Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 27, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    WZMQOJILOIOIHI beäspxofifot sj GIVW l s I s to g ! i ss h f
Humoristischsmilitsvische
Erzählung
Der falsche Adjutant
Po n W
Freiherr v.5chlicht å
-—«—«-» UM
(1. Farifetzmig.)
2. Ka yet t e l.
Hauptmann Mehririg hielt mit sei
tet Kompagnie eine Felddienfnjvuna
II· Allzuviel Spaß machte die Saat
W, denn man hatte in der llmqe
Ins der Stadt fa gut wie gar kein
seeigneteå Gelände ur Verfügurm,
Und die Anzahl der « deen, die man
fiie die einzelnen Geländeabschnitre
site Verfügung hatte, war nicht allzu
Fros. So wiederholten sich die llebun
sen in regelmäßigen Zwischenraumen
esse-ice bis-«- sechs Wochen kam dasselbe
M in derselben Geaend daran.
Dass-Oe auf der einen Seite zwar
langweilig, aus der andern Seite hatte
es aber auch das Gute, das-; bei den
ewigen Wiederholungen die f ugfiihrer
und die Mannfchnften ibre suche ive
Maßens »beinah« richtig machten und
wenn auch netade tein Lob. so dort-s
tsneerhin geringen Tadel ernteten.
Heute war dar- Gefecht bei Bedarf
an der Reihe. Das war das langwei
lisfte von allen, schon deshalb, weit
das Gelände dort noch ebener und ein
wer war als an den anderen Print
Auch der Anmarfch auf des
Thau ee, zu deren beiden Zeiten Ha
endlp·e heideslächen ausdehnt-n war
sieht als einsörmia. Aber Bedarf war
an der Reihe. da war nichts zu ön
dein. Schweigend hatte sich Haupt
wann Mehting qestern seinem Feld
wedel gefügt, als dieser das ominöfe
Wort »Bei-ves« aussprach.
»Ist in schließlich Jacke wie Hose«.
hatte et endlich gemeint. »Die Hauvs
facht ift, daß wir nin elf Uhr, wie der
Oberst es mit Rücksicht auf die aroße
the befohlen Lat, wieder zuriicl sind
nn lassen Die nur den martirter
Zeind rirn fünf Uhr abrLicken, di
onipagme folgt eine halbe Stund.
späten
Einen weiteren Auftrag für dei
tnaekirten Feind zu ertheilen. hielt der
upttnann für überflüssig und det
dtvebel auch. Der tüchtige Sergeani
te fiihrte nun schon seit drei Jah
ten bei allen Felddienst s Uebunger
die durch gelb-, weiße und rothc Flag
gen mariirte feindliche Abtheilung,.
und er mußte ganz genau, too er bei
jeder einzelnen Uebung mit seiner
Leuten Aufftellung zu nehmen hattU
Er brauchte leine Instruktion, mari
hatte nur nöthig, ihm zu sagen: innr !
gen geht es da und dahin, dann wußte
er Bescheid. -
Und wie nun der Feind tvufitr. tvo
er sieh aufftellen sollte, so wußte die
Kompagnie ganz genau, tvo sie der
Gegner nicht nur zu suchen, sondern
auch .u finden hatte. Am Lstausgang f
von edorf stand ein feindlicher Unter :
offiziersnosten, in der Mitte des Dor- :
fes eine rathe Flagge, die die Feld
wache darstellte, am Weftrand weth
eine weiße Flagge, die seindliche Ha (
dalleriei Patronillen bedeutete, so aina
das weiter. Es toar ja eigentlich eit
Unsinn. daß die Uebung abgehalten
wurde, die Kerls hatten ebensogut itn;
« Bett liegen bleiben können, denn auclsT
non dort aus hätte der Gefreite feinen J
Vers herbeten können: »Meldung von!
der Patronille Nummer l: atu Oft
aus ang non Bedarf zeigt isch eine»
fein lieh-e Ahtheilung in der Stärlk
Von sechs Mann, die anscheinend einen
Unterafffiriersnoiten darstellt."
Aber Feldbienft soll nicht im Bett
sondern nach den bestehenden Bein-n
mungen im Gelände geübt werden, s:
zog man denn bei schönstetn Weins
den kommenden Ereigniser entneaen
Hauptmann Mehring hoch zu Roß. as
der Spitze feiner Kompagnie allen
voraus.
Der Herr Hauptmann befand stel
in der denkbar fchlechtesten Laune
Einmal, weil er vor fünf Uhr hatte
ausstehen müssen. und das liebte e
abfolui nicht. Er hatte nur eine Lei
denfchaft auf der Welt, das war das
Schlafen, und er pflegte oft zu sagen
»Wenn ich später einmal nicht meh
Soldat bin, stehe irh überhaupt nich
mehr auf.« Und heute war noch etwas
da u getommem ihm das Aufstehen zi
et chweren Mitten in der Nacht hatte
, der Telegraphenbote ihn aus dem
Esesten Schlummer geholt und ihm
wie-Bereiche gebracht, die da lautete
»Habe mich plötzlich entschlossen
Euch siir einiae Wochen zu be
suchen. Bin Mittag dort. Freue
mich sehr. Konstanze«
Der Hauptmann hatte in der stil
ten Nacht wie ein Unheiliger ge
flncht, und alle Versuche seiner Gat
tin, den them-en Ehrenan zn kern
«gen, waren erfolglos qewesen Er
nte nun ein-mai gequ Konstanze,
die Wittwe seines verstorbenen Bru
ders. nicht an, und auch die stille
stssnunzx daß sie vielleicht später
, lly znr Erbin einsetzen würde, war
nicht ins Stande, ihn gegen sie freund
Tisek zu stimmen. Und dazu kam, daß
Konstanze erst Mitte der Drei-Fig war,
- die dachte noch an nicht daran, in
! ben, sie war eine lebenglustige,
oh- Witiwe, und gerade das machte
ver Hauptmann ihr beständig zum
- Vorspan daß sie schon nach siins
. Jahren seinen verstorbenen Bruder
r nicht mehr zu betrauern schien.
nie Konstanze wie sie knrzwea ge
nannt wurde, ging auf die Nerven,
- und wenn sie sich auch aus ihr Kom
men freute, er freute sich nicht, im
ntheiL er war mehr als windend
« n-- tte sie wegen ihrer plötzlichen An
; - Tage kaiibliitig lächeind ermorden kön
- M
. tritt« .
: lie. vie alte Stute, quieite
" Mich laut ans, denn in Gedanken
l
hatte der Hauptmann seinen Zorn an
ibr aus-gelassen und ihr die Sporen in
die Seite gejagt. Das aber liebte
Rosalie nicht. so blieb sie plöhlich ste
hen und schüttelte sich wie ein nasser
Pudel, und der Hauptmann flog im
Sattel wie ein Guminiball hin und
her. Aber er blieb doch oben, und als
Rosalie sah, daß sie ihren Ouälgeist
doch nicht los würde. knurrte sie ir
gend etwas Understiindliches vor sich
bin und setzte sich dann langsam wie-·
der in Bewegung.
An der Queue der Kompagnie mar
schirte Leutnant Konnritz. er war der
einzige Osfizier ans der Kompagnie
und deshalb nach seiner gewissenhaften
Ueberzeugung einer der am meisten ge
plagten Europäer. So ganz unrecht
hatte er nicht. Der Hauptmann war
ein begeisterter Anhänger der Beschäf
tigungstheorie. Nach seiner Auffas-»
sung niuszten die Leute sortwährendl
beschäftigt sein. und fast zu sedemz
Dienst wurde der Lentnant toinrnansf
dikt, ohne den es nach der Meinung;
des Hauptmann-Z nicht ging. Selbst 4
verstandlich war Konnrits iiber diesen(
Puntt ganz anderer Ansicht. er vertrat i
Lvar nicht den Standpunkt daß seine(
-hötigleit ganz zu entbehren sei. aber
weniger wäre nach seiner Meinung
mehr gewesen. Jeht war er überall
dabei. und wenn er sich um alles klim
mern sollte. konnte er sich um nichts
ordentlich flimmern. Er that seinen
Dienst widerwillig und wünschte sei
nen Vorgesetzten jeden Tag sechsmal
zum Teufel Dazu lam, daß er von
dessen geistigen Fähi« leiten leine allzu
große Meinung besa?R und alles, was
der anordnete. schlecht hin als »Un
tinn" bezeichnete
lfaul Konnritz plötzlich in sich zusatn
l Auch über die heutige llerung
ihcgte er dieselbe Ansicht, nnd fnnr
lrend nnd brummend schritt er seines
Weges dahin. Seine Aufgabe be
siand eigentlich darin. don hinten
ans die Marschordnung zu überwa
chen, darauf zu halten, daß die Leute
auf Verdermann marschirten und die
richtigen Abstände hielten. Aber Kann
ritz kümmerte sich nm gar nichts-. er
döfte vor sieh hin, nnd während er
döite, schimpste er ftill in ssrh hinein,
und während er fchimbfte, döste er.
Das einzige, worauf er achtete.
war, dasz er den richtigen Abstand
von der Kompagnie behielt. Dass
aber that er auch nicht im iibersrir.
benen T»iensteifer, um die firengen
Vorschriften des Reglements zu er
füllen, o nein, über derartiae lächer
liche Bagatellen fühlte er sich erha
ben. was er that, that er lediglich
im Interesse feiner Nase. Der schlechte
Tabakf den die Kerls tauchten, duftete
entsetzlich, nnd allzu lieblich war der
Geruch. den die Kompaanie ausström
te, gerade auch nicht. Aber Leutnant
von Konnritz hatte nicht nur eine
sehr empfindliche Nase, er hatte am
linken Fuß einen noch empfindlicherep
großen Zeh, nnd er hiitete fich, der
mit dem Komißftiefel eines braven
Musketiers in allzu nahe Berührung
zu bringen.
.An!«
Mit einem lanten Zchknerzensfchrei
men, aber nnr für eine Zelunde. dann
sprang er halb wahnsinnig vor
Schmerzen einem Mustetier von hin
ten ans Genick.
»Sie infamer Mensch, Sie Hins
inelhnnd. ich schlage Sie todt.«
Aber der Musletier kannte seiner
Leninani. der schalt wohl, aber er
schlug nicht, so blieb er auch ietzt
ganz ruhig. »Ich kann nicht dafür
There Lentnant«. vertheidiate er sink.
i
.Warnm bleiben Sie Hendferd
denn Plö lich stehen?«
»Es it doch »Halt« lonnnandirt
worden« L
Konnrijn machte ein ganz erstauntes
Gesicht nnd ließ fein Opfer los. »Er
es ift »Halt« Iornmandirt. das hatte»
ich ganz überhört. f
»Juri; Donnerwetter, wer sprichti
denn da hinten immer'«, rief derj
Hauptmann, »es ist nur »Halt« tom ;
mandirt, wenn das Kommando »riihrk
Ench« erfolgt, hat · der sein Maul zni
halten. Wer hat ge breche-V Wer war?
der Lümmel-«m
Der Musketier. dern sein Leutnant
an die Gurael gesprungen war, wollte
sich melden, aber Konnritz biett ihn
zurück nnd trat selbst vor· »Ich war’5,
Herr Hauptmann!«
Die Kerls arinsten, und der Herr
Hauptmann bekam einen rothen Kops
»Dann nehme ich den Ausdruck »Liim
mel« natiiriich wieder zuriict.'« Aber
laurn hatte er das gesaat, da iiraerte
er sich, das-, er es hatte sagen iniisien
Er liebte seinen Leutnant auch nicht
besonders, ganz besonders heute nicht,
wo er aus die aanze Welt schlecht zi.
sprechen war, so richtete er sich denn
noch einmal in seinem Sattel ans nnd
ries mit lauter Stimme: »Wenn ich
meine Worte auch zurücknehme, Herr
Leutnant, so diirsen Sie desweaen
doch nicht glauben, das; ich Ihr Ver
halten billige. Wenn die Leute schwei
gen, haben Sie in erster Linie ri
schrveigen, Herr Leutnant. Sie sollen
den Leuten in jeder Hinsicht ein leuch
tendes Vorbild sein« Bitte, merten
Sie sich der-K
»Ja Befehl, Herr Hauptmann«,
klang es gelassen zurück
Der Vorgesetzte hatte seinem Her
zen Lust gema t und wollte fiel-,
wieder in den «ttel sehen, aber es
kam anders. Während seiner Rede
hatte er in den Oiigeln standen,
,die. Stiefel waren neu be ohit und
gcatt,. noch glatter aber waren die
W
uElanten Bügel und so tam. wasj
kommen mußt-. Der Herr Haupt
Inann ristschte mit den beiden Bii
geln nack, vorn, er fiel binteniiber
Hund sekte sich mit einer solchen Be
bemenz aus den Sattettnapi, baß er
einen Scheuerzenischrei von sich gab
und sich mit der Rechten unwillkürlich
jene Körperstelle rieb, die von der
Natur nun einmal zum Sitzen einge
richtet ist
Der Hauptmann stöhnte laut aus«
aber er stöhnte nicht allein, auch Ro
lalie stöhnte. Als ber Hauptmann
sich mit aller Gewalt in den Sattel
fallen ließ, aab sie einen berzzerreis
senden Ton von lich. und deutlich
hörbar aina ihr der Athem aus. Es
llang beinahe, als wenn aus einem
leergetrunlenen Biersupbon bei dem
Versuch, noch etwas lperauäzutrinlen
die Lust entweicht. Genau so gurgelte
Rosalir.
Der here Hauptmann bekam bei
diesem Schmerzensschrei seiner ge
treuen Gesöbrtin einen Schrecken, er
beugte sich borniiber und sah ibr ins
Gesicht, ob sie auch blaß qeroorben sei
und etwa die Absicht habe. dem Leben
und damit allen Felddienstiibungen
und allem Ererzieren für immer Lebe
woltl zu sagen.
Aber Rosalie. die, obgleich sie ein
Hauptmannspserd war fiit das Mi
litiir nie ein bemerkenstoertbes Inte
resse gez-irrt hatte sah aenau so däm
lich in die Welt wie immer. Da wußte
der Hauptmann: sie lebte noch, und ae
wisserinafzen zur Bestätigung dieser
Thatsache wedelte Rosalie in diesem
Augenblick mit dem Schweif
Der Hauptmann hatte sich don tei
nem Schrecken erholt, und der Dienst
nahm seinen Ansana. Fiir den Au
anblia wurden die Gewehre zusam
mengesetzt, dann begann die Uebung.
Zuerst aab er seine Jdee aus: Man
war sangenomtnem von einer größe
ren Abtheilung abgesandt, um in Be
dorf (anaenommen) Lebensmittel zu
reauiriren. Schon aus dem Wege dort
hin war man langenomment aus feind
li Patrouillen gestoßen, nun hieß ee
zunächst die Absenduna eiaener Pa
trouillen festzustellen. ob Und wie start
Vedors vom Gegner besetzt ist.
Die Patrouille wurde abaeschielt,
und vom Hauptmann herunter bitz
zum letzten und diimmsten Mustetier
soußten alle, mit welchen Nachrichten
die Gefreiten zilriicktehren würden,
aber im Interesse des königlichen
Dienstes, der leider lein Minnedienst
war, heuchelten sie großes Interesse.
Das thaten die Leute aus einem
aanz bestimmten Grunde. sie ss ttp
sich: wenn wir nicht wenig Eli-(
äußerlich so thun, als ob uns die
Sache Spaß macht, dann muß uns
der Leutnant, bie- die Patrouillen
zurück sind, mehr iiber den Feld-«
wachtdienst instruiren, und du«-:- hängt
ian genau so zum Hals hinaus tvsc
i,m.
So unterhielten sich denn dieMann
schastcn so laut. daß der Hauptmann
es hören mußte, dariiber, ob Bedors
wohl besetzt sei und wie start und wo
wohl die Posten ständen, und ob c
später aelinaen würde, das Dorf ein
zunehmen, und iiber ähnliche wichtiasr
Fragen. Sie alaubten ihre Sache sehr
aut zu machen, aber der Hauptmann
hörte aar nicht zu. er toar mit seinen
Gedanten bei Konstanze und kiraerte
sich insolaedessen, und weil er sict
ärgerte, sollten seine Leute und seis
Leutnant sich auch ärgern, nnd ss
sagte er denn plötzlich: »Bitte, Herrv
Leutnant, instruiren Sie die Kompaa
nie über den Feldtoachtdienst.«
Jeder, der diese Worte horte, sani
vor Sei-reden in sich zusammen, selbst
durch Rosalies Knie lief ein leise-«
3ittern, sie hatte in ihrer zehnjährigen
Dienstzeit diese Instruktion schon se
oft mit anhören miissen, daß auch ihr
vor einer Wiederholung qtaute, so
wandte sie denn je t den Kopf und sah
ihren herrn und eiter fragend an, ob
es ihm wirklich Ernst sei mit seiner
Worten, aber der Hauptmann beariss
nicht, toas in dem Pserdeschiibel «vor
ging. und als Rosalie ihm den Lobi
zuwandte, qab er ihr eins an die Oh
ren. »Sieh doch geradeaus, Du altes
Roßk
i
i
llnd daH alte Roß sah gerade-Jug,
aber auf- seinen Augen sprach ein
unnennbares Weh.
»Bitte, hetr Leutnant, sangen
an.«
Konnritz stand schon vor der Front
und wenn er mit seinem Vortrag nod
nicht begonnen hatte, so laa das lediq
lich dargm daß ihm die Worte nnd
das ewige Einerlei derselben Jnstrut
iion derrrtia zum Hals heraushingen
daß er nicht mehr da eaen antonnte. -
Er warf einen s lick um Himmel
und flehte um Nettuna« a r der Him
rnel that kein Wunder; er stürzte nicht
ein, und die Erde öffnete sich nicht.
Jn seiner Noth saltete Konnritz die
Hände vor dem Magens
»heben Sie Le: bschmerzen, her
Feuänantio Sonst steht man doch nichts
o a.«
Konnriß liesz die Hände leaftloe
heruntersallen —— nicht einmal beten
durfte er. Seine Augen bekamen aber
etwas Unsteteä und irrten ruhelo
dutch das Gelände. Irgend jensand
mußte sich doch seiner erbarmen unr
ihn von dieser nstrutiion befreien
und plötzlich spät ein glückselig es
Lächeln iiber sein sicht, und nntoill
tiirlieh sprach er vor sich hin: »Du-l
Schwein — der Schwein-«
Der haupttnann hatte nicht genau
gehört» Schwant Ihnen etwai? Was
ie
m
c s s v -s-1
denn? Aber so fangen Sie, bitte, end
lich an."
Aber Konnritz sing trotzdem nicht
an, und beständia ruhten seine Augen
aus einem Pferd. das in weiter Ent
vfernung sichtbar wurde. Aber dieses
Pferd gehörte dem Adiutanten. und
wo der Adjutant ist, pflegt der Herr
Major auch nicht weit zu sein. »
So wandte er sich denn um und?
sagte: »Ich glaube, der Here Major(
kommt!« (
Dei-Hauptmann bekam einen mords: l
mäßigen Schrecken, et stand sich miti
seinem Major, der in seiner Viel-ens
wiirdigleit etwas uleide that, wenn
das Interesse des - sienstes dieses nicht
geradezu forderte, zwar ausgezeichnet
aber da et sich dienstlich selbst nick
ganz sicher fühlte, war es ihm immer
unangenehm, den Vorgeseyten in se
net Nähe zu wissen. So wandte er
sich denn schnell aus seiner Rosatie
um: »Wo, wo?«
Konnrip zeigte aus den Reiter, der
immer näher- lam. nnd erleichtert
athmete der Hauptmann aus« al-; e
nur den Adiutanten ertannte. Aber
die Freude war nur tun-» denn der
Adiutant war ihm noch viel unanae
nehmer als der Major. Was wollte
der hier? Natiirlich nur spioniren. wie
er seinen Dienst abhielt und ihn dann
hinterher bei seinem Brotherrn an
schwärzen Etwas- anderes konnte ihi
doch nicht friert-erfuhren So begrjißte
er den Adjuianten auch sehe turz. als.
dieser jetzt beranritt und den Herren
einen »Guten Morgen« wünschte.
»Was wollen Sie hier?"
Der Empfang war leinesweas iiber
trieben sreundlieb. aber trotzdem erwi
derte der Adjntant höflich: »Soazieoen
reiten.'·
Das entsvrach der Wahrheit,
Böhme hatte teine Ahnuna gehabt
daß er hier eine Kompagnie antref
fen würde. Aber der Hauptmann
glaubte ihm natiirlich nicht. »Auch
noch ieige«, dachte er, »wenn er we
nigstenä den Muth hätte, offen nnd
ehrlich einzuaestehen, wag er hier tvkll!"
Am liebsten hätte er dem Adjntanten
aeiaat: »Bitte. reiten Sie weiler'«, aber
das konnte er nicht. So entschloiz er
sich denn, über den Adjutanlen hinweg
einmal zur Tagesordnung überzuge
den und wandle sich abermals an
Konnrih: »Bitte, Herr Leutnant, tan
gen Sie ietzt mit der Jnitrultian an"
Der sah ietzt ein. dal; ihm nichts
anderes übrig blieb, als den Befehl
auszuführen und er hatte schon den
Mund geösfnet, um mit seiner Rede
tu beginnen, als ganz nnderinuthet
doch noch Rettung nahte. »Herr Haupt
mlänm die erste Patrouillc tommt zu
rn ."
Das hörte der Vorgesetzte mit Freu
den, und plötzlich war er sogar lehr
glücklich darüber, dasi der Adjutant
als stiller Zuschauer in leiner Nähe
hielt. Ta konnte der mit eigenen Oh
renh ören, welche glänzenden Meldun
,en seine Leute brachten, und er konnte
ich selbst davon überzeugter-. wie la
dellos die aanze Sache llanptr. St
richtete er sich denn set-r stolz aut sei
ner Rosalie aus und satt der näher
tommenden Patrouille erspartnnasdolt
entgegen. Und mit einem Male wurde
ihm eine doppelte Freude zutheiL denr
er sah statt der einen Patrouille sogar
zwei zuriiettommen
Die beiden Geseeitkn näherten sich
mit ihren Leuten dem Vorgesetzten
machten vor diesem ,,.s)alt«« nahm«
das Gewehr. das sie bisher in den
Arm getragen halten« bei Fuß. ti
dakz es mit der rechten äußeren Stie:
sel ditze til-schnitt. und stellten sich it
Positur, um ihre Meldung abzustal
ten.
Der Hauptmann sah mit Freuden
tvie stramm seine Leute die vorschrifts
mäßige Stellung einnahmen« denn, sc
sagte er lich, auch der Adiutant wirt
es sehen und dem Major melden, dal
meine Leute selbst angesichts des dro
henden Feindes ihre Ruhe besondrer
und aus eine tadellose Körperhaltung
achten.
Der Hauptmann wandte ich n« "
den Gesreiten Petersen, den« Fiihrer
der ersten Vatrouille. Der war auch
heute, wie jedesmal, wenn die Uebun(
bei Bedors stattfand. nach dem Ost
ansqana des Dorfe-J qeschistt worde
und mußte nun die Meldung iiber
bringen, daß dort eine ieindliche Ab
theilnnq von sechs Mann, anscheinend
ein Unteroifiierposten, stände. Da e:
genau wußte, was der Mann zu seinen
hatte, interessirte ihn die Sache ab
solut nicht« des Adjutanten wegen tha
er aber doch sehr neugierig und stolz
und würdet-am und so sagte er: »Er
freiter Peterien melden·Sie.«
Und der Gesteite Petersen meldete
Meldung von der Patrouille Nummer
eins. die den Austrag hatte, gegen dei»
Ostausgang des Dorfes Bedori vor
zugehen. Jch melde, dnß der Oslnns
ana des Dorfes dieses Mal vorn
Leinde nicht besetzt ist — «
Die Worte »dieses Mal« ließen ties
blicken, und um den Mund des Adin
tanten snielte ein leises Lächeln. De
Lsnuptrnann selbst hatte dieie Wort
anr nicht gehört, er vernahm nur, dni
der Ostaiisgana nicht beietzt sei, uni
alles, wag er bei dem Anhören diese
Meldunes empfand. faßte er in ei
einziges Wort zusammen, und diese
Wort hieß: »Schasstops«.
Und es blieb un ewisz. ob sich dies-.
Wort aus den Ge reiten oder aus de
Feind bezog. » »
Der Gesrette Petersen schwieg fiel
ank, und der Hauptmann wandte sieh
W
an den zweiten Geireiten: »Melden
Sies« «
Der Gefreite war am Weiternsnana
von Bedan gewesen. Dort pflegt-:
fonft bei solchen Gelegenheiten feind
Liebe Kavalierie sichtbar zu fein, aber
deute lautete feine Meldungk »De
Weiinuäanng des Dorfes nicht be s
«etz ."
Selbst Rofalie mochte bei dies
Meldung ein ganz erktanntes Gefiel-l
undfchiittelte den Kopf. da sie aber
dadurch ihrem Reiter last die Zügel
aus der Hand riß. bekam sie von die
fern plötzlich einen derartiaen Ruck ine—
Maul, daß ibr fast die Augen iiber
ginaen. Da wurde sie weile nnd gab
das Tzenlen auf nnd iiberließ diefe
anftrengende Tbiitigleit ihrem Herrn
und Gebieter.
Der aber dachte gar nichts, nicht,
weil er nicht wollte. sondern weil er
nicht lonnte. er trar einfach fasse-eins
loe-. Was hatte denn diese ganze
Uebung fiir einen Zweck wenn der
Feind nicht dastand wo er nach alter
lleberlieferuna in stehen verpflichtet
nar? Da hätte er doch ebensogut zu
Haufe bleiben können. Was fiel dem
Zeraecnten Beute. dem Führer des
martirten Feindes-, ein« plötzlich Neue
rungen einzuführen nnd sich wo an
veres aufzuhalten?
»Di) fll UUMMcl", schau kk Plos
Zieh lant vor steh hin, ,.na warte, der
lann was erleben.'«
lind ehe Rofalie mirs-Ja was ihr
wieder neschah hatte sie plötzlich die
Zvoren in den Seiten. Es tbat scheußs
lsch weh und ausserdem titzelte es auch
noch ganz niederträchtig, und unwillig
rief die alte Dame abermal-·- ein lau
tes: ,,Qiiiel!«
Als Antwort bekam sie eins mit
der Faust hinter die Ohren. »Vor
wärt-sc donnerte ihr Reiter sie an.
Rosaiie sah es ein, weiterer Wider
itand nsar veraebeng. so legte sie denn
die Ohren an, holte noch einmal tief
«thhern und stürmt-: dann wie wahn
sinnig davon.
»Gott sei Dant, den wären wir
vorläufig los«. dachte Kannrisz. dann
trat er auf den Adjutanten zu und
reichte ihm die Hand. «Farnos, dafz
Sie gekommen sind, nun habe ieh doch
wenigstens Gesellschaft Was sagen
Eie nur zu diesem Zauberfests’!«
»Hättet Unsinn«, meinte der Adia
tant, »ein wahres Gliiet daß der Mas
jor nicht hier ist. Als Mensch man
der Kavitän ia eine Perle sein, aber
ais Soldat ist er eine große Null ins
Dasein!«
»Ganz meine Ansicht, der Mann hat
nach meiner Auffassung keinen Sein-n
·ner. Ob er wirklich jemals ein Ba
tailton bekommt?«
Der Etldjtttant zuckte die Achseln
«Weif3 ichs-? Bei den Besichtiaungen
hatte er ja immer einen unheimlichen
»insel, nnd im Schieszen ist die Kom
rssaqnie ja im vorigen Jahr die liest
im aanzen Armeekorps gewesen nnd
hat den Kaiservreis erhalten, das ist
immer eine aroße Embsehluna. Unser
Majnr ist ja viel zu anttniithia·,nni je
mano umzubringen, so lobte er der
Hauptmann dem Oberst aeaeniiber
stets iiber den ariinen Klee Na, wag
wird. ohne ich nicht, aber schade wäre
ei doch, wenn wir ihn eine-.- Tagess
versank «
--·-. s«
ÆKT tlllllckc llll(’ls GUNF kklklllllll«
auf: »C.».nunent? Wiese-A «
,.N1«sn, ich dente dabei allerdings
meninee an ils-n, als- un seine Fa
:ni!ies«
In dem anderen wurde die Eifer
sucht mach: »Sie denten an Fräulein
LIMan «
»Wenn-ist auch an die«, meinte de:
tldiutnnt ausweichend »die Zahl der
innqen Mädchen ist hier nur sehe ge-;
rinn nnd itn Bataillon ist Fräulein
Nelly überhaupt die einzige junge
Dame. In wen sollte sich denn der
ganze Lentnant vom ältesten bis zum
iiingften herab verlieben, wenn sie uni
eines Tage-«- verließe?«
Kenner machte ein ganz nachdenk
ticliez Gesicht: »Na, dann verliebt mant
sich eben mal nicht.«
»Gibt es ja gar nicht«, meinte der
«3ldintnnt, ,,ohne verliebt zu sein kann
ein Lentnant ja gar nicht existieen.«
»Es geht auch obne dem. versuchen
Sie es nne mal, Böhme.«
Der Adjntant haftete, als mäee et
mit seinen Lungen nicht ganz in Ord
I x I J- x ) I« · N-’
Gast sivelcher die Zahl seiner vrtkimten Biere an des ngctnxspftm sindpr
Bestimmt-: »Nun-n zahlen, ich sann sucht mehr kuöpfsk
ks ---- s
Inang: »Sie wissen, ich bin nicht ver
stärkste und meine Gesund it ertaubt
mir solche Experimente acht, versw
chen Sie es mal. zu leben, ohne zu
lieben-«
Ftonnritz machte ein schlaue-s Ge
sicht: »Sie meinen, ieb soll nur ja nnb
Amen sagen und Ihnen das Feld bei
Fräulein Nelly gratis und franto
überlassen? Ich dente ia gar nicht
dumm« «
»Schade". dachte ver Adjutant, .,tebr
lieb wäre es mir geweten«. laut aber
sagte er: »Wer spricht denn von Frau
lein Nellin Interessiren Sie sich denn
fiir fie?«
»Sie etwa nicht?!«
»Nun fin« ich drin«, dachte der Av
sutant. »wenn ich ieyt Farbe bekenne.
betreibt der andere seine Bewerbtmq
mit Dampf. als reicher Freier wird er
nxir vielleicht vorgezogen, besonders-« tvo
mein zukünftiger Schwiegervater mir
absolut nicht freundlich qeionnen its.
nnd ich habe dann hinterher das- Rach
ieben. Und dafür bante ist« So
sagte er denn ausweichend: »Was Sie
mir da eben erzählen, ist tnir unt
neu, seit wann schwärmen Sie denn
fiir Fräulein Nelly?«
Konnrisz machte ein nachdenklich-:
Gesicht: ,.offen und ehrlich gestan
den, weis-. ich das selber nicht. Aber
to viel weiß ich denn doch, Fräulein
Nelln iit fiir mich der Inbegriff alles
Schönen, Lieben und Guten, nnd ich
wäre der glücklichste Mensch. wenn e
inir neliinge, ihre Liebe zu erwerben«
»Ich nuch·«, dachte ber Ttldiutanh
dann meinte er: »Wissen Sie, io tvas
sagt man so leicht hin, aber es werden
nicht alte in der Ehe qliictlieb, die es
erhoffenks
sie
DIVIIUIIF Illlllc Zusllllllllcllch ««V«lst,
meine Ansicht nnd deshalb aebe ich
Ihnen den auten Rath, heirathen Sie
nicht!« ·
Der Adjntant biß sich äraerlich aut
die Liptien, er tvar abermals hineinae
fallen. Nach einer lleinen Pause aber
meinte er: »Ich will mir bren Rath
izberleaen, aber ich will hnen auch
einen guten Rath geben«
»Und der tviire?«
,,-Spre.hen Sie qeaen keinen Men
schen, aeaen leinen Kameraden davon.
das; Sie sich sür die Tochter Jhres
Hauptmanng interessiren. Es wäre
doch immerhin möglich, daß Sie Ihre
Ansicht iiber die iunae Dame ändern,
cder daß ans der Sache nichts wird,
nnd dann ist es nicht nur siir Sie,
sondern in erster Linie siir das junge
Mädchen unangenehm, toenn Sie beide
zusammen im Gerede gewesen sind,
nnd Sie wissen ja, wie hier in der
Stadt getlatscht wird."
Er gab dem Kameraden die Hand
nnd wollte davonreiten, um dem Ge
spräch ein Ende zu machen, da tum der
Hauptmann im vollen Galopp zurück
gesprenat, und er entschloix sich, doch
noch einen Augenblick zu bleiben. Das
mußte er doch noch mit ansehen, »wir
sich die Sache hier historisch entivickelt«·
sagte er sich.
Hauptmann Mehring hatte vor
dem scharsen Nitt und dem Arraer
einen dunkelrothen Kopf und er wurde
vor lsrreauna beinah blauroth im Ge
sicht. als er seinen Leutnant im G
sprich mit dem Adjntunten tras: »Herr
Leutnant, wie lommen Sie dazu. sich
hier zn unterhalten? «ch denke, Sir
inttruiren die Leute ii er den Feld7
ivaclztdienstT f
,,-·Vente nicht« eH ttt Ungehan
dachte sich Konntitz iin stillen, nat-m
ach er zur Antwort: »Ich glaubte.
der Herr Hauptmann würden jede«
Anaenbtist zurücktomnten und deg
htxlb hielt ier es nicht der Mühe werth,
erst anzufangen, ich wußte nicht« des-is
der Herr Hauptmann so lange fort
bleiben wär-den«
tFottietzVa tolgsz
Ein Gasttvirt empfahl in No. 274
der Fürstennxnider Zeitung feinen Gä
sten iiir Mittwoch, den 23. d. Mts.
Spezial-Geriichte. Der Matsch Zieht
das Publikum oft ebenso start an, ais
gute Speisen und Getränke.
I I I
Wer immerfort gezwungen ist, Ko
mödie zu spielen. iiir den ist das Le
ben ein Trauerspiel.
II I I
Wer nie im Leben töricht war, ein
Weiser wird er nimmer.
I