M Ein Roman E — - ---- -- ---.-I--I-I WReue Mensch-wen I Pon A. flach - - ----«-«-i-I , les-. IortsetzungJ Plötzlich raffte er sich auf, brannte eine Crgarette an und trat näher zu .Wir werben bald weiter müssen«, sagte Freyung dann in dem Ton ei nes vesorgten Bruders. »Es wird , Mc das könnte Jhnen schaden, - -Jtiulein Mathilde.« gab sie lächelte wieder leise. Zeit 10 Uhr Morgens hatte er es vermie desn. ihren Bornamen zu gebrauchen: jetzt brachte er ihn zum ersten Male wieder über die Lippen, folglich »Gut —- brechen wir gleich ouf«, sagte sie ruhig. »Und wir sollen so attfbrechen." So f-... ohne ....·«« »Was meinen Sie — »ohne?« « Er antwortete zuerst nicht, dann kam es zögernd: s »Ohne uns wieder...« »So sprechen Sie doch aus, Herr Zretzung!« drängte sie. -.Spw·ben!? — Sis: wissen ja, was ich meine", versetzte er schon etwas ärgerlich Also . . . ich meine. Sie sind mir böse, wegen . " »Ich — böse-? Fällt mir nicht ein« Er blickte fis-e an und fah eben einen schallhaften Zug von ih fern Gesicht versehn-indem Mit einem Male ergriff er ihre linke Hand und tiihte sie. »Ei, -ei«, sage sie tachetnd und zog die Hand sachte zurück. Welcher Rüctfall in die romantische Nitterzeit! Wer wird einer Frau die Hand küs sen —- die ist ebenso mit einer Epi demie bedeckt wie die des Manne-J.« »Sie sind ein böses- Mädchen«. gab er zurück und riß ihre Hand wieder an sich und preßt-e heiße Küsse da kauf. »Der verliebte Martin Freynna ist eine batbtoniische, halb rührende Ge sstalt«- sagte sie autmüthig scherzend lnnd ließ ihm die Hand. . Esr stieß sie pithiich mit scherzhas tem Zorn zurück· »Ver!iebt? O nein!'« ries er ans. «Blog Si: find ein sympathi Jscher Mensch und ein hübsches Mäd Ichen dazu, und desshalb bin ich Ihnen Lguh aus ganzer Seele. Und nun, aus kund nach Hauses« s Sie sprachen während der Fahrt , zznr Staeion nur noch von gleichgül k—«-tkigen Dingen, aber in vertraulich Efreundschastlicher Weise nnd Mathil Fe war zu ihm tieWrdiger denn »F· Jm AbtheiL das sonst leer war, beschäftigten ihn- ossenbar ernste Ge danken, er antwortete kurz und zer streut aus ihre Anregunxn Dann zog er die Augenbrauen zusammen, kptcßte die Lippen auseinander, wie wenn er rnit sich kämpfte, Und etwas surüetdriingte, was er gern sagen weilte Mathilde beobachtete das Spiel mit Spannung und sprach nicht wei Plöhlich sagte er sichtlich bewegt: n »Mathildez warum soll ich Verste sens spielen Sie wissen ja doch, was in mir vorgeht Ach, wie glücklich wäre ich, wenn. ihr Vater slöslich vetatrnen würde. Es kommt sja sonhäufia vor, daß so große Fa sbtiken plötzlich zufamcnenbkechen. Jch vIII-site, daß auch bei Schwmdts das Leben auf großem Fuße nicht gerecht »fertigt, blos darauf angelegt sei, die Leute durch den Glanz zu blenden. EJQ habe Erlandigungen eingezogen ,, —- leidet ist der Wohlstand solid . .. Run, das« Hinderaißfiele weg, wenn Sie auf den elteelichen Mammon ver E en, wenn Sie sich damit begnü Issn wollen. was ich für Sie erarbei Ien werde.« Jhr war es bei diesen Worten deifzu geworden. Wie gewaltig mußte seine Liebe zu ihr sein« wenn er, der Stolze und Kaltbliitige, so sprach. Und sie war blos verblüfft über feine be stimmte Voraussetzung daß auch sie ihn liebte. Sie hatte ihm doch nicht den geringsten Grund zu diesem Glau ben gegeben, und fie empfand auch nichts mehr für ihn als warme reundfchaft. Wie konnte dieser feine . hschologe so irren? Oder hatte er Recht, liebte sie ihn am Ende, ohne sich dessen bewußt zu sein? Es fie berte sie bei sdiesen Erwägungen die sie fortsests ohne ihm Antwort zu ge ben. Um steh selbst zu prüfen, zwang sie die Phantasie, ihr das .Leben zu igen ohne die Existenz dieses jungen arme-, und ej erschien ihr aller dings langweiliger als jetzt, aber sie empfand nichts von fthmerzlicher sehnsucht Und sie rief die Phanta sie wieder herbei und die mußte ihr Martin darstellen mit blutenden Schlafen- hingestreckt auf dein Rasen,l M, mit nett-enden- Btick, nehm set-! net leanthaft zuckenden Gestalt ndchj eine dampfende Pistole . . .. und ihr! « rz lratnpfte sich zusammer eine hriine kam ihr in's Auge und ihre Gedanken zersisrten rasch das d der Phantasie und-in ihrer Seele jubelte es: Ich liebe ihn. z . Sie blickte auf —- er saß gebeugt ’ , ,. den ston zwischen den Rudern . Z zxnßlosigleit in Blick und Miene. s si »Amt« Mattigk« flüfieete sie für ch. Er erhob den Kopf, ergriff ihre Rade und sah Mathilde lang innig an. Dann mutmelte et: »Da giebt es nur ein-en Weg! Mathilde. Werden Sie meine Frau und entfliehen Sie mit mit das wird Ihren Eltern ein schwerer Schlag sein, den sie aber leicht-er überwinden werden« als wenn» Ihnen in langwietigen Verhandlun gen, die doch nicht zu versöhnlichem" Ende führen können, täglich das Hekzblut sickekt Sie, Mathilde. wüt den sich enfach in diesen langathmigen Kämper aufreiben« Sie zitterte. »Ach, meine arme Mutter ich furchte. es ginge ihr ans Leben« «Schade. iammserfchade", sagte er tonlos. Er ließ ihre Hände los, lebnte sich zurück und senkte die Art-s gen. Mathilde erschrak iiber den düste ren Ausdruck seines Grsichtes. »Ach, lieber tHerr Martin las sen Sie mich erst ein wenig überle gen . . .« »Das sagen Sie aus Erbarmen mit inir", erwiderte er dumpf. »Das sage ich aug..« aus Liebe zu Ihnen, hätte sie beinahe gesagt .. »Verz1veiflung iiber die furchtbare Lage, in der ich mich befind:, und in der Ahnung. daß noch eine andere Lö sung möglich sein wird...« »Jhre Mutter, das fühle ich, wird nie ihre Zustimmung geben es giebt nur eine günstige Lösung fort in die ferne Fremde. nach Ame rita...iiberiegen Sie sich in Ruhe die Sache, es drängt nicht so sehr... drei, vier Wochen...'«' Ueber den Aufschub der Entschei dung freute sie sich ansagt-an sie hoffte aus irgend ein Ereigniß, das den Konflikt schmerzlos fiir die Eltern und si-: selbst lösen würde. Vielleicht wird die Stimmung bei der silbernen bochzeit eine Ausgleichung ermögli-1 chen. Sie sah nun hoffnungssroher in die Zukunft, und von der unmit telbaren Sorge befreit, ward sie heiter. Sie reichte ihm die hand: »Mein Freund, hoffen Sie..« »Ich dante Dir- Thildchen", erwi derte er, ihr warm die hand drückend.; Er feste sich zu ibr. Sie sprachen jeht wenig. Auf dem Stadtbabnhos wurde fiir übermorgen Nachmittags, da sie am nächsten Tage zu miide sein würde, ein Zusammentreffen in einer Kondi torei verabredet. Sie im hause be suchen. mochte er nicht: es sei da un gemiithlich siir ihn. Er preßte beim Abschied einen heißen Kuß auf ihre Hand. I. K a v i t e l. Herr und Frau Echwendt hatten noch öster Veratvungm ehe sie end giltia überein lamen, vor dem Feste Mathilde teinerlei Bemerkungen zu machen, sie ungestört mit Frevng verkehren zu lassen, vorausgesetzt, dasz sie nicht etwa gar zu Ueberspannres unternimmt Später, wenn die Wod nung wieder in Ordnung gebracht sein wird- sollen Mutter und Tochter nach Paris reisen, dann nach einem Aufenthalt von mehreren Wochen an die normanische Küste gehen, von dort seinen Ausslug nach England machen , von dort nach der Schweiz fahren; dahin wird Herr Schwendl nachtontmen um bei ihnen einen Monat zu verweilen, die gemein schaftliche Hzimreise sollte im Sev: tember iiber Nizza, die Riviera ent lang, durch Oberitalirn nud über Wien erfolgen. Sie versprochen sich großen Erfolg: Die Füll-: der ver schiedenartigen Eindrücke würde Ma thilden-«- Gedanken von Freyung ab lenten, selbst dann, wenn ihre Gefühle inniger wären, als Mathilde zugalx Die Eltern widmeten nun ihre Aus rnertsarnteit hauptsächlich den Vorbe reitungen silr den 17. Mai, an dem es gegen ihren Willen feierlich und glanzvoll zugehen sollte. Es war sieht gut möglich, aus der großen Schaut von Freunden und Bekannten eine kleine Gruppe auszuscheidew um in engerem Kreise den Tag intirner und Wiss-er zu begehen —- das hätte viel Vemean hervorge rusen. Nicht ganz zwei Wochen lagen dazwischen, nnd es, »t« noch lehr viel ZU UND-Es » Us Geschenk-, seich- Us s ein-M zuge W, men Ists sitt-It fertig, ehe-leis « destellt W Die Ist-MA- ihnen Beiden. ohne daß sie ei essen-der sagten, fast zu kurz und Jedes-dachte file sich mit Unruhe, ob W die Anaebinde zur rechten Zeit til-geliefert würden. - Frau Johanna wußte nicht, was-i das bedeuten sollt, daß Mathilde an«l dem Tag nach dem Ausfluge anschei-; "nend seht aufgeregt umherging und »daß Freyung am Nachmittag weder; »selbst kam, noch eine Botschaft schickteJ ;Sie wagIZ nicht zu hoff-en- daß sie sich Tentztpeit hätten· Ach, das wäre gar tin Ichötu So sehr es sie drängte, mit »der Tochter zu sprechen, um aus it gend einer Mien: eine Verstärkung ih rer schüchternen Hoffnung herauszu finden sie vermied es, ein Gespräch zu suchen, sie wollte den Zufall walten lassen. Mathilde hieit sich meist in ihrem Zimmerchen auf, in Gedanken vertiest, und blickte nicht einmal um wenn die Thur ausging und die Mutter eintrat um nach ihr zu sehen, oder der Diener kam, der zu Tische bat. Am Abend traf ein Brief von Ro bert ein. Er theilte der Mutter mit, er wisse von einem befreundeten Mu siker, daß Freyung Berlin zu verfas sen gedenke. Die Nachricht bereitete der Mutter große Freude. Aus den Augen, ans dem Sinn. Ach, möchte man den Herrn Freyung zum erstenKapellmeis fter in Melbourne oder fonft irgendwo recht weit draußen in der Welt ma chen, damit Mathitde nach der Miet tehr von der Auslande-reife nicht wie der in den gefährlichen Bereich feines Einflusses gelangen tönne. Am darauffolgenden Nachmittage ging Mathilde fort, ohne zu fagen wohin. und nach etwa zwei Stunden tehrte sie mit gerötheten Wangen zu rück. Die Unterredung mit Freyung hat te ihre Nerven in Aufregung ge bracht. Du haft wohl einen tüchtigen Spaziergang gemacht, daß- Deine Wangen fo glühen«, sagte Frau Jo hanna leichthin: sie war doch nicht immer im Stande, das mit ihrem Gatten vereinbarte Snftem getreu einzuhalten »Ja —- im Stadtpart.' »Wie tommt es denn, daß herr Frebung fich gar nicht mehr bei uns fehen lästi« fragte die Mutter in der felben ruhigen Weite weiter. »Ich weiß nicht Ich denke- er wird uns bald befuchen«, erwiderte Mathilde, da Frenung eben gefagt hatte, er werde doch wieder einmal er scheinen, damit fein Fortbleiben nicht aufiallr. Frau Johanna glaubte daraufhin ihrem Mann später sagen zu dürfen, das; iwiichen Mathilde und Frenung eine Ahliihlung eingetreten sei. »Ich wußte es ja«, osrsetzte trium phirend herr Schwendt. »Nur nicht jeingreisen, nicht mit Milde, noch mit Strenge bei jungen Menschen ist »der Heiltrieh der Natur start, das gilt auch sür seelische Verivundungen.« »Ach, ich möchte ja gern im Unrecht ! bleiben, wenn die Sache nur ein gutes IEnde nimmt«. meinte sie hossnungsi Isroh »Ich sreue mich auch nicht roe: nig, das-, die letzten Nummern von» »Gegen den Strom« nichts, auch nichts einmal eine Anspielung enthalten, die? Dir und Deiner Richtung seindlich wäre. Ich wünsche sehnlichst, daß Robert sich so auch weiter erhalte. zum mindesten noch zehn, zwölf Tage.a Mathilde war um sechs Uhr fort aegangen, um, wie si: ungefragt er klärte, einige Ginlöuie zu besorgen und dann noch einen kleinen Spazier gang zu unternehmen. Das Verheimlichen und die Noth liige waren ihr so- zuwider, daß sie auch wirlich in einen Laden trat und einen Gegenstand sauste, dessen sie gar nicht bedurfte. Dann ging sie so rasch als möglich war- ohne ins Lau sen zu gerathen, in den Stadtgarten, wo der Freund in einem selten ausge suchten Roudeau sie erwarten sollte. Knapp davor blieb sie stehen; er sollte an ihrem hastigen Athern, an ihren von dem raschen Gange geröthe ten Wangen nicht erkennen, mit wel-» cher Ungeduld sie hierher geeilt war. Sie sand ihn schon vor, aber nicht« wie es seine Art sonst war, ruhig auf einer Bank siyend, ein Bein über dem andern, sondern nervöö aus und nie dergehend, mit geröthetem Gesicht und suntelnden Augen »Da bin ich, Martin . ..'« Er eilte aus sie zu. »Ah . . . . komm, sehen wir uns . . . wie schön Du wieder heute bist! eine leibhaftige Sylphidel Er geleitete sie zu der sank, über welcher Fliedep biische schilsend ihre reichbelauhten ge ausbreitetem Sie nahmen la . athilde war verduti. Zum ersten Male geschah ei, daß er ihr schmei chelnde Worte sagte. EIN-M- husi Du mich auch L wirklich liebs« »Ist mein Erscheinen Ihnen noch nicht Beweis genua?« « »Das steise »Sie« könntest Du wahrhaftig schon außer Dienst setzen«, sagte er sast unwillig. «Mariin, ich will mich schon daran gewöhnen will »- heimlich iiben und Sie dann damit überraschen. Gut Ding braucht Weile« s Er schlang feinen Arm um ihre Taille und tiißte ihr die Wange Maihilde schrai zusammen vor Ueber raschung und vor Freude. »Komm. mein Lieb . . .. Du mussi Dich entscheiden; die Frist, die ich Dir aeseji ,,erscheint mir nun wie eine Ewigkeit Jch kann nicht länger warten je ehre. je lieber will ich wissen, ob mir das Gliiet hold ist.«' Sie legte ihre hand aus seineSchuL ter. .Bitte...deängen Sie mich nicht. lass-en Sie mir Zeit ..; es ist etwas Furchtbares- was Sie.·.toas Du von mir derlangsi..." ernung rückie näher an sie bekan, er senlte seinen dämonischen Blick in ihre Augen« ee sprach rasch, leis-. mit Leidenschaft Die Worte überspru delten sich, seine Stimme llang heiser und sie bebte er rasste alles zu sammen, was in ihm an Energie, an Uebereedungstunst, an Leidenschaft vorhanden man und redete aus sie ein und ließ seinen glühenden Blick aus sie wirken. ler ward ängstlich zu Muthe: es lam ihr vor, als wollte er die Liebe zu den Eltern mit erbar mungsloser Hand aus der Seele rei ßen. Wie eine junge Bitte sich im Brausen eines Orlang hin- und her beugt und durch schmiegsames Nach gebsm dem drohenden Tode zu entrin nen hofft, bis ein Windstoß sie plötz lich ties unten am Stamm erfaßt und sie zerbricht, so wehrte sich Mathilde aegen die Uebermacht. welche von Feenuna ausging, bis endlich unter einem bestigen Ansturm ibr Wider stand aebrochen wak... von Schmerz übertvältiat und doch auch gliickselig sliisterte ste: »Nun gut, ich beuge mich Deinem «Wrllen. Thu mit mir, was Du willst.« »Mein Mädchen«, fiiisterte er und wieder küßte er sie lange auf den Mund, daß ihr die Wellen des Bin tes warm und weich durch die Adern rollten. »Am- morgen um l,-·-7 Uhr treffen wir auf dein Hauptbahnhoi zusam men«, sagte er, sich plötzlich erhebend. »Ein Freund von mir in harnburg, im Amte, wird uns die ftandesamt liche Trauung ermöglichen. Jch muß fort, habe noch allerhand Vorkehrun gen zu treffen.« Mathilde wurde es eiskalt Jn wenigen Minuten hatte er ihr alle Weisungen in Bezug auf die Reise gegeben. nun beeilte er sich, fortzugehen, um seinerseits die nd thigen Vorbereitung zu tressen. Mathilde tonnte nur langsam vor wärts kommen. die Füße wollten sich nicht vorn Boden erheben, schienen mit Blei gefüllt. Sie schwantte nach Hause. Sie wollte ruhig denken, vermochte es aber nicht, ein Chaos von Empfindungen und Gedanken herrschte in ihrem Kopfe, sie wußte nicht recht, ob sie wachte over träumte, war sich nicht bewußt, wo sie sich be sand und wäre um ein Geringes von einem dahinsausenden Motorwageni l überfahren worden. Ein Herr hatte sie im legten Augenblicke zur Seite gerissen und sie wegen ihrer Unbe dachtsamteit »Vertriiumte Gans« an-. Mschrieen die Worte waren an ihr Ohr getlungen wie irgend ein an deres Geräusch, ohne das- sie deren Bedeutung ersaßt hätte, sie wußte gar nicht- daß der Ausruf an sie gerichtet war. Als sie zu Hause eintras. brachten; sie die bösen Blicke ihrer Mutter und: die unsreundliche Miene des Vaters» lein wenig zu sich. Das Abendessen verlies still. Frau Johanna hob die Tafel aus. »Mathilde, tomm ins Empsang zimmer mit uns-. Wir haben mit Dir ein Wort zu reden!" Mathilde erwachte bei dem strengen Ton der Stimme völlig und blickte aus. »Ein Wort zu redeni« «Wir?« Aber das schreckte sie nicht. Was lag. ihr daran, sie stand noch ganz unter dem Eindruck des bedeutungsvollen Zusammentresseni im Stadtgarten, sie sühlte aus ihrem Munde noch den warmen Druck von Mariinö Lippen. Sie begaben sich alle drei ins Em pfangzimmer uno Frau Johanna nahm diesmal absichtlich an dem Tische in der Mitte unter dem Liister Platz, wo auch der Gatte und die Tochter niedersitzen mußten --- so tonnte sie am besten Mathildens Mie nenspiel beobachten. »Vine, Mathilve,« begann sie. aDu sannst nicht sagen, daß wir Dir nicht ein großes Maß von Unabhängigkeit gewährt hätten. Nun, Du hast das nicht verdient, Du hast unser Ber trauen getäuscht . . .'« Sie machte eine Kunstpausr. Mathilde nahm das gleichmiithig hin sie erriithete nicht, erblaßte nicht und man bemertte auch nicht, baß sie etwa zitterte. Mit erhobener Stimme und stren ger Miene suhr die Mutter sort: »Dr. Sellin tam ungesiihr vor einer Stunde zufällig an vem Ronbeau im Stavtgarten vorbei und sah Dich dort mit Frevung sißen.« «Ja! Und was ist da weiter ha ran?" « aWenn es nurbaz gewesen wäret« ries zornig und voll Verachtung vie Mutter. »Ihr habt Euch auch getüßtt« Mathiide blieb bei alledem ruhig. «Ja, ich habe mich von Martin tits sen lassen, ich habe ihn getiißt — weil wir uns lieben! Hat Dich denn Papa nicht auch heimlich geküßt und Du ihn, als es tlar wurde, daß Jhr ein ander gut waret. Jch tann mir dies zum Mindesten nicht anders denten." Frau Johanna war btutroth ge worden und ans herrn Schwendts Gesicht erschien ein Lächeln der Ver legenheit — ja, auch sie hatten sich zum ersten Male heimlich, unter dem gätigen Schuhe einer Weide mit her abhängenden Zweigen an einem schö nen Maienabend geküßt. »Wie kannst Du auch nur Papa und Freyung vergleichen, in einein Athem nennen,« sagte nun wieder ge saßt"die Mutter. »Dein Papa war und ist ein Mann vorn edelsten Schlage nnd —.« »Das ist Freyung anchk« versetzte Mathilde gereizt. »Mein» Ansicht nach nicht,«" ent gegnete die Mutter. »Du liebst ihn, das trübt Dir das Urtheil!" »Aber, Martia dasselbe hiitte man damals auch Dir entgegen halten tönnen. hättest Du daraus geachtet?« Fortsetzung salgt.) --.---—-O Ver letzte Schreiben --« Aus dem jüngst im Tuileriengarien enthüllten Denkmal Juleo Ferrys. den die dritte Republil als den Vater des obligatorischen, unentgeltlichen Schul uiiterrichxs verehrt, ist ein iniirinorner Hosenniay in andachtsvollem Ausblick zu dem großen Staatsmann mit dem steinernen Obertellnergesicht zu schauen. Der Bildhauer hat es init seiner Allegorie gut gemeint; aber wenn der lleine Abt schiitz aus dein Denkmal die junge Generation Frank reichs repräsentieren soll, so bat es damit in Wirllichleit noch gute Wege. Hat doch der legte Nelrutenjabrgang, der bereits der Segnungen der Ferru schen Schulgeseszgebung in vollem Umsang hätte theilhastig werden sollen, nicht weniger als 14,W0 des Lesens und Schreibens untundige Vater landsvertheidiger geliesert. Eine Rus: sin, Madame Lagardelle, hatte sich be lanntlich vermessen, diesen Aualpbm be eten ini Wassenroit die Anfangs criinde des Abrs in kurzer Zeit spie lend beizubringen; allein sie scheint bei inteni Unternehmen aus unerwartete Schwierigteiten, vielleicht auch bloß aus männliche Eisersucht, gestoßen zu sein« so dasz der Gouverneur von Pa ris ihr den schmeichelt-often Lehrans trag wieder entzog. Giibe es eine Möglichkeit, in ähnlicher Weise eine Statistik über Wissen und Nichtsvissen des weiblichen Theils der Bevölkerung auszustellen, so würden die Ergebnisse vorauosichilich noch weit betriZblichei ausfallen. Wer in Frei-streicht lebt, tann allel Tage, nicht nur in der Provinz-, son dern in Paris, der Lichtstadt, selbst. die überxaschendsten Erfahrungen nas rnentlich bei dienstbaren Geistern ina chen, deren llnlenntniß der elementar sten Begriffe von Lesen und Schreiben häufiq die Verständigung recht titzlig gestaltet. Verfügt der Dienstherr über · einiges zeichnerisches Darstellunggvenl mögen, so tann er wenigstens mit( Hilfe einer Zeichensprache schristliche· Bestellungen hinterlassen, aus die Ges sahr hin, daß die Bilderschrist gele gentlich salsch gedeutet und ein Ham mel als ein Kalb auggelegt wird. Schick unüberwindliche hemnmiise stellen sich jedoch meist der Abrechnung entgegen, silr die man ausschließlich aus das Gedächtnis; und den guten» Willen des hilssgeistes angewiesen bleibt. Kein Wunder-, daf- unter sol chen Umständen ein ange ehenes mit-s telalterliches Gewerbe, das man höch-( stegs noch in Spanien und Portugall in Blüte glaubt, in Paris selbst noch! goldenen Boden findet. ! Wie ein tulturhistorisches Denk-nah ragt in der Nähe des finstern Frauen aesiignifses Saint Lazare das alte,; Jtriintliae, gegiebelte Lädchen eines ös isentlichen Schreiberö iiber die gerade jhöuserzeile der Nachbarschaft hinaus in die Straße. hinter den verstaubten Scheiben erwartet man einen in ver-: mottetes Pelzwert gehüllten Mani inetgreis zu finden, den die Jahrhun derte verschont haben, wie er mit zittriger hand den Gänsetiei in schnörtligen Zügen iiber das Perga ment führt. Man irrt sich· Der Ju haber de- alterthiinilichen Lädchens ist ein junger Mann. der die Besucher in einen mit modernem amerikanischem Bureaurnohiliar ausgestattetem elek trisck erhellten Raum siihrt, unr dort die Aufträge eines geschäyten Publi tumi entgegenzunehmen Nicht ohne Stolz nennt er sich zwar den Jetzten ösfentlichen Schreiber«, allein das alte Lädchen dient ihrn nur noch ais Aus hiingeschild, denn es wertt das Zu trauen der einsachen Leute aus dem Volle. Sein Vater. ein rnittettoser pensioniertet Ossizier, hat es schon von einein andern Vorgänger über nommen, und dem heutigen Besitzer, der das erste juristische Staatsexamen hinter sich hat, siihrt es stetig eine reichtiche Kundschast zu. Man glaiM nicht, toie oielseitig die Thätigleit des lesten öffentlichen Schreiber-Z ist! Am einträglichsten ge: staltet sich siir ihn, dant dem zopsigen Formeltrarn der Verwaltunggbureaui kreise. die Aussertigung von Ersuchen Bittschristem Bewerbnngen aller Art, die alle in vorgeschriebenen Formen aus vorschristgmiißigern Papier oder aus Stempelbögen abgefaßt sein müs sen, sollen sie Aussicht aus Beachtung haben. Man braucht tein Analphadet zu sein, tun angesichts all der schreck hasten Papievtvirthscbast sich zu dem Schreiber zu flüchten, der in solcher Wirrsal amtlicher Vorschriften und Kleinlrämereien Bescheid weiß wie ein Lotse in gefährlichem Fahrwasser. Der Lotse hat ein gutes Herz. E: sieuert auch arme areise Leutchen, die seine Dienste erbitten, durch die Pa Piersluth der städtischen Bureaus sicher in den ruhigen Hasen des Altersasyls ohne Lotsengebiihr zu verlanget-. Ersrtschende Abwechslung bringen dem Schreiber die Besuche junaer Weiblichteit. Erröthend riirten die drallen Dienstmädel, die toletten Ar heiterinnen mit ihrem Anliegen ber aus, das er ihnen längst vom Gesicht ais-gelesen hatt Ein Liebesbries an den Schatz der bei den Joneut in Astita dient oder oustvärts arbeitet. Den Inhalt des Schreibens ltaben sie im Kopf, aber der Schreiber versteht's meisterlich, schöne Flosteln, ziervolle Arabesten hineinzuslechten. so daß der seene Schatz an Stelle naiven Gestatn - snels eine prachtvolle Liebesertlärung tu lesen kriegt —-- notabene. wenn er selbst zu lesen versteht ! Doch selbst Dichter nehmen. tvie das Raritätens labinett des Schreibers aufweist. zu dessen Künsten gelegentlich ihre Zu slncht. Warum nicht? Müssen Poe ten durchaus das Schreiben Gelernt hoben? Auch Rassael tväre ein gro ßet Künstler, auch wenn er ohne Hände geboren wäre. Dr Emil cchnltz Die Nerven der Oeoßsiädteru Fitr diese totntnt hauptsächlich die Bernstzstellttng in Betracht Es sian durchaus nicht alle Bernsctlktisen in aleichem Maße bei den Verrenkt-anl heiten betheiliat. Das wirr- man ohne weiteres verstehen, wenn man bedetttt. dass zwar einerseits-. jene-, Organ durch vermehrte Leiitnna actriistiat werden tatnt, dass aber anderereseith die Gesaktr besteht, zu stnrten Ausar derungen zu unterliegen-. So tann man es begreifen, dast die Worts-arbei ter verhältnismäßig ost von Nerven schwache befallen werden· Aber auch unter den Muntetarbeiterit sind Ner ventrankbeiten seines-wegs- ttnbetannt. ja sie find toeit häufiger-, ak- man ae wöhnlich annimmt. Denn bei seder Muskelarbeit ist incls das-; Nervensy stem start beteiligt Ohne die Nerven können die Muskeln nicht«- leislen. Da aber beint gewöhnlichen tsandarlniter die Tdätigteit degNervensnstems nicht eine derartig intensive nnd anstren gende wie beim Kauf-arbeitet ist, so ist die häusigereBetheiliguna dir letzteren bei denNervenkrantheiten verständlich Gesährdet sind die Mtutelarbeitet be sonders da. wo bestimmte ·E-ct,iiidlich« keiten in Betracht kommen, die das Nervensystem zu schädigen irr-eignet sind. Hält man ,indelsen die hisbere Betheiligung der Hirnartteiter bei den Nervenkrankheiten seit, so muss sich hieraus eine bedeutende Belatlnnsr der Großstadt eraeben. weil die Hirnars heiter in derGroskstadt protentnt we senttickt stärker vertreten nd alr- itt der Kleinstadt oder aus detst Lande. Wenn übrigens. was öfters- tser Fall ist« angenommen wirts, daß der Kon kurrenzlantps in derGrossitadt lebhaf ter und daß infolgedessen hier das Nervensystem eher gefährdet ist ak ans dem Lande und in der KleinstadL so ist dies in mancher Hinsicht ein JrrtksumJ Wenn der Großstiidtcr zur Sommers-seit bei einer Wanderung iiber die Berge in der Ferne ein Dörf chen oder ein Städtchen lieqen sieht, das aus dem Griin der Bäume her vor-blickt, so preist er die friedliche Ly ae senes Ortes, nnd er kann es sich dann nicht vorstellen. daf- dort ähnli che Kämpfe stattfinden Linn-en wie in seiner großstädtischen Heizttatip Wer aber eine Zeitlang in einein solchen » Orte lebt, ertennt sehr hasti, dass-das J Friedliche nur eine Täuschung war, ? dass menschliche Leidenschasten. Neid, mir-grinst Hat-« Eise-sucht an dieser scheinbaren Stätte des Friedens ganz ebenso hausen wie in der nnrudigen Großstadt daß ebenso tote in dieser nueki dort die Menschen einander be tet-dem dasz Egoisnrttö, HabsuchtLhrs geiz auch dort die Triebfedern des handelns sind. Manch-n Menschen mißtram Inan. weil man sie noch zu kurz, manchen wieder. weil man iie then zu lang kennt. II P I Bei den Feiedengsuniethandlun en zwischen den Revoluticuäten und e: Regierung von Hand-ums wurden sechs Präsideixtfcheftslandädqlem drei von jeder Seite, vorgeschlagen. Alle ein halbes Dutend Ursachen für Mus tige Revoluticuem "