Ein Roman ------— Reue Menschen Von A. Flack-— Wfffffffv ---------- (10. Fortsetzung) »Mensch-lich allzu inenschtich!" dach k fie, und schon wollte wieder warme-« Empfinden fiir ihren im Grunde ge Mneenen dedauernswerthen Herzens Freie-d erwachen. als sie sich erinner Eik, wiejie seine Augen leuchten sah, Jena ee oder ein Anderer von einer Rinden Million Mart. von herrlichen Mie. vorn Reichthum überhaupt sprach - dass war das Leuchten der sagen eines in der Wüste Verwesun dea, deni die »Fata morgana·« einen ttyftallllaren blinkenden See dor sätlfchd Mathilde wußte nun auch schon, welch unsagdarer Schmerz für Leid nnd Seele das Halhverhungern ifi und wußte, daß Hoffnungslosig keit und Drangsal das Herz auch des vornehmsten Menschen zu vergiften vermag. Martin Frenung darf also. ja er muß nach Gold sich sehnen mit aller Kraft, aber mit der Kraft des Veer blos. Ein Mensch mit einer Künstlerseele darf solch glühen den Blick nur für feine oberste Gott heit, die Kunst haben. das Sehnen und Dürsten darf nur herrlichen Zie len, hohen Gedanien und edlen Ge fühlen gelten. Und da erschien er ihr klein, zwerghaft klein, und sie ge dachte der Aeußerung jener einfälti gen Zimmerveetnietherin «er ist gei zig;« und ihr fielen auch wieder die warnenden Worte der Mutter ein: It » ist ein Speiulani auf deine Miitgsifts Doch nein, tausend Mal nein —- das ift er nicht, denn er hat fie 1a geliebt, aufrichtig geliebt. Ma ihilde war felbfi dann iiilter zu ihm, wenn et manchmal aufthaute und sie nnifchmeicheliex feine Küsse nahm sie gleichgiltig hin, ohne Erwiderung, nnd manchmal neigte sie sogar den Kopf zurück. Da wurde er zornig und sah sie stundenlang nicht an. Und in der tleinen Hofwohnnng in Broot lyn wardeg immer düsterer und im mer stiller. Sonst hatte Freyung am Abend doch manchmal zur Geige ge griffen und durch fein feelenvolles Spiel sich selbst und ihr das Herr er leichtern Nun aber blieb der Geigen tasten geschlossen, die Herzen der dei den Menschen waren deg Kummers voll. teiner öffnete den Mund, als nur um etwas leise zu sagen, was unbe dingt gesagt werden mußte. ; Eines Tages versöhnten sich Ma thilde und Frenuniz wieder einmal, und er suchte nun mit Vorsicht ihr, ohne daß sie es bemerken sollte, eine iInregnng u geben. »Weißt u, mein herz, wie schwer es mir fällt, mit Dir von Geldanges legenheiten zu sprechen ? Du hast keine Ahnung davon! Aber bedenke, ich tann doch die Sorge nicht immer mit mir bernmtragen. ich erfticke ja förmlich. Und wenn ich nicht zu meiner süßen Frau mich aus-sprechen soll -- zu wem denn?« »Mein armer Bon«, sagte sie weich· «sprich nur, fchiitte Dein Herz aus." «Siehsi Du. unsere Lage ist furcht bar. Jch weiß nicht, ob wir noch eine Woche lang aushalten tönnen. was dann? Jn New Yort, wo wir keine Seele tennen, werden wir ganz einfach « jämmerlich verhungern. Jch war gestern bei Mr. Grolman und vat ihn um einen Vorschuß. Er lachte mich aus. Was thue ich, wenn Sie inzwischen sterben? fragte er. Als ich ihm erwiderte, daß dies möglich, aber nicht wahrscheinlich sei, entgeg nete er, ein tüchtiger Kaufmann müsse auch an das Unwahrscheinlichste den ten; im Uebrigen genüge es, wenn ich mit einen meiner zehn« Finger leicht verletze. um das Geld, das er mir geben soll zu gefährden Ich erzähle Dir gar nicht, wie viele Versuche ich bereits gemacht habe, einen ganz be scheidenen Verdienst zu finden, ich habe mich sogar als Notenfchreiber an boten. Aber es nützt ja Alles krieg-H wenn Einen das Pech verfolgt, ift eg überflüssig sich dagegen zu wehren, man muß sich resignirt erge ben und warten, wenn man zum Warten Zeit und Kraft besitzt, bis das Pech müde wird; Du siehst ja, auch dem Office ist es nicht gelungen, für Dich mehr als eine Schülerin ausfindig zu machen mein Miß— gefchick derfchont auch Dich nicht, weil Du an meiner Seite bist. Jch fragte mich nun verzweifelt: «Was fall aus Dir werden, Du armes, armes Kind? Um mich thöte es mir selbst nicht leid. wahrhaftig nicht . . . . man wird des Kämpfens um das fchnöde Geld endlich müde. Welche Seelenpein hatte ich nur von meiner Jängli it bis heute zu erdulden! Von p scheu Entdelftungen gar nicht zu rede-; alter vie oft wollte ich concerte defuchen und konnte nicht, weil es mir an der lumpigen Mart fiir das Entree fehlte. Jch martere noch « meine feine musikalische Seele, indem ich auf meiner schlechten Ieise spiele. Ich ftredte manchmal Wlang nach einem Buche und konnte sitt das Gelt-. das es kostet-, doch nicht abfparen Ach, das sind flicht-Im Leiden, man wird dadurch verbittern und klemmt einen Durst dem seid. das man verachtet. M allmählich ermattet die Kraft - .-.. man verliert die Hoffnung daß II is hier werden könnte, lafzt die kArme sinken und sagt sich apatlfifcht ;Komtne, was da wose. Und dann, wenn man um sich blickt und siebt daß ein Duyend Menschen im Reich tbumsschwelgem während biet eine Künstlerseele bon der geminen Noth zerfleischt wird, dann erwacht mit einem Male die Kraft wild und stüt misch, die Kraft, diesem elenden Leben ein Ende zu bereiten-" Er hielt inne und wiiblte sich verzweifelt im buschis gen schwarzen haar. Mathilde stan den die Tdränen in den Augen. «Jn solcher Stimmung befand ich mich, als ich Dich zum ersten Male sah. nnd da lebte die Hoffnung plötz lich in mir auf. Dein Bild begleitete mich überall hin wie die Sonne herrlich strahlend und das arme, in der Drangfal erlaltete Herz wärmend. Jch rechnete bestimmt darauf, dass ich hier leichtes Spiel baden werde. denn ich weiß, ich lann etwas-. ich tann viel. Aber. wie Du siehst. es gebt nicht vielleicht weil wir gerade zu ungünsti ger Zeit eingetroffen sind. Oder weil der Zufall, dieser launenbafte despotis sche Herrscher iiber der Menschen Ge schicke, mir feindlich gesinnt ist. Kurz um, wir geben der Gefahr des Ver-· hungern-s entgegen. und grause-me Jronie, wenige Wochen später, nach dem Eonkerte, wird Geld genug vor handen sein. Was liegt am Ende da ran, wenn ich zu Grunde gehe — ich kann ja doch nie im Leben einholen tvas ichin meinen besten Jahren des halb versäumt habe- weil mein Vater nicht reich war . . aber Du. Du ar mes goldenes Mädchen! Was foll aus Dir werden? Jch würde mich gern an Jemanden in Europa wenden, daß er mir Geld borgt, aber der einzige, den ich wüßte, ist eben mein Freund, dessen Ersparnisse uns die Flucht er möglicht haben . . . . Er hat nun selbst nichts mebr.« Mathilde rang stumm die Hände; Isie wußte leinen Rath. s Frehung suhr nach einer lleinen Pause sort: »Man sagt gewöhnlich: Arbeit schändet nicht und wer Arbeit sucht. sindet sie. Gewiß. Arbeit schändet nicht« aber sollte ich zum Beispiel schwere physische Arbeit verrichten? Meine Hand würde schwer werden, »meine Finger würden ihre Beweglich Jleit verlieren und die Gefahr. dasz ich mir die hand beschadige! Wegen der: elenden Summe don 100 oder 200 Dollars die ich nach kurzer Frist be sitzen werde soll ich meine Kunst aufs Spiel seien? Und wenn ich es woll te —- wer weiß, ob ich überhaupt Be schäftigung finde? Daß Jeder. der arbeiten will, auch Gelegenheit dazu findet, ist ein Märchen. Es gehen alljährlich viele arbeitjwillige Men schen zu Gründe« Jch habe es beson vers schwer, weil ich noch nicht eng lisch sprechen kann. Jst es nicht furcht bar, daß zwei Menschen schwere Noth bedroht, blos weil im Augenblick eine tleine Summe fehlt, damit sie sich eine Weile bescheiden durchsristen lönnen?« Schwer erhob sich Mathilde vom Tische und setzte den Hut aus. um den weiten, in der Sommergluth doppelt weit erscheinenden Weg nach der Fisth Avenue zurückzulegen Martin begleitete sie biH dahin. Er wagte es nicht, sie allein gehen zu lassen; sie war gar zu schwach. Vor dem Eingangsthor kam ihm plötzlich ein Gedanke: »Mathilde - verlange doch von der Dame einen Vorschuß!" sagte er, über den Einsall erfreut. »Das bringe ich nicht zu Wege « ich würde mich zu Tode schämen, wenn sie mir das abschlägt.« Mit galligem Tone erwiderte er: , »Es ist wahrhaftig hoch an der Zeit, daß Du Dir die dummen Ueber ieinheiten abgewöhnst. Ueberlege doch, Du verlangst ja im Grunde teine Ge sälligteit « Du hast ihr sechsmal Unterricht ertheilt, Dir gebühren also jedenfalls bis heute 12 Dollars.« »Es ist gebräuchlich, daß man erst nach vollendeten Monat honorirt wird. Vorher verlangen wäre un schön.« »Uns(hiin oder schön Du sintst vor Schwäche förmlich zusammen« Mathilde seufzte. »Gut denn wenn Sie aber jept nicht zahlen will. Martin?'« »Dann besteht Du daraus ..... energisch. Lasse ei im schlimmsten Falle aus einen Streit ankommen. Bedenke doch, es handelt steh um zwei Menschen« die Hunger haben.« Ja, auch Mathilde hatte hunger, daß ihr der Magen schwerste .,,Gut«, sagte sie traurig. Ironie-g ging die Stunde lang vor dem hause hin und her. Mathilde erschien treidebleich im Gesicht, die Wangen gersthet. mit zusammenge tnissenen Lippen. Ohne ein Wort zu reden übergab sie Martin 12 Doktor-. »Musik« fragte er. »Sie will leinen Unterricht mehr nehmen« Einige Tage wären ja nun ge sichert«, sagte er. »Aber was sangen wir dann an? Wer hilft uns iiber die zwei Wochen bis zum Coneert hinweg? Ja, wenn Du nicht gar so zitnperlieh wörstl« " Sie warf ihm einen bösen Blick zu. »Nun. wenn ich nicht so zimperlirh wäres« »Dann wiirdest Du an Deine Eltern telegraphiren, sie sollen Dir etwas Geld anweisen . . ." Sie blieb stehen und sagte mit he benden Lippen: »Ich soll an meine Eltern ....-s Nach dem, was ich ihnen an gethanZ Und das räthst Du mir an. der eigentlich das ganze Unglück an geftiftet hat? Ach. hättest Du diese Worte doch nicht gesprochen! Du bist in meinen Augen noch tiefer gesun ten!" »Du willst nichts Dann trage auch die Verantwortung Jch wollte es Dir bisher nicht sagen: Der Wirth droht, uns auf die Straße zu sehen. wenn die rückständige Miethe nicht hinnen vier Tagen erlegt ist. Dann werden wir nicht blos nichts zu ,essen haben, sondern auch ohdachlos lsein Dann können wir betteln gehen i oder in’s Wasser springen.'· » Sie blieb stehen und sah ihn mit Lunheimlichem Blick an: s »Ja, Du, Du haft Recht in’sWas Pfer, das ist die einzige Rettung fiir ’rnich!« ’ »Wer davon spricht. thut es nicht, Mathilde. Aber ich ich !!'« » Das liess sie ganz kalt. Sie ging wieder voran: vor einer Papierhand Jlung blieb sie stehen« verlangte von sMartin stumm, durch Hinstrecken der iofsenen Hand. Geld und besorgte sich JBriefpaprer und Marien. Zu Hause swollte sie sofort an die Eltern schrei ben; der Brief sollte nichts von ihrem seelischen Elend und ihrer verzweifel ten Lage verrathen. Sie war aber zu erregt, sie glaubte nicht, daß ihr jetzt die traurige Komödie. in dieser Laune einen heiteren Brief zu schreiben. ge lingen würde und wollte es morgen ithurn Aber auch da fand sie nicht die TSeelenruhe und so verstrich ein Tag sum den andern. J Frehung trat mit dem Entschluß zaus die Straße, seine Geige um jeden HPreis zu vertausen. Blos daran zu sdenlen. war ihm sehr schwer gesallen.. IEr besaß das Instrument seit acht-i Tzehn Jahren und hatte es lieb ge-« trennen. Während er so die Straßen? durchschritt, erinnerte er sich mit We-; muth seiner Mutter, der einsachenI handwerlerssrau, der er die schwerenl Sorgen nach des Tages Arbeit so osti vom herzen gespielt hat! Wie die! »Mutter, mit Thriinen in den AugenJ ihn bewundernd angesehen hat! Sie ist nicht müde geworden, ihn zu er-i muntern, und hat ihm immer undj immer gesagt: »Junge, Du wirst ’mal ein großer Mann und ein reicher Mann. Vergiß nie das Elend dass Du hier siehst, und suche Dir dor’ Allem eine reiche Braut, da ist man! wenigstens davor gesichert, daß man! Hungers stirbt." Und diese Geiges mit der er seiner in Noth zu Grunde gegangenen Mutter so ost Freude be reitet hat. die soll er vertausen? »Nein. - lieber betteln!« murmelte er und schrat vor dem Klange dieses furcht baren Wortes zusammen. Martin Freyung, der tapfer die Zähne zusam: « men gebissen hat in langjährigem Elend, der stumm geduldet hat, Mar tin Frenung in dem das heilige Feuer J der Kunst loderte, soll betteln müssens sür sich und seine Frau. Er öchztes vor Seelenpein Er tonnte sich von ( seiner alten Geige nicht trennen. s Seine Füße trugen ihn laum mehr. s Er setzte sich aus eine Bank. Sein! Blick siel aus die Wand eines Hauses, T die mit Plataten bedeckt war, glitt ge: I dankenlos darüber hinweg und bliebs " dann auf einem Wort in Riesenlettern ; haften: BoweryL Das Viertel der; Theater und Kneipen Bowern brach- l te ihm Crocko wieder in Erinnerung. Seine »harmonia« liegt ja in diesem( Viertel! Freyung raffte sich auf und4 nahm die Richtung nach diesem un schönen Stadttheilr. Dort fragte er sich zurecht und stand bald vor einem Parterre-Lotai, dessen große Fenster schreiend rathe Vorhänge hatten. Ueber den Eingang war in leuchtenden gro ßen Buchstaben zu lesen »Harmonia". Wüstes Gejohle, Beifallgetlutsche. Stampfen drang bis auf die Straße. Ein schwankender Mann ging eben hinein. Während die Tbür dabei ge öffnet war, warf Freyung einen ra» schen Blick in den Saal und schauderte zurück. »Hier soll mein erstes Debut stattfinden?« dachte er und ging seuf zend und kopfschüttelnd wieder fort. Dann blieb er ftehem es mußte ja sein! Er kehrte um, eilte raschen Schrittes, damit die Schwäche nicht Zeit habe, ihn wieder wantelmiitbig zu machen, an die Thür, drückte die Klinte mit Kraft nieder und betrat das Lokal. Es war drinnen jeht etwas ruhiger. Qualm von schlechtem Tabak, der Geruch von altoholischen Getränken; die Ausdünstung so vieler Menschen berdefteten die Luft· Freyuug fragte nach dem Direktor und wurde in eine kleine Stube gewiesen, die neben dem Buffet lag. »Ah, da sind Sie ja, Mr. ..... Mr. ..... empfing ihn Mr. Croay freundlich grinsend »Im-»Im besit- ich- Ich tommei von einem Quartettabend zufällig biers vorbei, na, da will ich mir die Sache Ieinmal ansehen.« Mr. Crockh tniis das linte Auge ein und betrachtete ihn aufmerksam «Sehen schlecht aus. Mr. »Nunan »Ein trank gewesen. ist aber schon oorbei!" ..,Na wollen Sie mal eine Nummer machen Mr. Feennng?" Vom Saale her kam wieder eine mächtige Lärm- Welle; Trehung zö gerte. »S’ist ja doch mehr ein Spaß, Mr. Frenung. Langes Ueberlegen ist ein Hemmschuh, frisch draus los - so kommt man vorwärts!« »Ich bin aber sehr müde. Mr Crockn auch noch etwas schwach von meiner Krankheit." »Da wollen toir Sie stärken«, ent gegnete der Direktor und pfiff einen Kellner. »Hier her schnell kaltes Roastbees und ein läschchenBrandh!« Frehung mußte rch Gewalt anthun, dass seine Blicke nicht allzu gierig das Fleisch ansehen und seine hande, die nach Gabel und Messer griffen nichts vor Hast zittern. Er schnitt lang sam, innerlich oor Ungeduld bebend ein Stückchen Fleisch ab und siihrte es ( bedächtig zum Munde Ach, wie ihm das wohl that! und dann erst der Schnaps, der brachte ihn förmlich zum ) Leben zuriick ! Mr. Crockh betrachtete ihn von der Seite mit lauerndem Blick und sagte Isich: Der Junge hat seit Langem nicht Hordentlich gegessen den werde ich schon miirbe kriegen. ! .,Nun Mr. Frehung haben Sie sich entschlossen? Können ein schönes jStiick Geld verdienen an jedem Abend Souper umsonst, und dann, »was das Publikum giebt. « ; Frevung ließ die Hände sinken daß Gabel und Messer klirrend auf den Tisch sielen. »Was das Publikum giebt? das soll heißen . · .« »Nun ja, absarnmelrrl Das haben schon Größere als Sie hier gethan, Prinzessinnen, Fürsten, Barone, so was. Und Geld verdienen ist leine Schande, ist eine Ehre.« . Geld verdienen —- das klang wie Sphärenmusit an seine Ohren Geld verdienen, damit das surchtbare hungern aushöre, damit sie ihre Woh nung beibehalten können. blos noch tnappe zwei Wochen sich Furchschlagen können. Aber zum ersten Male in seinem Leben hier spielen. vor dem Abschaum der New Yorter Bevölke rung und dann rnit dem Teller ab samnreln gehen? Nein. nein. nein! lieber elend zu Grunde gehen. - »Nun«, drängte der Direktor. Ent scheiden Sie sich sonst wird es zu piit.« Frehungs Brustlorb bob und senkte sich; mühsam brachte Frenung die Worte hervor: »Gebt es nicht, daß ein Anderer silr mich sammelt, ich theile dann mit ihm.« »Nein, das geht nicht« mein Lieber. Die Frauen aus dem Publitum wol len sich den Mann genauer ansehen, dem sie etwas spenden, und die Män ner wollen ihn ein wenig necken und hänseln Mr. Crockn erhob sich. Also Z« »Ja Gottes Namen!" hauchte Freyung und sprach zu sich selbst: Für Mathilde thue ich es. Mr. Crocky verrieth nichts von seiner Befriedigung; er eilte sort, be trat die Bühne und ries in den Saal hinunter: «Niichste Nummer: Violin - Solo des berühmten Conrertisten Martin Freyung aus Trangvaai. Der arme Kerl steht nach etwas blaß aus, bat sich bei Ladnsmith einen Typhus ge holt." Das Publikum sreute sich. Aus Iransvaal das war etwa-, wovon Jeder sprechen lannte, eine lletuali tät, mag der Geiger schlecht oder gut spielen, er kommt aus TransvaaL war bei Ladysniitb, folglich ist er mebr wie viele Andere. Nun holte der Direktor Freyung ab. »Sie müssen etwas recht Lustiges aufspielen«, sliisterte Mr. Crocky. »Ja, ist« Frenung stand aus der Bühne, die Geige unter dem Kinn, sein tiestrau riger Blick slog über die Reihen der Zuschauer bin, die sich var gespannter Erwartung ruhig verhielten. Etwas Lustigej sollte er spielen, er hätte weinen mögen aus seiner Geige. Er seste den Bogen an und begann gleichsam aus Gut Glück zu spielen - · einige langgezagene Doppeltöne weich und warm, sast webtlagend. Da tras ibn ein Blick Mr. Trockne, der in der Koulisse stand, und der Blick bat und drohte und schrie: Um Gottes Wil len etwas Lustigej. Und Martin rennng von dem Tragilamischen einer Lage plöglich erfaßt und durch drungen, improvisrrte eine übermü tbige Polla von lebbast wechselndem Rhythmus und lieblich sich einschmei chelnder Melodie. Und ali er mit der Polla zu Ende war, spielte er als Cada im Tempo» eines Trauermar sches acht Salte« «in denen er seinen nzen Schmerz zum erschütternden uidruck brachte. Das tiese Leid, das Freyung in den wenigen herrli schen Tönen ausspraeln ergriff selbst sdaj rohe Publikum. Freyung stiirmte dann oon der Bühne fort. unbekümmert um daka IBeifallsgetosr. Mr. Crocln war mit Tdem Erfolg feines Conrertisten lehr Jznfriedem är erte sich aber iiber ihn fdaß er sich- n cht dazu bewegen liest, »ein Stück dran zu geben. Das Pu »bliluin war iiber die Unhöflichteit des JGeigero entriifletx Mr. Croan be fschivichtigte die unruhigen Gemiither von der Biihne herab, der Wunder geiger aus Transpoal habe heute erst »das hofpital verlassen und lönne da her nicht lange spielen, später werde er noch einmal austreten. Der Direktor suchte dann Freyung im Bureou auf und drückte ihm einen Teller mit einer Serviette darauf in die Hand. »Bist-warm lassen Sie die Bei geisterung nicht ertalten", sagte er und drängte Frenung zur Thiir hin aus in den Zuschauerranm. Freyungs Glieder waren steif, er konnte sie taum regen, er blieb stehen« dann athmete er schwer, murmelte: »Für Mathilde. für meine Mathilde«. trat an den ersten Tisch. schloß die Augen und streckte den Teller vor, der in seinen händen zitterte. Die Gäste hatten mit dem armen Musi kanten Mitleid und warfen mehr Münzen hinein als sie sonst zu spen den pflegten. So machte Freyitng: langsam die Runde. bei jedem Klanges der in den Teller fallenden Münze hatte er ein Gefühl. als werde ihm ein Nagel ins Herz getrieben. An’ dem leiten Tisch tönte eine heisere Frauenftimine an sein Ohr. er wußte blos. daß englisch gesprochen wurde, den Sinn der Worte erfaßte er nicht, weil fein Denken gelähmt war, er gab: auch teine Antwort, sagte blos mecha nisch nach jedem Münzllange, »Merci« oder «thanl non« und beeilte sich, das Bureau zu erreichen. » (Fortsetzung folgt) Rnssische Leibeigenschaft Gelegentlich des fünfzigsten Gedenk tages der Aufhebung der Leibeigen-. schaf! in Russland wird aus Peters barg geschrieben: Die Stlaverei in? Rußland war in den ältesten Zeiten; milder, als in den neueren. Die Ge- ; setze des Großfitesien Wladiniir Wssetvolodvtvitfch Mond-nach schütz ten die Sklaven vor Willtiir ihrer herren. Auch bildeten die Leib-» eigenen nur einen tleinen Theil ders Bevölterung während die Bauern-T fchaft im allgemeinen frei war. Erstl nnter der Herrschaft der Romandrvsz machten die Edelleute eigentnichtigs ihre Bauern zu Leibeigenen. anfangs zu vatvpy fiir begrenzte Zeit, schlicß ; lich zu erblichen. Zur Eueres der zwei-v ’ te Roman-im versuchte noch den Edelleuten menschlichere Behandlung: der Chvtovv zu predigen, aber keiner respektierte seine Ulafe. Und PeterE der Große. der Reformator des Nei- s ches. scinttionierte alle eingeriisenenl Mißbriiuche und schwieg sogar, ali-l l·ei der von ihm befohlenen Voltgzälss lung die Edelleute in die Listen der Sklaven nicht bloß die ererbten Leib eigenen, sondern auch die auf ihren Gütern als fre’e Pachter lebenden Bauern eintragen. Katharina die Große trieb es noch schlimmer. Bis zu i.)rer Zeit batte wenigstens auf dem Papier noch das Gesetz fortbe standen, das· den Leibeigenen gestatte te, gegen Willküratte ihrer Oerren bei s dein Herrscher oder der Herrscherin Mage zu führen. Katharina. die aus Scham vor Europa und den Philo sonnen, mit denen sie Verkehr pfloJ, eine Kommission zur Beratung der Aufhebung des Cholop einberief, die selbe Katharina ließ gleichzeitig durch einen Utas befehlen, jene tkholopy. die gegen ihre Unterdrücker oor Gericht oder vor dem Throne llngbar aufzus treten wagen sollten, bio ansc- Vlnt zu peitschen! Just unter der »aufgetlärten« sta tharina nehmen die Greuel der raisi sclen Sllaoerei ihre fruchtbarsten Formen an. Die großen Geister ihrer Zeit, toie der Dichter Sinmarotow. die Liberalismuo. Toleranz und Hu manitiit als die Ideale der Epoche feiern, sprechen sieh entschieden gegen die Aufhebung sogar gegen eine Mit derung der Sklaverei aus! Und unter den Auslöndern, die am rufsischen Hofe weilten, sind der Schmeichler ge nug, die mit dem Brustton der Ueber zeugüng erklären, es gehe teinemMen sehen aus Erden so gut, wie einein eufsischen Cholon Dies sagt bei spielsweise der Cointe de Sisgur und zittert als Musterbeispiel die Gräfin Daria Sfalthtowu. Noch ist die Tinte nickt trocken, mit der Sisgur diesen Namen in seine Memoiren eintrug, toa wird dessen Trägerin, nachdem sie feeho Jahre lang ungestraft getviithet hat, wegen Tödtung von 138 ihrer Stlaoen und Stlaoinnen vor Gericht gestellt und zum Tode durch heulen hand verurtheilt. Allerdings bleibt das Urtheil nur auf dein Papier. Die Edelfrau hat ia nur ihre eigenen Sklaven getödtet, ihr eigenes lebendeo Gut geschädigt. Katharina läßt also die Megäre bloß eine Stunde lang aus dem Schnsott ausstellen Und die Gräsin Daria Ssaltytoro war ieine Ausnahme oon der Regel, sondern nur eine von vielen. eDie Edelleute durften mit ihren Leibeigenen nach Belieben verfahren. Kaiserin Etisabeth hatte ihnen sogar das Recht gegeben, mit Umgebung der Behörden die Choloph nach Sibirien rerbannen zu lassen. Und Katharina die Große erweiterte dieses Recht da hin, daß die herren ihre Sklaven auch nach eigenem Ermessen zu Zwangsarbeit oerschiaen durften. So war es nur natürlich, daß einzelne herren siir den Gebrauch aus ihren Gütern eigene Gesetzbücher schusen. »Da gab es einen Grasen Rumjänts zow. der siir eine Leibeigene, die ihre Herrschaft ini Schlaer stört. eine schwere Ruienstrase und den Na mensverlust sestsehte, und wenn sie dann noch von einem Leibeigenen bei ihrem alten Namen genannt wird, so ,erha·lt dieser Unachtsame »M)Stoci jschläge ohne Erbarmen". Ein anderer sEdelmann hatte in seinem Güter-lo jdex sogar 17,000 Stockschläge siir ähnliche Verbrechen wie das vorer wiibnte vorgesehen. Am unglücklichsten waren aber die jenigen Leibeigenen. die irgend ein Talent verriethen, von den Herren zu gebildeten Leuten und Künstlern er· zogen wurden, aber doch Sllaven blie ben und die erworbenen Wissenschaf ten nur siir ihre Herren verwerthen durften. Leisteten sie auch das Wun derbarste, die Welt erfuhr nicht 'rnal ihre Namen, da man sie nur mit dem Namen ihrer Besitzer bezeichnete. Es existiert eine Ober aus dem achtzehn ten Jahrhundert, als deren Kompo nist lediglich angegeben isi: Cholop des Fürsten P. M. Wollenle Eines der grausamsten Rechte der herren war das des Vertauses der Leibeige nen ohne Rücksicht daraus, daß dabei Familien getrennt wurden. » Eine berhsfltnistniiszig kleine An gahl oon Edelleuten war unbeschränkt in der Macht über das halbe russische Voll. Nach der Revision von 1747 waren in Großrußland von 7 Millio nen Einwohnern genau die hälste Sllaoen. Von den 60 Millionen See len, die rnan hundert Jahre später in Russland zählte. waren rund 45 Mil lionen Leibeigene! Nun aber begann sich diese ungeheure Masse Bedeiickter und Entrechteter doch allmählich aus zulehnen. Jn der Zeit der Regierung des ersten Nitolai gab es nicht weni ger als 556 blutige Massenausstiinde von Leibeigenen, ausserdem eine lau-n übersehbare Menge von ikrmordungen grausamer herren oder Aussehern. Batbarische Alte oon Lonchjustiz. Ber brennungen von Edelleuten bei leben digeni Leibe gehörten zu den Alltiig lichteiten. Zar Nitolaj betiimpste aber die Emvijrungen nicht dadurch, daß er die Ursache, die Grausamkeit der Herren, durch Cesesze beseitigte. son dern durch strenge Züchtigungen der Ausriihrer. Erst Alexander der Zweite wurde der Zar - Ostvoboditelj, der Zar - Befreier. Am Il. März 1861. vor genau einein halben Jahrhundert. erlie«, er das unvergängliche Mani sest, das ein halbes Hundert Millio nen Rassen aus einer menschenuns würdigen Sllavereä befreite und weit eher alo die »Nein-nen« Peiers des Großen als der Beginn der Zidilisie rung und Europäisierung Russlands lezeichnet werden tann. Der Kaiser aing dem sich gegen das Maniiesi sträubenden Adel mit dem guten Bei spiel voran, indem er am Vorabend seiner- Utases 2 Millionen Leibeige ne, die sein Privateigenthutn bildeten, zu sreien Menschen erklärte. Nicht veraessen sei es, das- auch Rußland seine Biecher : Stdn-e hatte. Zur selben Zeit. da in Amerita On tel Zorns Hütte die Sklaverei der Schwarzen bekämpfte, verössenttichte in Russland eine Frau M. A. Marte witsch unter dem Pseudonym Mart-) Wowtschol in Novellen und Romanen glühende Proteste gegen die Leibeigen schaft in einer Zeit, da Russland schon Anspruch machte. ein Kultur staat zu sein. Jhre Bücher waren es, die zuerst das herz des weichmiithigen Zaren Alexander rührten. Aber als sie ihr Ziel erreicht sah, da wurde sie still und schrieb nichts mehr, ihre dich terische straft erstarb. Vereinsanrt und vergessen lebte die edle Frau bi vor vier Jahren in einem tleinen Städtchen unter ihrem wahren Ra men, und niemand in ihrer Umgebung ahnte, dnsz diese Greisin die eigentliche Urheberin der Aushebung der Leib eigenschast war. deute, da man den siinsziasten Jahrestag des Manisestes feierte. stellt man ihren Namen dankbar in gleich Reihe mit dem des 3ar-Besreiers. Unter Menschenseesserm »Wenn-tie dig, ich habe den Kerl nun so vorsich tig gebraten, und doch schmeckt er auge brannt!« -- »Nicht erklärlich, ei war ja ein durchgebrannter Kassierert« - i i Wer einem Esel den Kopf wäscht verliert nur Zeit und Sesse.