Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 30, 1910, Zweiter Theil, Image 15

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    . . c I s .
Von Furt Etich Lenker-.
sus Mo haben l ir gesessen«
meine kleine Märchenlknw
Du
Und n tluys im tu durchmessen
Dei immls wundersollgs Itzt-. . .
san Liedern. die die Engel sangen,
drin-Echte ich entzückt elf W,.— .
Dit blieben drei, vier Sternlein hangen
sunlelnd in deinem dnnllen Haar
Und einen ließt du abwärts schweben
Und tlntsetitcit lacht-wies die Hand:
Leicht binden zwei sich feist liess Leben
Benn ek versprüls in Menschenlmndl
Eer tesslssse Wette.
Novelle von Indte de Lin-de
Der Saal des modernen Kabateit
aus dem Boulevatd funkelte in einem
Meer von Licht, die Zigeunerviolinen
seufzten langsame Walzet, und in dem
weißen Glanz der elektrischen Lam
pen sprühten die Kleinodien der Da
nien in tausend farbigen Reslexen
Es wat an einem unfreundlichen
Viertel-abend Der Sturm, der in
den Straßen heulte, schien sich mit
dem tlatschenden Regen zu vereinen,
uin diese Raume durch den Contkast
noch anheimelndet zu machen.
»Es ist ein ideales Wetter, um ein
Verbrechen zu begehen!« meinte Vierte
de Lionne lächelnd —-— et war ein
blendet junger Mann, der älteste der
vier Freunde, die soeben dinikt hat
ten.
»Man könnte sich beinahe surchten:"
.nreinte ein anderer.
»Ach wa6," suhr Pierre sort. »Die
Furcht hat mit dem Wetter nichts zu
thun. Sie steckt in uns. nicht aber
kommt sie von dem Wetter, das gerade
Hkktscht Wenn man Furcht hat,
fürchtet man sich vor allem und vor
nichts k— ohne Grund. Wir tönnen
snicht mehr sehen. noch hören. Die
cht ist einsach eine Krankheit der
eroen . .. Ein an Körper und Geist
Wunder Mensch tennt leine Furcht.
- r Furchtsame ist ein Manier, und
ost sogar ein unhellbarer Kranter!«
Darin tann ich Dir ganz und gar
reizt beipslichten!« oersehte lkdmond
Sonturien ein anderer junger Mann,
der schon einige Zeit still dagesessen
»Die Furcht entsteht nicht vor einer
bestimmten Gefahr, die man erwartet
—- sie toird bei einer ganz unbestimm
ten Gefahr, die man erwartet — sie
wird bei einer ganz unbestimmten
Gefahr von gebeimnissvolleu Ein
sliissen erzeugt, die sich ebenso gut
zeigen, als auch verborgen bleiben
können. Die Furcht stectt nicht in
uns -— sie rührt ganz im Gegeutheil
von unserer Umgebung her. Daher
auch entsteht sie besonders im Dunkel
der Nacht, das den Gegenständen
phantastische Umrisse verleiht. lind
Niemand tann behaupten, diese Furcht
überiäme ihn nie!"
.Nun,« ries Pierre de Lionne aus
.Jch schwöre, daß ich mitten in der
Nacht, und wäre das Wetter noch
schauerlicher, atg heute Abend, an ie
dem Orte dieselbe Ruhe bewahren
würde, als am hellen lichten Tage!
«Wotlen wir wetten?«
»Gewiß, gern.«
»Wir werden Dich aus den Baute
vard de la Chapelle siihren. oder noch
besser in die Nähe des Kirchhoies
Pdre Lachaise. Du bringst die Nacht
dort zu, und morgen sagst Du uns
in aller Ossenber,iigteit, ob Du lerne
Angst gehabt. Selbstverständlich wirst
Du uns nichts verhehlen, was Du
empsunden hast«
»Eine schlechte Wette siir micts!'«
meinte Pierre lachend. »Ich werde
bestimmt von Gefahren umgeben sein.
denn die Apachen treiben «an diesem
Orte ihr Unwesen. Cis ist nicht ge
rade angenehm, sich einen Messerstich
zu holen, um Euch zu beweisen, dIsz
ich teine Angst habe."
»Nun". nahm Frei-no couriirier
das Wort, ,,bringe die Nacht ans dem
Ptsre Lachaise zu. Dente doch, es
ist wunderbar, bei den Todten. bei
den Gräbern Du wirst vielleicht
einige Gespenster sehen, mit denen
man uns ais Kinder in Schreiten
sehte ..... «
»Ja, aber die Thore werden ge
schlossen ... . l«
»Wir bestechen den Marter«
»Aber ich irerde bis aus die Haut
durchnäszti Eine Lungenmtziindnng
möchte ich mir nan doch nicht gern
zuzleheiI.«
»Ah, Du willst Dich driiclen!«
«Durchaus nicht, Ebmond. Finde
etwas, das mir pas-t, und ich nehme
an. «Meinetioeaen einen unheimli
gen Ort, doch darf ich nicht naß wer
as
»Das Panoptilurn ....!« ries Jac
ques.
«Das PanoptiturM Welches Pa
rioptitum?« sragte Edniond.
»Wie, Jhr habt es noch nicht be
sucht. aus dein Jahrmarkt von Mont
martre7 Es ist das unheimlichste,
schauerlichste Malen-n das man sich
ausbeuten lönnte. Die beriichtigiten
Berbrecher lind dort reproduzirt. Es
giebt auch Enthauvtungem Reproduk
tionen von Spelunten und Kascherns
men, alles in einem gelblichen Wachs.
so baß einem übel wird. Jch war
Im hellen Tage darin. aber ich machte
schleunigst, baß ich fort tam!«
»Aber, wo ist es ietzt?«
»Es bleibt in Montmartre.«
«Ieiszt Du es bestimmt?«
-Oetviß dach. Gestern noch bin ich
daran vorbeigereist-neu ..... «
»Hast es M« fragte Edmonb.
i «Selbstverftsndltch. Es handelts
sieh nur noch date-m sieh mit dem
sBesther zu verständigen Doch mit
einer kleinen Summe Geld wird es
Ich schon machen lassen«
I I M -
Sie riefen den Kellner nnd Fahl-I
ten. Da see lebhaft geplaurert, war
die Zeit versteichem ohne dafi sie es·
bemerkt hatten. Es schlug zehnein-l
Dis-. Sie mußten noch einige Minu- I
ten warten, denn der Bote konnte to
schnell keinen Wagen austreiben. Wes i
idet der Regen noch der Wind hatten ;
Iabgenonemem Als sie hinauf-geben«
iwolltem wurde Vierte von Jacques:
L zurückgehalten I
’ »Es ist doch nicht Dein Ernst, diese s
Wette?« fragte er. «
»Doch, doch!"
k »Höre mich, gehe nicht. Ich fürchte,
kes passirt etwas.« -
I »Das ist recht nett. mein lleiners
kJacques,« sagte Vierte, »aber Du bist J
einfach lächerlich« (
»A propos," fragte Edinond »was-s
stvetten wir?« l
»Fiinfnndzroanzig Louis» willst »
Du?" schlug Pierre vor. ;
»Einverstanden! Da bringst dies
ganze Nacht ohne Licht in dem Va
noptilum zn und-morgen beichtest Du
uns in aller Offenherzigteit Deine
Empfindungen Wenn Dn Furcht ge
habt hast, wirft Du es gestehen«
»Gewiß, gewiß!" antvortete Vierte,
der noch immer lachte.
Sie gingen fort. Der Weg toar
weit und schlecht. Endlich langten sie
an. Auf dein kleinen Platz lag das
Museum verlassen da. Das un
Hfreundliche Wetter bielk die Neugieri
tgen zu hause zurück und jagte den
lBesißer fort. Doch fie entdeckten ihn
in dem Laden eines Weinhändlerks, in
den er sicb geflüchtet Edmond Sou
turier erklärte ihm den Zweck ihres
Besuches. Anfänglich weigerte sich der
Leider-— er witterte eine Diebesges
schickst-: dahinter. Doch fünf Gold-s
ftiicke, die ihni in die Hand glitten,
ließen feinen letzten Einwand ver
stummen
»Oui« verfeyte er, »ich werde den
herrn hinführen."
Die drei jungen Leute begleiteten
ihren kreund bis zum Eingang und
Hwiinfch en ihm gute Nacht. Jacgucs
rief eine Drofchie an, um nach Haufe
zu fahren. ifdrnond trennte sich von
ihm er wollte, wie er sagte, die
Nacht in einer Kneide verbringen.
Pier-re de Lionne folgte dem Schau
itelier. Eine Laterne in der Hand,
.öffnete er die Thür. schlug ein Segel
tuch zur Seite und stieg eine kleine
Hoiztrevpe hinab. Der Regen rann
unter die Bohlen und weichte den Bo
zden auf, in den die Fiifie einfanken.
IDer Schauftelier hob feine Laterne
in die Höhe ein fahles Licht be
Hieuchtete die Grunne eines Raubmord
mordverfuches Pierre überkam eine
taroße Luft, iaut aufzulachen ais er
iden Unaiiicklicben erblickte, der mit
Eberausniingender Hunae in der Höhe
Hichwebte. und den Mörder. der niit
fallen Kräften an dein Strick zog.
HDer Schaufteiler aing langfain blieb
Inacki einigen Schritten ftehen und rich
Htete die Laterne auf eine neue Mord
fzene Es war eine darunter die
Eaenau ein Bild darfteilte, wie es im
HReftaurant vor Pierres Augen ani
Zaeftiegen —- eine menschenieere Strafie
tin einem abgelegenen Viertei. ein
Hwinterlicher Abend. der Mordbube
Zhintet einer skcke der Mauer verfteckt.
«von wo er sich auf das ahnunasiofe
Opfer stürzte« Der obftnre Kiinft
iesr der aile diese Köpfe modeilirt,
zmußte wohl felir für das Graisftge
ieingenomknen fein -—— er hatte den
seinen feltfame, unheimliche Züge ge
laeben, nnd bei den anderen war ihm
jdie unheimliche Magie gelungen. die
Ider Tod verleiht. Nierre de Lionne
Iamiitirte sich lehr. Doch um der Gi
ttelteit des Besitzers zu schmeicheln.
globte er feine Fiauren
i Es nsaren etwa zehn Köpfe von
iberiichtigten Mördern, die enthauptet
lworden Sie waren modellirt in
itrelblirhem Wachs, die angiterfiillten
FAugen öffneten sich weit, der Hals
Jwar blutia nnd das Haar abaefchnit
sten. Auf Sodeln mit inattblanem
ISmnmt ftanden sie in einer Reihe
Linie bei der Litaradr. Die verzerrten
ELipren schienen tu lachen und zeiaten
Hinter dem herabhängenden Sehnt-kr
ibart von Tabat aebrännte Zähne.
lAm Ende diefer fchauerlichen Reihe
raate eine Guillotine empor mit ere
röthetem Jallbeil und einem ausar
iltreckten Körper, dessen Kopf in einem
Korbe lan. Dann wurde das aanze
Leben eines zum Tode Verurtlieilten
bis zum Schaffot in großen Bildern
voraefiihrt
Der tstundgana war beendet.
»Ich werde Sie mit ter Laterne
allein lassen!« tagte der Mann.
»Nein," antwortete Vierte, »ich
muß ohne Licht bleiben.'«
«- - i
tks ichan Mitternacht Pierre war
noch immer allein.
Der Regen hatte aufgehört und der
Sturm heulte weniger heftig, und
doch war es noch unheimlicher. Es
war ein langes Pfeifen, als llaqe er,
bis er sich plötzlich auf die Leinwand
und die Ballen des Muteumg warf,
das zitterte und bebte. Dann klagte
er von Neuem . . . .
Bei dem Licht eines Streichholzez
«fand Vierte einen Stuhl.
Seine Freunde lagen feht in wei
chen, warmen Kissen. während er . . . .
lich in einem Wachsmnfeum lang-i
weilte. Wie lang würden ihm diej
Stnnden werden bis zum Tages
graueni Er stand aus stente sich eine
Cigarette an nnd begann aus nnd ab
zu gehen Von Zeit zu Zeit blieb
er von einer der großen Gasscheilsen i
stehen und zog stärker an seiner Ci
garette und die ausgehende Asche er
möglichte es ihm, die bleichen Gesich
ter seiner seltsamen Gefährten zu nn
tekscheiden. Allein es machte ihm ni- l
nen Spaß mehr wie vorhin, sie anzu
sehen --- im Stillen überhäuste er sie
mit Schmähungen. Des Hin- nndl
Herwanderns müde, kehrte er zu sei- l
nem Stuhl zurück und setzte sich vonj
Neuem. Doch ein Gegenstand in sei i
ner Tasche hindere ihn es- wart
ein lleiner geladener Nevolver, den
er stets bei sich trug. wenn er Abends
ausging. Er ließ ihn in die Außen
tasche eines Ueberziehers gleiten und
schloß die Augen
Is
Es gelang ihm. ungefähr eine Vier- .
telstnnde zu schlafen. Doch ein heu
lender Windstoß ließ ihn jäh zusam
Inensahren ganz in seiner Nähe
vernahm er Schritte. Er rieb ein
Streichholz an ---- siir drei oder vier
Seinnden zeigte ihm der matte Schein
alle diese Fratzengesichter, verzerrt
von dein Tod oder von dem Triebe,
zu morden. »Herrgott, wie schenßlich
sie sind!'« murmelte er. Er fiihlte sich
ein wenig hedriidt Von Neuem ging
er hin nnd her. bis er an ein Brett
stieß. Er streckte die Hand aus nnd
zog sie hastig wieder zurück ·er
harre oag feuchte Fanden oer korni
lotine beriihrte Er steckte abermals
ein Streichholz an und wich nach
links zuriick mit hocherhobeneni
Messer schien ein Mann sich aus ihn
zu stürzen Das Streichholz war er
loschen, und da das Dunkel ihn be
drückte. steckte er ein neues an —— er
stand vor den guillotinirten Köpfen
die ihn höhnisch angrinsten Die Br
ilemnuiing, die er empfunden, nahm
unaufhörlich zu. Es war« als seien
»die Klagen des Windes die Seufzer
aller dieser Todten. »Aber sollte ich
denn Furcht habean« dachte er.
»Nein«" meinte er laut, »eS ist nur
die K«·lte«. Da husehte eine aus ih
; rem Loch ausgeschreckte Ratte vorüber
I—- sie suchte einen Ausweg nnd stieß
kurze, scharse Schreie aug. Und sie
slletterte aus die Bretter, aus denen
:die Wachsfiguren standen. Dann
ssprana sie wieder auf die Erde und
; verschwand-. Jetzt schlug es aus einer
; kleinen Thurmuhr ring· Wieder hörte
»Pierre das Geräusch von Schritten.
Ialg schliche ein Mensch an dein Mu
i seum entlang ....
l Und der Wind blähte das Segel
ituch, und alles war stocksinster .....
Trotzdem aber sah Pierre die
Schrecken, die ihn umgaben — er sah
ssie im Geiste. Sie drängten sich sei
- nem Gedächtnis; aus und wollten nicht
von ihm weichen. Er wagte sich jetzt
Inicht mehr zu fragen, ob er Furcht
jhabr. Er sühlte thatsiichlich, dasz die
HFurcht ihn übertain » eine dumme,
snärrische Furcht. Er wollte sie be
s zwingen. Da er eiu Etui mit Wachs
lziindhölzchen bei sich hatte, steckte er
ieins an, während er ausstand und
langestrengt um sich blickte· Doch
ischloß er die Augen wieder alle
i diese sahlen Gesichter lebten aus, rich:
iteten ihre verglasten Augen aus ihn
Hund schienen ihn arinsend zu rufen
sKalte Schweißtropfen perlteu ihm von
sder Stirn .....
Da . . . jäh drehte er sich um . . .
es war ihm, als habe eine Hand ihn
i soeben berührt. Einen Augenle
sdachle er fortzugehen, und stieg die
stleine Treppe hinauf. Allein nie
sThiir war abgeschlossen und so fest,
s daß seine Bemühungen, sie zu öffnen,
erfolglos blieben. Bis zum Morgen
swar er also wie in einem Gefängniß
l eingeschlossen. Als er die Stufen wie
der hinabging, erleuchtete das Wachs
kziindholz ten ganzen Raum — - er
Ehielt einen leisen Schrei zuriiet und
. wars eg auf die Erde.
i ·- o
Von Neuem begann es in seinen
Tropfen zu regnen, und der Wind
seufzte noch trauriger. Ein scharfer
Pfifs durchschnitt die Lust, dem ein
szeiter und noch ein dritter folgte
wie unheimliche Rufe, die sich gegen
seitig antworteten Dann herrschte
»tiefes Schweigen ein driiaende6,
erstickendeg Schweigen, geheiiiinißooll
und drohend. Er wagte sich nicht
zu regen. Er fühlte die verwirrenden
Blicke aller dieser Wesen aus Wachs
aus sich ruhen. Da vor ihm standen
die Köpfe der Enthaupteten Zur
Rechten der Gehängte, der die Zunge
heraus-streckte, und links die Guillo
tine mit dem Körper des Gelöpften.....
Wieder war es ihm. als glitt-: drau
ßen ein Wesen dicht an der Zelt-band
entlang. Er sprach laut, um sich
Muth zu machen. Doch seine lebende
Stimme erschreckte ihn, und er schwieg.
Die Worte blieben ihm in der Kehle
stecken . Bald hatte er den Eindruck,
als näherten sich von allen Seiten die
Wände des Museums und wollten ihn
erdrückerr. Seine Zähne schlugen auf
einander. Er that einige Schritte
vorwärts-, doch plötzlich war es ihm,
als sei er auf dem Boden festgewur
zelt — dort, wo die Köpfe der Ent
haupteten in einer Reihe standen,
hatte ein Hohnliicheln das Schweigen
gebrochen. Vierte athmete lau-n.
Sein Derz schlug mit großen, lauten
Schlägen. Doch ec wendete sich plötz
lich um, als würde er ergriffen, und
seine bebende Hand umtrarnpfte den
,Revolvee
Allei wurde wieder still. Einige
Selunden verstrichm Doch da
dasselbe Hobnlächeln. Die Kräfte
verließen Vierte. Und immer noch
das Gefühl, als ob die Wände des
Zeltes sich näherten, um ihn zu er
drücken. Wieder verstrichen einige
Minuten, die ihm wie endlos langel
Stunden vortamen. Ohne Zweifel-«
fein von der Stille, dem Dunkel undI
der Furcht entnervtes Auge schuf sschT
selbst die Eeräufche, die er zu ver-l
nehmen glaubte. Alles schwieg. Das I
Athinen wurde ihm weniger beschwer- ;
lich. Da plötzlich ....in dem Dunkel
vernahm er das Hohnliicheln zum drit
ien Male. Nein, er träumte nicht« er (
war nicht irre irar nicht der Spielball l
einer Hallnzinationk Da vor ihm«
war es - — er bntte es deutlich gehört
nnd irn Augenblick fand er den Muth
ein wenig miedek. Er steckte ein
Streichholz an - er wollte sehen.
Und er sah iiber den Köpfen ver
Entbaupteten sah er einen anderen
Kopf, der ebenso grinfte ..... mit
großen, verstörten Augen wachs
bleich Und die Lippen dieses
Kopfes bewegten die heraushängende
Zunge »s- dieser Kapf war lebendig!
Ohne zu missen, was er that. lzog
Pierre den Eltevolver und gab Feuer
-s-- ein lleiner Blutflrabl entquoll der
Stirn des Kopfes, der auf die ande
ren fiel, und besinnnngslos sank
Pierre uni, den Revolver noch immer
feft in der Hand haltend.
si
Als beim Morgenarauen der Schau
steller mit nachlässiaeu Schritten lam,
um Pierre zu befreien, stieß er ne
ben der Thiir an einen Körper, der
ausgeftreett dalaa. irr biictte sich, doch
;fofort wich er leftiirzt zuruci die
Stirn war von einein Loch durch
s bohrt. Er wollte ihn aufheben es
itoar eine Leiche! Als er sicls umfah,
nachdem er den Tod constatirt, be
imerlte er, daf; die Leinwand die den
lBallen des Jeltecs bedeckte iiber den
Köpfen der Enthaupteten zerrissen
itvar. Vluch sah er eine blutaerötbete
i Stelle Er steckte den Kopf durch die
Oeffnung und rief doch Niemand
santwortete Schnell eilte er zu der
Thür und riß sie auf Und er sah
ieinea andere Gestalt, die mit dem Ge
ificht im Schmutz laa ( es war rer
junge Mann den er im Vlbend lei
den Wachsfiguren einaefchlossen Er
ging weiter in das Zelt und hob
Pier-re auf. Doch dieser ftiirzte sicls
sauf ihn und suchte ihn zu erdrosseln
s er war irrfinnia gewarten Nur
mit Mühe lonnte der Schausteller fei
ner Herr werden· Von dein Lärm
aufmerksam geworden kamen ihm
Schutzleute zu Hilfe. Die Unterta
ichuna ergab, daß der Todte Edmond
Souturier hieß- er war es der
mitten in der Nacht seinen Freund
Fim Scherz hatte erschrecken wollen,
um die Wette zu aewinnen -—-- er
hatte den Kopf durch das Seaeltuch
i gesteckt und gestöhnt und gegrinsL
Und die Revolverluael hatte auch
I
Zihm ein ioachsbleiches Antlitz verlie
; heu.
i
ff
its-'- Ceneissmisk ver Kur-einset
Indus-h
l Jrn Laufe der Jahre sind von ver
Ischiedenen Seiten Anstrengungen ge
t macht worden« dem Echeimniß bei der
«.5)erstellung der Chartreuse auf den
; Grund zu kommen. Bisher ist es nicht
Igegliicth und es ist fraglich, ob es je
tgliicken wird. Wunderbar ist das al
tlerdings nicht. Denn das ltteheimniß
l tvird von den Herstellun, den Kartens
js sermönchen, in einer aeradezu aeniaten
l Weise bewahrt. Schriftliche Aufzeich
knungen aiebt es nicht, weder leserlirhe
snoch in einer Geheimschrist verfaßte.
IDCS Geheitnniß wird nur mündlich
aufbewahrt und so von Generation
zu Generation überliefert Nur zwei
Kartiiusermönche sind in das Fabri
ltationsgeheimnisz deg geschätzten Li
törs eingeweiht. Der eine ist der
Veior des Ordens, der zweite der
Leiter des Betriebes. Dieser Ge
fchöftsleiter hat vier startäusermönclte
unter sich, die jeder nur einen be
»stimmten Theil der Fabrikation ten
,nen, also nur in Viertel dcg arosken
lGeheimnisfes eingeweiht sind· Jeder
von ihnen ist durch lfsid verpflichtet,
ysein Geheimniß zu wahren tfr darf
» also auch seinen drei Mitarbeitern sei
;nen Theil des Rezept-Z nicht verra
;then. Die Schweigepslicht wird nur
in einem Falle aebrochen Stirbt
« nämlich der technisrlre Leiter, so wählt
der Prior seinen Nachfolger und be
fiehlt jedem der vier Vicedireltoren,
dem neuen Leiter seinen besonderen
Theil des Geheiinnisses zu verrathen,
so daß er auf diese Weise in den Besitz
des ganzen Rezepts tonnnt.
-A
—— Unerhörter Vorsprung
Sie lbeirn Abschied auf dem Bahn
steia): »Aber Fritz, ich versteh Dich
garnicht!" -- »Was ist denn los,
Schafft-« s-- »Das junge Paar da
driiben ist uns mindestens um zehn
Kiisse voraus!«
—Normalzeit. Sommer
frifchlerc »Geht denn die Ortsuhr
richtig?« —- »Dös will i moan’n; dö
stellen s« allwril nach’nr Ziigle, wenn’s
durchfahrt.«
— Mißverständniß. Pro
fessor (in der Sommer-frische auf der
WohnungssuchOk »Mein Name ist
Kraushuhm ordentlicher Professor.«"
— Bauer: »Na, dö Selbstloberei, dö
hab’ i g’frefsent« :
Rettung is der Rath.
!
Dir-presse nach dem Englischen von Saphir
Spiegel
Nachdem Karla sechs Jahre als
Stern in der Gesellschaft geglänzt
hatte, begann sich in Tante Annas
berechtigten Stolz aus die schöne
Nichte eine leise Bitterkeit zu mi
schen. Die erste Jugendfrische leuchtete
nicht mehr von den blassen Wangen
des Mädchens, der tindliche Blick war
aus den braunen Augen verschwunden
und in das dichte volle Haar hatte
sich ein vereinzelter Silbersaden einge
schmuggelt.
»Hast Du denn siir gar nichts Jn
Seresse, Karla?- Du bist so maski
will ich ja nicht sagen, aber so gleich
gültig so abwesend, wenn andere
Menschen um Dich herum s«..1d. Kar
la, hast Du warst Du niemals ein
wenig verliebt?«
»Tante,« erwiderte gelassen die
Nichte. ,,seit meinem zehnten Geburts
tag kennst Du jeden meiner Schritte.
Wäre ich verliebt gewesen« so hättest
Du es ebenso sriih wie ich gewußt.«
Beinabe verlegen entfernte sich hier
aus Tante Anna, nnd das junge
Mädchen trat sinnend ans Fenster.
Es war erst süns Uhr. Vor acht
brauchte sie nicht zu GordonH zu ges
ben, das beste war also, wenn sie
ihre tägliche Promenade machte.
««.s . ,-,»-, z« -:..-..- k-.. III-.
IIUIIU llVlIlJlllk lll (H"-«l UIS lu,vn
sten Gebäude des Köiiigsvlatzes. Ge
lVanlich ging sie in dem nahe gelege
nen Parle spazieren. heute jedoch zö
gerte sie einige Selunden am Fuß
der weißen Marmorstusen und wand
te ihre Schritte dann nach Nordwes
sten. Der Wunsch nach etwas Neuem
Ewar urplötzlich in ihr aufaestiegen.
: Gespannt schaute sie sich in der ihr
,unbetaunten Gegend. offenbar einem
s9«rbeiterviertel, um. Plötzlich hörte sie
Ilaute Hilferufe Neugierige Kinder
staurrteu sich am « nß des Treppen
5bc1uses. aus dessen Jnmrem die
Schreie herausdrangen, zu einem
lKlumpen zusammen: gleichgültig
«rauchten ein paar Männer ihre Pfei
;sen und zogen die Straßenvertäufer
Huit ihren Kur-en weiter. Karla
sschien die einzige. aus die die angst
vollen Rufe Eindruck gemacht hatten.
i »Warum geht denn niemand hin
ein und sieht nach. mag geschehen ist?«
fraate sie einige Leute, die in der
sNähe standen.
. Ein halbes Dutzend Augen wand
Jten sich ihr zu, lachend euthiillten sich
s ihre blendendlveifzen Zahnreiheih
kund lachend erklärte man ihr, daß es
lnur Ede Küfer sei, der seine bessere
IHälste verprügele, es könne aber auch
iumgekehrt sein.
z Wildes Geheul, Geheul, das einen
Esehr gesunden weiblichen Brustkasten
jverrietlx wurde jetzt in die Liifte ge
xschleudert Doch daran dachte das
tjunge Mädchen nicht. Die Treppe
sbinaufstiirmend dies sie den Zurück
zbleibenden zu, einen Schutzmann zu
ibolen Etlchselzuckend über die Dumm
heit der Fremden lächelnd, folgten ihr
die anderen. - -
! Das triegerische Ehepaar stellte sei
jnen Kampf bei KarlaH dramatischein
’(7rscheinen ein Erregt ersnhte sie
iKiiser, seine Fras sofort freiziigeben
sie hätte schon nach der Polizei ge
·F.s«)ickt
»So?-« treischte das Weib nnd
sprang wie eine Tigerin ans die llns
bekannte los. »znr Polizei haben Sie
jgesehickt? Ich werde Sie lehren, sich
lzioischen Mann nnd Frau zu stellen.«
« Und ehe sich daS iiberraschte Ajkadchen
noch wehren lonnte hatte sie eH am
;Arm ergriffen und zerrte es nach
der Thüre hin.
I Jn diesem Augenblirl theilte sich die
Gruppe auf der Treppe und ließ ei
lner Herrn hindurch Mit zwei Schrit
ten erreichte er die Fnrie nnd entriß
lihr die zitternde Karla Ueberrascht
jschaute sie in ein Paar leuchtende.
jbraune Sterne, ans einen zuckenden
bebenden, seingeschnittenen «-J·linnd.
IJni Handan drehen hatte er den
IHauseingang gesaubert nnd bat jetzt
die junge Dame. sie nach Hause gelei
ten oder in einen Wegen setzen zu
» d «er
s Dass Valllleid, das Karla an die
sein Abend bei Gordons trug, verbarg
Innr unvollständig eine Schwellnng an
jihrein Oberarin Doch jedermann er
klärte, mit ihren lebhaft-n Farben
Junt ihren strahlende-n Augen sei sie
Jdie Schönste der ltjesellschaft geloc
. sen. -— —
Wie plötzliche Verzweiflung über
-lam es Roland Hassner, nachdem er
sirh von dein jungen Mädchen verab
schiedet hatte. Jn seiner Plicnlasie
war schon ein ganzer Roman um ihre
bezaubernde Persönlichkeit entstanden.
Als er jedoch erfuhr. daß es Karla
Winter, die Tochter des Millionär3.
gewesen, die er aus einer heitlen
Lage befreit, versanken feine Träume
auf Nimmertoiedertehr. Was konnte
ihr Roland Haffner. der einfache Di
ploni-Jngenieur. mit seinen Viertau
send Mart Gehalt sein? Besser war
es, sofort einen Strich durch die Rech
nung zu machen und ihrer Aufforde
rung, sie zu besuchen« keine Folge zu
leisten. --—
Vergebens wartete Karla auf sein
Erscheinen, und als Tag siir Tag
verstrich, ohne den Ersehnten zu brin
gen, bemächtigte fich ihrer eine uner
tlärliche Unruhe. Sie hatte gehosft —
sie wußte selbst nicht was. Oftmals
bliette sie auf die Straße nach Nord
westen hinaus, und ihr hohles Gesell
sschafrsereiben widerte sie unsiiglichsm
s Gerade weil er sich in seiner ff
nunqglosen Anbetung sonnte, l et
sich innner von neuem tlatmachte, daß
jedes Wünschen aussichtslos sei.
aiinnte sich Roland die schwer-sticht
Freude, manchmal spät des Abyd
vor dem Hause der heimlich Geliebten
»aus und-ab zu gehen. . ,
Heute wollte e: sich zum letztenmal
J Inem trauriaen Vergnügen hingeben.
Olm Morgen hatte er in der Zeitung
von der bevorstehenden Verlobung sdes
reichen Fräulein Winter mit einem
ungarischen Grasen gelesen, und Lief
fes Faktum veranlaßte HassnerZH
einem mehrstiindigen Dauerlausszitt
trostlvsester Stimmung. Als er gätetz
Mitternacht den Königsplatz errei e«
haeschah es in dem Moment. in dem
March mit ihrem Vater ans der Erwi
Page stieg und in der geöffneten hallc
verschwand Der unglückliche jungk
Mann schritt auf der anderen Seite
; der Straße hin und her, bis auch M
sletzte Licht im Hause erlosch. Damit
sblieb er stehen und schaute zu des
dunklen Fenster hinaus. hinter degeeu
Scheiben die Angebetete jetzt siltj
schon schlief. « ’
Aus einer verborgenen Ecke hatte
ihn ein Schutzmanm der aus ver
jlchiedenen Gründen an diesem Abend
"sehr schlechter Laune war, «eoba Iet.
»Knurrig pirschte er sich zu Has net
ihiniiber.
»Es ist jetzt Zeit, daß Sie sich em
fernen,« brummte er.
I »So? Meinen Sie?« erwiderte Ro
Ilmid spöttisch
. Vor einer Minute hatte er dasselbe
!gedacht, doch hoffnungslofe Verliebte
ZHnd sehr empfindlich.
i Der Schutzmann wiederholte feine
j Aufforderung in barschem Ton. Nache
ilrisfig entnahm der Jngenieur seinem
.(Ftui eine likigarettr. steckte sie an
I
i
l
und rieth dem anderen, sich um seine
enenen Angelegenheiten zu kümmern.
(tr wußte daß er thöticht handelte
aber an irgend jemand mußte-s- ee
feine Wuth auslafsen So kam es zu
einem heftigen Wortwechfel, der bitter
Zdes Gesetzes packte den fchlanlen jun
aen Herrn am Kragen und die Dinge
zsvitzten sich unangenehm für Roland
t 7u
i Und wiederum war es Karla —
Evon ihre-n unbelcuchteten Zimmer
lau-Z hatte sie mit sliegsndem Puls
Ffchlaa die sich unten abfolelenden
vkltorgiinge verfolgt —-, die einem Be
ödrängten zu Hilfe eilte. Ein unaus
Jsvrechliches Gliiclsgefiihl hatte sie
sdurchfluthet, als fie in dem einsamen
ZSvaziergiinger den heimlich Geliebten
erkannte. Wie sie nun Augenzeuge des
sich entwickelnden Streites wurde,
wars sie hastig ihren Abendmantel
sum, eilte die breite Treppe hinunter-,
öffnete mühsam die schweren Thor
fliigel und stiirrnte in die würzige,
balsnmiiche Nacht hinaus
»Schutzmann, « leuchte sie athemlos,
»laffen Sie diesen Herrn sofort frei..
ifr ist
m Handumdrehen verwand e sich
der cerherus in ein Lämmcher., denn
er kannte die Tochter des reichen
Bankiers
»Karla, liebe, siiße Karla,« spru
delie ungestiim der junge Jngenieur
heraus ,,gehen Sie sofort in das
; Haus zurück, ich bitte Sie, gehen Sie
zrrriick.«
l Der lluiformirte scharrte abwech
sselnd bald den einen, bald die andere
All.
»Warum naoen Sie oag man gieraj
Iasxfaat?« schmunzelte er endlich. »ich
,lssi«: ja auch einmal Luna gewesen«
·.Ls"atte ieh aeloitßt. daf-« Sie auf Ihre
HBraut warteten, lieber Mann. würde
ich Sie nicht belästigt haben. Na,
nichts siir unant, ich will nicht weiter
stören«
Er entfernte sieh mit hastiaen
Schritten und überließ es den beiden
junaen Ajtenschen die, Auae in Auge,
mit ineinander ruhenden Händen. sich
stumm aeaeniiberftanden, die Dinge
ins rechte Geleite zu bringen. -—- ———«
Tante Anna hatte seit dem mit
ternäehtlichen Ausflug ihrer Nichte
ihr Testament schon zweimal geän
dert. Cis mird ihr aber wohl nichts
anderes iibria bleiben. als dem Bei
lspiel ihres Bruders Winter zn fol-'
aen, der seine Tochter nicht enterbt
hat. trotzdem sie nur die Frau des
einfachen Jnaenienrs Hassner gewor
de ist«
(
Er sann lett-It
Jn einem Dorf Hintervommers
sollte vor Jahren, zu Ansana des
ooriaen Jahrhunderts. eine Predigen
toahl stattfinden. Die Meldunaen
malen zahlreich einaeaanaen, doch nur
drei Beloerher kamen zur engeren
Wahl. Bei der vorgeschriebenen Pro
lkeprediat hielten zwei freie. schöne zu
Herzen aehende Reden, während der
dritte alles, Wort fiir Wort· ablas.
Als nachher zur Wahl geschritten
wurde, wurde letzterer einstinnnia ge
wählt und ztrar mit der besonderen
Bearrindunat »Der kann ja lesen«.
—-— Unverzeihlicht »Was
haft Du- Dir denn zu Schulden kom
men lassen, daß Dein Bureauchef so
hernmhaclt auf Dir?« --— »Ich habe
ihn einmal beim Schlaer über
rascht.«
—— Redebliithe. »Wir werden
noch einmal mit Stolz auf un et
Jahrhundert zurückfchauen das eh
schon an seiner Eingangsschwelle das
lenkbare Luftschiff aus dem Aetmel
veschintert han«