Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 28, 1911, Zweiter Theil, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Nebraska
Staats-» Anzetger und J sei-old.
JH Ob s 93 ist-du« Hiietei r·(Thii«c ) Hiu miisziikkxiigfizV
Jug;dglcck.
Jung fein, o Kind, welch reiches
Gliiell
Dir liegt bie Welt im Sonnenschein;
Dein Auge strahlt den Glanz zurück
Es strahlt in jedes Herz hinein
Dein Irohsinn ift es, glaube mir,
Der Dir so schnell die Herzen wirbt;
Drum forg’, baß auf den Lippen Dir
Das frohe Lächeln nie erftiebt.
Drum forge, baß so froh und frei
Dein Blick uns ftets entgegenlacht;
Was immer Dein Geschick auch fei,
Du bift es selbst, die glücklich macht.
Zerftöre nie mit rauher Hand
Zu Dir den jugendfrohen Sinn
ann bleibt bie Welt Dein Zauber
lnnd
Und Du - Du bift die Fee borinl
Zins Bübchen- Tagebuch.
Slizze von Friede von Flott
well.
Mzwwzgiww « «
.s·-· k « «
,..me,« machte Frau Pape, als sie
heute Morgen in meinen Waan
schaute, »heute ist er nun ja aus dem
dummen Vierteljahr heraust« Das
wurmte mich und ich wandte mich ab.
Dann wollte sie noch «tiels« bei mir
machen, aber da habe ich fürchterlich
angefangen zu brüllen. »Ei, tei, tei,
iei," loste sie und drückte mir die Nase
breit, »mein Engelchen, mein Zucker
cheu, wo bist Du denn?« Na, ich lag
in meinem Wagen das lonnte sie doch
sehen: ich glaube, Erwachsene ftellen
oft recht dumme Fragen.
Und Frau Pape ist erwachsen; sie
ist unsere Waschfrau, hat einen prä
zisen Scheitel, viele Schrumpeln im
Gesicht, gemiithliche Augen und einen
großen Handlorb Wenn man pfeift,
kommt sie angelaufen. und dann ift es
jedes Mal Mittags-, Kaffee- oder
Abendhrodszeit. Aber das dumme
Vierteljahr hat mich verdrossen. Meß
hsalb die grossen Leute nur immer vom
dummen Vierteljahr reden? Jch
wußte doch fchon genau nach acht Ta
gen. wann meine Mahlzeiten waren,
darin war ich sogar tonangebend.
Dann lannte ich nach vierzehn Tagen
das blau-weiß geftreifte Kleid meiner
Würterin und wußte genan, wann
ich bei Miitterchen im Bette lag. Je
älter ich werde, desto tlüger werde ich
natürlich auch, und heute sehe und
hör ich schon alles. Nun manchmal
vassirte es mir noch, daß der blanke
Griff an der steifen Hängelampe
oder die blinkende alte Theelanne
meine Augen zu sehr festhalten; da
höre ich dann, wie man mich ruft:
»Bübchen, Bübchen,« dringt es wie
aus weiter Ferne zu mir. Jch wende
meinen Kopf zur Seite, ganz wenig;
ich will ihn noch weiter drehen. aber
das geht nicht, die alte Kanne blinkt
mir immer mehr zu und hält meine
Augen ganz fest, und ich muß immer
und immer hineinblicken, bis man mir
die Augen zuhült.
Musik hab ich sehr gern. Am lied: l
sten höre ich. wenn Müttserchen das
Lied vom tleinen Negerbuh singt, der
sehr schwarz ist und viele Locken hat.
»So lu la lu la lei« singt Mütterchen
und dann wiegt sie mich hin und her;
und hin und her, das macht mein
Bahn - Herz ganz sriihlich, und ich
sange an mitzsingenz Manchmal
hole ich dann ties Athem, aber dann
singe ich plötzlich so laut, daß ich
ganz erschreckt innehalte; da lächelt
Miitterchen und nickt nnd wiegt wei
ter. Den hohen Tönen lausche ich
sehr gern, die sind gerade Ivie helle
Farben mit dunklen Puntten oder
Streifen; die schaue ich ebenfalls so
gern an.
Aber Vöterchen tann auch singen:
»Bit-—iibchen muß ta-—anzen, eins
zwei, drei vier! Eins, zwei, drei« und
dann geht es rüstig vorwärts im
Poltaschritt am Schrant vorbei, am
Sopha entlang, beinahe gegen den
Osenschirtn, so daß mir bimmelangst
wird.. Jch glaube, Väter haben es im
mer eilig und sind sehr selten sanft:
ein Bahn in· den Wagen legen, nen:
nen sie »verstauen«, aber das Ver
stauen tst mir unsympathisch.
Jedoch sehe leicht scheint dies Le
ben nicht zu« sein, ich habe schon viele
Entttiuschungen gehabt; ob es dem
schwarzen Negerbiibchech wohl auch so
geth Ost, wenn ich im Bettchen liege
und sehr müde bin. meine Nase in
das Kissen versteckt habe und 30 Grad
Wärme entwickle, entbliittert man
mich pliitilich wieder und taucht mich
in ein Schwimmbassin von 27 Grad
Wärme, was ich absolut nicht leiden
tann. Oder ich habe einen großen
Appetit aus Milch und lasse mir dies
merken, meine Flasche erscheint. Er-Y
wartungsvoll sperre ich den Mund
aus« ein kräftiger Zug — da — man
hat. mir Griihe unter die Milch ge
mischt. Empört lasse ich den Sauger
sahren, so daß sich sein Inhalt zu-’
nächst aus meiner Nase, dann weiter
auf dem Schürzenlatz der Wärterin
deponirt, und dann briille ich entsetz
lich laut, was ich überhaupt bei allen
dergleichen Gelegenheiten thue, da ich
es sür zweckentsprechend erachte und
meistentheils meinen Willen dadurch
erreiche. —
Weßhalb es nur so viele Tanten in
dieser Welt giebt? Sie sind so voll
gepfropft von guten Ratbschliigen,
pumpen mich am liebsten bei jeder Ge
legenheit voll Kamillenthee oder ma
chen einen Leibumschlag. Sie kom
men und schauen in meinen Wagen
und dann sagen sie: »Ach. wie süß!
Gott, wie reizend!« und werten mich
aus meinem Schlummer-. Jch sehe
mich verschlafen um, aber ich gewahre
nur einen großen, großen Kopf, und
dann schaue ich hin, immerzu bin bis
endlich zwei Augen aus dem Gesicht
bervortauchen, aber die sind frede
Muttis sind braun. Jch drehe mich1
wieder um, ich bin noch müde und»
dann ist mir so traurig zu Muthes
daß ich bitterlich weinen muß.
Ab und zu besuche ich auch eins
Theeiriinzchem aber das ist schlimm.
Da werde ich zwischen zarten Spitzen, .
Blusen, hängenden Schleifen, bösen
Uhrtetten und gar argen Spangen
mit scharfen Spitzen herumgereicht;
jeden Augenblick denke ich, ich soll-e,
so daß ich angstersiillt mit beiden
Händen in der Lust beruncsahre.
Das sieht nicht anmuthig aus« es
nützt auch nichts, aber ich kann mir
nicht helfen. Neulich hielt mich auch
so eine Taute, und als ich hilfr
suchend um mich griff, meinte sie:
»ei, seht nur wie er sich freut!" Eine
andere meinte, ich sei groß; eine
dritte sagte: »Ach, ist der llein!«
Nun versuchte ich ihr klar zu machen,
daß ich schon sehr viel gewachsen bin
und gewiß noch sehr groß werden
würde. «haga, hager, haturrrr!«
sagte ich. aber da lachte sie und ver
stand mich nicht.
Man versteht mich überhaupt viel
fach nicht, erst gestern weine ich, da
ich kalte Füße habe und deßhalb nicht
schlafen kann, sofort wird mir ein
kalter Leibumschlag gemacht und
heute habe ich meine Flasche getrun
ken, zehn Strich Milch, das finde ich
zu wenig; ich versuche aus meinem
Daumen noch etwas herauszusaugem
doch der hält dicht. Mein Bettzipfel
ist auch noch da, ich wähle meinen
Kon suchend in das Kissen, da zer
ren mich Annas kräftige Fäuste aus
meinem Wagen, ietzt giebt es mehr
zu trinken, denk ich erfreut, statt des
sen wird mir ganze fünf Minuten der
Rücken geklvpft.
Trotz der vielen Unannehmlichtei
ten, ift es aber doch ganz gemiithlich
und interessant in dieser Welt und ich
habe schon viel-e Betanntfchaften ge
macht. Da ift die helle Gardine an
meinem Wagenderdeck, mit der rede
ich sehr viel, oft tommt dann ein lleis
nes Lüftchen und spielt mit ihr, und
dann wintt sie mir zu und wiegt sich
ganz leicht hin und her und ich iauchze
ihr zu, auch meine Fingerchen und
mein weiches Deckbett tenne ich. Aber
am liebsten befchäftige ich mich mit der
alten biederen Wanduhr, sie hat ein
großes helles Zifferblatt und viele
wunderliche Schnörkel, ihre Zeiger
sind zierlich und ihr Gang ift etnft.
Ticl, tacl macht sie ständig, und dabei
schaut sie mich an und dann geht das
goldene Pendel bedächtig hin und her,
und ich sehe die Lichter darin spielen
und auf und nieder tanzen. Lange
Geschichten erzählt sie mir, und ich
lann ihr zuhören und sie anschauen,
bis ich ganz müde werde —— --—« Tick,
tacl, tiel, tack, die ganze Welt versinlt
in tiel, tau; mein Mütterchen—meine
Flasche ——- mein Daumen —- alles
wird zu titl, tack tick ——- - - tack «
« —- — und ich schlafe ein.
—---.-O
Licht und Schall.
Professor ldie Lehre vom Schall
behand-elnd): »Wenn ich eine Kanone
aus weit-er Ferne auf einen Mann ab
feuere, dann wird der Mann zuerst
Feuer sehen; dann wird ihm der Kopf
abgerissen werden, und wenn er schon
anfängt talt zu werden, wird er erst
den Knall vernehmen. So sehen Sie,
meine Herren, wieweit das Lichtidem
Schall vorauseilt!«
—--.-«
Bosheit
Touriftx »Der hübschen Sennerin
habe ich eben einen Kuß gegeben!«
Reisegefährte »Man sieht's Dir
noch an links und keck-ist«
cuftschisfe im Kriege.
Ueber die Verwendung der Luft
sahrzeuge als Kriegsmittel herrscht
in weitesten Kreisen außerordent
lich große Unsicherheit und Un
klarheit. Es ist dies nicht wei
ter verwunderlich wenn man bedenkt
dnsk in früheren Zeiten der Ballon als
Kriegsmittel starkem Mißrauen begeg
nec, das erst in den jüngsten Jahren
größerer Sympathie gewichen ist. Die
Zahl der Offiziere in Deutschland, die
eine urnsassende luftsehifferische Aus
bildung genossen haben und größere
Erfahrung besitzen, ist vorläufig noch
sehr gering. Meist befinden sich diese
Ossiziere noch in militärischen Stel
lungen, sodaß es ihnen selten mög
lich ist. in der Tages- oder Fachpresse
aufllärende Nuffätze über Lastschiff-—
fahrt zu schreiben.
Aug begreiflichen Gründen besteht
ferner bei der Jnspektivn der Verkehrs
truppen die Vorschrift, daß alle Ver
üsfentlichunaen der Ossiziere zuvor die
Genehmigung der vorgesetzten Dienst
stellen erhalten müssen, während ins
übrigen die Offiziere gemäß der Allers
hiichsten Kabinettsorder jederzeit publi
ziftischthätigseinkönnem wenn sie ih
ren vollenNamen u. ihre Dienstleistung
bei den Veröffentlichungen bekannt ge
ben. Weichk ein Ofsizier von diesen
Vorschriften ab, so verliert seine Ber
Zisfentlichung natürlich erheblich nn
Werth, weil niemand zu beurtheilen
vermag, ob der Verfasser thatsiichlich
über die nöthigenErfahrungen verfügt.
Es wird augenblicklich sehr viel über
Luftschifsahrt geschrieben, aber nur
Weniges beruht auf eingehender Sach
kenntnis-. Deshalb werden viele völ
lia verkehrte Ansichten in weite Kreise
getragen.
Der erste Punkt. init dent man sich
beschäftigen muß, ist die Verwendung
ker Luftsahrzeuge fiir die Erfindung.
Lustschifse werden nur in den wenig
sten Fällen als Verlehromittel benutzt:
in der Hauptsache bleibt deshalb der
Truppe die Aufklärung vorbehalten.
Ueber die Möglichkeit, aus einem Bal
lon oder aus einer Flugniaschine zu be-«
obachten, sind sehr irresiihrendc Nach-«
richten verbreitet. Es scheint sehr ein
leuchtend zu sein, wenn behauptet wird,
aus einein sehr schnell fliegenden Fahr- »
zeng Iönnte man nicht genügend erken- »
nen, denn das Sehen wäre nicht die»
Hauptsache sondern das Erkennen.l
Dies ist zwar richtig, aber die so verv
breitete Behauptung ist doch falsch.
Die Geschtvindigleiten. die man in
einem Lustsahrzeug bisher erreicht hat,
lietrugen bei einer Flugmaschine 85
Meilen-Stunden, bei einein sreisliegen
den Ballon schon 125 Meilen-Stint
den. tVersasser erzielte gelegentlich ei
ner Vallonsabrt von Berlin nach Bres
lun eine Geschwindigteit von 100 Mei
len-Stunden.s Wenn sich ein Luft
fahrzeug in einer genügenden Höhe
iiber dem Erdboden befindet --— es rei
chen 15ttst--s20tt« Fuß aus —-. so ha:
man Zeit genug, eingehende Beobacd
tungen anzustellen und anszuzeichnetn
Das ist das Ergebniß derPrariH, und
es liegen genügend Erfahrungen vor.
da Geschioindigleiten von 50 bis ti«
Meilen in der Stunde nicht selten sind.
Ganz unerllärlich ift es, daß eine
Nachricht weite Verbreitung gefunden
hat, die unbedingt in das Reich der Fa
bel zu verioeisen ist: der Beobachter,
der während der Kaisermanöver aus
dem Militiirlusischiff heraus die feind
liche Stellung zu erkunden hatte, hab-:
eine Scheinftellung fiir die Hauptstel
lnng angesehen und durch seine Mel
dung den Oherbesehlghaber irregeführt
Diese interessante Nachricht hat natur
lich weitgehende Verbreitung im Ja
u. Ausland gefunden. thatsiichlich aber
ist sie nicht zutreffend Ein Beobach
ter meldet lzunächst immer nur das
lvag er sieht; macht er eine Folgerung
so hat er diese als solche deutlich zu be
zeichnen. Wenn man die Stellung
der Lastschiffe im Kaisermanöver ge
nau versolgi, so wird es klar, daf; der
Ltiftschiffer überhaupt die Ansicht, er
habe die Hauptstellung gesehen, nicht
hat äußern lönnen. Das hätte er nur s
dann- gekonnt, wenn er die ganze
seindliche Stellung zu überblicken ver-!
mocht « hätte. ’
Dem Flugzeug glaubte man denl
Vorwurf machen zu müssen, dasz es
zu schnell fahre. Die Erfahrungen.
tie man im Balan gewonnen hat,
lann man aber ohne weiteres auf die
Flugmaschine übertragen, wenn es
auch der Beobachter nicht ganz so be
quem hat, wie im Lastschiff Verfasser
hat speziell bei seinen Flügen auf die
sen Punkt seine Aufmerksamkeit ge
richtet. Niemand verwehrt übrigens
einemFlugzeugführer. schwieriges, sehr
bewachsenes Gelände mehrfach zu um«
kreifen, um möglichst genauen Einblick
nehmen zu können. Kreisen ist ferner
k—
schon deswegen sehr zweckmäßig da
rnit man die einzelnenGeländetheile in
the verschiedensten Beleuchtung sieht,
denn bekannterrnasien ist beispielsweise
die Sicht gegen die Sonne weit
lschlechter als mit der Sonne. Kürzlich
ihieß es, eine Flugmaschine sei einem
I Jnfanteriefeuer gegenüber weit macht
jloser als das Luftschiff und nament
Ilich als das Zellenlustschiff. Das ist
Hauch nicht ganz richtig. Wenn ein
sLentballon in Jnfanteriefener gerätl),
lso ist er wohl in den meisten Fällen
Hoerloren, da er ein zu großes Ziel bie
!tet, nnd tauin anzunehmen ist. daß
Enur eine einzelne Zelle getroffen wür
» de. Wenn aber mehrere Zellen verletzt
Hnerden, so muß er bald infolge des
starken Gasverlustes sinken.
Zellenluftschisfe sind aber biHlang
nur die Zeppelin-Lustschiffe, wähend
dieKammereintheilung beim Ballonet
luftschiff hauptsächlich einen anderen
Zweck hat als den, durch die Zelleneini
theilung das Herabschieszen schwieriger
zu machen. Ein schnell dahinsahrens
des Flugzeug, das ein außerordentlich
kleines Ziel bietet, mit Jnfanteriefeuer
iu treffen, dürfte erheblich aussichtslo
ser sein. Hierbei muß erwähnt wer
den« baß kleine Löcher beim Lenkballon
nur ein langsames Aus-strömen des
-Gafes zur Folge haben, so daß unter
Umständen die Aufgabe des Beobach
ters noch erfüllt und durch Funken
spruch das Gesehene iveitergegeben sein
kann, ehe das Fahrzeug gesunken ist.
ilnrichtig ist aber die Ansicht, kleine
Löcher würden durch den Stoff von
selbst geschlossen; gerade dasGegentheil
ist der Fall. Die Pralluftschiffe müs
sen im Jnnern stets einen gewissen
lieberdruck besitzen, so daß hierdurch
die Löcher direkt offen gehalten werden
nnd das Gas- herausgepreszt wird.
Wie sich der Kampf zwischen Beni
ballon und Flugmaschine mal gestal.
ten wird, kann man noch gar nicht sa
gen. Die Fachleute sind jedoch in über
..n«-iegender Mehrzahl der Ansicht, daß
das Flugzeug in den meisten Fällen
imsortheil sein wird. Wenn gelegent
El Tqu Luftschifs mit vollerKrast und
««.: er Benutzung günstigen Windes
dem Flugzeug zu entfliehen vermag, so
wäre ja damit der Zweck des Verfol
gers erfiillt, nämlich, das feindliche
Lastschiff am Erlunden zu hindern.
Uebrigens ist ein Flugzeug, das al
Drachenflieger konstruiert ist, wie all
bisher irgendwie erfolgreichen Fahr
zeuge, nicht, wie mehrfach angegeben
wird, auf die Mitwirtung von Gegen
wind angewiesen, wenn man unter
»Wind« das bezeichnet, wag man im
gewöhnlichen Leben darunter versteht.
Ein Flugzeug kann mit dem Wind
oder gegen den Wind aufsahren. Mit
dem Winde fliegend hat es- natürlich
eine größere Geschwindigkeit, als ge
gen den Wind. Wenn das Flugzeug
aber mit dem Winde fährt, so muß es
natürlich unter allen Umständen eine
größere Geschwindigkeit besitzen als
der Wind, weil es sich sonst nicht die
nöthige Lustverdichtung nnter den
Tragflächen schaffen könnte, die es ha
ken muß, um in der Luft gehalten zu
werden.
Ueber die Befchießung von Luftsanf
fen hat man bereit-Z größere Erfahrun
gen gewonnen. Auf Schießplätzen ist
es wegen deg beschränkten Platzes na
türlich fast ausgeschlossen, freifliegendc
Ballons oder Lentballong zu marlie
ren. Man hat deshalb derartige
Uebungen an die Rüste verlegt, wo man
einen Freiballon über Wasser ohne wei
teres fliegen und beschießen lassen tann.
Ebenso hat man einen Lenlballon der
art dadurch martiert, das-, man Bal
lons an langen Drahtseilen durch
schnell fahrende Schiffe hin und her
schleppte. lsingehende Versuche haben
beispielsweise in England, Arnerita,
Frankreich und Italien stattgefunden.
Das Resultat ist, wie es nicht anders
erwartet werden konnte, ausgezeichnet
gewesen« wenn man Ballouabwehrges
schiitze oder andere Kanonen, die schnell
bedient werden konnten, zur Peschie
ßung verwendet hat. Wenn freilies
gende Ballons oder Luftschiffe sich nur
eine Vik Leistunde im Schußbereich be
finden, dann sind sie rettungslos ver-«
loren. Einige Uebung wird natürlich
zur Beschieszung dieser Luftsahrzeuge
ebenso nöthig sein, wie zurBeschießung
von Fesselballonen. Die Engländer
haben bei ihren Versuchen zur Beschie:
sama von Flitgcnaschinen Fesseldrachen
verwendet, denen sie die ungefährc
Form einer Flugmaschine gaben.
Diese Fesseldrachen wurden durch
Torpedoboote hin und her geschleppt
und alsdann mit Ballonabwehrges
schüden beschossen. «Das Ergebnisz ist
Hgleich Null gewesen, und es gelang ih
inen in den seltensten Fällen« Treffer
gegen die Flugzeuge zu erzielen. Hier
nach erscheint es sicher, das-, irn Kriege
die Flugmasehinen ungehindert ihre
Aufgaben zu ersiillen vermögen.
Wann tvird man überhaupt erkennen
können, ob man eigene Fahrzeuge oder
feindliche vor sich hat's Darf man sinn,
los aus jedes herbeisliegende Flugzeug
zu schießen beginnen?
Aber auch das Lustschisf wird viel
sicherer sein« als man allgemein an
nimmt. Wenn sich der Ballon iiber
den seinolichen Reihen erst befindet,
also bei Nacht ausgesahren ist, dann
wird es aus naheliegenden Gründen
fast unmöglich sein, es zu beschießen.
Ferner kommt es namentlich in unseren
Breiten häufig vor, daß Wollen in den
fiir das Lastschiff erreichbaren Höhen
ziehen, sodaß derLentballon nur in die
Walten einzutauchen braucht, um dann
später an einer anderen Stelle überra
sehend wieder bervorzuiominen. Es
wird dann außerordentlich schwierig
sein, ihm mit Feuer beizukommen Die
Verwendung von Lustsahrzeugen aller
Art dürfte in einem der nächsten Kriege
wohl ergiebig sein, und es ist äußerst
wichtig, das; sich die Heere schon im
Frieden möglichst eingehend mit diesem
Kriegsmittel beschäftigen.
Hauptmann a. D. Hildebrandt.
Kochkunst früherer Zeit.
Wir können uns angesichts derQua
lität und Mannigfaltigkeit unserer
Gerichte gar keinen richtigen Begriff
davon machen, wie eintönig die Ernäh
rung des Menschen in grauer Urzeit
war· Plinius und Strabo erzählen,
dier unsere germanischenVorfahren sich
hauptsächlich von Holzäpfeln genährt
haben; andere Völker ver-tilgten Wur
zeln und Gräser. Endlich aber began
nen die Menschen die Thiere ihrer
Herden zu verzehren. Als Homer zu
singen begann, aßen die Helden schon
Rinden und Lammbraten.
Die Griechen huldigten wohl im all
gemeinen einer einfachen Lebensweise,
insbesondere die Sparkaner fanden
lange an ihrer schwarzen Suppe Ge
niige. Doch die großartige lleppigkeit
der asiatischen Länder hielt auch in
Griechenland ihren siegreichen Einzug
und nach den Perserkriegen breitete sich
verschwenderischer Luxus aus; die Ta
selfreuden wurden reicher und man
nigfachen hauptsächlich in Athen
herrschte bald Wohlleben, und die vor
nehmen Athener wurden Feinschmekg
ter. Außer dein Fleische von Rindern,
Schafe-L Schweinen und Ziegen aßen
die Griechen Wild, Tische und Geflü
gel. Von letzterem waren besonders
Hühner beliebt, deren Zucht uralt ist.
Täglich wurden neue Gerichte in
Athen erfunden. Auch süßes Bartwerk
genossen die griechischen Feinschinecter,
z-! dessen Herstellung der köstliche Ho
nig des blüthenreichen Hymettus ver
wendet wurde.
Kein Volt hat ec- aber auch so gut l
usic die Griechen verstanden, den Ma
terialiötnug zu durchgeistigen, die
Tischunterhaltung wahrhaft künstle
risch zu pflegen und auszubilden An
inuth, attischer Witz undGeist schwan
gen das Zepter, die Prächtig dekorier:
ten Speisesäle mußten von Wohlgerii
chen dusten, die Tische prangten im
Schmucke goldener und silberner Ge
fäße, die Gäste wurden mit kostbaren
Salben gesalbt, Init Blumen bekränzt.
Außer den geistvollen Tischgesprächen
dienten Musik, Gesang, Tanz und
Vaniomime zur Unterhaltung der
Gäste Bei diesen Symposcen wirkte
die seinste Lust aus alle Sinne.
Die Römer verdankten alle Kultur
den Griechen. auch die Kenntniß der
trefflich mundenden Gerichte. Selbst
die ersten Anfänge kultivierter Nah
rung, z. B. das Brot, erhielten sie von
dort. Bald aber erhielt in Rom die
Feinschmerterei Sitz und Stimme, die
klochkunst nahm einen großen Aus
schwung und der Honig zu Tafelge
niissen riß so ein, daß Gesetze zur Be:
schränlung der Schmauserei nöthig
wurden, die aber wenig Beachtung
fanden. Die Verschwendung eines Lu
cullug ist sprichwörtlieh geworden, die
flwaritische Ueppigkeii seiner Gast
mähler, die Tausende kosteten. Auch
den Kirschbaum brachte er aus Asien
nach Rom und ließ ihn dort anpslan
zeu. Zu einem seinen Gastmahle ge
hörten damals Psaueu aus Samos,
von denen besonders Zunge und Hirn
als Leckerbissen galten: Hühner aug
Phrhgien, Kraniche aug Melog, Ziel
lein aus Alolien, Austern und Spar
ael von Tarent, Muscheln von Chios,
Schildkröten aus Trapezunt, Datteln
aus Aegypten, Feigen aus Karthago;
einheimische Produkte hattest keinen
großen Werth. Besonders geschätzt was
ren Muscheln, Vögel und Fische. Un
ter den letzteren waren Steinbutten
und Muränen in erster Reihe beliebt.
Schöne Steinbutten wurden mit
schwerem Gelde bezahlt, so daß sich
schon der strenge Cato veranlaßt sah
zu sagen: ,,Wehe der Stadt, too ein
Fisch mehr werth ist als ein Rind.«
Muränen wurden von den luxuriösen
Römern in eigenen Teichen gehalten
und bisweilen mit Stlavenfleisch ge
füttert. Auch die rotheMeerbarbe wur
de um sabelhafte Preise gekauft, man
ergötzte sich besonders an dem Schau
spiel des Farbenwechsels, das der ster
bende Fisch zeigt. Aus Makrelen wur
de eine treffliche Fischsuppe bereitet,
die man Garum nannte.
Die üppigen Gastmähler nahmen
während der Kaiserzeit immer mehr
zu. Schon unter Augustus und Tibe
rius gab es förmliche Schulen und
Lehrer der Kochkunst, an deren Spitze
Apicinus stand, der Verfasser eines
Werkes, das allen späteren Koch
biichern zum Muster gedient hat.
Aber die römische Küche gerieth end
lich, hauptsächlich durch das Uebermaß
der verschiedensten Wijrzen, in Ver
fall, mit dem Reiche ging auch die
Kochtunst unter. Noch heute aber im
ponieren uns die Vorkehrungen, die
die Römer getroffen hatten, um Küche
und Keller mit allen Leckerbissen der
Erde zu versorgen. Viel später erst er
stand die Kochkunst zu gleicher Blüthe
wieder in Frankreich, von wo sie ihren
Weg durch die Welt antrat. Schon ant
Hofe der Valois wurde trefflich ge
kocht. In Frankreich haben viele be
deutende Männer die Kochlunst als
Kenner und Theoretiker gefördert. Ei
ner der berühmtesten französischen
Gourmets war Grimod de la Reh
ni·«-re. der sein gastronomisches Wissen
in den achtJahrgängen seines Werkes
Lllnianach der Feinschmecker der Nach
irezt überliefert hat. Auch der Mar
quis von Cossy zeichnete sich durch ku
inarischeKenntnisse aus und sein gan
es großes Vermögen schmolz in der
Riiche seines Hauses. Besonders be
riihmt auf dem Gebiete der Gastrono
mie ist sein Freund Brillat-Savorin,
der die Physiologie des Geschmackes
Verfaßte.
Die feine Küche der Deutschen hat
sich die Franzosen zum Muster genom
men. Ehedem wurde im Deutschen
Reiche einfach gekocht. Wenn es bei
Jagden, Hochzeiten und anderen Fest
lichteiten Gäste im Schlosse gab, wur
de wohl eine unglaubliche Menge sü
ßes Gebäet und Fleisch vorbereitet,
Geflügel geschlachtet und mit dem er
legten Wild auch vertilgt, mancher
Braten wurde aufgetragen, der nicht
mehr auf unseren Tisch kommt, z. B.
Elchwild, Fischreiher, Kranich und
Schwan. Für gewöhnlich aber wurde
tue einmal wöchentlich im Hause nicht
nur geschlachtet, sondern auch gekocht.
Man räucherte das Fleisch und salzte
eS ein, um es frisch zu erhalten. Die
oft so poetisch geschilderten Herde be
fanden sich in einem äußerst rohen Zu
stand, man kochte und briet, das letz
tere am Spieß, alles am offenenFeuer.
Besondere Flächen gab es anfangs
nicht, die Halle im Erdgeschoß war in
den ersten Zeiten des Ritietthums
Wohngemach, Speisesaal und Küche
zugleich. Als die städtische Kultur
durch den Handel und Wandel auf
blühte, hielt sie auch in die wappenge
schmückten Burgen der Ritter Einzug,
und es begann iiberall ein behagliches
Leben, auch auf die Herstellung der
Speisen wurde mehr Sorgfalt und
Zeit verwendet.
Hur Heu nei- Sonuenlonigg Iano
die sranzösische Kiiche zuerst an den
deutschen Hösen, die mit Vorliebe alle
französischen Sitten undBräuche nach
ahmten, Ausnahme. Auf den Burgen
des begüterten Adels wurde bald nach
dem Muster der Hofkiichen gekocht, und
vom hohen Schloß herab wanderte die
sccchlunst auch in das Heim des- rei
chen Bürgers, aus dem in frühererZeit
mancherlei Dinge, die zu deg Lebens
Bequemlichkeit dienen, in die Ritter
buraen gekommen waren.
Heutzutaae wird der siochkunst auch
vom Standpunkt der Hnaiene und
Diätetit meit größere Sorgfalt gewid
met, als dies in früheren Zeiten der
Fall war, und dank den vielen Pral
tischen Errungenschaften der Chemie
darf die Kochkunst rich nicht nur Kunst
nennen, sondern sie kann den Anspruch
erheben, als Wissenschaft zu gelten.
Maria Salzmann.
.
Luxus-.
»Ist es wahr, daßProfessor Duckina
zehn Sprachen spricht?«
»Ja! Aber wag nützt ihm das?
Seine Frau läßt ihn ja nicht zum
Wort tommeu!«
Ein tüchtiqer Mann.
Händler, auf der Landstraße einem
Herrn begegnend: »Nu, wollen Sie
mer abtausen Taschenmesser, Polte
monnaie, Knöpse —«1v
Herr-: «Dante, ich brauche nichts.
Sagen Sie mal, die Gegend soll hier
ziemlich unsicher sein?«
Händlerx »Vielleicht ’ne Sicher
heitsnadel gefällig?«