Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 26, 1910, Zweiter Theil, Image 9

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    , « Jahrgang
Nebraska
st19tdpr Zwei trThci c.—)—
Staats— Anzetger uned J set-old
Nummer l
Spätfomrner.
Von Johanna M.L.1nian.
Im Sommer-hab schon dunkles Grün
Und stachlige Kastanienflruchi.
Die feuerxarbnen Regen bitt-W
Stall Noen in der "rten Flucht.
Schon manche Blume sommersatt
Neigt samenschwer das haupt zum
Grund,
Schon hier und da ein aelsbeä Blatt,
Und brauner Schein ikn Lindenrund.
R
Schon iiirzek Tag und Sonnenpracht,
Nur selten noch ein Vogellilled,
IGrauweiße Nebel ziehen sacht
Ums Wiesenland am Erlenried.
In Gluthen stirbt der Sommer Hin
Und alle bunte Blumenlust — z
Und leise zieht durch Seel’ und Sinn
Ein banges Almen unbewußt. »
Werde energisch.
——
Humor-Gle- vvn d. Schutz-such.
»Siehste", sagte der Kanzleiratkjl
Zimperlich beim Morgentassee zu sei
ner Ehehälste« »du steht doch egal wie
der die Annonce im »Anzeiger«:
Werde energisch! Sollte man da nicht
wirklich mal anllopsen? Denn du
weißt doch. mit meiner Energie ist’5
halt auch nicht grad weit her.«
»Gewiß, Ottokar, du solltest dich
wirllich mal bei dem Manne in Be
handlung geben. Zum Beispiel neulich
die Geschichte mit unserem Schwieger
sohn; da hättest du doch entschieden ein
trästiges Wörtchen sprechen müssen.
Höre mal, hättest du sagen müssen, in
Sachen meiner einzigen Tochter, da
habe ich doch wohl auch noch ’nen Ton
mitzureden? Nimm du so viel Lust
und Schneebiider, wie du willst. aber
meinem Kinde. meiner Elise, bleibe
mit so verrücktenGewaltluren gesälligst
vom Leibe!«
»Ja, ja, meine gute Amalie. du hast
ja ganz recht.« sagte tleinlaut der
Kanzleirath, »aber siehste, wenn ders
Mensch. unser lieber Schwiegersoth
dann so vor mir steht und redet unds
redet und redet —- sa, da lrieg’ ich.
partout tein Wörtchen über die Lippen l
und bin nur sroh, wenn ich mit heiler »
Haut zur Tiir hinaus bin. Und wenn
ich mir auch hundert Mal innerlich
vornehme: Sei energisch! Aber ebeni
gerade deshalb: Diese Anzeige scheints
mit sast wie ein Fingerzeig. Heute;
noch gehe ich, wenn ich aus dem Bu
reau tomme, zu diesem Dotter bila
rius. Wer iann’s wissen? Der Mann »
vollzieht vielleicht ein Wunder an mir
und macht mich energischkj
Am Nachmittag desselben Lage-d
tliegelteKanzleirath Zimperlich an der
Wohnung des Dr. Hilariuo in der
Schneidergasse 6, drei Treppen, wie es
in der Annonce angegeben war. nach
dem er seiner Brieftnsche eine seiner
Visiteniarten entnommen hatte.
Schwere Schritte näherten sich; die
Türe wurde weit ausgerissen und vor
dem erschrockenen Kanzleirat stand ein
hoher, breitschulteriger Mann, der
seine durchbohrenden Blicke aus den
Draußenstehenden richtete. »Dr. Hilas
rius bin ich,« dröhnte eine mächtige
Baßstimme, «treten Sie ein!«
Dem chiichternen Kanzleirat lies
ein Fieberschauer über den Leib, als
im Zimmer der Niesenmann ihn in
einen Polsterstuhi niederdrückte, ihn
nochmals von Kops bis Fuß sorgfältig
niusterte und sprach: »Ich sehe schon,
Sie wollen energisch werden! Sie
haben’s nöthig! Es ist sogar die höchste
Zeit. daß Sie sich endlich ausrassen
und ermannen!«
»Ja — ai!erdings,« slötete leise der
Patient. »Ich stehe bereits im zwei
untisiinszigsten Lebensjahr.«
»Und da sind Sie nicht schon längst
zu mir gekommen? —- Was hiitte mit
der nöthigen Energie aus Ihnen alles
werden ionnenI« brauste der Doktor
aus. Dann riß er dem vor ihm Sitzen
den die Karte aus der hand und über
slog sie. »So, zo, Kanzleirath sind Sie?
Weiter nichts Pahi Mindestens bis
zum Geheimen Regierungsrnth hätten
Sie's ichon bringen müssen, wenn Sie
sich srüher meiner Methode unterwor
srn hätten!«
Zimderlich spißte die Ohren.
»Aber noch ist nicht alles verloren,«
suhr der Mächtige sort. »Wir werden
sogleich mit dem Unterricht beginnen
— Unterschreiben Sie zunächst hier
diesen Vertrag.« Willenlos solgte der
Schüler der Ausserderun des Mei
sters, ging zum Scheeibtisch und seste
seinen Namen unter ein dort bereit
liegendes Schriftsttict ohne u lesen.
was darin stand. Eier die es such
wird Sie mit den Grundsiigen meiner
Methode betannt machen. Sie haben
da s Matt zu erlegen« Wieder
M der Kanzleirath auss Wort«
entnahm seinem Portemonnaie siins
Mari, händigte sie dem Doktor ein
und hielt das Buch sest, das dieser
ihm unter den Arm schob. »So. Und
morgen um dieselbe Zeit erwarte ich
Sie zur ersten Leltion, damit wir an
Jkrer versagten Seele retten. was zu
retten ist.«
»Ja, aber, Herr Dok . . . .,« stotterte
Zimperlich
» »Kein Aber,« brüllte der Angeredete.
»Ist-folgen Sie strilteiiteine Befehle,
wenn Sie Ihrem berpsuschten Leben
noch einen lehten Glanz retten wollen.«
Zimperlich verneigte sich und suchte
die Thiir zu gewinnen.
»Noch eins!'« donnerte der Energi
sche ihm nach. »Ueber daö,. was ich
mit Jhnen vornehmen werde, bewah
ren Sie tiefstes Stillschweigen Keine
Ablentung von den von mir vorge
zeichneten Wege! Kein Bedenken! Keine
Zweier Folgen Sie mir und in vier
Wochen sind Sie ein neuer Mensch,
ein ganzer Mann, ein Mann wie ich!«
Als Zimperlich wieder untenaus der
Straße war. schwirrte ihm noch etwas
der Kops von dem eben Erlebten, aber
dennoch siihlte er schon eine gewisse
Umwälzung in seinem Jnnern, so et
was wie ein Fluidum, das sich von
dem Krastmenschen aus ihn über
tragen hatte.
Mit einem merkwürdig kräftigen
«Guten Tag, Amalie,« trat er seiner
Frau zu Hause entgegen.
Bald bestürmte die gute Frau ihn
mit Fragen. Er winkte ab. Sie bot
alle Liebenswiirdigieit auf, aus dem
sonst so leicht zu Leitenden etwas über
seinen Besuch herauszubetommen. Er
wintte ab.
»Aber Ottokar, was ist Tirf Du
bist ja so oeriindert."
»Pscht,« machte er geheimnisvoll.
»Drinae nicht uteiter in mich, der Dot
tor hat mir tiefstes Schweigen befoh
len. Morgen beginnt die Behandlung«
Und mit finsterem Pathos setzte er hin
zu: »Geheimer Regierungsrath müßte
ich heute sein, wenn ich den Doktor
sriiher ausgesucht hätte!«
»Geheirner Regierungsrath«. wieder
hotte Frau Amalie und starrte ihren
Mann erstaunt an, als ob sie an seinem
Verstande zweifelte.
«Beruhige Dich, liebes Kind, wir-.
noch zu retten ist« wird gereitei! . . . .
Jetzt aber störe mich nicht. Jch muß
mich zunächst mit dem Jnhalt dies-es
Buches vertraut machen« Damit ging
derKanzteirath gerade aufgerichtet, wie
ihn seine Frau noch nie gesehen, irr-J
Nebenzimmer, riegelte sich ein und stu
dierte: Werde energisch! — -—— —-« —
Von diesem Tage an war in das
friedlicheheim des tleinen gemiithlichen
Kanzleiraths ein ganz neuerGeist ein
gezogen. Von Tag zu Tag wurde sein
’Betragen mertwiirdiger. seine Umge
Jkuna räthselhas·ter. Ein herrischer Zug
trat bei ihm hervor, unter dem beson
ders Frau Amatie schwer zu leiden
hatte. Bald konnte sie ihm nichts mehr
recht machen. Schweigend sasz sie ihiu
bei Tisch mit stiller Sorge gegenüber
und wartete aus feine Befehle. Was
ste auch zur Unterhaltung beitragen
wollte, fand bei ihm nur Widerspruch
Die Verwandten und Bei-muten mie
den mehr und mehr den Verkehr mi:
Ranzleirath Ja, was das Schlimm
ste war, selbst im Dienst war aus dem
sonst so liebenswürdigen Zimperlich
ein rechthaberischer, großsprecherischer
herr geworden, vor dem seine Unter-«
gebenen zitterten und dendie Vorgesetz
ten uach Möglichkeit zu meiden suchten.
»Das sind die Früchte des Unter
richts bei diesem abscheulichen Doktor
Dilariiis,« jammerte die unglückliche
Kanzleiriithim wenn sie Tochter und
Schwiegersohn ihr Herz ausschiittete.
Alle Mitel, bei dem völlig Veränder
ten das alte freundliche Wesen wieder
herzustellen, waren vergebens.
Da trat eine-f- Morgens ein Ereig
nis ein, das, wenn auch tni Augenblick
schmerzlich genug, eiue unerwartete
Wendung der Dinge zum Guten her
beiführte. ·
Zimperlich hatte eben wieder, wie
stets in letzter Zeit, gegen Frau Arna
lie schwere Vorwürfe erhoben, daß sein
Rock nicht sorgfältig genug aus-gebür
stet sei, der Kaffee nicht das nöthigt
Urania habe und rau Anialiens
Strickstrutnps ihm ti rall im Wege
liege, als es kräftig tltngelte und der
Postbote einen schmalen blaugesicgelten
Brief brachte. Mit festem Griff risk
ihn der Herr des Hauses aus, setzte die
Brilte aus die Nase und las. Aus
mertsam beobachtete ihn feine ihm ge
geniibersitzende Gattin. Mit hastigeu
Blicken über-flog er das Schreiben.
Aber je länger er auf das Papier sah,
desto gespannter wurden seine Züge«
der Mund itsfnete sich langsam, die
noch eben so energischen Gesichtsmuk
teln erschiasften und schließlich sant
die band, die das Schriftstiick hielt,
sthlasf am Körper herunter.
«U--nra—-lte,' rang es sich fast
tonles aus der Kehle des Kein-glei
klith5.
»Um alle-?- in der Welt, Ottokar,was
ist Dir7'«
»Meine «P—-P——P—ensionierung,
Amolie!«
»Was sagst Du, Ottotar2!«
Die Räthin war aufgesprungem
Bleich und zittern-d reichte er ihr dirs
Schreiben. Tinnn ins Frau Amalie
Wert siir Wort mit liebender Stimme:
»Mutter-holte Klagen iiber Jhr in
letzter Zeit gänzlich verändertes Bruch
men, Auslehnungen und 1tnbot1niißig-«
teit gegen die Vorschriften Jhrer vor
gesetzten Behörde machen es nöthig,
Ihnen den Antrag aus Pensionierung
vorzuschlngen Zunächst aber sind
Sie von heute ab vom Dienst suspen
diert. Cin vierwöchiger Urlaub, der
Ihnen zunächst ertheilt wird, führt hof
fentlich eine Beruhigung Jhrer über- -
reizten Nerven herbei. Es wäre fiir
das Ministerium immerhin bedauer
lich, einen bisher so tüchtigen Beamten
wie Sie verlieren zu müssen.«
Zimperlich war mit einem Schlage
wie umgewandelt Unter Thränen bar.
er seiner Amulie all dieSchmerzen und
Sorgen ab, die er ihr bereitet hatte. i
Zitternd und zagend, in tiefster De- -
muth stand er vor seinem direkten
Vorgesetzten und stummelie tausendl
Entschuldigungen. Der tlop ite ihm er
inuthigend aus die-Schritten »Mein tie
ber Ranzleirath der ertheilte Urlaub
wird Jhnen gut thun und alle Unstim
migteiten vergessen machen Dann
versehen Sie wieder in alten Ergeben
heit und Pflichttreue Jhr lemt.«
Am ncichften Lage itkwn begab fin)
der fo hart Gepriifte, begleitet von fei
ner treuen Anialie, in ein in ländlicher
Stille neienenes Sonatoriimt. Eigent
lich nur,unr sich von dem Schreck zu er
holen, den ihm der blau versiegelie
Brief verursacht hatte. Jrri übrigen
war er völlig in feine alte Natur zu
rückvertvandeli. in das liebe, aute und
freundliche Kanzleiriithchem
Einmal nur noch raffte er die ihm
kiinitlich fiiggerierte Eneraie zusuni
men. Das war, als er von Dr. bila
rius eine Nechnunq bekam, die kurz
und bündig lautete:
»Für gelieferte Energie isiehe Vet
trnq) —- — 300 Mai-U
Mit eneeaifchem Ruck schob er die
blauen Scheine in ein Anvert. Und
einen Brief leqie er dazu, nuf dem in
kräftiaen Ziiqen ftsindt
Geehrtee Herr! Bleiben cie mir mit
Ihrer Energie in Zukunft gefiilligft
vom Leibe! Sie hätte beinahe mein
qanzes Lebensglück untergraben! Jch
bleibe ergebenft Zimperlich. «
W
Vom koreanischen Kaiser-.
»Der Staat bin ich!« Nirgendwo
war bis vor kurzem auf Ver ganzen
Welt dieser Grundsatz des H. Ludwia
schärfer ausgeprägt wie in! Reiche der
»Morgensrische« Elliorgensrische ist
die einzig richtige Uebersetzung von
Tschosönn. Das Volk war nichts, die
zliegierenden, und an ihrer Spitze die
geheiligte Person des Kaisers, alles.
Das Volk wurde wie ein artiges Kind
belobt und wie ein unartiges in dieEcte
gestellt, bis es versprach, wieder gut zu
sein. Die Regierungssorm war die
reinste Vertörperung tonsuzianischer
Grundsätze, uralte Gewohnheit war
zum unantastbaren Gesetz geworden.
Sicherlich hat diese patriarchalische Ne
gierungssorni, milde und weise ge
handhabt, ihre Vorzüge, aber hier lebte
ein Kaiser, der in Jahrzehnten sein
Volt dranqsalierte und herunter-brach
te, der vollkommen vergaß, daß er nicht
mehr zu den goldenen Zeiten des sa«
genhasten Yosun (230 por. Chr.) lebte,
sondern im 20. Jahrhundert, und das;
es außer Korea auch noch andere Län
der gab; Yi Heung, der jetzige Ertaj
ser, sah nur rückwärts, nicht vorwärts,
und eo war unmöglich, ihm den An
bruch eines neuen Zeitalters klarzu
machen,siir ihn waren »Resormen'· da
rothe Tuch, das ihn in seinen Maß
nahmen sosort wieder in das schwär
zeste Mittelalter zurücksallen ließ und
ihn Freunde von gestern sorttrm töpien
und viertheilen ließ. Das gänzlich siir
sich lebende, von der Auszenwelt abge
schlossene Korea sah in ihm noch den
Geheitigten. den Unantastbaren, und
der Anstoß mußte ocn außen kommen
und kam auch; gab ihn Japan nicht,
dann war es ein anderes Reich, das
ihn brachte. Japan als der Nachbar
war zu dieser Mission vorbestimmt
und hat sie ernsthaft in die Hand ge
nommen. Seit alten Zeiten, man
kann sagen seit sast zwei Jahrtausen
den, ist der Japaner demKoreaner ber
haßt. Ueber Korea karn dem Japaner
die Kultur Chinas. er titulierte dasiir
den Koreanen »Geehrter Gast aus
dem ansNeiche", während umgekehrt
der seit Jahrhunderten in seinem Den
ken, Zählen und in seinerKenntnis der
Nachbarn stehengebliebene Koreaner
den Japaner ,,Sklaven der Wa« oder
»Wilder von den Jnseln« benannte.
Auch der Glaube konnte sie nicht zu
farnmenbringen, Korea ist ein Hort des
Fionfuzianismuå in Japan herrscht
Buddha und der Schintoismus. Sie
paßten zusammen lnie Feuer und Was
ser Jhr Zusammentreffen mußte den
Sieg des einen, den llnterqana des an
deren herbeiführen friedlich nnd aleich
berechtigt konnten sie nicht nebeneinan:
der in dem Zeitalter des Verkehrs und
der Expansion existieren. Zischend nnd
brausend sehen wir jetzt sich den Pro
zeß vollziehen, den man wilde »Anial
gamation« nennt, der mit der Einver
Eleibunq in das Jnselreich endigen
! :vird.
Am 17. November 1905 zog Yi
Heuug die ersten Konsequenzen seiner
zwanzigjiihrigen Mißwirthschaft und
Rücksiändigteit, seine Bilanz wies ein
erhebliches Defizit auf, sein Liebiiugein
mittitußland hatte ihm nichts geholfen,
er war auf der falschen Seite und
mußte den Vertrag zeichnen, der Ja
Pan die Kontrolle der auswärtigen
Angelegenheiten seines Reiches in die
Hand gab. Er tobte, als man ihm den
Entwurf vorletzter »Ich werde lieber
sterben, ich werde eherGift nehmen und
alles untergehen lassen!'· — Doch es
half nichts, er unterzeichnete, und der
Palast, dieser Mittelpuntt aller Jntri
ganters., kam allmählich in japanische
Hände. Im Juli 1906 besetzte ihn ja
panische Polizei. Die große nothwendi
qe Reinigung begann: Manier und
Zeichendeuter, Wahrsager Kuppler und
Gesindel aller Herren Länder braun
nen ihren Ausmarsch, nicht zum we
nigsten das Heer der Sängerinnen nnd
Tänzer-innen nnd ihres nach Tausen
den zählenden Anhange5.
tw- wtgce vann ver zweite Ver
trag, der Korea endgültig in die Hände
Japans gab. Alle Anstrengungen des
Kaisers waren gescheitert. Ruszland
war besiegt. Die Haager Friedenston
ferenz wollte die Gesandten des Kai
. set-I nicht anhören, die Petition der ko
treanisehen Patrioten Hawaii-, verhallte
ungehört, die Minierarbeit des Eng:
sittnders Bekhell war ebenso umsonst
Igewesen wie der Ruf zu den Waffen;
sgegen das siegreiche aufstrebende Ja
span konnte das rückständige Korea
s nicht angehen. Der 24. Juli 1907 sah
s den Schluß des Dramas. Nach einer
- langen Nacht der Ueberlegung zeichnete
der alte verztveifelndeMann friih mor
gen-S im Palast seinen Verzicht auf den
Thron nnd erliesz sein letztes (Sditt,
das nicht ohne Pathos ist:
»Der Himmel möge es hören. Ueber
vierzig Jahre haben Wir das Werk
unserer berühmten Vorfahren fortge
filhrt. Das Reich hat Unruhen aller
Art erlebt, und vieles ist ganz gegen
Unsere Absichten gegangen. Vielleicht
waren Wir nicht immer glücklich in der
Auswahl derer, die die Geschicke des
Landes leiteten. Die Unruhen haben
sich ständig getnehrt nnd alle Versuche
Abhilfe zu schaffen, sind fehlgeschlagen
Die Schwierigkeiten sind nun fast un
ldsbar geworden und niemals hat die
Schwierigkeit Unser bedrängtes Volk
zu regieren, so auf Uns gelastet, wie
setzt. Wir zittern vor Furcht, nnd Uns
ist so, als ob Wir über der dünnen
Eisdecke eines tiefen Wassers wandel
ten. Schon von llnseren Vorfahren
waren einige müde der schweren Ver
pflichtungen des Thrones und haben
sich zur Abdantnng entschlossen. Dahe:
übergeben Wir jetzt dem Rronprinzen
die Regierung, mag er es versuchen
den Staat weise zu regieren. Wir be:
fehlen hiermit dem Zeremonienamt des
Raiserlichen Haushalts die nöthigen
Maßregeln zu treffen!«
Der Vorhang fiel, dahinter erhob
sich wilder Tumult, nach alter asiati
scher Sitte begingen Patrioten Selbst
mord, andere verstiimmelten sich gräß
lich, die Armee revoltierte am 1. Au
gust, und die wenigen Truppen wur
den von denJapanern vernichtet in hei
ßem Kampf, der selbst dem tapferen
Feind Achtung abnötiqte.
Mit der neuen Zeit verschwand eine·
interessante Persönlichkeit aus Sönl,
Fräulein Sonntag, die Hof--Jntendan
tin. die einstmals als bessere Köchin
und Haushalterin zu dem russischen
Gesandten nach Söul gekommen war
nnd eine vermittelnde Rolle in vielen
Angelegenheiten gespielt hat, beson
ders, nachdem sie der Kaiser nach sein-er
Flucht in die russische Gesandtschast
1895 schätzen gelernt hatte. Jhr selbst
ist es nie eingefallen, sich den hochtö
nenden Titel einer ,,Kaiserlich toreani
schen Oberhofmeisterin« anzumaßen,
den ihr jetzt eine Verdffentlichung einer
deutschenseitnng zulegt.
Der alte, 59jährige Yi Hering sitzt
nun bei feinen Büchern tagaus, tagein
und hat sich in sein Schicksal gefunden.
Den Thron bestieg sein etwa 35jähri
get Sohn, ein Mann ohne jede Bedeu
tung, von dem sogar behauptet wird. er
sei schwachsinnig. Er ist eine Puppe
«Weiie entsprechend-Behandlung zutheil
der-Japaner, seine offizielle Thätigteit
besteht darin, Audienzen zu ertheilen
nnd Editte —- von der Generalresiden
tnr redigiert —— zu unterzeichnen. Jm
übrigen lebt er einfach und zitriickgezo
gen bei feinen Büchern, und seine ein
zige Freude ist, zu essen, wobei er mehr
aus Quantität als auf Qualität sieht.
Seine Reise durch das Land unter Be
nutzung der Eisenbahn ist wohl das
einzige Ereignis von Bedeutung im
Leben des halb Erblindeten gewesen«
Japan hat ihm als Hauswinister Ex
zellenz Komiya zur Seite gestellt, der
seine Studien in Breslau vollendete.
Jn ihm lernte ich einen vornehm den
tendeu, ruhigen, wohlwollenden Mann
kennen, dessen ganze Persönlichkeit ver
söhnend wirkt. Jhm ist eH in allerer
lter Linie zu danken. daß in die gera
dezu chaotischen Zustände des Hofes
jetzt Ordnung gebracht ist und daß dem
Kaiser eine seinem hohen Rang in jeder
wird. Er hat das schwierige Unter
nehmen der Aufriiumung des Palastes
durchgeführt, und dort, wo Berge von
Schmutz und Gerümpel lagen, wo häß
liche Baraeten den Anblick veranstalte
ten, hat er unter vollem Beibehalt der
toreanischen Eigenart einen modernen
Palast geschaffen.
Wundervoll ist der Naturpart des
Schlosses, der Berg und Thal dahinter
bedeckt. Ein Theil wird jetzt zu einem
japanischen Part umgearbeitet mit mo
dernen Treibhäusern, auf die sich zu
Komihas Bedauern der toreanische
Stil nicht anwenden ließ. Jm alten
Pakt zierenPavillons die Kuppen, Lo
tukteiche liegen im Thal, Wasserfälle
zind Briicten zieren das Ganze. Hier
liegt der geradezu winzige Simmerpa
last, in dem früher Nacht fiir Nacht der
Tanz und der inelanchoiische Gesang
der ,,taiserlich koreanischen .Hrftönze
tinnen«, der Gyssons, d. h. des kaiser
lichen Harems, das Auge des Kaisers
und des Hofes erfreute. Jedes Mäd
chen des Landes und ihre Familie rech
- nete es sich zur höchstenEhre an, ia die
sen Hareni eingereiht zuwerden. Die
se so unschuldig aussehenden Schönen
mit den Kinderaugen förderten die Jn
trigue, und aus ihrenReihen aing man
che Persönlichkeit hervor, die Einfluß
auf die Geschichte des Landes gewann,
so die vielgenannte Ladh Om, einer
Ninon de l’Enclos in ihren Schicksalen
vergleichbar. Sie wurde schließlich
die Gemahlin des jetzt Entthronten,
und ihr Sohn ist der in Japan erzoge
ne und dort noch seinen Studien oblie
gende Kronprinz Koreas.
Das ist das Gliick und Ende einer
Dynastie, die fast ein halbes Jahrtau
send dieses Land beherrschte und es
schließlich ins Verderben und die Ab
hängigkeit des mächtigen, emporstre.
benden Nachbarn führte
Der normale E nähruuaözufmnd
des Menscher-.
Der Ernährungszustand des
menschlichen Körpers wird bedinat
durch den Bestand desselben an we
sentlichen Körperactveken Von die
sen inichtiaen Körpergeioeben nimmt
das SJJiustelsleiscb 43.4 Prozent, das
Fett mit 17.7 Prozent, die Knochen
mit 17.4 Prozent, Blut und mephe
mit 10 Prozent, Driisen und Nerven
mit l; Prozent, Haut mit zirla 5 Pro
zent teil. Ersabrungsqemäsz verhal
ten sich Maße und Getvichte der einzel
nen Gewebe bei verschiedenenMenschen
verschieden in der Anlage. Man kann
demnach sniistulöse seite, lnochiae und
blutreicbe Menschen unterscheiden, resp.
:iiu’L«-lelarnie, iettarme, blutarnie uan
Dr. Leder in Niederlößnitz definiert
den Erniihrunggaeaenstand als den
Bestand an Körperaetvebem soweit er
von der Nahrunggzusuhr abhängig ist.
Wie gros-, der Lebensspielraum des
Irnäbrnngsznstandes ist, läßt sieh zis
sernmäßia nicht zum Ausdruck brin
gen. Einen Anhaltspunlt bietet das
Gewicht, bis zu dem der menschliche
Körper bei völliger Nahrunasentzie
hunq herabsinken kann. Der Tod
tritt ein« wenn 40 Prozent des ur
fpriinalichen Getvichts verloren sind·
Bei lanasamemVerhunqern treten noch
erheblich höhere Gewichtsverluste ein,
bevor das Leben erlischt. Professor
von Norden berichtet von einer Kran
len, die innerhalb 18 Monaten von
250 aus 85 Pfund abgemagert war
und dann gestorben ist. An dein Ge
ivichtsverlust beim Hungern sind nicht
elle Gewebe gleichmäßig beteiligt:
Das Nervensystem mit 1 bis 2 Pro
zent, die Knochen mit 15 Prozent, die
Muskeln, Drüsem Blut mit 40 bis 50
Prozent, die Fettgewebe mit 70 bis
010 Prozent. Die oberste Grenze, wie
viel Prozent an Gewicht der mensch
liche Körper durch langsame lieber
ernähruna äusserstensalles zunehmen
tann, ist noch nicht sicher festgestellt
Der schwerste lebende Mann hat 1000
Pfund gewogen! Der schwerste männ
liche Patient, den Dr. Oeder behan
delte, wog 360 Pfund, er gab an, 25
Jahre lang zwischen 375 und 388
Pfund gewogen zu haben, in Marien
»bad nahm er stets 25 bis 28 Pfund
rab, die nach fiinf Monaten immer wie
der »dringessefsen« waren. .
Wie soll nun aber am Lebenden fest
gestellt werden, ob ein normaler Er
nährungszustand vorliegt? Als Grad
messer hierfür wählt man zweckmäßi
aernseise das Fettgewebe, und zwar
deswegen, weil es seiner oberfliichli
chen Lage wegen der direkten Messung
zugänglich ist. Natürlich sollen auch
die anderen Organe zur Beurteilung
hinzugezogen werden. Dr. Oeder
sagte sich, was am Körper ebenmiißig
und kraftvoll aussieht, nicht nur als
Norm der Schönheit, sondern auch der
Gesundheit und eine Art von Richt
schnur fiir die Beurteilung des norma
len Ernährungszustandes angesehen
werden darf. Alsdann priifte er, wel
che Merkmale, insbesondere von seiten
des Fettpolfters, den ebenmäszigen
Körpern gemeinsam waren, Dabei
kam er auf folgende Punkte: 1. Un
fiihlbarieit der Zwischenraum am
Brustbeinz S· Unsichtbarkeit der Zwi
ichenräume am Handriickenx Z. glei
ches Niveau von Brust und Bauch in
Rückenlage; 4. Z Zoll bis Iz Zoll
Fettpolfter am Bauch. Diese vier
Merkmale sind nicht alle gleich wichtig,
das eine oder andere kann zuweilen
fehlen, ohne daß deshalb der Ernäh
rungszustand abnorm zu sein braucht,
um so sicherer ist das Urteil über den
tssrniihrnngsznstand
Der Niedergang des eugttfthm Cr
finde-seines
Jn einem kürzlich erschienenen Auf
satz der »Westminster Gazette« wird
der auffallende Rückgang des engli
schen Erfindergeistes beklagt, und an
der Hand eines reichen statistischen
Materials nachgewiesen, daß vor
allem Deutschland das britische Reich
aus technischem Gebiete in einer unge
ahnten Weise überflügelt habe. Das
Uebergewicht des Auslandes begann
mit der Erfindung der Elektrizität;
alle modernen Einrichtungen, die mit
ihr zusammenhängen, wie Faust-re
cher, Fernphotographie und dergleichen
sind von Amerika und mehr noch vom
Kontinent nach England gekommen.
Bon Deutschland übernahmen die
Engländer das Azethlengasx die Hoch
öfen werden nach französischen und
italienischen, besonders aber nach deut
schenPatenten gebaut, und britische
Unternehmer der Oechelshäuserschen
Gasmaschinen Als vor einigen Jahren
: die Bahn zwischen London und Brigh
ston fiir den elektrischen Betrieb einge
richtet wurde, war keine englische Fir
ma imstande, diese Umwandlung vor
» zunehmen und die Berliner Allg. Elek
! trizitätss-Gesellschaft erhielt daher den
sAuftrag Von der gleichen Berliner
s Gesellschaft ist auch die Anlage fiir den
lelektrischen Betrieb der Randminen in
i Trangvaal hergestellt worden. Die
ganze chemische Industrie Englands
beruht auf der deutschen Wissenschaft
und selbst die Sprengstoffe der Ge
schosse sind nach deutschen Angaben
hergestellt. Daß auf dem Gebiete der
Luftschiffahrt England von Deutsch
land überflügelt worden ist, bedarf tei
ner weiteren Bemerkung. Es kommt
hinzu, daß in Deutschland nicht nur
weit mehr Patente angemeldet werden,
als in England, sondern daß auch die
englischen Patente meist Nebensächlich
keiten betreffen, während in Deutsch
land nur ernste Gegenstände angemel
det werden. Den Grund fiir diesen
auffallenden Rückschritt Englands
sieht man in der völligen Vernachläs
sigung der Wissenschaft durch die
Großindustrie, Und alg erst kürzlich
ein Mitglied der Ronal Society ge
fragt wurde: »Welcher Zusammen
hang besteht zwischen Wissenschaft und
Jndnstrie in England?« mußte er er
widern: »Gar teiner.«
—-..—
Voghust
Jn einem Wein-Rest0.urnni liegen
aus einem Tisch eine groß-e Anzahl
Weinetitetten ,,«.)lha«, sagt ein Gast,
der sie gesehen hat, »neue Tnusscheine!«
Die Hauptsache-.
Mutter: ,,Mädels, denkt Ihr denn
gar nicht nn Eure Zukunft?«
,,Bewat)re, nur an den Zukünfti
gen!«
Prote.
»Herr Direktor, Ihr Sohn ist der
reine Tansendsassn.«
»Am sagen wie lieber: ein Millio
nen sassa.«
Was ein andrer errungen hat,
schreiben wke meistens dem Glück zu,
was wir selbst erringen, dem eignen
Verdienst