Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 18, 1910, Zweiter Theil, Image 14

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    Roman von
Aus hartem Holz
pa u l B ltsz
s«9. Fortseßnng.)
Dann stand die Mutter aus s
langsakn, mit schleppenden Schritten
nnd mit starr kalten Zügen, aber mit
festen. geraden Blicken sss so trat sie
an die Bahre heran: »Wer?« Fragend
sah sie sich tim.
Einen Augenblick zögerte sie « ent
setzt waren alle Blicke aus sie gerichtet
— dann schlug sie die Decke von der
Bahre zurück.
«Han5!!« — —- Ein market-schüt
ternder, wehdurchbsebter Aufschrei »
dann sank sie ohnniächtig zusammen
Man trug sie nach der Chaise
longue.
Nathlos standen alle herum. Nie
mand wußte, was jetzt zuerst zu thun
sei.
Da raffte sich Eise, die selbst einer
Ohnmacht nahe war, aus: »Einen
Arzt — bitte, schnell, schnellt«
Sosort schickte der Jnspettor einen
Boten.
»Wir ist denn der Herr? Hat nie
mand Herrn Paulsen gesehen?« fragte
Eise bebend.
Einiae Stimmen antworteten durch
einander, wirr. aber halblaut: »Nein,
wir wissen nicht."
»Mein Gott. was ist denn nur ge
schehen —-— weiß denn niemand etwas?
Schnell doch einen Arzt! Er stirbt
ja!« ries Eise hülsestehend.
Da trat der Jn peitor heran und
fiiisterte ihr zu: » r ist ja schon todt,
gnädig-: Frau.«
Allmächtiger Himmels« — sie fals
tete die Hände und starrte zu Hans
hin; heranzutreten wagte sie nicht.
»Er war schon todt, als wir ihn
fanden.«
»Aber was ist denn nur geschehen?«
»Man hat ihn erschossen. driiden irr:
Part.«
»Wer?« Eise zitterte so, daß ssi
lauen sprechen konnte.
Der Jnspeltor zuckte die Schultern
»Bist jetzt weiß man nichts. J-.
habe sofort den Pakt und das Geböl
durchsuchen lassen, aber man sani
niemand.«
Voll Entsetzen wandte sich Else ab·
Nun fand sie die Kraft wieder. Sie
trat an die Bahre; sie sah ihn an.
Armer Fungec flüsterte sie.
Bleich, lalt und starr lag er da, den
sie noch vor einer halben Stunde so
herzlich lachen bötte—schlnchzend sank
sie nieder an der Bahre.
Dann tam auch der Mutter das
Bewußtsein wieder; sie erwachte rieb
Mt sich hvcksv spr sich fremd. wie sm
gend tun —- erfi als sie die Bahre ste
hen sah, begriff sie. Auf Frau-S bracnm
gestüth stand see aus und schritt zu
dem todten Sohn.
Einen Augenblick lang stand sie
starr und still da, sah auf ihren Lieb
ling und streichelte zärtlich iiber sein
haar: als aber ihre Finger seine
Schläfe berührten, quollen noch ein
paar Blutstropsen hervor. nnd da
schrie sie auf, mit so qualvoll weben
Lauten, daß alle, die im Zimmer wa
ren. mit erbebten.
«Wer hat ihn gemordet?" schrie sie.
Msr w» hat es gethan?« Entsetzt
schwiegen alle.
Mit angstverzerrten Mienen sab die
alte Frau von einem zum andern:
«Nun, so sagt es doch! Jbr lebt
ja, daß ich ganz gefaßt bin! Wer war
es also?«
Noch immer schwiegen alle voll
Entsetzen
Da trat Clse bittend zu ibe heran.
Plötzlich schrie die gequälte Mut
ter: »Wo » wo ist denn Drangs-«
Weinend zuckte Else die Schultern
Und da warf sich die alte Frau auf
. L tx-..-,h--.
»Hu cllllccllcll «71Ulpcl, UllU fufluuiscllll
wimmerte sie: »Mein Janus mein ar
mer lieber Junq’!«
Lantloå schlichen alle hinaus-, nur
der Jnfpettor und Frau Schramm
blieben bei den Frauen drin.
Nach einem Weilchen richtete sich die
Mutter wieder auf. Jetzt waren ihre
Züae hart und starr.
Als lee sic fo fab. erschrak sie —
zum ersten Male fand fie, daß die
Mutter denselben harten Blick wie
Vruno haben konnte.
»Wo ist der Mörder-? Hat man ibn
festgenommen?« fragte mit scharfer
Stimme vie alte Frau.
Etwas verletzen antwortete der Jn
fpektort »Wir wissen ja nicht. wer eg
war, gnädige Frau.«
Starr sah sie ihn ans »Wie? Man
weiß nicht? —--— Ja, was heißt denn
das? -—— Keine zwanzig Menschen le
ben hier Jeder kennt den anderen
—- und da « da weiß man nicht, wer
es war's Wer hat denn hier ein Jn
teteife daran, meinen armen Jungen
zu morden? Run, das weiß rnan
nichts«
Rathlos sahen Jnspeltor und Mit
tstn lich an — sie verstanden nicht.
, Elle aber trat zur Mutter, Schre
Imsbsleich sagte fie halblaut: «Mutti
ich bitte Dich!« »
» «Wie«. rief die alte Frau finster
M Du, Du weißt es auch nicht?
sehend bat Slfe im Flüsterton
»Ist find doch nicht allein hieri«
. Da begriff die geöngss te Mutter
-" ges-Ideen Franc faate r Jnlpet
Dis-, »O habe Mut zum Deren Amts
gefchöckt —- ee muß way
e fett-. Dann wird alles ge
In wir-lasse werden«-«
Die Mutter nickte und schickte dit
Angestellten fort.
Als die Frauen allein waren, sahen
sie sich chsest an.
.Else auch Du weißt es nicht?«
NMutter ich beschwor-e Dich! Nein!
Nein!«
»Dann willst Du es nicht wisse-M
»Aber Mutter! Was Du denkst. ist
ja so entsetzlich, fürchterlich! Wie tannst
Du auch nur einen Augenblick den
aräeßlichen Gedanken aufkommen las
sen-«
Starr sah die alte Frau sie an,
durchdringend fest, dann sagte sie. aus
den Todten weisend: »Wenn Du ihn
geliebt hast« wirklich ihn geliebt hast«
Else, dann kannst Du nur dasselbe
gxauben wie ich.«
»Nein. Mutter! Nein! Nein!« schrie
Else entsetzt auf. »Nein! ich tann es
nicht glauben!«
Da sah die Mutter sie mit einem
lange-n, itummen Blick an, dann trat
sie von ihr zurück, ging an die Bahre
und kniete dort schluchzend nieder.
»Mein armer. armer Jung"!« jam
merte sie.
Plötzlich stürmte jemand die Treppe
heraus s- die Thisr wurde ausgeris
sen, und Brutto stand da. .
Bleiely zitternd, mit schreckentstellg
tem Gesicht, so stand e: da und sak,
ins Zimmer-«
Todstarres Schweigen ringsum.
Da richtete die Mutter sich aus. Mit
harten. sinsreren Blicken sah sie zu ihm
hin, ohne ein Wort zu sagen.
Langsam kam er näher, trat an die
Bahre und fah den todten Bruder an;
stumm satt-te er die Hände.
Noch immer starkes Schweinen
Als er ausbliclte. sah er in das harte
Gesicht der Mutter; da reichte er ihr
stumm die Hand hin.
Dann fragte sie, ihn sesi anhlickend:
»Wer war es?«
Ruhig antwortete er: »Ich weiß ek
nicht, Mutter. Jch tann es mir auch
gar nicht erklären. Vor einer halben
Stunde erst verließ ich ihn.«
»Bit- verließest Du ihn?«
»Ja meinem Zimmer.«
»Was thatrt Jhr dort?«
Zögernd, mit halbem Vlict aus
Else gerichtet, antwortet er: »Wir
hatten eine Unterredung« um die er
mich hat.«
»Und dann?«
»Ich bat ihn, mich bei euch zu ent
schuldigenx ich hielt es siir richtiger,
euch heute Abend nicht mehr wieder
zusehenf
»Aber weshalb denn dass-«
»Der Gegenstand unserer Unterhal
tung war derart dasz wir uns zum
Schluß nicht mehr einigen tonnten?«
»Ihr hattet Zwisi?«
»Ja, Mutters«
Lanaes peinliches Schweigen Nur
die Blicke sprachen.
»Und darf ich erfahren, weshalb
ihr Zwist hattet?«
»Nein!"
scr erröthetr. Sein Blick strriste
Eise.
Da wußte die Mutter genug.
Ruhig sagte sie: »Du hast Deinen
Bruder nicht geliebt, Bruno?«
lind ruhig antwortet er: »Nein,
Mutter-, ich habe ihn gehaßt --— aber
der Tod löscht alles aus und nun
bereu ich, das-. ich ast so tleinlich, so
egoistisch war!" Mit Thriinen sah
er auf den Todten.
Die Mutter ließ ihn nicht aus dem
Blick. Rai-h einem Weilchen saate fie:
»Wie aber tam er in den Port-"
Brutto zuate die Schultern: »Das
ist auch mir unertliirlich.«
» »Und wo warst Du?«
»Draußen im Feld ich war weit
binausgernnnt - ich wallte mir Rulze
schaffen. Bitte, srag nicht weiter-«
Wieder Schmiqu Staat sahen
beide Frauen ihn an·
Da wendete sich die Mutter zu ib
rem todten Liebling und sprach mit
wehdurchzitterter Stimme:
»Von eines Mörder-H Hand bist Du
gesallen, mein armer Jung’ noch
tennt man ibn nicht aber bier an
Deiner Bahre schwöre ich eH Dir. daß
es- sortan der Zweck meines Lebens
sein soll, den Mardbuben zu suchen!
Jch schwört es Dir, mein Hans, daß
ich nicht ruhen noch rasten will, bis
ich ibn gesunden habe, bis Du gerächt
bist ich schmöre es Dir bei allem.
was mir beilig ist Hörst Du, es
mein Jung’? —- Hörst Du mich, mein
armer, lieber Jung’2'« Jn Schluch
zen erstickte die Stimme.
Leise und stumm ging Bruno bin
aus, er ertrug es nicht, diese ilagenbe
Stimme mitanzuhören·
Und leise und zart trat Else heran
und bat- ,,,Nun Muttchen, komm,
denk auch an Dich.«
Die alte Frau aber antwortete nn
ter Thranem »Nein, hier ist mein
Platz, hier will ich bleiben« —— und
dann plötzlich fragte sie wieder
»Weißt Du nun, Ese wer ihn ge
mardet hatt«
«Rein«, sagte sie sest und bestimmt
»nein, Mutter, nein, ich glaube ei
l nicht« —— und ans ihrer Stimme er
. klang ei Ivie ein tiesei Glücksgesiibl
s der Bernhign
MS
Da legte die Mutter ibr bannt aus
die Brust des todten Kinde-, und weh
". klagend schlachsie sie laut eins: »S
sind wir denn beide san allein. mein
Sohn —- alle, alle haben sie Dich per
lassen —- aber ich, Deine Mutter. ich
liebe Dich auch über den Tod hinaus
—- ich bleib bei Dir, mein lieber, ar
mer haust« » . .
Eine halbe Stunde später lam der
Arzt. lsr lonnte nichts weiter thun,
als feststellen, daß der Tod unmitel
bart nach dem Eindringen des Ge
schosses erfolgt war.
Und dann tam auch der Amtsvor
stehet mit seinem Seiretär und zwei
berittenen Gent-armen
Nachdem der Beamte, der natürlich
regen Ver-lehr mit der Familie Fet
sing unterhielt, den Damen und Bru
no ein paar herzliche Worte der Theil
nahme ausgesprochen hatte; schritt
man sogleich zur Untersuchung.
Bei-no, der Jnspettor und zwei
Knechte mit Laternen begleiteten die
Herren zu dem ThatorL
Deutlicb leuchteten im hellen Mond
licht die Funtvureih aber Vermutbuns
gen konnte snan nicht hegen. weil die
Tritte der Männer-, die den Tocten
ins Haus getragen hatten. alles rund
um den Thatort zertrelen hatten.
Man bunt-suchte die nächste Umge
bung, auch einen Theil des an den
Port anstoßenden Hölkchenz aber
ma fand nichts Verdachtiges.
Las Zondekbarsle war, daß nie
mand. obgleich es doch in fast nnmit ’
"lcll)(1kck Acht Dess- Ukyvlls gkjuyruri
war. einen Hlserus vernommen hat-»
te: es laa also die Annahme nahe.
daß der Mörder sein Opfer hinter-i
rücts mit einem ivohlaezielten Schußl
niedergetnallt hatte.
Alsdann wurde das Gesinde ver
klommen. vom Jnspettor herunter bis
zum Stallburschenx sogar der alte
Walter, der seit einer Stunde fieber
trant im Bett lass, wurde verhörtx
aber alles blieb reiultatlos, denn eir
jeder konnte sein Alibi beweisen, und
nichts Verdachtiaes fand sich dor, di
rneisten tannten den Todten taum.
Sodann begab sieh der Beamte nach
oben zu der Herrschaft
Zuerst wurde der Todte untersucht
leer man fand alle Werthsachen uni
das- Geld unberührt vor. Also ein
Raubmord war es nicht.
Der Fall wurde immer kompli
zitter.
Dann bat der Herr Amtsdorsteher
die eiden Damen in schonendstes
Weise, ihm mittheilen Zu wollen, was
der Fall erheischte; und nachdem dir
Mutter, wie auch Elte berichtet bat
ten, was sie zu saan wußten. ver
nahm der Beamte den Gutsherrn als
den letzten.
Der Amtsvorsteher wußte. was die
ganze Geaend wußte, daß die Brü
der auf lebr gespanntem Fuße gelebt
hatten. trotzdem aber hatte er noch
teinen Auaenblick daran aedacht, daß
Bruno vielleicht der Thaler sein
tönntr. Er schritt also zur Pera-ehs
mang.
Und Bruno sagte alles, was zu sa
gen war, herichtete getreulich von dem
Zwist, den er lurz zuvor mit bans ge
habt hatte, und von seinem Gana ins
Feld, tvo er die Ruhe wiederfinden
wollte.
Aufmerlsam hörte der Beamte zu;
zeitweise spielte er ein wenig verlegen
mit seinem Bleistifi. Als Bruno ae
endet hatte, entstand eine ganz tleine
Pause.
Dann fragte der Verbörende lang
sam, aber wie selbstverständlich: »Na
tiirlich tönnen Sie uns auch bewei
sen, daß Sie draußen im Felde wa
ren. und in welcher Gegend Sie Ie
wesen sind, nicht wahr-P
»Beweisen'-t« seaate Brut-o er
staunt.
.
»Nun ja, Herr Paulfen, es wird
Sie doch vielleicht jemand gesehen has
ben, der da bereuan kann, daf-. Sie
zu der Zeit des Morde-H sich drauf-gen
im Felde aufgehalten haben, nicht
wahr?«
Brand wurde glatt-übertroffen Nun
nerftand er. Am ganzen Körner besf
bend, ftiefk er hervor: »Aber. Herr
AmtsvorftebeL Sie glauben doch
nicht etwa, daß ich ...« Weiter tarnf
er nicht. s
»Mein werther Herr Paulfen«,!
antwortete der Beamte höflich und
freundlich, »ich bindoch hier in amt
licher Ciaenfchaft, ich bin doch vorerft
nur verpflichtet hier die Thatbeftiinde
festzustellen ..... bitte. denken Sie
freundlich mal nach, ob Sie nicht je
mand begegnet find.«
Bruno zwang sich iur Ruh-, ob
gleich alles in ihm kochte. Er befann
fich, er quälte fein armes, zermarters
tes hien. auf das heute fchon fo Ent
fetzliches, Fürchterliches eingeftijrnit
wars er fann und fann — veraeh
lieh --— nichts fiel ihm ein. Schon
trat ihm lalter Angftfchweifi auf die
Stirn — fchon fah er sich als verdäch
tig hinaeftellt —— fchon drohte feine
Kraft ihn zu verlaffen — da« im setz
ten Augenblick. da fiel es ihm ein, da
larn ihm der befreiende Gedanke
»Ja. ich habe einen Zeuam!« Faft
schrie er ei. »Der alt-e Berges-nun
hat rnit- rnit aefvrochen, und gerade
als der Schuß fieU .
»Wie befreit arlnneten alle, die im
sinrrner waren. auf.
Spiort wurde ein Wagen abge
schickt, um den alten Bauern herzu
holen.
Nach einer Viertelstunde war er
bereits da und entlastete Beuno voll
ständig.
» Das Berhiir wurde geschlossen. Das
Resultat war gleich Null. Man hatte
gar keinen Anhaltspunlt fiir diesen
nahezu räthlelhatten, unheimlichen
Fall. Tie Beamten fuhren wieder ab
Noch immer saß die Mutter an der
Bahre ihres todten Lieblings, keinen
Augenblick wich sie von ihm. Mit lie
ben, innigen Worten sprach iie zu ihm,
itreichelte feine Hände und seine
Wangen. Jhr war, als sei er noch
gar nicht todt, als müsse er jeden
Augenblick wieder erwachen.
Elle saß dem-eint und vergrämt in
der Ecke.
Endlich lam Brutto zurück.
Erstaunt lah die Mutter ihn an.
»Hm man ihn nicht gefunden?«
fragte iie nur.
»Nein. nicht eine einzige Spur hat
man's erwiderte Bruno still.
’ Starr und schweigend sah die Mut
ter auf den Todten - wenn Du re
den könntest! dachte sie.
; Bruno begann nun den der Ueber
sjhrung des Verstorbenen zu sprechen
und erbat der Mutter Wunsch.
»Ja, ich will ihn mit zu mir neh
men, meinen lieben Jungen«, sagte
die alte Frau weinend-, »und zwar
gleich! Vittc, laß alles fertig machen.
Brand niate stumm.
»Aber ich will mit ihm allein Sah
ren!" rief sie, »ich ganz allein mit ihm
auf einem Wagen ihr anderen
.c5nnt zusammen fahren«
Elle Und Bruno versuchten. sie vor
dem Gedanlen abzubringen, aber al
leg war umsonst.
»Ich fahre mit ihm allein. ich ganz
allein!«
Dabei blieb es. « i
Auf einem Leiterwagen lag der
Todte. und ihm zu Häuptm hockte die
Mutter.
Der hinterhertolgende Wagen dram:
te Eise Und Bruno Um aber einer
peinvcslten Unterhaltung zu entgehen,
hatte Bruno den Kutscher zu H.iuss«
gelassen und nahm selber die ZEigeL
Die Fahrt begann Eine langsame.
troftlos traurige Fahrt.
Zwischen Eise nnd Vrnno wurden
nicht mehr als die nothwendigsten
Worte gewechselt.
Und die Mutter saß starr nnd
itnmrn da und blickte unausgesetzt ani
das Gesicht ihres Liebling-a aus dem
das milde leuchtende Mondlieht wie
eine Glorie-le der Verklärung lag.
Und wie sie nun so aus die lieben
siillen Ziiae ihres todten Liebling-«
sah, da tam auch auf sie ein stiller.
wohliaer Friede — es erschien ihr.
als seien sie im Dorn, im heiligei
Dom - iveihedolle, heilige Stille
schwebte iider dern Raum - unend
lich mitde nahte sich von jenen fernen
lichten höhen ein langtlingender Ton,
der alle menschlichen Schmerzen von
uns nimmt. ein Ton des Friedens« ein
Ton des seligen Glücks —- eine Bot
schalt des stillen, harmonischen See
lensriedenäx wie eine Verzückung
tlang es durch den weiten. heilige
Raum. wie ein Ansiauehzen von Mil
lionen hesreiter Seelen, wie ein Lod
gesang der ganzen blinden Mensch
heit, die ietzt, jetzt mit einem Schlage
sehend geworden ist, und die nun voll
heisier Dantbarteit alle Qualen von
der Seele absireift nnd lot-singt und
jauchzt in reiner Glückseligkeit
nnd mit erhabenen Händen bat die
alte Mutter zum ewigen Sternenzelt
empor: Allmächtiger Gott« dergieb
uns allen unsere Sünden und führe
uns in Dein Himmelreich! Amen!«
- t- s·
Jn den nächsten Tagen war das
Felsingsche Haus der Sammelpunlt
all derer. die in der Stadt und in der;
Umgegend zur ,,Gesel!schaft« zählteni
Erst ietzt sah man, wie großer Be !
liedtheit sich der Todte zu erfreuen ges
habt hatte. Der Kränze nnd Bin-i
meniuenden tamen so viele, daß schonY
der Raum. ir: dem die Leiche artige-«
bahrt lag, iiber und über mit all den
letzten Liebes-reichen bedeckt war. Wo»
hin man lah, iteta sah man echt-» aus
richtige Trauer-, und selbst die Gea
ner des Verstorbenen waren erschüt
tert durch das entsetzliche Geichebniß.
sur das man noch immer teine Auf
tlörung hatte·
Ein ganzer polizeilicher Apparat
war bereit-; in regster Thiitigleit -
immer von neuem fanden Untersu
chungen und Vernehmungen statt,
aber immer endete alles mit demselben
negativen Resultat
Schließlich verbreitete sich eine An
nahme, die man sich wohl zutulehelte,
die man a ber nicht laut werden ließ
— die Annahme, daß der junge
Mann, ans irgendwelchen noch unbe
tannten Gründen auch vielleicht Selbst
rnord begangen haben tönne. Das Ge
riicht verbreitete sich mit unheimlicher
Schnelligkeit im geheimen durch die
Stadt und Umgegend.
Von alledem erfuhr die tiefgebeugte
Mutter nichts. Aber hätte kie ei auch
erfahren. sie hätte doch nur geliiehelt
dazu, denn flir sie war der Fall klar,
ganz klar, sie hielt nur den einen fttr
den Tbäter. den einen, dessen Namen
sie noch nicht auszusprechen wagte.
Was wolltt es denn besagen, daß je
ner Bauer Beraemann für sein Alibä
eingetreten war? Er konnte ia voni
ibm bestochen sein! Für gutes Geld!
that ja so mancher Bauer alles! -—— ——— ;
So trug sie den tiirchterlichen Gedan-;
ten weiter mit sich herum: aber sie be-!
hielt ihn vorerst nie sich. bis die Nase-U
sorsebungen der Polizei beendet iein
wiirdenx dann erst wollte sie handeln,.
---— dann aber: wehe dir. verruchterl
Mörder! - « in wildern Zorn sunleltenj
ihre Augen. z
Der Tag des Begräbnisses iarni
heran. i
Bis ietzt hatte die Mutter keines
Spur von Erlchlafsnng von Schwä
che gezeigt: die Vorbereitungen zu der
lebten Feier ihres Liebling-C und all
die tleinen Nichttgkeiten. die so ein
Traueriall mit sich im Gefolge hat«
das alles hatte sie bis jetzt derart in
Errettung und Bewegung aehalten..
»daß sie sich eigentlich taaåiiber mit ih
-ren Gedanken Last gar nicht beschäfti
gen konnte, und des Abends -- dann
war sie ermattet aus ihr Lager gesun
ten und batte traumlog fest geschlafen.
Aber. nun alles das bendet war.
nun der Augenblick nahte, wo man
ilsren Liebling hinaustragen wiirde
aus dem Hause. jetzt machten sich die
eriten Anzeichen von Schwäche be
merkbar-.
Doch noch einmal raiite sie ihre
Kraft zusammen Mit letzter Fähig
leit hörte sie all die Trostlpenden der
Trauergiiste an, .- mit zermartertem
Herzen blieb sie auch da, al-·1 dcr Pa
itor die erqreiiende Ablchiedsrede bielt
aber als die Leichentriiger herein
traten. den Sarg aufzunehmen da er
trua sie es nicht mehr. da sank sie mit
wehem Ausscheei zusammen, und ohn«
mächtig trua man sie hinaus.
Sie hörte und sah nichts von dem
esomphast ieierlichen Begräbnis-» das
iait die ganze Stadt aus die Beine
aebracht hatte -- stumm und starr
laa sie da und rang nach Athem, so
daß der alte Sanitätzrath nicht von
ihrer Seite wich.
Die aedlante Feierlichkeit nach dem
Reariibniti mußte unterbleiben, denn
der alte Arzt hielt den Zustand der
Kranken iiir la bedenklich daß äußer
sie Ruhe bedinat wurde.
Bruno und Elle spielten die
Wirthe.
Und als sich alle Gäste empfohlen
hatten, blieben sie beide allein in dem
großen. öden Saal zurück.
tFortiehung solgt.)
—
OOI dates des Todes ti- Kalt-tun
Stromauswärts in Lalluttm nahe
der Brücke iiler den Strom, erheben
sich zwei Gebäude, die der Fremde
wenn überhaupt, so doch nur mit
Grauen betritt. Jn der Pestzeit wird
.-r häusig aenua die einfachen Leichen
ziiqe der hindug darin verschwinden
sehen· Vier Männer mit einer esse
nen Trank-obre aus den Schultern. auf
welcher eine Leiche lieat. Die dünner
Bamnwolltkichtee in welche der iodte
Körper gehüllt ist. lassen die Umrisse
nur allzu deutlich hervortreten. Ein
ponr Leute folgen. Jm Innern des
Gebäudes nimmt einHindubenmier die
Anmeldung entgegen. Name, Alter,
Geschlecht. Wohnuna des Verstorbenen
Dann wird die. Leiche weitergetrngen
in einen engen, lanaen Säulenhos, aus
dessen Boden vielleicht ein halbes Dut
zend Scheiterhnusen brennen -«-- der
eine eKn entzündet, ein anderer schon
verglimmend, ein dritter nur mehr ein
Häuschen Asche. Frische Scheiterhau
sen, manneölnng, nardbreit, lniehoch,
sind zur Ausnahme neuer Opser ausge
IUJIOILL ZEIT Lclmc Wlkcl Vcllllus ges
lsgt, einer der Anaebörigen holt vom
Flusse unten ein Gesäß voll Wasser
and giesst es der Leiche in den Mund
nnd aus die Misse- Die Knechte legen
frische Holzscheite dariiber das Ganze
wird mit einem brennenden Spahn
anaesteckt, und im Nu ist der Körper
in Flammen gehüllt. Durch die hisze
triimmen sich die Glieder. heben sich
die Kniee, bewegen sich die Arme, als
lebte der Schmorende noch und wollte
sich von dem schrecklichen Feuertode he
sreien: mitnnier lollert er auch von
dem brennenden Hausen herab. Mit
langen Stangen wird der Körper dann
nieder in die Flammen geschoben. So
sverbrennen tagsüber sechzig, achtzig
soder auch mehr Leichen, und ist nichts
iibrig als ein Häuslein heiße Asche,
rielleicht mit ein paar vertohlten Kno
chen, dann nehmen sich dieAngehörigen
etwas davon mit und leisten nach
hause pzrriiet Die Aschenreste wer
den in den Flus; geworsen, in welchem
sich die Lebenden täglich nach Tausen
den und Aber-tausenden baden und
dessen Wasser sie trinten. Das Haut
neben dieser gräßlicheu Verbrennungsi
stätte siihrt den Namen Moribond
Hause, und hierher lassen sich die be
sonders religiög angelegten Sterben
den tra en, um an den Usern des »hei
ltgen« anges ihr Leben auch-suchen
is können. Jn Reihen liegen sie hier
. in den langen Dasein dem Tode entge
igensehend
Einen ver-zweifelten Entschluß saht
dieser und jener, wenn alle fremde
hilse versagt: er hilst sich selbstl«i.
- Das reitest-is seit etemstschee
Fee-neunqu
Statt der Drahtziige« die von der
Gondel her durch den Steuermann
des Lustschisses bethiitigt werden. um
dem Fahrzeug die gewünschte Seiten-v
richtung zu geben« kann man sich au
der unsichtbaren Verbindungen bedie
nen, welche durch die Hochfrequenz-·
Wechsegtröme hergestellt werden« deren
mnn si auch bei der drahtlosen Tele
nrnphie bedient. Man kann diese
Verbindungen sogar, statt von der
Gondel aus, von irgend einer Stelle
des festen Bodens aus spielen lassen.
Jm Londoner Hippodrom ist zur Zeitl
ein Lastschiff von Phillipg ausgestellt,
das durch solche elettrischen Ströme
gesteuert wird. Dies geschieht aus sol
geizde Weise: Vier Elektromotor
treiben das Luftschiss vorwärts, u f
zwar treibt jeder von ihnen einen eigeä
nen Propeller. Diese Propeller, aus
Deutsch ,,Treibsck;rauben«, sind an
dem Körper des Lustschifses so ver
theilt, dan einer oben, einer unten. ei
ner rechts und einer lints vorwärts zu
drücken sucht. Wenn alle vier gleich
arbeiten, fliegt das Lustschiff gerade
aug. Wenn die obere langsamer ar
lseitet als die untere, richtet sich die ,
Spitze nach oben, und das Luftschisi .
geht in die Höhe und umgekehrt. Oder
wenn der rechte Motor stärker arbeitet
ols der linke. dreht sich das Lustschiff
nach lint5. Das verschiedene Arbeiten
der Motoren. die durch eine Aktumngxl
latcrenbntterie gespeist werden, erreicht
nun Phillipo dadurch, daß er die Mo
tcr - Anlasser durch die Fernwellen
brtbiitigL Das Lustschiss, das seine
Bewegung ohne Beinannung aussiihrt.
hat scheinbar einen eigenen Willen und
muß einen unheimlich zauberhaften ;
Eindruck machen. Uebrigens wird es
wohl einigermaßen ungemiitlilich sein,
in einem solchen Fahrzeug zu sitzen, da
man als Passagier hilflos dein Willen
und der Gelchicklichteit der aus der
lFrde zurückgebliebenen Lenker über
ai.twortet ist. die ihre eigene Haut da
bei nicht zu Markte traaen. Aber ver
muthlich ist die Möglichleit vorhanden.
das Lustschiss auch von der Monde.
nur-« zu steuern. worüber allerdings in
unserer Quelle, einer Notiz der »Elek
notechnischen Zeitschrift«, nichts ange
aeben ist. Fraglich bleibt es auch, wag
das Lustsckiifs aufker seiner Eigenlasi
noch zu befördern vsrmag.
seien sie Lepeofr.
Da in neuester seit die Form von
asiatischem Aussatz, welche als Leorose
belannt ist, in allen Theilen der Welt (
auftritt « obschon meistens nur i .
vereinzelten Fällen-, so tiirste die
Kunde, daß die Wissenschaft sehr nahe
der Bezwinguna dieser Kranlheit ins z
he, doppelt willkommen geheißen wer
den.
Diese Kunde iornrnt eins Mololai,
der berühmten Anssäyiaen - Ansied:—
lung in unserem Hawaiischen Insel
Territorium. Es wird nämlich gemel
det, daß es endlich gelungen sei, was
man schon seit einer Reihe oon Jahren
hier und in verschiedenen auswärtigen ,
Ländern angelrrebt hatte: die wirtli-f
chen Leorcseianillen außerhalb des«
menschlichen Körpers in Neinlultur zu
züchten, und daß man jetzt daran sei,
ein Serum herzustellen, welches diesen
Aussas heilen oder verhüten werde.
und welchem man, obwohl es noch
nicht im Felde ist, den Namen »Lepro
tin« gegeben hat. Die amerilanischen
Aerzte Brinlerhoss oonMolalai, Clegg
und Currie oerbürgen sich siir diese
Errungenschast.
Die Anwendung des »chrosing',
nachdem man es der Welt gegeben hat«
wird jedenfalls nicht lanfie aus sich
warten lassen. und es wäre sehr zu
wünschen, das-, es ersiille, was es ver
spricht, oder sich wenigstens als wert- —
voll erweise. Wir hätten dann im
Falle des Leprosms dieselbe Entwick
lungsgeschichte, wie bezüglich des Tu
verkulins,des Antitoring siir Diphthei
ritig, des Typhus-Baccins und des
Serums gegen Kinnbaekenkramps Ae
tanus), welche sätmntlich aus Bazillerp
Reinkulturen schließlich gewonnen
wurden und wenigstens nach vorhere
schender Annahme eine neue Epoche in
der Bekämpfung der betreffenden
Krankheiten eingeleitet haben
Man ist lange nicht mehr so er
ichreeti vor der Leprose, wie früher
Mehrer unserer bedeutendsten Sach
verständigen aus diesem Felde erklären
sie siir die »arn wenigsten ansteckende
aller Verleuchungs - Krankheiten«,
während viele andere überhaupt be
streiten, daß sie ansteckend sei. Die
Verseuchung mag durch Speisen —
wahrscheinlich am höusigsten durch ge
trockneten und ungetochten Fisch —· er
splgen, aber sehr selten, wenn liber
haupt. durch Berührung Trosdene
diieste man erleichtert ausath
wenn diese Krankheit besiegt wäre.
« Jn Connecticut baden sie einen Ge
setzt-erschlug eingebracht, der den Dim
den das Bellen verbietet.
hoffentlich protestieren die her-ten
Vieesiißler mit einein energische
Wann-au.
«