Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 02, 1910, Zweiter Theil, Image 10

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    Roman aus dem
Volk-leben
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IIWIIIIIIWIIIWIIWWWWI Iwwwvvvquvqt
Rosen und Myrthen
U-« U-« «-«-I-s-I«-Is« Ums-Ists-« UUUUUUUUO -
IIIIIWIWWIWNN
Von O. Elfter
mkccnn
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LOUUUUUUUUUUUU
(10· FrotsetznngJ
flimmerte es vor den Augen.
sie rang nach Athem, sie fühlte sich
einer Ohnmacht nahe und beniitzte ei
nen unbepbachteten Augenblick, um in
ein Nebenzirnmer zu entweichen, in
dem sich niemand befand und wo die
fühle Nachtluft durch das geöffnete
Fenster hereindrang.
Auf einen Sessel fant sie nieder
und bedeckte die brennenden, schmer
zenden Augen mit den banden ha
ftig athnrete sie —- sie hätte weinen
mögen. der Glanz, die Pracht, der
Reichthum etelte sie an und mit
fchmerzlicher Sehnsucht gedachte sie der
stillen, waloumraufchten Heimath und
des traurig - ernsten Gesichte-s Paul
Venders. das sie heute Abend an-.
Ausgang des Theaters fo sammt-fö
voll angeblickt hatte.
Plöslich hörte sie ihren Namen mit
leiser. inniger Stimme sprechen. Sie
ließ die Hände sinken, blickte auf und
— fah in das Antli des Herrn
Manei.
»Was wollen Sie von mir? —
Verlassen Sie wicht« rief sie empor
fpringend nnd die Arme abwehrend
gegen ihn ausfireckentx
Er lächelte ein wenig und sagte
dann mit angenommener Trauriateit:
»Bei-halb behandeln Sie mich so
schlecht, Fräulein Anna? Jch meine
es doch so gut mit Jhnen —"
S»«Jch hafse Sie — ich verachte
n —
«Seien Sie vernünftig, Anna. Jch
bitte Sie, hören Sie mich an.«
Sein Wesen, seine Stimme waren
gegen früher verändert. Er stand als
Bittender vor ihr und machte leine
Miene. sich ihr zu nähern.
»Was hätten Sie mir noch zu sa
gen?« fragte sie milder.
»Daß ich Sie liebe, Anna«, stieß
er leidens ftlich hervor, »daß ich ohne
Ihren B in nicht leben lann -—«
»Mir diese Komödie?« fragte sie
kalt. «Sie wiffen. daß ich Ihnen
nicht glaube, Sie wissen, daß ich Jhre
Anträge verachte. Eine Verbindung
zwischen uns ift doch undentbar.«
»Aber Anna, ich spreche jeßt in vol
lem Ernst — achten Sie wohl auf
i
meine Worte. Sie wissen, daß ich
reich, daß ich der einzige Erbe meiner
Mutter bin, und daß ich nach dem
Tode meiner Mutter vollkommen frei
din. zu thun, was ich will. Niemand
auf der Welt hat mir zu befehlen, auf
niemanden habe ich nach dem Tode
meiner Mutter Rücksicht zu nehmen«
»Ich verstehe nicht, was Sie damit
sagen wollen«
»So will ich deutlicher sprechen.
Wenn Sie mich erhören, dann gebe ich
Jhnen mein Wort. daß ich Sie, sowie
ich mein eigener Herr bin, zu meiner
Frau mache —«
Anna lachte auf.
»Und das soll ich Ihnen glauben?«
»Ich gebe hnen mein Wart. —
Sehen Sie si doch nur einmal mit
offenen Augen in der Welt um« wie;
es zugeht. Glauben Sie in Wirk
lichtit, daß alle jene Damen, die in
liinzenden Toiletten jenen Salon er
füllen und deren Namen saft täglich
n den Zeitungen rühmend genannt
werden, glauben Sie wirklich, da sie
»diese Stellung nur ihrem Kiin ler
thrrm zu danken haben?«
Anna fentte das Haupt. Sie hattes
bereits einen zu tiefen Blick in das Le- !
ben gethan, um sich einem harmlosen(
Glauben noch hinzugeben. »
»Fast alle jene Damenc fuhr Zeus
Mantzel lächelnd sort, »sind zu i rer
Stellung durch Protettion gelangH
Nehmen sie deshalb eine weniger ge
ehrte Stellung ein? Sie haben es ja
selbst heute Abend erlebt wie das Pu
blikum ihnen zugejauchzt hat und Sie
werden morgen in allen Blättern den
Ruhm jener Damen lesen können.
Nun, wenn es einmal so in der Welt
L, weshalb wollen Sie gegen die
- elt antiimpsen2 Glauben Sie, daß
Sie siegen werden? Schon macht sich
der Neid auch Jsbnen gegenüber gel
tend. »Wenn mir die Kleine zu ge
fährlich« wird, dann vernichte ich sie«,
åörte ich heute Abend Jhre beste
reundin, Grete Hänseler, sagen.
nd die anderen Damen lachten dazu
und gaben Grete vollständig recht.
Glauben Sie. ohne einen reichen und
mächtigen Schutz gegen diese Initi
guen antiimpsen zu können? —- Da
irren Sie sehr — es. währt nicht lange
und Sie stehen der Roth, der Armuth
wieder gegenüber.«
·Und wenn auch —- Zch tann ar
beitenl«
«Arheiten! —- Aher Sie sollen nicht
arbeiten. Sie sind zu schön zu der
häßlichen Arbeit. Sie sollen in Glanz
und Reichthum leben —- Sie sollen
alles erhalten, was sich Jh hr herz
siinscht —- Ihr Name soll am Thea
ters-weh in der Kunst glänzen —
Cie ellen in einem Wa n mit edlen
sahren — siir hre Familie
Eltern, eGeschaoifter soll in
nMnenilicher ise gesorgt werden
—- Ind schließlich sollen Sie meinen
M ,sollen als rat-e in dem
paan chin, in das ie ein als
armes in rein-engen sind. J da
astes nich ichW
II ist viel — se viel, here
Insel —- aber ich ga aube nicht an
" ID, i I -
Este es Wgcsqchcstltz III-H
Fias- -« Juki-. das ich Immer
halten werde-ich will mich schriijlich
verpflichten-— nur gestatten Sie, daß
ich Sie liebe ——«
Sie versuchte, ihm ihre Band zu
entziehen, die er fest an sein wild po
chendes Herz preßtr.
»Ich tann es nicht, Herr Mandel
—- lafsen Sie mich!«
»Ich muß Sie besidrnk rief Man
tel, dessen Sinne durch den reichlich
genossenen Wein erhitzt waren.
Er wollte fie mit Gewalt in seine
Arme ziehen, um fie zu küssen. Sie
wehrte sich· »Lassen Sie mich«, keuch
te Sie, «oder ich rufe nach hilse —«
«Rufe nur«, flüsterte er mit heiserer
Stimme nnd suchte ihre Wange zu
berühren.
Mit Gewalt stieß sie ihn zurück und
rief laut um hilfe —- da öffnete sich
rnfch,die Thür, die Portiere ward
heftig zurückgeftoßen,-Doltor Winkel
mann trat ein und Anna flog ans
ihn gn, fiel vor ihm nieder, streckte die
Hört e zu ihm empor und ries: «Ret
ten Sie mich —« und sant besin
nungölos nieder.
Doktor Winlelmann sah mit ruhi
gem, eigenthümlichen spöttischen Lä
cheln auf den bebend vor Zorn daste
stehenden Mantel. -
»Ehe sonderbare Scene«, sprach er
en « nnd fest.
» s wollen Sie hier? — Weshalb
stören Sie unsi« rief Mantel wü
thend und streckte Winlelmann die ge
ballten Fäuste entgegen.
Doktor Winkelmann richtete seine
kräftige, geschmeidige Gestalt empor
und blickte den Tod-enden kalt und
drohend an.
»Ich rathe Ihnen. here Mangel
ähre Unverschämtheit nicht auf die
pife zu treiben. Es giebt noch Mit
tel. olche Burschen, wie Sie, im Zau
me zu halten«
Mit raschem Griff hatte er eine
schwere Reitpeitsche erfaßt« welche auf
einem Redentifch lag, nnd trnt dicht
vor den jungen, hoffnun svollen
Sproß der Frau Bonmeister lantzei.
«Wollen Sie jeyt augenblicklich die
ses Zimmer verlassen?« fragte der
Doktor in verhaltenem Zorn, ..oder
soll ich Zähnen den Weg weiten? -—»«
Er lie die Reitpeitsche durch die
Luft sausen. daß here Mantzel zu
riiclfuhr.
»Ich werde mich bei Herrn Falten
stein befchweren«, leuchte er.
.Tdun Sie, was Sie nicht lassen
tönnen«. entgegnete Doktor Wintel
mann talt. .Nur muß ich bitten, an
genblietlich dieses Zimmer zu verlas
en —-«
Eine drohende Bewegung begleitete
diese Werte. Herr Mantzel knirschte
mit den Zähnen, dann wandte er fiel
langsam zum Geben.
Jn der Tbür blieb er noch einmal
sieben. Drohend streckte er die Faust
dem Doktor zu: »Sie werden mir
Rechenschaft geben —« rief er.
»Mit Vergnügen«, entgegnete der
Tottor mit verächtlichem Lächeln,
»aber nur mit diesem Instrument da.«
Er schwang die Rentpeitsche pfeifend
durch die Luft. Wüthend stürzte
Muhel davon.
Der Dottor warf- die Reitpeitsche
fort und tniete neben Anna nieder,
die noch immer bewußtlos dalag.
Dann wusch er ihr die Stirn mit
Wasser —- tief athmete Anna auf und
öffnete langsam die Augen.
»Wer bin ich?«
Mhigen Sie sich. herr Mantel
ist fort.«
Sie richtete sich an seiner Hand em
por und wankte, von ihm gestützt, nach
einem Sessel, in ·den sie niedersanst.
t »haben Sie Dant, lieber herr Dol
or —« s
Sie ftreelte ihm die Hand entgegen,
die er achtungsooll tüßtr.
»Ich habe ihn gezüchtigt, Fräulein
Anna«, fuhr der Doktor Wintelmann
fort. »Mit dieser Reitpeitsche——fiirch
ten Sie nichts mehr, er belästigt Sie
nicht wieder.«
«Wollen Sie zur Gesellschaft zu
rücktehren?« fagte er nach einer Weile«
»Nein — nein —«
»Ich glaube auch, daß es Ihnen
nicht lieb sein kann, in die durch Wein
nnd Leidenschaft des Spiels erregte
Gesellschaft zurückzukehren — feben
Sie dort, man hat sich in jenem Sa
lon um den Spieltisch gruppirt.«
Er hob die Portiere empor und An
na erblickte in dem jenseits des Speise
faals liegenden Solon die Gesellschaft,
welche in dichter Gruppe einen gro
ßen, runden Tisch umgab.
Sie schüttelte das haupt. »Nicht
dorthin«, flüsterte sie.
Doktor Wintelmann ließ den Vor
ll .
bei-PMB gibmete auf. «Jch möchte
nach ufe«, fa te fie.
Jga werde äie fortfiihren, Fräu
lein Anna. obne daß uns «emand sieht.
ch werde en eine ro chte be
borgem die «e sicher na hause
n t.«
Täglich Sie haben recht. Ich neb
nre e Hilfe mit Dank an —- nur
fort von hier —- fort von kierk
Doktor Wintelmann d fnete eine,
von Anna biilang noch nicht bemerkte
Thitr und fiichrte sie in das matt er
ete Beftibiih wo ein Diener ne
ben der Garderobe sa . um den
entfernenden Herrscha· en dein-» n
kletden behilfli zu sein und ihnen die
We u d en.
«sttte, dzen Mantel des Fräuleini«,
i
sagte der Dotter zu dem Diener.
Ente Dotter wollen schon gehe-if
fragte der Diener.
« ch begleite nur das Fräulein zur
Tro ein«
Nach kurzer Zeit standen der Dot
tor und Anna auf der Straße. Em·
naßtatter Wind pfiff ihnen entgegen.
Erichouernd hiillte sich Anna in den
Mantel.
»Sie sind angegriffen, Art-nach sagte
der Doktor in mitleidigein Tone. »Sie
frieren —- doch da ift ja eine Drofchs
te.«
Er rief eine geschlossene Drvfchte,
ein kleines Coupee herbei. Anna ließ
es geschehen. daß er sie hineinhph. Sie
fühlte sich so matt, fo hilflos. daß sie
alles mit sich gefchehen ließ, daß sie sich
ihrem Retter ganz anvertraute.
Als sie in dem Wagen faß« hielt er
den Schlag noch einen Augenblick of
fen.
Sie reichte ihm noch einmal die
Hand zum Abschied-; er fchlug den
Wagen zu und nannte dem Kutfcher
Anncks Adresse. Dann rasselte her
Wagen davon und Doktor Winkel
it·..1nn kehrte zu der Gesellschaft zu
rück.
C
19. nap int. «
Max Mangel hatte sich nicht ani»
Spiel betheiligt. Finster starrte er
vor sich nieder, die Demüthigung
durch den Dottor Wintelrnann hatte’
ihn tief geträntt. Er überlegte, wie
er sich an dem Dottor und an Anna;
rächen-stumm Der Doktor war ein;
gefährlichen riichichtöloser Gegner.i
Auf ein Duell würde er sich nicht ein-’
lassen, auch besaß Max keine große;
Lust. in einein Duell seine haut zui
Markte zu tragen. Den Doktor ließ·
er mithin vorläufig aus seiner Be
rechnung, beschäftigte sich mit Anna
allein. An ihr wollte er eine ern
pfindliche Rache nehmen. Die Mit
theitung an Grete, daß Anna mit
Winkelrnann fortgegangen sei, war
der erste Racheatt. Max wußte ganz
genau, daß morgen schon Anna's gu
ter Ruf in allen Theatertreisen dahin
war; er wußte auch, daß niemand es
Anna gönnte. die Freundschaft des
einflußreiche-i Dichters gewonnen zu
hoben, und daß Anna den Jntriguen
ihrer Rolle-rinnen gegenüber einen sehr
ichrserenStand haben würde. Er selht
wollte dann schon dirsiir sorgen, da
diese Jntriguen nicht einschiiefem Er
besaß mehrere Freunde und Freun
dinnen unter dem TheaterpersonaL die
mit Freuden ein solch-es Jntriguen
spiel in Scene festen. -
Der Gedante, gegen Anna eine sol
che Denk ins Wert zu sehen, machte
ihm viel Spaß und zerstreuke feine
stattliche Stimmung Er machte sich
auch sogleich ans Wert und siite die
gistige Saat der Verieumdung aus«
und daß dieselbe auf fruchtbaren Bo
den fiel, bewiesen die höhnisch-en Wihe
der Gesellschaft. Aber lange litt es
Max Mantzel doch nicht mehr in dem
Hause des Herrn Siegrnund Fallen
ftein, denn der Gedanke an die ersah
rene Demüthigung bildete doch eine
zu unangenehrne Erinnerung und als
er glaubte, Anna genügend verdächtigt
zu haben, entfernte er sich aus der
Gesellschaft. ohne Abschied zu nehmen.
Langiarn wanderte er der Mittw
straße zu und den neuesten Gassen
hauer vor sich hinpseisend, tani er vor
seinem Hause an.
Die hausthiir lag in einer tiefen
Nische, die von zwei mächti en Säu
len getragen wurde. Bis ·tternacht
brannte in dieser Nifche eine Laterne.
Jetzt, urn 1 Uhr Nachts, war die La
terne erloschen und tiefe Finsternis
herrschte in der Nische.
Als Max den Hausschsiissel in das
Schloß stecken wollte, suhr er erschreckt
zusammen. Aus dein Winkel hinter
der einen Säule löste sich eine dunkle,
männliche Gestalt ab und schlenderte
langsam die Straße hinab, dabei sich
in dein Schatten der Häuser haltend.
Max bickte der großen, kräftigen
Gestalt aufmerksam nach. Was woll
te der Kerl so spät in der Nacht hier
an denr Hauses —- Wer war der
Mensch?
Plötzlich durchzuckte ihn ein Ge
danke. War denn das nicht derselbe
Mensch, der früher öfters zu Gerhardg
gekommen war, als diese noch die Por
tierwohnung inne hatten?
Ohne Zweifel —- er war es! Die
große, hiinenhaste Gestalt war unver
kennbar. »
Jeßt verschwand die Gestalt uns- die
nächste Straßeneete. Leicht zitternd
schloß Max die hausthiir aus und
trat rasch ein.
Der Gedanke an den unheimlichen
Menschen hinter der Säule beuan
higte ihn. Selbst als er bereite im
Bett lag. konnte er den Gedanken nicht
los werden.
Max hatte richtig gesehen. Der
Mensch hinter der Säule war in der
That der lange Bartels gewesen.
Als er in die Querstraße einhog und
somit dem Blick des jungen Mankel
entzogen war. blieb er stehen und ließ
einen leisen Pslss ertönen.
Ins dein Winkel eines hause-i trat
der »abgeschnittene Riese« hervor.
»Na — sollen wir ans Werk ge
hen9« slitsterte er.
»Der Denker hole die Geschichte«,
brummte Beutel-. »Deine Nachrich
ten waren falsch. Der junge Lasse·
der Mandel, ist soeben nach hause ge
warmen-«
»Das ist wunderbar. Noch heute
war ich bei Gethardt Sie sagten
mit, daß heute noch dein Theater bei
Herrn Fallenseeins großes Fest sei, zu
dem Anna auch hmgtngr. We ich
von einem Diener Icltensteins erfah
re. wollte auch Makel erscheinen —
na. und solche Festlichteiten gehen doch
vor Motgengtauen nicht zu Ende —«
»Mag alles sein, aber der junge
Mandel ist soeben heimgekommen.«
»Rosen wie denn das Unternehmen
« verfchieben?«
s »Den Teufel-wollen wir! Es geht
inicht —- Dovid erwartet uns im
«.Sechfertopp«, er hat uns Päfse und
Fahrfcheine besorgt. morgen Abend
müssen wir in hamburg sein« über
morgen friih geht das Schiff.· «
«Vielleicht schläft das junge herr
cken fest — sie werden wohl ordentlich
getrunken haben —" .
»Und wenn er nicht schläft-dann
geb’ ich ihm eins auf den Kopf —«
»Bartels —- lein Blut —«
»Halt's Maul —- und nun komm
Schließen Deine Schlüssel auch gut?"
»Verlon Dich drouf.'
»Vorwär« dann -—«
Vorstchtig sich umfchouend schlichen
die beiden Verbrecher on den häufern
entlang. Jetzt verschwanden sie in der
dunklen Nifche des Monhekfchen ou
ses. Leise tnarrte die Thiir eim
Oeffnen, um geräuschlos zurückzubil
len
Longsam und vorsichtig tappten die
beiden Männer weiter. Die Schlüs-»
sel hinrichs öffneten alle Thüren!
Jeft standen fie ouf dem Korridor,
ou den: ein kleines Gaöfliimmchen
brannte und schwache-i Dämmerlicht
verbreitete. s
.Wo ift das Zimmer der Alten?« !
»Dort —« s
hinrichz öffnete die Thür zu dem.
früheren Arbeitszimmer des herrni
Baumeifterö und holte eine tleine
Blendloterne hervor« die er anziindete
und mit der er vorsichtig im Zimmer
umhetleuchtete.
»Dort steht der Geldfchronl —«
»Kannft Du ihn öffneni«
»Die Schlüssel liegen vor den-. Bett
der Alten« .
»Wo schläft sie?«
«hier nebenan —«
»So hole die Schlüssel.« «
Geräuschlos wie eine Lohe schlich
sich Hinrichs on die Thür des Neben
gemoches, die nur ongelehnt war. Ei
ne tleine Weile horchte er; tiefe, regel
mäßige Athemziige ertönten in dem
durch eine rothe Ampel matt erhellten
Schlafzimmer. »
Im nächsten Augenblick nmr Hin
richs in dem Zimmer verschwunden
Bortels wartete regungslos. Pliss
lich horchte er auf. Ging do nicht eine
Tbür in der Wohnung?
s»Nein. es mußte über ihin gewesen
em. —
Wieder horchte er, indem er die
Blendlaterne schloß. so daß nur ein
ganz fchrnaler Lichtstreifen in das
dunlle Gemach fiel.
Wahrhaftig jetzt ging wieder eine
Thür, und leise, schlürfende Schritte,
wie von jemandem, der auf weichen
Pantoffeln geht, ertönten in dem
Korridar.
Sollte der junge Mantzel noch nicht
zu Bett gegangen sein?
Da erglänzte ein Lichtschimmer auf
dem Karridorl Die schlürfenden
Schritte tamen näher und näher, Bar
tels stellte sich hinter die Ihiir und er
griff die turze, eiserne Brechftange, die
er fiir alle Fälle mitgebracht hatte.
Aber die Schritte gingen an der
Thiir des Zimmers vorüber. seht,
an der Korridorthiir blieben sie stehen
—- Bartels hiirte, wie das Schloß un
tersucht wurde-»O war in Ordnung
—hinrichö Schlüssel waren wetteif
lich gearbeitet. Dann hörte Bartels
eine Kette tlirren.
»Aha, der legt die Sicherheitstette
vor«, dachte er mit höhnischem Lächeln.
«hilst Dir alles nichts, mein Jun
ge —«
Jetzt kamen die Schritte zurück. Vor
der Thiir des Zimmers blieben sie ö
gernd stehen. Eine band legte ch
aus die Thürllinte — die Thiir ward
langsam geöffnet —- zö ernd. furcht
sam leuchtete der junge anhel in das
dunkle Zimmer hinein —
Da —- iiffnete sich die Thiir des
Schlaszimmers der Frau Mangel.
Die gebückte Gestalt hinrichs er
schien und schreckte zurück, als er das
helle Licht bemerkte. —
«Zu hilse —!«
Max Man el wollte es rufen, aber
die Worte er Wen ihm in der Kehle,
die der eiserne Griff der Band Bar
teli umspanntr.
Verzweifelnd wand sich der Zu e
Mann unter diesem eisernen isøf
He röchelte. vor den Augen tanzten
ihm rathe und blaue latnmen —- er
lich den Leuchter rnit m brennenden
Licht fallen —- der dichte Sie-fis ver
schlang das Geräusch des a enden
Lenchters —- daa Licht erlosch —
Manhel ward in den dunklen Forti
dar hinausgeserrt — die Sinne
schwanden ihm —- ei sauste ein s e
rer Gegenstand auf sein haupt n r
—- er taumelte — schgend brach er
zusammen und blieb besinnungflos
liegen.
Der lange Barteli trat in das Zim
mer zurück, wo hinrichs noch immer
aus der Lauer stand-.
nhast Du die Schlüsselli«
IRasch — gielJ herl«
shast Dis mit dem Burschen
angesonnen, Barte!««
Er stört uns nicht mehr —- gieh die
Schlüssel her —«
Nach wenigen Augenblicken drehte
sich die schwere Thiir des Geldschran
les in ihren Angeln. Der Schrank
war alt. er besaß noch nicht die ras
iinirte Einrichtung der allerneuesten
Geldschrgntschliisser. sonst würde et
nicht to leicht zu össnen gewesen sein
Aber hinrichs hatte eine Zeit lang als
Schlosser in einer Geldschrantfahril
gearbeitet. er kannte den Medic-nis
;mus.. Mit gierigen händen triihlte
:Bc1rtels in den Papieren. »Da —- ein
IPact hundertmartscheine —- die tön
Inen wir gut brauchen!« Das Geld
verschwand in seiner Brusttaiche.
»Und hier einige Rollen Gold —
Zwanzigmartstiide —- nnd hier die
Brillanten nnd Schmuckstiicke — die
Obligationen nehmen wir nicht mit —
sie könnten uns verrathen.———Aber da
die Zinsscheine und das andere Klein
geld —" Jn wenigen Minuten war
der Gelsdfchrnnt seines reichen Inhalts
beraubt.
Horchend standen die beiden Ver
brecher still.
Aus dem Nebenzimmer ertönten
noch immer die schnarchenden Töne
der Frau Bat-meisten Sonst herrsch
te Todtenstillr. »Und nun srrt -—«
Aus dem Korridor laa die regungslose
Gestalt des jungen Manne-c Aus ei
tåer Kvpswunde siclerte dicke-L rothes
lut
»Du hast ibn totgeschlagen Bat-»
te15?!« (
»Ich glaube nicht! Aber wenn er:
mich gesehen nnd erkannt hättes« s
»Weder soll er Dich tennen?" i
Man lann nicht wissen und besser
ist besser —'« !
»Nein, Bettels, laß ihn liegen Erj
bat genna."
»Meinetwegen —«
Leise tlirrte die Kette an der Thür.
als sie Bartels abnabm. Geräuschlos
schlichen sie ticb die duntle Treppe bin
unter — todtenstill lag die Wohnung
wieder da.
Lo. K a p i k e l.
Max Mangel mochte wohl eine,
Stunde in tiefer Betäubung dagele-;
gen haben, als er durch den heftigen!
Schmerz teiner Kopfwunde erwecktj
wurde. Aechzend versuchte er, sichi
empor zu richten und sich klar zu ma
chen. wag mit ihm geschehen wars
Tiefe Finsternis umbiillte ihn, Tod-l
tenstille herrschte. Und plötztich über-;
fiel ihn wieder die rasende Furcht, die
Einbrecber könnten zurückkehren undi
ihn vollends tödten. Möglichst ge
riiuschlos troch er aus Händen undi
Füßen den Korridor zurück« nur ,an
seine eigene Rettung bedacht, ohne an
das Schicksal seiner Mutter zu denten,
welche neben dem Zimmer schlief, in
das die Verbrecher eingedrungen undj
vor dessen Thiir sie ihn niedergeschla
gen hatten. l
Er erreichte das Hinterzimmens
welches an den Korridor stieß und das
er durchschreiten mußte, um in seine
Zimmer zu kommen.
Als er-.die Thiir hinter sich hatte,
verschloß er diese hastig und stürzte
dann zu der elektrischen KlingeL wel
che in die Stuben der Dienstboten und
in die Portierwohnung führte.
Laut fchrillend gellte die Klingel
minutenkang durch die Stille der
Nacht. Max hörte, wie es in den
Dienstbotenftuben lebendig ward, wie
eilige Schritte den langen Korridor
dei hintergebiiudes entlang eilten.
welcher dte Dienstbotenzimmer mit
der oorddren Wohnung verband. Er
wollte den herbeieilenden entgegen
laufen und laut, von Blutoerkust er
schiipft, zu Boden, gerade. als der Die
ner und das hauömiidchen mit Lich
tern in den Winden das große Essin
mer betreten.
Hilfe —- Räusbee —- Wer-up
stöhnte der Verwundetr. Oktft mit
— sie haben mich ermorden wollen —
vielleicht sind die noch da — helft mir
—«— helft nur —!«
Er klammerte sich kn namenloset
Angst an den Diener, der ihn em
porrichten, während das usmöd
chen zum Fenster lief, es Z fnete und
gellend um hilfe rief. "
Nach einiger Zeit waren der Por
tier. die Köchin und einige andere
Hausbewohner urn den Berwundeten
versammelt, der erschöpft auf einen
Dis-an ruhte.
»Was ist geschehen, Herr Mantze1?«
»Man hat uns beraubt — man hat
Jmeine Mutter ermordet — mich nie
dergeschiagen —- eili zur Polizei —
fchnell — schnell —«
Das hausmädchen war in die
lSebflasstnbe der Frau Baumeistee ge
au en.
Die brave Frau hatte von all’ dem
Lärm nichts gehört; sie schlief den
Schlaf der Gerechten und mußte mit
Gewalt wachgeriittelt werden.
Mit bisden Augen sah sie das
Mädchen an, das ihr in wirren Wor
ten die Vorsälle der Nacht erzählte.
Plöhlich schien sie zu sagen, um
was es sich handelte, sprang so rasch
es ihre Wohlbeleibtheit gestattete, aus
dem Bett, wars einen weiten Morgen
roel iiber und eilte in das sriihere Ar
beitszimmer ihres verstorbenen Gat
ten, begleitet von dem hausmiidchem
welches die Lampe trug.
Mit einem lauten Schrei stiirzte
Frau Mandel aus den Geldschrant zu.
dessen Thiir weit ossen stand und vor
dem aus dem Fußboden die Pariere
und einige Werthgegenstiinde zerstreut
umher-lagen
»O, diese Schändlichkeit!« leuchte
sie. Alles haben sie gestohlen!"
Jhr Geld, ihre Werthsachen schienen
ihr mehr am herzen zu liegen. als
ibr Sohn; denn sie tramte hastig in
dern durchwühlten Schrant umher,
ohne sich nach dem verwundeten Sohne
zu ertundiaem
»Ich würde alles so liegen lassen,
wie es liegt, gnädige Frau«. sagte das
Dienstmädchen »die die Polizei hier
gewesen ist. Sie sieht es nicht ern,
wenn bei solchen Verbrechen die est-pu
ren beseitigt werden.«
.Du hast recht«, entgegnete Frau
MantZeL »We) ist mein Sohn?«
»Er liegt ans dem Divan im Eß
zimmer —«
Frau Mantzel begab sich zu dein
Verwundeten, der, in Decken gehüllt,
in leichtem Fieberschlurnmer dalag.
Man hatte inzwischen einen Arzt
nnd die Polizei geholt, die sast gleich
zeitig mit Frau Mantzel an dem
Rrantenlager des Sohnes eintrafen.
»Dir-den sie ihn getödtet?" fragte
Frau Mangel angstvoll.
»Es ist ein surchtbarer Schlag-, den
er erhalten hat, Frau .Baumeister«,
entaegnete der Arzt, die Wunde unter
suchend. «Glii(tlicheriveiie hat der
Schlag den Kopf Jhres Sohnes nicht
mit voller Wucht getroffen, der Schö
del wäre sonst unfehlbar zertrümmert.
Während des Schlaaes muß Ihr
Sohn etwas ausgewichen sein und der
Schlag traf seinen Kops in schröaer
Richtung, io dass nur eine surchitare
Fleischwunde und ein leichter Kno
chenbruch entstanden. Nach einigen
Wochen wird Jhr Sohn wieder her
gestellt iein."
CFortsetzung solgt.)
Nach Zeugenaussagen vor den
Großgefchworenen in Chicago bat der
Fleischitust zwei Millionen Dollars
ausgegeben, um den New Yorier
Markt zu tonirollieren; er hat die
Summe offenbar mit Zinsen und
Zinsegzins wiederbekommen
i i i
Wenn einer viele Freunde hat, so
ist das ein sicheres Zeichen, daß es
ihm gut gehi.
i i i
Was ein anderer errungen hat,
schreiben wir meistens dem Glück zu,
was wir selin erringen, dem eigenen
Verdienst
Tat-in Ceines Dichte;linas, qp sie ihn vor dem Spiegel überrascht : »Ja, wie
schaust Pfg aus, du hast du- ja den-ganzen Kopf und das Gesicht mit uder weiß
sem
Dichter-Ung: »Ich wollt« nur schauen« wie ich mich mal als Gipsbüste ausneh
men wetde1«