Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 07, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Humoriftischsmilitärische
- Erzahlung
« -«—«-—-—-.--—-A----—-x«d
sDer falsche Adjutant
--W-W »F M
Von
Z Freiherr v. schlicht
wär-w mm Drin-M W
M
(11. Fortsetzung.)
Hauptmann Mebring hatte von
her Anstrengung einen ganz rothen
Kopf bekommen und seine Augen
tbränten Ja, den wäre ich log,
sker ei kommen noch süns andere.
niese immer elfmal, war-um« toeißi
ich nicht, vielleicht ist es eine angebo
oene Rasenschwiichr. Ich bitte um
Entschuldigung aber gleich geht«
lpieder los.«
»Willst Du nicht so lange in Dein
Zimmer gehen, bis Du Dich ausge
niest hast?« fragte seine Frau.
Er sah sie mit großen Augen ganz
verwundert an. »Was soll ich s-— ich
— hatschii -—— batschiii « Gott sei«
Dank« das waren gleich zwei aus ein
mal. ich soll aus meinem eigenen Eß
—- Eß — hatschiiii — Eßzimmer
hinausgean —- Ich dente ja gar
nicht daran, ich bleibe hier.«
Und dazu hatte er seine guten
Gründe« denn Nelln unterhielt sich so
eingehend mit Leutnant Böhme, als
ob sie ganz allein im Zimmer wären.l
»Ich will euch beide schon ausein
ander bringcn.« dachte er. Er fühlte
in seiner Nase ein neues Kribbeln,
er wußte, jetzt lam ein neuer Nieser,
sogar ein ganz großer, er hielt ihn
absichtlich so lange zurück, wie er it
gend lonnte, dann aber nieste er log,
dass die Damen unwillkürlich einen
kleinen Schrei aus-stießen
mAber Papa, das ist ja gräßlich!«
tief Nelly. »Mama bat ganz rechts
Du solltest wirklich in Dein Zimmer
schuf i
»Es wird immer besser. nun schickt
mich schon meine eigene Tochter bin
sus« nur damit sie sich desto unge
nirter den Hof mach-n lassen lann«,
dachte Hauptmann Mehring. »Aber
laß sie reden, was sie will, ich bleibe
hier.«
Er nahm sein Iaschentuch zur
hand, aber als er es benutzt hatte,
sah er mit Erstaunen. das-, er Na
senbluten hatte. »Das hat mir ge
rade noch.gesehlt, na, es wird wohl
gleich vorübergehen« Aber es wurd:(
schlimmer, bei dem starken Riesens
mußte ihm ein kleines Blutgesäß g:-s
sprungen sein, nun mußte er dochl
das Zimmer verlassen. !
»Ich bitte einen Augenblick um
Entlclprldigung'. sagte er, dann
stand er aus und begab sich in seint
Schlaszimmer· und als seine Frau
nach zehn Minuten. über sein Aus-«
bleiben beunruhigt, Zu ihm kann
fand sie ibn ganz erschöpft tu einem
Lehnstuhl sitzen.
»Aber Mann, was bast Du denn
nur?« fragte sie erschrocken.
»Wenn ich nicht wüßte« daß unser
Leben nicht in der Nase sitzt, würde
ich sagen: ich verblute«, gab er zur
Antwort·
»Wie kommst Du denn nur dazu?«
erkundigte sie sich weiter. »Sicher
hast Du beute Nachmittag mehr Bier
getrunken, als Du mir zugegeben
hast. Du bist das doch nicht ge
wöhnt, willst Du Dich nicht ruhig
hinleng«
»Sol! ich wie ein kleines Kind
Abends um neun zu Bett gehen?«
grollte er.
»Wenn man sich nicht wohl fühlt,
ist es ganz einerlei, wie spät oder wie
friih es ist, und außerdem ist das
beste Mittel gegen Nasenbluten, sich
möglichst flach niederzulegen«
Er mußte ihr beistimmen: »Das
schon, und Lust hätte ich auch, schla
fen zu gehen, ich bin müde, Du hast
recht, ich bin den Dämmerschoppen
nicht gewöhnt, aber meine Gäste —«
»Ich werde Dich bei ihnen ent
ichuldigen.«
»Na, denn los«, meinte Haupt
mann Mehrtng und fing an, sich
saht-kleiden »ich glaube wahrhaf
tig das Rasenbluten hsrt sonst über
haupt nicht auf.« Aber irn letzten
sagenhlick kamen ihm- neue Beden
senx »Wirst Du auch gut aus die bei
den Paare da drin ausvassen. daß
Ie Licht IL viel miteinander slirten?«
»Aber IUCAIUL ch IOMMII Du nllk
daraer« meinte feine Frau anschei
nend ganz erstaunt Sie baiie schon
lange bemerkt wie der Bürgermei
fiet ihrer Schwägerin den Hof
machee, und wie Böbme um ihre
Jockster watb. Sie proieairte beide
Wetbunaen. wxil sie sich sagte, daß
Nelln nur dann von Konstanze das
nöthige Geld m Heirath bekäme,
wenn diese felbii glücklich würde. Nie
nnd nimmer aber hätt-.- sie gen-agi,
dies ihrem Manne einznqessebem
denn sie mai-Je ganz oenau, wie die
iet über Konimnzes Wiederherheirm
thing und iibes den Adiuianien
dachte. Und so hat-! sie denn noch
ein-nol- »Ai·-ee Mann. wie kommst
DU nur dir-mai daf- det Bürgermei
ster Lieb iiif Konstanze iniekeisiri?«
— Troßdsm sie son« eine sehr note
Mutter mai-, hielt sie es i» diesem
Lunens-fiel doch für besser, ibr Kind
, M nutztfchlqgen nnd Os got vichi m
mäsmsr —- Dis beides denken aae
Eies aseinander. ich weis- ioaar nan(
»Mit-. iNi Konstanze ganz andere
M sei-« «
« III Im II ziemlich die größte
Lüge des Jahrhunderts. aber sie ver
sehlte ihre Wirkung nicht.
»Ach nein, wittl-ich?« fragte der
Hauptmann »wer ift es denn?«
Das seine Frau das selbst nicht
wußte« entsprach es völlig der Wahr
heit, wenn sie jetzt sagte: »Das kann
ich Dir nicht verrathen«, und dann
log sie weiter: »Ich bin verpflichtet,
zu schweigen, und ich bitte Dich, daß
auch Du Konstanze gegenüber keine
Anspielung machst, das mußt D
mir sest versprechen.«
,.Soll ich schwören?« fragte er.
»Das ist nicht nöthig«« gab sie nach
kurzem Besinnen zur Antwort. »Ich
kenne Dich ja lange genug und weiß,
daß man sich aus das. was Du sagst.
frlsensest verlassen kann.'«
»Das stimmt«, meinte er, »aber
wissen möchte ich doch«, fuhr er nach
einer kleinen Pause sort. »für wen
sich Konstanze interessirt. Daß es
nicht der Bürgermeister ist, beruhigt
mich sehr. aber wenn sie sich siir einen
anderen interessitt, warum läßt sie
sich dann von dem Bürgermeister den
Hof machen?'« »
»Aber Mann, das thut sie ja doch
gar nicht« das bildest Du Dir ja doch
nur ein, weil Du gegen Konstanze
immer mißtrauisch und argwöhnisch
bist. Sie unterhält sich gern mit ihm,
weil er ein kluger und liebenswürdi
ger Mensch ist, aber das ist auch al
les.«
Der Hauptmann lag im tiesen
Nachdenken da, so recht wollte ihm die.
Sache doch noch nicht in den Kopf hin
ern.
»Und Du tannst mir gar seine An
deutung machen. wer der andere ist«
nicht die leiseste?« «
»Nicht die l-:iseite."
»Gesinde« meinte er.
»Seht schade.« stimmte sie ihm bei.
»Und Bdhme und Neunt« fragte
der Hauptmann plötzlich.
»Aber Mann, Du bist wirllich von
einem Mißtrausm das ich gar nicht
an Dir kenne. Daß die beiden mit
miteinander unterhält, braucht man sich
sen, oder wie heute stundenlang ne
beneinander sitzen, ist doch ganz selbst
verständlich Aber wenn man sich
miteinader unterhalt, braucht man sich
deswegen doch nicht gleich den Hof zu
machen. Du warst doch auch einmal
jung, hast Du da vielleicht jeder jun
gen Dame, mit der Du sprachst, im
mer gleich die Cour geschnitten?"
»Jmmcr,« gab er zur Antwort.
»das heißt,« verbesserte er sich, »wenn
ich sage: immer, so meine ich natürlich
nicht immer, sondern nur zuweilenk
Drohend erhob si: den Finger:
»Das hätte ich nur vorher wissen sol
len, dann hätte ich Dich schon nicht ge
heirathet, Du Don Juan, Du!«
»Na, laß es Dir nur nicht leid
thun,« meinte er, »aber nun thu mir
den« Gefallen und geh zu den Gästen
zurück und entschuldige mich.'·
Als sie in das Eßzitnnrer zurück
kehrte und berichtete, daß ihr Mann
sich entschuldigenl ließe wollten die
beiden Herren sich sofort verabschieden
aber die Damen baten sie, noch zu
bleiben, und schließlich willigten sie
auch ein, denn allzu ernsthast hatten
sie auch nicht an das Fortgehen ge
dacht. So gingen Sie denn siir einen
Augenblick in das Schlafzitnmer des
Hausherrn. um mit diesem die dienst
liche Sache zu erledigen, und tehrten
dann wieder zu den Damen zurück,
und es war beinahe Mitternacht, als
sie endlich ausbrachen.
Auf der Straße angekommen, gin
gen sie eine ganze Weile schweigend
nebeneinander her, dann blieb der
Bürgermeister plöhlich stehen und sah
den Adjutanten fragend an. »Na?«
meinte er.
l Leutnant Boome euren-, woraus der
andere anspielte, aber er fühlte sich
nicht veranlaßt, jetzt eine Schilderung
seines Herzenszustandes zu geben, und
außerdem hatte er zum mindesten
ebensoviel Jnteresse daran, zu ersah
ren. wie es mit dem Bürgermeister be
stellt war, als umgetebrt. Und so
fragte er denn auch seinerseits-: «Na?«
Aber auch der Bürgermeister blieb
die Antwort schuldig. Und so setzten
sie denn schweigend ihren Weg zusam
men fort.
Und ebenso fragte auch Frau Kon
stanze. als sie mit Nelly allein war:
»Nat«
Aber Nelly siiblte sich nicht veran
laßt, jetzt eine Schilderung ihres Her
zenszustandes zu geben, um so weni
ger, als sie zum mindesten dasselbe
Interesse daran hatte, zu erfahren,
wie es mit ihrer schönen Tante be
stellt sei, und so fragte sie denn auch
ihrerseits: «Na?«
Aber auch Frau Konstanze blieb die
Antwort schuldig, und so sucht-en sie
dann schweigend ihr Lager aus.
8.
Leutnant Konnrih stand aus dern
Kasernenhos und hielt Dienst ab.
Einzelmarsch und Einzelarisse lau
tete das besohlene Verwüstung-pra
arantni und zwei Stunden waren
bierstie angesest das war eine lange
Zeit, und sietsvurde dadurch nicht tür
z«:r, daß er alle zwei Minuten nach
I v v
fseiner Uhr sah. Um seine Leute küm
j merte er sich gar nicht« denn der Dienst
.ints:ressirte ihn nicht besonders, er
Hatte schon an hundertmal gesehen,
j wenn die Leute Gewehr über und Ge
wehr adnahmen oder langsam Schritt
sit-ten- Die Sache hatte siir ihn den
TReiz der Neuheit vollständig verloren.
»Was soll ich mir die Leute erst an
ksehenf dachte er, »ich weiß im vor
saus ganz genau, daß der Meier tro.
j aller Ermahnungen doch brstandig sein
tGelvehr zu hoch hinausschiebt, daß der
zPetersen jedesmal das Schloß zu
weit auswärts dreht und daß der
Müller-, dieser llnglücksrab:, bei-dem
Marsch das linle Knie nicht durch
drückt. Das lernt der sierl nie, aber
trotzdem muß er aus den Wunsch des
Vorgesetzten doch lernen. Ich lann
nicht zaudern und ihm das Kunststück
nicht beibringen, las-, den untermi
zier sich mit ihm abquälen.«
Da ertönte auch schon die laute,
donnernde Stimme eines- Sergean
ten: »Mutter, das sage ich Ihnen,
wenn Sie nun nicht batd das linke
Knie durchdriiclen, dann gibt es ein
Unglück. verstehen Si: mich? Selbst
ein Engel lann bei Jhnen die Geduld
verlieren, und ich bin ein Engel, aber
trotzdem bin ich auch nur ein Mensch.
Ader Sie find mit Ihrer llngeschicls
lichleit kein Mensch, Sie sind ein —«
Der Unterosiizier machte eine lange
Pause, um einen passenden Vergleich
zu finden, und endlich schien er ihn
gesunden zu haben, denn plötzlich
fragte er: »Mitller, wissen Sie, was
Sie sind?«
»Nein, Herr Unterosiizier.«
»Das ist auch Jhr Glück,« fuhr der
Vorgeseßte ihn an, »denn ich weiß es
auch nicht. Nun aber weiter mit dem
langsamen Schritt, und das sage ich
Jhnen nochmals: süns Minuten sehe
ich mir die Sache noch mit an, wenn
Sie aber auch dann Jhr linteö Knie
nicht durchdriirten, dann, dann —-«
Wieder wußte der Unterossizier
nicht weiter, anscheinend gab es gar
leine Strafe, die dann in seinen Au
gen groß genug gewesen wäre, und so
schwieg er sich iiber die Folgen. die
Müllers Ungeschialichleit haben wür
den, denn aus«-. Aber er mußte seinem
zherzen doch Lust machen, und so schalt
er: »Es ist überhaupt ein Jrrthurn
der Natur. daß Sie erst jetzt geboren
sind. Sie hätten ein Spartaner wer
d:n müssen. Wissen Sie auch warum?
Müller hatte leine,Ahnung, was
überhaupt ein Spartaner war, so
sagte er denn abermat5: »Nein, Herr
Unterossizier.«
»Dann will ich es Ihnen sagen,
Müller. Die Spartaner waren ein
alter Vollsstamrm der setzt leider aus
gegangen ist. Bei denen war es Sitte,
dasz die vertriivvelten und körperlich
gebrechlichen Kinder aus Staatsunlo.—
sten in den Wald ausgesetzt wurden,
und dann tarnen die Aasgeier und
iraßen die Kinder aus, damit diese
später dein Staate teine solche Schande
machten, wie Sie es seht thun. Wissen
Sie nun, warum Sie ein Spartaner
hätten werden müssen?'«
Müller war nicht nur in körper
licher, sondern auch in geistiger Hin
sicht von der Natur nicht allzu reich
lich ausgstattet worden« so war es ihm
immer noch nicht-ganz llar, was der
Unterofsizier eigentlich meinte, und so
antwortete er denn von neuem mit ei
nem: »Nein. Herr Unterossizier.«
»Müller, Sie sind ein geistiger Kre
tin.« stöhnte der Vorgesetzte, dann
zwang er sich gewaltsam zur Ruhe.
»Sehen Sie mal, Müller-, die Sache
ist doch sehr einsach. Wenn Sie als
Spartaner geboren wären, dann wä
ren Sie spätestens vierundzwanzig
Stunden nach Ihrer Geburt von ir
gend einem Geier aufgefressen worden«
dann wären Sie also schon längst
todt. und ich hätte dann nicht mehr
nöthig, mich Ihretwegen so zu ärgern,
dasz mir gewissermaßen die Knochen
hervortreten Leuchtet Jhnen das
eini«
»An Befehl Herr llnteroisizierk
IGott sei Dani. Na, lange aenug
hat es ja aber aucks aedauert bis Ih
nen die ge istiae Erienntniß kam. So
aber ietzt wirklich weiter im Text.
Langsamer Schritt nach Zählen, Ba
taillon —- Marsch!«
Wenn das Reglement es erlaubt
hätte. daß man mit dem rechten Fuß
antriite dann hätte Müller weniastens
einen Schritt zur Zufriedenheit seines
Vorgesetzten ausführen können, so aber
ereeate er aleich von neuem den Zorn
des UnteroffirierT »Mülle: ich ver
stehe Sie nicht. Irgend etwas müssen
Sie sieh doch dabei denken, daß Sie
mit einem derartigen linken Bein durch
die Welt lausen. Ich bin ein aebil
deter Mensch, das brauche ich Jhnen
wohl nicht erst zu sagen, ja noch
mehr, ich hin auch ein tluaer Mensch
aber trosdem lasse ich mich aern be
lehren. Nun sagen Sie rnir also bitte
mal. was denken Sie sich eigentlich
dabeii«
Die Antwort war schwer-, und da
Müller nicht wußte, was er sagen
sollte, sagte er das Klügste. was er
-s’"f--7f
sagen konnte, indem et gar nichts
sagte.
»Ja. etwas Lauter müssen Sie
nun schon sprechen. ich habe Sie nicht
verstanden. Also was sagten Sie?«.
»Ga: nichts, Her-: Untetqifiziet.«
»Das sieht Ihnen ähnlich. Aber
vielleicht war es ganz gut so, denn
wenn Ihr Brüder den Mund auf
macht, dann kommen doch nichts wie
Dummheiten heraus. Also das linke
Bein noch einmal zurück. Und jetzt
Tempo eins. Müller, Mensch, ich ek
nwtde Sie, drücken Sie das linke Knie
1 durch!«
selber auch orete ermahnungen hat
ten teinen Erfolg.
»Müller.« nahm jetzt der Unteroffi
zier das Wort, »ich will Jhnen mal
etwas sagen. Jch habe keine Luft
; hier ein Mörder zu werden schon des
halb nicht« weil ich Jhnen das Ver
« gniiaen nicht gönne. dabeizuftehen und
zuzusehen, wenn ich wegen des an Ih
nen begangenen Mord-es hingerichtet
werde. Sie können jetzt eintreten und
sich die Sache einmal eine Viertel
ftunde iiberleaen. aber dann nehme ich
Sie mir wieder vor. und wenn Sie
sich bis dahin nicht ein anderes lintes
Bein angeschafft haben, dann gibt es
wirtlich ein Unaliict Worin dasselbe
befteht. ist mir noch nicht tlar, aber
es wird mir fchon noch einfallen. Und
nun verschwinden Sie einmal dalli.«
Das liefz der sich nicht zweimal sa
gen, fo schnell er konnte, lief er in
Reih und Glied zurück, und der Un
teroffizier trocknet: sich den Schweiß
von der Stirn.
»Ja fa, man hat«å nicht leicht,«
meinte Kann-kitz. der näher getreten
wüt.
Der Unteroffizier stöhnte laut auf:
»Das weiß der liebe Herrgott, Herr
Leutnant.«
Mit prüfenden Augen mufterte der
Unteroffizier die Leute seines Gliedes,
um sich einen neuen- herauszuheben
Die Leute erriethen. was ihnen be
.vorftand, es war viel bequemer, aus
einem Fleck zu ftehen und hin und
wieder einen Griff zu machen. als
zehn Minuten oder noch länger lang
sam Schritt zu iiben. So hatte tei
ner von ihnen die geringste Neigung,
. hervorgerufen zu werden, und um die
fem zu entgehen, iibten fie plötzlich
mit dem dentbar größten Eifer ihr:
Uebung: Gewehr über Gewehr ab.
Der Unterofsizier sah es. aber er ließ
fich nicht täuschen. »Ich tenne euch
Brüder, ihr feid ja fo faul wie di:
Siinde, und nun thut ihr plötzlich fo«
als ob es auf der ganzen Welt nichts
Schöneres gäbe, als mit den Händen
in das Eier zu greifen. Am lizbften
würde ich euch alle zusammen gleich
zeitig vornehmen, aber leider tann es
ia nur einer fein, wen nehme ich mir
denn?«
llm seiner Sache ganz siaier in ne
hen, nahm in diesem Anaenhliet ein
Mustetier die Mütze vorn Kon und
trodncte sich mit seinem großen roth
iarirten Taschentueh die Stirn.
»Sieh mal einer an,’« dachte der
ilnterossizier, »aus den Schwindel
falle ich nun ganz gewiß nicht hinein.
Ganz so dumm, wie du dentst, bin
ich denn der nicht. Dac- will ich dir
gleich mal beweisen.« llnd mit lan:
ter Stimme rief er: »Mustetier Han
senk«
Der ließ vor Schrecken beinahe sein
Gewehr fallen. ,,Ei verflucht«, dachte
er. Dann antwortete er: »Herr Un:
teroiiizi:r«, nnd da alles Sträuben ja
doch teinen Zweck gehabt hätte, lief
er ans den Vorgesehten zn nnd stellte
sieh vor diesen stramin hin.
Mit prüfend-n Mienen rnnsterte dek
Vorgeseyte den Musketier, dann nahm
er ihm die Mütze vom Kopf.
Auf der Stirn war auch nicht ein
einziger Schweißtropsen zn ent
decken.
»Was sind Sie in Jhrem Ziville:
den«-«
»Trapeztiinstler, Herr Unterostii
zier.«
»Das sieht Ihnen Luftitns ähnlich
Aber wissen Sie wagt Schanspieler
hätten Si: werden sollen«
Dann begann der langsame Schritt,
Und als ansen endlich wieder ein
treten dur te, schwiyte er wirklich in
hellen Strömen sloß ihm das Wasser
die Stirn hinunter.
Während die Unterofsiziere sich die
einzelnen Leute oornahmen, schritt
Konnriy, seinen Gedanken noli-hän
gend, auf dein Kasernenhof aus nnd
ab. Er war auf dem Wege zur Ka
serne sowohl Fräulein Nelly wie auch
Fräulein Emnm begegnet; die erstere
hatte in einein hübschen Straßentleid
ganz allerliebst ausgesehem während
Fräulein Ein-an die an ihm vorbei
geradelt war, ein sehr seschei und ele
gantes Sporttoltiim getragen hatte.
»Don-rekrutier. wie mag die erst ans
sehen, wenn die mit der Figur aus
einein Roß sitt, das nicht von Stahl
ist,« hatte er gedacht. Bewundernd
hatte er ihr nachgesehen und sich sest
vorgenommen sieh ihr sobald wie
möglich ernsthaft zu nähern. Dann
aber war Nella vor ihm einigen-liest
und nneoillliirlich hatte er einen Ber
l
-- -’---7"-s-"
gleich zwilchen den beiden jungen Da
men angestellt. Auch jetzt dachte et
ernsthaft darüber nach. welche von den
leiden ihm eigentlich ain besten gefiele.
»Aber mit der Frau allein iit ei ja
nicht gethan.« sagte et sich schließlich.
»denn man heirathet ja nicht nur die
Frau, sondern auch deren ganze Fa
milie mit,'· nnd so verglich er denn
die beiden Familien miteinander:
Fräulein Emnnj hat leine Mutter-,
das ist ein nicht zu unteefchätzender
Vertheil, und Fräulein Nellns Mut
ter wiikde mich nicht stören. das weiß
ich im voraus. Bleiben also nur noch
die Väter zu überlegen. Bettl« Er
schüttelte sich. »Schön sind die alle
beide nicht, weder äußerlich noch in
nerlich. Dem alten Hupfeld sieht
man seine Hektunft noch ganz genau
an, und außerdem kleidet der Mann
sich in einer Att- und Weite, die iiie
das heutige Zeitaltee wirklich nicht
mehr ganz dass-end ist, er trag noch
Nöllchen und fertige Krawattem nnd
ob ich- meinem etwaigen zukünftigen
Herrn Schwieaervater das jemals
abaewöhnen würde· ist mehr als frag-·
lich. Jn der Hinsicht ist mein Haupt
mann mehr Gentleman, aber sonit ist
er auch für micht nicht gerade der Jn
begriff aller Seligkeit, sein polterndes
Wesen, seine Art,« immer gleich grob
zu werden und alles gleich übelzunehs
men« finden keineswegs meinen aller
höchsten Beifall. Es iit tvirllich sehr
schwer, für wen man sich.entschlieszen
foll, ob siir Fräulein Einmy oder siir
Fräulein Nella. Allerdings macht ja
schon Böhme der Nelly den Hos, aber
das hindert ja nicht, daß ich das auch
thue. denn in der Liebe ist sich ja jeder
selbst der Nächste, und wer die Braut
heimstihrt, ist unter Kameraden ganz
egal. Halt, ich hab’s«, sagte er sich
plötzlich. »Borlautig mache ich beiden
den hof, sowohl Nellh wie Emmy,
dann werde ich ja sehen, wer von ih
nen beiden ciiersiichtig wird, und
welche eisersiichtig wird, die liebt mich,
und die mich liebt, die liebe ich auch,
und die ich liebe, die heirathe ich. Gott
sei Dant, so weit wären wir. Jch
sage ja »im1ner: Koirnritz, du disi
doch ein ganz —-«
»Jnfameg Rindvieh!« tönte es da
laut iiber den Rasernenhoi. Irgend
ein Unterossizier mußte sich vergeoens
bemüht haben, einem Manne etwas zu
erklären, und machte jetzt seinem Her
zen mit diesem kräftigen Schiinpswort
Lust.
Konnritz stand da und macht: ein
ganz dummes Gesicht, der Yluaruf
war in seinen Gedanken hineingefallen,
denselben gewissermaßen betndend,
und das empörte ihn maßlos. »Besten
Sie doch dieses Fluchen,« fuhr er den
ilnterofsizixr an, »erstens ist eLs ver
boten, die Leute mit solchen Ausdrü
cken in belegen, zweitens hören sie sich
wietlich nicht ichs hübsch an, und
drittens möchte ich durch solche Aus
rufe nicht in meinen Gedaulen gestört
werden«
i »Was baden Sie denn iiir Gedan
ten?« erklang da hinter ilnn eine
Stimme, und als er um urriwandts:,
stand sein Hauptmann vor ihm.
»Herzlicli ivilltotnmen, du hast
mir gerade noch aesehlt," dachte Konn:
ritz. Dann meldete er die Anzahl der
zum Dienst versannnelten Unterossi
ziere und Mannschosten
Der Hauptmann legte danlend die
Hand an die Mitve. »Seht schön,
aber Sie wollten Inir noch sagen,
welche Gedanken Sie vorhin beschäf
tigten·«
,,Nur dienstliche, nur dienstliche,"
loa Konnrih frisch darauslos.
»Davon bin ich übemuth meinte
der hauptmann, »und ich möchte Ih
nen auch nicht gerathen haben, sich,
während Sie hier Dienst abhalten:
geistig mit anderen Dingen zu be
schäftigen Aber welcher Art waren
denn Jhre dienstlichen Gedanlen?«
»Wenn du ’ne Ahnung hättest,«
dachte Konnritz. dann sagte er ganz
stech: »Ich dachte über den Dienst
im allgemeinen und über einige
Punkte irn besonderen nach-«
»So so.'« Der Hauptmann wurde
mißtrautsch, er glaubte seinem Leut
naatsnicht mehr. und dessen Kühn
heit, sich herauåsluntern zu wollen«
ärgette ihn. Und zur Strafe sollte
der lich jede wirllich festlegen So
fragte er denn weiter: «Und woriiver
haben Sie denn im befanderen nach
get-achts«
»Der Mann ist wirllich von einer
Neugierde, wie man sie selbst bei
Frauen feilen findei,« dachte Konn
riy. »Aber wenn er glaubt, daß ich
mich hier fein-ede, irrt er sich ielji."
So sagte er denn: »Ich habe darüber
met-gedacht ob es nicht doch vielleicht
eine Möglichleit gibt. den Müller va
hin zu bringen, daß er das linke Knie
durchdriickt.«
Müller war das Schmerzen-stinkt
des Htiudtmanns. er versteckte ihn bei
jeder Besichtigung so viel er nur ir
gend tonnte, aber es half alles nichts-,
der fiel immerhin unangenehm« aut,
und doin Herrn Major angeiangen
bis hinauf zu Seiner Exzeurss dem
Kommandirenden hatten alle schon
,Miiller bemerkt und dessen lintesz Hure
dein Herrn Hauptmann ganz beton
derg an’s Herz gelegt. Müller hatte
dem Herrn Hauptmann schon manche
schlaslose Minute gekostet, und so
empfand er es wirklich dantbar, daß
Konnrih sich gerade mit diesem im
Geiste beschäftigt hatte. Jm stillen
bat er ihm sogar Unrecht ab. das er
ihm durch den Zweifel an seine dienst
lichen Gedanken zugefügt hatte.
»So, so,'« sagte er erfreut. »Sie
haben also über den Müller nachge
dacht? Und sind Sie zu einem Resul
tate getornmenZ Wissen Sie. wie man
es erreichen kann, daß er sein lintes
Knie durchdriickt?«
»Sage ich nun nein oder ja,« dachte
Ronnritz. Viel Zeit zum Ueberlegen
hatte er nicht« so sagte er denn aus
gut Glück: »Ich glaube ja, Herr
Hauptmann.« Das war weder ja
noch nein, weder nein noch ja. Die
Antwort derpflichtete zu nichts-: hat-—
ten seine Bemühungen bei Müller.Er
folg, dann war er der große Mann.
und hatten sie teinen Erfolg, dann
war es auch noch so, dann :oaren
kleine Gedanken eben thöeicht gewesen«
nd daraus tonnte ihm tein Mensch
einen Vorwurf machen; auf jeden
Fall zeigte er damit, daß er das Beste
gewollt hatte.
»Hofsentlich wird der Hauptfuinn
nun nicht gleich von mir verianaen,
daß ich die theoretischen Kenntnisse
die ich gar nicht besche, gleich ins
c«s·!rattische iilertrage«, dachte Konn
riss
Aber da rief auch schon der Vor
gesehte mit lauter Stimme: .,".I.t."u-:
letier Müller!« und gleich daran
war dieser zur Stelle
Den hatte soeben der Unteroffsizier
wieder vorgehabt, und zwar ganz
gehörig, Müller datnpite wie ein
Kessel tochenden Wassers. tlnter
andnrn Umständen hätte der Haupt
mann dem Manne Zeit geleiten, sich
etwas auszuruhen, aber in feiner
Aufregung tam er jetzt gar nicht auf
den Gedanken, er tonnte ess gar nicht
abwarten, die neue Methode tennen
zu lernen, nach der sein Leutnant
den Arummea gerade machen wollte.
tFortsetzung folgtJ
-
Seinem Ziel, als armer Mann tu
sterben, ist Herr Carneaie um zehn
Millionen Dollars niiber gerückt.
. I I o
Unsere Zeit ist ein großer Werter
Wer ihre Schläge nicht hört, wird sie
fühlen.
I O II
Wenn man das Herz sprechen lassen
will, ist ei am besten, den Mund
schweigen zu lassen.
s- Cs .
Durch nichts bezeichnen die Men
schen mehr ihren Charakter als durch
das, was sie lächerlich finden.
i s- s
Schmeichelei ist eine falsche Münze,
tiie aber von den Eiilen willig in Zah
lung gnommen wirt.
O tf O
Man leidet geduldig um feiner Feh
ler willen. aber man wird ungeduldig,
wenn tnan sie ablegen soll.
s I If
Es aiebt Menschen« die sich auch
dann Guinmiichuhe anziehen, wenn sie
auf dem Trockenen sinnt
W —
»Ach, Zotten können Eie den-I·gattxi cht ermitteln, was mir eigentlich fikltsi
Waisen Sie mal, das wollen wir bei der Obduktion schon heran-Mem
«