Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 04, 1910, Zweiter Theil, Image 16

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    ; Ver Nußbaum-.
Humor-esse von Karl Moral —
Ani dew Ungarischen von
A. Belus.
Eines warmen Sommertages, als
in der Hauptstadt selbst der Schatten
keine Kühle bot und wir uns so sehr
nach der frischen Landlust sehnten, be
schlossen wir, jenes tleiue Obstgiirtchen
zu tausen, welches zwischen den Pester
Bergen lag und um einen annehmba
ren Preis- zu taufen war. Jn der
Mitte des Gartens stand ein kleines
Holzgebäude, errichtet, um als Schutz
gegen Gewitter zu dienen. Es war
nicht größer, als ein großer Regen
schirns, wenn auch darunter ein Tisch
mit zwei Bänken stand, um die Be
quemlichkeit nnd Pracht des Obstqav
rens zu heben.
Die Hitze dauerte damals etwas län
ger, und so begingen wir die Unver
sichtigteit. das Gärtchen zu tausen.
Wir gedachten daselbst die Nachmit
tage und Abende zu verbringen, frische
Lust zu schöpfen, im Grase zu liegen,
uns durch Mücken stechen zu lassen,
unsere eiaeue Ernte einzuheimsen, mit
einem Wort ein Herrenleben u füh
ren. Den Hauptpunkt des arten
bildete ein Titus-baum, und dies ent
schied uns zum Kaufe. Es war eirs
großer, rnächtiger.Baum mit einer
dichten Laulstrone, der uns so bezau
bert hatte. Als der Besitzer sah, daß
der Baum unseren Beifall gesunden,
iiberhäufte er ihn mit Lobpreisunnem
Er sagte, wir könnten seinen einjähri
gen Früchteertrag in 10 Jahren nicht
verzehren, und vom Ertrag dreier
Jahre »tönnten wir·die Kaussurnme
tosen. Uk schwvh es sei ver yettuame
aller Nußbaum, und ein Tischler aäbe
uns dasür ein ehenerdiges Haus in
der Franstorstadt. Endlich erklärte
er, dieser Nußbaum trüae Früchte. so
groß wie ein Gänse-Ei, solche. die
selbst ein Kind ausknacken könne und
die in allen Ansstellungen den Preis
gewönnen. Es schmerze ihn das Herz
beim Gedanken, sich von diesem Nuß
baum trennen zu müssen, doch die
Verhältnisse seien solche, daß er nicht
anders konne. Mit dem Verlauf die
ses Baumes würde sein Leben um 10
Jahre verkürzt. Als wir die erste
Rate bezahlt hatten und als neue Be
sißek im Garten erschienen, fesselte vor
allein der Nußbaum unsere Blicke. Es
war in der That ein herrlicher Baum,
wohl an die drei Stockwerke hoch.
Seine untersten Aeste konnte selbst der
höchstgewachsene Mann nicht erreichen,
und der Stamm war so dick, daß das
Hinausklettern ein Ding der Unmög
lichkeit schien. Wenn wir ihn umgin
gen, ermüdeten wir, und das Ausru
hen darnach war so süß.
Der frühere Besitzer hatte war nicht
die volle Wahrheit gesagt. anders
was die Qualität der Nüsse betrifft:
denn diese waren äußerst klein und so
hart, daß man sie nur mittels eines
» innrers ausbrechen konnte.
EIN W die Früchte auch holzig
fis f Ist nichtgut Bis wir eine Nuß
J , konnte der Schnellzug von
Budapest nack- Wien iommen. Daß
wir das Erträgniß eines Jahres in
10 Jahren nicht verzehren konnten,
das war vvlllonunen wahr.
Der Herbst brach an und man sollte
zum Einheimsen der Früchte schreiten.
Die Bauern, die wir damit betrauten,
erklärten jedoch, es könne nur mittels
Schiffsmasten geschehen, dazu aehöre
aber auch ein entsprechend starker
Mann. Infolgedessen blieb der größte
Theil der Friichte am Baum. Dieser
Umstand verlockte die Buben der Um
gebung, iiber den Zaun zu set-en, hin
auszuiletteru. und um einin Nüsse zu
erbeuten, rissen sie ganze Aeste herab.
Sie Veruriachten so viel Schaden, daß
ich ibnen anflauerte und zwei schreck
lich durchprügelte was wieder zur
Folge hatte. daf-, ich wegen leichter tör
derlicher Verletzung Unannebmlichlei
ten bitte und mich nur durch ein grö
ßeres Geldnpier retten konnte.
Da dachte ich schon nicht mebr voll
Liebe uno Wonne an den Nußbaum,
sondern blickte ihn mit förmlichen Has;
an, da er ja Schuld trug, daß meine
beiden Knaben von ihm herabgestürzt
waren und ich so die Hilfe des Arztes
in Anspruch nehmen mufitr. Der Nich
bar der Zeuge unserer Erbitterung
war, tröstete mich, der Nußbaum sei
« veränderlich wie ein Kind, beuer trüge
et kleine, schlechte, harte Früchte, im
nächsten Jahre könnten aber seine
· f Früchte groß und mit einer papier-dün
Ieu Schale sein.
Seine Provbezeiung traf jedoch nicht
ein, denn im folgenden Jahre waren
die Nüsse womöglich noch kleiner, här
ter Und bnlziger. Jch glaube, derglei
chen Niitse gab es nirgends aui Erden.
. Niemand wollte sie haben, nur den
kTX VII-I waren sie willkommen, die eve
gen einiger Nitsleden ganzen Garten
siedet-traten. Ich erlaubte ihnen zwar,
des san-n Ertrag abzutchlagen nnd
spuch te zu tragen, doch ej scheint,
sic - e wachem nur die gestoh
tue t gut, die fchmt zu erringen
um« Etwas-e feiner Heut.
III-U MI- vas niemand die Nüsse
ZW. versprach ich- give We
. « · " n
Natürlich wuchs nun noch die Er
Lbitteenng in mir, nnd wir wichen dem
Obst-zarten ans. Nüsse wollten wir
gar nicht mehr essen, selbst dann nicht.
wenn sie uns nnd den Preszburger
Kidseln (einer berühmten Mehlspeise
spezialitäy entgegentritt-ten Da wend
te ich mich an einen Tischler, um den
Baum zu vertausen, doch dieser sagte,
das Holz sei sehr dart, nur 20 Gul
den meid, und auch nur dann, wenn
wir ihn selbst aushanen ließen und
ihn von den Aesten reinigtem
Eines Tages klagte ich im Bierbause
mein Leid nnd bat meine Bekannten
um Rath. Ein Ferr. der nahe bei un
serem Tasche sa , trat u mir nnd
flüsterte mir in’3 Ohr: »- chenten Sie
den Ertrag dem Knabenwnisenhause.«
---- Der Gedanke gefiel mir, und flugs
schrieb ich einen Bties an die Direktion
des Waisenbauses. worin ich den Ers
trag eines Nußbaumes dem Institut
schenkte. Der Obstgarten liege da und
da und man möge nur die Nüsse her
abschlagen nnd forttragen.
Den Brief rekonnnandirte ich, doch
trotzdem war ich sebr unruhig. Jch
fürchtete, man würde mein Geschent
zurückweisem oder wenn nicht« mich
tiichtia arti-schelten. daß ich ihnen übel
mitgespielt Es folgten nun schwere
Tage, besonders als mir die Direktion
mittheilte, sie nehme mein Angebot
dankbar an und die armen Waisen
tnaben wiirden siir mich und meine
Familie beten. Jch hielt mich infolge
dessen wenig zu hause aus nnd dem
Obstgarten wich ich in großem Bogen
aus, mn sa nicht mit den Waisenina
ben ausammeneutressem
r Meinem Schicksal konnte ich aber
dennoch nicht entgehen. Eines Tages
trat ein eleganter Herr mit drei Da
men in meine Wohnung. Die Damen
blieben etwas zurück, während der
Herr oortrat und sich riiuipertr. Dann
begann er im Namen des Waisenbau
fes zu sprechen. Er sprach von ewigem
Dante, von meinem edlen Herzen. von
der Wohlthätigkeit im allgemeinen,
von Nüssen, Gottes Segen. vom Him
melreiche, —- biet und da Pausen hal
tend, um den Beifall der Damen laut
werden zu lassen.
So ersnltr ich. die Waisenlnaben
hätten die Niisse herabgeschlaqen und
dieselben seien in sechs Säcken nach
Hause gebracht worden, und so sonn
ten sie während des ganzen Winters
Nußstrudel eisen, was der Knaben
Leibspeise wäre. Da sprach auch ich
von der Pflicht, von Förderung edler
Ziele, von Müssen und qroszer Freude.
Die Deputation aab mir schriftlich ib
ren Dank und ließ mich doch leben.
Diese kleine Scene entging den Jour
nalisten nicht, die mich als einen edlen
Menschenfreund rühmten und alsVor
bild binstellten Jn den Jahrbiichern
des Waisenbouses wurde ich natürlich
ebensalls erwähnt mit dem Ausdruck
innigsten Dankes.
Seitdem lommt der Erträa des
Nußbaumes jedes Jahr dem Waisen
hause zu, und ich nehme einen hervor
ragenden Platz unter den edlen Men
schensreunden ein. Einmal mußte ich
bei den niisseeinheimsenden Waisen
tnaben vorbeigehen, denen ich vor-ar
stellt wurde, die mich auch hoch leben
ließen, doch —- ich sah es wol-l nur
zu gut —- mir verstohlenertveise wil
ihende Blicke zuwarfen. Doch das thut
gar nichts an der Sache. Jch bin doch
ein großer Menschenfreund geworden.
ein Wobltbiiter, wie es deren wobl
kaum ein Dutzend in unserer Stadt
gibt.
Op
Der Paraset als Atethiheamten
Der Bahnhosswirth in Tiegenhos
lWestpreußem besitzt, wie die »Wil
nische Voltszeitung« berichtet, einen
Papagei »Jatob«, der sich vollständig
frei unter fortwährendem Geplauder
und Pfeier in den Warteräumen be
ivegi. Läuft ein Zug in den Bahn
! hos ein, oder rangiert er, so stößt der
yVogel einen geltenden Psiss aug, ähn
slich dem der Dampfpseife der Loto
s motive; eilig stürzen dann die meisten
»Reisenden aus den Warteröurnen aus
Jden Bahnsteig, in der Meinung, der
JZUg wolle abfuhren. Ein höherer
YRegierungsbeamter machte dieserhalb
»Jalob« in sanften Worten Vor
würfe. »Jalob« hörte ruhig zu, und
als der Beschwerdefiihrer geendet,
schrie er zur größten Belustigung des
»Publilums dem humanen Vorgesetz
lten zu; »Schafslopp" und biß ibn
obendrein in den erhobenen Zeigesin
:ger. Täglich um vier Uhr Nachmit
tags-, wenn der Bahnhostswirth Karl
Fehrmann sein Mittagsschläfchen
hält, erhebt der Papagei seine durch
bringende Stimme und ruft: »Kerl
cben, Kassee!«, sunttionirt somit als
lebendige Weckubr. »Jatob«. ber
beute ungefähr 20 Jahre auf dem
Buckel hat. waltet noch in aller Frische
nnd Munterteit seines Amtes als un
berusener und unbesoldeter Aussichte
beaniter der lgl. preußischen Bahnen,
.
, Mitte-up
»Die kleinen Dinge aus der Welt
bereiten met meistens die größten
Schwierigkeiteuk ,
»Stil«-M Gestern Abend z. B.
send »als gleich nein hang, aber das
Schlietselloch konnte ich nicht finden t«
sei-In Meile-.
- sie Frau Hat-like hergek- ask
!
alsähkliQ wieder aus ein
»auch Knie-«- · end i
s Mk zusz e Iet
jZTI
..7
Bei uest Bitlow aus Villa
F Malta.
Seit Mitte Februar haben sitlotW
betanntlich ihren Ruhesih in Rom be
zogen, und Ban Malta hat wieder
deutsche Bewohner. An der Stelle
der ehemaligen Lulullusgiirten aus
der Pineiohiihe, wo seit dem Ende des
15. Jahrhunderts die französischen
Mönche von S. Trinita dei Monti
einen Obstgarten mit einsachem Land
haus besaßen, wo Goethe mit Ange
lila Kaussrnann aus das mächtige Pa
norama der ewigen Stadt hernieder
schaute. wo ein Jahr später die Herzo
gin Amalia von Weimar mit Herder
den römischen Vorsriihling im lusti
gen Kreis deutscher Künstler varlebte,
wo dann Wilhelm v. humboldt die
ersten Wochen seiner römischen Amts
zeit zubrachte und nach ihm König
Ludwig I. von Bayern für sich einen
sorgenfreien Feriensitz und den deuås
schen Künstlern eine heimathliche Zu
slucht schuf. dort ruht nun der vierte
Reichskanzler von den Anstrengungen
der diplomatischen und vol«tischen Ar
beit von mehr als drei Jahrzehnten
aus. Die durch große deutsche Erin
nerungen geweihte Stätte aus italie
nischem Boden hat nun wieder einen
deutschen Herrn und eine aus italie
nischem Blut entstammte, aber durch
’ Wahl und Neigung deutsch gxwordene
, Herrin. So ist der Wunsch endlich in
sErsüllung gegangen,»mit dem Ferti
s nand Gregorovtus seinen Aussatzv uker
iVilla Malta einleitete: »Die Van
sMalta hätte wohl verdient, deutsches
sEigenthum zu bleiben.«'
; Der Umfang und die äußere Ge
) stalt des Besitzthums haben durch den
sFürsten Bülow teine Veränderung er
tsahren5 von außen ist das Bild das
sselbe geblieben wie unter dem vorigen
Besiher, dem Grasen Bobrinsti. der
die Van 1873 von den Erben König
Ludwig’s erworben und zu einem vor
nehmen modernen Palais umgebaut
hatte. Aber im Innern ist seit meh
reren Monaten ohne Rast und Ruh
gearbeitet worden, und der erlesene
Schönheitssmn der Fürstin selber hat
diese Umgestaltung und Neueinrich
tung geleitet, seit sie im November
1909 nach Rom zurückgekehrt war.
Das reiche vornehme Behagen, womit
die weitläufigen Räume ausgestattet
sind, trägt ganz den Stempel des per
sönlichen tünstlerischen Empfindens
der jehigen Herrin, in der prächtigen,
durch zwei Stockwerie hindurchgehen
den Halle und den Bibliothelräumen
des Erdgeschosses wie in den Arbeits
zimmern des Fürsten, den Empfangs
und Musilsalon3, dem Speisesaal und
den Wohnräumen, die den oberen
Stock einnehmen. An Gemälden und
Plastiten aus älterer und neuerer
Zeit, an tunstgewerblichen Pracht
stiicken wie Teppichen, Gobelins, ge
schnitten Plafonds und Möbeln ver
schiedener Länder und Zeiten ist hier
soviel Werthvolles vereinigt, daß man
von einem Museum reden könnte,
wenn nicht durch die harmonische
Stimmung und Heimelichteit jedes
einzelnen Raumes dieser Vergleich
ausgeschlossen wäre. Bülow’s haben
viel Freude an ihrem römischen Besit,
und mit liebenswürdiger herzlichieit
führten sie kürzlich einige deutsche
Gäste durch ihr neues. mit liebevollem
Eifer eingerichtetes deutsches Heim
auf llassischem Boden. König Lud
wig, der hier geflissentlich die größte
Einfachheit und Anspruchslosigteit
hatte walten lassen. würde in der
lünstlerischen Pracht des Bülow’schen
Palais sein römisches Landhaus nicht
wiederertennen: und in diesem Ge
gensatz liegt aber auch mit eindring
licher Beredfamteit ein bedeutsames
Stück deutscher Geschichte der leyten
50 Jahre ausgedrückt historisch mu
het überdies so vieles in dem Wohn
itz eines Mannes an, der wie der
Fürst ein volles Menschenalter hin
durch an der Zeitgeschichte selbstschas
send mitgewirkt hat. Neben einer
Fülle von Ehrengeschenten und Erin
nerungsgahen aus seiner staatsmän
nischen Thätigeit, die in den verschie
denen Arbeizjs und Bibliotheträumen
zusammengetellt sind. finden wir
u. a. die lebensgroßen Oelhildnifse der
Dreibundfiirsten, des Kaiser von Oe
iierreich, der Könige humbert und
Viktor Emanuel von Italien und
mehrere Portröts Kaiser Wilhelm-s
und Dämmer-. Eine arosze Photo
graphie des Berliner Kongreßbildes
von A. v. Wer-irr und Schaper’t
Bilße von Qiiloth Vater erinnern an
dessen Thätigteit in der auswärtigen
Politik während der Vieren-raschen
Bera. Jntirnere Zenng der Be
ziehungen zu hervorragenden Persön
lichkeiten der letzten Jahrzehnte find
u. a. das von der verstorbenen Kaise
rin Friedrich gemalte Bildnisz der
Bülotv in jungen Jahren, eine wohl
gelungene Aauarellenansicht der Tri
nita dei Monti von dem Hosmarschall
v. Seckendorss und mehrere treffliche
Lenbach’sche Porträts, darunter das
Jedensgroße der Fürstin am Klavier.
Der Zufall hat es gesiigt, dasz unter
dem tiinstlerischen Schmuck der Van
Malta auch in der Zeit des Grasen
Bobrinsli ein deutsches Erinnerungs
stiick aus diesen deutschen Boden ver
pflanzt worden ist, nämlich der mäch
tige Marmorlamin in der großen
Halle, der aus dem Palazzo Altempz
stammt und Namen und Bildnisz ei
nes Kardinals aus der deutschen, nach
Rom übergesiedelten Adelssamilie
Hohenems (Alta Eins-O trägt. Aus
!Bodtindti’s Einrichtung sind noch ver
sschiedene schöne geschnitzte Holzdeeten
»und der sarbensatte vetonesische Figu
rensries im großen Salon des oberen
IStoas übernommen; ganz neu dage
»gen ist der Speisesaal ausgestattet,
der vordem sehr düster war, sent
durchaus licht und freundlich gehalten
»und mit einem herrlichen, in Bologna’
gefundenen geschninten IHolzplasond
neu geschmückt ist.
Nachdem mir hier in lleinen Kreisel
unter belebter Unterhaltung gespeist;
hatten, wanderten wir, von den lie-s
benswiirdigen Gastgebern .geleitet,i
durch die übrigen Raume des schönenl
Besitzthumä bis aus die plattenj
Dächer und in die Spitze des Thur
mes« der noch aus antilen Grund-»
mauern ruht. in seinem Kern aus dem
Mittelalter stammt und schon aus rö-»
mischen Stadtvlänen des 16. Jahr
hunderts die Lage der Van Malta
kenntlich machi. Von hier genossen
wir an dein sonnigen Frühlingsnach
mittag die Prachtrundschau über Rom.
und die Campagna. an der sich ehedemI
König Ludwig so erfreut hat« daß erl
sie durch seinen Malersreund Rein-l
hart in vier Gemälden nach den Him-’
melsrichtungen ausnehmen und in ei:"
nes seiner bavtischen Schlösser brin-i
gen liesz. Die großen Linien dieses
weiten Landschastspanorarnas sind
dieselben geblieben in ihrer under-f
gänglichen Schönheit, nur die nächste?
Umgebung zeigt ein anderes Gesicht«
denn die ewige Stadt ist in den leyten
Jahrzehnten ungeheuer gewachsenF
und ihr helles Höusermeer hat viel
von dem dunteln Grün der thressen,;
Pinien und Steineichen verschlungen,
die einst den poetischen Zauber römi-«
scher Villen bildeten. · Auch Billa Lu
dovisi. die mit ihrem Lorbeer und
’Eichenschatten dem Garten König
Ladung-, benachbart war, ist der un-«
ersättlichen Stadterweiterung zum
Opfer gesallen, aber unversehrt brei
ten fich nach Norden an Butsu-'- Be
siythum angrenzend noch die grünen
Wogen der Van Medici und Van
Borgbese aus, von den Resten der
Aurelianischen Mauer malerisch un
terbrochen. und darüber grüßt vom
gotizont her der zaetige Umriß des
oratte. Und obgleich die neue Stadt
ringsum vorgeschritten ist und sich
ixrangedriingt hat, sind doch in näch
ster Nähe noch viele Dentmiiler deut
schen Lebens vergangener Jahrhun
derte erhalten. Gerade unter uns in
der Häuserreihe der Via Sistina
schauen wir aus den Palazzo Suec-tri
hery, worin Windelmann die ersten
Monate seiner römischen Zeit als
Mansardenmiether verlebt hat« aus
Haus und den Rest des Gartens, wo
Rassael Mengs und später Angelika
Kaussmann wohnten und Goethe als
verehrter Gast ein- und ausging. Jm
Bülotv’schen Garten selber wiegen
noch ihre Kronen die beiden ehrwürdi
gen Palmen, deren eine von Goethe,
»die andere von König Ludwig ge
spslanzt worden, und im Schatten dek
imit Goldstück-ten beladenen Orangen
biiume vlätschert noch die lleine Fon
Eine, über die zu Zeiten des Weima
rer lßzoshalts die jungen Künstlergäste
der herzogin Amalie ihre ausgelasse
nen Springversuche anstellten, wobei
der Kammerherr v. Einsiedelzin un
sreiwilligei Bad nahm. Noch schaut
man aus dem Garten iiber Via Si
siina hinüber aus die Stelle, wo
Thortvaldsen trn Buti’schen hause
jwobnte und ost über die schmale
:
V
Die Als Pli- is III
Herr Cnuf der Staatstiemkztsicssike zu einem Womit-IN »Sagen Sie. ich
wollte eine Auskunft einholen -- hoben Sie die Klauenseuche?«
Beamter (müktiich): »Nein, ich have die Maulspccke, die Mauer-leucht bat
der Herr da drüben am Pult! l"
lStraße weg sich mit seinem könig
lichen Freunde Ludwig unterhielt;
Casa Buti ist zwar durch einen Neu
bau verdrängt, aber die diesseittge
Straßenseite ist gerade an dieser
Stelle noch unverändert in ihrem at
terthiimlichen Gewand. Und in Via
Porta Pinciana, hart unter dem Gar
ten der Villa Malta, steht noch das
haus, worin Goethe’s Sohn in
Friedrich Preller’s Armen ver
schied, gegenüber erhebt sich alter-s
grau der schlichte Palazzo Guarnieri.
den sich der Erbauer des Oltogons
und der Wasserkünste der Wilhelms
höhe um 1710 als Ruhesitz erbaut hat
und der in der Folge einer zahllosen
Schaar von deutschen und anderen
fremden Künstlern als Behausung
und Werkstatt diente. Daean an
grenzend nach Osten. gerade unter den
Fenstern der Biilotv’schen Schlamm
mer, breitet sich, noch unberührt von
dem Wandel der Neuzeit, der stille
Klostergarten von S. Jsidoro aus« ein
.Ueberbleibset der romantischen Zeit,
die weltserne Stätte, wo vor hundert
Jahren die Nazarener ihre fromme
Kunst zu üben begannen. Von hohen
eieuberoachsenen Mauern umschlossen,
liegt im vollen Sonnenschein der Gar
ten der Billa Malta heute wie ein
stiller Poetenwintel iiber dem Lärm
der Großstadt. so recht geschaffen, um
darin auszuruhen von einem thiitigen
Leben und mit den Schatten der deut
schen Vergangenheit Zwiesvrache zu
halten, die aus den Mauern der
Nachbarschaft emporsteigen Mit dem
Wunsche, daß der Fiirst und seine Ge
mahlin noch recht viel Freude an dem
schönen traulichen Besite erleben misch
ten, nahmen wir Abschied und dachten
bei uns. als tote in den Fußstavlen
König Ludwia’s den Berg hinabgin
nen: Wenn Fiirst Bitte-w nichts an
deres gethan hätte, als diese theure
Stätte wieder dem Deutichtbum iu
riickrueroberm so biitte er schon den
warmen Dant der Nachwelt verdient.
genauem-r- j
Jm Jahre 870, also genau tausend
JJahre var dem letzten deutsch:sranzö-«
ssrschen Krieg, erschien Ludwig derj
s Deutsche an der Spitze seiner deutschen.
Iheere in Frankreich und zwar gleich«
anfangs mit einem so großen Ersalge,’
daß Karl der Kohle, der Beherrschers
Frankreichs, den Frieden anbot. Jnj
demselben Jahr (870) kam es zu der«
Uebereintunst von Mersen, nach wel
cher Karl der lsiahle an Ludwig den
Deutschen den östlichen Theil der ge
wonnenen Länder abtreten mußte.
wodurch das ganze heutige (t?lsasi, das
östliche Lothringen und die Gebiete
von Trier. Aachen, Köln, Mastricht
und Utrecht bis zur Rheinmiindung
hin zu Deutschland lamen. Wir hat
ten also im Jahre 870, d. h. genau
tausend Jahre früher. ganz das, wag
wir im Jahre 1870 hatten: einen
Krieg zwischen Frankreich und
Deutschland, hervorgerusen durch die
Ländergier des Bederrschers Frank
reichs, geführt in der denkbar kürze-·
sten Zeit mit dem günstigsten Erfolge
für die Deutschen unter ihrem ersten
Kaiser und damals endend mit dem
Ansall des Elsasr und Lothrinaens an
Deutschland wodurch dieses seine na
tionalpolitische Westarenze erhielt
Giebt es wobl ein ähnlich-fes Zusallss
spiel in der Weltgeschichte?
Ost ansteckende petspteh
Jrn Tagebuchseines «heimgartenö«
erzählt Peter Rosegger: Von einem
Dorsschulmeistee erzählte man mir,
der kein Kunstsreund war. Jrn gan
zen Schulhause kein Bildwert, mit
Ausnahme einer großen, alten Photo
graphie, die er bei einem Trödler er
standen. Sie stellte die Engeliköpse
der Sixtinischen Madonna dar, jene
ausmärtischauenden Englein, die mit
den Armen ihre Pan-hacken sttihetn
Dieses Bild hat der Lehrer tm Schul
zirnrner ausgehiingt, damit — tote er
sich entschuldigend sagte —- die Kinder
sehen sollen, wie garstig ein solches
Stchauslsimmeln mit den Armen sei«
—- Und da sage man noch einmal, dale
die Kunst sich nicht pädagogtsch ver
werthen lasset
i
Fuss-ing« (erbost): .- iese ver-I
fluchten Automobillert Den ganzen
makes-trag in ihrem Staub und
» txt umlausen -—- ich kauf« mir
doch-auch noch einst« « «
Il-. .« , » «
Die Kindestiehe set den thaten-.
Ueber das Verhältniss der Kinder
zii den Eltern bei den Chinesen erzählt
J. Hoogers in der Reviie »Anthropoc«
interessante Detailg. Die Liebe zu den
Eltern ist das höchste Gebot der chine
itschen Moralifieii. Doch wird dieses
Gebot so weit gefaßt, daß es alles uni
spannt, was als gut und recht gilt.
Jin Namen der Liebe zu den Eltern
ioird jede erdenlliche Tugend verlangt.
Ein Schüler des KoniiijiuL Meng
meint geradezu, jedes Laster sei ein
Mangel an Clternliebr. Ja der That,
ob man ein schlechter Beamter, ein
treuloser Freund, ein feiger Soldat
ist, immer lränit man damit die El
tern iind ------ verstiißt so aeaen das
hochste Gebot der chinesischen Ethik.
»Ein auter Sohn« das ist der höch
ste Ehrentitei. den nian in China
lenni: und selbst die Kaiser fiiaten
viele Generationen hindurch ihren Na
men das Veinsort »hsiao", d. h. »aiiter
Sohn« hinzu. Diese Hochschätzung
der Eltern wird nun aber in einem
sehr sonderbaren Maße iibertrieben.
Die tindiiche Liebe verlangt. das-, man
bei Lebzeiten der Eltern sich nicht zu
weit von ibnen entferne nnd vor allein
nicht an einen Ort gehe, der jenen nicht
belannt ist. So haben die Missionäre
die grösste Mühe. den Chinesen Christi
ersten Besuch im Tempel begreiflich zu
machen. Denk-. diese empfinden es als
Verstosz qeaen die gute Sitte, daß
Jesus als zwölfjähriger Knabe ohne
sWissen seiner Eltern den Temoel auf
suchte. Noch iisehr beleidiat fühlen sie
sich durch das Bibelwort:-,,Der Mann
wird Vater und Mutter verlassen iind
«seinern Weibe anhänaen«; denn nach
chinesischtt Rangordnung haben die
Elte n, ia sogar die Brüder, mehr
Re te aui Liebe, als die Gattin. Die
heiligen Bücher der Ehinesen llagen
darüber, das-. dieses Gebot so oft ver
letzt werde. »Wenn du dein Weib ver
lierst, kannst du ja eine andere heira
then«, sagen sie. Das Weib ist nicht
blutsvertoandt, und die Blutsvers
ivandtschft, d. h. die Abstammung von
demselben Elternpaar, aeht dein Chi
nesen iiber alles. Die Pflicht. für den
«eigenen Körper, siir seine Gesundheit
zu sorgen, wird daraus abgeleitet. daß
der Leib seine Substanz von den El
tern her bat. Wer seinen Körper ver
nachldssikit oder schädiqt, verleht damit
iden der Eltern. Daher die unglaub
"liche Vorsicht und -- c’fei»«iheit des
·Cbinesen. Nie würde er einen hohen
sBera besieiaen, nie sich einem Abgrund
nähern. Geradezu als Prosanation
und Verächtlichung der Eltern wiirde
man es betrachten, wenn man eine
Oberst-on oder Amvutation an sich
iollzieben lassen müßte. Als der weise
Tsena tsen leaiil war, rief er seine
Schüler und sagte ihren: »Enthiillt
meine Hätt-e und Fuße!"
Nachdem er sich betrachtet unne, rier
er aus-: »So bin irh also sicher, der
Gefahr seiner Operation) entgangen
zu sein« und tann ruhia sterben-«
Sprache und hauchte seine Seele aus
Die meisten Fehler der Chinesen
sind nichts als Uebertreibunqen dieser
einen Tugend. Die Ehrfurcht vor den
Eltern entschuldigt alles: Feiaheit,
Flucht ver dem Feinde, Arbeits-Mem
Daneben lomnien die qtiten Folgen
weniger in Betracht. Dazu tiihtt sicher
das aroste ·itewicht, welches die Eltern
aus die Verheiraihung der Kinder ie
aen. Keine Nachkommen tu hinterlas
sen, ist eines der drei größten Vertre
chen aeaen die Eltern. Daher die ra
tside Vermehrung der Chinesen und ihr
Haß gegen jede Art des Zölibttes.
mliiine hou« (der Mensch obne Erben)
ist ein Schimpsnamr. Sterben die
Eltern, so dauert die Trauern-it drei
Jahre. Diese Frist ist deshalb so
lange, weil die ersten drei Lebensiabre
des Kindes den Eltern auch die aröszte
Mühe machen. Diese lanae Trauerreit
brinat bedeutend Störunaen im gesell
schastlichen Leben rnit sich. Denn nicht
nur das; der Trauernde oft seine Woh
nung verliiszt und sich in eine Hüte,
»leang nan« genannt, zuriiazieht —-- er
entsagt auch während dreier Jahre lei
ner bürgerlichen Beschäftigung. Man
kann sich denten, wie Verwirrung stiss
tend eine iolche Sitte wirlen muß, zu
mal bei den hohen Beamten. Zwar
tonn der Kaiser seine Beamten von
diesen strengen Bestimmungen be
steien, allein es ist schon häutig vorge
kommen, dass die Chronilen solche
Kaiser iteenge getadett haben, welche
sitzt-häutig die Staatsraison til-er die
Ehrfurcht gegen die Ahnen gestellt
:DM - wes-·- -—«s »s- »
Jus -
,..