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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 3, 1911)
Ein. Roman WW nähte Menschen » Von A. Flach - -----4—-I Wfffvvvvvvvvvs Ut. IortseßnnaJ Frau Johanna zog sich in ihr Miner- Budoir zuruct. Niemand durfte ohne triftigen Grund herein kommen. Das war ihr stilles Win reichen in der großen Wohnung, wo sie in behaglich-er Gedankenlosigkeit auszuruhen pflsegte, wohin sie sich mit ihren Sorgen flüchtete. um über Ur sehe und Folgen unerfreulicher Er eignisse und-die Mittel, sie zu beseiti gen, ungestört zu brüten, wo ihr das loie Spiel der Phantasie aus des Fesseln der Vernunft befreit, so manche schöne Stunde schon bereitet hat. Frau Johanna ging nun im Geiste das ganze Gespräch mit Ma thilde noch einmal durch, suchte nach träglich im Gedächtniß wieder jeden ihrer Blicke, jedes Mienensviel zu deuten, und nahm sich aussz Neue vor zu Allem was ihr Tochter sagen und thun wir. »Ja« und »Amen« zu sa s gen -—— es ist siir den Augenblia daHt Beste. Nun erst konnte sie auch inl aller Muße über Roberts Flucht nach denken, die ihr anfangs als ein sol genschwere Katastrophe erschienen war. Jeht kam sie nach und nach dazu, all das weniger ernst zu neh men; ja, sie erachtete es schließlich als eine günstige Zugang daß es zwischen Sohn und Vater zum offenen Bruch geioeumen war —- das bildete eine Klärung der Situation, und damit war auch eine wichtige Vorbedingung zu einer späteren Annähetung ge schaffen. Später-) Wann aber? Run, hoffentlich noch vor der Feier. Fest. nachdem sie so die Situation rnit ruhig iiberlegendeni Verstande ge prüft, ließ sie sich bewußt, gleichsam zur Erholung von der gautelnden Phantasie ins Land der schönen Träume führen...sie sah jetzt schon die in vielsarbigem Lichte schimmern den Räume. ihrer-Wohnung von hei: teren Gästen überfällt, durch die See len Aller zog eine weibevolle Freude. auf einem großen Tische waren die geschmackwollen Angebinde zur Sil berhochzeit aufgestellt sie selbst befand sich gerade im Salon mitten untrrj der Schaar von Freunden und Bes konnten und sah im Refler eines ver-« rätherischen Spiegel-z einen heimlichen Vorgang im Nebenzimmer. Dr. Sel tin stand vor Mathilde, sie sprachen Ieicht miteinander, Sellin hielt ihre Tochter umschiungen nun, dieses Vertrauilichleit war blos um einige» Stunden versriiht, beim Champagner wird ja die Verlobung vertiindigt werden. Dann bemerkt-e sie, wie Gu« stao seinen Arm um Roberis Schul:« ter legte nnd Da pochte es an der Thür. Beklommenen Herzens rief sie »Herein«. Der Diener kam. »Gnädige Frau, ein Bote ist ge kommen mit diesem Briefe für das gnädige Fräulein und wartet aus Antwort. Das Fräulein fchäft,« sagte rnir das Mädchen —- wag soll Mich-beni« Frau Johanna warf einen Blick aus die Adresse —- eine kräftige, sehr große Schrift. Sie drehte den Brief une. da stand: Absender —- M. Frey ung. Welche Underschämtheit, dachte sie entrüstet. Doch nein, sagte sie sich dann, ich bin denn doch gar zu stren ge, die Jugend von heute bat doch Recht, es ist wahrlich kein Verbrechen, wenn ein junger Mann einer Dame seiner Bekanntschaft einen Brief sen det vielleicht hat er ihr etwas Bichtiges mitzutheilen »Sie tännen gehen, Franz --—- der Bote soll einen Augenblick warten." Sie verließ hinter dem Diener das Bude-ir, um den Brief der Tochter zu sit-erbringen Ein schmerzliches Lä cheln erschien aus ihrem Gesicht — die Mutter mät den Postillion Mann-tm zu Gunsten eines Menschen« 'der ihr in der Seele zuwider ist« FAMer Zeiten! Sie weilte Mathilde und überreich te ihr den Brief. »Ah, von Fredung«, rief die Toch ter neugierig, erhob sich im Bett und Issnete ein wenig hastig das Schrei ben. Dann sagte fie: »Er möchte mit mir einen Aus-klug nach Gritnou machet-. Willst Du les sen, Manu? Hieri« DIRin Du konntest glauben, »Gut nichts werde ich glauben, lieg nur, Mama.« Johanna durchle das Schreiben: Liebeste Freundin, das Wetter isi herrlich, wie machen heute Mochi-tit tag miteinander einen »poetischen« Austrag in vie grüne Aue bei Geü mu, von dort geht es weit-er per Rad bis zur hohen Worte. Wir wollen vie schöne Natur gemeinschaftlich lon temvltteu und utis tun dem iieblichen mußte-fischen Gesang der Vöglein in des Zweigen ethhem dann wieder so seeniinftig und angenehm miteinander blenden-, wie seidene Und hoffent ZU Hist Sie frei-»wenn nicht, dann W Sie H frei. U. A. w. q. Mk treffen uns gesel- Irei Uhr auf Ahet seen-sie des Residenpckafe zu sam, dort nehmen wie noch ein M, Us- seht es hinaus. Jch hole Iffffffffvvvvvvvvvvv -------- s Sie nicht vorn Hause ad — ·s ist um stündlich, und der nnder-meidlichesus tansch von tonoentivnellen Begräb ungsworten mit Ihrer Mutter. der ich vermutblich so lieb vin wie Salz und Pfeffer in ihren Augen. würde mir die. Stimmung verderben. Also .·? Freundschastlich Jhr Feen ung. «Siebsi Du, wie klug er ist. Ma ma. Er bat sosort gemerkt. daß er : aus Dich keinen Eindruck gemacht hat. I Jsch siiblte es erst heute beraus, aus Deinen Fragen iiber ihn. ch werde ian nun schreiben, nächster age will ich mit ihm nach Grünen « Duz tränkst Doch doch darüber nicht,ä Ajiama?« " »Ach nein, warum solltest Du nicht mit Deinem Freund einen Ausflug machen dürfen. Aber nach einigen; Tagen erst.« »Dann schreibe ich ihm, er solle mich morgen besuchen. da bin ich schon auß» Bett. Du bist ja nicht gestört, ich empfange ihn im Musilzirnmer.« Die Mutter schwankte. Sie erin nerte sich aber, wag sie beschlossen — Ja und Amen ·-— und sagte: »Gut!« »Bitte . ich muß Dich bemühen dort auf meinem Schreibtisch . . . Mathilde lebnte sich ermattet in die Kissen iuriIeL Beiorgten Blicke dachte die Mutter: Jst diese Schwäche nicht etwa eine Folge des Briefes? Nun hat sie wieder graue Ringe unter den Augen. »Matblide, willst Du, dann schreibe ich statt Deiner es wiirde Dich vielleicht anstrengen ...« Ein dankbaren liebevoller Blick aus Mathildens Augen sagte »Ach ja!« Die Mutter fehle sich an den Schreibtisch und begann: »Seht geehrter Herri« Sie mußte gleich einen anderen Briefbogen neh: men, auf das Wort .,geebrter'« war eine Thriine gefallen . . . Sie begann von Neuem, vorsichtig. da ihr nicht wieder die »Ungeschicklichleit wider fahre: ,,Sehr geehrter Herr! Namens meiner lieben Tochter. die durch Schwäche an’-:- Bett gefesselt ist, dante ich Ihnen fiir die freundliche Einla dung zu dem Augfluae, der natürlich aufgeschoben werden muß. Dagegen soll ich Ihnen mittheilen, daß es Ma thilde eine Freude bereiten würde, wenn Sie sie morgen Nachmittags be fuchen wollten. Sie liifrt schön grü ßen. lhochachtungszvoll Johanna Schwendt.« Mathilde war mit Inhalt nnd Form fehr zufrieden und tiißie der Mutter die Hand. Dr. Sellin tam bald nach dem Mittagessen erkundigte sich bei der Mutter nach dem Befinden der Pa tientin, wollte sie aber gar nichtsehen: H »Was soll ich erst an ihrem Bette l l l Ftoichtig die Augenbrauen hochziehen2j JDie Schwäche wird mit dem Gefühl ldes Wohlseins bei Fräulein Mathilde lnoch öfter wechseln Sie spa Morgen aufstehen. übermorgen, freundliches Wetter vorausgesetzt ein wenig Spa Hierenfahren an dem darauffolgenden sTage einen turzen Gang in den Stadtgarten machen, sie wird sich so bald wieder erboten . . . wenn teine feelischen Erschiitterungen vorkom in Europa?« Frau Schwendt wußte wohin das zielte; sie hatte aber jeht gerade nicht das Bedürfnis nach Aussprache, und es tam ihr fest vor, als hieße das Klage führen, wenn sie Jntimes iiber Mathilde Dr. Sellin, der am Ende doch ein Fremder-« war, mittheilen würde. »New-? Mein Mann fühlte sich heute Vormittag abgespannt,- jeyt konnte er aber wieder hinausfahren Das wäre Eines. Und zweitens Robert hat uns fein Zimmer aufge tiindigt, er wohnt jetzt im hotel Ger mania. Jch tann das nur billigen. es gab fast tägliche Reibungen zwi schen meinem Mann und ihm, die ein Ueberbriiaen der Gegensätze nicht zu ließen. Jetzt wird wahrfeheinlich leichter ein leidlicher Friede herzustel len fein, besonders dann. wenn ein geschickter, beiden. Theilen freundlich gesinnter ehrlicher Mutter die Ver mittlung übernehmen wollte . . .« i men . . . Was giebt es ionft Neues Dr. Sellin verneigte sich. ..Danle, dante . . . ja, ich bin bei den Theilen gut, an Ebelichtszt fehlt es mir auch nicht. Ob« ich geschickt bin, muß ich etit beweisen. Jch werde es gern prpbiken, gnädige Jena« .Nun tagen Sie mir auch, was es bei Jhnen Neues giebt, lieber Dot toe.' »Nichts von Beding Meine Pa tienten sind Gott sei Dant gesund, deshalb iit fest, Gott fei’S geklagt, wenig Arbeit« »Beste mehr Zeit haben Sie, nach den rothen Backen zu suchen, die Sie glücklich machen follen.·« »Ich habe die hoffnuna schon auf-. gegeben, in den Kreisen die tük mich in Betracht kommen, dergleichen zu finden. Vielleicht gelingt mit dies auf Unwesen, das heißt, möglicher ---------------------------- » Weife der-hilft mir mein Wissen dazu, irgend ein mit sympathisches Bleichs gesteht zu gesund-rather Farbe zu bringen Allerdings eine schwierige Aufgabe« ; »Ja, ja "beftiitigte Frau Schwendt leise seufzend, »es ift wirklich scheute-; i rig.« — » Beim Abendefsen vermißte Frau - Schwendt schmerzlich ihren Sohn. ein« pfand aber doch heimliche Freude, daß er nun frei von jeder Rücksicht auf Vater und Mutter nach Lust und. Launen über seine Zeit verfügrnf konnte. ( Herr Schlvendt dagegen litt eint wenig darunter daß feine Tochtert nicht am Tisk faß, während er Roki berts Abwesenheit fast wie eine Er liifung betrachtete «- nun ja, derl Sohn mit dem unerfchrockenenf manchmal überlegen lächelnden Blick hatte ihn so oft in unbehagliche Stimmung verfetzt Am nächsten Tage gegen drei Uhr wurde Martin Frehung gemeldet, als Frau Schwendt mit ihrer Tochter, die heute schon bedeutend besser aussah. im Speifezimmer faß. Unauffiillig hatte sie den ganzen Tag Mathildens Gesicht betrachtet, aber von Ungeduld oder Aufregung war nichts zu sehen gewesen. Auch jetzt nicht, als der Diener mit vielleicht beabsichtigter Feierlichkeit sagte: »den Frehung läßt fragen, ob er eintreten darf.« »Gewiß . . . im Musiksalon,« sagte Frau Schwendt und fügte. nachdem der Diener fortgegangen war, glrich miithig hinzu: »Ich bleibe hier« tvill Euch nicht stören, . . . der Besuch gilt auch nicht mir.« »Oh, tvir haben leine Geheimnissk . . Wenn es Dich interessirt. Ma ma ..... bitte.« entgegnete Ma thilde, wartete stehend einen kurzen Augenblick vergeblich auf eine Erwi derung und begba sich sodann in·das anstoßende Gemach Ill. Zum großen Erstaunen seiner Be amten und Arbeiter tiimmerte sich Herr Schwendt seit einiger Zeit nur wenig um feine Fabrik Friiber war selten ein Tag gewesen« an dem er nicht vom Morgen bis zum Abend in seinem Ctablissernent die Arbeiten überwacht, die Lucan-Angelegenhei ten geleitet hatte. Die Bedienfteten vermutheten, der Grund sei in dem nun recht nahe gerückten Zeitpuntt der großen Familienfeier zu suchen. Sie tauschten fich aber in dieser An nahme. Schwendts Sinnen und sein handeln galten jetzt dem Plan, den Sohn zu bekämpfen, ibn von seinen überspannten Jdeen abzubringen und ihm zugleich den zwingenden Beweis zu liefern, daß der Vater. wenn er nur ernstlich will, Robert auf dessen eigenem Gebiete weitaus überlegen ist. »Den besiegten, ein wenig gedemiithig ;ten Sohn will Herr Schwendt dann smit offenen Armen wieder empfangen. sDie Arbeit verlohnt der Mühe. Er lhielt ia Robert fiir sehr begabt. Er )glaubte, sein Sohn würde, aus den rechten Weg zurückgefiihrt« Herr-arra gendes leisten. glänzende Starriere machen und für das deutsche Voll nachhaltig wirken tönnen. Herrn Schwendts Kampslust entsprang aber durchaus nicht allein diesem selbstii schen Interesse, dieser trotz alledem noch immer vorhandenen Liebe zu dem Sprösiling nein, er glaubte sein Vorhaben auch nützlich siir die Allge n: inhcit. Er wollte eine Zeitschrift gründen, in dieser soll der gar zu üp pig gewordenen Jugend von heute, die mit frecher Hand die schönsten und trefflichsten Gebäude der menschlichen Gesellschaft demoliren will. ein wenia der Kopf gewaschen werden: -—- noch länger ohne Widerspruch ihren Thor heiten zuhören und zusehen, hieß ja, die ganze nächste Generation verer chen lassen. Sache ernfter Männer ist es, die tollen Bestrebungen der auszer Rand und Band geratbenen «neuen Menschen« endlich zu bekämpfen. Und Herr Schwendt suchte und sand in Dr. Lindner einen gediegenen Publizisien. einen Mann, der geeig nei war, eine solche Zeitschrist zu leiten. Freilich, Dr. Lindner stand seinen Anschauungen nach doch etwas zu ties in einer Vergangenheit, die eigentlich nur historisch aus Beachtung und Anspruch machen durfte; waren! die neuen Menschen zu phantastisch, und zu tiibn in ihren Postulaten, so war Dr. Lindner in vielen Dingen zu vebantisch nüchtern und wagte ei« nicht, manchen längst als Vorurtbeil erkannten Glauben sallen zu lassen aus lauter hochachtung vor Empirie und Autorität Das war herrn Schwendt genau bekannt, doch erach tete er gerade diest Schwächen hier vertheilt-ask — Den seurigen Jün gern ertremer Ideen wird eben ein Fanatiter ertrerner Anschauungen nach der anderen Richtung hin gegen überstehen. Das Erscheinen der ersten Nummer »der Zeitschrift »Im Geleise der Ber nunst«. als deren herausgeber here --------------------------- sGustao Schtoendt zeichnete erregte Tungeheureö Aussehen. Der Wider Tstreit der Ansichten allein. nnd die sähende Jronie mit der Dr Lindner in einem .Der Wahn grüner Jungen« ( ;detitelten Aussah wider die Theories und die Vrattiten der Gegner loszog. hatten hingereicht, daß alle Welt voni dem gefährlichen Feinde, der in dieser Revue der Jugend erstanden war, sprach. Das allgemeine Interesses wurde aber durch das noch nicht da gewesene Schauspiel erhöht, Vater und Sohn. beide stadtbetannte Per siinlichleiten, sich offen bekämpfen zu sehen. Der zweite Artikel »Was der alte Michel meint«. entstatnrnte der Feder des herausgebers. war mit dem vollen Namen unterzeichnet nnd wandte sich vorerst mit unlengdarer Verve und mit kräftigen Argumenten gegen das Schwinden des Sinnes der Jugend siir das Ideale. Dann richtete er an die Eltern und die Leh rer die eindringliche Mahnung, dahin zu wirken, daß man den Kindern von iriiher Jugend an unermiidlich in Bort und Beispiel das Verständniß siir alles Ideale, für zarte Gefühle einpflanzen möge; der harte Kampf ums Dasein bringe ohnehin viele der schönen Blüthen des menschlichen Jn nenlebens zum Wellen. Der Aussatz schloß mit den Sätzen: »Der ver träurnte, deutsche Michel iit ausge macht. bat sich die Augen gerieben, ist sich seines Werthes bewußt gen-or den, hat seine Glieder gereclt und, die ihm das freie Leben nicht gönnen wollten, niedergestreckt. Das war eine herrliche Zeit, wenn sie auch theures Blut gekostet bat. Aber dann trat dessen Sohn aus« en nüchterner Ge selle. der positive ThaisachetL zittern mäßige Erfolge über Alles schätzt. dem Alles-. toas Empfindung ist und Erbe .bung iiber den banalen Alltag bedeu tete, als romantischer Dusel erscheint, dem da- Veilchen eine gemeine Pflanze ist, die blos insofern der Be achtvng würdig ist, als man ihren Duft kondensiren und in Geld um« sehen tann. Und was soll dann erst aus seinen Nachkommen werden? Wer bringt den neuen Michel dazu, daß er sich auf sich selbst besinnt, dass er in die Fußtapsen seines Vaters trete, der gutmütbig und bieder, versonnen und voll Liebe zu allem Schönen war, aber im gegebenen Moment auch zor nig und krastboll zu handeln ver stand? Es ist ein edles Ziel, toill mir scheinen, unserer Jugend die Ueber zeugung einzuflöfzen« daß das deutsche Voll die spöttisch gedachte Bezeich nung: »Das Voll der Dichter und Denker und Träumer« alg höchsten Ehrentitel ansehen dars.'· Man sagte sich, daß der Aussay für einen siinszigjiihrigen Anfänger nicht schlecht geschrieben war, und war auf die Erwiderung von »Gegen den Strom« gespannt. Die ließ nicht lange aus sich warten. Der Sohn be merkte in einer ganz turzen Notiz, daß der Aufsah des alten Michel aus ernste Entgegnung nicht Anspruch dabe, da er detlarnatorisch sei und der Argumente entbehre: heutzutage, im Zeitalter der Vernunft und kühlen Er wägung, verfehlte die altrnodische, «schöne« Dittion in solchen ernsten Sachen ihre Wirtung, jeht finde Ge hör nur, wer klug und tlar zur Sache spricht. Die hochnaftge Absertigung that Herrn Schwendt weh, er war jedoch aufrichtig genug, einzugestehen, daß diese Kritit nicht unbegriindet war. Freyung tam jetzt, ohne erst um Erlaubnis-, zu fragen. an jedem Nach mittag, und blieb stundenlang allein mit Mathilde. «Diese schien sich. in dieser turzen Zeit so sehr an dieseNach mittagounterhaltungen gewöhnt zu haben, daß sie jeden Augenblick un ruhig nach der Uhr sah, wenn die drit te Nachmittagsstunde vorbei war und ihr Ramerad sich noch nicht eingestellt hatte. Dann begannen gemeinsame Spaziergänge. Was die Mutter noch mehr befremdete und tränkte, war, daß Mathilde gar teine Augen und Ohren mehr zu besitzen schien fiir die Vorgänge in der Familie. Sie be merite offenbar gar nicht, dass der Vater jetzt öfter als früher, zu Hause war, welche Form der hader zwischen Vater und Sohn angenommen hatte und daß die Mutter tiiglich bleicher und magerer wurde von zehrendem Nummer. Wo weilten Mathildens Gedanient Doch nur bei diesem Frey ;ung Manchmal entschloß sich Ma lihilde erst nach sichtlicher Uebertoin Idung, der Aufforderung der Mutter zu einem Spaziergange Folge zu lei sten Dobii fiel Frau Johanna un angenehm auf, wie sehr sich Mathilde auch in belanglosen Dingen geändert hatte. Ihr Gang toar seit lässigen Sie schob den hat« old er ihr einmal zu heiß war, hoch hinaus. daß er hin ten auf der Frist-r tu litten tam was sehr komisch aussah; auf eine Bemer kung der Mutter erwiderte sie: »Ach, was liegt daran, wenn ich dem Voll da komisch beklomme! Mir sist's so bequemer, das ist die Haupt sache«. Dann hatte sie die Gewohn heit angenommen, aus der Straße den Schirm hin und her zu schwere ’ten und ließ sich davon nicht abbrin gen. Sie hörte mit einem Mal aus, Handschuhe anzulegen. .Es hat keinen Sinn, die Hände in ein enges Fell zu zwöngen," erklärte fie. »Es war thiiricht von mir, daß ich es bisher gethan habe. Soll das vornehrn sein? Dann lasse ich es schon deshalb sein. denn ich kenne nur die Bornehrnheit des Geistes nnd der Seele. Und als Schutz gegen die Sonnenstrahlen hat der Handschuh schon gar keinen Sinn —-· mag die haut sich bräunen·" Mathilde wurde ganz traurig, es tränkte sie, daß ihre sonst so kluge Mutter in diesem Dinge eine falsche Auffassung hatte. Was soll daraus siir sie noch werden« wenn die Mutter sich hinter alten. sinnlosen Gedrän chen verschanzt und der Macht der lo gischen Beweisführung tin-zugänglich dleidl? Mathilde wird sich ia nicht rühren und regen tönnen in der Zwangsjacke der alten Schialichkeit, und sie will dochihre Jugend srei ge: nießen, die Jugend, die so rasch da binrilt. Mathilde war verzweifelt Was soll sie thun: die heißgeliedte Mutter tief tränlen oder entsagen, ganz daraus verzichten, ihrem Wesen gerecht zu werden und sich auszuleben wie es ihre freie, unabhängige Natur erheischt? Mathilde sand teinen Aus-: weg. Erst jetzt gewahrte fie, wie sehr ihre Mutter in der letzten Zeit versal ten war. Ehr Mathilde nach dem Grunde fragte. suchte sie sich selbst Antwort zu geben. Es war anzu nehmen, dasz ihre Kraiitheit und Schwäche der Mutter Kummer be: reitet hatte, und Robert-z Auszug iiiag auch das Seine » dazu beigetrageii haben. Jhr freundschastlicheo Ver hältniß zu Frenung aber brachte Mama wahrscheinlich am meistens herab, obgleich sie ja anfangs garf nichts dagegen einzuwenden hatte.j Die Mutter gab ihr dann die Aus tlörung, die ihre Veriniithunaen bei stätigten und sie vollends in Trauerf versetzte. s (Fortsesung solgt.) —-..— suttsttttärifhe sit-splittern Antimilitaristische Flugbliitter sol len in Karlsruhe und anderen Garnis soiisstiidten in Süddeutschland an dies iiber die Feiertage beurlaubten Solda ten von sozialdemokratischer Seite aus verbreitet worden sein. Die sozialde nsolratische Presse ertliirt jedoch, dasz die Sozialdemokratie mit der Sache nicht das geringste zu tun habe. Sie lehne entschieden und unter allen Uni ständen jede Agitatiou unter den al-l tioin Soldaten ab. Zum Ueberslusji beweise aber auch das iii Frage tom- » niende Flugblatt, das tatsächlich exi- ( stirrt, daß es sich um einen plumpen’ Schuttenstreich handelt, der manche junge Leute im Wassenrock ins Un glück stürzen tann. Den Soldaten würde zugemuthet, am 27. Januar ldein Geburtstag des Kaisers) den Gehorsam zu oerweigern und den Pa radeinarsch nicht zu machen! Alter Wahrscheinlichteit nach, schreibt der Rotte-freund, solle mit dem verbreches rischen Flugblatt die Gesiihrlichteit der Sozialdemolratie stir- stehende heer bewiesen werden, um so die Regierung zu verichärsten Maßnahmen zu ver einlassen Nach einer Darstellung der Strafr bnrger Post soll das Flugblatt, das in sämmtliche von Militär besetzte Ziege Bodens-, des Elsasz und der Psalz ein geschmuggelt worden sei, in Kürze etwa folgenden Inhalt haben: »Le bensinittel und alle zum Dasein noth wendigen Dinge sind augenblicklich theuer wie noch nie. Demgemäß wurde fiir Osfiziere und Unterosfiziere die» Lohnung erhöht. Auch Wilhelm li. nsurden zweieinhalb Millionen Inehrs bewilligt. Nur siir Euch, Kameraden, 1 sand sich nichts mehr. Als auch Euch » eine Zulage gegeben werden sollte, sagte der Kaiser: Mustetiere sollenl exerzieren und beten. Vom Bethi mann holltveg und dein Reichstag ha z ben wir nichts zu erwarten: wir wol- ’ len uns mit unseren preußischen Sen . incraden zusammenschließen Bei deri Parade am 27. Januar wollen Ivir ? den Gehorsam derweigern nnd die Herrschast des Hauses Hohenzollern von uns abschiitteln. Das Voll stehe hinter uns. Rachen wir die Opfer von 48 und 64. Co lebe die Redu blit!« Inzwischen ist die Untersu chung nach dem Urheber bei Militiirs behörde und Staatsanwaltsrhast wei ter im Gange. ---. Voltsausliiuse in Ecuador. Das ist nichts neues-, aber wenn es einmal keine gibt, dann sollte man nicht vergessen, Jdnriiber zu berichten. : I . . hierzulande besihen 26 Aviatoren eine Lizenz. Der Truhel dabei ist, daß teiner davon sich darüber gen-iß ist, wie lange sie gut ist. ffIIvavvvvvvvss---... sich hundert Jahre-. Die Welt im Jahre IIIU ioie sie sich in der Vorstellung eines großen Chemiterss malte. Der große Chemis ker ist der verstorbene Atadeiniker Berthelot. Er ließ seine Gedanten vor: auswandern und suchte zu sehen, was die Welt morgen, d. h. ini Jahre i2000, sein würde. Er ivirst einen IBlick zur Erde. Sie ist nicht wieder-« I zuertennen. Keine Heerden mehr, keine ;Hirten, sie zu bitten. Keine Kornfels der· teine Obstvlantagen, keine Weilt berge und natürlich auch keine Bau ern, keine Küfer und landivirthschafts lieben Arbeiter. Die ganze Erde eine Warten und Partlandfchaft, angelegt, ’um den Augen Freude zu machen. Keine Bergwerke mehr im Betrieb, keine Bergarbeiter, kein Streit. Die Zolliimtet verschwunden mit den Grenzen. Kein Schuyzolh teine Ei fersucht unter den Nationen, kein Krieg. Alle Menschen brüderlich aus gcsöhnt in gemeinsamem Glücke. Jst’s nöthig, es auszusprechen, tvelch Zauberer dies Wunder vollbracht hat? Nur der Chemiker kannte es thun! Als der Mensch einst aus dem irdischen Paradies vertrieben wurde ward er verurtheilt, imSchtoeisze seines Angesichts sein Brot zu erwerben. Jni nächsten Jahrhundert hat ihn der Che miker davon befreit und ihn in das wiedergefundene Paradies zurückge fiihrt: Dazu genügte einzig, ihm dte Stoffe zu feiner Ernährung umsonst zu geben. Und nichts einfacher als das! Da wir aus vier Elementen be liehen, die in der Natur verschwende risch vorhanden sind, kann es siir die Chemie nicht schwierig sein, in der Form von Nahrungsmitteln die fur uns nöthigen Quantitöten aus ihnen zusammenzusetzen Jeder wird des Morgens-, um siai am Tage zu ernäh ren. seine tleine Ztiszstosstablette, sein tleineg Stück Fetrstosie, sein bißchen Störternehl oder Zucker und sein Fläschchen Kräuterwiirzr. die seinem persönlichen Geschmack zusagt, mitneh men. Und das ist das vollkommene Glück. Die soziale Frage ist gelöst. Berthelot glarrbt’s. Aber ist es wahr? Wenn sie nicht mehr zu arbei ten brauchen, womit werden die Men schen ihre Zeit aussiillen? Das ist doch die größte Plage. nichts zu thun zu haben. Berthelot meint zwar, sie würden das Gute und Schöne suchen: in der Ausübung der Kunst und in der Philosophie, die sie wie die antilen Weisen unter schönen Bäumen distri tieren wiirden. Aber tönnen denn diese Distnssionen nicht Streit, Zank und selbst Krieg verursachen? Nein, sagt Herr Berthelot, denn da die Men schen aufgehört haben, die lebende Kreatur zu tödten, um ihr Fleisch zu essen, haben auch ihre Sitten an Milde zugenommen. Und doch bleibt noch ein Zweifel aus dem Gründe seiner Seele. Er sagt: Man müßte noch eine spirituelle Chemie ersinden, die die moralische Natur des Menschen ebenso von Grund aus ändert wie un sere Chemie seine materielle Natur. Veso-frassen als Ost-lass Es ist ein eigenthiinrlicher Umstand. das; die größten Goldlager der Erde meist in höchst unwirthlichenGegenden der Erde gelegen sind. Mit Calisornia und Siidasrita geht es noch nn, aber Klondnle aus der nördlichen nndWests australien ans der siidlirhen halbkugel bieten jedes siir sich Verhaltnisse dar, die einer dauernden menschlichen An sredlung Hohn zu sprechen scheinen. Proben in Alagia ist eH Schnee und Eig, drunten in Australien Wiistenlli mss und sast volltornmene Wasserlosrgs leit, die einer Bethätigund des Men schen die größten Hindernisse in den Wen legen. Trotzdem hat sich nament lich Weftnnstralien in letzter Zeit glän zend enttvtetelt. Nach einem Bericht des staatlichen Berabantngenieuro für Weitanftralien betrug die Gold-tren gung der ganzen Erde in den fünf Jahren von most bis »M- 380 Mtti ttonen Dollar5. Davon lieferte der anstralifche Staatenbnnd allein den fünften Theil, nnd wiederum Wenn-i scrnlten allein MI- v. H Die Bedentunq des Goldbergbukiesz für Weltaustralien qelpt so recht an derThatfache hervor, daß er in dexn le zetchneten Zeitraum 96. v. H der ne sammtenMineralnewinnnng betragen u 4 Fünftel deIWerlheg der gesamm ten Auf-fuhr d: r Kolonie dem Wer the nach in Ansp: nch genommen hat. Ja den jiingften Jahren sind diese . Ziffern noch gestiegen. Nach der tiefre ften Statistik lonnnt anf jeden tin Bereit-ou belchäfttaten Mann etnGolds werth von mehr als 82000 jährlich. Selbstverständlich hat die Entwirk lung det- Gotdbergbnnes nuzgedehnte und thearetkttenbalznbauten veranlaßt Auch das Wasser Innß mit der Eisen bahn herangetchleppt werten und ge hört in den weit tin Innern gelegenen Mtnenbeztrten zu denWaaren descri groshqndetz, nnd zwar tolten hundert Galtpnen 10 dts 20 Ets. Alle Erz in Wetter-streuen treten Litsktqens in led- alten dultanilchen unr- iedjniekzäs ren Gesteine-r ans . -’"