Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 31, 1911, Zweiter Theil, Image 14

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    Ein Roman
WW
Ue Ueimnsch m
Von A. Flach
W
W
(7. Fortsetzung-J z
Sinn hieit es Herr Zchsniendt fürs
gerathen seiner Tit-»in zu Hine zu
kam-neigt —
«Tkziide, Freynng ist aber ein;
Mensch. der keine Snntpntdik verdient !
Q- toeiszi. ich hatte kein Vorurttzeils
gesrt ihn nnd wäre auch gewiß nicht?
Meist geweseniI daß-er mein Schmei
- Nsphn würde. Nun habe ich mir;
Ober is den testen Tagen, ais wir be: j
merkten, wie nahe ihr Euch schon1
Lebet« viel Miibe gegeben, habe herum: »
gefragt nnd tvns mir dn von vent!
inneren Menschen gesagt wurde, klingt
nicht erbaniich nnd veranlaßt mictJ
Dich nor ihm zu Inarnen." j
»Dars man wissen, wan iitser ihn
gesagt worden nnd wer ihn heitrtheilts
hat?«' fragte Mathitde mit leiser;
Ironie-. :
»Gewiß. Seine Lehrer vom Kon J
scrvatorinm erttärtsen einstimmig. er,
sei trsiderhaarig, eingebildec und be-?
tonten besondere-, ihm seht- jevecs zartes
Eint-finden . . . sie wanderten sich«
hing-, das; ein solcher Mensch trotz-i
dem deine Geigensviel. siik dar- er an Z
ßerordentlich begabt sei, soviei Gefühls
zeig-en trinkt« z
»Daß die Herren Lehrer ihn so ab I
fällig beitriheilen. ertlärt sich leickM
Vom Freyung krümmt eben seinen
Mitten nicht, blickt nicht bewundernd
drein bei jeder Aeußerung seiner Leh-.
rer, lächeik nicht Beifall über deren!
, schule Wihe . . ". Entz. er ist ein stol
zer Mann mii grobem Räetgrat.«
. ich liebenswürdig Und fteunbiich
»Schon, es Ist aver aimauian
Thitde, daß auch seine Kollegen ans
ihm kein gutes Haar lassen . . .er seis
anmaßend hart« grob . . . was sagst,
»Du nun·."
»Auch das finde ich begreiflich
Diese Zwerge an Talent und Kriip i
pet an Charakter find itnn neidisch.«s
»Dann habe ich noch die Frau, bei
der er seit zwei Jahren wohnt, or:
dient-lich ausgesarschL Die Zimmervers
mietherin, die ihn doch genau tennen
muß, meinte: »Ach, das ist ein nn
sreundticher Herr, dabei sparsam bis
zum Geiz. unverträalich. ein Nota
·1er, der hat etwas Böses auf dem Ge
wissen oder etwas Zeiss-echter im
Sinne «
- «Das stimmt nicht . . . Er iann
sein. wenn er will, nicht btos mit ge
:niiber. Geld verachtet er, wirft es
su den Fenstern hinaus. dabei ist er!
eine echte Kiinstsiernatur —- das tonntel
ich feststellen. Und ich vertraae mich«
mit ihm ser gur. So nug via ichs
allerdings nicht« wie jene Frau, welchel
so genau wußte. wie es um sein Ge s
wissen steht, aber ich kenne ihn doch
schon ein wenig und gehöre nicht ge z
rade zu den Dur-taten Jch habe keines
Angst vor ihm und wäre er selbst einl
böser-. böser Mensch, ganz schwaer
ohne jegliche helle Seite.«
Frau Johanna trat nun wieder in
das Dreigespriich ein, indem sie mit
der ruhigen Entschiedrnheit eines Ge
nerals sprach:
«Mathilde, tvie Du nun erstehst. ist
Papa eines Sinnes mit mir. Es war
dies ein letzter Versuch, Dir die Au
enan öffnen. er ist mißlungen wir
hassen aber immer noch. das-, Dein-:L
allzu günsttae Meinung von Herrin
Ireyuna nicht tanae leben wird, nndi
er Dir über kurz oder lang nicht Inein-l
in so vortheildaftsern Hirn-e ers-keinen
tvird, Du bist ein kluqu «iniidtieti,»
trsißt aus Aktier aus Deiner lsr l
sahrung an Anderen, daß junge Men
schen sich selbst über die Tiefe und
Stärtz ihrer Gefühle täuschen, weil
die Liebe eine Krankheit ist. Leider
bist Du nun selbst daran ertrnntt. Ich
spreche mit Dir wie ein vernünftiger
nnd aufrichtiger Arzt mit einein ver
künftigen Kranken und bitte Dich in
Deinem eigenen Interesse uns in dem
Bemühen, Dich zu heilen, keinen Wi
verstand zu leisten Der Verkehr
mit Feeyung wird abgebrochen er
darf uns nicht mehr besuchen. Du
darfst nicht mehr ausgehen ohne uns-.
·ngich nach dem Feste unternehmen
Dir eine Reise —— ich und Du
,Jrantreich, England, die Schweiz,
Ober-italien, Oesterreich ——- im Herbste
Iehren wir zurück. Habe Vertrauen
zu uns-, wir handeln nur zu Deinem
Men. Ueberwinde den ersten
Schmerz sei versichert, das seht
Usch vorbei. Und erspare nng dreien
sum-net wisse, es bleibt bei dem.
III ich Dkx gesagt habe. Du inaqst
time oder »Men· was Dir auch ein
« .
Sie streiche-te ihr die Wange nnd
M auf. - "
· Jlnd nie-. gute Nacht es ist
Mkenistitk
—.--«- M.
« 6. K n v i te l.
« Die besät-Im Sprache der Mutter,
»si- Ists-pignus der »Was-regel«
ishr-Mi- Æthilde selten, Itklen
hervor, der sich aus ihrem Ge
knichts widerspiegeltr. Keine
, wette beset. ihr Auge blickte
N ans Ue sond, der Mund war
. Obst Worte der
« hätt- sie den Serrnon
ins Jus ist-. den Eltern ruhig
X«««(ds:.-»-1-«««s..«« s -.. :
W
»Gnte Nacht'« sagend, weg.
Noch während Mathilde dei Tische
saß, hatte der Gedanke an den großen
Schmerz. den ihre Flucht mit Fremmg
den Eltern verursachen würde, an ih
rer Absicht geritttelt und sie erschüt
tert; nun war sie entschlossen
Und sie schickt sich nn. ihre Brief
ichcften und Bücher zu packen. Sie
wundert sich selbst über ihre Ruhe, mit
der sie die Sachen hervorsucht. Do
hört sie draußen vor der Thür Schrit
te die Mutter ist es. Mathild:
erschrickt. die Morgenschuhe» die sie
eben in Papier einschlägi. entfallen id
ren Händen. Sie zittert on allen
Gliedern nnd tragt sich: »Warum er
schrecte ich? Was fürchte ich? .....
Jst es am Ende doch häßlich und nn
edel, was ich unternehmen will-« . . ..
Sie setzt sich, schützt rnit den Händen
ihre Augen vor dem grellen elektrischen
Licht und zwingt ihren Geist zu ruhi
ger. logisch-et Thiitigteit. Nein, an
und fiir sich ist es nichts Schlechte-ji«
wag sie plant. Auch im edelsten Men- ;
schen wohnt ein gesunder Egoismitg,
der seine Rechte kräftig geltend zu
machen versucht.
Jetzt erhebt sich Mathilde nnd be
ginnt aus-·- Neue nach den Gegenstän
den zu suchen, die sie in der Fremde
nicht missen möchte —— Photographien
Spitzen, Bänder, Handschuhe. Par
fiim.
Dann befällt sie wieder Zweitens
Reue und zernagt ihr die Seele. Siei
legt all die Kleinigkeiten an den Platz
zurück. Aber Zweifel, Reue entflie;
hen vor den Zufliisterungen der »La
gi So schwantt Mathilde bin und
ber. bis der Morgen sein noch trübes
Licht ins Zimmer dringen läßt. '
Auf dem Nachttischchen tickt die
Uhr.
Mathilde sieht nach der Zeit. 6 Uhr
vorbei.
Um ILzT soll sie ausbrechen. Sie
blickt wie bittend aus die Zeiger, sie
mögen doch nicht so rasch vorwärts
eilen, mögen ihr die Bedenkzeit ver
längern. Aber die kleine Uhr schlägt
unbekümmert ihr gleichmäßiger- Tief
Taet, der Minutenzeiger rückt gravi
tätisch langsam vor. der Schindm
zeiger biipft in nervöser Eile von
Strich zu Strich.
Sie tbut einen tiefen Athen-nun der
ibr herz von der furchtbaren Bello-n
menbeit befreit.
Und nun legt sie den Mantel um.
Sie schlich leise durch den Korridor,
huschte rasch die Treppe hinab, auf der
Straer blieb sie einen Augenblick ste
hen« Der Morgen war klar, die
Sonne-derselben im Aufsteigen drü
ben iiii Stadtgarten die Wipfeln der
Pappeln und Linden, die Luft war
mild und doch frisch. es muthete sie
an, als schlürfe sie erquickende Luft
der Freiheit Oben in der Wohnung
Stichqu biet ein frischer Zug. der
die Lungen weitete und die Seele.
Sie stieg in eine Droschle, welche
den-Weg durch den Stadigarten neb
rnen mußte, um am ehesten den Bahn
bos zu erreichen,
7. Kapitel.
Am nächsten Morgen kam ein Tele
grainni. Frau Johanna übernahm
ek-.
»Es-iß mich öffnen«. bat Gustav.
»Ich habe stärtere Nerven es läßt
sich übrigens leicht erratben toabr
scheinlich von Deiner Tod-den«
Mit zitternden Händen überreichte
sie ibm das zusammengesaltete Pa
pier. Herr Schwendt setzte den Kari
ser aus und öffnete das Telegramm
mit Vorbedacht recht langsam. Dann
überflog er rasch den Inhalt, taum
dass er es geöffnet Er ließ dann ent
täuscht und mit sinsterer Miene die
Hand sinken.
»Um Gotteswillen Du bitt soi
blaß laß mich sehen«, tief ec i
schrecken Frau Johnna und eilte-!
auf ihn zu. «
»Nichts Froh:s«, erwiderte et bitte-!
lachend. »Von Deinem Sohn! Ek»
ist auf und davon — der help, he
Maulheldl Aug Angst vor der Strafe!
Oh, angteifsen mit blinder Wuth, da-l
zu sehn es ihm nicht an Muth. Adekl
seinen Mann stellen, persönlich einste
hen fiik das-, was man so mitthvollI
predigt, das nicht! Davongelaufen ist:
ek, hat nach Ziitich seinen Wohnort;
verlegt. Das Hiniibetfchießen aeiälltI
ihm, aber et iann das Zueücllchießenl
nicht vektkaqen Modetne Jugend
neue Menschen! Ha, hahaS Pol
böte: Bleibe längere Zeit ·in
Rütieh hotel Zentral, will mit nicht
den Mund ver-stopfen lassen. Misse
Nobeet.« l
Fenu Johanna kannte ihres Gatten»
? starre Ansichten in solchen Dingen und
« sie dachte gar nicht daran, auch nur eth
HWoet zu Rosette Gunsten zu sagen
iSie trat auf Gustav zu. streichelte
j ihm zärtlich das heiße Gesicht und ge
kleitete ihn stumm in das Weh-sym
jrney wo sie ihn neben lich auf das
szvha niedeezoer. St ließ das apa
! thisch mit sich geschehen Dann seufzte
» .
Ist
,.Sp haben wir denn feine Kinder
. meist-P
-
qffffwfnvffffffff f f I
»Nicht doch!« Versiindige Dich
nichts« bat sie.
Er schüttelte wehrniithig den Kopf.
»Nein — Du magst an sie noch
immer rnit Liebe deuten. Jcb aber
tann nicht —- ieb bin verwaist« ich
habe ieine Kinder mebrl«
Heer-le nicht« Gustav«, schrie Jo
hanna verzweifelt ani. »Daß Gott
Dich nicht ftraie ...'« —
Er antwortete nicht. Sein Bli
iiel auf zwei große Bilder an der
Wand. Er erhob sich hastig:
»Hier bleibe ich nicht. Jch lann
selbst ibre Bilder nicht sehen.«
Trotz aller Beruhigirngsversuche
Johannas ließ er sich nicht zurückhal
ten. Er ging hinaus ,und ihr, die
Ioebrniitbig die Bilder noch gern
länger angestarrt hätte. blieb nichts
übrig, als ibni in den Solon zu
folgen.
»Die Feier unseres Ebrentages
muß wolI unterbleiben?« iraate sie
dann, um ibn qui ein anderes Thema
zu bringen.
Er dachte nach und sagte dann:
»Das geht nicht gut an. Wir tön
nen all den Leuten, die schon seit
Langern große VorbereZtungen tref
fen, nicht einen Strich durch die
Rechnung machen Manch: freuen
sich oerntuthlich schon lange nus die
Zerstreuung ,die sie von dern Feste er
warten. Auch hieße es öffentlich be
kennen, daß uns das schändliche Be
tragen der . . .;« er lächelte hohnisch
der beiden neuen Menschen io nieder
gedruckt hat Nein, gerade nicht!
Keines von ihnen bat sich durch den
Gedanken beirren lassen, daß ihre
Handlungen Dir und niir das Fest
zu einer Trauerfeier machen tönnten
und gerade deshalb soll es lustig ber
geben und ich ich will der lieber
müthigste von Allen sein. Jch lasse
mir die Erinnerung an jenen bedeu
tungsvollen Tag vor siinsundzwanzig
Jahren durch inisiratbene blinder
nicht verderben.«
Er sprach mit jener Entschieden
heit, an welcher, wie sie wußte, nicht
zu riitteln ioar und sprach eingehend
über die verschiedenen Anordnungen,
die noch zu tressen waren Frau Jo
banna war es endlich ganz recht· daß
er aus der Feier brharrtex das
konnte eine wirksame Zerstreuung
siir Gustav werden, die ibn nicht zu
ost und zu lange an die Kinder den
ten lassen sollte.
Sie selbst aber wurde dessen nicht
miide und ob ihr es auch das Web
immer erneuert:, sie ließ davon nicht
ab
Der 17. Mai war da.
here Schwendt stand etwas sriilter
als gewöhnlich auf, blictte niit Rüh
rung auf seine schlasende Frau nnd
ging leise, leise biiiaiis. Er holte
aus seinem Schreibtisch das Geschenk
hervor und begab sich damit ins
Speisezimnier. Die Gärtneigehiljen
waren gerade gekommen und began
nen, diesen Raum zu schmücken Anna·
das Mädchen, deckte den Tisch heute
mit einein tostbaren Tuch-. legte einen
buntsarbig gestickten Läusei aus. dann
brachte sie goldnerändertes Geschirr.
das nuk bei festlichen Gelegenheiten
benutzt wurde. Auch Anna war heute
aufgeregt und es widersubr ihr, der
Geschicktem daß sie zweimal die sil
bernen tiasseeliisselchrn fallen ließ.
Dann kam die greise Köchin Marie
herein. in den Händen einen silbernen
breiten Teller mit einein wolriecheii
den Kuchen daraus, -- sie erlaubte
sich damit einen Uebergriss in die
Sphäre de- Dieners Franz, der allein
ziini Austragen verpslichtet und be
rechtigt war. Allein « die Köchin
wollte heute das selber besorgen, daß
ja nicht« Gott behiite, dein Kuchen,
welcher mit 25 silbernen Mehr-n ge
schmückt war, ein Unsall zustoße. Der
Diener tani und ging Aufträge aug
richtend und Besorgungen außerhalb
des hause-s erledigend. Herr Schwer-M
sorgte dafür, daß er nicht zur Rast
lam, immer Ivieder fiel dem Herrn
des Hauses noch etwas ein, das be
schasst werden mußte. Franz mußte
manchen über-flüssigen Gang machen.
Herr Schwendt war ungeduldig, er
tonnte er gar nicht erwarten, daß die
Lieferanten die bestellten Waaren zu
schienen. ·
Ab und zu verließ Herr Schwendt
den Schauplasz der Thiitigteit, der zu
erst ausgeputzt werden sollte, urn an
der Thür des Schlaszitnmers zu bor«
eben, ob seine Frau schen erwacht und
außer Bett war. Endlich hörte er sie
im Waschbecten plätschern. Gleich
bolte er selbst einen herrlichen Strauß,
der in der Küche versteckt war, kehrt
an die Thitr zurück und lauschte;
nun mußte sie die Morgentoilette be
endet beben· -
Er klopfte.
»Bitte«, ertlang drinnen die sauste
traurige Stimme hannnst er trat ein,
überreichte ihr den Strauß.
spDsß wir in Glück nnd Freude die
aalbene Hochzeit seiern mägen«, flü
fterte er bewegt .Und wenn ei zum
Sterben lomrnt —- dass wir in ber
» selben Setrtnbe «etnselolasen!"v
; .Dai walte Optik erwiderte han
na mit tbrsnenerstickter Stimme.
ffffffffffffffvffffff ffffff
Sie liißten sich und hielten sich eine
Weile umschlungen, dann ließ er sie
los und sagte:
»Ei. und welch herrliches Morgen
tleid meine theure Braut angelegt hat
—- dieses vornehme Mattgrau, mit
Silbersäden durchzogen. sieht Dir ja
grnz ausgezeichnet Und schön hist
- us«
»Ich mußte mich doch heute schön
machen, Dich hinweg zu täuschen, daß
ich um 25 Jahre älter bin wie da
mals, als wir in der Kirche vor dem
Altar standen Du sollst glauben,
es seien nur zehn, siins Jahre seither
dahinaegangm Sieh mal, Du
Du selbst nein, dieser eitle Mann
bat sich eigean einen neuen Morgen
anzug machen lassen. Nein diese Ele
ganz.·« »
»Gewiß, auch ich will jünger schei
nen. damit der Abstand nicht zu groß
sci!«
Er reichte ihr den Arm, den sie mit
araziösrr Verbeugung annahm. Jm
Wohnzimmer blieb sie stehen und hielt
ihn an
»Bitte. · . warte hier einen Augen-«
blick. .. ich hole Dich bald " l
Damit verschwand sie holte aus
ihrem Bondoir eine mit arauer Decke
bedeckte Carton - Schachtel, stellte sie
im Speiseiimtner auf einen Stuhl
und tehrte nach einige n Minuten wie j
der zurück» i
»So fest tönnen wir gehen.' f
Sie heiraten das Speisezitnmer, in«
dem es nach Flie der Maiblumen und
Rosen duftete, zu den offenen Fenstern
herein strömte auch noch die milde«
Maienlust.
Herr Schwendt siihrte sie an den
Tisch zu ihrem Plah Auf ihrem Tel ·
ler lag ein Etni l
Mein Hannchen dieses Schachtel (
ch: n birgt ein kleines Anaebinde ..
nun rathe ’mal, was es ists«
Sie kam nicht daraus, was das
Etni enthalten mochte, als er ihr,
nachdem sie dreimal sehlgegangen
war« sagte. sie sollte nur weiter ra
then. erwiderte sie lächelnd:
»Du vergißt. dase ich eine Evastoch
ter bin.« i
Sie ergriff die Schachtel, öffnete
sie hastig und stieß ein »Ah« der
freudigen Ue betrafchung aug.
»Wahrhastig . . . herrlichs«
E- war eine Kette aus Alt—-Silh:r,
aus- 25 meisterhaft cifelirten Glie
dern bestehend, die durch seeigesaszie
Brillanten verbunden waren; statt
der üblichen Uhr befand sich an der
Kette ein herzförmiges, goldenes. mit
bunten Edelsteinen besestes Anhäng
sei, das aus der Rückseite Gustaoz
Kopf in Miniaturphotographic zeigte.
»Diese Kette wollen wir verdop
peln. wenn toir die goldene Hochzeit
erleben«, sagt-: :r ganz glücklich, daßf
ihr das Geschenk so viel Freude besj
reitete.
»Nun, wie der Herr es giebt ..
ich danle Dir von herzen siir dasl
sinniae und so wunderschöne Ge
schenk«. erwiderte sie gerührt und
dankte ihm noch inniger mit ml
Blick als tnit diesen Worten nnd dem»
Händedruck
»So nun aber . .der Kasseel
wird talt!' »
Einen Augenblick nur noch Gu i
stan. Du glaubst doch nicht, daß ichl
Dich leer ausgehen lasse?«
Sie siihrte ihn in die Ecke des
Zimmeksz wo das grosse Karton aus
dem Stuhle aufrecht stand Sie zog
das Tuch sort. Er erblickte ein ent
zückendes Gruppenbitd nach einer!
vor fünfzehn Jahren angefertigten
Photographie oon eines Künstleer
Hand in Farben gezeichnet. Gustav »
zu seiner Linken die kleine Mathilde«
damals icn fünften Lebensjahr,
rechts Johanna, an ihrer Hand der
achtjätirige Robert Der Vater Init
ernstem Blick, aus dem stilleg Glück
hervorsckiitnmert; int Gksichte der Mut
ter hell-er Sonnenglanz der Freude;
auf dem liebeeizenden Gesichtchen
Ihildcheng spielt der Schalt, während(
Robert iidermütliig und etwas troyig
aussieht »
Herr Schwendt betrachtete mit«
tvehmiithigem Blick das Bild und um«
armte dann stumm seine Frau.
Nun erst seyten sie sich und nahmen;
das Frühstück ein. Si-: aszen fast nie: »
chanisch, würdigten gar nicht den sei-«
nen Geschmack des Kuchens-. Beides
sonnen nach. wag sie sagen sollten,
unt dem Anderen das Herz sür den
heutigen Tag zu störten. »
Nun mußten sie sich aber auch schon
vom Tisch erheben. Jeden Augenblick
tarn ein Diener oder ein Gärtner-ge
hilse herein, etwas zu melden oder urn
Entscheidung in irgend einer Sache zu
bitten. Dann trafen Briese von ani
wärtigen Verwandten und Freunden
ein, auch einige doreilige Telegrami
nie. Ferner wurden auch schon Fest
aeschente abgeliefert: Gemälde, Us
sen, Biisteey silberne Mdrtbentriinie,
hiervon waren bis zu Mittag nicht«
weniger ais sieben Exemplare vorhan
den — Körbchen mit landirten
Früchten frisches Diesi, Blumen
:striiuße, Toeten und dergleichen niedr.
Man plazirte die Geschenke aus einein
Tisch in einer Ecke des Solon-.
I fffff I fffffffffffffffffnv
Um Itzt Uhr nahmen sie rasch ei
nen meiß.
Bald darauf erschienen Herren und
sDamem die der Familie ferner ste
lhend, zum Souper nicht geladen wa
Iren und doch dem sympathischen Ehe
;paare die Wünsche mündlich darbrin
gen wollten.
Vor lauter Arbeit tamen Gustav
und Johanna nun garnicht dazu. in
sGedanten lange bei den Kindern zu
der-weilen Gegen drei Uhr Nachmit
tags waren sie so erschöpft, daß sie
ein tteines Schläschen halten mußten
— Dann gab es noch immer viel zu
thun.
Um sechs Uhr erschien die Friseu:
rin, und während sie Frau Johanna
das Haar heute mit besonderer Kunst
fertigkeit behandelte, ging ihr die
Zunge lebhaft, ohne jedoch, daß dies
mal das Gerede Beachtung fand.
Dann ging Frau Schtoendt daran,
sich nmrutleidem Anna, die ihr da
bei behilflich war, tonnte über die
dröchtige schwere Lilaseidenrobe nicht
genug staunen. die ihre Herrin an
legte. Von dem zarten Ton des
Stoffes hoben sich die eingestickten
glänzenden Silberguirlanden und die
matt schimmernd-s Kette prächtig ab;
wie ein Echo dieser Silberfäden wirt
te der Sitberrnnrthentranz, der sich
um Frau Schwendts goldblondes,
nur hie nnd da von weiszen Fäden
durchzogeneo Haar schlang» Die Tails
le, oben distret ausgeschnitten so daß
nur wenig von ihrem weißen Hals
sichtbar war, brachte die schöne Form
der Büste zur vollen Geltung
uWie jung Sie doch sind, gnädige
Frau«. platzte die naive Anna heraus,
als Frau Schtvendr eine Stunde spa«
ter mit der Toilette fertig war. «Ach
Gott, tvie schade, das-, die jungen
Herrschaften sortreisen mußten .....
gerade ietzt was hätten die sich ge
sreut, Frau Manta so schön zu sehen
Besonders der herr Doktor!"
Das aab Frau Schwendt wieder
einen Stich ins Herz. Sie wußte
nicht« was sie saaen sollte. So schiette
sie denn das Mädchen sort, sie solle
nachsehen, ob der bete auch schon den
Anzug gewechselt habe.
tFortsetzung solgt.)
Die literarischer Produktion der
Welt.
Die literarische Weltprodultion
zeigt fortgesetzt die Tendenz zur Stei
gerung. Von der Mehrzahl der ento
viiijchen Kulturstaatem sowie von den
Vereinigten Staaten von Arnerita lie
gen jetzt die Literaturstatistiten siir
das Jahr 1909 vor muss Italien sind
sogar bereits die Zahlen sur 1910 de
tannt geworden. Nach diesen Zahlen
marschiert in der literarischen Produt
tion der Welt noch intnrer Deutschland
bei weitem an der Spitze. Die Zahl
Her im Vaterlande Gutenbergcs llestsl
erschienenen Deuttschristen betrug nicht
weniger als 31,l)51. Die ungeheure
Steigerung der deutschen literarischen
Produktion wird ersichtlich, wenn wir
anführen, daß die entsprechenden Zah
len siir das Jahr 1890 18«875 und
siir 1900 24,792 waren Von 1890
bis 1909 hat sich also die literarische
Erzeugung in Deutschland um beiliiu
sig 75 Prozent vermehrt, und es ist
dort in den legten 20 Jahren zusam
tnen die Riesen-nasse von I)8,409
Veröffentlichungen erschienen. Die
zweite Stelle hinter Deutschland
nimmt Russland in Anspruch. Dort
find Most rn»«ruttttcher Sprache ZU»
Why in anderen Sprachen Tat-tu Ver
offentlichnnaen erlehienen Das macht
zusammen 26,6538 Druafchriften, eine
Vermehrung gegen das Vorfahr von
fast Ist-W Nummern. Diese Zahlen
find jedoch cnfofern einzuschränken, alg
darunter alle überhaupt erschienenen
Druafachem also auch Berichte, Sta
tuten, Supplernente und Musikstück
mit Text, inbegriffen sind: die Ziffer
ber literarischen Veröffentlichungen itn
Sinne der Statistiten der anderen
Länder dürfte hiernach fiir Rußland
trsefentlich geringer anzufetzen fein,
nnd eH bleibt felbft fraglich, ob Nuß
land den Rang vor Frankreich toird
behaupten können. Hinsichtlich der
französischen Statistik verdienen die
Angaben des Herrn Enge-ne Morel die
tneifte Glaubwiirdigkeit, der die fran
zöfifche literarifche Produktion des
Jahres 1909 im ganzen auf 11340
Blinde und Btojchüren beziffert Ein
neuer Zug dek- Jahres 1909 ift nun,
baß dte Vereinigten Staaten von
Amerika sich den Plan hinter Frank
reich erworben und felbft die literari
fche Produktion Großbritanniens et
was hinter fich gelassen haben. In der
Illnian erfehienen 1909 zufammen 10,
lsol neue Bücher und neue Auflagen,
während die literarifche Produktion
Großbritanniens nur 10,725 betragen
hat. Dabei weist aber die Produktion
in den drei zulett genannten Staaten
gleichmäßig den Zug der Steigerung
auf; fie beträgt in Großbritannien
ungefähr 1000, in der Union aber un
gefähr 1700 Nummern. Die amerlta
nifche Produktion ift im Jahre 1.908
infolge ber allgemeinen wirthfchaft
lieben Krisis um etwa 400 Veröffent
lichungen auf 9254 herabgegangen; zu
vavvvvvvvss ......
idem erheblichen Antchwellen Des W
rarisehen Hervorbringuna tin Jahre
1909 haben dann wohl aie Gedenttaae
van Dorn-tin Gladstone. Tennylotn
Poe, Lincoln u. a. wesentlich beigetrai
gen. Das einzige grosie Kultilrlattd,
rvo die literarische Produktion eine
Neigung zum Rückgange zeigt«»ltt Its
lien« wo die Zahlen bereits siir Eil-)
vorliegen. Die italienischen Veroi
sentiichungen betragen lmtszz ttlsis
1909z 6883 und 1910 nur ti?88.
Wenn wir hiernach noch die literariftdse
Erzeugung in einer Reihe von kleine
ren Ländern, siir die zuverlässige ZEIT
len aus das Jahr litt-it vorliegen, am
zuziehem wie die der Schweiz. Lttrem
burgs, der Niederlanbe, Dänernartg
nnd Nortoegen5, so gelangen irsir zu
dem Ergebnisse. dass die genannten
Länder 1909 zusammen die ungeheure
Masse von beiläufig lt2,()u0 Vervt
senllichttngen ans den Markt gewarten
haben. Reduzieren wir aber dies
Zahl selbst aus rund mittle lvo
Ibei doch immer noch zu bedenlen bleibt,
ydasz selbst aus der europiiischen Statt
lstit noch eine Anzahl von Ländern
iisicht berücksichtigt werten tonnte
Iso ergibt sich eine iiterarische Jahrze
-produttion, die in bedentliehem Mist
Verhältnisse zur Konsuniptianvsähig
lieu stehe ers macht iich Dieses Miß
jverhältnisr denn auch schon vielfach
»siihlbar. insofern der Absasz gediegener
Werte in den meisten Kulturliindern
jirniner schwieriger wird. da ihnen die
lMassenvroduttion den Weg zum Pu
; blikunt sperrt. Auch vermag der tvii
Isrnschastliche Forscher die Literatur
seines Faches eigentlich nur noch dann
zu iibersehen, tvenn er sich aus ein ganz
Ispezielles Gebiet beschränkt.
s Es mag noch ein sliichtiger Blick aus
ldie Zusammensetzung der literarischen
sWettvroduttibn geivorsen werden. Da
; bei zeigt es sich, baß derVauptantheil in
;einer ganzen Anzahl von Ländern iius
sdie Erzeugung von Romanen und No
ltreilen entsiitli. Besonders gross iie
sder Antheil dieser sogenannten schönen
lLiieriitur, die aber vst nichts weniger
als schön ist« in Großbritannien Dort
Jbetrug nämlich 1909 der Antheil der
hLielletristit an der literarischen Ge
saninitprodultion nicht weniger alr
2881 Drnckschristenx mit anderen
Worten: iiber ein Viertel aller bnch
shändlerischen Erscheint-now des Jati
res 1909 waren in England Romane
nnd Erzählungen Giinstigee ist das
iVethiiltniH in den Vereinigten Staa
ten. tvo diese Abtheilung l909 nur
! 1087 Nummern erreichte. Es ist im
Jnier noch die nmsnngreichste Gruppe
jder ainekitanischen Literaturprodul
tion, doch beträgt sie nur etwa ein
Zehntel derGesainnitproduttion u. iit
Argen das Vorfahr utn .·:7l Nummern
xznriiclgegangen Daß ihr die liternr
liiitorischen Veröffentlichungen mit
LlUtR Druckschristen beinahe gleich
J lotnrnen, ist wohl aus Rechnnnq der er
stoiihnten historische-n Gebenttage zu
sehen. Andere Züge bietet die litera
titsche Produktion in Deutschland,
’Frtinlreich, Italien und Dänemart.
z Jn Deutschland marschiert die Gruppe
»,,Erziebnng und Unterricht« tein
Hschliesilich ver Jugendschrisient mit
Hielt-IN- Nutnmern an der Spitze, die
;schiine Literatur, einschließlich Thea
jtersliicke und Voltgerzählungen, folgt
!n!.it 4297, ian auch Rechts- unn
TStaatHwissensckmst (38’()1). sowie
ineologie thiLO zeiaen Niesenzissern
Fiir Franlreich ist recht charakteristisch,
sdnsi die hauutgrupve der literarischen
Produktion die Geogrnpbie und Ge
schichte von k rantreich umsa t, der
;1Z«09 2603 ekle galten: erst ieraus
Isolgt die Literatur init Liszt Num
Jtnetn. Jn ähnlicher Weise marschiert
Hdie Gruppe »Nationale Geschichte und
jGeoqratihie« in der literarischen Pro
;nu!tton Danemorts mit 1244 Nimr
Irnern nn der Spitze; die ichöne Literis
rlur folgt dort rnit nur Stslsl Nummern
lin erheblichem Abstande-. Jn Italien
Iendlich sind es überrafchenvertoeife di
:foziulen Wissenschaften denen die uns.
fnflendfte literarifche Produktion ailt.
7l’:t Dtnclfchriften befnfiten sich lltlltt
rniit ihnen; es folgt die Gruppe Acker
Eben-, sinnitgewerbe und Handel nnt
lt529 Vetöffentlichunaenx Ren-inne inxo
; in aednilltern Jahre in Italien nne tl l
;erfchienen, aber freilich werden lzire dir
’Grnppen »Poesie« mit Blick its-n »Th
men und Theater« mit Nil Nummer-c
noch für sich aufgeführt
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Jn einem Teeliiffel Eisereans nat
man 300 Millionen gefundheitzfchäd
liche Bazillen enthalt. Und doch ift
allem Anfchein nach die Sterblichkei
nicht größer geworden Wo- neiiffen
wir filr Mägen haben! «
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Englands Kriegsniiniftet erklärt
das für die brilifche Armee vom ame
ritanifchenFleifchtruft gelieferte Rind
fleifch file vorzüglich nnd betönrrntirtf.
Der Mann ift zweifellos ein Geor
meint-.
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Jeht geht es auch dem Steintrufl un
den Kragen Das ift hart·
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Jungen Damen gefällt eine Erho
lungsrelfe am besten. wenn sie kjkkk
«Er«—holungsreife wird.