Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 19, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    Die Reise.
Von Max Freis.
Vom Hause führten zwei hohe Stu
sen in den kleinen Garten; und der
Friedl mußte sich gewaltsam plagen
und die dicken Beinchen sehr mühselig
strecken, um da hinunter-zukommen
Aber es stand dafiirl An der Mauer
lehnte eine Bank, die grüner war als
alle Blätter des Gartens zusammen,
und glänzte von frischem Lacl und
Sonnenschein Die saule Katze Minka
blinzelte lustig, wie der Friedl so wich
tigthuetisch herabgelollert kam, und
alle gelben und blauen und rothen
Blumen lachten und nielten mit den
Köpfen: Guten Morgen, klein FriedL
guten Morgenl«
Der Friedl steckte die händchen dort
hin, wo die großen Leute Hosentaschen
haben, und schaute in den himmel, bis
ihm die Augen weh thaten; dann ging
er bedächtig und langsam zu der klei
nen Psiikr. in der die alte Schopsente
das Bad ihrer Kinder beaussichtigte.
Klein Iriedl seste sich in’s Gras zwi
schen frische. grüne Kreise und län
zende Butterblurnen, sah eine ile
vergnügt in den kleinen Tümpel und
begann dann mit einer alten Peitschen
schnur zu angeln.
Jn dem Tümple war es so blau.
als wäre ein Stückchen Himmel hin
eingefallen; manchmal kam eine ganz
kleine weiße Wolle und schaulelte
über das Wässerchen hin. Mama
Schopsente schnatterte mit den Kin
detn und am Zaun sasz eine Drossel
und sang. Es war Alles rundum un
endlich hell und lustig; nur der oicke
Iriedl saß so ernst und würdevoll da,
als wäre er der alte brumrnige Mei
ster Schweichhart vom Nebenhause.
Er sah starr ans seine Schnur und
hatte dabei viele schwere und klug-e
Gedanken.
Er dachte nach, wie lange er eigent
lich schon in diesem Hause bei Vater
und Mutter war; es mußte schon sebr
slan e sein. Minia, die Katze, war erst
vie später gekommen — von der
Schopsente gar nicht zu reden. Die
griine Bank allerdings war immer da
gewesen; aber die war ja eigentlich
nicht lebendig und man tonnte sich
nicht gut mit ibr vergleichen. Der
lange Peter aber war nur ganz kurze
Zeit beim Vater im Geschäft gewesen:
und die dicke Kathi hatte die Mutter
auch bald weggeschickt. Und die liebe
kleine Gretelschwester war nach einem
Jahre in einer kleinen Kiste in den
himmel gefahren. Damals war Friedl
drei Jahre alt aewesen und hatte ge
weint vor Neid iiber die schöne Reise.
Aber das war schon lange ber. Klein
Friedl stand mit einem plötzlichen Ent
schlusse aus. Nein, so ging das nicht
weiter! Er konnte nicht sein ganzes
Leben lang bei Vater und Mutter
bleiben: er mußte auch fort. Er packte
seine Peitschenschnur ein und staetelte
ins Hauf-.
»Mutter«. sagte er. »pact mir ein
Pinterl, wie der lanae Peter eines ge
habt hat« ich geb’ sort.«
»Aber, FriebL was fällt Dir denn
ein? Geh’ schön Ball spielen!«
Aber Klein Friedl hatte einen dicken
Kopf.
f »Nein, ich will ein Vinterl und geh’
ort.«
»Aber warum denn? Hat Dir wer
Was thi1n?«
»Nein, aber ich tann nicht immer da
kleiden, ich will ein Pinlerl und geh’
ort.«
»Hörst, Friederi, wir haben heute ei
nen Topsenstrudelz da wirst doch nicht
sort gehen.«
Das war eine schwere Versuchung:
Mein Friedl schluckte ein paar mal
und dann entschied er sich: »Giebst mir
halt an Strudel mit und ein Pinsteri
und ich geh« sort!«
Das machte der Frau Bauer Spaß,
und so wette sie einen lleinen Pintel
zurecht, gab dem Friedl Vaters großen
Stock und sagte: »Gliielliche Reise,
Friederl.«
»Also Adieu, Mütter«, sagte der
FriedL machte sich aus die Beine, tol
lerte die zwei Stufen in den Garten
hinunter und ging stolz an der Enten
psiitze vorbei; wie er beim Gattenzauri
war, sragte die Mutter:
»Na. Friederi, wohin gehst denn ei
gentlich?«
»Ja, aii das hatte der Iriedl noch
nicht gedacht; er blieb stehen und schau
te rathlos die Mutter an· »Weißt
sivaä«, schlug die dar, » eh' zum Nackx
bat Schiveichhart, willt?«
Da ging der Friedl aus die Straße
hinaus; die Mutter aber versteckte sich
hinter dem Fliederdusch und sah zu,
was ihr Bub wohl anfangen würde.
Meister Schweichhart, der Schmied,
war ein verbitterter, unfreuiidlicher
Mann, der würde dein Friedl die Lust
zum Wandern bald vergessen lassen!
Vor der Schmiede lag ein verboge
ried Wagenrad iind daneben sasz die
rothhaarige Mariedl. MeisterSchweich
hat« Jüngste; sie rieb mit vieler Be
isterung ihrem Bruder LengWagem
Ihmiere ins Gesicht; l’5lari, r älteste
der dreizehn Schweichhart Kinder, hin
gegen vergnügte sich damit, deni strap
pigen Hunde Türtl Sand in die Oh
ren zu sitlleii.
Der dicke Friedl sah dem eine Zeit
lang nachdenklich zu und wu te nicht
richt, sollte er den Flori rnit eid oder
Verachtuna betrachten. Schließlich
sagte er wichtig: «hörst. ich hab’ aber
an Topsenstru el!'« Der Flori wars
glei iltig eine lehte hand voll Sand
nachk riedl’i5i »Pinterl« und ing pfei
lend in die Schmiede Da ahte sich
Klein Iriedl ein herz und ging ihsn
sach. Meister Schivetchhart sah er
staunt und durchaus nicht sreundlichi
den Gast an. .
»Was willstt« i
,,Dableiben«, meinte der Friedl j
»Di’ tunnt ma’ brauchen! Schau
daß Ahorn tummst!« i
«Na'«, sagte der FriedL ,,dort war
ich zu lang. das geht net wehr.«
Der Meister Schweichhart schüttelte
den Kovs und dachte nach, was das
bedeuten könne. Dann sagte er: »J
hab« selber dreizehne, kann ioans mehr
brauchen, geh’ leicht zzin reichen Herrn
Koppe hinter der Kirchen, der hat ja
Geld gnua, der kann si’ so an G’spaß
derlauben, ha?·«
Der lleine Friedl stand betrübt und
nachdenklich.
»Oimmelberr·aott, setzen schau schon,
daß D’ außitammst — hab’ toa Zeit
net siir Dich«, polterte der Schmied
plö lich los. I
schluckte Friedl ganz plötzlich ein
paarmal hinunter und marschirte da-;
von.
Eigentlich war es viel besser, zum
Ren Kappe zu gehen, der hatte einen
n und ein Pferd und eine großes
Do e mit lustigen bunten Zuckeran
Und er selbst war auch viel lustigeri
und freundlicher als der Meisters
Schweichhart. Ganz vergnügt trabtei
tlein Friedl den haupiplad entlang»
und in Herrn Koppe’s Geschäft. (
Dort ertliirte er die Sache, erzählte
Einiges von der Minte nnd demi
Topsenstrudel und Herrn Koppss GH
ficht wurde immer lustiger und
freundlichen aber schließlich sagte er:
»Weißt, Friederi, bei mir tann ich
Dich nicht behalten, weil ich jetzt ver
reisen muß. Gel,st jetzt schön wieder
nach Hause «- und-«l-is ich—« ioieders
nimm-, rrtegn ein nioerneg uuxeu in
ein’ goldenen Büchserl, willst?«
Da lief der Friedl nach use so
schnell er konnte und erzählte IMM
tet. daß er ein silbernes Nixerl in ein’j
goldnen Bächserl kriegen sollte. »
Er erzählte davon der Kaye Minta,!
der grünen Bant und der SchopfenteH
er träumte bei Nacht davon und malte
sich tagiüber die unsagbaren Schön
beiten des Nirerls aus. Er wartete
ein paar Wochen darauf und war stolz
wie ein König. Schließlich hielt er’s
nicht mehr aus. Er ging zu dem rei
chen herrn Kappe und oerlan te sein
silbernes Nirerl im goldenen üchserl.
Da lachte der schrecklich und sa te:
»Aber dummer Friederi, das gie t’si
doch gar nicht. Ein Nixerl, das ists
eben nichts. Nein, dummer Friele
dummer Friele l
Da schlich der dumme Friedl ganzi
still nach hause und setzte sich zurs
Entenpsiiye. Und alle rothen undx
gelben und blauen Blumen lachten’
und die Katze Minta und die Bank,
die Schopfente und ihre Kinder, sie
alle lachten über den dummen Friedl.
Der aber hielt die Händchen tm's
sicht und weinte.
Dies war die Geschichte, die der
Friedl als alter Mann noch oft er
zählt; und immer setzte er hin ur
»Warten gar Viele auf ein groezesj
Glück und sind stolz wie ein König!
und lriegen nur — ein silberne-H
Rixetl in ein’ goldenen Bücherl —«
Die ern-im Immun- m ouwpa.s
Aus die Frage nach dem kleinsten ;
europaischen Staatswesen mit redu
dlitanischer Verfassung würden die
meisten Menschen, der Geographiestuni
de aus der Schule gedenkend, gewiß
antworten: San Marino und Andori
ra. Tatsächlich aber sind Marin mit
seinen 32 Quadratmeilen und 1(),Z16
Einwohnern und Andorra mit seinen
175 Quadratmeilen, aber nur 52531
Einwohnern geradezu Großmächte im
Vergleich zu der Revublik Tavolara.
Man tritt dem Wissen des geehrten
Lesers wohl taum zu nahe, wenn man
annimmt, dasz der Name dieses nach
den Grundsiiyen der Freiheit, Gleich
heit und Brüderlichkeit verwalteten
Ländchens noch niemals zu seinen Oh
ren drang. Denn kein Schulbuch gibt
von ihm Kunde, und aus keiner der bet
uns gebräuchlichen Karten sindet man
es. Dazu ist es zu tlein.
Die Republik Tavolara ist eine Jn
sel. Sie liegt etwa acht bis neun
Seemeilen vor der Osttuste von Sar
dinien und ist nicht mehr als 9 Qua
dratmeilen groß, aus denen 50 bis 60
Menschen leben. Jm Jahre 1830
übertrug König Karl Albert von Sar
dinien das unbeschränkte, souveräne
Eigentum der Jnsel der Familie Bar
toloni. Diese erklärte die Jnsel allso-—
gleich Zum Königreiche, und eins ihrer
Mikgl eder bestieg als König Paul l.
den Thron von Tavolara. Paul l.
regierte nicht weniger als 50 Jahre
lang zu voller Zusriedenheit seiner Uns
tertanen. Er starb 1882 und sprach
aus dem Todtenbette den Wunsch aus,
man möchte ihm keinen Nachsolger ge
ben. Ja, dieser König war eigentlich
ein Anarchist, denn er erklärte es siir
das beste, daß Tavolara sich ohne jeg
liche Regierung behiilse. llnd so ge
schah es. Ein Thronprätendent trat
nicht aus, und vier Jahre lang, bis
1886, lebten die Tavolaraner ohne alle
Obrigkeit. Aus die Dauer scheinen
sie indessen doch die Schattenseiten
dieses Zustandes empsunden zu ha«
ben. Es gab Streitigkeiten, die zur.
Proklamierung der Republik siihrten.i
Jtalien erkannte 1891 die Republit
Tavolara als selbständiges Staatswe
sen an. An der Spitze der Verwal
tung von Tavolara steht ein Präsident
ver Republik, der sich aber von seinen
Kollegen, den beeren Fallieres und
Tast, dadurch unterscheidet, daß er
keinen Cent Gehalt bezieht.
Vergessen.
Erzählung von Theodor Hoff
manm
Paul Sernow, in Firma Sernow
Fa Cv., war in arger Geldverkegenheit.
Eine Spekulsation, auf die er alle
Hoffnungen gesetzt hatte, war wider
sErwarten fehlgeschlagen; jetzt war Ul
stimv vor ver Thür, die Rückstande
ssollten gezahlt werden, und es waren
Iskeine tausend Mart in der Kasse. Was
nun beginnen?
Nathlos ging er in seinem Bureau
umher. Wohl zum sechstenrnal durch
s sah er die mit Bleistist gemachten No
jtizem aber alles war umsonst, das
« Defi it war da, und eine Deckung da
fiir Zehltr.
« Grauenvoll stand die Zukunft vor
ihm. Er war ruinirt. Zwei Wiege nur
blieben: der Bankerott oder der Re
"volver.
Kalter Schweiß trak ihm auf-die
Stirn, und ein Schauer durchrieselte
ihn. So jung, noch teine dreißig Jah
re, und solch ein Ende! Pn stummer
Verzweiflung warf er ich auf das
Sofa, preßte die hönde an die Stirn
und stierke tathlos vor sich.
Plötzlich trat jemand ein. Louis
Jensen, sein alter Jugendfreund war
es; fast erschrocken trat er näher.
Paul stand sofort auf und begriißte
voll Verlegenheit den Freund, den er
seit einigen Jahren nicht gesehen hak
te. Früher waren sie eng befreundet
gewesen, dann aber hatte Paul andern
Verkehr, da der Freund ihm zu ein
fach und altmodisch erschien.
»Dich wundert mein Kommen?«
fragte der Freund
Verlegen entgegnete Parl: »Ich muß
mich entschuldigen, daß ich so lange
nicht bei dir war!'« -
»D, dazu hast du keine Ursache, un
sere Wege gehen ja nicht nebeneinan
der, jeder geht ja heut seinen eigenen
fnteressen nach, Der Kampf ums Da
ein läßt uns ja teine Zeit übrig.«
Zustimmend nickte Paul. wurde aber
nur noch mehr verlegen.
»Ich bin auch nicht gekommen, dir
deshalb Vorwürfe zu machen, lieber
Paul, nein, ich komme, dir zu helfen."
Der junge Bankier fuhr zusammen
nnd starrte den Freund an.
Dieser niate lächelnd: »Ja, ja, mein
Junge, ich weiß alles, ich tenne deine
Lage, du bist vor decn Ruin. Und
eben deshalb bin ich hier. Also wie
viel brauchst du?«
Noch immer fand Paul reine Worte
So sprach der Freund weiter: »Da
inik du also Klarheit hast, ich weiß
es von meiner Schwester Frido; die ist,
wie du nicht zu wissen scheinst, in der-i
Bankgeschäft von Wolter als Buchhal
terin angestellt; dort hat man deine
Vornahrnen und deine Lage bespro
chen, und da hat sie mir alles wieder
erzählt-«
Jetzt war Paul niedergeschlagen.
Ein neuer Vorwurf traf ihn. Denn
dies junge Mädchen war dereinst seine
heimliche Verlobte gewesen, er hatte
sich aber auch von ihr zuriickaezogen,
weil er eben höher hinaus wollte. Und
-nun kamen diese beiden so Vernachläs
sigten und boten ihm Hilfe an, die ihn
vorn Untergang retten konnte· Das
beschämte ihn tief.
»Also sprich frei von der Leber
’runter«, sagte Louis, ,,wieviel brauchst
du?«
Ohne ein Wort zu erwidern, reichte
ihm Paul den Zettel hin, vor dem er
bis jeßt gebriitet hatte
»Alle Wetter! 26,000 Mark! Da:
rauf war ich nicht gefaßt«, sagte der
Freund.
Angstvoll und zitternd sah Paul ihn
an. Schon drohte auch die letzte Hofs
nung wieder zu versinken.
Doch der Freund besann sich und
sagte kurz entschlossen: »Ich gebe dir
das Geld; morgen Mittag kannst du
daraus rechnen. —- Aber ich muß dich
Als der bekannte chinesische Pä
dagoge Dr. Ding noch ein Kind wor
versprach er seiner Mutter-, drei sei
ner Fingeknägel nie schneiden zu
lassen, sondern den einen der »Macht
Ldes Himmels«, den zweiten der
warnen, Paul, laß dich nicht wieder
aus so leichtsinni e Unternehmungen
ein. Ich gebe dir Fast die Hälfte mei
ner Ersparnisse. Jch vertraue dir,
wirthschaste gut mit dem Gelde, be
dente, daß ich es meiner Familie ent
zog, um dir zu helfen!«
Und Paul umarmte den Freund,
und mit thränendurchzitterter Stimme
entgegnete er: »Nic, niemals werde ich
dir dies vergessen, lieber Louis! Ewig
idankbar will ich dir dasür sein, du
hast mir ja die Lust zum Leben wie
sdergegebent Du guter, lieber Mensch!«
-— und er umarmte und küßte den
Freund. —- -—- — .
Ein Vierteljahr später
Das Haus Sernow F- Co stehti
wieder sest und sicher da. Die sSchlappe
von ehedem ist ausgeglichen, und seit-s
dem ist Paul vorsichtig geworden. Aberj
er arbeitet jetzt mit Glück, denn seine
Verbindungen sind geradezu glänzendes
geworden. Es geht auch schnell aus
wärts.
Natürlich glüht in seiner Brust noch
immer die Flamme der Dantbarleit
siir den uneigennützigen Freund, abers
davon spricht er zu niemand, und
wenn es irgend angeht, meidet er auchi
die Nähe des Freundes, denn er hats
das leise Gefühl, als schäme er sichs
vor diesem schlichten Menschen
Auch bei Fräulein Frida hat er
herzlichst sich bedankt.
Er hat sie einigemal ins Theater
geführt, ist auch zuweilen mit ihr sva
zieren gefahren, als er aber merkte,
daß sie den vertraulichen Ton von
ehedem wieder anschlag, hat er sich nach
und nach oon neuem zurückgezogen, —
denn sie zu heirathen, daran dachte er
auch seht noch nicht. Das hieße doch
die Dankbarkeit ein wenig weit trei
ben, zumal iekh wo er doch bal e
nug eine günzende Partie mackse
konnte.
Einmal indessen kam er allmonatlicli
mit den beiden Geschwistern zusam
men, das war schon nicht zu umgeben,
nur war er stets froh, wenn seine Ge
schäftssreunde von diesen nichts er
subren, — eine Empfehlung für ihn
wäre das gewiß nicht, meinte er stets
mit spöttischem Lächeln. —- — —
Ein Jahr später.
Louis Jensen ging mit seiner Frau
über den Opernplatz. Es war eine
Minute vor Beginn der Oper.
»Gebt da nicht dein Freund Setnow
mit der Familie Wolf zusammen ins
Opernhaus-ist« fra te die Frau.
Gleichmüthig nidte Jensen nur
»Aber er grüßte dich doch gar
nicht?«
»Er wird uns nicht gesehen haben.«
Pause. —- Beide denten nach. Dann
die Frartt »Sag mal, ich dachte der
Sernow würde einmal die Frida hei
rathen?«
»Ja, das bildete ich mir auch ein,
aber wir scheinen uns geirrt zu ba
ben. «
»Findest du nicht, Mann, daß Ser
now uns jetzt aussallend vernachläs »
sigt?« H
,,LiebeL Kind, er hat so viele Ver I
bindungen dent doch nur, wie groß
sein Geschast geworden ist!«
« i. ja, rsas schon, aber er ist dir
doch Dant schuldig, lieber Louis. «
Jensen zuckte die Schultern »Er
hat sa vor acht Tagen alles zurücke-e
zahlt. «
»Aber damals hast du ihn doch vom
Untergang gerettet!«
Jenseit nickte mit wehmüthigem
Lächeln. »So etwas vergißt man gar
bald!"
»Aber er ist doch dein Freundi«
»Ich fürchte, er ist es nicht mehr«,
sagte er und machte sich start, denn
Thränen wollten hochtommen —
Zwei Jahre später. —
Ein glänzender Hochzeitsng schrei
tet durch die reichgeschmüctte Kirche
Die Damen in prächtigen Seiden
und Brotat -,Roben suntelnd von Dia
manten und andern echten Steinen,
Eine eblneiisehe Rat-ietzt.
»Macht der Erde« und den dritten
dem Konifwtfe zu weihen. Sie sehen
jetzt so aus, wie unser Bild zeigt.
Ein amerikanischer Sommer hat dem
Dr. Ding vergebens s1000 für seine
Nägel geboten.
die Herren im Frack und Unisorm, ge
schmückt im Glanz all ihrer Ordens
sterne.
Paul Sei-now siihrt die einzige
Tochter des steinreichen Wolf an den
Altar«
Jm Mittelschiss der Kirche sitzen
die Zuschauer, eng gedrängt, Kopf an
Kopf, und halblaut wird die Unter
haltung geführt.
»Ja, der ist jetzt schöne ’raus«, sagte
eine dicke Dame. »Der hat jenug für
dies Leben, zwei Millionen triegt er
ja mit.« .
Allgemeines Erstaunen und Kopf
schiitteln der Bewunderung
»Aber der has-Z auch verstanden.
Der ist een janz Schlauerl Fräher,
ach du meine Jüte, da hätten Sie’n
mal sehen sollen, das reine Elend, sage
ich Jhnent Jch kannte ja seine ganze
Familie taum satt zu essen hatte
te.« —
Dann meinte eine andere:
»Er stand doch mal sehr an der
Kinde, nicht wahr?«
Die dicke Dame nickte, als wisse sie
alles. »So was vergißt man schnell«,
lächelte sie boshast.
Jn diesem Augenblick kam das
Brautpaar vorüber. Alles schwieg
und staunte das Paar an.
Und ganz drüben in der Ecke, unge
sehen von allen andern, saß ein al
terndes Mädchen und drückte das Tuch
ans Gesicht.
»Aber stidm nimm dich doch zu
sammen«, agte ihr Bruder, der hinter
ihr stand-.
»Ach, Louis«, sliisterte sie, »ich habe
ihn ja so heiß geliebt.«
Da ertönte laut des Prediqerss
Stimme und ebenso laut sprach der
junge Bräutigam sein »«-a«.
Ganz hinten aber saßen die Ge
schwister Und blickten durch thränen
umslorte Augen aus all’ den Glanz,
der sie nun auf immer von dem Freun
de trennte.
Ein Mäskchen tu Chr-en
»Ein Küßchen in Ehren — kann
Niemand verwehren·', sagt das-Sprich
wort ermunterntd, aber daß ein Kuß
sogar eine beträchtliche Summe Geldes
ein-bringt, gehört gewiß nicht zu den
alltäglichen Dingen. Jn England hin
terließ türzlich eine alte Dame, sdie
Univerheirathet geblieben swar, ein
Testament, in dem sie unter anderen
Legaten auch die Bestimmung hinter
ließ« daß ssie 500 Psd. Sterling für
Denjenigen bestimmt habe, »dessenKuß
unter dem Mistelzweig sie niemals
vergessen habe.« Die Vorgeschichte die
ser merkwürdigen testamentarischen
Bestimmung besteht darin, daß die
alte Dame sich einst vor vielen Jahren
in einer Weihnachtsgesellschuft befun
den hatte, und daß in weiteren Ver
laus des angeregten Abends ein lusti
ger Schulbub hinter den Stuhl « der
schon etwas ältlichen Dame trat, den
tleinen Mistelzweig in der Hand iiber
ihren Kopf hielt und ihr einen tüchti
gen Kuß ausdrückte. Sie lachte und
drohte zwar, ihm sdie Ohren abreißen
zu wollen« aber das Kompliment des
jugendlichen Antbeters hatte ihr doch
gefallen. Die Jahre gingen hin, aus
dem Schulbuben war ein Mann ge
worden, dem eg im Kampfe um das
Dasein nicht gut erging und der höchst
erstaunt und zugleich erfreut war, als
er eines Tages von einer großen
Rechtsnnwaltgfirma die Nachricht be
lam, daß eine von ihren Klintinnen
ihm 500 Pfd Sterling hinterlassen
habe
-—-—-.—-—
dösttchtett het Kinder-m
Eltern, die ihre Kinder zur Höflich
keit erziehen, erziehen sie zur Menschen
liebe, flößen ihnen Rücksicht und Ach
tung gegen ihre Nebenmenschen ein und
wirken dadurch am kräftigsten der na
türlichen Selbstsucht entgegen, welche
so leicht geneigt ist, das eigene Jch als
Mittelunkt zu betrachten. Jindem die
Eltern ihre Kinder zur Höflichkeit er
ziehen, sorgen sie dadurch aber auch
am besten siir ihren eigenen Frieden.
siir ein glückliches Familienleben, —
während hingegen diejenigen, welche
ihren Kindern ungerügt l!nhöslichtei
ten hingehen lassen, sei es gegen sie
selbst oder gegen Fremde, es sich allein
zuzuschreiben haben. wenn der Mund
der erwachsenen Söhne oder Töchter
nicht immer Worte der Ehrerbietung
spricht. Dass Kind, welches von der
ersten Jugend an gewöhnt wird, um
jede Gabe zu bitten und sich auch sür
die lleinste zu bedanken, wird auch in
späteren Jahren sich scheuen, von den
Eltern anders als bittweise die Er
füllung eines Wunsches zu erlangen,
während im«entgegengesetzten Falle der
erwachsene Sohn. die erwachsene Toch
ter nur zu ost ein Recht zu haben
glauben zu fordern, und selbst bei
wirt«lichen, ihnen von den Eltern ge
brachten Opfern den Dank vergessen.
Wh
Serciii.ssimiis.
Nach dem Hofconrert wird Seiner
Erlaucht der bedeutende Künstler vor
gestellt, der dem Abend erst die rechte
Weihe gegessen h.·—.t. »Spielen Sie nur,
äh, Klavier, mein Lieber?« lautet die
huldvolle Ansprache.
»Nein, Erlaucht. ich spiele auch
Geige.«
»Seht nett. äh, wirllich sehr nett,
da tönnen Sie sich ja selbst begleiten.«
Böses Gewissen.
Pserdehändler: »Dieses Schimmel
gespann kann ich Jhnen besonders em
psehlen.«
Parvenu (leise zu seiner Gattin)):
»,,W-c-her nur dieser Mensch weiß, daß
lich seither Bäckermeister wart«
»Grstattcu gnädigcs Fräulein: ich bin
der bewußte Zerr mit dem Foxterrier.«
8
»Sie? —- ch — also Sie sind es
wirklich?'«
»Sie scheinen cnttäuscht, meine Ernä
digste?«
»O nein — bewahre — im Gegen
iteil: ich finde den For» wirklich ganz
« allerliebst. . ..«
cmns taus drin Bahnhof): »Jetzt
wird der Zug wohl bald kommen, Mauren
’iiel) nur« dort die gaan Familie spitzt
schon den Mundl «
!
Bett-Meist
» ..... Zeiserl heißen Sie? Erlau
ben Sie mir, wenn man einen so lä
cherlichen Namen hat, sucht man doch
um Namensänderung nacht«
»Ist bereits geschehen! ..... Frühe-:
hab» ich Girncl geweißen!«
In der Treitnlmlnn
Schaffner: »Die Herrschaften mits
ien zusamnientückem auf dieser Bank
sitzen nur vier, und drüben sechs Per
sonen!«
Fahrgaft: »Ja das sind drei Braut
spaarex mir sind aber zwei Ehepaare1«
—
Erklärt
. Sie geben an, dein Kläger
eine Ohrfeige gegeben zu haben,- weil
er Sie Vor fünf Jahren ein Rhinoze
ros genannt hat. Das klingt doch
recht unmahrscheinlich .bi(berbiiuer!«
»Ja, wissen S’, ich bin beuer in a’
’TNenagerie ·tommen, und da hab’ ich
»zum erstenmal so a’ Vieky’ g’seh’n·«
Ein Gemütlismcnich
A.: »H-.ins Marteng will mich um
hundert Mart anpurnpen. Soll ich
sie ihm neben?«
B.: »Ach bitte, tbu’ es! Du thust
mir einen persöntichen Gefallen da
mit.«
A.:, Dir? Wieso denn das?«
B: »Ja! Wenn Du sie ihn nicht
qiebst dann kommt er sicher zu mir!«
Schlechte Anorcdr.
Frau fznm Gatten. der erst Mor
aens heimlomrnt): Wenn Du
schon den Kometen beobachten wolltest
— der ist doch um drei zu seh’n! Wie
so lomrnst Du da erst jth nach Hau
ezit
Gatte: »Ja, dann sind wir noch in s
! Stadtdarlrestnurant gegangen, da
twollten wir eine Nachtigall singen hö
, ren!«
Lustschtsser-Schnabnlitipslm
Ein Bett that auf Reis’n
»Ein jeder sonst lob’n:
jJetzt schla en s’S am liebst’n
Plan H e u b o de n drob’n.
In’s Kellerloch leqt’ man
»Sonst ’n Schlüssel vorn Haut-:
Lcdeus nimmt man ’n bei der Heimtehx
Aus d’r Dachrinnen ’rs7n"s.
Ein Reis’oniel neulich
sDie Lüfte durchzoat
’s war ’"5 erstemal im Leb’n,
sDaß ohn’ Ha u O t n echt er flog.
Nicht imn.er braucht man Römqu
Strahlen-, um iemandem durch die
Finger zu sehen!«
Kleiner Wint.
ISchneiderr ,,L·ieber Herrz wie wäre
es, wenn Sienicht nur die von mir
bezogenen Kleider, sondern auch Ihre
Schulden abtruaen!«
Post-ask
»Der Bühne bleibt Jbre Braut doch
treu, wenn Sie beirathen2«
»Welche Fraue; obne die Kunst kann
sie nicht leben!«
»Ja, ja, und erst zu zweit ——-«
i
Eis-mer«
i
Ernst ist das zehen.
Fritz kommt mit zertratztem Gesicht,
blutender Rase, zersetztem Rock und
zerrissenen Hosen nnch Hause. »Wie
of: habe ich Dir nnn schon verboten«,
schilt die entsetzte Mutter, »mit Nach
bars Karl, dem ungezogenen Jungen.
zu spielen!« «
»Sehe ich aus-", heult Fritz, »als
wenn ich gespielt hättet«
Mk.- «
Das-«