Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 16, 1910, Zweiter Theil, Image 14

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    Aus hartem Holz
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! p a u l Blifz
vavvvvvvvvsssss
1. Ko pi te i.
Frau Konful Feging gab heuer ih
ren ersten uässva . Das war sdas
Zeichen, da die Saison begonnen
dane. Allei, was in der Stadt nnd
in der Umgegend zur guten Gesell
schaft gehörte, war geladen worden,
und fast use Sei-denen waren auch
erschienen, denn es gehörte zum guten
Ton. die Feste der schönen Frau Kon
sul Feksing zu besuchen.
Eine bunte Gesellschaft füllte die
Räsume des gnstfreien Hauses-. vor
derrfchend war der bürgerliche Frack,
aber auch einige Offiziere aus der
nächftliegenden Garnifon waren er
schienen. Die Toiletten der Damen
zeigten nicht immer die letzte Mode.
ja. manch ein farbiges Seidentleisd
shatte seh-n viele derartige Feste gese
ben; aber wa- den Damen an Mode
und an Elegasnz mangelte, das wurde
durch cdie Haltung ersetzt: mit Würde
und Vornedmheit kam man sich entge
gen. ein hovalles Lächeln spin, ein
·guiidiges Dopfnielen da, verbindliche
Händ-drücke und schöne glatte Worte,
die gut klingen, aber zu nichts ver
pflichten. , »
Ganz anders »die tangere Genera
tion. Die vielen hübschen Mädcka
waren hell, hastig und einfach ange
zogen, unb so einfach und lustig gaben
sie sich auch im Verkehr und in der
Unterhaltung mit ihren Tänze-km
Der Mittelpunkt des free war,
wie das hier immer so zu ein pflegte
Hans Felsing, der jüngste Soan des
Hauses, der Liebling und Abgott sei
ner Mutter und die stille Liebe aller
heirathsfiihigen Mädchen
Flott und eleg:nt, Lebemann durch
und durch, satte er mit feinen 27 Jah
ren sich so viel Erfahrungen angeeig
net und sich so aentile Formen zuge
legt, daß er alle erforderlichen Qua
xikåten eines eleganten Festordners be
a
Mit riesigem Schick kommandirte
er iden Konter und vie Quadrillen,
arrangirte einen wirklich amiisanten
Kotillorh sorgte fiir eine unterhalt
same Daffeepaufe nnd war allerorten
wo man ihn brauchte.
Dabei merkte man ils-m nichts an
von Anstrengung und Ermüdung, im
Gegenst-eil, trotz alledem fand er noch
Zeit, fich köstlich zu anrissiren ließ kei
nen Tanz ungetanzt vorüber und flir
tele bei jedem hübschen Mädchen —
irnnrer lustig, immer liebenswürdig
und ungern-.
«Gn W Kerl, dieser Ins-,
Mi« smgte ein korpulenter mi
mann seinen Nachbar, als der junge
Sahn des dar-sei eben mit einer lus
ftign Blondine vorüber walzte.
Der Angeredete, ein k brikbesiser
nickke lächelnd und er « rte: «hat
er von seinem seligen Vater, der war
auch so’n Allerweltzskerl.«
»Aber kein Reserve - Lieukenant«,
" e der Korpulente mit leichter
s. mä hinzu.
«Ree, so weit hakt Ver Alte nicht
gebracht, dafür aber me et ein tüch
tige-r Kaufmann, der seiner Familie
’nen recht netten Dosen Gekd hinter
lassen hat, und ich wünschte dem Jun
gen ba, daß er mehr Kaufmann als
Lieutenant wäre«, meinte der andere
mit gedankenvollem Riesen.
«Was heißt denn dass Ich denke,
er ist ein tüchtigek Kaufmann?'
«Lieber Freund, wenn man so ein
lottgehendes und gut fundirtes Ge
schäftsqu erbt, dann geht es die er
ften fünf Jahre ganz allein, men
rnern’s in den alten Gleifen ruhig
weiter gehen läßt; also da lernn man
doch nicht von besonderer Iüchtigteit
des jungen Denn-reden, denn der
Alte ist erst zwei Jahre todt. Aber
daran dachte ich eben auch gar nicht.
Mir gefällt nur nicht« daß er zu sehr
—- und oft an ganz unpassensder
Stelle — den Herrn Lie«ute«nant her
ouitehrtl Die Forfchhect unsd der
Schneid. die stören mich nicht, aber»
»die Protzerei gefällt mir nicht! Urwl
wenn man den Werth des Geldes sol
wenig achtet, wie er das thut, dank
tann man nach und nach auch das
größte Vermögen klein kriegen.«
Der dicke Unitean sah feinen
Nachbar erstasunt an, bis er sich end
Iich zu der Frage entschloß: »Ja, das
ist mir ja ganz was Neues! Woher
haben Sie denn dast«
Melznetend erwiderte der andere:
»Man hört eben hier und da war-.
Uebrigens. ich will nichts gesagt ha
ient Sie wissen ja, wie leicht nmn
Ich den Mund verbrennen tann. Was
gest denn nni auch der ganze Rum
nsel unt Kommen Sie. wir wollen
uns einen »so-« holen, ich weiß, wo
Oe the-IX
Inn in Arm steuerten sie nach dein
Ins-innerer Unüber.
Jus M tanzte nmr flptt weiter
m bunter miten· irn toM Trei
Ies bewegte sich die eslegante schämte
M M is htm- MÆ det
sit geschickteer alle euren der
jenen Formen- änze leitete.
stu- abseits von all dem lustigen
speise-, in einer versteckten Nis ,
M prun- Paulseth Um Don ul
Mc arti erst-et Ehe, und
markiert-ten auf die lachenden
ffffff ffffffffffffffvffffva
xden hell-blonden Vollbart und starrte
träumen-d Eber all »die heiterm Men
schtu hinaus —- mrd hinaus äber vie
Rufst zogen feine Gedanken, hinaus
aufs stille, weite Land, wo in buntern
Herbstlaub, traulich und einsam, fern
Gutäaui stand.
Warum auch war er nur herge
kommen! Ei war ja doch immer das
gleiche Bild, das er schon so genau
kannte, and das ihn keinen Augenblick
mehr fesselte! Warum war er nicht
draußen in seiner Einsamkeit geblie
ben und hatte all die herrlichen
Schönheiten diese mächtigen Herbst
abendj genossen? Tböricht und iu
lonseqnent war es, daß er nicht abs
geschrieben hatte!
Plötzlich rief Bruder Haus mis.
ausgelassener lustig-r Stimme »Pra
twl Mensch. TrauerlloßZ Du wirst
da noch anwchfen!« und kaum wa
ren die Worte heraus, als auch der
flotte junge Mann schon längst mit
seiner Dame weilerflog im tollen
Wirbel des Tanzes.
Anfangs hatte Bruno ein wenig
gelächelt und dem lustigen Paar zuge
wintt; nun dies aber außer Sicht
war, nun wurde er ernst, und wie ein
beider fast lohte es eine Sekunde
lang ou in diesen blauen Augen, die
sonst so still und so gut blickten.
.:liun, mein lieber Bruno, weshalb
denn so allein und weshalb so eine
ernste Miene? Hier im Ballsaal zeigt
man den Leuten ein heiteres Gosichtk
Mit diesen Worten trat der Proku
rist des Hauses «Fris Felstng u. Co.«
izu Bruno heran.
) Der tlonbe Riese lächelte gutmü
lthig, reichte dein alten weißbärtigen
Herrn die date-d und sagte: «Stimmt,
lieber get Vuschls Wie so ost schon,
haben ie auch dietmal wieder recht.
Und wenn man eben kein heiteres
Gesicht zeigen lann, dann trink-at man
nicht ber, sondern bleibt hübsch da
kxirn aus seiner Klitsche, wo man hin
gebört.«
Lächelnd schüttelte der Alte die
Ehand des jüngeren Mannes-, indem er
serwsidertu »Nun, nun, mein junger
fSiegsried gan so schlimm ist ej doch
gewiß nicht. Henigstens babe ich Sie
bisher noch nicht als Stubenbocker
kennen gelernt.«
»Der bin ich auch durchaus nicht,
lieber Freund! Nur hier gehöre ich
nicht ber! Und iisberbaupt alle solche
Ansantmlungen von Menschen sind
mir ein Greuels Wissen Sie, unsere
moderne Gesellschest tannnt rnir vor
wie ein Wienball —- sein wirtliches
Gesicht dars nran nicht zeigen. nur
mit Maske ist der Zutritt gestattet!«
»Es klingt zwar verdammt bitter,
Iwa- Sik tx- sqm qdkk ten-ex ist es
sit-abr. Und ossen gestanden: aukb
imir ist so ein Trubä herzlich wenig
swertbl Aber tout soll man machen;
wer mit den Menschen zusammen te
ben muß. der dirs sich keine Extra
baganzen leisten, der muß mitniachen.
was alle anderen thun —- dai ist nun
mal ber Laus berWeltF
Ikllllp Ulclc, YOU Iclllcll Aclll Ill
ter den des alten Herrn und sagte
«Kommen Sie, Alma-ern ziehen wir
uns in eine feuchte Ecke zurüch ich
merke, daß mein Durst sich regt, und
ich basbe da vorhin Berntafter Dot
tor im Büfett stehen sehen«
Der Alte nickte heiter: »Der ist mir
auch lieber als diefe Wmi!«
Als sie in einer las-sangen Ecke
beim Wein saßen und die Tanzmustl
sowie der Lärm der Tanzenden nur
ganz gedämpsft herüber klang da
sagte der alte Prokurist: «Sehen Sie.
Brunn, bei dem Troper hält man
selbst so einen Nackenball aus! No
pro-stil« hell klangen »die Gläser zu
samtnerh .
- Aber während der alte krr von?
einer Minute zur anderen Itedseligeri
und lcherxbafter wurde, fah stund
immer ernster drein, bit der Alte ent
lich sagte: »Hast Ihnen etwa-, stu
M Sie sind mir heute par zu ein
silbig.«
»Mir fehlt nichts. lieber Quid-H
zsntroortete der Jüngere mit stiller
Muts-. «ich glaub, daß ich wohl
; nur-einen ·.Voralischen’ hol-elf
«Ull) Ilkll
»Ach ja! und zwar einen gelind
lichen! Jch habe nämlich Knie Abend
wieder mal so recht einse n gelernt,
wie gut ein Mensch daran ist wenn
Mutter Natur einen srisclxm slotten
und lustigen Kerl aus ihm gemacht
bat. Da sehen Sie sich mal meinen
sBrudet Hans an! Wohin der auch
kommen mag, alles jubelt ilnn zu;
tin-d was er auch beginnen mag, stets
gelingt es, und stets geht et als Sie
ger davon, slott, sesch und most-Flu
stia! Und dann schen Sie mich mal
an! Das direkte Gegentsheill Schwer
fällig, plump und ungelenk. — Aus
meiner Mitsche und mit meinen Leu
ten, da weiss ichDescheisd da werde;
ich sertiz: aber hier, und überhaqu
in der Gesellschaft, da steh« ich da steifJ
wie ein Stock und ei sehst nicht viel, s
dann werde ich zur tomischen Figur!«
»Natürlich übertreiben Sie wieder
mal, mein Bester! Denn nicht halb
so schlimm, wie Sie sich machen sind
Stiel Aber selbst Umgehen ««da
M und da Ucht Haben mit kem
Mto ——- weshalb das betagt-us
Wie die Natur uns gemacht hat, müs
vvvvvvv fvvvffvvvvvvvvvvvvvvs
ien wir verbraucht werden! Und seien
Sie ganz zufrieden, baß Sie so imd
nicht anders sind! Glauben Sie nur«
Ttiinter dem Lächeln manches Menschen
verbirgt sich oft ein sehr sorgenvolles
Gesicht! Der Schein triigt —- dies
alte Wort bleibt auch biet wobe. Be
neiden Sie teinen sum sein Glück!«
»O« das thue ich auch gewiß nicht!
Aber nianchinat, wenn ich so sehen
Muß. daß dasjenige, nach dein ich so
sehnend gesucht habe, anderen spiean
leicht in die san-d fällt —- danii. ja,
lieber Busch. dann bin icb ost nahe
daran, mich und meine Schwerfällig
teit zu versliichen!« Mit rotsiieni Ge
sicht und mit wild ausladersnden Bli:»
cken saß er ba.
Erstaunt sah der Alte ihrs- an. » .«
aber lieber Brutto. so tenne ich « «e;
ja noch gar nicht«, sagte er ein wenig
tetlomrnem
Svsort wurde der andere wieder
ruhiger, indem er still lächetnd sich ent
schuldigte: »So bin ich auch nicht ost,
Gott sei Dant! Taheini auf meinen:
Land habe ich zu solchen Gedanken
keine seit; aber weiß der Himmel,
was mich heute so sentimental ge
stimmt haben mag —- vielleicht Dass
sder Jubel. init dem mein Bruder
hans gefeiert wurde; na. so oder so
—- ich werd« mich zusammennehmen
das verspreäx ich Jlinenz zum zwei
ten Mute sollen Sie mich in solcher
Stimmung nicht wiederseben. So
iiiid iiiin adieiit Jch fahre jeßt nach
Hause«
» »Aber. Brnnol Es Ist 1a even erst
zehn Ushe wrbei!«
’ .Schodet nicht« Alterchenk Ich muß
weg! Die Luft hier bekommt mir
nicht! Lassen Sie mich ruhig sichern«
«Ws.15 wird die Frau Mutter dazu
sagen!?«
Einen Augenblick sah Bruno den
Alten an. und wieder lohte jener still
nett-altem sz in seinem Oiick em
por. aber so ort zwang er sein-. Stirn
nrung inn. lächelte ein wenig ironisch
und entgegnete: »Meine Mutter wird
mich sicher nicht vermissen; dechatb
ieien Sie miser Sorge. lieber Ouschl
Bitte. bestellen Sie ihr meinen Ort-DE
»Aber, Bomo, Jungchem wollen
Sie denn der Mutter nicht selber
erhieu sagen?« .
.Es ist besser so! Ich könnte riet
leicht doch nur stören! Sehen Sie
nsur dort, wie sie. mit ihrem Abgott
band zusammen, die huldigungen der
Gesellschaft entgegennimrnt —- neit,
da gehöre ich nicht hin!« .
lMit schnellem Gruß ernle er ful
nnd ging hinaus. Und voll Besorgniß
Tisi- der alte here ihm lange nach.
H de Draus nahte sich Frau Kon
sul ZelsinH
Seien erhob sich der Prokurist und
ging der herein entgegen.
. .Suchten Sie mich. gnsdige
Histoqu ·
LCAUM Ulctc sit Um- fragte-;
»Wenn ich mich nicht getäuscht habe,
so sub ich eben meinen Bruno hier
bei Ihnen Weni«
Richtig-! here Paulsen war biet
bei mir, aber er hat vor wenigen Mi
nuten das Fest verlassen. und ich habe
Ihnen seine Grüße zu übermitteln.«
Das Gesicht der schönen Frau wur
de ernst, eine herbe Fette um den
Mund markirte sich. und mit verdut
tenetn Berges sagte sie: «Alio so weit
sind wir schon, daß er fortgeht, ohne
mir Adieu zu sagen.«
Der alte Proturist schwieg und sah
ein wenig verlegen vor sich nieder.
.Was soll man nun dazu wieder
sagen? Er wird von Jadr zu Jahr
sonderbarer. Sie kennen ihn doch
nun auch schon fast ein Lebensalter
lang, lieber here Busch —- sagen Sie,
was ist mit dein Jungen ioii Was
fehlt ihre-? Wissen oder vermuthen
Sie. wele er so menschenscheu und
»so umsong geworden W« i
I Busch niste. «Gaädige Frau, ich
bin seit nahezu dreißig Jahren irr-.
hause thättz ich bade Brutto auf
wacksen und sich entwickeln schen, eng
Ich hat-e bemerkt, wie er nach und na
sich zurückgezogen hat und fast nur
seinem Ver-s noch tebt —«ewj aber
ihn zu dem Sonderlinn gemacht hat.
das, meine gnädtgsie Jena« vermag
ich auch nicht zu sagen; die-Seele isi
ein icenplizikies Ding, unsd vielleichiz
habe ich kein Talent dazu, Seelen«
tiiihsei zu lösen«
MS et schwieg, fah sie ihn an,
scharf und prüfend, denn an dem Ton
seiner Stimme hörte sie, daß er nicht
alles sagte, was ek wußte oder dachte.
Mit inezem Gruß ging sie fort,
kaum aber war sie im nächsten Zisn
mer« als ihr der Justiztath Broni
entgegentrat
.Ach, lieber Freiens-, Sie gerade
suche ichs«
»Und ich Sie, meine Liebe!«
»Dosten Sie, Stand isi schon wie
»det fort, und zwar ist et gegangen,
ohne mit Adieu zu ingeni«
s Der Jusiizvaiih nickie sinnend:
»Ich weiß, ich itaf ihn noch in der
Redende«
»Dan, was jagen Sie dazu? Js«
fo ein betragen nicht WILL
Er zuckie die Schuttern »Sage-i
wit, es ist eiaenatdig, vum nicht zu fa
sen wenig-«
»Sie können seieosi das lesiete fa
svvvvssvvvsvvvvvvvvv vvvvvvvv
gen, lieber Freunds Und ich bin tief
betriibt, daß er so ist!«
Ein Weilchen herrschäe Schweigen
M fragte er: «Wirklich? Seien
Sie mai ganz ehrlich, liebe reemdin
—i’rnd Sie wirktich io ii betrübt
J dar-überi«
Ganz verbiiissi fah sie ihn nn.
» MAX-er Lieb-er Freund, ich — ich ver
siehe Sie nichis sagte sie leicht er
zitternd.
»Nun, ich neine wenn Sie alles
iiir und wider gen-zu ern-Einen, dann
müßten Sie zu dem Resultat kommen
daß Sie —— fort-di, meine Beitr —
dcß Sie auch mit schuld daran haben,
wenn ans dem Jungen der Sen-der
iing geworden isi."
Mit Thriinen in sden Ausn ant
wortete sie: »Aber habe ich nichi fieis
alles gethan, was zu fein-ern Besten
diente? Habe ich nicht ——«
»O gewiss Daran zweier ich kei
nen Augenblick, meine Liebe« Neu
ßeriich hat ihm gen-iß nie etwas ge
mangelt. Aber hat er Ihrem Herzen
auch immer so nahe gestanden nne Ihr
jüngster Sohns-«
Jch bin beiden erne sursorgenoe
untd gute Mutter gewesen, das Zeug.
nis; dars ich mir ausstellen«, antwor
tete sie mit leichter Verlegenheit.
.Glaube ich« Ader dennoch glaube
ich auch, daß Se Jbren Hans mebr
sieben als den Bruno' —- er sah sie
mit ernstem, aber mit mildem Blick an.
Unter leichtern Errötben entgegnete
sie: »Mein Gott« Sie kennen ja mein
Leben wie lein zweiter —- Sie müs
sen doch wissen, wie unglücklich ich
mit meinem ersten Manne gelebt bat-;
te, und daß ich erst in der zweitens
Ehe das wahre Giiia sand.« ;
Er niette. »Ich weiß es. Und eben
das ist es auch, was Sie dem Bruno
entsremdet bat.«
»Es ist mögtich daß Sie ja recht
haben, lieber Freund Die Knaben
waren aber zu ungleich geartet. hanc
war von sriibester Ju nd an immer
der liebe, gute Kerl, ott und wild.
aber auch herzlich und mir in Liebe
iugetbon Bruno dageaen war ernst.
ja finster, schweiasaw störrisch und
eigensinnig: in ihm steckte das dicke
Bauernblut seines Vater-. dem er je
auch wie aufs haar gleicht.«
.Schelten Sie mir da- Bauern
blut nicht', sagte er ernst.
.Schrversisillig. unbeholfen und ein
seitig, so sind Diese Art Menschen«
«Iber treu und gut sind fre,- und
sest und zäh: es ist Wert-iß aus fie;
und das schließlich ist im Leben die
Hauptsache! Der Kern muß gut sein!
Den äußern Firnie tann man sich
leicht zulegen.'
Sie schwieaen und saben sich an.
Dann begann sie mit leicht scher
zendem Ton: »Aiso wenn ich wirtlich
so schuldig bin« wie Sie mich hinge
stellt haben, dann wird mir jest nichts
anderes librig bleiben. als abzubittem
und non nun an um Brunos Liebe
zu bublen.«
»Ich fürchte, daß es dazu seht u?
spät sein wird', antwortete er ernst,
»wenn man so alt wie er geworden ist.
fis-Fest man ein sertiger Mensch zu
ern.«
»Ja, mein Gott, was soll dann aber
werden? Wir tönnen doch nicht so
nebeneinander leben! Das wird ja
aus die Dauer unerträglich!« jam
merte sie.
Achsel urkend so te ert »Das Leben
ist ein omprorni . Man muss- sich
nicht zu sebr aus die-Finger eben.
Mit etwas gutem Willen taan man
sich schon gegenseitig ertragen-« «
»Ich werde mit Bruno sprechen, os
sen und ehelich, und wenn ich ibm web
gethan habe, so will ich ei nun durch
doppelte Liebe wieder gut zu machen
suchen«, rief sie istert.
Mit leichtern «egen des Kopies
sagte er: Dei-suchen können Sie es
Tsa irnnrerbin.·
i Sie wollten noch weiter darüber
sprechen, aber aus dem Saal erschei
ten Stimmen und Rufe nach der scho
nen Hausfrau. »
»Ein ander Mai inter » niate sie
sdern alten Freund zu und ging surua
in den Saal.It
Und Bruno fuhr nach haufe.
Als er die Xenien «utek der Stadt
hinter sich hatte u auf die Lord
straße kam, da erst athmete er wie be
freit auf — o, diese herrtiche reine
Luft! »
Ei war Mondschein. Ein feiner.
iislbersebimmernder hauch hing über
den Bäumen, die im bunten herstti
chen Schmuck prangten.
Ganz hellt-lau und durchsichtig ttqr
war die Luft. Ein ganz feiner
Wirsdhauch kam und wehte einen txt
tben Geruch heran, einen Geruch von
wert-rannten Kartoffeln oder m g
s dörrten Bohnenhülsem der Geruch des
hat-steh
Lautlote Stille ringsum, nur ab
und zu das Ges i von Wildgönten
die in lange-n durch die Lust
flatterten.
Bruno sub den fortzieheithen Gän
sen nach. «
Ja, dachte er, fortt Weit fort!
Nach unbekannten Ländern, zu frem
den Dienst-eh und dort von vorn an
fangen — vielleicht gab das die Ruhe
und die Freude ern Dafein Mr!
---------------------------
Ach! Use-M hatte et ch nnt ver
leiten lassen, das Fest se net Mutter
zu besuchen!
» Seiner Mutter? —- Bitter lachte et
In sich hinein. —- tte et denn wir-t
läch fanals eine tm gehabt? Aru
ßeelich dem Namen nach. o ja. Sorge
und Noth hatte er nie gelitten. Was
et brauchte over zu haben wünschte,
es war ihm stets alles gegeben wor
den! Aber innerlich do ist et leer ges
Hieb-en —- sein herz, feine Seele war
Vereinfamt — die echte Muttetliebe
hatte er nie kennen geierntk
Heute konnte et darüber wol« div
wegkiichkm — Gewohnheit, weite-c
nichts —- das war fein bitterer Irr-n
geworden. Aber einst hatte es eine
Zeit qegetsem da lag er Nachts im Bett
und weinte und biß in die Kissen hin
)ein used verzehrte sich in ftunnner
lSehnsucht nach einem Lieber-allen
jWorL nach einer zärtlichen Liebko
ifung der Mutter! —- Vergebens, er
jhatte sich Umsonst gehörmi. —- Und
dann ift er ftill geworden scheu und
Lmißtrauifckx Und eines Tages, als
Her mit dem feinen Spiirfinn des Kin
Ides mertte, daß die Mutter den Vater
nicht gern hatte, da bessern er vie
Mutter zu hassen« und nun fehlon er
sich in fast abgöttiicher Liebe dem Va
ter an —-— die beiden verlassenen Set
ien fanden sich zufammen!
Aber der Tod raffte »den giiicklofen
Mann dahin, und fo stand der Knabe
wieder allein do.
Von nun an wurde er einsam. Der
Veriuft des Vaters und der Haß der
Mutter katten ihn frikh reif werden
lassen. Er hatte tein Zutranen zu
den Menschen mehr. Still und itaas
los that er feine Pflicht. Lernen und
arbeiten, das war fein Troft gewar
den. So ift er groß geworden.
efforts-sung folgt.)
Die Bedeutung des Kochsalzes
silr den menschlichen ;
Organismus (
Iiir den menschlichen Organismus
ist das Kochsalz von eminenter Wich
tigleitz ein Soviel bringt ebenso wie
ein Zuioenig die mannigfachsten Stö
rungen in seinen Funttionem bildet
also die Ursache vieler langwieriger
Krankheit-zustande
Es ist eine unumstöszliche Tatsache,
das; wir ohne eine bestimmte Menge
Kochsalz in unseren Geweben nicht le
ben tönnen. Der menschliche Organis
mus siihrt Kochsalz im Blut, in set
Lyniphsliissigteit, in allen Körper
organen und ihren Gen-eben und zwar
beträgt dessen Gehalt zirla 0.7 Pro
zent, also aus einen Menschen von 150
Pfund ca. 1 Psund Kochsalz. Jm
großen ganzen hängt der stochsalzbes
dars vom Kalireichturn der pflanz
lichen Nahrung ab, indem die Kali
salze mit dem Ehlarnatriurn Moch
salzj des Blutes sich zu Chlortalimn
nnd Patronsalz (resp. deren SöureU
umsehen, wonach die lesteren als ab-(
Enarme Bestandteile durch die Nieren:
sauogeschieben werden. Das Bedürs-.
nii besteht also nur bei Pflanzen-T
essern, und bei von gemischter Kost le
denden Mittern. Nornadenoiiller, die
oon Fleisch leben, genießen es niit die
sem und haben Widerwillen gegen
Kochsalz. Forschungs-reisende, die
monatelang nur aus Fleisch und Ge
flügel angewiesen waren. oerlernten
den Kochsalzgenuß·
Bei Pflanzenesiern aber entziehen
die Kalifalze der Nahrung dem Blute
das Kochsalz und das Bedürfnis zum
Ersah wird unwiderstehlich, so daß
ackerbauende Wilde und die zum Acker
bau übergegangenen Germanen zum
Beispiel vor eigentlichen Ausrotlungss
leiegen nicht zurückschrecktew nur urn
in den Besit von Salzquellen zu ge
langen. Aber auch bei fast ausschließ
lichee Pflanzennabrung variierl das
zur normalen Entwicklung notwendige
Quantutn ganz welentlich, je nach der
zweckmäßigen Zusammenstellung des
Jspetsezettels und der Zuverettung und
Behandlung des diesbezüglichen Nah
rttngsmittel.« Reichlicher Genuß der
lalireichen Kartoffeln vermehrt den
.Salzbedarf; eine Abwechslung von
Gemiisen, Wurzeln, Körnern und
-Friichten. die in reichlichem Maße die
das Kochsalz ersehenden Satze enthal
ten, reduzieren ihn aus ein Minimum«
wenn sie n ich t, wie das noch so viel
geschieht, in der Küche durch Einwiisi
fern, Auslaugen und Ablochen ihrer
natürlichen Bestandteile beraubt wer
den. Als durchschnittliche Tagejration
geben die meisten Vollelochbitcher bis
zu 1 Unze an. Das ist aber zu viel.
Welche Folgen nun zeitigt ein Zu
wenig oder Zuviel von Kochsalz?
Man el an Kochsalz fiihrt nach
Versu von Pros. Schuld zu allge
meiner Maiti leit und Angenommen
heit des Kop es, Völle- und Unlustgei
sühl im Ma n. Der harn verliert
seine bisher aureReattion, lann sogar
allalisch werden und einen Gehalt an
Ein-riß ergeben. Versuche haben bei
Qochsalzentziehung ergeben, daß der
Körper den lehten sielt an Chloriden
mit großer Energie festhält. Wenn
auch der harn gar teine Reaktion au
E lor mehr liesert, sindet man es n
der Unalnse der Gewebe.
Ueber Mißbrauch des Kochsal
zei, der zu akuten Vergislungen
führte, sind einige Fälle in der Fach
litetalut bekannt geworden. Ein
Mann nahm ein Pfund aus einmal.
eine Frau ein halbes Psanv, beide
starben innerhalb eines Taged, obschon
etstetet einen großen Teil etbeoches
halle. bei lehletet die Magenpnmpe
zur Anwendung gekommen war. Ein
Mädchen, has seit dem sechsten Jahre
Kochsalz wie Zucker bei jeder Gelegen
heit asz, belam hochgtabige Kontras
luken an allen Gelenken nnd wurde
svbllig bewegungsloo. Es starb an zu
;nehmenbet allgemeiner Schwäche im
HZWBlsten Lebensjahr
l ueber Wirkungen allmahlicher
JKochsalzvergistungem also verursacht
»durch konstanten übermäßigen Ber
jbrauch existieren Berichte über Selbst
versuche, Beobachtungen von Balneo
logen und Wahnehmungen von Arbei
"tern aus Salzbergwerten und Gra
dierwerten mit start mit Salz ge
schwängerter Lust. Das Blut, das al
len Organen die Nahrung zusiihrt.
Ewird mit Kochsalz überladen, und
.l·ringt durch fortwährende Belpiilung
der Organe mit einem unrichtig zu
sammengesetzten Blut dieselben all
Hrnöhlich zu Schaden. Ertranlungen
»J) der Blutgeiiisze, 2) des Gehirns
Jund Mittenmarts mit Depression-—
und Vlngstzuständem Schlaslosigteit,
Hypochondrie, Z) der Itmungsorgane,
Katarrhe mit starter, wässeriger
Schleimabsonderung. 4t der Verdau
ung-organe und 51 Ertrantungen der
haut, wie trockenen schuppender Aus
schlag, Wasserbläschen und Ausfallen
der Kapshaare und der Augenbrauen
sind die sast regelmäßige Folge von
übermäßiger Kochsalzausnahmr. Cha
rakteristische. sast nie sehlende Symp
tome sind starker Durst. hämmernde
Kopffchmerzen in der Stirngegend,
Abneigung gegen Brot, Abmagerung
und Blutarmut.
Hat das Salz mit dem Blute seinen
Weg durch den Organismus gemacht.
so wird der Ueberschuß als Absallpros
tsutt durch den Speichel· den Schweiß,
die Tränensliissigteit, und ganz be
sonders durch den harn wieder ausge
schieden. Die konstante, jahrelange
Mehrarbeit kann aber hiiusig von den
Nieren nicht bewältigt werden, sie er
-iranten ebenfalls, und betunden die
Erkrankung leider ost erst, wenn es
zur Abhilse schon sast zu spät ist. Jn
solge der vielen genannten subjektiven
Symptocne der chronischen Kochsalz
vergistung bleibt ein »Kranlsei«n«
demjenigen nicht verborgen, der aus
sich zu achten gewohnt ist, aber die Ur
tsachen werden ost ganz anderswo ge
acht.
Va- sraaIIaiz. innernas ais pen
mittel verabreicht, befördert die Ma
gens und Darmfunttionenx es reizt
ven MagendarrntanaL wirkt erlösend
ans den Schleirn und ist hauptsächlich
an der Bildung und Vermehrung der
Salzsäureselretion des Magensastes
.beteiligt. Durch relativ rasche sie
sprption von der Darmschleimhant
wird vie Lymphzirlulation angeregt
’unb dadurch eine günstige Wirkung
aus latakrhalische Zustände besonders
der Atmungsorgane erzielt. Dahin
jaeliören die Kochsalzinhalationen und
in gewissem Sinne Ist auch die glins
stige Wirkung. vie längere Seereisen
Haus die Atmungsorgane, aus begin
nende Lungentuberlulose ausüben, zu
rückzuführen Betannt ist die Ver
wendung von physiologischen Koch
salzlösungen nach großen, plötzlichen
Blutverlusten bei Geburten oder nach
llngliiaisiillem um die herztrast und
den Blutdruck zu heben und vie Blut
nienge zu vermehren. Kanzenttierte
Kochsalzlösungen bis zu 105 sinden
vielsach Anwendung bei inneren Er
tranlungen der Augen, um eine bes
sere Durchstriltnung der Gewebisöste
zu veranlassen.
Neu ift das fogenannte tut-erfol
zen des Blutes Modern, als horn
treibendes Mittel. indem bei intrave
nöfer Jnieltion von Kochsalzliifungem
welche konzentrierter als 0,9-tig ift,
bei Wasserfächtigen fofort ein ftarteo
Einftrömen von Gewebsflüssigteit in
die Gefäße ftattfindet, die nun über
mäßig gefüllt, fich ihres Ueberfchuffei
in den Nieren entleeren.
Aeußerlich findet das Salz Anwen
dung zu Bäderm Voll-, halb- oder
Lotolbiider lSiß-, hand- und Fuß
böder), ferner werden Abwafchun en,
Einwictlungem Uebergießungen, u
lchen und Jrrigationen gemacht. Der
durch Reforption oder Jrnbibition auf
die t ausgeübte Reiz regt in hohem
Mo die Blut- und Lvmdhzirtulm
tion an und befördert die Rückblldun
von chronifchen Entzündungivroze -
fen und Flüssigkeitianfamrnlungen
Sie regen den Gefatntftoffwechfel an,
fteigern die organischen Realtionen
und haben sich deshalb bewährt bei
Seropbulofe, geftsrter Dorn-,
Schweiß- und Gattenabfonderun , bei
chronifchenr Rheumatisniuj, icht,
und beruflichen und anderen chronis
chen Vergiftungen Bei herzleidem
Jeder-da ten Krontbeitem bösartigen
Gefchro lften und Lungenfchtoindfucht
find die äußerlichen »Antvendtrngen des
Salzrooffers oft fchodllch und bitter
nue nuf Verordnung dei Arztes ge
braucht werden.