s spie-Je Inn-w cltue un Mars-me Liebs-um ·«Irih, bist Du noch nicht fort?« Das Mädchen schob den Kopf zur Stubenthür herein, um aus der Wanduhr zu sehen, wie spät es sei. « Iris antwortete nicht, und Anna schloß die Thür. Er schaute verzwei selt zur Uhr hinaus, deren Zeiger aus zehrt Minuten vor neun wies. Er lonnte doch nicht ohne Mühe zur Schule gehen --— was würden die Jungens sagen und die Lehrer — « er trat von einem Fuß aus den ande ren. Rein, so ein Pech! Mußte er auch gestern seine Mütze in Mutters Zimmer liegen lassen! Und Mutter schlief sent und durfte aus leinen Fall gestört werden. Aus keinen Fall! Sie waren sa alle so stob, daß Mut ter eingeschlafen war nach dem bösen Schmerzansall heute Nacht. Fritz entschied sich: »Ach was!« Er nahm die Max-pe, schlich damit über den Korridor in seine Stube und schob sie ties unter sein Bett. Er athmete aus. So, nun rasch aus den Zehenspiyen an der Küche vorbei und durch das hofthor aus die Straße hinaus. Da würde er die Zeit ver dummeln bis zum Schulschlusz. Er mußte es nur schlau anstellen beim Nachhauselommen. Nun, es würde schon gehen! Jehh durch Mutters Kranlheit achtete so Niemand aus ihn. Selbst Vater strich ihm nur manch mal im Vorbeigehen mit der Hand über den Kopf. Iris schlich sind an den häusern entlang. Keine Gefahr« Aus der Schule lonnte er Niemanden treffen. und hier in den Seitengassen war es still und leer. ----- Er dachte nach. Heute Nachmittag mußte er also den Entschuldigunas zettel schreiben. is-— Vielleicht so: ..Konnte nicht zur Schule lommen wegen Halsschrnerzen.« Nein. das toar dumm. Halsschmerzen gingen nicht sort an einem Vormittag ..... Also »wegen Beinschmerzen«. Das war sein. Beinschmerzen lonnte ibm Niemand nachweisen.... Dann der Name darunter vom Vater: »Jukle Dannebera.« Ob Beinlchmerzen wobl groß geschrieben würde? Er könnte seine arosze Schwester danach fragen. Erlediat. Nun six noch ein bißchen an Selles Schaufenster, die aroße Eisenbahn anschauen, und dann noch an das Fenster zu Kanditor Miiller — allmählich wird es dann Zeit sein zum Nachbausegeben Unbemerlt schliirit er wieder zur Hostbiir hinein. Es ist doch eine größliche Geschichte! Sein Her-s llopst, als er das Zimmer der Mutter be trnt. Sie ist soeben ausgemacht und lächelt ihm entgegen. Er läuft »aus ti- zu und lüszt ibr die Hand. Da bei blickt er verstohlen in die andere Ecke des Zimmer-T Richtig. da lieat seine Mütze. Ganz harmlos liegt sie da, als wäre nichts geschehen· Die Mutter schlief-it wieder die Augen. und Iris bolt sich verstohlen die Mütze und drückt lich zur Thiir hinaus. Ihm ist nicht behaglich zu Muthe· Der Cntschuldiaunaszettel auiilt ihn· Gleich nach Tisch lauft er in sein Zimmer und stellt sich Tinte und Fe der zurecht. So, nun noch das Dia rium her und eine Seite berausae lchnitten. lsin tveuiav trumm und schief. Na« das schadet schon nichts· So. Nun also biibich sauber auf den Linien bleiben und leinen Alex ma chent Er malt lanascm und sorgfäl tig: »tonnte nicht in die Schule lam men, hatte er össnet die Thiir zum Nebenziinmen »Du, Rathe. schreibt man Beinschnierzen arosz oder klein?« »Natürlich aroß.« «Also »hatte Beinschinerzen.« So -—« er betrachtet das Blatt tri tiich -« «nnn noch darunter: Joseph Dannebera.« Gott sei Dant, dass das aethan ist! Nun morgen noch den Zettel abgeben, und dann ist alles wieder in Ord nung. Jm Laufe des Nachmittags dentt er schon gar nicht mehr daran. Am nächsten Morgen, als er seine Mappe packt. legt er den Zettel hübsch sorgfäl tig gefaltet zwischen die Blätter feines Lesebuches. Gleich am Anfang der Stunde wird er aufgerufen »Frih, weshalb haft Du gestern ge fehlt?« »Ich --— ich Ivar trant." » st Du einen Entschuldigung-Z zette von Deinem Vater?" « a — a ftm« » eige ihn her-« Iris schiebt sich langsam durch die Bank, mit dem Blatt in der hand. Seine Hand zittert ein wenig, als er den Zettel absieht Der Lehrer faltet ihn auseinander. Er liest ihn, rnnzelt die Brauen, schaut Iris an und sagt: »Vin! Es ist gut. —- Du kannst auf Deinen Platz gehen.« Feit athmet auf. Es war doch teine Kleinigkeit — abee Gott ei Don-, nun ist ja alles vorüber-. r giebt sieh heute besondere Mühe, den Lehrer zufrieden Irr-»stellen. —- — erei Tage später erhält derr Dan neberg eine Aufforderung vom Direk tor des Ghmnasiumö, sich am Vor mittag in seiner Sprechstunde einzu finden, um Riietsprache zu nehmen we en seines Sohnes, des Vorschiilees Iris Danneberg. Herr Danneberg ist sehe erstaunt. Was mag sein Bub angestellt habeni Beim herrn Direktor ift es feier lich. Alles schaut ernst aus her-n Danneberer Selbst der korrekte Schreidtisch, der würdeoolle Lehn stuhl. der den Direktor trägt, und die Blumen der Tapete an der Wand, die aussehen wie tausend strasende Au gen. Neben dem Direktor steht mit strengem Gesicht der Vorschullehrer, Herr Nostr. Jn der Hand des Di rektors zittert ein Blatt -— ein schie ses, liniirtes, dünnes Diarium blatt. — »Mein Name ist Danneberg. Sie wiinschten mich zu sprechen?« »Jawolil. Bitte, setzen Sie sich. — Hm. hm.« Der Direktor räusperie sich. »Mein werther Herr, es wird mir schwer, es auszusprechen -—- — aber ich muß es Jhnen sagen —— — lnnl bml -——- Jbr Sohn wird noch einmal im Zuchthaus enden —« Herr Danneberg fährt aus: »Aber erlauben Sie. mein Sohn ist das Kind anständiger Eltern —--« Der Direktor beruhigend: Wegen Sie sich nicht aus, werther Herr! — Also, Jdr Sohn wird noch einmal im Zuchthaus enden.« Drohend und laut. mit der Hand aus das schiese Blättchen schlagend: »Hier sehen Sie, er hat eine Urkundeuiölschung began aen s—- eine richtige Urkundensiil schuug!« »Jawohl,« säklt hier Herr Noske ein und erhebt seinen Finger, »und noch dazu mit einem Fliichtigkeitsselp ler! Wie oit habe ich dem Knaben ar iagt, ein k ist ein t mit einem Siielchen daran —" Der Direktor unterbricht ihn: »Gut, aut herr Kollege —- ——- also, nm weiter zur Sache Zu kommen« — er sieht aus — »Herr Danneberg, ent weder wird der Knabe hier vor unse ren Augen erempiarisch bestraft siir seine Verworsenheit. oder « —- er er hebt seine Stimme —- »oder er muß das Gnmnasium verlassen!" Herr Danneberg iiberleat einen Mo ment. Er muß immer wieder aus dass tchiese Dinrinmblatt sehen, und einl »unterdriicktes Lächeln spielt ihm um Mund und Auaen. Er bat sich schnells entschlossen. Eine Entlassung voniz ’ Ghmnasium ist hier in der Mittelstadt Ieine sehr unangenehme Sache — -—-H sStrase muß der Junge doch betom inen -—— also mögen sie ihm die Voll . Ziehuna abnehmen. Damit ist dann fdie Sache ertediat Er erklärt sich ,elso mit der Eretution einverstanden und bittet nur um milde Handha sbung. Der Here Direktor tlinaelt und be Esiehlt dein eintretenden Schuldiener den Schüler der dritten Vorschultlasse Fritz Danneberg herbeizuholen Der Kleine kommt. Er wird schneeweiß im Gesicht als er seinen Vater, den Herrn Direktor, den Herrn sLehrer und zwilchen ihnen aus dem jTische das Diariumblatt erblickt Eis-r antwortet teinen Ton, als man »- ibm sein Verbrechen vorhält, und sieht Inur immer aus den Vater Als der ISchuldiener ihn dann hochheht und jiibrr das Ante leat giebt er nur einen tleinen wehen Laut von sich, dann i preßt er die Lippen ·est ans einander. Der Direktor liizt es bei drei Schliiaen bewenden. Der Vater .r-.imint seinen Anat-en an die Hand, verbeugt sich turz und verläßt das ; Als er mit dem Kleinen draußen Iiit beginnen dessen Thranen zu slte Ißen. Fest tlammert er sich an die s Hand des Vaters-. ; Herr Dannebera lentt die Schritte ; nach dem nahen Stadtisart Sie seyen sich ans eine Bank unter einem gro sien. blühenden Lindenbaum, der Va kter nimmt den ichluchienden Jungen iaus seine Linie, hebt seinen aesenlten E Fiovf leicht empor und sieht ihm ernst i in die von Thränen rerschleierten hel len Augen. Das ist Frage genug. »Vater. lieber Vater,« schlnchzt der Kleine nnd nmtlammert des Vaters Hals, «sei doch nicht böse! Die Mütze war schuld ich tonnte doch nicht ohne Mühe zur Schule gehen! Jch ,l1atte sie in Mutter-B Zimmer liegen Ilassen ——- Miitterchen schlief und s durfte nicht geweckt werden· Da hab' sich geschwänzt nnd bin spazieren ge sgangei«i. Aber einen Zettel mußte ich sdoch haben « und —— und — ich schämte mich so,« er versteckte den Kovs an des Vaters Hals, »zu er zählen, daß ich nicht zur Schule ge gangen war." Aber das wollte er dem Vater nun versprechen — und er gab ihm die band daraus und sah ilnn steis in die Augen —- nie, nie wieder wollte er etwas verschweigen --— alles, alles wollte er Vater und Mutter erzählen, und wäre es auch noch so schtimrn . . . . here Danneberg ließ den Knaben von seinem Knie gleiten. Er lächelte. Mehr wollte er nicht. Vertrauen sollte sein Kind zu ihm haben und teine Angst vor harten Strafen. Ur tundensälschung — Zuchthaust Er schüttelte den Kopf. hatten die Gro ßen denn so ganz das Maß verloren siir die Verfehlungen der Kinder? — Er schaute aus seinen Jungen. Der trabte seht ganz vergnügt vor ihm her. Ab und zu blieb er stehen und saßte nach des Vaters Hand. Einmal drückte er verstohlen die Lip pen daraus. Die Sonne lachte hell und sroh an diesem lichten Frühlingstag. Es war, als umtanzten ihre Strahlen tichernd einen drohenden dunllen Schatten, der iiher dem Wege stand. Der wurde lleiner und kleiner, tkoch in sich su sainmen und versanl schließlich ganz in dem Gewer von Glanz und Licht. »Schnell, schnell," sagte Oerr Dan neberg, ,,es ist Zeit zum Mittagessen.« Und als Iris ihn vor der Hausthiir bittend ansieht, streicht er ihm über das Haar: »Nein, nein, davon erfährt Mutter nichts. —- Spring hinaus zu ihr und sieh, wie es ihr geht. Aber,« er droht mit deni Finger und lächelt leise, »daß Du mir ia nicht wieder die Mühe oben liegen läßt —- ——- ver standen?« —- — A-— Die Ieasieestheiir. —-—-.. c nie wahre Geschichte aus Schlesiens Bergen »Mutter, Mutter, lunimt schnell» luuimt schnell amol rei! A Battler hot is Fanster eiaeschloon und iest drinne ei der Stube!« Schreiend ist die Tochter vom« Garten auf das Feld gelaufen, wäh rend der Einhrecher den Glasschrant untersucht und aus einer goldumrän derien Kaiseetasse Ersparnisse in Ni clel und Silber von 4 Mark 80 Ps. einheimsi. Das Geschrei hat aber die Nach barn herbeigelockt, und entschlossen umstellen sie das Haus. Der Cin brecher steigt ahnungslos zum Fen ster heraus. da haben ihn schon vier lriistige Fäuste am Kragen. Da er sich weigert, zur Polizei mitzugehen hindet man ihm die Hände. Nathschlagend stehen nun die Bauern; die Mutter Päßold jamniert um die zerbrochene Fensterscheibe. Der Herr Amtsvorsiher wohnt zwar rni Ort, ist aber nicht Fu Haufe. Der Schulze lehnt die Hilfe ab, weil — er lein Gefängniß hat. Der aber wohl das nieiste Ansehen hat« det Herr Gendarnn wohnt zwei Meilen wea. Was soll mit dem Spitzbuben aescheben? Man hat leine Verwen dung fiir ihn. Spricht der Dieb: »Quiilt Eurh ni erfcht lange. Ich wer Cuch«dre Scheibe berahla laßt mich laafa!« Ob dieses Vorschlags find wohl iiie Bauern ara erstaunt; nach länge rem hin und Her erscheint ihnen aber der Einfall sehr praktisch Der Dieb wird von den Fesseln befreit und greift in die Westentafche. Bealiictt und dankbar schluchzend empfängt Mutter Pätzold 30 Pfen nige fiir die zerbrochene Scheibe; froh einer entledigten Last aehen die Bauern wieder an ihre Arbeit. Der Dieb aber zie;t unbehelliat feine iStraße « mit 4 Mart 50 Pf- Rein .gewinn. Die Katzen-Musik ) i l War heiß der Tag, an Mühen reich, Sehnt man sich nach der Ruh« Und Morpheug driickt nach kurzem Kampf Uns sanft die Augen zu. Doch manchmal, just im besten Schlaf, Fahrt man erschreckt empor, ’ Denn Töne ganz seltsamer Art, Sie fchlagen an das Ohr. Ein Pfauchen, Brummen, Zischen, « Schrein Als ob«5 die Hölle wär’, So rasen Katzen querfeldein, Toll wie das wilde Heer. Nach kurzer Pause wiederum Beginnt der Ol)renschinau"s, lss klingt, als wenn das Katzenherz Leert allen Jammer aug. So herzzerreißend tönt der Sang Wohl zum Verzweifeln schier, Man wünscht sich Nerven wie ein Strang Den Schlaf vom Murnieltl)ier. Und dentt sich wohl mit Fug und Recht, Wenn der Speltalel groß Es äußert sich beim Katzengschlecht Die Liebe doch luriog! ff -— Aus Ersabruiia. A: »Ha ben Sie den neuen Schauspieler schon gesehen? Wie der den verlrachien Edelmann spielt, ist einfach tadellos!« B: »Ja, ja, der Kerl muß ’«ial bes sere Tage gesehen haben!« »s« Einzige Möglichkeit »Zu was lernt denn eigentlich der Haber Japanisch? Der darf doch :ie aus dem Haus und hat deshalb auch leine Verwendung dastir!" —-- »O mei’, er wird halt doch auch einmal seiner Frau widersprech’n woll’n!« — Auöländerei. Lehmann: »Weil —- ich bin Engländer!" Schul ze: »Wieso —- Sie stammen doch von deutschen Eltern und haben immer in Deutschland gelebt.'· Lehmann: «Well! Aber ich bin während einer Reise meiner Mutter in London ge boren." Schulze: »Dann allerdinggt Denn wenn Sie zufällig in einem Stall geboren wären, wären Sie je denfalls ein Kalb.« - —- Aus dem Gerichtssaab Vorsitzenden «haben Sie zu Jhrer Vertheidigung noch etwas vorzubrin gen?« Angella ter: »Ja. Jch bitte, auch ans die un chuldige Familie mei nes Vertheidigers Rücksicht zu neb men.« Vorsitzenden »Wie soll ich ; das verstehen?« Angellagier: »Wenn ich freigesprochen werde, betommi mein Vertheidiger 500 Mart; wenn ich aber verurtheilt werde, bekommt er Luichtsp Das Onkel. l sen Johann steil-. s Baronesz Käthe gehörte zu den Frühaufsteherm Spätestens acht Uhrs nahm sie ihr erstes Frühstück im Speis ( sesaal ein, meist in Gesellschaft ihres-! Schtoagers, der noch von der Milittir- ! zeit her der Auffassung huldigte, daf; die Morgenstunde Gold im Mundes habe. Dagegen pflegte die Frau des Hauses, die Stiefschwester der Baroneß, » selten vor neun Uhr beim Thee zu er- i scheinen. So erfreute sich Käthe ein« Stündchen lang ganz allein der Gesell schaft ihres Schwagers, eines sehr an genehmen und unterhaltenden Cana liers, der sonst von seiner Frau in Ziemlich tnrannischer und egoistisch-: Weise in Anspruch genommen wurde. Baroneß Käthe wohnte seit vier Jahren im Hause ihrer verheiratheteri Stiefschloester Thea und hatte sich be reits so sehr an das allmorgendliche Tete-a:tete mit ihrem Schwager ge wöhnt, daß sie dieses Frühstück als einen wichtigen Theil ihres tägliche-i Programms ansprach. Vielleicht galt es ihr sogar als die schönste Nummer darin. Käthe hegte zu ihrem Schwager eine wahrhaft geschwisterliche Zunep gung. Jn diesem Sinne darf man sagen: sie liebte ihn. Rudolf war mit der Zeit der Vertraute ihrer kleinen und großen Sorgen geworden, ihr s Beichtvater, wie sie ihn manchmal scherzend nannte. Er war ihr Bera tber, dessen tlarem Urtheil sie mehr Vertrauen schenkte als ihrem eigenen schwachen Verstande, ihrer — Uner fahrenheit. Baroneß Köthe würde nie eine Ehe geschlossen haben, die sich nicht der vollkommenen Billigung seitens ihres Schlvagers erfreut hätte. Man mußte in Küthens Lage auch überaus s— vorsichtig sein. Die junge Dame war mit ihren scharfen, etwas unre Fgelmäszigen Zügen nichts weniger als shübsch und galt dabei für außeror dentlich reich, siir weit reicher als ihre verheirathete Stiesschroester, da sie außer dem väterlichen Vermögen noch etliche Millionen von ihrer Mutter ge erbt hatte. Nun gibt es leider so viele Männer, die einem reichen Mädchen Liebe heucheln, und Käthe wollte um ’ihrer selbst willen gefreit sein. Den Unwerth einer größeren Anzahl von Bewerbern hatte die Baroneß vermöae ihres eigenen Scharfsinns erkannt, abe-. über ein paar von ihr bevorzugte Her ren, denen sie selbst thöricht Vertrauen aeschentt hätte, war ihr glücklicherwei se rechtzeitig von Rudolf reiner Wem eingeschentt worden. Sie war vor einem großen Unglück, vor der Ehe mit einem charatterlosen Manne bereits in zwei Fällen ausschließlich durch der-. Beistand ihres Schwagers bewahrt ges blieben und fühlte sich darum ihrem »Veichtvater« zu tiefem Dank ver pflichtet. Uebrigens war Käthe neulich acht undzwanzia Jahre alt geworden und hatte an ibrern letzten Geburtstage im ;Jnnern beschlossen, nunmehr über haupt-« nnverheirathet zn bleiben. sAber trotz dieses Entschlusses, den sie f»auch. wenn es die Gelegenheit mit sitt sbrachte, tundgab, stellten die Anbeter jihre unsruchtbaren Bemühungen nicht ·ein. Jm Gegentheil schossen immer lneue Verehrer wie Pilze aus der Erde »Die meisten waren gestiefelt und ge ;spornt. Sie saßen stolz zu Roß und anichten der Eleiltionärin den Hof. Ltvährend sie auf ihrer hübschen, brau nen Stute iiber die Reitrvege des Thiergartens oder durch den Grum wald sprengte. cie waren der Varoneß alle recht Taleichgiiltig diese Tit-kehren alle alle -mit Ausnahme eines Assessorg, der das Köpfchen der Dame trotz ihres festen Entschlusses doch gelegentlich settvas beunruhigte. Hätte stäthe nicht Ijede Heirathgabsieht aufgegeben, so jtoiirde möglicherweise dieser Assessor »die größten Chancen besessen haben. Aber in diesem Falle lohnte es sich gar nicht die Angelegenheit zu einer Ca binettssrage zu stempeln und mit dem .«Beichtvater'· dariiber ernstlich zu de battiren. Nur ganz lurz hatte sie heute Morgen ihren Schwager gefragt, ob er den Assessor von Reder genauer tenne Rudolfs Antwort lautete, das; er nur .aanz oberslärhlich einmal die Betannt schast des Assessorp gemacht habe daß er aber nicht ermangeln werde, sich Ieingehend nach ihm zu erlundigeu. Mithe hatte gemeint, daß eine Erinn digung unnöthig wäre. »Ich habe nicht das geringste Inter esse an dem Herrn.« Das waren die letzten Worte, die heute beim Frühstück von ihr gesprochen wurden. Danach stand die Baroneß aus und verabschie dete sich von ihrem Schwager, um den üblichen Morgenritt einzutreten Vom Speisezimmer führte der Weg durch das· mit rothdamastenem Mobi liar ausgestattete Wohnzimmer. Die Morgensonne schien durch die breiten Fenster und übergoß mit freudigem Glanze die leuchtenden Farben der Seidenstosse, des Teppichs und der Tapeten. Baroneß Käthe legte beim langsamen Durchschreiten des Genia ches wie sinnend die Hand vor die Stirn. ,,Roth ist die Farbe der — Liebe", sagte sie sich. »Mertiviirdigerweise steht mir plötzlich das Bild des Assessors ganz deutlich vor Augen . . .. Eigent lich ist er ein sehr netter, lieber Mensch.... Sollte ich etwa? Ach Thorheitt Jch dente gar nicht daran...Kann es ein größeres Glück geben« als hier im hause Theas zu leben? Solch einen Mann wie Rudolf werde ich doch niemals finden... Nein. mein Herr Assessor · . . Jch wer de heute nicht am hippodtom fein, wo wir uns sonst um zehn Uhr zu treffen pflegen. . . Sie werden heute und künf tig vergeblich auf mich warten. . . Die Geschichte soll und muß zu Ende sein.'· Dicht vor dem Hause verlies der Reitweg. Ungeduldig scharrte der gra ziöse Braune, von einem Reitlnecht ge halten, im tiefen Sande, nickte ruhe los mit dem klugen Kopfe. Die Baro neß trat heran und streichelte zärtlich den glänzenden, schlankem auf und nieder wippenden Hals des edlen Thieres. ,,Btav, Kopf, daß du dich su un geduldig nach deiner Herrin sel)nft'«. sprach sie zu ihrem Braunen Das Pferd, englischen Blutes, war eine »Kobstute« und hatte gewiß we gen des Gleichtlangs der Laute den deutschen Namen »Kopf« erhalten. ,,SolI ich jetzt nach dem Grunewald oder dem Thiergarten reiten?" über legte sich die recht unschliifsige Baro ließ, als sie im Sattel saß. »Vielleicht halte ich das Redezvous doch ein?... Es ist ja schließlich nichts dabei... Na...Kopf, ich werde es dir über lassen. Du sollst heute fiir mich deu len, sollst mein —— Oratel sein . .. Käthe ließ die Zügel schlaff häu gen. Die Stute drehte den Kon wie zielbewußt nach rechts-. Jetzt zog die Reiterin den Zügel straff, und der Braune trabte im gemüthlichen Tem po los, dem Thiergarten zu »Dieser Schlnuberger«. lächelte die Baroneß. »Er. hat gewiß mit dem Fuchs des Assessors Freundschaft ge schlossen und möchte seinen Belannten »bald wieder beschnuppern Wie dem immer sei, Kopf, du bist ja heute zmein Oralel. Es steht demnach alles lin deinem Belieben. Trage mich hin « wohin du willst!« . .. s Als der Braune die Joachiinsthaler jStrasze überschreiten will, zeigt er eine Charaktereigenschaft die seine Herrin bisher nie an ihm bemertte Kopf sehnte sich sonst so sehr nach jgrünen Bäumen, aber momentan legt sdas Thier eine außerordentliche Ab neigung gegen das Betreten des Pfla isters der Joachimsthaler Straße an den Tag. Er ist beharrlich bestrebt, lurz umzuwenden und —- nach Hause zurückzukehren Anfanas arbeitet Räthe diesem thierischen Triebe entge gen. Aber dann denkt sie unwillkürlich an ihr ,,Oralel« und läßt der Stute freien Willen, Kon steigt mit den Vorderfiißen ein wenig in die Höhe, macht eine halbe Kreiswendung eine elegante Pirouette wie ein Circusvferd und streckt die geblähten Nüstern schnaufend in die Richtung, aus der er eben gekommen. Kopf sehnt sich zurück in den -—- Stall »Wie sonderbar!« iiberlegte sich Kiithr. »Das ist doch sonst nicht seine Art.« Die Dame ist etwas abergliiubisch nnd hat mit einem Male die Lust ver loren, den Weg weiter fortzusetzen Sie nnterwirft sich dem ,,Oraiel«. Langsam trottet ston den Kurfiirs stendamni entlang nach Hause zurück. Vielleicht findet sie den Schwager noch beim Frühstück Er wird sich dar uber wundern, dasz sie so schnell zu riielta1n, und sie wird ihrem Beicht vater die ganze Geschichte von dem »Oraiel« erzählen Achtundzwanzig Jahre alt und - toll wie ein Bad: fisch« . Das wird einen Hanptspafi " geben . . . Mit freudigen Schritten eilt Varo nesz Rathe durch das iin Sonnengold rothschitnniernde Wolnizininier. Die 4Thiire zum Speisesaal steht offen, nur tzur Hälfte ist die Oeffnung von der Portiere bedeckt. An der Frühstücks tasel wird eine angeregte Unterhal tung geführt. Schwester Thea scheint heute ausnahmsweise friih ausgestan den zu sein. its ist besser, das Ehe paar nicht zu stören. Der dicke Perser teppich hat das Geräusch der Schritte gedämpft. Die beiden haben nichts von ihrer Ankunft bernertt . . . Käthe will sich heimlich zurückziehen Da hört sie plötzlich ihren Namen, nnd ob wohl das Horchen an der Thijr nicht gerade ihre Art ist, so wohnt doch in der Brust eines jeden Menschen ein wenig Neugierde, besonders in Bezug auf Dinge, die ihn selbst betreffen. Die Baroneß bleibt stehen, und die folgenden Sätze tlingen deutlich an ihr Ohr: »Käthe ist doch sort?« sragt angst lich eine weibliche Stimme »Na natürlich, ist fortgeritten, wie gewöhnlich«, antwortet der Baß eines Mannes. »Dieses Mal ists ein Assess for . .. Na, was an mir liegt« . .· »Ich finde das eigentlich recht schlecht von Dir«, llingt es dann wie der in sanften weiblichen Tönen. »Aber Thea, sei doch nicht thörichtl Solche Erbtante verlieren? Zwei Mil lionen! . ..Ob die unsere Kinder ha ben oder nicht« ist doch ein Unterschied .. ..Nur keine Gesiihlssentiinentalitäs ten.« . . . . Es wurde noch anderes gesprochen. Aber die Lauscherin hörte es nicht mehr. Sie stand niit todtblassem Antlitz wie gelähmt da· Alles Blut drängte sich ihr zum Herzen. Es dau erte eine Zeit, ehe sie sich wieder völlig auf sich selbst besann . . . Rudolf . . .. ihr Beichtvater... Eine Thröne trat ihr ins Auge. Sie hatte lein hübsches Gesicht, die arme, reiche Baronefz, aber ein schönes, ehrliches, offenes Auge, sund der Tropfen, der seht darin iblintte, war- eine Tbriine des Ekel-. der Verachtung, des Sinnes. »Gott sei Dant! Die Thea wenigstens ist nicht so schlecht« Der Gedante gab ihrer wundm Seele etwas Lindernng. Sie wandte sich sachte nrn nnd zog sich getäuscht-is zurück. Baroneß Kätbe blickte nach der-? Uhr Der kleine. mit Brillanten besetzte Zei ger hatte die Nenn noch nicht weit überschritten Der Braune konnte ichuell wieder aesattelt werden, und das Rendezvous war noch rechtzeitig zu erreichen. Kopf. der gute Kopf hatte sich bisher als »Orntel« glänzend be währt Aber wenn er ietzt nicht lau fen wollte, sollte er die Sporen iiiblen Doch die Stute emvfand dieses Mal den energischen Witten ihrer Reiterin und sprang flott über die Joachimss thaler Straße weg. Dann aalovvirte sie lustia mit elattisrlreu Sätzen dem großen Platz am Zooloaiichen Garten entgegen, der den Namen ,,Hippo drom« sijbrt. - — Nach acht anen las man in der Zeitung unter den Familiennachricbten eine Anzeigc durch die sich Assessor Von Reder und Baronesz Käthe als — Verlobte empfehlen ----—-- «—».. -.--.--—-— Die Operettr. Von K urt Mantis-et Wien. Mein Freund ist Kavellmeister, nnmusilalisch nnd Doktor der Philo sophie; sonst lann man ihm aber nichts Schlechtes nachsagen. Eines Tages setzte er mir den Violinschliis sel an die Kehle und sagte in C-Dur: i »Du mußt ein Libretto fiie meine JOperette schreiben!« ’ »Aber. lieber Oslar«, sagte ich et )n)as tleinlant. »ich habe teine Jdee.«· » »Mensch Dn bist mein Mann! ’Wer schreibt denn heutzutage einen Overettentext. wenn er Ideen hat? Also· viel ciiliict!« » »Es wird ein Tlieaterstandal!« l ,,Dlnnmlopf, dann sind wir ja ge imachte Leute. Zur Ansmnnternng laebe ich Dir schon hente einen Vor schuß·« Mit diesen Worten zog er seine anscheinend wolslaesiillte Vriestasche hervor. suchte eine Weile zwischen den hier tiimmetlich negetirenden Bank noten nnd reichte mir -—s eine zer-. driielte Sporteigarette. Il- sk L Jch ging nun zu meinen Buch hiindler, sanfte mir sämmtliche vor räthigen Bande alter Witzblätter und begab mich, so ausgerüstet, an die Arbeit. Zehn Tage später hatte ich iden ersten Alt zusammengestehlt nnd snhr mit Windeseile nnd dem Stell waaen zum Komponisten Nach vierzehn Tagen hatte ich diese iFahrt beendet nnd langte bei meinem iFrende gerade in dem Augenblicke an, Hals er mit verschiedenen Arbeiten be lschiistigt war. »Was machst Dn denn da?« lan stete meine erstaunte Frage: er batte zahlreiche lelusilwerle vor sich liegen, ans denen er tranibfhait abschrieb. »Ich lomponire!« »Aber das ist ganz gewöhnliche Alb schreibearbeit· . »Wel! Jch empfinde nacht« Hierauf begann ich mit der Vor-· ilesnng des ersten Alte-ZU Mein Freund I tclilna sämmtliche Attilijsnnaszeirtien tilserm Zenos zusammen nnd sagte: »Das Libretto ist auch witzig, geist reich -- daher vollständig unbrauch bar. Ia hast Du zwanzig Heller, fahre nach Esteinhof tWiener Landes Jrreiiaiistalt), mache dort Studien nnd schreibe dann das Libretto!« Ich that, wie mir geheißen. Nach Verlauf zweier Monate war die Operette fertig. Sie war so blöd, daß sie von zwanzig Tlieaterdiretto ren sofort erworben wnrdez der Ver ieaer driictte mir einen Tausendtrw nenschein in die Hand, mich an sein Herz, während der Kmnvonist sich vor Vergnügen aus die siins « s— Noteniinien setzte nnd sang: »Stunipfsinn, Stnrnpssinn, du meine Güte! Stunipssint1, Estnmpssinn in höchster Vtiithe!« :- as- z Bei der Preiniere der Operette. die mit srenetischetn Jubet ausgenommen wurde, hörte man noch jeder Beifalls salve iin Vublitnm einen kleinen Krach. —- Es waren Librettisten und Komponisten, die da vor Wirth zersprangen. - T"r neue kehret-. Die Mädle in d’r Töchterschnl, Die höh’re Töchter. hörschte« Sin oft recht ungezoge doch, Jo, die am allererschte! Der neie Lehrer baßt’n nit, Er hot zu wenig Locke. Sie mache aus: Un tvenn’r tut-irrit, Do bleitve mir all hocke. Der Morgen tummt, d’r Lehrer auch. Nä, sin des Lumbekrottet Kääns rihrt sich, jo, sie kich’re noch. Do werd’n Ruh gebottr. D’r Lehrer seggL in hellem Zorn ,,Gell, dut nix irvtvertreiwci Schteht ufs! Jhr habt noch später Zeit Genug zum Sitzebleibe!«