Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Humoristsschsmilitörische E
Erzählung J
Der falsche Adjutant s
; von
' Freiherr v. Schlicht
ils-. Fortsetzung)
.Ein Soldatk«
Mit beiden Beinen zugleich sprang
der Bürgermeister aus dem Bett und
riß das Fenster auf, und richtig,
dort unten stand ein Hornist und
blies mit einer bewunderswerthen
Insdauer immer dasselbe Signal,
und mit einem Male erkannte der
Bürgermeister dieses auch. aber als
er es erkannt hatte, taumelte er
förmlich hinteniiber.
»Es ist gut, ich bin schon wacht«
rief er aus die Straße hinunter;
dann stür te er in das Zimmer zu
riick und öffnete die Thür, die nach
dem Korridor führte. Dort stand
Frau Britmmer. aus dem Kopf eine
weiße Nachthauhe. den oberen Theil
ihres Körpers mit einer schneeweißen
Rachtjacle, die untere Partie mit
einem schneeweißen Unterrock he
tleidet, die nackten Füße steckten in
Pantoffeln. Sie treischte laut auf,
als sie jeßt den Bürgermeister in
einem langen, weißen Nachtgewande
vor sich sah.
»Dosten Sie den Schnabel!« fuhr
er sie an. und als sie sich immer noch
nicht rührte, sondern, von Schrecken
nnd Scham wie gelähmt, ihn ganz
entseßt anstarrte, schrie er sie an:
Erim Donnerwetter, hören Sie es
denn nicht —- es wird Alarnt ge
blasen!«
Bei seinen harten Worten gewann
sie ihre überlegene Ruhe zurück.
.Was geht mich das an? Ich habe
nicht alarrniren lassen, und vor allen
Dingen, ich werde ja nicht alarmirt.«
»Mich!« donnerte er sie an.
»Me- ist Luise? Irgend jemand muß
mir helfen. Wo ist die Unisorm?
Wo ist die Reithose? Wo sind die
hohen Stiefel?«
Frau Btumrner betrachtete rian
ohne Schadensreude ihren Herrn und
Gebieter, der erregt aus und ab lies.
.Ra, da sehen Sie mal, wie es ist,
Herr Bürgermeister, wenn nach je
mand gerufen und getlingelt wird,
und wenn unsereins dann nicht gleich
zur Stelle ist, dann wird man uns
immer gleich grob. als wenn wir
immer gleich six und fertig wären.
Wir haben auch Momente, wo wir
uns in einer ähnlichen Verfassung
befinden, wie Sie jetzt.«
»Halten Sie den Atbern an. ja?"
schrie er, »ich habe jetzt weder Zeit
noch Lust. Ihren Unsinn mitanzu
hören.«'
»Na denn nicht«, und sie ging da
von, um sich wieder schlasen zu legen.
»Wenn ich nur wüßte« wo der
Bursche die Unisorm hat«. dachte er;
aber schließlich sand er sie, alles lag
sehr ordentlich zurechtgemacht aus ei
nem Stuhl draußen aus dem Forti
bor. So kleidete er sich denn in aller
Eile an. »Wenn ich nur eine Ahnung
hätte, was der Alarrn bedeutet? Viel
leicht will der Maior eine Nachtiibung
abhalten, vielleicht ist der Herr Oberst
oder sonst ein hoher Vorgesetzter plag
lich eingetroffen, um rnir aus den hoh
len Zahn zu fühlen, gewiß, das wird
es sein. Nur ein Glück, daß ich mei
nen Gaul in der Kaserne stehen habe,
da kann der Bursche gleich hinlausen
und ihn satteln. So. jetzt bin ich ser
tig." Er warf noch einen schnellen
Blick in den Spiegel, dann eilte er aus
die Straße und der Kaserne entgegen.
Aber als er sich dem Kasinogarten
näherte, hörte er von dort lautes
Spre «n und Lachen. »Aber das geht
doch icht, das ist doch undentbar«,
schalt er, «sollten die denn von dem
slarnr noch gar nichts wissenF So
ging er denn schnell hinein, urn die
anderen zu benachrichtigen. Zuerst er
regte sein Erscheinen dort stürmische
Oeiterteit, dann aber sahen ihn alle
ganz verwundert an.
»Aber unt Gottes willen, bester here
hauptmanm wie sehen Sie denn aus?
Feldmarschmäßig ausgerüstet ——— was
ist denn nur los?« fragte der Major.
Der Bürgermeister hatte von dem
schnellen Lausen einen ganz rothen
Kopf bekommen und war ganz außer
Utshenh so rang er denn erst einen
Augenblick nach Lust, dann rief er
mit lauter Stimme: »Meine Herr
chastem das Fest ist aus, es ist
larm geblasen worden«
Ein Schrei des Entsehenz seitens
der eren und ein Rus der Ent
tiius ung seitens der Damen war die
Antwort.
»Wer hat Alatm blasen lassen?«
fragte der Major, der von alledem
nichts etrieth. .
«Jch«, meldete Leutnant Böhmej
.Si-e?"
Ganz verständnißloz starrte der
Majas seinen Avjutanten an, und
auch die anderen wußten nicht, was
Je sagen sollten.
»Aber die Sache ist doch seht ein
fach«, meinte Böhme lustig. »Ich
hatte den strengen Befehl, unsern sehe
verehrten Herrn Hauptmann todt
oder lebendig zur Stelle zu schaffen,
tat Telephon funktionitte nicht« für
Ordonnanzen war der hauptmann
nicht n sprechen, da schickte ich einen
sen widest-we mag ließ unter
tm e I Deren auptmanns
Ilakst sen. nnd wie die Herrschaf
ten seien, nicht M Gefolg: ver here
»Man iß ist SM«
s .Das haben Sie samos gemacht
ganz samostø rief der Major. Dann
wandte er sich an den Bürgermeister: »
«hoffentlich nehmen Sie dem guten
Böhme seinen Streich nicht übel.«
Der wußte zuerst nicht, od er sich
ärgern oder in das Gelächter der an
deren mit einstimmen sollte, aber
schließlich lachte er selbst mit. »Na,
warten Sie. Böhme, das sollen Sie
mir aber büßen. Kommen Sie nur
morgen auf das Bataillonsbureau.
da werde ich schon mit Jhnen unter
vier Augen sprechen.«
»Bange machen gilt nicht«, meinte
der, »aber nun kommen Sie. Herr
Hauptmann, und legen Sie die Ab
zeiches Jhrer Würde sort, eine Or
dannanz kann Sie anen bis nach
ber ausbewahren«, und er war dem
jVorgesetzten dabei behilslich Ein
: schlechtes Gewissen hatte er aber doch.
Iund so fragte er denn: «Sind Sie
kmir wirklich nicht böse. Herr Haupt
! mann?«
; Der gab ihm die Hand. »J wo,
Jich denke ja gar nicht daran. im Ge
IgentbeiL jetzt, wo ich hier bin, freue
»ich mich sogar darüber-«
»Na, dann ist ja alles in schönster
Ordnung.«
Sie wandten sich zur Gesellschaft
und der Bürgermeister ging die Reihe
herum. um die einzelnen Damen zu
begrüßen. Absichtlich als eine der
letzten begrüßte er Frau Konstanze
Die saß im eifrigen Gespräch mit
Konnritz und hatte sein Kommen zu
erst gar nicht bemerkt, sent reichte sie
ihm die Hand und meinte mit frohem
Lachen: »Sie Art-rasten nun baden
Sie Jbr schönes warmes Bett doch
verlassen müssen"
»Ja. ja, aber ich that es gern.'·
»Und warum hatten Sie sich so
früh schlafen gelegt?«
Den wahren Grund wollte und
konnte er nicht nennen, so suchte er
denn nach Ausfliichten »Ich babe
mancherlei Aerger gehabt, gnädige
Frau, und wie so oft in der leßten
Zeit, bekam ich infolgedessen plötzlich
»so rasende Kopfschtnerzen daß ich
mich außer Stande fühlte, auszugeben
Aber jetzt bin ich wieder ganz der
alte.·' -
’ »Das freut mich sebr, aber wollen
Sie nicht« bitte, Platz nehmen«
Er ließ sich an ibrer Seite nieder:
da bemerkte er aber auch schon, wie
die Blicke aller anderen Damen sich
auf sie beide richteten. Dak- nahm
ihm gleich von vornherein seine Unbe
fangenheit und unwillkürlich-mußte er
wieder an das denken, was Frau
Brünnner ihm über das Gerede der
Stadt gesagt hatte. Er örgerte sich
von neuern und seine ganze Unterhal
tung beschränkte sich auf einige lurze
Fragen nach ibretn Befinden und deri
Art, wie sie die letzten Tage verlebt
spe. s
Frau Konstanze erkannte ibn lauen;
wieder. Allerdings. ein Courmacherx
im landläufigen Sinne war er nie;
gewesen, aber er besaß sonst in selte-?
nein Maße die Gabe der Unterhal
tung, er verstand es stets, das Ge-;
sprach auf irgendein Thema zu brin
gen, das ibn gerade beschäftigte, und
einen lebhaften Meinungsaustausch
darüber hervorzurufen. wobei er
nicht, wie so viele andere, hartniiekig
auf seinem eigenen Urtheil beharrte,
sondern sich gern überzeugen und be
lehren ließ. So hatten sie über
Malerei, über Musik« und Literatur-,
über wissenschaftliche Entdeckungen
und iiber so vieles andere ihre An
sichten ausgetauscht, und jeder hatte
es stets ins stillen danlbar empfun
den. daß er einen Menschen gefunden
hatte, mit dein4 er·«sich « einniabübee
cUVllS CnVctcH Als llvck Mc gicichgllk
tigsten Dinge unterhalten konnte.
Aber heute war er schweigsam, es
kam ihr so vor. als überlege er erst
reiflich jedes Wori, das er sagte. und
zum ersten Male langweilte sie seine»
Gesellschaft, ja, noch mehr, sie ärgerte
sich fortwährend über ihn. Mochie
er auch Verdruß gehabt haben, so
;durfte er das nach ihrer Ansicht in
JGegenwart einer Dame, noch dazu
einer Dame, die er bisher stets so
kausgekleichnet hatte, nicht derartig zei
Jgen. nd der Herr Bürgermeister är
igerie steh gleichfalls, und zwar über
sich selbst. Ali er Frau Konstanze
vorhin erblickte, hatte fein herz un
willkürlich höher geschlagen, und er
hatte sich vorgenommen. init ihr zu
sammen den schönen Abend zu ge
nießen, aber er wußte nicht, wie es
karn, die Worte wollten ihtn heute
nicht über die Lippen. War es wirt
lich nur die Angst vor einem etwaigen
Gerede, oder lani es daher, daß er
heute den Gedanken gefaßt hatte,
ernstlich um sie zu werben und daß
er sich infolgedessen ihr gegenüber
etwas geniert fühlte? Und noch
etwas störte ihn, das war der Leut
nant Konnritz der an der anderen
Seite von Frau Konstanze saß und
sie beide nicht einen Augenblick un
der-dachtet lies. »Was geht mich der
Leutnant an « fragte er sich immer
wieder aber er hatte trohdem die
Empfindung, als ob ihn der Leut
nant doch etwas anginge, und ohne
wisien wieso, warum und wes
Fall-, verdarb auch der ihm die
Laune. «
»Zum Donnerwetter. wo steckt denn
unser guter Schrader eigentlich?« er
klang da die Stimme des Majors.
«Böbrne, suchen Sie ihn doch mal, ich
lasse ihn bitten. sich etwas zu rnir zu
sesenk
»Ist nicht nöthig. Böhme. ich jem
me schon." Der Bürgermeister hatte
sich erhoben und verabschiedete sich.
«Sie entschuldigen mich siir einen Au
genblick, gnädige Frau, ich hoffe de
stimrnt, Jhnen im Laufe des heutigen
Abends noch oft zu begegnen.«
Sie reichte ihm die Hand. und zu
fällig löste sich in diesem Augenblick
eine der Rosen. die sie am Gürtel trug.
Er hob sie schnell auf und gab sie ihr
zurück. »Die Blumen sind ja läsilich
Darf ich fragen, wer Sie Ihnen ver
ehrt hat«-s«
»Leutnant Konnritz war so liebens
würdig.«
»Wie totnmt denn der dazu?« dach
te der Bürgermeister. und abermals
betrachtete er den Leutnant mit miß
traurischen Augen, dann wiederholte
er noch einmal: ,,Wirllich wunder
bübsch", und nach einer flüchtigen
Verbeugung verabschiedete er sich.
l »Gott sei Dant, den wären wir
vgl«
Der Ausruf tlang in seiner Offen
herzigleit so komisch, daß Frau Kon
stanze hellaus lachte und mit einem
Male ihre gute Laune wiederfand.
»Aber er hat Jhnen doch gar nichts
gethan.«
»Aber er wollte mir etwas thun.
Haben Sie nicht gesehen, wie er mich
hier sortgraulen wollte, wie seine
Blicke mich immer fragten: »was
willst du denn hier«-«
»Das bilden Sie sich doch nur
-ein. Warum hätte Jhre Anwesen
heit ihn wohl irgendwie stören sol
len?" fragte sie anscheinend ganz un
befangen. als begrisse sie den Sinn
feiner Worte nicht.
»Warum? Aber gnädigeFrau, mehr
oder weniger hat doch jeder Mann den
Wunsch, mit einer so schönen Frau,
wie Sie es sind, allein zu sein, jeder
dritte ftört da doch nur. Soviel weih
ich: wenn ich um Jhre Gunst würde,
ich siir meine Person wenigstens wiirs
de jeden dritten, der sich Jhnen auch
nur fiir eine Sekunde näherte, zum
Teufel schicken.«
.Pardon, gnädige Frau — ist
dieser Stuhl an Jhrer Seite viel
leicht frei?« ertlang in sdiesetn Au
genblick die Stimme eines Ossiziert
«Thut mir sehr leid. er ist besetzt.
und ich habe strengsten Befehl, ihn
freizuhalten«, erwiderte Konnritz.
»Seht schade.«
»Ja, es thut mir auch leid. aber ich
iann’s nicht ändern.«
Der Ossizier ging wieder fort, und
mit einem ganz vergnügten Gesicht
sah Konnrih ihm nach. »So wird’3
gemacht, gnädige Frau", meinte er
lustig.
»Und dabei machen ;-1e mir nicht
einmal den has-«
Die Worte waren gewagt. aber sie
wollte ihm damit aufs neue zeigen.
daß sie ihren gegenseitigen Verkehr
fiir ganz harmlos hielt.
»Ja, und dabei mache«ich Ihnen
nicht einmal den Hos«, stimmte er
ihr bei, »aber daraus. wie ich schon
jetzt alles thue, um mit Jhnen allein
plaudern zu können, werden Sie
schließen, wie ich im andern Falle erst
recht keinen Menschen in unserer Nähe
dulden würde. Da würde ich kahl-lü
«tig lächelnd jeden erschieszen.«
I »Um Gottes willen. das wäre ja
Hschrecklich! Nur ein Glück, daß Jhr»
sheri schon vergehen ist, und daß Sie:
sso gut wie verlobt sind.«
) »So gut wie ist gut, meinte er«
»wenn Sie eine Ahnung hätten.i
meine Gnädigste, wie weit ich noch!
von dem erhosften Ziele entfernt bin. E
Sie wiitden Mitleid mit mir haben
und weinen.« ;
»Sie Aerrnstet«, suchte sie ihn lustig ’
zu trösten, »da sassen Sie nur Muth,
»ie schwerer der Kampf, um so schöner
ist der Sieg.«
»Das hat Böhme mir auch ge
sagt.«
Ganz überrascht blickte sie auf
»Der weiß also auch von Jhren Hei
rathspliinen?«
.Aber natürlich«, versprach er sich,
»der bat mich doch überhaupt zuerst
auf die Jbee gebracht.« Ganz er
schrocken hielt er inne. »Das beißt«,
verbesserte er sich, »ich meine natür
lich, ich habe Böhme urn Rath ge
fragt, ob ich es wohl wagen könnte,
einer so schönen Frau wie Sie« «
»ei sinb«, wollte er sagen ,aber gott
lob besann er sich noch im letzten Au
genblick und fuhr fort: »eine; so
schönen Frau, wie sie es ist, den Hof
u machen. Ossen und ehrlich ge
anben, fehlte mir anfangs dazu der
Muth, denn was tann ich schließlich
einer s Bnen, eleganten und von der
anzen lt verwöhnten Frau bieten?
sich bin doch nur ein sirnpler Leut
nant, der zum Ueberfluß noch dazu
verurtheilt ist, biet in biete-n kleinen
»Reti zu leben.«
»Wenn die Dame Sie wirklich liebt,
wird ihr das ganz einerlei fein.«
«Glauben Sie wirklich, gnädige
Haus« fragte er freung überrascht
snnd nach einer seinen Pause fuhr et
fort: .Sagen Sie, bitte. mal gnä
dige Frau. aber Sie miissen mir per
sprechen, meine Worte nicht übeln
nelnnen, ich meine, wenn Sie over
besser gesagt, ich meine. wenn nun ich
Ihnen, nein, nicht ich, aber wenn ir
gend ein Kamerad Ihnen den Hof
machte. und er verliebte sich in Sie,
nnd Sie. Sie verliebten sich auch in
ihn. glauben Sie, daß Sie sich dsa
auch entschließen könnten, aus das
Leben in der Residenz zu verzichten
und hierher zu ziehen?:
»Konnritz it wirllich toll," dachte
sie. »wenn i es noch nicht geniertt
hätte. jetzt weiß ich. daß er allen
Ernstes an mich denit. Was sage ich
nur? Antworte ich »ja«, dann ist er
im Stande, mir hier sosort vor allen
Leuten eine Liebezetllörung zu ma
chen. und wenn ich ihm dann einen
Korb gebe, führt er hier sicher eine
Szene aus. daß alle Welt gleich er
röth, was vorgefallen ist. Sage ich
aber »nein'«. dann wird er so lange
versuchen. mich umzustimmen. bis ich.
nur um Ruhe zu haben. ja sage, nnd
dann legt er doch mit seinem Antrag
los."
Mit großen, erwartungsvollen »nu
gen sah er sie an. »Sie sind mir noch
die Antwort schuldig. gnädige Frau.«
Sie zwang sich mit aller Gewalt,
heiter zu sein. »So etwas will doch
überlegt sein. Ich muß Ihnen ossen
sagen. ich bin noch nie aus den Ge
danken gekommen, daß ich mich je
mals wieder verliehen und verheira
then könnte.«
»Das ist aber sehr schade.«
»Warum dass-" fragte sie, über
seinen Ton belustigt.
»Warum? Nun, ich denke dabei
eigentlich ganz ossen gestanden we
niger an Sie selbst als an Jhren zu
künftigen Gatten. Der könnte doch
immerhin ein sehr netter Mensch
sein, wenn auch nicht gerade über
mäßig begabt. so doch immerhin
vollständig befriedigend, wie es in
den Schulzengnissen heißt. und viel
leicht ist er auch äußerlich ein ganz
annehmbates Wesen, zwar keine
Beaute. aber doch immerhin passabel,
und vielleicht ist er auch finanziell
ganz gut gestellt. wenn auch nicht ge
rade übertrieben reich, doch immerhin
reich genug. um seine Frau nicht nur
zu ernähren, sondern auch, um ihr je
den Lurus zu gestatten. Sehen Sie,
meine Gnödigste, und wenn nun so
ein Mann tiime, der eigentlich alles
hätte, was er braucht, um glücklich zu
sein« nnd der dann doch nicht glück
lich wird, weil et Sie liebt, aber weil
Sie ihn nicht wiederlieden, da mühte
einem der arme Kerl doch gräßlich
leid thun.«
rnden Eies
LSie etwa nicht, anädige Frau?«
Sie zuckte die Achseln. »Wer weiß?
Vielleicht wäre es sür den Mann gar
nicht so ein großes Glück, wenn ich
ihn nähme; wer weiß, ob er über
haupt mit niir und bei mir glücklich
wärt-e.«
»Na. nun hören Sie aber, bitte,
aus," bat er wenn Sie einen Mann
nicht glücklich machen sollten, dann
wüßte ich überhaupt leine Frau die
dieses Kunststück seetig bringt«
»Aber ich weiß eine: Jhre zuliins
tige Frau Gemahlink
Er biß sich aus die Lippen »Ach
so, ja, die hatte ich in diesem Augen
dlick ganz vergessen«
»Schiimen Sie sich,« schalt sie,
»thun Sie Buße und trinken Siel
gleich auf ihr Wohl« l
Er nahm das Glas zur hand. (
»Ihr Wohl, meine gnädige Frank« !
»Da stoße ich nicht mit an,«
meinte sie. »mein Wohl sollten Sie
doch gar nicht teinten.«
»Pardon, Gnödigste, Sie scheinen
mich salsch verstanden zu haben,
wenn ich sagte. »ihr« Wohl, so meinte
ich nicht »Ihr großes Wohl«, sondern
ihr kleines Wohl.«
»Das ist etwas anderes,« lachte sie,
dann llangen die Gläser zusammen
j »Und wie ist es mit der Antwort
aus meine Irage,« erlundigte er sich.
»Die muß ich Jhnen vorläufig noch
schuldig bleiben,« meinte ste. »Ich
sagte Ihnen schon vorhin, der Ge
danke, aus den Sie mich da gebracht
haben, ist rnir so vollständig neu, daß
ich rnir erst darüber klar werden muß.
wie ich in solchem Falle handeln
wiirde.«
»Ach-ja, bitte, werden Sie sich
klar, und zwar möglichst bald, und
wenn es Jhnen irgendwie möglich ist,
sagen Sie »ja«.'«
»Und warum besi« fragte sie nn
scheinend ganz erstaunt, obgleich sie
nur schwer ihre innere Unruhe und
ihre Verlegenheit beherrschte, »was
hätten Sie davon, wenn ich mich
wirtlich zu einem »Ja« entfchlösse?«
»Da haben Sie allerdings rechi««
meinte er, »ich felbfi hätte ja nicht
vavon, aber ich denke dabei nicht an
mich, sondern an Ihren zukünftigen
Gatten. Allerdings, in einer hin
fichi hat Jhre Entscheidung auch fiir
mich eine gewisse Bedeutung, denn
ich glaube, wenn Sie »ja« sagen,
dann wird fie, ich meine meine zu
künftige Gattin, auch »ja« sagen,
denn offen gestanden, das ifr der
hauptgruniz weshalb ich nach nicht
das entscheidende Wort gesprochen
gabe, weshalb ich noch nicht oeriabt
m.«·
.Und sonst sind Sie sich ganz ei
nig?«
Er sah sie fest an. »Ich glaube «a.«·
Konstanze bückte sich, um ihr a
ichentuch, das sie absichtlich hatte
sallen lassen, wieder aufzuheben,
dann sagte sie »Männer täuschen sich
darin sehr leicht. sie nehmen nur zu
häufig Freundlichleit und Freund
schaft iiir Liebe."
«Ganz wie die Frauen,« stimmte
er ibt bei, »nur daß es bei denen ge
rade umgesehrt ist, die glauben so oft.
siir einen Mann weiter nichts als
Freundschaft zu empfinden. aber
wenn sie dann genauer binsehen. dann
merken sie doch, daß das-, was sie in
ihrem Herzen fühlen. weiter nichts
als die reinste und beiligste Liebe ist.«
.Na. solche Undersrorenheit ist mit
denn doch noch nicht vorgetornmen.'«
dachte Frau Konstanze. dann meinte
sie:. »Wenn Sie sich da nur nicht ir
ren."
»Miöglich ist es ja Immerhin«""
meinte er gelassen, »aber schließlich,
warum sollte sie mich eigentlich nicht
lieben? Jch bin siir sie gerade in dem
richtigen Alter« ich sehe ganz leidlich
aus - - sinden Sie nicht auch, gnä
dige Frau?«
»Geschmacksache«" neckte sie ihn
««Alletdings« mein Fall wären Sie
nun gerade nicht« ich liebe teine dunk
ten Männer," slunterte sie.
»Da könnte ich mich ja blond stir
ben lassen, abek Sie tommen ja siir
mich leider nicht is Frage. Aber um
meine weiteren Vorzüge auszuzah
len: ich bin nicht gerade der
Dummste
,.Meinen Sie?« unterbrach sie ihn.
»Es ist meine selsenseste Uebersetz
gung. Außerdem bin ich nicht ganz
unbemittelt -- s«
»Wenn man sich liebt« spielt das
Geld doch überhaupt teine Rolle«"
schalt sie.
»Für den« der es hat« nicht« aber
sür den« der es braucht« doch«" wider
sdrach ek. »Aber nachdem ich Jhnen
nun so meine Vorzüge ausgezahlt
habe, sagen Sie« bitte, selbst: warum
soll man mich da nicht nebmen?«
»Ja,« sagte sie, aus seinen Ton
eingehend, »Warum soll man Sie da
nicht nehmen?"
»Na also, da sind wir uns Ia ei
nig!« rief er »ganz glücklich. »Ich
meine natürlich. wies find uns in
anderer Hinsicht einig.«
»Und trotz alledem bin ich fehr be
gierig, oh die Dame, uin die Sie
werden« Sie wirklich nehmen Ioird."
»Ich auch,« stimmte er ihr bei.
Dann sagte er lustig: »Aber wissen
Sie was, gnädige Frau, wir wollen
einmal darauf anstoßen, daß sie »ja«
sagt. Wollen wir?"
Vergebens suchte sie nach einem
Vorwand, ihm seine Bitte abzuschia
gen, und nur zu deutlich errieth er,
was in ihr vorging· So schob er ihr
denn, ehe sie eine Ausrede hatte fin
den tönnen, ihr Glas hin: «Stoßen
Sie mit mir nn, gnädige Frau, bitte.
Trinlen wir darauf, daß sie »ja«
sagt, daß fie es gern und freudig
-thut. und daß sie es niemals bereut.'«
»Und wollen wir nicht auch darauf
trinken,« fragte sie zögernd, »daß es
auch Ihnen nie leid thut. wenn sie
doch »ja« sagen sollte?«
»Mir leid thun? Er lachte glück
lich auf. »Gnädige Frau, wenn ich
alles so genau wüßte wie das, daß ich
selbst bis an mein Lehenzende über
ihr Jawort nur die höchste Glückse
ligteit empfinden würde, dann wiire
es mit mir gut bestellt. Prosit, gnä
dige Frau.'«
«Prosit, here Leutnant.«
»Auf ein frohes Ja.«
»Auf ein frohes Ja," wiederholte
sie ganz mechanifch; sie stand so unter
seinem Bann, daß sie alles that, was
er wollte, obgleich sie sich immer wie
der sagte: «es ist ja ein Unsinn, wie
tornrnt Konnriß nur dazu, an rnich
«zu denleni
Er leerte sein Glas bis aus deni
Grund, und als auch sie seht ihrs
JGlas absetzte, nahm er es ihr aus der(
jhand und erhob sich.
’ »Wohin wollen Sie?« j
»Ich bitte um Entschuldigung, gnä
dige Frau, lachen Sie mich aus, aber:
aus diesen beiden Gläsern soll und
darf tein anderer Mensch mehr trin-;
ten.«
»Sind Sie abergläubisch? Wollen
Sie sie nach altem Brauch zerschla
gen?"
.O nein. Jch will sie aufbewah
ren. ich lasse sie mir nach Vaus
schicken, erst am hochzeitztag hole ich
sie wieder hervor und dann trinlen
Pwir wieder daraus. Dann ist unser
Wunsch. aus dessen Erfüllung wir
heute diese Gläser leerten, zur iet
lichleit geworden, und danl rst
wollen wir dann an den heutigen
Abend zuriiadenterh ich-—— und meine
Frau,« und schnellen Schrittes eilte
er davon. o
1 .
Es. war zwei Tage später. haupt
mann der Landwehr Schinder und
Leutnant Böhme saßen aus dem
Sataillonsbureau und regierten. aber
der gen hauptmann war nicht bei
der ache. er hörte gar nicht auf düs
waö Bähme ihm vortrag. Der sah
den Vorgesedten ganz verwundert
an: schon gestern hatte der aus ihn
einen ganz anderen Eindruck gemacht
als sonst, er schien die ruhige lieber
legenheit seines Wesens, die ihn sonst
so oortheillfast von manchem anderen
Landwehro sizier auszeichnen, oloss
lich ’verloren zu haben, und auch ge
stern bei dem Bot-exerzieren war er
ganz gegen seine sonstige Gewohnheit
nervös und zerstreut gewesen, so daß
die Sache nicht ganz so gut geendet
hatte, wie sie nach den Erwartunaen
aller hätte enden müssen. Was fehlte
ihm nur? Gar zu gern hätte Vol-me
es gewußt, schon um ihm unter Um
ständen helfen zu tönnen, soweit dies
in seinen Kräften stand, aber da der
Vorgeseste nicht von sich seibst sprach
durste er ihn auch nicht fragen. Aller
dings herrschte zwischen den beiden ja
ein fast sreundschastliches Verhält
nisz, was schon daraus hervorgtng.
das; sich der Hauptmann die Anrede in
der dritten Person ein siir allemal
verbeten hatte, aber troßdem war nnd
blieb er doch immer der Vorgesetzte
und auch der an Jahren so viel Aet
tere. Vertraute der sich nicht von
selbst dem Jüngeren an. so durfte
dieser auch lein Vertrauen erbitten.
So begnijate sich Böhme denn da
mit, seinem Vorgeseyten nochmals
einen fragenden Blick zuzuwerfem
dann fuhr er in seinem Vortrag wei
ter sort: »Vorgestern Abend haben
wieder einige Leute die Gelegenheit
benutzt, aus den Fenstern herauszu
tlettern und sich in der Stadt herum
zutreiben Sie sind dabei wohl von
der Voraussetzung ausgegangen. dasz
die Posten mehr Interesse siir das
Leben und Treiben im Kasinoaarterh
ais fiir die Erfüllung ihrer Dienst
pflichten hätten, und darin haben sich
die Kerls auch leider ni t getäuscht.
Sie sind unbemerkt zum enstee hin
ausgelommem erst als sie in die Ka
ierne zurückkehrtem sind sie ganz zu
fällig von dem Unterofsizier vom
Dienst bemerkt worden«
»Iiinf Tage Arrest von Bataillons
wegen," befahl der hauotrnanm
»bei solcher Bnmmelei hört sich denn
doch alles aus.«
tFortfetzung solgt.)
R- i sie ri » : Na. Alt-iust. weit bei-e
dem Tebuclstag is-, fein-use ich dtk ooch
fünf Thurme
S snsterjunqet Aber Muster-h
Sie hätten mir dokjr erst darauf vorberei
ten sollen — ach det litt-ermaß der Freu
de kann Ertqu
A. (zuB., welcher von der agd
kam-ask »Na. heute wieder tem lück
gehabt?«
Tls .L im Gegenteil, sehr viel so
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g T »Ist-f iezkeaben doch wieder keinen
gen e o en «
THE ! S «Dös net, aber auch leisten Trei
r .
«Vei dem schlechten Vetter können Si
doch nicht gottgehktt Sie tönnen ruhig
uns u T ich bleiben.«
) » ein, nein, i danke. So schlecht is
das Wetter denn sacht«