. zu
Kammer am Attetiee ein» solches
Pfahlbaudorf getreu zu tetvnsttuiken.
Die Eröffnung dieser ganz eigenarti
en Schöpfung, die aus fünf auf 190
Pfählen ruhenden häufern besteht,
fand am 14. August des Votjahees
statt. Das Dorf zeigt das typische
Bild der »echten« Pfahlbauniedeklat
sangen und wird jedem unvergeßlich
fein, det diesen Urzeittmum inmitten
feiner lieblichen Wirtiichteitsumge
bung sehen durfte«