Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 07, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    Die beiden Ringe.
Novelletle von Lotte Guballr.
Die Hände in die Taschen gesenlt,
den Hut des Schneesturnies wegen ties
in die Stirn gedrückt, ging Kurt
hählek iiber den Leipziger Platz. Jn
der Potidaneerstraße dlieb er un
schliissig vor einem Weinstubensenster
stehen. Seine Augen leuchteten spöt
tisch auf, als er das leßte Zwanzig
marlstiict durch die Maschen seiner
grünseidenen Börse fühlte. Er zuckte
aber gewisse, zu Sparsamkeit und
Entlnltsarnleit mahnende Gedanken
verächtlich die Achseln und trat
schnell entschlossen ein. Er nahm in
einer Nilche an einein nur siir zwei
Personen gedenken Tisch Platz und
winlte den Ilellner herbei, und be
stellte ein einsaches warmes Abend
essen und eine halbe Flasche Wein.
Die Börse befühlte er noch einmal
nach Art der Leute, die an lei
nen sicheren Besitz gewöhnt sind. Da
waren auch noch die beiden goldenen
Ringe, welche die Börse zusammen
hielten. Sie waren aus gutem Du
latengold ein jeder hatte zwanzig
Mart aelostet das siel ihm heute
zum ersten Male ein - und trug
sie doch seit vollen fiins Jahren an
dieser grfinseidenen Börse. Wenn die
leer war, brauchte sie keinen Ver
schluiz mehr, dann lonnte er ja . . ..
Er fuhr sich mit der Hand über das
Gesicht, in das eine helle Röthe stieg.
Diese Ringe - - diese Börse.
iturt griff nach einer Zeitung und
schalt sich in Gedanken Es fehlt«
gerade noch. daß er ientimentalen
Antvandlungen erlags- Diese Ringe
hatte er zu einer Zeit getauft. alo
er noch die grossen Jdeale deian und
das Leben ihm wie ein Rosengarten
erschien.
Es war ein ebensolcher windiger
Februartag gewesen, als ihm damals
Miete Sturm nnerwartet ans der
Leipziger-Straße entgegentrat. Sie
war zu einem anntursus in Ber
lin -.er stand vor seinem Referen
darerarnen
Der Kellner stellte das bestellte
Schnitzel und den Wein vor ihn hin.
sinkt goß langsam sein Glas vol
und spann seine Erinnerungen wei-i
ter. Miete Sturm war seine Liebe?
seit seinen Kinderjahrem Sie hattens
gemeinsam das Abt erlernt Tanz-;
stnnde gehabt, und seine ersten lyri-;
schen Gesänge waren ihr geividciiet.s
Sie war schlank, blond, blauäugia.
tanzte wie eine Miicke im Sonnenscheini
und lachte so hell wie ein Glöckchemi
und singen konnte sie! ;
Er trant dac- wlaös leer, as; ein;
paar Bissen nnd schenkte sich dons
Neuem ein. Als er sie damals tras«’
war sie ganz ersiiltt von den reitens
Eindrückem die die Großstadt siir sie
bot. lind auch ein wenig einsami
siihlte sie stets und Heimweh hatte sits
Wie froh ergriss sie seine hande,
liest sich don ihm in die Masern
siihren, ging mit ihm in die Oper
und hörte hoch ohen vom Olymp
herab alle traurig schönen nnd sehn
iiichtigen Weisen der Welt. llni
dann tarn ein Abend da diirste er
ihren welligen Scheitel, ihre sehn
lichtiaen Augen und ihren rothen
Mund t-issen.
Am andern Morgen tauste er von
der hälste seiner Baarschaft die dei
den Ringe und steckte Mie·e einen
davon an den Finger.
Dann bunten sie Lustschlöller ·
Die waren geräuschlos eingefallen·
Das tatn damals Schlag ans Zshlag
iiber ihn Sein Vater starb. Seine
Hinterlassenschast bestand in Schul
den. Seine eigene Existenz war, in
Frage gestellt. Ohgteich er sein Re
ferendareramen inzwischen bestanden
hatte, schien es snst unmöglich siir
ihn, das jn:istische Studium weiter
zu verfolgen, mit ganz targen, nein,
eigentlich ohne Mittel.
Die Laufbahn eines Zubalterns
beasnten stand als Schredaespenst vor
ihm. Dann schickte ihm Miete ihren
Ring zurück. Mit einem Brief, des
sen tlntcrton war: der Noth gehor
rhend! Ach. nsenn er an die-sen
Abend dachte. Er war damals-.- so
sung, voller Ideale nnd glaubte. data
Lieb-e start wie der Tod sei. Der
Etherz um Miete hatte ihn einige
Zeit ganz beherrscht, dann war eine
verzweifelte Laune über ihn getom
men, eine Stimmung, in der ihm die
Welt wie ein Narrenhaus erschien.
Damals hatte er die Ringe an jene
seidene Biedermeier : Börse gestreift.
Er war in ein Bantgeschiist einge
treten, aber die rechte Freudiateit
war von ihm genommen Er ver
diente so viel wie er brauchte nnd
tannte teinen Ehrgeiz mehr; daß es
Höhen des Leben gab, hatte er ver
gessen, nnr manchmal im Traum siel
eg- ihm noch ein. .
llnd nun möchte ich wissen, warnt-;
mir heute diese sentiinentalen An
want-Zungen tvinmenl Warum ich
in einer Weinstube soupire, statt in
meiner Stammtneipe zu essen! dachte
Sinkt Höhlen
Das war im Grund nicht so Ver
wundertieh, es zog ihn nach dieser
alten Weinstube, weil er hier in ie
nen verheiskungssrohen Tarsen ost mit
Miete gesessen hatte: ihre tleine kühle
band in der seinen, hatte er Lust
sehlösser gebaut.
Miete Sturm was war sie ihm
denn eigentlich jetzt noch? Er wußte es
mit einein Male ganz genau Es war
etne reine selige Erinnerung, ein
Stils-Im deimath ein Paradies,
in dein der Saum des Lebens stand
voll goldiger unaedrochener Früchte
Jene Zeit tarn ihm vor, wie ein der
lassenes Laanl der Verheißung, das,
ohne daß er es wollte, seine Gedanken
immer wieder sehnsüchtig aufsuchte
itnd Miete war qanz unkersönlich für
ihn geworden s-— Miete. Die kluge
Miete, die der Noth gehorchte. Miete,
der sein reines, unentweihtes Jiiung
linasherz die ersten Liebeshnmnen ge
sungen hatte. Was auch seit jener
Zeit alles aus ihn eingestürmt war an
Lust immer packte ihn das Heim
weh nach jenem Jugendland.
Er stand aus und schlenderte heim
Und Nachts träumte er den Traum
von rauschenden Baumen und flie
ßendern Wasser, von Voaelstimmen
und Mödchenliedern.
Als er am Mittaa von seinem
Burrau heimkom, sand er einen Brief
von einem Freund, mit dem er vor
Jahren armeinsam aus der Schul
bank saß. Der war am Ziel, war
Amt-leichter in der kleinen Stadt hin
ter den Bergen geworden und schrieb
an ihn:
»Lieb» Kuri!
Es ist so manches Jahr vergangen
ohne daß ich mehr von Dir hörte, ass
daß es Dir gut geht, dasz Du in einen
stillen Hasen eingelansen bist. Wenn
ich Dir heute schreibe, so niinm es als:
einen Beweis, dasz ich immer an Dich
dachte und meinte. das Wasser, in den
Dein Lebensdaot treibt, sei zu still und
unbewegt siir einen Mann von Deinen
Qualitäten Heute denl’ ich ein Feld
siir Dich aesu«iden zu haben. Keins
aus dem zu arbeiten, alH Du aus«-sonst
in’e Leben. wahrscheinlich Dein
Wunsch war.
-- -, «- --.
Der Vutqermemerpouen mer iki
trei. Willst Du Dich bewerbent Er
ist dir fast sicher. Bist ein Lenzröder
Kind - -- also komm hier tannst Du
Dich bethatigen, mir scheint, alletveil
thust Du nur Frondienste!«
Jm April, als die Bäume blühten,
lehrte Iturt Hößler Berlin den Rücken.
Er sann in Lenzrode das. was ihm
aefehlt hatte, um seine Arbeit freudig
zu machen, nnd er fand au Miet(
Sturm. Er wunderte sich se bft, als
er ,nierst ihren Namen hörte, daf; sein
Herz nicht höher schlug. Sie war Lei-»
terin der höheren Mädchenschule. Wo-;
chen waren vergangen, als er sie zum!
ersten Male wieder fah. Sie trafeni
sich unter den alten Linden vor dem!
Thor. da wo der Weg auf eine Wiese
einbiegt und arn Fluß entlang fiihrs «
Miete Sturms Nun erschrak er rochs
als er sie wiedersah. Sie war das
geworden, was sie als Madchenlnoszrcl
verhieß: eine stolze, stattliche Fran»
Da war nichts Verdrossenes, Verbit »
tertes in ihrem Wesen und auch nicht-i
Scheuer-, Gedriickteg. Sicherlich dachte
auch sie nicht anders mehr an jene Zeit
als mit einem sicheren, beruhigender
Gefiihl: Man that, wag man mußte.
der Noth gehorchend. tfr faßte un
willkürlich nach seinem Biedermeier
Beutel und den Ringen. Er griiszte
und reihte ihr die Hand, wie man
einem guten Kameraden reicht, mitJ
dem man ein kleines Zerwiirfnifz hat:"
te, das die Zeit wieder acheilt hat. s
»Gntrn Moran, Fräulein Sturm s
wollen Sie mich willkommen heißer-!
in der alten Oeimath und Inir lsjliirt
Iviinsclkcn zu »seiner neuen Arbeit?«
Sie blitzte ihn mit ihren blauen
Augen an, und ihm siel ein, dafI
diese Augen getiiht hatte.
»Sie link sehr lange fastgeliliebensp
Herr Hasjler. hoffentlich haben Sie
noch so viel Liebe fiir die alte Heimat
als nothig ist« um Erfolg zu erringen,
hier gibt es Kampf argen Vornrtheile
und Schlendriin, und dazu gebt-s
nuhr barmheriiqe Liebe und lllnahri·
als man denkt-«
Wie kiug doch der Mund redete. den
start Haßler einst liissen durfte!
»Ist es Ihnen immer gut ergan
arn?"
»Gut erganaeiik Nein, neidis-, nicht!
»ich habe meine liebe Noth aehabt,
aber nun bin ich jenseits-, ich meine,
ich habe Beten unter den Ins-ein«
»Gewer« Haar haben Sie sitcli
ichon«, same ek, denn ilmi iiel absolut
nichts Geistvolleg ein. Sie irua ihren
Hut am Arm, deshalb tonnte er den
tvelliaen Scheitel sehen, den er so gern
getnszt hatte.
»Ja, du liebe Zeit, kneikn Hirn nnd
Herz ishiueiiem dann tileicht das
Haar, aber man ist zufrieden das;
Geduld und Hoffnunq nicht aanz da
donslatteiten.
Ihr sicherer, etwas hochsahrender
Ton reizie ihn und er fragte plötzlich
aanz unvermittelt: »Dainals, Miete,
als du mir den Ring zuriiaaadst, da
ivarst du nicht geduldix1?«
»Nein«, sagte Miete, feinen Blicl
aushaltend, »dazu hatte ich keine Ge
duld, stille zu warten und dir eine
Last zu sein in deiner Bedränqniß.
Ich gab dir deinen Rina, aber ich
nahm auch keinen andern von einem
andern Mann und gehosft habe ich
immer, daß du ihn mir eines Tages
wiederbringen würdest.«
Kurt Höhle-: sah wortlos Miete
Sturm an, die so stolz neben ihm her
ging. Träumte er denn?
Und Miete fuhr fort: »Ich irrte
mich. Du brachtest ihn mir nicht zu
rück. Auch diniit sand ich mich ab.
Kann sein, daß du ein ganz anderer
aeworden bist, daß ich eine andere
wurde und daß nur noch unsere
Träume dieselben geblieben sind, weil
sie aus alten Menschheitsidealen ge
boren sind: ans Sehnsucht nacli einem
verlorenen Paradies.«
Ein paar arme Kinder kamen des
We s daher mit Gunterniann, Wald
niei er und Maiblumen. Die boten
sie dem neuen Bürgermeister zum Ber
laus an.
Er jog seinen grünen Beutel. Das
sah M ele Sturm zwei goldene Ringe
und wurde blaß.
Als er seinen Strauß bezahlt hatte.
behielt et den Beutel in der Hand die(
Blumen bot er Miete nn.
»So hast du die Ringe verwandt?«
»Ich habe sie täglich mehr als ein
mal auseinander und zusammenge
s.rhoben Ich habe dabei Hohn Ver-:
zweislnna und Schmerz empfunden,
Miete. Ja- habe dich mehr als ein
mal verleuqnet und habe doch immer
voll Sehnsucht an dich gedacht- — zu
letzt nur wie an ein schönes-, heilige-z
Symbol «
Die Kinder-, denen er die Blumen
nbgelanst hatte, sangen: »Der Mai ist
geiommenl« Und in den Weiden am
Fluß sanaen die VörzeL
Und stutt Häßler sah, wie sein
schönes heiliges Symbol plötzlich sich
wieder zu einer greifbaren Wirklich
leitserscheinung umwandelte. die ihm
beaehrenswertber als je erschien.
Er hätte die Ringe nicht von seinem
grünen Biedermeier - Beutel streifen
können. wenn er ihn nicht vorher ent
leert hätte. Goldssucle trägt ein Lenz
rnder Viiraermeister nicht darin, aber
die Kinder, die er zurückries, hatten
auch an den Groschen ihre Freude.
»Nun ist er leer«, sagte er etwas be
sangen, streitte die Ringe ab, und
steckte ihn in seine Tasche.
»Ob er dir noch paßt, Miets;
Stnrm2«
Miete Sturm hat der Ring noch
gevath und beide kamen noch an die
sem Abend druin überein daß ihre
Li ehe wie anter Wein alt und start sei
Diese Ringe schlossen sich zu einer Ket
te, die keine Fessel wurde
4——-— -
Glück im Regen.
Berliner Stizze von E l se K r a s f t.
Als der Sommer gekommen war
und die andern jungen Mädchen im
Geschäft sich neue, moderneHiite laus
ten, weiße Kleider und Spitzenblou
sen, war Hede Löfcher sehr unglücklich
gewesen.
Vater hatte zwei .Monate teine
Stellung gehabt, und die Geschwister
wollten doch essen, trinken, wie alle
Tage sonst.... da ging es doch gar
nicht anders, als daß sie das Mo
natsgehalt unvertiirzt an jedem Er
sten der Mutter gab sur Mietbe und
das Notluvendige im Haushalt.
Jhre ganzen bunten Träume von
Sommergliick nnd Genießen zerron
nen. Was hatte sie sich alles kaufen
wollen! Ein weißes Kleid. ein paar
neue Blousen. braune Schnallenschuhe
und solchen großen lieidfamen Glo
ckenhut mit rosenrothen Blumen wie
übersäet, ein weißes Golsiackett, einen
Sonnenschirm mit zwölstlseiligem
goldgelben Metallgestell... ob, eine
lange Liste stand seit Ostern in ihrem
lleinendsliotizbijchlein von diesen schö
nen, modernen Sachen, die sie noth
wendig brauchte.
Und kein Stück von allem hatte sie
gesehen. Die stolleginnem ja, die hat
ten darauf los getauft von ihrem
selbstverdienten Gelde, die hatten
durchsichtige Spitzenblousen, riesen
große Hüte, alles, wag sie selber er
träumt und ersehnt. Es war doeb bit
ter schwer gewesen, dieses Gefühl, so
hinter den anderen zuriietstehen zu
müssen.
Aber Vaters gute Augen, Mutters
stilles, dankbares Streichelu hatten
darüber binweggeholfen, und der blon
den Hede das Köpfchen wieder lang«
saiu gehoben, das Tag für Tag den
selben alten, englischen Hut trug. Die
verwaschenen Blousen vom vorigen
Jahre, die noch halblange Aertnel hat
ten, den dunkelblauen Cheviotrocl und
die festen. ichivarzen Stiefelchen von
derbe-n Sliindsleder . . .
Ob esJ wohl daran lag, daß Hang
immer seltener und seltener des-Sonn
tagg tam, immer weniger Ansichte
tarten schrieb und schier verwandelt
war gegen stiihers
Sie wußte es nicht, sie wollte auch
nicht fragen, sie glaubte es ihrem sonst
so lebenslustiqen Herzallerliebsten ein
fach nicht, wenn er von schlechten Zei
ten erzählte, die ihn nieder-drückten
Sie war ihm sicher nicht schiin,·
nicht schict genug in den alten, un
modernen Sachen nnd Hede floh bei
nahe vor ihm und vergrub ihre heim
lichen Träume von Sonnenschein und
heißen Tagen in Waldeinsamteit ne
ben Hans im tiefsten Winkel ihres
leidersiillten Herzens·
Aber das ivar seltsam.... es ta
men gar teine heißen Tage und teine
Sonne in diesem Jahr.
Die Kolleginnein die zuerst so stolz
und prahlerisch von ihren neuen Klei
dern, Hüten und Sonnenschirmen er
zählt hatten, sprachen schließlich nur
noch händeringend von mißgliietten
Landvartien, auf denen die guten Sa
chen total verregnet waren.
Und mit jedem dieser endlosen Re
gentage des kühlen Sommers athmete
die blonde hede erleichterter auf und
trug den alten, soliden Strohhut, die
verwaschenen Blousen und die einhel
ledernen Stiefel immer unbeliiminer
ter. Es paßte alles so schön zu dem
Wetter.
Ob das der liebe Gott extra so fiir
sie eingerichtet hatte? Sie glaubte es
beinahe. Zu oft hatte sie in stillen
Nachtstunden die hände gefaltet, um
irgend einen Ausweg aus aller Noth
I
bitten wollen« um schließlich doch nur
das alte, gewohnte Kinder-gebet zu
sprechen.
Und heute, mitten im schönsten
JPlasregem stand Hang wieder im Ge
p wühl der Leipziger Straße. Er stürzte
xsosort aus sie zu, als sie das große
IGeschiiftsportal verließ nahm ihren
Arm und hielt seinen Regenschirm
Iliber ihren alten Dut, die verwaschene
Blouse und den Cheviotrock.
»Ach, laß doch,« meinte sie pilirt,
,,erstens schadet die Niisse meinen Sa
chen absolut nichts, und zweitens
brauchst Du Dich gar nicht meinet
wegen aufzuhalten. Wenn Du es so
lange nicht der Mühe siir werth hiel
test, Dich um mich zu kümmern,
brauchst Du es auch heute nicht, wo
der Sommer beinahe schon um ist«
Er lachte, lachte mitten in ihr ent
rüstetes Gesichtchen hinein und war
gänz der alte, lustige Gesell.
»Sommer ist gut-sag doch so ein
Wort erst gar nicht« und ziehe nicht
immer Deinen Arm weg, Hedetem ich
bin jfa doch stärker als Du und halte
ihn fest. Jch konnte doch nicht kom
men, ich war froh, mich nicht vor Dir
als stellenloser Jngrnieur sehen zu
lassen, als einer, der weiter nichts zu
thun hat, als Muttern auf der Tasche
zu liegen. Wer hat denn damals ge
wußt, daß so ein stolzes Unternehmen
so schnell wieder vertrachen würde, ich
hatte ja von dem Schwindelmanöver
meiner Chefs nicht die blasse Ahnung!
Und dann als Angestellter so einer
Firma ..... wer hat denn da Zu
trauen? Jch bin von Pontiug zu
Pilatus gelaufen, ich habe Gott weiß
wo unerken, Plane, Mooeue einge
reicht, denn nicht mal Zeugnifse habe
ich oon den Leuten bekommen können,
einfach futschitato, die hohen Herren.
Ach, Schad, Du hättest mich in fo
einer Stimmung gar nicht gebrauipi
können, Du kannst Dich da gar nicht
hinein verfetzem alles ist da einem
einerlei in so einer elenden Lage.«
»Und ich Dir natürlich auch,« un
terbrach Hede trotzig, indem sie
krampfhaft versuchte, ihren Arm los
zubetommem
Da wurde er ernst.
»Ja, Hede.... Du mir natürlich
auch, wenn Du eg so auffaßt! Dein
Vater hatte selber genug Sorgen, was
sollte ich Euch da noch von meiner
aufdackenZ Jch hätte ja doch nicht so
frei von Herzen mit Dir reden kön
mn, mit Dir lachen wie sonst, gar
tiinen Sinn hätte ich überhaupt für
Spaziergänge im Grunewald gehabt.«
i»Bei dernWetter noch dazu. Hang-«
sDa strahlte er schon wieder. !
»Das Wetter soll hochleben, Hede,f
III-alle Piadderei und aller Sturm
dazu! Ohne den Regen und den
Sturm liefe ich vielleicht auch jetzt
noch ftellenlos herum. Da hielte ich
Dich jetzt nicht fest, und stände eine
gefchlagene Stunde in der schönsten
Regenpfütze vor der Thür und war
tete auf Dich. Hast Du von JnUebeL
fchwernmungen gelesen nnd vom
Dammbrnch bei Herzseldelk Nein?...
Aber ich, Schatz! Jch sofort hin, die.
Sache besichtigt, mich der Gesellschafts
dargestellt dort, wie’n Buch gered’t . . . !
ich sage Dir, ich habe alle guten Gei
fter zusammengerufen, die mir helfen
iollten. Und bin engagirt worden,
Montag fahre ich ab, leite die neuen
Dammanlagen, baue einen neuen
TunneL ein Wasserwert etretera . . ..
Mädel, lache doch, ich kriege ein Mo
natsgehalt von zweihundertnndfünf
zig Mart, ohne Tantiemen ..... Du
aber kriegst einen Ring ohne Stein.
so’n ganz glatten, dicken, erst für die
linke Hand, Ostern vielleicht schon fiir
die rechte... Schatz, lache doch.«
Er schwieg und bog fich nor, um
unter dem Schirm ihr Gesicht besser
sehen zu können.
Waren das Negentrovfen. oder . ..
wahrhaftig. . . fie weinte! Aber nein,
esJ waren doch wohl Regentropfen ges
wesen, denn jetzt lachte sie, nnd der
jun e Arm lag regungslos und fest
f in feinem.
s — ie Leute« die vorüber gingen, fas
’hen es auch. Und sie begriffen nicht,
wie zwei bei solchem fiirnhterlichen
Pia derwetter fo strahlen tonnten.
Die zpilkemnodn die Mode des
Tage-.
Die letzte Mode bringt eine Ueber
" ung von kostspieliger Art: Sie
hat ie Spitze zu ihrem Liebling er
lor Spitzen erscheinen überall.
Hii , Sonnenschirnie, ja sogar die
he werden mit ihnen verziert. « -
Rii zlich trat eine schöne Pariser
uspielerin »gan«3 ins-Spitzen« ans,
szen Erfolg. Auch das ganze Reich
der ingerie, HemdenBeinlleider und
Ko binationen sind noch nie so reich
mit pitzen verziert gewesen wie jetzt.
Die eue Mode kommt be«onderg der
Blo se zu stalten, die nach einer lnr
zen It der Bernachlä staung ivah
ken der Epoche des»»gan,zen« Kleides
zur ck vor der reichen Spitzengarnd
. Valenciennes - Einsätze in
Qu draten nnd Plaques, Entredeur
aus irischen Spitzen, der niedrigeKrm
gen us Brüsselet Spitzen —- gerade
die ischung all der verschiedenen
Spi en entsprichi der »erderung
des ages«. Jnsi Anschluß an den
Aus chwung. den die Blouse genom
L
men hat, ist auch ein solcher fitr Fi-(
thue-, Jabots und Rüschen zu verzeich
nen. Am liebsten stellt man auch die«e
natürlich völlig aus Spihe her, aber
man sieht auch sehr geschmactvolteMu-.
ster, die mit Valenciennefpitzen gar
nirt oder mit irischen eingefaßt sind.
Allen Formen aber gibt man als pi
tantenGegensatz an irgend einerStelle
eine Schleife aus schwarzweißem Taf
fet, Moiree oder Sammt bei. Den
größten Erfolg aber hat die Spitze bei
der Verwendung fiir den niedrigen
Kragen bei Straßenkleidern davonge
tragen. Man trägt zu einem Stra
ßentleid aus schwarzem Moiree oder
Liberth einen großen viereckigen fla
chen Kragen aus feinen Valencienne
spitzen, der durch große Aermelaus
schlage aus dem gleichenMaterial ver
vollständigt wird. Daß auch die Din
ge, die zum äußeren Bestand der.
Frauenkleidung gehören, aus Spitzen;
hergestellt werden« wurde bereits er-»
wähnt. Besonders ist es der Son
nenschirm, der sich zur Verwendung
des neuen Materials als geeignet er
weist. Man überzieht ihn entweder
völlig mit Chantillhspitzen oder setzt
als geschmactvvlle Applitativn dem
Bezuge nur einzelne Spitzenplaques
auf. Eine wahre Revolution indessen
hat die neue Mode dem Taschentuch,
gebracht. Gab es unter ihnen schon;
Kunstwerke an Material, so sieht man;
heute geradezu Wunder. Alle StilarU
ten sind erlaubt, es giebt Taschentü-:
eher, die aus so dünnen Spitzen her-:
gestellt sind, daß man sie im Hand
schuh unterzubringen vermag. Die ge
schmackvollsten und kostbarsten Mustcri
zeigen in der Mitte einen Einsatz in!
Medaillensorm, wozu sich besonderss
gut Balenciennes, Brüsseier und ve
nezianische Spitzen verwenden lassen-J
Auch eine neue Art, die Taschentiicher
zu zeichnen, ist in Ausnahme gekom-»
men. Man sticlt jetzt den vollen Na-»
men in das Tuch, und zwar so, daß
der erste Buchstabe von ganz geringer
Größe und die darauf folgenden bis»
zur Mitte des Namens allmählich hö
her werden. Sobald aber die Mitte
des Namens überschritten ist, werden
die Buchstaben wieder geringer an
Umfang nnd der letzte ist wieder nur
von der Größe des ersten.
—
legtneue weibliche Erweise-sauern »
Die Jdee zu neuen Arten der Be
thätigung weiblicher Fähigkeiten zum
Zwecke des Broterwerbg verdankt man
in der Regel der Initiative einer in
telligenten Frau, der es nicht in der
Wiege gesungen wurde, einst fiir ihren
Unterhalt arbeiten zu müssen. So
- tommt er-, daß einzelne vom Schicksal
plötzlich mitten in den Lebengiamps
gestellte Mädchen und Frauen vor-:
ausgetretenen Pfade weiblicher Er
werbsthötigleit abweichen und Neuen
lvege einschlagen, die auch meist zu
. bestem Erfolg führen. Jn einer gro
ßen Stadt des Auslandes verdient
seit einigen Jahren eine Dame aus«
Vornehuieni Hause als-«- »Tasels-Deto
rateurin« schönes Geld. Eineo Tages
mittellog geworden, iam ihr nach tur
zer Ueberlegung der gliickliche Gedan
ke» ihren so häufig bewunderten Ge
schmacl bei der Angabe dec- Blute-en
Arrangemcnts der festlichen Speiseta
fel im Elteknhause nun in der neuen
Lebenslage sich nutzbar zu matten
Jede falsche Scham energisch betiimps !
send, bat sie Herren ihres frühere-us
Betairntenlreiseg, sie alg Tafelschmii- s
cterin den Setretärcn einiger vorneh
mer Clubs zu empfehlen. Gleich die
erste Probe ihres Könnens geniigte,
ihren Ruf in begründen. Bald rissen
sich die Leiter eleganter Hotelg in derf
Metropole ivie in sashionablen Bade-— s
orten um die DekorationssKiinstlerim s
die jeden Austrag zur vollsten Zufrie: l
denheit augsijhrte. Eine andere ver
armte Kapitalistentochter machte ihr
ungetvöhnliches Talent, geschmackvoll
künstlerische Zimmereinrichtungen zu
samtnenzuslellem zu Geld. Sie bot
in diglret abgesaßten Jnseraten ihre
Dienste au und trat mit den Ge
schästgsiihrern von Firmen, zu deren
bester Kundschast sie einst zählte, in
persönliche Verbindung Es dauertel
gar nicht lange, da sah sieh die reso:
lute junge Dame derart in Anspruch
genommen, daß sie durch die Pro
zente, die ihr von den Austraggebern
wie von den Geschästghiiusern get-nährt
wurden, mehr als genug zu einer an
genehmen Existenz eiunahm. Jhre
Schwester begann erst mancherlei ver
geblirli, bis sie sich daraus besann, das;
sie es ausgezeichnet verstand, ein viel
getrageneg Kleid wie neu auszuarbei
ten. Obgleich sie es vordem .nicht nö
thig hatte, ihre Garderobe zu schonen
und lange vorhalten zu lassen, berei.
tete es ihr ost Vergnügen, ein Kostijm,
das sie besonders gern mochte, einige
Male auszusrischen und zu moderni
stren. Nun kam ihr diese ,,Kunstser
tiateit« außerordentlich zu statten.
Für Damen, die mit bescheidenem
Toilettengeld viel repräsentiren müs
sen, ist die in’z Haus kommende
,,Kleidertvenderin« zu einem wahren
Segen geworden.
Annoner.
Welcher Esdetdenlende schenkt osder
leiht einem armen Bettler, der von
seinem Personal fortgesetzt betrogen
wird. einige gebrauchte aber gut funk
tionirenlde KontrollkasseM Adressen
erlfkten unt-er »Groß«betrieb«, Haupt
po .
« Det- Respekt
Sie schlug denkst-sieben Nckdnn
Stets um die » e te der Frevel«
Doch mitten aus : Gesichte
Um vie heiligen Imuentechie
Sie plötzlich zurück sich zog. —
Unld als ich llmfrag pflog
We241.i.«clb? —— — Hört ich sodann:
Sie hnt den rechten Mann!
Durch die Blumen
Gattin: ,,Solle-n wir unsern Mie
thern die Verlobung uns’rer Tochter
mittheilen ?"
Haus-herr: »Ach wos, ich werde sie
steigern — dann wisse sie schon Be
schei·d.«
Zweifel.
Dante: »Was guckst Du denn meinte
Pantoffeln so nn, FritzcheM Gefallen
Ifie Dit?«
Fritz: ,,Nee, Tonle, ich wund-etc
ztnichs sslvs wie idet dicke Onkel unste
»dem Pantoffel Platz haben soll.«
Uehctschwennlich. -
Tante »Alfo Friedrich Schiller heißt
Dein Bräutigam gerade wie unser
groß-er Dichter — was ist es denn für
ein Mensch?«
Nichte: »Ach-. Tnnichsen — einst
Pracht-nnsgnbe!«
Großmutter
»Was self ich — in Deinem Zeug
niisz steht ja eine Bemerkung: »Man
dert gerne!«
Die kleine Ellac »Ach, Grsoßnmma
» Du weißt, stink- ist ja bei uns
Frauen die schwach-e «Se-ite!«
Zarter Wink.
Herr: »Ich war ein guter Freund
Jhres verstorbenen Mannes, haben
Sie nicht etwas, was Sie mir alls
Andenken an ihsn überlassen könnten?«
Untröstliche Wittwe: »Was meine-n
Sie ldenn zu mir?"
Erkannt
Schwiegermutter: »Wenn ich Miß
te, daß das Wetter jetzt schön würde,
bliebe ich nvch einige Tage bei Euch.«
Frau llseitse zu ilhsresin Gatten): »Du,
mach’ wir aber nichts an dem Baro
nieter!«
Die zerrissene Wäsche.
Hausherr: »Warum spielt denn das»
Dienstmädchen gerade zwischen der
Wäsche mit den Kindern?«
Frau: ,,!.)lch, die ikcderträchtige Per
son will uns vor den Nachbarn bla-;
miren: sie guckt durch die Löcher von
unsern Hemden und ruft den Kindern-,
,,Kuckucl« zu.«
U
»Herr Wirt, ec- tut mir leid, daß ich
meine Zum- njkht zahlen fnnn«
,..11), dür- is jo saubeil Wmmn haben s
mi denn ddsJ nöt gestern L arm-nd schp
Magd ehsj dü» schöne V md mmbl verzehrt
nnd meine schönste Stube-n bezogen
lmb"n?«
»Ja, missen Z, Eir saßen so ucmütlichs
mit Ihn-n guten Freunden beisaman
mnrmn hätte ich Ihm-n den Abend ver
derben sollen. Ich dachte, doc— erfährt er
morgen früh noch zeitig qcnngk
II
«Ta«5 ist ja der Doktor Mauer, den
kennst du doch nuchR Warum müßt du
ihn denn nicht?«
»Er lnu meine Eclnvimcnnnttcr be
lmndeltZM
»Und fits ist ncftorlskn'.-«
»Na-fu« even nidnl««
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Etudiosxwx »Me«rkwütdia — -- fo um den
Ek, M. herum tneqc ich immer ganz
leise wissenschaftliche Anwandlunqch