Nebraska Staats-aneiger und Il«cerold. Jahrgang Isl. Grand Island. Nebr. 20. Januar I9II Zweiter (Thcil.) Nummer 22. Jn der dämmetstunde. Von Adelheid Stier. Noch aeh ich nicht ins helle Zimm: t, Ein Weilchen bleib ich noch allein! Jn meinem Stäbchen iit t’sich s immer So wohl und traut im ämmerschein Dort draußen senkt sich vct den Scheiben » Die-Winternacht aufs weite Feld, i Schnskeitoeien tvikbeln an die Scheiben, ; Als ichneite zu die ganze Welt. Da träumt WITH fchötL Jn aoldneni Wnaen Kommt Göttin Phantasie ioaleich, Mich iiber Wolten fortzuttaaen Bis in ihr lustig Königreich Ia sehnt-I ich hoch aus blauer Ferne Hernieder auf das Etdenlano Und hole mit vom schönsten Sterne tiin Miitchengliiei mit eigner Hand. Doch vlistxlich fall’ ich mit Erichteeten Nom Wollenteich zur Erde hin, - Man ruft: »Wie lanae willst du stecken un Daniel, lose Träumeein?« Generalprobe. Stin von E. F n h r e w Man war in der Aunstschule in un gewöhnlicher Aufregung Der Herzog nor von einer langen Reise zurückge tommen und hatte sich bei Professor Griitfeld ansaaen lassen. Die drei ,,«Jlteisterschiiler'« des Professor-B flogen im Atclier umher wie aufgescheuchte Wespen. Sie sollten schnell ein bißchen Ordnung machen, und das war gar nicht so einfach Hauptsiichlich war esz schwieria, dac- duntle Geheimniiz w durchdringen, das die Ylntiindiaunzi uniaaln Der Professor hatte nämlich nur die Jhiir aufgemacht und hineingerufem »Meine Herren, der herzoq tomth Sorgen Sie gefälligst dafur, das: es nicht zu fradvant wie in einem -rertel stall aussieht-« Der Professor driickte sich immer sehr öflich ausl; er hatte natürlich et was raftischereg sagen wollen. Der rethblonde Holsteiner Lehmann hatte mit fliegenden Nodschöfzen al lerlei Kleinigkeit-en aus dem Wege ge räumt. die teinen Menschen störten. »Junge, Junge«, murinelte er un aufhörlich vor sich bin, ». Du sollst se ben, der Herzog kommt auch nebenan! Kommt in unser Meisteratelier! Sieht meine PrachtgestaltenL Und erkennt mein Genie . . ." »Menschl« rief Deinelt, ein nervöser Berliner, der seit einem Jahr hier ar oeitete, »was brabbeln Sie denn egal weg vor sich hin? Dabei tann man ja rein verriiclt werden!« »Wenn man s nicht schon ist!« fiigte bedeutsam der Dritte hinu, indem er ein großes Stück Pavpe aufhob und hinter den alles mild verhüllenden Wandschirm schleuderte Uebrigen möchte ich wissen warum Ihr so n Wesen aus der Sache macht! Der Professor ist doch ein anertannter Schützling von Serenissimus, da ist es doch tein Wunder, wenn eine the lierbesichtigung ftattfindet!« ch, thun Sie doch nicht so nn schiilAdigl Es handelt sich gar nicht um den Professor, sondern um nnsl Kommt rein! Wir wollen uns jetzt mal überzeugen, wie es bei uns aus sieht! Wenn der Herzog dort einen Blick hineinwirft es ist ja gar nicht auszudeuten, was daraus entstehen tann Alle drei standen nun in ihrem ei genen Schassensraunr und stellten im mer auf's Neue ihre Werte in ein immer noch ,,bessereg Licht«. Lehmann nnd Deinelt sanken endlich erschöpft aus die Tontiste in der Ecke. Der dict· Jürler aber, tlein und vhlegrnatiseb ries in seinem schönsten Schioiibischr Jetzt ischth schee! Jetzt tann'«5 Fiir chtle tomme!« Deinelt fuhr in die Höhe: ,,hört mal, wir haben ja aile eigent lich keine Ahnung, wie man sich be nimmt, wenn so ein aroßeg hm . . · . Licht tonnnt! Jch schlaae vor, wir halten Probe.« Damit war selbst der rothblonde Lehmann einverstanden Seine unhol steinische Ausreaung suchte nach weite ren Ventilen, nnd er schoß durch das Atelier: »Gut, gut!« ries er. »Du Deinelt, bist Serettissimtts, und ich bit der Professor. — Sol« Er stellte sich in die Positur, die der Meister am häusiasten innehatte: Eine Hand ans die Hüfte gestützt, mit der andern das Kinn streichelnd. Hinter ihm stand Deinelt, so steil aufgerichtet, daß er eine Neigung nach hinteniiber bekam. Schon aber unterbrach Fürler die Probe: »Serenissimus vor! Der kann doch nit da binte stehe!« »Ach richtia!« mursnelte Deinelt während er einen Schritt weiter vor trat und dabei den Holsteiner mit dem Ellenbogen pusstr. »Nimm mit Jhren Armen! Mensch! iJn Geaenwatt eines getrönten Hand ftes steht man nicht so sang facon da! Demutb meine Herren· Tiefste De mnth bitte ich mir ang!« Lehmann knickte zusammen und stand nnn mit aeboaenem Riicten nnd sskhtbar schlottetnden Gliedern da. D.r vermeintliche Herzog- winlte ihm anii dia mit der Hand ab· Hieraus hielt er ein imaainäreg Anaenalas vor das Gesicht und näselte: »Dann besten-J, lieber Griitseld las sen Sie mich nur selbst ansehen. Ah, was ist denn das sitr eine vortreff liche Fiinr da? Ein herum-z nicht wahr?« Dabei strebte er seinem eiaenen Weile zu, einem lebensgroßen Hernie2« der in der Ecke stand. Der Holsteiner aber hielt ihn am «!lerniel fest »Nein, Serenissimns«, saate er la teaorisch, »das ist tein Herines sondern ein Inißglückter Versuch dazu! Hier dagegen .hier sehen Eure Majestät » etwas gani Aunerordentliehesl" Und; bei diesen Worten bugsirte er seinenl Landes«-betten en seiner eignen letzten Zchövfnna hin, einer zierlichen Brun neniianr vor der er heftia gestitnli rend stehen blieb ,,Serenissimus geruhten zwar soeben zu bemerken, daß Sie allein ansehen möchten doch wir haben nur so we nig Zeit, da empfiehlt sich doch viel leicht, daß ich auftnerlsam mache auf tsiese reizende Gestalt - sie würde eine Zierde tür ieden Palast fein. nnd ich lasse sie billia, sehr billig, boheit!« Der Fiirst zoa die Anaenbranen bis an die Oaarivur«ieln hoch nnd schmier te: - .« . s »Unmus- mem Jriclmuuy uieni u. Tier Professor; ich musi mich doch sehr wundern . . .« » Aber nun hielt es Fiirler nicht mehr lanner ein«-. »Folsch, grundsnlsch!« schrie er. »Alle-H falsch! Lehmann, seien Sie ein mal der Herzog, nnd ich werde der Professor sein. Deinelt, Sie halten ausnahmsweise siins Minuten den Mund« »Hequott!« erwiderte Deinelt, er spricht hochdeutschk Wie wird das en den, Jhr Y.Itiichte!" Dei Schwabe beuchtete ihn nicht Er hatte den zum herog aoancirten Pro sessor noraetehoben und sousflirte ihm jetzt im Biihnentom »Geh-n Sie mal in meine Ecke, Leh mann! Jch bleibe ganz bescheiden hin ter Ihnen und ver-beuge mich bloß.« Dies that er denn nun mich. lFr ver beugte sich ununterbrochen, turz und elegant. so etwa, als wenn er iich in: Ballsaal vorstellte. Dabei verans: er nicht, weiter zu sousslieken: »Na, io reden Sie doch wnzl lsin bei-zog redet doch! Und thun Sie recht unbefangen garnicht neeleqenl Das ist so die Art der hohen Herren!« Lehmann war in würdevoller Heil tung bis zu Fiirlers Abtheilung liins geschritten. Er that es in einem schö nen, windenden Gange, den er siir siirstlich hielt. Vor einer zierlichen Nymphe blieb er stehen und nictte gön nerhastt »ev: tt:· tagte er utu Veraviauung »Wirtlich sehr nett! Von wem ist Diese Kleine, lieber Prosessors« Fiirler verbeugte sich dauernd und itotterte: »Von einem unserer tüchtig sten, junaen Künstler, Hoheit. Jn der That meinem besten Schüler! Fiirler heißt der verdienstvolle junge Mann« Jch kann ihn Euer Durchlaucht durch aus ernpsehlen!« »Gebt in der Wäsche nicht aus« unterbrach ihn Deinelt grinlend ,·Trägt sich vorzüglich bei jeder Wit terung!« Rrrrrruu hhig!« sauchte der Pro fessor. ,Man unterbricht niht eine Lludienrl Jn die Ecke, Besen! Vll so Serenissimug gestatten, das-, ich von dem außerordentlichen Talent des jun aen Manne-J noch einige Proben vor iiihre. Hier zum Beispiel ist eine Büste des Professor-; Griitseld meiner selbst also! Durchlaucht werden zu geben miissen, das-, es eine ganz qeniale llrbeit tst und dasr man wirklich von Staats wegen ein solches Genie un terstiiszen sollte! lkin Stipendiuiu wiirde Der Fiirst wandte sich unt und schrie ihn an: »,Ra weiter fehlte ja niclts! Lieber Gr««iitfeld Sie mögen ja ein ganr bra ver Bildhauer sein, aber von Ihren eignen Schülern haben Sie ia lein Ahnungl Ueberhaupt gehen Sie mal da weg! Dort sehe ich das schönste Kunstwerk dieses ganzen Ateliersl tfin geradezu llassisrb schöner lint wurs. Eine Brunnensigur, wie ich i liebe! Von wetu ist denn dieses sa belhaste Werl?« Fürler verbeugte sich gar nicht mehr und erwiderte mit einer beschwichtiaen den Handbewegting: »Na. Sie übertreiben, bester Huon Die Figur ist ja nicht iibell Aber bei Antäusen must man doch nur das Al lerbeste wählen!« Der Herjog besann sich aus les Mäcenatenthum. Den-Kopf sehr weit zurücklegend, sprach er leutseli : »Nun, mein lieber Vrose or, ich — habe mich überzeugt, daß eiaentlich alle Jhre Schüler außerordentliche Ge nies sind! Ganz besonders der iunae Lehmann -- hieß er nicht fo? Aber ich will auch die beiden Anderen durch sang nicht zuriicksetzen! Im Geaentheilt Schreiben Sie mal anf, lieber Griii IfeldS Antiinfe für den Herzoax Her ’mes, Nymphe nnd Brunnen Preis ateichaiiltia ich zahle was gefordert wird· Gott fei Dank hat man es ja nicht nöthia, den Groschen umzudre hen! lind ich wer e mir die drei tüchtigen, jungen Leute auch fiir die-. .utnnft merken : Ein sonderbare-L Geriinfch ans dem arofxen Nebenateiier lief; die Drei plötzlich zufammenfahren Dort l;att:; Jemand gelacht! Man hatte sie be lauscht eg ioiirde doch nicht etwa der Professor . Aber da trat ein hochaewachfener Herr im grauen Promenadenanz na uber die Schwelle hinter ihm der likrofefior roth und blas-, werdend: »Ich danke Ihnen, meine f)erren!" rief der Herzog lachend, »das ioar eine außerordentlich unterhaltende Vorftel lnna, die Sie da aeaeben haben! Nun weiß ich doch wenigstens, wie ich mich zu benehsnen habe, um Jhnen Zu ae fallen!« Die Tsrei hätten in die isrde sinken mögen. Selbst Deinelt schlug die »in gen nieder nnd der blonde Holfteinrr wurde leicht violett im Gesicht »Wer hat sich denn die Komödie ansaedartit'.« fraate der Fiirft weiter indern er fich lächelnd in der Runde ninschante. Da platzte Fiirler treuherzig heraus: »Ach. entschuldiget Se nur. Hoheit. ’L-ischt ja nur e Generalpröble a·wese!« Da brach der Herzog nochmals i ein schallendes ttteliiibter aus- nun winkte dem Professor-. »Nun, dann kommen Sie nur l«-«riitfeld, nnd spielen Sie mit mir die Oauptrosle in dieser "«llremiere! Wir wollen hoffen, daß die Herren Llntoreu nachher mit uns zufrieden sinds« lind in der That konnten die Drei zufrieden sein. Denn der Herzog, it« beste Laune versetzt machte wirklich mehrere Ttlntiiufe wenn auch nicht ganz in den ihm voraeschriebenen For men. Nur der Professor schüttelte noch taaelang nachher den stops und der sicherte einmal iiber das andere. die Sache hätte ebenso gut auch recht iibel ablaufen können. Woraus der under besserliche Deinelt naseweis erwiderte daf; ein »Hätte« niemals so diel Werth bwabe nsie ein ,,Jst«. lind damit hat t. er ja auch ganz recht. Wh Jnuner hiiblcb höflich ttfin Bund fiir Höflichkeit) hat sich vor einigen Tagen in Berlin nach dein Vorbild eines in Rom bestehenden Vereins- gebildet· Mit riiksmenswerthrr Fixigkeit ist gleich ein sehr wichtiger lslunkt erledigt worden: Die Wahl ei nes Abzeichens Es hat die Gestalt einer kleinen Medaille, die schon als Linderungsmittel fiir Ordensschmeri :en einigen Werth hat und die "luf schrift: ,,«ltro gentilezza« trägt, da mit ungehobelte Schaff-ten Polizisten und Kommis, die ja durchweg die ita: lienische Sprache beherrschen, gleich erkennen, daf; der Träger der Medaille besondere Ansprüche an höflich-: Be handlung stellt. Die Ziele des unter frerndlandischen Wahlspruch streiten· den Vereins sind gut gemeint und ver dienen alle Anerkennung; aber gerade iu Berlin, meint die ,,.Köln. ;-3eitung«, macht er doch den Eindruck, als wolle man mit einem Sibhon eine Feuers brunst löschen. Eine gewisse Grob heit, die von Lolalpatrioten als kernig, berzhaft und ehrlich bezeichnet wird, qehört zu den Charakterziigen der Neichshaubtstadt Das Recht der Persönlichkeit wird oft mit der Bethä tigung nackter Jchsucht verwechselt; »in einer Großstadt mufz sich jeder seiner Haut wehren,« ,,mit Höflichkeit kommt man heutzutage nicht weiter« —- solche Lebensregeln tann man häufig aus Berliner Munde vernehmen, obschon doch andere Städte, die in weit höhe rem Grade als Berlin weltstiidtische Ziiae aufweisen, ganz gut mit einer mildern Tonart austoinmen. Die Grobheit beschränkt sich keineswegs auf die unteren Volksklassen: in den höhern zieht sie meistens Glac-2hand schuhe an, zeigt aber bei geeigneten Ge leaeitbeiten doch ihre derbe Faust. Uekerall herrscht der lklberglaubem dass die paar Minuten. die man in der Franzen nnd Theatergarderobe durch hihiae Ellenbogenarlsisit und polterns teg Ferdern sparen kann, nicht mit Gold auszuwiegeu seien: die Garbe roben bieten deshalb niraendwo ein er hebendrs Bild feiner Gesittung. Am wenigsten aber in Berlin. Allabendlich kann man den Anblick genießen: vor dem Tisch der Garderobensrau, die mit ärgerlich gehehter Miene und zuweilen einen Schweißtropfen abwi schend hin und hereilt, harrt seftaekeilt eine doppelte und dreifache Mauer fbettelndey feilschender, scheltenderl Theater-besuchen gegen diese Mauer wirft sich dann mit keckem Elan ein nobler Herr in Frack oder ,,Smoting«, reicht mit weit auggerecttein Arm zwi schen den Schultern der Leute, die vor ihr stehen, seine Garderobenmarke hin und beschwert sich im schnoddrigsten Ton, das; er noch immer nicht bedient werde. Wer in der vordersten Reihe steht und, wie es in der Regel sein sollte, ohne laute Mahnung auf Abfer tiauna wartet, must zusehen, wie iiber seinen Kon weg Ballen von Mänteln und Hüten zu dreisten Schreiern wan dern, die nach den einfachsten Gesetzen der Billigkeit, aefchweiae denen dei AnstandeT sich hätten aedulden Iniiss sen, bis die früher Getoiuineneu bei dient worden wären. Auf dar- schwache Geschlecht wird wenia Rücksicht genom men; wer einer Dame auf die Schleppe tritt, murmelt oft keine Entschuldi gung, sondern wirft ihr einen aiftiaen Blick zu, daß sie ihr Anhänasel nicht besszr gewahrt habe. Vor einiger Zeit ging folgender Vorfall durch die Ber liuer Zeitunaeii: Ein Herr fühlte sich iui Stinszenbahnwaaen durch den Rie-v ienhut seiner Nachbarin belästigt. Nach einer fruchtloer Beschwerde sprang er auf und versetzte der Dante einen träf: tian Faustschlaa auf den stopf, so das-, sie in Weinen ausbrach und einer Ohn nicieht nahe war. So etwas tann iilserall vortommen, Rupel gibt es al lcnthalben. Das Bezeichnende ist, daß sich von den Männern, die in dein Wagen saßen, nur einer zu einem pla tonischen Verweise ausrasste, und daß der Grobian nach einer Weile den Wa gen verlassen konnte, ohne daf; seine Person festgestellt worden wäre. Jn einzelnen Zeitunggzuschristen wurde der gemeine Bursche noch halb und halb in Schutz genommen; es fei menschlich begreiflich, wenn auch un passend, daß er in solcher Weise seiner lstalle über eine unsinnige Mode Lust gemacht habe; tiihlpraliische Gemiither iniivsten die Warnung an, daß die Frauen in der Wahl ihrer Fiopfbedet tung vorsichtiger sein sollten. Jn England und Amerika hätten wahr-— Mtnlich lunstgerechte Borerstöße dem Zünderfogleich die dringend nothwen dige An tanvglettion ertheilt und der Richter hätte, wenn der Borerei ein Rachspiel gefolgt wäre, die Lampen der Höflichkeit glatt freigesprochen. ohne sich lange mit gelehrt-theoreti« schen Erwägunan iiber Nothwehr und dergleichen abzugeben Auch sonst stellt die Straßenvahn der Höflichkeit der Berliner kein glänzendes Zeugnis aus. Sehr oft sieht man Damen auf eer Plattform in Wind und Wetter, ohne daf; sich einer der Herren im Wa gen bemiißigt fühlte, ihnen feinen Platz anzubieten; zuweilen stehen auch Frauen, sich an den von der Decke her althöngenden Riemen miihsam festhal tend, im Innern des Wagens, wäh rend die Männer ringsum wie ange nagelt auf ihren Biinten sitzen und vielleicht dag- Gegentheil einer Artigkeit murmeln, wenn die vom Wagen ge schiittelte Dame die Herrschaft über ihre Palete verliert und an das gehei ligte Zeitunggblatt eines Herrn der Schöpfung stößt. Ausnahmen gibt es selbstverständlich aber sie sind in Ber lin ziemlich rar. Die vorgebrachte Entschuldigung zu. B. das; manche Damen eine derartige Aufmerksamkeit gar nicht wünschen, iie alö Ausdring lichkeit betrachten usw« mögen nicht ganz aus der Luft gegriffen fein, trotz dem unisite ein herr, der eine nothdiirf tig ausreichende Stinderftube gehabt hat, auf gliihenden Kohlen sitzen, wenn neben ihm eine Frau in unbeauemer Haltung stehen musi. Aber in Berlin gibt es viele große Geister, die sich mit solchen Fileinigteiten nicht abgeben und sie im Vollbewußtsein ihrer praktischen Lebensausfasfung als sviefzbiirgerliche Sentimentalität belächeln. -—-—--— Uns der Geschichte der Tafel wenden Gelehrte Forscher haben in geistrei dsen grossen Werten dargelegt, wie im Laufe derJuhrhunderte und der Jahr tclxsende bei den Menschen die Nah rnngsausnnhme sich immer mehr ver« scmert und kompliziert heil nnd wie uns einer ursprünglichen Notlnvendin teil der Natur sich allmählich eine sinnst entwickelte-, die rastlos schaffend das Menii der Menschen wandelt und bereicheri. Allerlei interessante Rii chengelseimnissc uns den fernen Zeilen der alten Aenltpteiz der Griechen nnd der Römer bis zum Miltelalter und zur Neuzeit enthüllt uns Arnmnd Le bnult in einein fesselnden neuenWerle: »Die Tafel und die Mahlzeit iniLaufe der Jahrhunderte«, das soeben in Pri ris erschienen ist. Jn den ältesten Zeiten Aegyptens lvnren die Bewohner des Nillnndes begeisterle Zwiebelesser: der Ztviebelzucht wurde die größte Aufmerksamkeit zugewandt, und die Kcschtiinstler des Pharaonenteiches er sclxöpsten ihre Phantasie in immer neuen Variationen, die Zwiebel zuzu bereiten Sogar die Todten sollten den Wohlgeschmack der Zwiebel nicht entbehren, und man legte ihnen einige Dieser Knollenfriichte in den Sarg. Man hat bei den Ausgrabungen in vielen Gräbern noch solche Zwiebeln gefunden, die seltsamertoeise nach die ser jahrtausendelangen Abgeschiedens heit noch die Kraft deg Wachsthumg zeigten und bei sorgsamer Behandlung sozusagen wieder zum Leben erwach ten· Als Gemijse bevorzugten die Acghpter im übrigen den heimischen Parer und den Lotu5. Die Aegyp ter waren übrigens überzeugte Anhän ger dec- Roastbees, zu dem sie mit Be bagen aus mächtigen Krügen ihr Bier trunken, das so hoch geschätzt wurde-, das-. Diodorusz Siculug behauptete, der Gott Ostrig selbst habe das Bier erkunden. Ueberhanpt waren die al ten Aeghpter trotz des heißen Klimas ihres Landes dem Altohol keineswegs alt)old, und es wäre Geschichtgfäls sa;11ng, wenn man behaupten wollte, sie seien ein besonders nüchterne-: Volk gewiesen. Tie Griechen nährten sich in ihren äliesren Zeiten vorwiegend von Ge iiiiisen, Obst und Wurzeln; Fleisch und Fisch wurden nur in sehr gerin gen Mengen genossen. Aber diese Ein faebheit des Speisezettels verschwand mit der Zeit, und im 6. Jahrhundert v. Chr. umsaßte ihre Küchentunst alle « Erzeugnisse der Flora und Fauna der ganzen Welt. Der moderne Gourinet, der so gern die Künste des »Grill5« in Anspruch nimmt, lann sich auf die al teii Griechen berufen, denn auch sie sieltten die meisten Fleischgerichte auf dem Rost her. Das Brot ist erst ver hältiiiginiißig spät in ihren Speisezet trl eingedrungen, dagegen besaßen sie sei: alten Zeiten eine Art Gebäck oder teikctiem der aus Gerste bereitet wurde. Tie Trintsitteii der Helleiien sind hoch entwickelt, aber ihre Weine und Biere sind durchweg leichter als die ihrer Nachbarn. Jiii allgemeinen genossen si-, nur wenig Altohol, in Log bestan den sogar Bestimmungen, die den Weingeiiuß überhaupt erst nach der tsTheschließung erlaubten. Plato be stimmt betanntlich 18 Jahre als das sriiheste Alter, iii dein Wein getrunken tierreii dürfe. Von den Griechen iibeinahnien die Römer die gefährliche Sitte, unmittelbar nach dein Festiiiahl zu baden, um die Folgen des Allohols genusseg vorzubeugen. Die Köche eri freuten sich iin alten Griechenland be-« s sonderer Achtuiia und Wertlischätziina,t sie nehmen im sozialen System einen Ehrenplatz ein, und mehr als einmal11 nsiissen die Satiriler die Prätentionen t» der siöche verhöhnen. Man schätzte sie i als Künstler eiii, ein guter Koch » mußte zum inindesten zwei Jahre ge lernt haben. Sogar eine Art vons Patenteii erkannte man den Köcheiii zu: wenn einer ein neues- Gericht er i sonnen hatte, so gewährte dag Gesetz ilnn das ausschließliche Recht, dies Gericht zu bereiten und zu verkaufen. iliii das Jahr 470 v. Chr bildete sich gar eine ,,Gesellschast ziir Forderung und Entwicklung der Kochlunst«, und l di Epituriier, die diese Korporation! inJ Leben gerufen hatten, deranstalte « ten Wettbewerbe und ertheilten Preise l Bei ihren Festiiiahlen pflegten die St) l bariteu im Speisesaal eine Anzahl von Vögeln loszulassem deren Flügel mit Wohlgeriichen getränkt waren iiiid die dann beim Flattern den Raum in eine Atmosphäre von Duft und Par siiiit tauchten. Jm Gegensatz zii den Griechen sind « dEe Römer von Anfang an starte Fleischesser; sie dedorzugen vor allein Schweinefleisch das frisch, aber auch gesalzen genossen wird. Jin alten Rom waren die tiöche wenn möglich noch höher geachtet als in Griechen land, die Kriege im Osten trugen den orieiitalischen Luxus zur ewigen Stadt, und als man eine Kommission nach Athen schickte, um die solonische Gesetzgebung zu studieren, da kehrten die Abgesandten nicht nur mit griechi schen Gelehrten und Künstlern heim, siidern sie brachten auch eine ganze tlicilie griechischer Kochliinstler mit nach Rom. Das friihe Mittelalter läßt eine gewöhnliche Mahlzeit meist aus drei Gängen bestehen; zuerst wird ein Salat aufgetragen, der aus Hop sen und anderen Pflanzen bereitet war und den Appetit aiiregeii sollte. Dann folgte ein reichlicheg Fleischges richt, meist Schweinefleisch oder Wild, das phrainidensörmig aus großen run den Brotteliern angerichtet war. Ge biiet und Obst beschlossen dann die Mahlzeit. Aber die feinsten Vliiihen griechischer und römischer Kochtiiiist gingen im frühen Mittelalter zum größten Theil verloren, und es folgte eine Zeit in der die Quantität über dEe Qualität siegte. Bis dann, Jahr hunderte später, Frankreich die Füh ricng in der Kochkunst übernahm und die Befriedigung des Gaumens wieder zum Gegenstand einer rassinierten sinnst machte, in der Qualität alles und Quantität nichts bedeutet. Was ist der Alpdruck ? » tkg gibt wohl kaum einen Menschen, :!er nicht schon einmal am Alpdriicken, der stirchterlichsten Art der Angstträu sue gelitten hat. Wes ist aber eigent lich der Alpdruck? Ernest Jones, ein Dozent der Universität Toronto, hat dariibei jiingst eine Studie veröffent licht, von der die »Naturwissenschaft lich-e Wochenschrist« einen guten Ueber biict gibt. Was die Erscheinung des Atpdriickens selbst angeht, so hat Mac nish, der die Erscheinung aus eigener Erfahrung gründlich kannte, in seiner »Philosophie des Schlafes« die treueste Schilderung davon gegeben. Darin heißt eg z. B.: »Keiue Einbildung ver mag sich die Schrecken auszumalem die inmit verbunden sind, feine Sprache sie i» treffenden Worten zu schildern.« Das gewohnlichste Gefühl beim Alp druck ist nach einer Beschreibung Mo terg aus dem Jahre 1867 das eines gewichtigen Körper-, der auf der Ma gengegend sitzt. Dieser Körper kann jede nur denkbare Gestalt annehmen: meist ist es eiu mißgestalteter Zwerg, der sich aus die Brust setzt und den den Schläfer mit drohenden Augen on starrt. Bei einigen Menschen beginnt das Alpdriicten sogar mit richtigen Halluzinationeir Sie sehen im Zim mer eineu Unhold, dann springt er ih nen auf die Brust, und sie können ihm nicht entrinnen, wen eine vollkommene klicgungglosigkeit ihre Glieder lähmt. Tag Alpdriirten erreicht den Höhepunkt der Furchtbarleit wenn die Gestalt sich auf die Brust des Schläfers gelegt hat; in diesem Augenblick bedeckt sich der Körper mit Angstschweiß, das Ent setzen steigt aufs höchste, der Schläfer stuszt nnd schreit zuweilen und er wacht völlig verstört. Für den Alpdruct gibt es die ver schiedensten Erklärungen. Der Eng länder Bonn der bereits 1753 eine wissenschaftliche Abhandlung iiber die-— sen Gegenstand veröffentlicht hat, meint z. B» die wagerechte Lage sei be sonders günstig siir das Eintreten des Alpdructz und schlief daher, weil er sclvst häufig darunter zu leiden hatte, eine Zeit lang sitzend in einem Stuhl. Maruisb fiigt als interessante Einzel heit zum Alpdruct noch hinzu- daß er, während er im Traume die gräßlich sten Martern erlitt, gleichzeitig ein vollständig tlareg Bewußtsein davon bette, daß er am Alpdruck litt. Ge lebrte und Laien haben oft die Ansicht ausgesprochen, die Riickenlage verur sache häufig den Alpdruck jedoch haben genauere Forschungen ergeben, daß die Körperhaltung kaum eine Rolle dabei spielt. Joneg tennt sogar Fälle, in denen Menschen die bei Tage sitzend schliefen ,oom Alpdruck gepeinigt wur den, und spricht daher von einem »Dal)mare« im Gegensatz zu dem »Nigl)tmare«. Weit verbreitet als Erklärung des Alpdrnckg ist die An sicht, ein iiberfiillter Magen oder voller Darm rufe die Erscheinung hervor· Das kann zuweilen zutreffen, ist aber nicht die allgemeine Erklärung Wal ler, der häufig unter dem Alpdructe litt, hat eine Zeit lang nach 1 Uhr mittagsz überhaupt keine Speisen mehr zu sich genommen, jedoch ohne Erfolg. Erschwertee Atlnnen tann zuweilen auch den Alpdruet auglösem wie die Versuche Börnerg aus dein Jahre 1855 beweisen. Börner tonnte bei seinen Versuchgpersonen Alpdruck bervorru sen, wenn er ihnen im Schlafe die Nase mit einem Tuch bedeckte. - 0Icntütlslich. Wirtth als sich der Tonrist zu Bette legt: »Und nicht wahr, Sie ge’ ten acht est-J nämlich in dem Bette mich die Hintre cnit ihren fiinf Jungen drin. Beim Wort genommen »Ich cslanbe, trag Geld, das Sie mir Mulden. sehe ich nicht bis auf den jüngsten Taq9!« »Gut, wenn Sie dann fn gegen « Vlbend versprechen möchten. Das kleinere Uebel. Elln soll ja ihrem Bräuti nuin Manchem Trinken und sogar die Jagd untersagt haben! Hat er ali’ diese Dinge aufgegeben?« »Nein blooß die Brant.« meaenmittcL Bäuerin: »Herr Doktor, unfetMichi hat a’ Petroleum ’ttunken.« Doktor: »Habt-n S« schon ein Ge genmitteX angetriendet?« Bäuerin: »Ja. i’ hab’ ’n schon or dentlich diirch’vriigelt.«