Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 12, 1910, Zweiter Theil, Image 14

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    Ein Roman
Hiiben und Drüben
Von Arthttr zapp
(9. Fortsetzung.) s
hanä von Langenhorst drückte dem
Kameraden herzlich die Hand und
Feste sich auch seinerseits vor. Dann
schob er seinen Koffer in eine Erte,
seite sich auf den Beitr-ans und
tanschte mit dem Leidensgenossen Ers
innerungen aus an bessere, vergan
gene Zeiten. Berg war schon seit
fünf Jahren im Lande« nachdem er
Schulden halber den Dienst hatte
quittiren müssen. Jn Amerika hatte
er ein reich bewegtes Leben geführt,
ohne baß es ihm möglich gewesen
wäre, sesten Fuß zu fassen. Er war
hintereinander Kellner, Farmarbei:
ter. Advoslatenschreiber, Bier-Kollet:
tor und Lehrer gewesen. Vor einem
halben Jahre hatte er die Stellunq
als Kutscher in dem Leibstall erhal
ten. Natürlich sagte ihm feine Thä
tigteit sehr wenig zu, um so weniger,
als ihm die Einrichtung des Wei:
sschläfrigen Bettes schon vielerlei Ver
druß bereitet hatte. Einmal hatte er
einen streitsiichtigen Jrländer zum
Schlasgenossen gehabt, der alle
Itlbende betrunken gewesen rrar und
in diesem Zustand Händel mit ihm
gesucht hatte. Erst als er den bru
talen Burschen einmal ordentlich
durchgeoriigelt hatte, wurde es besser.
Wenigstens hielt der Jrisbinan von
da an Frieden. Immerhin war es
eine Marter, neben einem so rohen«
nach Schnaps dustenden Gesellen
seine Nächte zubringen zu müssen.
Ueber-bannt er war amerikamiide biss
zum Ueberdruß.
»Wenn man nicht ein unverniins
tiges Glück hat«, äußerte der ehema
lige DragoneriOsfizier, »ist file un
sereinen Amerika der am wenigsten
geeignete Boden. Hier gilt die bru
tale Kraft oder die kaufmännische Ge
riebenbeit. Und wie will unsereiner
ei darin mit,diesen schlauen, strupeL
stosen Yantees ausnehmen, die so et
was wie ein deutsches Gemiith nicht
Iennenl Im günstigsten Fall macht
man sein Leben —- wie man hier zu
Lande sagt. Und das lann man zu
hause auch, ohne die Annehmlichkei
ten. mit gebildeten Menschen zu .ver
Iehren und noch eine Menge andererI
Dinge, die man hier nicht kennt, zus
vermissen. Darum ist es mein
Masch, ie eher se sbesser dem Docht
lande den Rücken zu lehren. Ich habe
schon an meine Verwandten geschrie
«ben und qpater oeeravi« gesagt. Je
Uend etwas wird sich ja auch dräben:
sitt mich finden. Lieber in Deutsch-?
jaud bei Hering und Kartoffeln le-1
sen als hier bei Austern und Gram-s
wgner.« - !
Jobn Horst —- fo nannte sich Von
von-,Lanaenhorst von jetzt ab — ver-«
sah feine Obliegenheiten wenn auch
nicht mit sonderlicher Luft und Be
friediauna, fo doch mit Fleiß iino Ge
toissenhaftialeii. Seine Arbeit war«
die Pferde zu füttern, zu nutzen und»
onzufchirren Als ein arofzeg Glücks
empfand er es, in feinem Kameraden
und Schlafaenossen einen Beschützer»
gefunden zu hoben, der ibrn mit gis-»
tern Noth und allerlei nützlichen Win- I
ten an die Hand aina. Von qroßem’
Werth war es auch fiir ihn, daß sich
Herr Berg anaelegen sein ließ, ibn in
feinen Kenntnissen .der englischen
Sprache zu fördern. Freilich, wenn
sie, nebeneinander im Bett liegend,
anfingen. Erinnerungen auszutaui
fcheri und sich mit Bearifterung in die
Vergangenheit zu versenken, dann la
nien sie von selbft ins Deutsche. Halbe
Nächte rervlauderten sie trotz aller
Müdigkeit Wie die Auan leuchte
ten, wie die Wanaen ql«iibten, wenn
sie von den- frischen. fröhlichen Sol
datenleben iu schwärmen anfingen,
von den Manövern, von den großen
Paraden von den Liebes-mahlen und
den Kasinobällenl Ia, jetzt in der
Fremde, tausend Meilen fern von
sber Heimeitik, empfunden sie erft so
» recht, trag sie fiir immer verloren
dritten.
Es war Anfana Anaqu als eine
Wenduna in dein Leben der beiden
jungen Deutschen eintrat. Berg er
sielt von seinen Eltern das Reifeaeld
und die Aufforderung, nach der Hei
matb zurückzukehren Ein wohlha
bender Verwandten Besiner eines
großen Ritterates, wollte ihn die
Landwirthschaft erlernen lassen und
ihn als Adininistrntor anstellen, so
bald er sich bewährt haben würde.
Jobn Dorfe rückte zu dem von Berg
aufaeaebenen besser belohnten Posten
etnes·9utfche·ts auf, denn er hatte sich
inzwischen eine gute Lotaltenntniß
von New York und eine ausreichende
Oeläufialeit im Englischen anaeeia
M. Seine nunmebrige Thiitigteit
spat angenehmer und vor allem kurz
eveiltget Meisiens hatte er Fremde
zu fahren, die Geschäfte halber oder
»Hei ihrem Beranuaen sich kürzere oder
"- »Hu-te Zeit in Pen- Yort aufhielten,
st- ls oder ui Peimt-Boarding
« . laairteei und sich auf Stun
IIII oder halbe Tone vom Leibs-all
» - , Wei- Ins-neckst
· It . allerlei 'Mn
Unterhaltend waren die Fahrgäste
nie, im Gegentheil: in der Regel er
wiesen sie sich als sehr worttarg und
begnügten sich, dem Kutscher ihre
Weisungen nach Yankeeart in den
knavpsten Ausdrücken ruzurufen
John eHorft befand sich etwa einen
iMonat in seiner Stellung als Kut
sscher, als er von einem Advoknten
Haus Hannibal im Staate Missouri,
Ioer mit seiner Tochter in einem fa
ssbionablen Boarvinghause in einer
Idee Avenues der Westseite logirte,
»für eine ganze Woche gemiethet wur—
de. Tagtäglich mußte er des Mit
tzigg um ein Uhr vorfahren und den
Lawher und Mifz Trenton tu einer
längeren Spazierfahrt abholen. Auch
vor verschiedenen Geschästs - Lvtalen
ließ der Fahrgast halten, um hier mit
seiner Tochter. einer jungen Dame
von etwa 24 Jahren, Einläufe zu
machen. Mr. Trenton erwies sich
nicht im geringstenfreundlicher als
seine Vorgänger: er schenkte dem
Kutscher nicht die leiseste Beachtung
unv gönnte ihm kaum einen Blick,
wenn er ihm seine Befehle gab. Da
gegen schien es dem jungen Deutschen,
als ob er die Aufmerksamkeit Mist
Trentons erregt habe. Einmal, als
er ihr auf eine Frage nach dem Na
men eines Platzes. an dem sie eben
vorbeifuhren, geantwortet hatte, frag:
te sie plötzlich: «Sind Sie ein Deut
scher?«
»Ja, M’am«, sagte er verbindlich.
angenehm berührt von der seltenen
Freundlichkeit die ein menschliches
Interesse bewies.
»Ich hörte es an Ihrer Aussprache
Sind Sie schon lange im Lande?"
.Erst vier Monate, M’am.«
Die blauen Augen der neugierigen
jungen Dame spiegelten ein immer
reger werdendes Interesse wieder. Mit
sichtlicher Verwunderung richteten sich
ihre Blicke von seinem hübschen, in
telligente-i Gesicht aus eine schmalen,
weißen Hände. »Sind Sie auch in
Ihrem Vaterlande Kutscher gewesen,
Sir?«
Eine Blutwelle schoß ihm ins Ge
sicht. »No, M’am«. erwiderte er kurz
und trieb seine Pferde zu einer schnel
leren Gangart an· um sich dem Era
miniren, das eine veinliche Wendung
zu nehmen drohte, zu entziehen.
Eines Tages hatte John Horst eine
Begegnung, die eine siiirmische Auf
regung in ihm hervorrief und in sei
nen Folgen eine Wendung in seinem
Schicksal veranlaßte Mr. Trenton
hatte den Wunsch ausgesprochen ein
mal das dafenlehen am hudson Ri
ver kennen zu lernen, und Lo lenkte
Jobn horst seinen Wagen urch die
Front Street, eine der lebhaftesten
Straßen New Yorks, denn hier ver
kehren Tausende und Ahertausende
von Frachtwagen, die ihre Ladungen
nach den nahen Anlegeftellen der gro
ßen Dampfer bringen. Ein ohren
betäubender Lärm herrschte, denn in
das Rasseln und Rattern dee Witz-i
mischte sich das schrille « feifen «r
zahlreichen riesigen Damp Ehren, die
den Verkehr zwischen New York und
der jenseits des Hudson gelegenen
Stadt Hohoken vermitteln. Der
Kutscher mu te seine ganze Aufmerk
samkeit auf «eten, um sein Gefahrt
zwischen den vielen Wagen und Meu
schen, -die diese« Werftstraselhevöltesv
lcll,1thet ymuuk cy zu leiten. sk
hörte er plötzlich einen lauten Fluch,
und eine Hand griff nach den Züreln
seiner Pferde Es war ein salopp
getleideter Mensch, der hinter einein
hochbeladenen Frachtwagen unerwar
tet aufgetiucht und in Gesn hr gera
then war, von der von Jo hn horst
aelentten Kutsche übers-ihren zu ever
den· Der Kutscher hob unwillkürlich
die Peitsche-. Der Bursche aber hatte
schon los-gelassen und war an den zu
rückscheuenden Pferden vorüber. Zor
nia blickte John Horst ihm nach, da
gab es ihm einen plötzlichen Ruck und
seine Augen öffneten sich weit in siar
rem Staunen. War das nicht Iris
Kohler mit seinem großen, schwarzen
Schlaobhut und der kurzen Pfeife,
tie ihm stereotyp im Munde hina, seit
er amerikanischen Boden betreten.
Es war eine instinktioe Handlung
daß der ungestüm Aussptin nde dem
hinter ihm im Fand der ose enen Ka
lesche ruhenden Fahrgast mit einem
turzem «Please, take it?« die Leine
iiuwarf und mit einem Sah vorn Bock
heruntersprnna.
»Den Dieb, haltet den Diebs«
schrie er, dem ehemalian Reisege
fährten n.!chstiirzend. Aber der ahnu
lsetäubende Lärm ringsum verschlang
seine Worte, ohne daß iraend jeman
acht daraus aeaehen hätte. Er eilte
dem Dieb nach, der wieder ver
schwunden war, denn eine doppelte
und dreifache Reihe von Wagen aller
Art hatte sich Zwischen sie geschoben.
Doch da tauchte er plöhlich wieder
aus« ohne eine Ahnuncsu daß der Be
stohlene ihn-. auf den Fersen war.
»Den Dieb, haltet den Diebs«
schrie John orft aufs neue aus vol
ler Lunae. eht drehte sich der Ver
solgte um. Ja, er war es, et war es
wirtlichl Und nun sin auch er an,
sich in Stab zu sehe-n tte er seinen
Her-folget bemerkt? Ei schien so.
denn et ivand Ich und schlängelte sich
zerstückt in W dast. zwischen
Unwesen hindurch dsenbae he-.
sIMIk das Ufer des don zu errei
che- und eiuieeJkaeran usw-ists- m ä:
s
rächt sie-her as; Wer-Mat« ne
rast nnd few-We aus, um den
Flüchtling den Weg abzuschneiden
Er hatte auch die Genuatbuung, zu
bemerken, daß er dem Spitzt-üben
schon ein Stück näher gekommen war.
Leider erstickten die Rufe, die er in
kurzen Zwischenräuknen ausstieß, in
dem Getöse, unn niemand achtrte der
wilden Jagd, die sich hier inmitten
des Tohuroahohu des Hasenlärms
abspieltr. Schon glaubte er der Dieb
zu haben — nur noch eine Wagen
reihe trennte ihn von dem Fliehenden
— schon streckte er die Hand nach
ihm aus. Da schwang sich der Bur
sche plöylich aus einen vom Hasen in
scharfer Gangart her.1ntommenden
leeren Nollwagen
»Halt!« schrie der Enttäuschtr.
»Halt! Dieb! Dieb!« Aber niemand
hörte auf ihn. niemand kiimmerte sich
um ihn. Der Lenker deg Rollwagens
hieb aui seine Pferde ein, ohne eine
Ahnung von dem unerbetenen Fahr
gaft hinter sich und ohne zu wissen.
daß-er einen Verbrecher seinem ver
bientem Geschick entziehen half. Mit
verduntem Gesicht, unentschloxn
stand John Horst da. Haitige
danken ivirbelten ilun durch den Kopf.
"Wenn er nur seinen Wagen sur
Stelle hätte und dem Fliichtägen nach
jagen könnte! Seinen Wagen! Eine
pläsliche Ernüchteruna kam Tiber ihn.
Hatte er nicht leichtsinnig feine Pflicht
mit Füßen getreten. riietsicbtglos ge—
gen die seiner Führung anvertrauten
Fahrgäste gehandelt? Was war aus
dem Gefährt geworden, das er mit
ten in dem betäubenden Getümmel
im Stich gelassen hattet
Eilig kehrte er um. mit soähenden
Blicken die Straße absuchend, da —
Gott sei Dankt —- da dicht am Bür
gersteig hielt die Kaleiche In seiner
Noth und Verlegenheit hatte der an
einen so riesigen Straßenverkehr
nicht gewähnte «Countryman« den
Wagen einfach zum Stroßenrand ge
lenkt und hier wartend stillaehalten.
Angenehm war die Situation trotz
dem nicht; denn jeder der Kutscher,
der, aus«-« der Wagenkette gut-brechend,
sein Gefährt an dem Hinterniß bor
beilenten mußte, bedachte den Adve
latcn aus nächster Nähe mit ein paar
kräftigen Flächen John Horst
schwang sich rasch aus den Boc, rief
dem scheltenden Fahrgast ein »errufe
me, Sir« zu und bog in die nächste
Seitenftraße ein. Als sie in eine ru-J
higere Gegenbe gekommen waren«:
wandte sich der Kutscher zu seinen
Fahrgiisten um und gab ihnen die Er- »
tlärung. Er erzählte von dem Dieb-:
stahl, der seinerzeit im Bonrdings
hause an ihm begangen, und wie nuni
riöclich der muthmaßliche Dieb im
Gewimmel der Front Street vor ihm
aufgetaurht sei.
Der Adookat hörte mit ziemlichee
Gleichgültigteit, Mifr Trenton aberl
mit steigendem Interesse zu. Als der
Kutscher mit seinem kurz gehaltenen«
Bericht zu Ende war, sah sie ihn mit:
theilnahmsooller Miene an und sagtel
bedauernd: »O, das thut mir sehr
leid, Sir! haben Sie denn oon Ih
rem Gelde nichts wieder betommen?«
«Richt einen Cent.«
»Sie sind nun wohl ohne alle
Mittel?«
»Ich habe ja zu !ehen.«
»Aber Sie haben doch gewiß mit
dem Gelde etwas Selbstständiges an
fangen mollen?«
Er guckte mit den Schultern und
drehte sich wieder herum. Er empfand
es peinlich, der Gegenstand des Mit
leides einer jungen Dame zu sein.
Ueberhaubt, das Interesse, das ihm
des Advotaten Tochter seit einiger
Zeit zu beweisen anfing« erregte ein
grotespältiges Gefühl in ihm. halb
that es ihm wohl, einmal wieder ein
paar theilnehmende Worte aus sae
tem Munde zu hören, halb machte
ihn die Situation unsicher und ber
legen, sich einer gebildeten jungen
Dame, die ihn wie einen Centleman
behandeln, in seiner ietigen niedrigen
Stellung gegenüberzusehem l
s Als John barst am nächsten Nach
mittag wieder vor dem Lenkt-ing
Ehause vorsuln. schickte Mr. Trenton
den «voor-teeper« des Hauses hinaus
jmit dem Austrag, die Pferde zu des
wachen und den Kutscher zu ihm nui
Aas Zimmer zu schicken. In einerl
»aus Verwunderung und leiser Un-!
Truhe gemischten Stimmung betrat:
IJohn horst das elegant ausgestattete
Gemach. Befangen nahm er aus dem
Jihm angebotene-I Fauteuil Platz. Es
; war lange Zeit her, daß er in einem
«nnstänvig eingerichteten Zimmer alk
Gast gen-eilt und in einem beguemems
weichen Sessel geruht hatte. Den
Ameritaner betrachtete den ihm Ge-!
genübersthenden eine Weile snit aus (
i mertsamem Schweienx er schien inn»
-iiberhaupt zum e n Mal einer ge-:
lnaueren Musterung für werth zu
« halten. »Weil, Sir«, hob er endlich’
an, nach turz ungebundener primi
scher Yanteeart ohne Umschweise so
saleich aus sein Ziel los-gehend. »Ich:
liebe Ihnen einen Vorschlag zu ma-;
)chen· Sie gesellen mir. Ihre Lagej
sscheint hier teine»Il-ren« Föhigsleitens
Angemessene zu sein. Ich biete Im
»nen an, mit mir nach hannrbal zul
.tommen. Ich werde Sie in meiner«
HOssice beschäftigen Wollen Stei« s
« Der junge Deutsche war so über-»
’rascht, da er im ersten Augenblick
nicht glsu te recht gehört u haben
und sein Essenilsber mit gro en, ver
wunderten regen ansah.
»Nun. Sir , fuhr der Ameritaner
I1.Kapiiel. l
s
sein-as ungeduldig fort, .aefällt Ih
nen mein Anerbieten nicht?«
O — ich bin Jhnen febr dani
bar", ftammelte der Deutfche, vor
Verlegenheit und Beichärnung iiber
und über erröthend. »Mir fiirchte
ich, mein Englisch wird nicht ausrei
chen, um mich« in Ihrer Office nütz
lich machen ru tönnen.«
»Well, was Ihnen noch fehlt, wer
den Sie bald bei uns ergänzen. Wenn
Sie oen ganzen Tag nur Englifch
hören. werden Sie bei Jhren guten
Vertenntnisfen in Kürre die Sprache
beherrschen Inzwischen werden wir
fchon Beschäftigung fiir Sie finden
Sie wissen unsere jungen Ladies
Ifmd sehr wißbegieria. Meine Joch
Iter brennt darauf. Deutsch zu lernen.
Sie werden sie in Jhre Sprache unds
Ich chzahle
anen vorläufig neben gänzlich freieri
Station vierzig Dollar monatlichs
Sind Sie zu «frieden? " John horft
"iagte natürlich nicht nein. Was hätte
ihm angenehmer fein können als ein
solcher Vorschlag!
Das Hcki stian
jwiirdigen Verhältnissen,
Iihm bis zurn Halse hinauf.
aus ernie
Aus un
E drigendem Beruf
heraus-zukommen
der tagtäglich bitter empfundene Kon
flikte mit seinen früheren Gewohn
rseiten und Lebensanschauungen brach
te. welch ein Glück! Mit ein oaar aus
tiefster Seele herauf kommenden Wor:
ten diiickte er seine Bereitwilligkeit
und feinen Dank aus.
»Tbat’s rights« wehrte der Abvos
tat die Dantesworte ab. »Ich fchenle
Ihnen nichts. Sie arbeiten, ich zahle
dafiir — das ist alles.« Damit er
bob er sich und rief seine Tochter aus
dem Neben-Zimmer l,erein. Auf ih
ren fragenden Blick bemertte er kurz-:
»Die Sache ift all right. Mister Horft
aeht mit uns.'«
Mis; Trenton reichte dem innen
Deutschen die band und sagte im
ein paar freundliche Worte. Dann
gingen sie gemeinsam auf die Straße
hinunter, und John Horft schwang
sich auf den Boll, um vorläufig zum
letzten Male als Kutscher die Zügel zu
fuhren.
Hannibal war ein Landftiidtchen
von etwa zwanzigtausend Einwoh
nern, das in einer fruchtbaren Fluß
niederung lag. in der Mais,
Wein und Tal-at angebaut
Die Stadt zersiel in zwei Theile, in
kleineren und lebhaften,
einen
aus zusammenhiin nden
ben bestehenden Ge chiiftsstrahgem und
in ein gröfzeres, weit auseinanderge
bauteL VillenoierteL das a
Unmenge lleiner einzelner,
nen liegender Bitten beftand.
Weisen,
wurde.
» mit
· userreis
us einer
im Gril
Auch
Mr. Trento-r besaß als Wohnung eine
eigene Villa. während er fiir seine
Office ein paar Gefchäftsräume in ei
nem der großen Geschäftshäuser der
inneren Stadt gemietlxt hatte. HierI
brachte Form Horn taguch die Vor
mittaasstunden iu, um unter der Lei
tuna eines älteren »Oui« Schkifks
stücte autzusetzen und Briese in schrei
ben. Während der iibriaen Zeit hielt
er sich in der Villa seines Brotaebers
aus« in der er auch ein hübsches-,
freundliches Zimmer angewiesen er
halten hatte. llm vier Uhr wurde das
Dinner aeaessen, an dem auch der neue
Clert theilnahm Danach pflegte ihn
Miß Trenton in Ansprnchzu nehmen.
Er muszte sie in den Ansiinqsgriinden
der deutschen Sprache unterrichten«
und er hatte die Genugthuuna, so
ungemahnt ihm das Unterricht-Leben
auch war, zu sehen, daß seine schü
lerin einen außerordentlichen Eifer
anden Tag legte und schnelle Fort
schritte machte. Freilich, er selbst er
tavdte sich aus Gedanken, die mit dem
Gegenstand des Unterrichts nichts zu
thun hatten und seine Aufmertsiw
teit ablentten. Während des Unter
richts saß er an einem schmalen Tisch
der iunaen Dame gegenüber, die ihre
lebhaften, blauen Augen ocll Inte
resse aus ihn richtete und ihm ärm
lich jedes Wort von den Lippen nahm.
Die Situation war so außeraewöbw
lich und seltsam. dass er ost die Be
sanaenbeit. die ihn anwandeln wollte,
schwer abwehren tonnte und daß ihm
zuweilen eine brennende Röthe ins
Gesicht stiea unter den unablässig,
andachtia auf ihn gerichteten Blicken
des iunaen Mädchens. Nach der tii -
lichen deutschen Stunde bsleate e
englisch mit ihm zu plauderm wobei
sie ei sich liebenswürdiaerweise ange
legen sein lie , seine Aussprache zu
verbessern un seine Kenntnisse des
Englischen durch Anwenduna schwie
riaer idiamatischer Ausdrücke, die
ibm noch nicht bekannt waret-, zu ver
mehren. Dabei war sie stets von
ausgesuchter höflichteit und lief ihn
nie merken. daß er ein Anaetellter
ihres Vaters war, dessen Thiitigteit
mit Geld belohnt wurde. Kein Wun
der, daß unter diesen Umständen is
dem her-ten des jungen Deutschen
eine aus warmer Dankbarkeit sich
entwickelnde natürliche Sympathie
mit der sreundlichen jungen Mi ent
stand und daß zwischen den iden
jungen Leuten sich der Verkehr im
mer unaezwunaener und vertrautee
estaltete. Während der warmen
tembertaae machten die beiden
häus« Yuifliiae mit dem zweitsihigem
eins nnraen »Zum-M des Ade-ita
ten, der diesen zum größten Theil
seiner Tochter zur Benu ng liber
lieh Es waren besticht- ichs-te
Nachmittage- dte Stehn Fett und
M Trento-. ·a;bmchseln deutsch
und ennltlch miteinander plaudernd,
Hin der reizdollen Umgebung von Han
l nibal derbe-achten
! Die Dämmerung war schon herein
jgehrochen. als sich John Qorst und
«Mi»se Trenion wieder einmal auf den
deimweg machten. Dicht saßen sie
nebeneinander aus dem schmalen
Buggh. Der junge Deutsche fiihlte
sich plötzlich von einer-merkwürdigen
Welancholie angewandeit. Es war
wie ein Heimweh, das ihn mit einem
Male erfaßte und ihn schweigsam und
in sich getehrt machte. Eine süs:
ichmerzliche Erinnerung tauchte in
ihm auf, die Erinnerung an die legte
SpazierfahrL die er vor mehr als
Jahresfrist in Dahlow mit Lizzie
Blackfield unternommen hatte. Wal
rend feine Augen düster in die immer
mehr in Dunkelheit tauchende Land
schaft starrten, kam es wie ein Traum
iiher ihn. Seine erregte Phantasie
spiegelte ihm die Szene vor, die mit
allen ihren Einzelheiten unvergeleich
in sein Gedächtnis gegraben war. Er
verspürte den Athem der Geliebten
auf feiner Wange, vernahm ihre
Seufzer und fühlte ihre Hand auf
feiner Schulter.
.Warunt so schweigsam. Mister
Vorst?« tönte eine weiche Stimme an
sein Ohr-. Er fuhr aus seinem Brü
ten auf und starrte die neben ihm
Sitzende betreten an. Sie sah ihm
cnit innig strahlenden Augen aus
nächster Nähe ins Gesicht. »Sie bli
cken so traurig, Mister Herst!«
lFortseszung solgt.)
Hoffest in Ubesfinien.
Der Mailiinder Corriere della Sera
veröffentlicht die interessante Schilde
rung eines Festmahlg heim abesshnk
schen Thronerben, dein sein nach
Addiö Abeha entsandter Berichteri
statter anwoltntr. Sie lautet fol
gendermaßen: Das originellste und
charatteristischste Schauspiel, das
der äthiopische Kaiserhof in seiner
hauptstadt bieten sann, ist immer noch
der sogenannte »Geber«, das grosse
Fesimahl, zu dem der Herrscher an ei
nem Tage einige tausend seiner Un
terthanen einläot. Jeden Sonntag sin
det ein solches Bantett statt, jedoch
dreimal jährlich, und zwar aus An
las; des Weihnachtö-. Mastals und
Osterfestes wird der Geher mit be
sonderer Feierlichteit abgehalten. heute
wohnten dem Festmahl gegen zwanzig
Europäer, darunter einige Gesandte,
ihre Setretäre und verschiedene Damen
an. Wir treten durch eine hinterthiir
in die ungeheuere Holzhalle ein, in der
der Gebet gefeiert wird. Jn der Mitte
eines Podiums, auf dem sich iiher vier
dergoldeten holzfiiulen ein giganti
scher. feltsnmer Baldachin wölbt, steht
der Kaiserthrom den die sranzösische
Repuhlit Wenelit geschentt · hatte.
l
vceaus Jana -- ovgierch ern nur
Thronsolger, wird er jetzt schon ge
wöhnlich so genannt --— sitzt nicht aus
dem Thron selbst, sondern aus der
obersten Stufe· die zu ihm führt, to
daß der mit rothemSammt überzogene
Thron mit seinen aolddurchwirtten
Kissen den Eindruck eines Sockels
macht, dem das Standbild sehlt. Wei
ter unten kauern die Großtvürdentrö—
ger. Das Volk ist noch nicht einge
lassen worden« Ein Vorhang verbirgt
einstweilen die Menge der unzähligen,
sebr niedrigen Tische unseren Blicken.
Jassu hält Cercle und drückt jedem
der anwesenden Europäer lächelnd die
Hand. Dann sind wir eingeladen, an
dem Tische, der sür uns rechts vom
Thron gedeckt ist, Play zu nehmen.
Doch dies ist leichter gesagt als gethan:
den Sesseln mangelt die Stabilität,
uud dieGedecke sind viel zu eng an ein
ander gereiht. Dagegen sehlt es nicht
an Lataien, von denen jeder einen der
Eingeladenen zu bedienen hat. Sie
sehen sreilich etwas seltsam aus: eine
Serviette unter dein Arm und gleich
zeitig einen Degen um die Hüften ge
bunden. Wir nehmen so gut wie mög
lich Plag, und das euroväische Mahl
beginnt. Jassu speist gleichzeitig mit«
uns-, aber nach abesshnitcher Art. Die
Großen des Reiches müssen sich mit
dem Zuschauen begnügen; so will es
die Etitettr. Das Mahl, das uns der
Hos bietet, ist reich an Ueberraschun
gen. Die Menutarte zeigt aus der ei
ueu Seite die Sensation des Tages,
den Kometen mit einem nicht enden
wollenden Schweif, der sich von einem
lichtblauen gestirnten himmel abhebt.
Das Menu hat aber noch eine andere
Eigenthümlichteit: jedemGang entspre
chen ungesähr sechs einander ziemlich
ähnliche Gerichte. Die Tafel stellt ein
unlseschreibliches Gemisch dar, einen
seltsamen Gegensah von Luxus und
Elend. Pruntvolle Bestecke von mas
ftvem Gold und daneben schreckliche
Teller im Werthe von wenigen Kente
simi, zerbrochene Gläser neben herrli
chen Schalen, die eines taiserlichen Ti
scheo würdig sind, Geschente von herr
schern neben hausrath der bei den in
dischen Krämern aetaust ist. Nichts 4
Echbe eichnender site den mangelnden1
öndeitssinn der sbessinier, als diel
Art und Weise, tpie dieser Tisch gedeckt i
ist. Die gan e Unsühigteit dieses
Voltes, dein ortschritt zu folgen,
drückte sich in sein Schmause aus«
bei dem die tilnstigen Fürsten des Rei
ches, um den Vertreter der Krone -
schaart, aus plumpen, Ubert-allen K r
ben die Speisen herauslangen und sich
von den Fingern der Sklaven zart in
den Mund stopfen lassen. Nur Ez
gan.der Minister der auswärtigen An
gelegenheiten, macht eine Ausnahme
Die Etilette zwingt ihn, in unserer
Mitte zu essen.
Der Raum hat einen kirchlichen
Anstrich, und das estmahl scheint eine
Art Ritus, so trenges Schweigen
herrscht unter den Eingeladenen
Zwei Kandelaber aus massivem Sil:
ber. aus denen varsiimierte Kerzen
brennen, und das sahle Licht, das
durch die farbigen Scheiben herein
dringt, tragen dazu bei, den Eindruck
der Feierlichkeit zu erhöhen. Abseits,
in einem Winkel versteckt, lauern Jas
siis Gemahlin, noch ein Kind, und eis
nige abessmische Damen· Das Mahl
geht mit einer fürchterlichen Langsam
ieit von statten. Wann wird sich end
lich der Vorhang össnen? Wann wird
»das Volk eintreten dürfen? Wir ha
,ben uns um 10 Uhr zu Tisch gesetzt
Jund jest ist es 1 Uhr, während die
Feierlichkeit erst um 5 Uhr zu Ende
sein soll.
Von draußen dringt das dumpse
Echo der von den Priestern der kaiser
lichen Kirche geschlagenen Trommeln
herein. Das Volt drängt sich gegen
das- Thor und wird durch Peitscken
liirbe zurückgehalten Man hört die
Leute ungeduldig schreien. . . .Schliesz
lich ist das Bankett der Europäer be
endigt, der Vorhang össnet sich und
das Voll strömt mit der Heftigtrit ei
ner- Stromes, dessen Schleusien aufge
itan sind, in den Saal. Eine unge
heute Menge von schwarzen Köpfen
wogt zu unseren Füßen und die schau:
de:haste Ouvertüre des Festes be
ginnt. Aber man merkt sofort, daß
über diese 5000 oder 6000 essenden.
laut sprechenden und hastig trintenden
Männer eine strengeDiszivlin herrscht.
Achtzig Tische sind ausgestellt, und
über jeden Tisch gebietet ein Aufseher,
der von vier mit kleinen Lederpeitschen
ausgerüstetenGehilsen unterstüht wird.
Acht Sklaven bringen an jeden Tisch.
das beisit sür je 100 Personen, tolosi
sale Stücke rohen, blutigen Fleisches.
füns Stlaven vertheilen dieMesser, und
zehn Frauen obliegt das Amt, den
Gästen Meth einzuschenten, während
acht andere Sklavinnen in großen
Töpsen ein besonderes Ragout, das
Nationalgrricht Abessiniens, bringen.
Dar« Menu setzt sich aus solgenden Ge
richten zusammen: erst kommen A e
rablätter, die sich schon in reichli er
Menge aus den Tischen besinden, dann
rohes Fleisch, endlich das erwähnte
Ragout, dazu wird Meth in großen
Rügen geschlürst. Gerade dieses
Kommen und Gehen der Sklaven,
diese homerische Fülle rohen Fleisches.
dieser phantastische Ueberflusz bilden
den eigentümlichen Reiz des Gebers·
Jcki blicke nach dem Thronerben, der
mit träumerischen Blicken dcsitzt und
hie und da aus seinem Becher trinkt.
Freilich, als noch Menelit bei solchen
Festmahlen den Vorsih führte, gab es
zwischen Thron und Voltsnienge
mehr Kontakt. Der Kaiser pslegte
srine alten Soldaten zu sich zu rufen,
er kannte sie ja alle. Doch jetzt ist der
Sitz verwaist, und die Worte, die die
Weisheit und die Geistesschärse des
Kaisers ossenbarten und darin sosori
im ganzen Saale verbreitet wurden,
sind längst verhallt. . . .
Der Gebet geht zu Ende, oder rich
tiger, die seht Taselnden müssen ande
ren Tausenden, die draußen harren,
ihre Plätze abtreten. Eine Schar von
Trompetern tritt ein, ihnen solgen
Flotenspieler, dann erscheint eine Mu:
sitbande mit europöischen Jnstrurnen
ten und 10 Minuten lang müssen nnse
re thren eine schauderhaitesiatophonie
erleiden. Einige Geigenspieler nähern
sich dem Thron und begleiten aus ih
ren eigenartigen, einsaitigen Instru
menten die Jassu dargebrachten Lobes
hymnen Aber ich bezweifle, daß
Jassu in diesem betäubenden Lärm
auch nur ein einziges Wörtchen ver
steht. Das Banteii droht in eine Or:
gie auszuartem nachdem der Meth in
Strömen geslossen ist, nachdem die
satte und irunlene Menge ihre Stim- .
me nicht mehr mäßigt, und die höf
linge den Spaßmachern Platz gemacht
haben, die iiber die Tagesereignisse
Witze reißen und auch die Europäer
verspotten, zumal weil der sranzösische
Gesandte vorhin einen Toast aus Jassu
ausgebracht hat. Und wir Europäer
lramen unsere Bildung aus, um
assyrische. babhlonische, iignptische oder
riirnische Gastmiihler mit diesem abessi
nischen Gebet zu dergleichen. Die Lust
wird erstickend. Das Geschrei der
Menge, das Jammern der Flöien.
das Blasen der Trompeten scheint die
Gäste zu eletirisieren. Die sliegt plöß
lich von oben herab ein Schwarm Tau-—
ben in den Saal. Ei scheint ein ver
adredetei Zeichen· Die Wächter sor
dern alle aus, den Saal u verlassen.
Der Ausbruch beginnt, eiber ,und
Sllaven stlirzen sich aus die Tische und
bringen sie rasch in Ordnung. Auch
die Messer werden zusammengepaclt
und neue Jleischmassen vorbereitet
Jn weniger als einer Viertelstunde ist
der Saal wieder ganz still geworden
und nunmehr bereit, den Appetit von
anderen 6000 Männern zu befriedigen