Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 10, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Humoriftischsmilitä rische
Erzählung
Der falsche Adjutant
-W OW- HWU-W MM WH
—- --4-A-. A -A»W
von
Freiherr v. Schltchk
VIII-I
- (7. FortsesungJ s
- »Besten Sie sich, gnädige Fran.«
Idee ich kenne sie, und sie kennt michJ
Setbst ein König bieibt vor seinem
sammerdienet nicht groß« wer sollte
dor den prüsenden Augen seiner Wirth
schasterin besteheni Wenn Sie es
viinschem gnädige Frau, werde ich
Sie nächstens einmal mit der hüte-«
tin meines hauehaltes bekannt ma
chen, nnd wenn Sie dann nach mei
nen Untugenden fragen, können Sie»
etwas erleben. Das beite wäre schon,
Sie- kiimen einmal an einem Sonn-!
abend Nachmittag und richteten sech;
dann so ein, daß Sie gleich bis zumj
Montag Morgen bei Frau Briimmers
bleiben könnten. denn eher wird die
mit dem, was sie gegen mich aus dem
Herzen hst, doch nicht sertig.'·
»Solch schlechter Mensch sind Sie?
sagte sie lachend. ,
»Ich kann nichts dafür, das Lebe
bat mich so gemacht, wie ich deute bin.
Auch ich hatte eine Zeit, in der ich frei
war von allen Fehlern.«
»Und wann war das?«
»Noch gar nicht so lange her. Da
mals, als ich in der Wiege lag. Als
fie kaut auslachte, sagte er anschei
nend ganz beleidigt: »Erlauben Sie
mai, gniidige Fran, warum soll ich
nicht auch in der Wiege gelegen ha
ben? Ich habe sogar sehr ruhig und
sebr brav darin gelegen, und meine
Mutter hat mir immer gesagt, ich
wäre ein sehr süßes kleines Kind ge
wesen.'·
»Das sagt jede Mutter von ihrem
Kind«, neckte sie ihn.
»Das weiß ich sehr wohl. das gibt
nieine Mutter ja auch selbst zu, aber
insdem behauptet sie, ich wäre das
sitIeste Kind gewesen, das man hätte
sehen können.«
»Da ist es ja eigentlich schade. daß
Sie nicht auch- heute in der Wiege
siegen« dann hätte Jbre Stadt doch
eine Sebenswiirdigteit mehr-«
»Ganz wie Sie beieblen«, meinte
er, »Sie brauchen es nur zu sagen,
dann lasse ich rnir unsere Familien
wiege kommen und lege mich wieder
hinein. Ob sie mir noch paßt, weiß
ich allerdings nicht, denn sie soll in
folge ihres hohen Alters etwas zu:
sammengeschrumpft und tleiner ge
worden sein«
»Alle gerade umgekehrt wie Sie.«j
»Leider.«
.Zreuen Sie sich doch, daß Sie so
Iß sinkt«
»Mi« Jhnen das, gnädige
Franck« sragte er kühn·
»Das Arußere eines Mannes ist
mir ganz gieichgiiltig«, wich sie aus.
»Mir anch«, stimmt-e er ihr bei.
»ich sehe nie einen Mann daraufhin
an, ob er groß oder tiein, hizbsch
oder häßlich ist. Ja sogar das Aru
sere einer Frau ist mir ganz ei
antei.«
«Wirtiich?« fragte si: etwas är
krlickn
»Wtsache, ich mache mir aus dem
Wir einer Frau genau so wenig,
its-it Sie sich aus dem Aeuszern eines
Was-L und schließlich ist das auch
III selbstverständlich. Wenn man
Eiter wird und die erste Jugend hin
ter sieh hat —«
»Herr Bürgermeister, Sie werd-n
ungalant', unterbrach sie ihn.
«Nichts lag mir serner«, verthei
digte er sich, obgleich er mit stillem
Berg-Wen merkte, daß seine Worte
ihr nicht gieichgiiltig waren. »Die
erste Jugend rechne ich bis zum Tag
der Konsirmatiom und den haben
Dir doch beide hinter uns-I
»Ich glaube, ja.«
»Von mir weiß ich es sogar ganz
bestimmt· und da man am Tage der
Einsegnung doch ein ernster Mensch
werden soll, wird man es natürlich
auch und hat keinen Sinn mehr für
Aeußerlichkeiten, sondern nur für den
wahren, innern Kern einer jeden
Sache und eines jeden Mensch-In
habe ich da nicht rechts«
Konstanze merkte, er war doch
etwas getränkt, daß sie ihm kein
Kompliment über seine Erscheian
gemacht hatte, nicht, als ob er eitel
wäre, aber weil er ein anerkennendes
Wort von ihr vielleicht doch als ein
kleines Zeichen ihrer Gunst betrachtet
hätte. Und wenn es sie auf der einen
Seite auch verdroß, ihn etwas ver
stimmt zu haben, so freute sie sich doch
darfst-en daß ihm an ihrem Urtheil
so viel gelegen war. Auf alle Fälle
aber wollte sie das Gespräch aus ein
eineer Thema bringen, da aber
tauchte Rellh plösslich vor ihnen aus.
»Ich-a läßt fragen· oh die herr
«s ten denn gar nicht zum Abend
en kommen wesent«
Die heiden sblickten ganr über
rascht aus. »Ist es denn schon so
spätf Sind die anderen denn schon
«- oisw «
Iellh schiiktelte den Kot-s. »Wir
gar nicht daran, fortzu
. Papa hat sin uns alle das
M hier irn Farienhhestålltf
»O sa reine- !« me te rau
— . nsd Ists-ent- stch wirt
dts W Und ts- sseten n
dem Bsrgermeifier unterhalten zu
können.
- Auch der war von dem Plan sehr
eingenommen. allerdings stieg fiir
einen Augenblick die Erinnerung an
Frau Brümmer in ihm aus« der er
versprochen hatte, beute pünktlich
auf die Minute zu Tisch zu kommen.
aber schließlich, was brauchte er aus
die viel Rücksicht zu nehmen« sie
waren ja nicht miteinander verbei
rathei. Gott sei Dank nicht« wie sie
neulich selbst so richtig bemerkt hatte.
So schritten denn alle drei dem
im Garten gelegenen Reftaurant
entgegen und unterwegs zog Relly
für einen Augenblick ihre Tante bei
feite und flüsterte ihr zu: »Wenn ich
nur wüßte, was plötzlich in Papa ge
fahren ist«
Konstanze bekam Angst, sie hatte
genug von der Szene am Nachmit
tag und verspürte teine Lust, sich
abermals die gute Laune verderben
zu lassen, so fragte sie benn ganz er
schrocken: »Ist er schon wieder
biser —
Nelln lachte lustig auf· »Ganz im"
Gegentle Jch tenne Papa gar
nicht wieder. Er ist von einer sast
ausgelassenen Lustigkeit und so bei
ter, wie seit Jahren nicht« Du wirst
Augen machen!"
Und Tante Konstanze machte
wirtlich Augen« als sie nun an den
unter einem großen Baum gedeckten
Tisch Plaß nahmen; nicht nur, das
Hauptmann Mebring wirklich ge
sdrächig war und sich die größte
Mühe gab, die Gesellschaft zu un
terhalten, er war auch Konstanze ge
genüber don einer Aufmerksamkeit
und Liebenswiirdigleit, die sie selbst
nicht begriss. Seine gute Stim
mung übertrug sich auch auf die an
deren, er lachte und scherzte sdrti
während, und als seine Frau endlich
um zehn Ubr leise ansragte, ob es
nicht etwas liibl würde und ob man
nicht besser thate, tieber nach Hause
zu gehen, wurde sie einfach über
stimrnt. Ja, Hauptmann Mehring
sang sogar mit einer Stimme, die
eigentlich gar teine mar, die aber
nach seiner eigenen Behauptung in
ihrer Jugend einmal sehr schön ge
wesen sein sollte: »Noch Muse. noch
hause nach hause geben wir nicht!«
Und gleich daraus ertönte aus
nächster Nähe eine andere Stimme:
»Noch Haus-« nach Hause gehen wir
noch lange nicht!«
Daudtmann Mebring wurde et
was verstimmt. So ganz passend
hatte er es selbst nicht gesunden, daß
er in einem össentlichen Gartena
staurant sang. und daß nun irgend
sein unbekannter dritter sich in seinen
lGesang hineinmischte. machte ibn
Funrubig Vielleicht war et? irgend
ein Betruntener da tonte es leicht
zu einem unangenehmen Austritt
kommen, wenn der srech und zu
drinalich wurde.
Aber seine Befürchtungen erwie
sen sich als grundlos, der Sänger,
der gleich daraus an den Tisch ber
antrat und sich entschuldigte, daß er
sich hatte binreißen lassen. in den
Gesana miteinzustimmen, war Leut
nant Böhme, der Adjutani.
»Der hat mir gerade noch ge
sehlt,« dachte der haudtmanw »Ich
sag’5 ja immer, die Götter im him
mel sorgen schon dasiir, daß man
nicht ikbermiitbig wird. Man braucht
nur einmal lustig und guter Dinge
zu sein. hinterher betommt man
gleich die talte Dusche.«
Am liebsten hätte er es gefeben,"
wenn der Adjutant sich gleich wieder
entfernt hätte, aber der dachte nicht
darn. Er bat um Erlaubniß, sich
einen Augenblick häuslich niederlas
fen zu dürfen, und zog sich dann
einen Stuhl heran, um an Nellys
Seite Platz zu nehmen.
»Auch ·da’g noch«, dachte Haupt
mann Mehring. »Wenn er wenig
ens neben mir fiißeS Viel liegt
mir ja auch nicht daran, aber ich
habe ihn doch lieber bei mir als bei
meiner Tochter-«
Und daß Leutnant Böhme gleich
anfing, sich ausfchließlich mit Nelly
zu unterhalten, erfüllte fein hekz
auch nicht gerade mit Freude.
»Wenn er wenigstens nur einmal
den Mund halten und mit feinem
Siifibolzeafveln aufhören wollte«,
dachte der hauntmanm und fo sagte
er denn: ,inlen Sie nicht etwas
essen. Herr Levtsaat2«
Aber der lebnte danlend ab.
»Sie werden doch aber ein Glas
Vier teinten.«
»Unte, ich bin schon verfeben.
Wenn ich mir gehorfamft gestatten
diitfte, here hauptmann s—«
»Ptofit!« klang ei zurück. aber es
hörte fich beinahe an wie: «hol dich
der Teufel!««
»Weder kommen Sie eigentlich
noch fo spät, Bett Leutnant?« er
kundigte sich Bellt-·
»Was gebt das dich an", dachte
der haust-rann »Frau-is genug,
daß er da ist. Sich auch noch iiber
das Wieso und Darum den Kon zu
per is Iei- als ANHANG-«
»Ich war eben no in der Ka-·
serne ,gnädigei Fräulein.'· i
»So spät nordi« meinte der Bist
germeifter, der sich in diesem Augen
djick ais Bataillonsiiihrer fähltr.
»Tai- eg denn da noch etwas Beson
deres zu thunk
«Allerdings. Herr Hauptmann,
Halte mich, oder besser gesagt, mein
Vataillonsschreiber tam zu mir und
let-zählte mir eine Geschicht-, die mich
xveranlaßte, selbst einmal nach dem
jRechten zu sehen«
s «Etwas Unangenehmes?" fragte
. der hauptmann der Landwehr.
s «Keineswegs«, meinte Böhme ge
lassen. Und nach kurzer Pause saht
er fort: »Wenn ich nicht fürchten
müßte. die Damen zu beunruhigen,
möchte ich es wohl erzählen«
»Ach ja. bitte, erzählen Sies« rief
Nella. »Bitte, Herr Leutnant, wir
sind nicht schneide-it nicht wahr
Mama, nicht wahr, Tante?«
Die beiden stimmten lebhaft bei.
aber dem Hauptmann Mehring
wurde plößlich etwas sonderbar zu
muthe. Er konnte sich nicht erkli
ren. wie es kam, adet mit einem
Male wußte er, daß die Geschichte
des Adjutanten mit seinem Aben
teuer in der Laterne irgend etwas
zu thun hätte. und so sagte er denn:
«Jdre Erzählung ist gewiß sehr in
teressant. Herr Leutnant, aber Sie
wissen ia. wie die Damen sind: erst
sagen sie: »wir erichrecken nicht«,
und hinterher fallen sie doch in Obs
macht. Davon aber aani abaefebem
finde ich. daß es die höchfte Zeit isi,
auiiubeechen«, und um der Sache
definitiv ein Ende zu machen, tief
er: »Kellner« zahlen!«
Aus gane weiter Ferne antwor
tete eine Stimme: »Er-fort sosort!«
»Da stehst Du, Papa«, meinte
Stellt-, »das hat noch gute Weile« bis
der zu Dir kommt, und vor allen
Dingen, Du bist den ganzen Abend
to nett und lustig gewesen, nun
bleibe es, bitte, auch bis zum
Schluß.« Und ehe ihr Vater noch
etwas hatte erwidern können, wand
te sich Nelln an den Adjulanterk:
»Bitte, here Leutnant· erzählen Sie,
was gibt es in der Kaserne?« -
»Auch ich bin begierig. das zu er
sahren«, meinte der Bürger-meisten
. Wenn nun leine Rettung nahte·
dann war er verloren. das sah
Hauptmann Mehring sebit ein, und
so ries er denn noch einmal: Weil-i
net, zahlen, zum Donnerwetter, wo
stecken Sie denn!"
Aus noch wäterer Ferne als vor
hin antwortete eine Stimme: »So
fort, sosort!«
.Lassen Sie doch· den Adjutanten
endlich einmal zu Wort tommen«,
meinte der Bürgermeister. und an
gesichts dieser vorgesesten Meinung
blieb dem hauptmann nichts weiter
iibria, als den Mund zu halten«
»Wenn die Herrschaften es denn
absolut wissen wollen: es geschehen
doch noch Zeichen und Wunder«»
meinte Biihme fest. Er machte eine
geheimnisvolle Pause, dann sagte er
mit leiser, sliisternder Stimme: »Es
sputt.«
Relly treischte laut-aus, und Frau
Konstanze stieß ebenso wie die Frau
hauptrnann einen leisen Schrei aus.
»Na also«, meinte Hauptmann
Mehring unwillig, «da haben wiss
«ra.«
Aber niemand achtete auf feineni
Zwischenruf. »Wo spukt·5?'« ertunH
digte sich Nelly. »Ja der Kasernetl
Ader bitte erzählen Sie doch." l
»Es handelt sich wirtlich nm einj
ganz sonderbare-I VortornmniiH
suhr Böhrne satt. «Denten Sie sich,
meine herrschasten, heute Nachmit
tag sind an einem der großen Was
serbasinö aus dem Kasernenhofe
Anzöge gewaschen worden; die bei
den Leute, die auspassen sollten, das;
niemand den Sachen zu nahe käme,
sind siir wenige Minuten eingeschla
fen, und als sie aufwachten, waren
die Sachen verschwunden. Aber alk
sie sich anschickten, die Anziige zu su
chen, sind diese plötzlich aus einem
Fenster vorn obersten Korridor in
weitem Bogen wieder zur Erde ge
slogen.«
Die Damen waren etwas ent
täuscht »Das ist doch tein Spuk,
da hat irgend« jemand einsach die
Sachen gestohlen und sie hinterher
wieder sortgeworsen.«
»An die Ertliirung haben die
Leute natürlich zuerst auch gedacht«,
meinte Leutnant Böhme, »aber un
begreiflicherweise hat niemand ge
sehen, wer die Sachen hinauswarsi
man« hat überhaupt niemand gese
«Goit sei Danks dachte der
bannt-rann Mel-einen dem eine Last
vorn Versen sieh -
»Aber es muß doch iemand ge
worfen haben«. saate Stellt-.
»Man müßte es ja eiaentlich an
nehmen nnd deshalb sind die Leute
auch alsich nach dem Korridor bin
ausgeeilt. urn den Thäier festzustel
len. Aber oben war niemand. und
m altem waren auch alle Stuf-n
thltrkn fest verschlossen, die Schlussel
hingen draußen an dem vorgeschrie-·
benen Platz, ei kann sich also anaki
ntemanb hinterher versteckt habenst
Auch auf den Treppen und auf den
Korribotrn hat sich niemand gezeigt !
Wäre jemand ba gewesen so hättel
man ihn erwischen müssen, um so
mehr als die Leute so schnell nacht
oben gelaufen sind baß ein Entwel-1
chen des Meisters falls ein solche-H
überhaupt in Frage täme, vollstän
dig ausgeschlossen ist. Allo, wenn
das kein Spuk ist« gibt es Ebeehaupt
seinen Spuk." J
»Ja —- aber«. meinte Nella· Es;
aing ibr so wie allen anderen sie!
wollte etwas sagen aber sie fand die-: i
set Thatsache gegenüber keine tech
ten Worte.
Auch der Bürgermeister laß int
tiefem Nachdenken da. Das ists
allerdings sehr sonderbar-san einen
Spuk glaube ich natürlich nicht. « (
»O bitte, es gibt eine ganze Masse
Spukgefchichten"· warf Nelly ein.
»Gewiß, mein gnädiges Fräu
lein«. stimmte er ihr bei. »Aber
deshalb brauchen fie doch nicht wahr
zu fein.«
Rellh spielte die Beleidigu. »Ich
tenne eine Maffe Sputgeschichtem
die alle wahr find, ich will Ihnen
nur eine erzählen, um Sie zu Ader
zeugen. Eine Freundin von mir
hat kürzlich geheirathet, und ais sie
von der Hochzeitsreife zurücksank
fand sie unter den zahllosen Liften
auch eine, in der fich eine Kuckucksi
uhr befand. Und ohne daß diese
ausgepackt wurde und ohne daß die
Uhr zufammengeseht war, hat fie
doch eines Tages »Neun'« aefchlaaen.
Meine Freundin und ihr Mann ha
ben es ganz deutlich gehört. Jst das
vielleicht fein Sduti« .
»Vielleicht doch nicht«, antwortete
der Bürgermeister. »Ja meiner Woh
nung höre ich auch jeden Tag eine
Euckucksuhr schlagen, und dabei besiheI
ich gar keine.« ·
Relly fah ihn aanz iiberroichi an
.Und dann zweifeln Sis noch da
ran. daß es Dinge gibt, die fich auf
natiiirliche Weise nicht erklären lafs
fen?«
«Allerdina«s. mein anädiaes Fräu
ein, denn die Sache hängt furchtbar
einfach zufammen. Das Haus« in
dem ich wohne, ift fehr diinn gebaut,
und die Uhr. die ich fchlaaen höre,
fteht gar nicht in meiner Wohnuna,
fondeen in der Etaae iibee mir. So
ähnlich wird es wohl mit der Kuck
uckiubr Ihrer Freundin auch gegan
aen iein .oder bewohnte die ein eige
nes Hauik
»Das nun aerade nicht«, meint
Nelln etwas tieiniaut H
»Na alfo, dann find wir uns ja
mal wieder einig." Dann wandte
fich der Bürgermeister an den Adju
tanten: »Atfo, wie gesagt, an einen
Spul glaube ich natürlich nicht. Wir
müssen die Sache gleich morgen auf
das ftrengste untersuchen. Und Sie
lagen, man hat wirklich niemand
auf den Korridoren und auf den
Treppen gefehen?«
»Mir-stand außer Herrn Haupt
mann Mehring.«
Einen Augenblick herrfchte tiefes
Schweigen. Man wußte nicht recht,
wie man den herrn hauptmann mit
der Sache in Zufammenhana brin
gen follte, außerdem war se ja ganz?
ausgeschlossen, daß er etwas mit demj
Vorfall zu thun hatte. aber alle
waren ganz überrascht, daß in der1
fraglichen Zeit gerade einer von
ihnen sich an Ort und Stelle befun-«
den hätte.
Der erste, der die Sprache wieder
fand, wenn es ihm auch große Mühe
ioftete, war der Hauptmann Meh
ring selbst. .,Wen hat man auf der
Treppe gesehen?« fragte er mit gut
gespieltem Erstaunen. Dann aber
schien er sich plöhlich zu erinnern.
Dich so, ja richtig. nun iiillt mir ein,
ich war heute Mittag in der Rasetne,
ich wollte meinen Feldwebet spre
eben, traf ihn aber leider nicht an.«
»Und Sie haben teinen Zput be
merkt?« fragte der Hauptmann der
Landwehr.
»Ich glaube ebensowenig an Spuk
wie Sie« herr hauptmann«, antwor
tete dieser ausweichend.
«Vielleicht interessirt es Sie, Herr
»Dauptmann«. nahm Leutnant Böbme
jett wieder das Wort. »daß die Sa
chen aus einem Fenster Jhres Kont
z does geflogen sind, aus Ihrem Kom
i pagnierevier.«
i »Aus meinem —- aus meinem?«
iEr sing immer wieder von neuem
an, aber er brachte den Sah vor
lauter Schrecken nicht zu Ende. Er
fah ei ein. man war ihm aui der
Spur. Wollte er nicht Unichuidiae
in Verdacht kommen lassen, io mußte
er iiber kurz oder lang seine That
einaeiteben, und dann war er bla
mirt, blamirt bis auf die Knochen der
Unsterblichkeit
»Versa. Pape-, bei Dir ibuit’s!«
rief Nenn lustig: aber der Vater toar
jetst nicht in der Stimmung, sich
nett-u Ia lassen.
Bock Gute faulen Mittei« herrsch
te »He sie-san; dann aber nahm ee allen
Muth zusammen und wandte sich an
den Adjuiantem »Wie kommen Sie
darauf, herr Leutnant, daß gerade
aus einein Fenster nuines Marti
dors —«
»Ich habe mich durch eigenen Au
genschein davon ist-erzeugt, das Jen
ster stand als einziges in der ganzen
Kaserne heute Abend aisenz aber da
von ganz abgesehen, habe ich oben
aus dem Korridvr eine-n der einge
niihten Namen, der losgegangen sein
muß, ausgefunden Außerdem aber
bewiesen es mir die übereinstimmen
den Aussagen der Mannschasten.«
Dann suhr er lustig fort: »Die
hertichsften hätten nur mal den
Trubel auf dem Aasernenhos sehen
sollen, alle Kerls standen dort herum
und starrten beständig nach dem
Fenster hinaus und warteten fort
während aus einen neuen Spul. Erst
als ich ihnen llarmachte, daß ich
ihnen ganz gehörig aus den Kopf
ipucken würde, wenn sie mit der
sdumrnen Spulgeschichle nicht bald
aufhörten. nahmen sie Vernunft an
und «zerstreuten sich.'·
«Das haben Sie qui gemacht«,
lobte der Büraermeister, »na, der
moraiae Taa wird ja die Lösung des
Nätbsels drinnen, ich bin sebr be
gierig wie die Sache zusammen
biingt und wie die Uniiarmen plötz
lich vom Kasernenbose oben nach dem
Korridor aelangten und wieder zu
rück. Wieviel Anziige waren es
denn?« ,
«Un·aesiihr fünfzehn.'«
»Aber da müssen doch verschiedene
Mannschaften dabei betheiligt gewe
sen sein. Einer allein tonnte die doch
gar nicht tragen. Meinen Sie nicht
auch, herr Hauvtinanrt?«
Dem trat der Angstschweiß auf
die Stirn. »Ich weiß wirklich nicht,
Herr Hauptmann, ich weiß nicht,
was solche Sachen wiegen, allerdings,
ganz leicht dürften sie nicht sein,
wenn ich daran denke, thun mir noch
die Arme weh ——"
Er fiel vor Schrecken beinahe vom
Stuhl. Um Gottes willen. da hatte
er sich ja verrathen! Vor lauter
Angst hielt er den Athem an, die
nächsten Sekunden mußten fein Ge
schick entscheiden, und richtig, jetzt
fragte ihn der Adiutanh .vaon
thun Ihnen denn jetzt noch die Arme
weh, here hauptmann?«
«Sv, nun heißt es frech sein«,
dachte dieser. dann meinte er: »Mir
thun die Arme weh? Ader wieso
denn ach fo, seht verstehe ich Sie«,
fuhr er anscheinend aani barmlos
fort, »ich wollte sagen. mir thun die
Arme noch weh, wenn ich daran
dente, wie ich einmal als Kardinal
ichaftsfiihrer in meiner Föbnrichszeit
fiir meine Leute Sachen empfina und
diese allein hinuntertraaen mußte.
Hinunter aebt es ia schließlich noch,
aber hinauf? Entfetzliehl das werde
ich mein Leben lang nicht vergessen.«
»Haben Sie denn das auch einmal
durchgemacht?« fragte der Adjutant
anscheinend ganz harmlos.
Die anderen achteten gar nicht auf
die Unterhaltung der beiden. Der
Bürgermeister war im Gespräch mit
den drei Damen, und Nella versuchte
alle davon zu überzeugen, daß es doch
Spukgeschichten gäbe.
»Ein niederträchtigerMensch«, dach
te der hauvtmanm Jnstinttiv errieth
er, daß der Adjntant viel mehr wuß
te, als er sagte, daß dieser ganz genau
den wahren Zusammenhang kannte,
erfüllte ihn mit einer rasenden Muth.
Er hatte plötzlich die Empfindung, als
ob er ersticken müsse, derhalstraaen
wurde ihm zu eng und er schob die
Finger hinter die halsbinde« um sich
lLuft zu machen.
z Lentnant Böhme, der sich im stil
; len titstlich über die Angst des Haupt
inranns amiisirte, that, als den-risi
ier dessen Unruhe gar nicht· »Was ist
Zähnen denn nur« Herr Hauptmann?
lJit Ihnen ein Jnsett in den Kraaen
aetrochen? Ich tenne das aus kir
i sabruna, das ist sehr unangenehni.«
, »Mir ist eine Laus über die Leber
Igetrochen", wollte der Hauptmann
Isagcn, aber in Gegenwart seiner Da
men sand er das Wort doch schließlich
nicht ganz passend, so schluette er es
denn noch im letzten Augenblicke hin-·
unter, aber kr mußte noch etwas ern-I
deres schlucken, uin seinen Aerger hin
unterzuspülen, nnd sa ries er denn:
«Aellner, noch ein Glas Bier!«
»Aber Mann; ich denke, wir wollen
zahlen?«
»Leicht gesägt aber ; bei wein soll
rnan sein Geld loawerdenzs man nie
mand tornmts Und ob tvtr nun
schliesslich sitns Minuten später zu
Bett kommen oder nicht. das ist doch
ganz gleichgültig.«
»Am Mit Du, Po a'. lachte
Neun, «nun bist Da wie r der alte,
lustig und vergnügt. Und dabei sagt
man immer, nur roir Frauen wären
in unseren Latinen und Entschliiåssen
wechselud nnd unbeständig. Na, wenn
die Männer ei nicht erst recht sind,
dann weise ich nicht —«
vBitte sehr, mein gnädiges Fran
lein, das totnnrt doch wohl ganz aus
die Männer an', erwiderte Leutnant
Rom-. .Sie muss-« mich aus«-tild
rechiig verstehen nichts liegt W M
tiirlich ferner, als Ihrem hochmer
ten Deren Vater zu nahe MEM z«
wollen —« , «
«Das möchte ich Ihnen auch Mckzt
gerathen haben. Herr Leutnunt .
klang es aus dem Munde des Haupt
manns zurück. »
»Aber Papa«. meinte Nella belei
digt, «nimm es mir nicht übe-U aber
es ist ja geradezu gräßlich. man kann
ja nicht einen einzigen Sah spkkchM.
ohne daß Du Dich hineinmischst."
»Na. ich werde mich doch an Eurer
Unterhaltung betheiligeii diiiienJ
»Aber Mann. sei doch derniiiiiiia."
Auch seine Frau wurde ietzt ärgerlich
Tiber seine Unliebenswitrdigleit und
stieß ihn heimlich in die Seite.
»Da soll der Teusel oernisnsiig
bleiben«, schalt er in sich hinein. nisd
plöhlich rief er wieder: »tiellner
zahle-it« .
»Aber Papa, Du hast ia Teksi
Bier noch gar nicht beiominen".
meinte Nellh.
»Und ich werde auch wohl nidit
mehr bekommen. ich geW aus« Fiel-·
iver —- zahlen!«
Endlich erschien dieser. und erst
fest fiel es hauptmann Mehring ein«
daß eigentlich nicht er, sondern der
dienstlich ältere Hauptmann der
Landwehr das Reichen zum Ausbruch
hätte gehen müssen, und so sagte er
denn: »Pardon, Herr IHauptmann
ich vergaß ganz. Sie zu sragen, es ist ·
Jhnen doch recht, enn wir ausbre
chen?«
»Aber selbstverständlich, ganz wie
die Damen besehlen;«
Hauptmann Mehringempsand den
kleinen Hieb, und der ärgerte ihn
von neuem. Das war ia richtig, die
Damen hatte er überhaupt noch gar
nicht gefragt, ob sie aufbrechen woll
ten oder nicht, und so sagte er denn:
«Meinetiv;gen tönnen wir auch noch
hier bleiben, ganz wie die Damen es
wollen« »
Aber auch diese waren sür den
Ausdruck-. Seine Frau sing an, es
etwas tiihl zu sinden, Nelly ärgerte
sich iiber ihren Vater, der jeden Au
genblick seine Stimmung und seine
Entschliisse wechselte, und Frau Kon
stanze hatte so die Empfindung, als
wenn es siir heute Abend mii dein
Flirt zwischen ihr und dem Bürger
meister genug sei. So zahlte niaii
denn und schickte sich an, nach Hause
zu gehen.
»Dat Leutnant Böhme dir des-.
heutigen Abend verdorben. so willst
du ihm wenigstens den Heimweg ver
derben«, dachte Hauptmann Meh
ring. So nahm er denn den Arm
seiner Tochter. während er den Adius
tanten bat· seiner Frau den Arm zii
reichen. Aber er erreichte gerade das
Geaentheil von dem, was er bezweckt
hatte.
lFartsetziing solgt.)
»Es ist unglmsbliebl Fest bin ich kaum
em- Viettelftuvndve auf dem Las-de nnd
habe schon dressng Pfund zugenommen.«
»W« ist denn dein FrideL daß ma
ihn nimmer siebt7"
»Der liegt halt im Bub'
»So, was fehlt ihm denn?«
»Es-vest« bal- mer. wer am schnellsten
v Stiegenqeländer tumctruticheu sann
und et hat g·wonna.«
, Manche Menschen bringen et ds
»dnrch vorwärts, daß sie anogant sind,
»wi- fie nur können, bescheiden nur, m
tm mässig