Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 04, 1910, Zweiter Theil, Image 13
c Vie Bewilng Novellette oon Auguste Groner. Fast weinte Anna sich die Augen aus, als ihr Vater starb « und sie war um seinetwillen doch gezeichnet dar den Augen der Menschen« hatte sie doch von ihm die hiisz iche Gestalt geerbt, wenn ihr Rücken auch nicht ganz so unsörmlich gekrümmt war, wie der seine. Dasiir aber hatte er sie geliebt. so glühend und zärtlich, toie nur ein Vater sein Kind lieben kann. Und sie hatte neben dem häß-« lichen Rücken doch auch andere Dinges von ihm geerbt: sein warmes, sein-« siiblendes Herz, seinen klugen undi lebhaften - ist und dau von der; längst» verstorbenen utter zweis schöne, ratdselvolle Augen und ein? weißes, zartes Gesicht voll süßers Sanstmuth und überleuchtet bon« einem unnennbaren Liebreiz. ! Nun stand sie allein. Wohl wars sie durch das lleine Vermögen, dasstl der Vater ibr binterlassen hatte, al ler Soran enthoben, aber ihr Herz war arm und so schätzte sie sich glück lich-als der Onkel Hosratb kam, um sie zu sich in sein Haus zu boten. Jn der innigen Freude iiber die derwandtschaitliche Wärme, die er ihr entgeaenbrachte, hatte sie den er schrockenen Blick gar nicht bemerkt, der aus seinen Augen ihr reizendeö Gesichtchen tras, und nicht bemertt, daß dieser Blick wieder ruhig wurde, als er iiber ihren verlriippelten Kör per niedern-anderte. Ach nein! Anna war keine Gesal,r siir seine Töchter, dieses absonderliche Geschöpf. das vom Halse aufwärts einer lieblichen Fee abwärts einem Kobold glich. Als Anna einige Wochen unter ityren Verwandten gelebt hatte, er losch in ihr das Gefühl. das sie siir Hochachtung gehalten und das im Grunde nur Scheu war. Scheu vor dem Glanz in diesem Hause und Scheu vor seinen eigenartigen Be wohnen-t Die vornehme Tante, deren feines Benehmen nur so lange dorhielt, wie sie Bewunderer dafür hatte, war we der Mutter-, noch Gattin, noch Haus frau in dem Sinne, wie Anna sich alle diese höchsten Würden eines Weibes dachte; nicht die Vertraute und Beratberin ihrer Töchter, nicht die Theilnebmerin der Leiden unt keuden ihres Gatten, nicht die um ichtiae, vilichttreue Lenieein ihres Haushaltes. Was war sie aber dann? Eine Frau, wie viele. Eine Frau. welche die eine Hälfte ihrer Zeit da mit hinbrachte. zu studiren, wie sie die andere hälste aus möglichst an genehme Art todtschlagen tönne eine Frau nach der Mode. Und wie die Mutter. so waren auch die Töch ter. Dabei fehlte den Frauen die-· ser Familie der Kopf, urn die geisti gen Nichttgleiten ihres Lebens we nigstens mit scheinbarem Geiste zu inscenieen. Um aber doeb zu fein wie die anderen, lebten sie also nach der Schablone und thaten, was be währte Muster gethan. Das a macht viel weniger Spaß als Mitbe. Daher lain es. daß das bißchen gute Laune der drei Damen Null für Null au ina im Trot des müh lamen odelebens und daß sie siik ihr Daheim, siir das Leben in der hiiuslielkteih nur Langweile und Verdrossenheit eriibrigten. An Arbeit dachte man in diesem glänzenden Haufe nicht.; Pflichten schien eg- da nicht zu geben. Niemand forderte, niemand erwartete etwas von dem anderen. Anna, die stets an Thätigleit ge wöhnt war, begann sich bald unbe hagtich zu stählen in diesem Trubel ewig geschaftigen Nichtothuns. Mit rerletzendent Staunen schaute die Hosriithin an der Gestalt des Mäd chens nieder, als Anna sie nm die Erlaubniß bat, in der Wirthschast mithelfen zu dürfen. »Ich habe nicht-v daaegem wenn dn eine Magd werden willst«, sagte sie und las verdrieleicb in dem Romane weiter, von dem sie in der bevorstehenden Abenaesell schast reden wollte. Anna eilte sroh aus dem von ei neni betäubenden Purfiini ersiillter Bande-in darin die Eitelkeit wachtc und die Langeweile brütetr. Sie wollte helfen, wo es eben noth thäte. Nun, es tbat überall noth. Die Dienstleitte selber waren froh, sich endlich unter einer Führung zu w sen. Gerne gehorchten sie Anni1’s Anordnungen, welche Bitten schienen und Veseble waren, denen sich nie-— mand wir-ersehen konnte. Unvermertt tam ein anderer, bes serer Zug nnd Ton in das Haus, wenigstens in dessen unteren Regio nen. Und Anna siihlte sich glücklich Und znsrieden in dem Bewußt sein, daß nun ihr Leben einen Zweck hatte und dass sie aus einem Platze stand, den sie ganz aussiilltr. Gerne ließ sie es sich gesallen, das; sie an den Empsanacabenden der Tante die Folie ihrer Cousinen abgeben mußte nnd das Aushiingeschild siir den Edel muth ihrer Verwandten Auch that es ihr schoa lange nicht mehr weh, wenn ·sie einem unbewachten Blick begegnete. her ihrem armen Rücken galt, und längst nicht mehr wohl, wenn sich ih rem schönen Gesichte ein anderes be wundernd entgegenneigte; wußte sie ja doch, das-. sede Bewunderung, die rast-I ihr sollte, st in Bedauern ver Tor und daß jedes streicheln-seh das cis-n she zuslttseeete, tn etnern lauten oder-stillen Seuszer vertlang. — i Sie wußte auch. warum die Tante Iden Schleier von der Lampe des Theetiiches nahm, hinter welchem sie ihres Amtes waltete. Er tte eben »nur so viel Licht durchgela en, um iihr schönes Gesicht zu beleuchten; bis zu ihrer mißgebildeten Gestalt war das Licht nicht gedrungen und eben diese ninfite der Schwärmerei eini er junger Herren Einhalt thun, die sich noch allzuwenig mit Eleonore und Rita beschäftigten. Anna war sich völlig tlar über ihre Lage nnd über die Wirkung ihrer Person. Wohl stimmte es sie zuweilen traurig dasz sie nicht war wie andere junge Mädchen, daß man sich ihr mit einer Zartheit näherte. die an Mitleid gemahnte. Und an Eines dachte sie ost: ob ihr de« schönste Gewinn des Menschenlebens-. die Liebe, versagt bleiben ·würde für immer. Sie ahnte, daß jedes Menschenherz sich einmal der Liebe öffnen müsse -- aber iie ahnte auch. daß ihr die» Liebe nur Web und Schmerzen brin gen könnte. So begann sie sich vor der Liebe zu fürchten —-« während ihr dieselbe doch schon zu tief im Herzen teirnte. Ein immer häufiger erscheinender Gast im Hause ihres Ontels war ein junger Musiker, eine reich veranlagte K:instlernatur. ein tüchtig schaffender Kopf, einer, den nicht alle verstanden» welche die Musil nur mit den Ohren hören. Wenigstens war es sicher, daß ihn iin hosröthlichen Hause nur eine» retsiand -- die schöne Buckligr. Bevor jedoch einer seiner Gedanken in Tönen vor ihr ausgetlungen war, bevor er von ihr, die selber bedeutende musikalische Begabung besas-» als Knstier gewürdigt wurde, hatte er als Mensch sich ihre ganze Seele zu eigen genommen Zwar oerrieth sie ihm durch keinen Blick, durch keinen Zug ihres Gesichies ihr heimliches Empfinden, das ein mitleidiger Blich ein srkttisches Lächeln zur unerträg lichen Pein siir sie gemacht hätte, während es, gut verborgen, immerhin ihrem Herzen wie eine Art ver schwiegenenXGliiaes erschien . . . . Dann war es an einem Sommer abend. Jin Hause wurde musiziri. Rikaå tlingende Soprantöne suntelten wie silberne Lichter aus dem dnntlen Alt Eleonorens. Es war ein ergreifendeg Lied. das die Schwestern sangen die Klage um eine Blume, die der Sturm gebrochen. Sie sangen es zum ersten Male und der junge Komponist welcher das Lied in Wort und Melo die geschaffen, begleitete sie. Anna erhob sich leise und ging in den Garten hinaus. Ihr Herz hatte gar zu hörbar gepocht und wider Willen waren ihr die Thränen ge kommen. Das Lied that ihr weh - wie in letzter Zeit alles, was von ihm kam, die Sprache seian Mundes und seiner Augen wie die Sprache seiner Kunst. Sie für-biete etwas Unbestimmteg. Das machte sie neroös. Und auch jetzt erschrickt sie, als hinter ihr unter raschen Tritten der seine Kies er knirfcht. IZie wendet sich und er steht vor ihr, an den sie denkt in Tagen nnd Nächten. Leise hat er ihren Namen gerusen. Sie lächelt - ei- ist ein so höfliches Lächeln sast scheint es, als möchte sie damit ein( Schranke zwischen sich und der Ab sicht errichten, die sie aus seinen be wegten Zügen liest. »War wein Lied denn gar so schlecht -- daß Sie davonlausen mußten?« Da scheittelte sie erschrocken den Kopf. »So bin ich es selbst dem Sie ans weichen. Weshalb thun Sie das, Anna? Willen Sie denn nicht, das-, ich Sie lieb habe?«' Er sagte das mit so weicher, sanf ter Stimme nnd beugte dabei mit so innigem Blick sein Gesicht iiber das ihre Diesen Blick hat sie in ihren Träumen gesehen, in ihnen diesen Ton seiner Stimme gehört! Da ist es alio nun, das Süßeste und Bit terste in ihrem Leben! Da ist sie, die Versuchung, die ihr das Herz um schmeichelt und der sie dennoch nie mals folgen will niemals! Jhr Kops ist tiihl und gesund geblieben über ihrem heißen, wunden Herzen. Der da in schöner Jugendlichleit vor ihr steht, das ist der letzte, an den sie ihr armseliaes Persönchen leiten möch te. ilnd nsiihrend sie ihm, in ihre bit teren leidoollen Gedanken versunken, regungslos in die-Augen starrt, spricht er göttliche Liebesworte zu ihr. Sie hört mit diirstender Seele zu, sie wird ja durch ihr ganzes serneres Leben von dieser Stunde zehren. Dabei aber dentt sie auch an Jean Pauls Ausspruch: »Das Weib liebt in einem fort, der Mann hat dazwischen zu thun·« Die ses vieldeutige »daztvischen zu thun ha ben« schwebt ihr unablässig vor Au gen. Was kommen mußte, unabänder lich kommen, wenn sie der Versuchung in dieser Stunde erliegen wiTrde nein, das lonnte sie nicht ertragen. Jhr Rü.len hat nichts mit ihrem Herzen zm schaffen, sie möchte geliebt sein« wie irgend ein tannenschlantes Weib —- oder lieber einsam bleiben, anstatt zwei Menschen elend machen ihn und sich Da athmet sie aus und streift sis mit ihrer Hund« die sle aus der seiner gewunden, das haar aus der Stip Und mit ruhiger Stimme sagt« sie: »Sie täuschen sieh über Jhr eigenes Eint-finden und iiber das meine. Jm Bewußtsein meiner Gebrechen wußtes ich die Liebe stets sern von mir zu· hatten. Und wenn es nicht so wäre. so wiirde mir eine mitleidige Freund schaft nicht genügen — denn etwas anderes empfinden Sie nicht für mich Und nun lassen Sie uns in das Hau-. i gehen, ich habe zu thun.« 4 , Sie reichte ihm die Hand mit einem warmen, lieben Blicke. Verwirrt und Ischweiqend steht er -— und läßt sie Lan sich voriibergehen Bei der Abendtaiel lobt der Hof rath die köstliche Mayvnnaise, welche xAnna soeben ihrem stillen Gegenüber, Ideni jungen Komponisten, reicht. ; Habe ich Fabrizirt. Onlell" lächelte sie init dein heiteren, kusriedenen sStolze einer gelebten Köchin. ’ Sinnend blickt der junge Mann ihr »in die glänzenden Angen. Fa er lniusz sich getäuscht haben, o lächelt nmn nur, wenn das Herz ruhig ist ganz ruhig. » Heute verabschiedet er sich seither als sonst. Gleich nach ihm entfernt sich Anna. Sie hat zu thun. Niemand staat nach ibr und nach beni, was sie abruft. lind so weise es auch nie niand, das-, sie in ihrem sinsteren Zimmer var dem Lager in die Knie bricht und unter bitterlichem Schluch zen das Gesicht in beide Hände drückt Der gelehrte ceutnant Novellette von A. v o n d e k P a u r a. Nein, Langen, nein, aus Jhnen wird nie ein Soldat werden. Trotz Jhrer genauen Bekanntschaft mit al len germanischen Gottheiten werden Sie es bei uns- nie zu etwas bringen; wenn Sie Dienst thun sollen, denken Sie an Wotan, diesen vertoünschten alten Kerl. und da kommt natürlich nichts Gescheites heraus. Na bin begierig, was Sie morgen wieder sür Dummheiten machen werden« So ein Manöver ist der Priiistein für einen Soldaten, da kann Einer Geistesge genwart und Schneidigkeit zeigen! Sie freilich, Sie gelehrter Herr, ha ben davon nicht viel auszuweisen ttreuszombenl Wenn ich nur keine Doktoren in Unisorm unter mir hätte!« Oberst A. that noch einen stillen Fluch und ritt an der Front weiter. Reserveleutnant Doktor Egon Lan gen kaute an seinen Lippen. Ei ja, es war hart, als alter Couleurstudent sich deelei sagen lassen zu müssen — aber ini Grunde hatte der Oberst Recht. Dasz das morgige Manöoer, das in einer ihm völlig unbekannten Gegend abgehalten werden sollte, seinen krie gerischen Ruhm wohl kaum befestigen würde, davon war Lungen schon jetzt überzeugt. So kehrte er denn recht mißvergnügt in die Kaserne zurück wr- ihn jedoch ein Brief erwartete, der ihn weit über die Miseren der Gegen wart erhob. Ein großer deutscher Verlag hatte sein Werk ,,Nordland«3 Götter« unter schineichelhasten Bedingungen ange-« nommen. Arn nächsten Morgen sehen wir den jungen Husarenleutnant hoch zu Rosse, die weiße Binde über der Kappe vor dem Häuflein Soldaten herziehen, das ihrn zugetheilt worden. Den Plan der Gegend in der Hand, kritzelte er auf dessen Rückseite ein recht gelunge nes Sonett, indeß sein Röszlein durch den Hohlweg trabte, der sich vor der kleinen Reiterschaar ausgethan. Lan gen war in denkbar bester Stimmung Sein Korporal störte ihn darin. »Mit Verlaub, herr Leutnant, das kann der rechte Weg nicht sein; du achte ja immer hinunter und wir sollten doch irgendwo hinauskoininen auf die Höhe, wo die Kapelle steht.« Langen hielt seinen Rothsuchs an. »Hei- Gott! ja, wir sollten aus einen Hiiael tommen, aber es giebt ja hier leinen! Nu einerlei, die Hauvtrichs tung haben wir doch einaehaltem wenn es nur nicht so viele hohe Bäu ine hier gäbe: oder wenn tvir wenig siens jemand Ortstundigen beaegnetenk Zum Kuckuck! Jn einer Viertelstunde sollen wir dort sein« sonst besehen die Geaner unsere Kapelle!« »Wenn das noch lange so soriaeht habe ich mich wieder einmal blamirt«, tnnrmelte Lanaen in seinen hübschen blonden Bart hinein. Da machte sein Pferd einen Satz. Es hatte sich vor dein Weißen gescheut, das plötzlich ans Wearande austauchte. Dieses Weis-, war ein dustiaeg Sommerkleid, dari« eine hiibsche, junge Dame, verwirrt mitten aus dem Wege stehen blieb Lanaen hatte den Fuchs zurückqeris sen nnd griff. salutirend, an dic Kande. trinen Augenblick tämvften die Artialeit und die Noth in ihm, dams saate er. von dieser überwunden: »Gnädiae-5 Fräulein, verzeihen Zie, wie komme ich am raschesten zur Fia velle, die jenseits dieser Gärten lieat2« Die junge Dame war ertöthet aber verwirrt war sie nicht mehr, sonst hät ten ihre Augen nicht so schelmisch ge blitzt. »Ich habe es mit einem Feinde zu thun·', sagte sie heiter, auf den weißen Mii enstreisen des Fragers schauend. » lber gleichviel. Sie spi len zur rechten Zeit bei der Kapelle fein. Folgen Sie mir« Sie trat zurück, lies: das Parlvförtchcm aus vem sie getreten war, osfen und Leib-ritt rasch aus dem Kiesweae da n. Lanaen war vom Pferde gesprun gen das er am Zügel sührte und — blieb dicht an der Seite seiner Füh rerin. Jhr hübsches Profil ftudirend be gann er: »Sie sind ein Engel, gnä diges Fräulein, aber auch Engel ha den Namen, gleich uns Sterblichen. Jch heiße zum Beispiel Langen Egon Lungen, bin Doktor der Philo sophie und nebstbei Leutnant der Reserve. Dies aber nicht gerne. denn lieber als mit Kriegsdienst irn Frieden gebe ich mich rnit holden Sagenwesen ak, mit jenen Himmlischem deren eine auch Sie sind, welche bedrängten Ir tiichen in Stunden der Noth erschei nen, um ihnen hilfe zu spenden. Wie nennt der Gerettete Sie, wenn er Ih rer später in Dankbarkeit gedenkt?« Rasch, fröhlich, übermüthig Und jedenfalls sehr warmen Toneg batte Lungen geredet. Da sah das Mäd chen freundlich zu ihm aus und sprach leise: »de heiße Marie —-« wie so diele." ’ »Und sind doch einzig in Jhrers Art.« i »Und dieser Weg ist der einzige,s welcher von hier in der lürzesten Zeit zur Kapelle sührt«, unterbrach ihn die junge Dame, zeigte aus eine Allee, machte eine lleine Verbeugung und verschwand in dem dichten Poe-lett Langen konnte eben noch grüßen. beitieg dann sein Pferd und ritt eine Minute später mit seinen Leuten aus dem Thore· Ganze nahe vor ihm stand die Ka pelle aus einer allerdings sehr be scheidenen Anhöhe, die man wohl nur in dieser sanft gewellten Land schaft einen Hügel nennen konnte. Warum lachte der Herr Leutnant plötzlich ilaur aus? Er hatte, aus dem Thore reitend, einen Blick aus das weiße Täsetchen gethan, welches sich an dem einen Flügel besand und den Namen des Eigenthümers dieses Grundstijckecs gelesen. Auch der Kor poral und die übrige Mannschast schmunxeltem als sie das Täselchen beauaenscheinigt hatten - dann gingcss in Eile aus das Ziel los und bald war die Kapelle im Besitz des »Feindes«. Nachdem der erste Coup gelungen war, gelang auch alles Nachsolgende. Langen war wie ausgewechselt Was immer silr Angriise aus den von ihm oltupirten Punkt begonnen wurden, er schlug sie zurück, er war nicht aus der Stellung zu bringen, ja. er wußt-. auch noch eine wunderschöne alte Eiche zu vertheidigen, aus welche es die Geg ner abgesehen hatten und die« etwa hundert Schritte von der Kapelle ent lernt, einen noch weit besseren Aus bliel aus die hübsche Villa gewährte. die drüben am Straßenrande lag, an deren hohem Gitterthor ein weißes Täselchen blinlte und an derenThurm senster zuweilen eine weißgetleidetc Genau ekschikm vekm hübsch-e- ask-s sichtchen der tapsere Leutnant mit sei:’ nem Fetdstecher sehr gut zu erkennen vermochte. Arn nächsten Abend gab es ein Osiiierslränzchen, bei welchem sich Laugen den Damen des Obersten in aller Form vorstellen ließ. Der Oberst lelbst besorgte das-, denn er hielt seit gestern etwas von seinem ,,l-immlischen« Reserveleutnant, wie er Laugen zu nennen liebte. Bei sel diger Vorstellung machte er die Be merkung, dasz sein Töchterlein nicht so gleichmijthig aussah als sonst und daß Lanqen in Damengesellschast teineswegg zerstreut sei. »Es ist gerade, als ob ihr Euch schon ganz gut tennen würdet«, sagte er, da sich vie Beiden mit ganz selt iam vertraulichen Lächeln vor ein« ander verneigten. Marie schwieg na türlich oder es redeten doch nur ihre Wangen, die sich in eine allerliebste Gluth tauchten; Lanaen aber redete, und zwar sehr deutlich und lief-, noch viel mehr errathen, als er sprach. ,,Also solche Manöver machen Sie?« sagte gutaelaunt der Oberst. »Na einerlei, wag Sie zum Helden machte«, ichmunzelte er; »gut gehalten haben Sie sich jedenfalls und Geistes-sae aenwart haben Sie auch bewiesen: ir muß wohl oder iibel meine letzteStrnf rede zuriietnehmen und Jhnen sagen, daß ich Zufrieden bin mit Ihnen, Sie ,.Gd"ttertnann« .« »Soweit zufrieden, Herr Oberst, das: Sie mir die Pforten Jhres Hau. fes öffnen werden?« waate der kühn aewordene Leutnant zu fragen. »Warum nicht? Warum sollen Sie nicht als Freund kommen, i Marie Jhnen sogar als Feind Ei: tritt in unser Haus gewährte?« An jenem Abend gab es minde ftens zwei recht herzlich frohe Men schen im Saale eine iunae Dame die dem Himmel sehr nahe war, und einen gelehrten Leutnant, der, an ib rer Seite die »Himmlifchen« aanz Vergessen hatte. -—--.—-. Ariosichtolos. »Deine Eltern wollen Dich also zu einer Vernunftheirath mit dem Gra fen Reiherseld zwingen, Geliebte?! . .. Dann fliehen wir!« »Ehe Flucht ist aussichtlos, lieber Hans! Mein Papa würde uns im llnterseehoot verfolgen, der Graf im lentbaren Luftschiff und meine Mamo im Antomobil . .. !« Anspielung. Gast: »Pfui Teufel, wie schmeckt der Meini« Wirth: »Der Korlen wird wohl nichts getaugt haben-" Gast: ,,Vestimmt nicht! Wasserdicht war er auf keinen Fant« s « Ver Kanarienoagei. Oumoresle aus dem Leben von J o s e s Fi a i n z. Der Kiinstler schrieb diesen anrü santen Artikel gelegentlich einer unter der Softzmarle »Mein erster Durch sall'«, veranstalteten Rundsrage vor vier Jahren. Es il! gerade dreißig Jahre her, de. betrat ich run: ersten Male die Bühne des Leipziger Stadttheaters und fiel durch. Dr. August Förster hatte eben die Direktion übernommen und aus Wien eine Menge ,,dramatisches Jung oieli« —-- wie man zu sagen pflegt » — mitgebracht, aus dessen Entwicklung er große Hoffnungen setzte; darunter war auch ich. Forster hatte die Absicht, mich iu der Eröffnunagvorsieung den Fer dinand in »Kerl-nie und Liebe« spielen zu lasseu,-1lser sein guter Wille brach sur- an meiner technischen Unbehol fen-j heit und er nahm mir die Rolle schon nach der dritten Probe wieder ab. Dafür gab er mir dag Versprechen, mich an einer weniger exponirlen Stelle Zum ersten Male dem Leip ziger Publitusn zu präsentiren Jch sollte in einem seichteren Wasser schwimmen lernen; das bekam uns lxeiden iibel Der Edmond von Va rennes, ein junger Advolat in »Ka meraderie«, einem sünfattiaen Lust spiel, das er aus dem Französischen übersetzt hatte sollte mir die Gele genheit geben, von einein festgeschlof senen Ensemble umringt, vor dem eFeinde zu erscheinen Das war ein schwerer strategischer Fehler. Schiller triiat Scribe will getragen werden, Perrücke und syederhuh Uniiorm, De aen und Neiterstiel machen Fiaurl Der Gehrocl und der Cylinder sind fiir einen jungen Anfänger imrner gefährliche Reauisiten. Vesagter Eliock tvar noch dazu nach dem neuester Wiener Schnitt nach einer Mode, die iu Leipzig völlia unbekannt war. Jet batte Zwei solcher Röcke: einen gelben und einen schwarzen. Mit dem gel ben machte ich schon aus der Straße tiialich Fäuste-. Enq um die Tailie ichlieskend, sielen seine lanaen Set.ös3e beinahe bist- aus die Kniichel nieder. Ich sah darin aus wie ein wandeln der Fabel-stift. und die liebe Straßen jugend Leidsias gab mir aus meinem Wege durclss die Stadt stets ein nicht sehr ehrenvoll zu nennendes Geleite. Aber auch Studenten und Zpießer blieben stehen und sexirten« bei mei nem Anblick und der anmutbiae säch sische Valtsnnti iibte sich täglich an dexn ,,langschwänzigen Kanarienvo qe «. Der schwarze Rock war von dem selben Schnitt und mit ihm bekleidet betrat ich eines Abends die damals gerade besonders heiszen Bretter aus dem Augustus-platz. Jn schreiendem Widerspruch mit dem modischen Kleide stand meine Haartracht Als Aänstler glaubte ich das Recht aus ungeliirzte Locken zu haben. Förster lxatte mir lzwar schon energisch an gedeutet, da ich nicht den Simson darzustellen habe, aber erstens wagte ich mich mit dem »Gelben« nicht recht in einen Friseurladem und zweitens batte ich meinen besonderen Ge schmack. Und weil nun der junge Advolai. den ich spielte, das sitt da mals nach unerreichbare Alter von achtiind«in«anzig Jahren hatte, so lies ich mir einen dichten schwarzen Voll bart in’s Gesicht kleben, und betrat so ausgestattet den Salon der Madame Sonntso ich weis-, nicht mehr, wie sie heißt , einer geseierten Schön heit von Geist und Temperament die den um eine Deputirtenstelle aspirirens den jungen Mann besonders bevor zugi. Meeresbrandungl Obrenbrausen wie Meeresbrandunal Funten und Flocken tanzten vor den Auan. Trarlene Zunae, wie aepölelt; dann plötzlich durch die Ilieeregbranduna und das Ohrensausen ein Gelächter; jedenfalls aus dem Zuschauer-rannte Dann ein Gesiibl völliaer Blutleere und eine un heimliche Scharsuna aller Sinne: und dann eine leise Stimme aus den ersten Partettreibem »Der Kanarienvogel ist in die Tinte aesallen.« Ich war in der Tinte! Wie die fünf Alte zu Ende aingeu, weis: ich nicht: so zwischen Traum und Nachtwaudeln, allenfalls unterbrochen von Vödaaoaisch wobiae meinten librenbelseidiaunaen meines Tsireitorix Aber das weiß ich, ich babe in jener Vorstellung »Haare gelassen«. Ich tnerd’ es nie vergessen. Am andern Abend stand ich wieder ins. Parteer aanz hinten, wo die übersprinaende Vriistuna des erstei: Ranaes einen wohlthuenden Schatten aus die Darunterstebenden warf, lau ter nichtbeschiiftiate Kolleaen und Lei dens-genossen So mancher unter ib nen war schau vor mir ,,aerichtct«. Man büllte sich mir und meinem De but geaeuiiber in chrvaleregtes Schineis aen. Aber der Sahn unseres ersten Komikers - er aehörte nicht zu den lssuaaairtem wir hatten uns bisher nur’ in der Däinmeruna dieses Stehvartcr-» res kennen aelernt und die Namen waren uns auch noch nicht allen ae-i läusia dieser Sohn beariißte n: ichs an diesem Abend besonders freundlich i la waren Sie denn gestern Abendfew Germanan scherzend er-. miderte ich: »Ich habe mir die Haares schneiden und den Weisheitezahnz wadsen lassen.'« »Das ist schade«, entaeanete der Ahnungölosr. »Ge-L stern baben Sie viel versäumt Es« ist wieder ein Neuer dran qewesen da oben.« »So? Wer denn?« »Ich W weesk nicht, nsie ee hieß. Kunze oder so was. Jch sage Ihnen, das wste sowas siir Jlns Amüsement gewesen. Ganz schwatz» gar keen Gesicht, nur Haare; und ee ging wie’n Storch anf’m Vogelbeiwi Mir ham köstlich gelacht! Der reene Boomasfe!« Betreten-es Schweigen eingesun. »Schade, dasz ich nicht dabei wori« Mein Kollege Ruh nur lnirschte zwi schen den Zähnen hervor: ,,Rindvieh!« »Ach Gott, nee!« sagte der Sohn des Kcsmiters, »bla? ’n armes Luder!« Erdtnndiq. « Der Direktor einer Schule sieht, als ;ee«in einer Klasse der Geographiesiunde )beiwohnt, daß der Globus seht be siaubt ist. tfr tippt mit dem Finger aus eine Stelle der Kugel nnd sagt argerlrch: »Na hier liegt aber der Staub zollhoch!" ,,Eigentlich müßte er noch höher lie gen«, tust ein vorlauter Schüler. »Wie meinst Du dag?« fragte der entrüstet-: Direktor. »Na, Sie zeigen doch gerade auf die Wüste Sahara!« Wichtige Petiiinlichteit. Fremder soor dem Concertlolal): »Da steht: »Wie-gen plötzlicher Erkran tuna des Herrn Rentier Goldlack fin det das Concert des Pianisien Hau niann heute nicht statt« · . .. Was hat denn der Litentier Goldlacl damit zu t·l";un?« Thiirsteber: ,.Wissen Sie, das ist der einxiae, der ’zahlt hat -— die an der’n haben alle Freibillets!« Das schlechte Gedächtnian »Sind Sie nicht die Frau Meier?« »Nein, Sie irren sich. Ich bin ja die Frau Kraaujetvatschebiczek!« »Na, sehn Se woll, die beeden Na men vertrechsle icl immer!« Die junge Hausfrau. Gatte: »Ach, Lottchen, nähc rnir mal diesen Knopf an!« Gattin lznm Miidchen): ,,Lisi, brin gen Sie mir doch mal den Band »N« Vom Lexilon!« Zurückfctknng. Dichterling: »’83 ist doch ein undank liares Volk hier! Seit zwei Jahren Versorg ich den Stadtanzeiger unent geltlich mit Gedichten und nun kriegt der landfremde Goethe ein Denkmal!« Schmeichelhaft. Herr ,,(Stnödiges Fräulein, ich möch te gern eine Frage an Sie richten.« Fräulein Aeltlich (einen Heir! antrag ernsartend, erröthend): » sprechen Sie.« «·«:sf« »Mein M Itter möchte nämlich H wissen, ob Sie dasselbe Fräulein Aelt lich sind, mit der sie zusammen zur Schule gegangen ist-« Ein Schönfitrber. Dame: » cie wollen Jhre Vorle innaen einstellen Herr Doktor?« Privatdozent: »Ja, wegen Mangel an Beiheiliaung!« Duenet ,:,Lller Sie sagten mir doch, Ihre Zubcirerahl hätte sich verdop pelt?« Privatdozent: »Allerdinas früher war es- einer, ietzt sind es zloei!« Deutlichcs Symptom. . . . Meine Frau beginnt jetzt auch nervög zu werden« »Woran ftsiirt sie denn das?« »O, sie spiirt noch nichts- aber ich!« Seine Klage-. Schneider-: »li-; thut mir leid, ich tunn den neuen Vlnzua nicht machen, bevor Sie mir den andern nicht bezahlt haben.« Kunde: »Groszer Gott« so lange tann ich unmöglich warten« Immer derselbe« Förster MS am Stammtisch von der Klugheit des Hundes gesprochen wird): ,...» Ja, meine Herren, das qlaub’ ich gern! Mein Waldl ist mich so ein kluqu Thier -- ich sag’ Ihnen, der versteht jedes Wort. Wenn icii nicht will, daß er wissen soll, was ich mit meiner Wirtbschnsterin red’, muß ich mit ihr srnnzösisch sprechen.« Aus-hilft Gnäbiqe. »Bist Du bei Geheim rxithg heute fertig geworden mit der Wäsche?« Waschsrau: »Nein. Die Frau Ge lteimrath hat Kasseekränzehen g’habt, nnd wie die Neuiqteiten nitg’ganga m(1r’n, da hab’n s’ mich ’rausgeholt nnd augg’sr(igt, wag bei meinen nn dern Wuschtunden vorgeht.« Der Zahntcchnikcr nles Eltern-inn. ,,.Hciben Sie denn Jhre junge Frau auch schon ein wenig ing Geschäft ein geweiht, Herr Schmalz?« »Ja, die Zähne zeigt sie schon — aber mir!« Tav Bessere «Jch werde Jhnen mein nenestes Gedicht Vor-lesen. Ziinden Sie sich dabei eine von meinen Ciqarren an.« »Hossentlich sind sie besser, als Ihre Gedichte?!« Wahrsagerjm ,,Bor allen Dingen müssen Sie vor einer schlanten blon iden Dame sehr aus der Hut sein.« . Leichtsinniger Ehemanm »Stimrnt, das ist nämlich meine Frau!«