Nebraska Staats— Anzeiger und II set-old. Jahrgang 30. Grund Island Nebr» ). August 1910. Zweiter (Theil.) Nummer 50f.« Sommernacht. Der heiße Sommertag verglomm so chbn, Fern hinter sonnenrothen Bergeshöhn Epheuumrankt liegt dunkel schon mein Haus, Jn meinen Garten tret’ ich still hin aus« Der Lilien und der Lknden süßer Dust Durchwogt mit Wohlgeruch die toarme Lust. Sacht steigt empor der Mond in wei — szer Pracht, Sacht zieht der Strom nur durch die Sommernacht. Von einem Schiff erschallt Matrosen fang Zu der harmonika gedämpstem Klang. Und mählich sinkt die Stadt in Schlaf und Traum . . . Die Sterne sunkeln licht im Welten taum. Max Kiesewetter. — Ueberslthrt. Von Aktion-r Achteitnen Eines Tages brachte mir die Post einen dicken Brief, dessen Abstempelung ertennen ließ, daß er in Steiermark ausgegeben wurde. Vergilbte Blätter fielen aus dem Umschlug, und ein Be gleitzettel sagte mir,dasz ein alter Rich ter mich, den Verfasser zahlreicher Al penwerte, siir den richtigen Literaten halte, die Remtniszenzen eines alten Gerichtsheamten im hochland zu bear beiten. Jch begann zu lesen. Die ver gilbten Blätter enthielten ein hochinteri. rsiantes Stück Kulturgeschichte des deutschen Alpenvolkes,zugleich sesfelnde Schilderungen aus dem Verkehr der Gebirgler vor Gericht. Ein Geschicht chen davon sei hier dem alten Richter nack- erzählt. Behauan der Geschichte tu das mir I wohlbekannte« weitgedehnte Jagdrevier Er. Königl. Hoheit degPrinzen August von Koburg am rechten User der Enng in der oberen Steiermart und die ties ins Erzgebirge hineinreichendenThöler der Söli und Walchen. Gneig, Gra nit und Glinuner ist hier zu Hause, mächtige grauschwarze Felgberge, viel Wald und Wild, die richtige weltver gessene Bergeinsanrieit, m welcher nur spärlich Siedelungen verschlossenen worttarger Bauern zu finden sind Ende der 70er Jahre wurde speziell im segen. Mathilden : Revier am Hirschect « von der Bahnstation Oeblarn der Linie Bischofslsosen - Selztal durch das Walchental einige Stunden hin auf ins Latschengebiet iLegsöhrenj — scharf und frech. meist in Kompagnie gemildert, daher der einzelne Jagdaus lebet schier nichts ausrichten tonnte und seines Lebens teine Stunde sicher war. Dass Jagdschuyperionat war aus das Betst-achten und Anzeigen angewiesen, sofern die Gemsdiebe durch das Glas erlcnnt werden konnten. Die Wilderer des Diebstahl-z zu übersiihren, war dann Sache des Richters Jrn Gebiete der »Mathilden", einer schaurig schönen, einsamen Landschaft, wilderten siins Burschen aus Großfölt mit einer Ungeniertheit sondergleichenH sie jagten wie berechtigt aus wetnsen," bis plötzlich einSchuß trachte und einer der Burschen zusammenbrach. Jetzt wurde die Jagd abgebrochen, die vier gesunden Solter schleppte-i den von riictwärts angeschossenen Kameraden zu Thal und brachten ihn heim. Aus drrn Wege nach Hause liefen die vier Burschen, von denen einer den erlegte-n Gains im Schnerser trug, einem pu trouillierenden Gendarm in die Hände, weis die sofortige Verhastung zur Fol g: hatte. Nun erwuchs dein Bezirtsrichter zu Gröbming die Pflicht, diesen Fall zu untersuchen und tlarzustellen Die vier Verhafteten sagten übereinstimmend aus« daß sie allerdings gemildert hät ten. daß aber während des einen Trie bes ein Jagdgehilfe. der einen Hund bei sich gehabt habe, aus den Naz und zwar in ien Rücken schoß,woraus man flüch tig gegangen sei. Den Jagdgeliilsen wollte keiner ge nau erkannt haben, doch den Hund als Ekgentbum des Nevierjögers Schein vogl. Die ätztliche Untersuchung des Naz, der im Elternbause zu Großsölt schwer darniederlag, er nb Durchbohrung der Lunge und Aus chuß unter der rechten Brustwarze, eine höchst gesithrliche Ver wundung, welche die Vernehmung sehr erschwerte und aus die nothwendigsten Momente beschränlen mußte, da beim Sprechen die Lust stoßweise aus der Mundsssnung mit Geräusch entwich. Auch dieser Wilderer sagte übereinstim mend mit den Kameraden aus« es lag also offensichtliche Verabredung vor. Der Richter, nach Grobming uriict gekehrt, zitterte den Revierjliger eschan vogl, der aus Diensteid erklärte, an je nem Tage überhaurt nicht im Weilchen graben, also auch nicht in den »Matl)il den« gewesen zu sein. Wer hatte nun jenen Naz angeschos sen? DerBezirtsrichter verhörte das ge sammte toburgische Jagdschutzpersonal und konnte schließlich nur konstatieren, daß am betreffenden Tage kein Jäger im Walchengraben war. Den Richter regte die mysteriöse Schußangelegenbeit auf, er beschloß, den sogen. Lotalaugenschein vorzuneh men, wozu außer zwei Gent-armen auch der eine Wilddieb, Franzh mitgenom men wurde. Nach einem reichlich sieben ftiindigen Marsch lam die Kommission in die schneereichen ,,Mathilden«, den Thatort. Ein großes Schneeseld zog hin auf den Felstöpfen und zeigte tief eingedrückte Menschensährten, die im lalten Winde völlig verharrscht waren. Franzl bezeichnete die »Spuren« als die der siins Kameraden, schwieg sich dann aber völlig ang. Der Richter ziiblte siinf »Spuren«, die isach auf wärts verfolgt wurden bis zur Stelle, wo angeblich der Jäger Schrenvogl den Naz angeschossen habe. Der Richter wollte genau nachsuchen, doch war gerade an dieser Stelle der Schnee vom Winde aus einige Klaster Entfernung weggeweht. Gleichwohl suchte der Bezirtorichter. auf den lKnien rutschend, den Boden ab und fand Schnittliaare einer Gemsr. Un gefähr drei Klaster von dieser Stelle zeigte sich der Schnee arg von Fußtrit ten zerstanipft und geröthet· Aus Vor halt gab Franzl au, daß Naz nach dem empfangenen Kugelschusz mit einem Satze an diese Stelle gesprungen und daselbst zu Boden gestürzt sei. hier habe Naz viel Blut verloren und nach dem Ver-binden sei er von den vier Ge fährten hinab zu Thal getragen wor den« Schon das Augenmaß liefz diese An gabe als Lüge erscheinen, denn so weit vermag ein noch dazu angeschossener Menfch nicht zu springen. Die Diftanz ift eher ein mäßiger Gentsspriing. Der Richter prüfte und suchte l »Von der anqegebenen Stelle alfof habt Jbr den Naz tveggetragen?« T fragte der Bezirtsrichter. f »Wohl, wohl! Von da weq haben» wir ihn ’runter’tragen!« f »Wie tommt es aber, daß von da weg immer noch fünf Fußspuren hin unterziehen?« Franzl guckte auf die deutlich einge drüdten fünf Fiihrten und schwieg. l »Wo ftand denn der Jäger Schem vogl bei der Abgabe des Schusses auf Naz?« Franzl deutete auf ein benachbarte-Z Felswpr »Also dort stand der Jiiaerk Und fein Hund, den Jhr alle gesehen haben wollt?« »Seller war etwas weiter weg und ift auf den Schuß hin zu feinem Herrn gelaufen!« Der Richter glaubte . davon lein Wort, er schritt durch den Schnee jenem Köpfl zu. Plötzlich hielt er inne, im Schnee ist deutlich eine Spur zu sehen, es muß ein«-Thier isnGalopp hinwegge gangen fein. Fuchs oder Hund? So fährtentundig ift der Beamte nicht, das aus der gefrorenen Spur herauszu lesen. Sollte nun doch etwas Wahres an oer Hunde uno Ochungeschrchte sein? Hastig strebt der Beamte zum Köpsl hin, nnd sein Auge mustert vor allem die Schneeoecle ringsum. Glatt, ohne den geringsten Eindruck ist die Schneedede, so rein wie eine neue. Wäre ein Mensch hier gewesen, die Fährte miifzte unfehlbar wahrzuneh men sein. Also ist alles Lüge, was die Wilderer vor Gericht ausgesaat haben, und jene Schnur ist die eines Fiichses. Es däintnerte· und Nebel begannen die Hochregion zu umhiillen. Die Lo talaugenscheinnahnie mußte abgebro chen werden, denn gefährlich sind die Steige des »Hirschects«, besonders im je igen übereisten Zustande. und der Richter möchte doch noch etwas Licht siir diese Wanderung haben. Bis Oel larn erreicht wurde, tvar ei- Nacht, und nun mußte erst der Heimweg liber den langezogenen Mitterberg nach Grob ming eingetreten werden. Totciriide von solcher gewaltigen Strapaze nnd Dienstleistung kroch der Richter ins Bett doch in seine Träume verwob sich die ziemte- Wer hat auf den Naz ge scha en? Ein sonniger Wintermorgen ist et was Schönes, er brinat auch meist gute Gedanken. Der Bezirlsrichter guckte eben durch das Fenster, dessen Ecken schürltterne Ansäne der ersten Eis-rasen zeigten« als ein semmelsarbener, lang haariger Versteht-und Eigenthum des Bezirlshmrptmanns, vorbeisprana und angelegentlichst mit dem Brackenhund lin Steierrnart Vieriiugel genannt) des hinterdrein trrllenden Jägers Schrien vogl scherzte. Ein Gedanke, ein Rus, Schrenvogl sing seinen und des Häupt lings Hund ein, gab beide in die Kop pel, und so wenig leinensiihrig der Seinnielfarbene auch war, herauf mußte das Hundednett und hinein in die Kanzlei des t. t. Bezirtsrichters. Schreyvogl erhielt Auftrag, im Zeu genzinnner zu warten und auf Aufruf rnit dem Hunde des Bezirishauvti mannssn der Leine zn erscheinen. Seinen eigenen Hund solle er aber fest anbinden nnd erst zum zweiten Mal mitbringen. Bald darauf wurde Franzl aus der Untersuchungshaft voraesiihrt nnd Schreyvcgl zitiert, der mit dem ,,Sem-s nrelsarbenen« in die Amt-suche trat. Ertvartnngsvoll fragte nun der Rirtitert »Fran·zl, ist dir dieser Hund bekannt?« ,,·-’freilich! Der gehört dem Jäaer Schreyvogl, nnd g’rad den Hund hats ich oben beim stödsl in der »Matl)il I den« aeselnn!« »So, so! Es wär aber möglich, daß du dich oerscktant hast!« Die Hundchen schauen sich alle so aleichk Jst es wirt lich dieser Hund gewesen?« ; ! »Ganz gewiß. Herr taiserlicher; ; Scharfrichter! G’rad der Semrnelfar " Hlsene ist es gewesen!« i l Aus einen Winl entfernte sichi Schreyvogl mit dem Häuptlingshundei und lehrte aleich daraus mit seiner ei aenen Dachsbracke m die Kanzlei zuss riicl. ! Der Richter sraate den Franzi: ; ,,.siennst dn vielleicht diesen Vieriiugel l hund?« »No, Herr Rat, den kenn ich nöt! Seller geht mich auch nir an und irtz laß mich nöt siir’n Narren halten!« l Dieses Experiment wurde bei den iibrigen Verhafteten wiederholt und ntit dem Resultat, daß jeder den ande ren Hund als dem Jäger aehöria be zeichnete. Es war also die Hundegess schirbte ebenso erlogen wie die Abgabe« eines Meuchelschnsses seitens des Schrrydoal aus Naz dreist erdichtet that; Wer aber hatte wirklich geschos: kn Wieder wurden dieJntulpanten vor oesiihrt, diesmal alle vier gleichzeitig, und der Richter hielt an sie eine An sprache, worin er ihnen nahelegte, vor der Verschiebunq ans Kreisgericht Leo ben, die morgen ersolae, zu saJen ,ob nicht etwa einer von ihnen den »Na-, aus Unvorsichtiqteit angeschossen habe. Während drei der Burschen die Fra ae verneinten, sank Seppl, der vierte, fast ohnmächtia nieder und mußte mits Wasser gelobt werden. »Bist etwa du. Seppl, derjeniar, der den Naz aus Bersehen anaeschossen hat?« fragte eindrinalich der Nichter. Es dauerte eine Weile, bis sich der bleich gewordene Bursche etwas- erholt hatte, dann verneinte er sest und be stimmt die Frage. »Warum ist dir denn so iibel wor Den, Sepvl?« »Die Lust darinnen ist to viel schlecht und die Kost aircl1!« »So, so! Mochiest wohl lielser Fias nocken als Gemiise nnd Fleisch Z« »Ja, wenn ich bitten diirs1’, Herr Gerichtshof !« »Das wird wohl nur noch siir heute abend möglich sein,denn nsoraen loinmt Ihr ale vier nach Leolsem und dort wird’S bavern mit der Konk« »Rönnt’ ich nicht in Grobminq die Straf absitzen?« »Wenn ou alles etnaenemt, vielleicht» iueniastens auf eine Weil’!« »So? Und wird llnvorsiktvtiateit scharf bestraft?« »Wenn es nicht- als llikvorsidstiateii war, nicht! Auf die Kost lnt es- auch keinen (?ilisluß!« »So?«1« ann will ichs ein.1esieben. mir ist der cctnisi aach .’ius;erg riitscht und ’ni Nur hinten hinein!« »Na endlich!« rief der Richter indes sen die anderen Burschen betroffen, safsunaglocs den Sepvl anstarrten Die mühsame aerietitliche ilelIersiib runa ist also schließlich doch noch ar lunaen .-.-.--·--.-——— Das nratte Jtzelpoa Aus der Fahrt nach Jtzehoe der uralten Holstenstadt, die in die sen Tagen die Feier ihres elf hundertjahtiaen Bestehen-s beging — erlebt man einen der jähesten Ueber aange von der Marsch zur Gust. Noch ist man ganz vom Jdnll der Kur-mer marscb erfüllt, die einsamen dunkelbk dachten Höfe mit den primitiven Dach sirsten und grün bemalten Mel-einer schalungen stehen einem noch lebhaft vor Augen, das breite stille Lied der grünen, dunstnmslarten Ebene mit den zerstreuten Rinderherden isn saftstrot zenden Gras summt noch immer nach, als dunkel und unvermuthet, wie die er sten Sätze einer Ballade, das sandige-, tiefernbewachsene Hiiaelland der Geest sich erhebt, wächst, aus braunen Heide flächen starrt und am Rande seines Waldzuges eine Stadt ins Leben ruft. Will man jedoch diese Stadt, das alte . Jtzehor. die holfteiniscbe Stadt, die ihre jGeschichte am weitesten zurückveefolaen ; tann, ihrem wahrenCharalter nach er ’lennen, so genügt das etwas einseitig industrielle Bild« das der dem Bahn hos zugewandte Stadttheil bietet, nicht. Jtzeboe ist nämlich in den letzten Jahr zehnten eine recht hoffnungsvoll auf bliihende Jndustriestadt geworden. Oben auf den Hügeln mus; man ste heu, wie einst die Krieger und Kauf leute,die iiber das Geestland durch rau schende Buchenwälder und schtksarzen Fichtenforst gezoan kamen, als noch die Marschnkederungen zum Theil init ; iinzugänglichen Sümpfen, zum Theil mit Wasser bedeckt waren, vor dessen Anprall undllebersall noch keine webe kiafteu Teiche schiitztem ist doch selbst die ganze soaenannte Wildnis um Glückstadt her-m erst seit kurzem vor den Ueberarkffen der Sturmfluthen ge sichert worden, nach dein sie Jahrhun derte lana Raub und Beute der- Was-« sers gewesen ist, ssp auf den Jtzehoher Geesthiigeln Doch wo auch heute noch die Buchenhallen rausebeu, wo die Gräflich Rantzauschen Wälder, das Stadtgehölz. der Klosternsald einen prachtvollen Fächer um die Stadt ent rollen in der Nähe des Kurhauseg Kai serberq, das- die Anfänge von Jtzehoes Berühmtheit als Luft-— und Höhenlurs ort in sieh birgt, befindet sitt) ein Feld weq, von dem aus die Störedene, Marschweiten bis weit hinaus in dunstblcriieFerneii und Jtzelkoe selbst in einein hiiaeligen Aue-schnitt zu liber blielen sind. Von hier auS mußte manch einer die ZBura auf der StörinseL die Kaiser Karl der Große als nördlichsten Stütz puntt gegen die Sachsen erbauen ließ, gesichtet haben. Damals trat das Bild der Landschaft allerdings ein an ztxezrek Anstatt der ariinen idnllischen Tiefen mußten noch zahlreiche Gewiisi ser und ein imposantereg Strombild dein Burabilde einen arofz,3iiiriaeren. wenn auch vielleicht etwas düstereu thuterqruno gegeoen harten Heute us von der alten Zioinabura teine Spur mehr vorhanden; nur ein kleiner Platz auf der dichtbebauten Störinsel, die Burg, der Burggang nnd die Burg: straße erinnern an ihr ehemaliaee Da sein. Dafür hat sich aber in den an inuthigen Hügelsattel ein reizendeg Städtlein hineingebettet mit vielen an einandergedrkinaten Dächern, mit ei nem Hausen fleißig qualinender Fa brilschornsteine, die, in eine trete zns riiclgeschoben, durchaus nicht aufdring lich mitten, nnd nsit der schlanten Sehnsucht eines reichaealiederten Kirchthurme5, der, wenn auch nicht von ehrwiirdiaem Alter. doch lssie ein Lied aus qizten alten Zeiten ist. Aber selbst an viel ältere Zeiten noch, als an die Karls des Großen ge mahnt der weite Ausblick. Von den nahen Augsichtsthiirmen im Walde-, von der Kaiser Wilhelnighöhe, von der Bigtnarclsäule, vom Elbblick, über blickt man die Marsch bis zur Elbe hin. Einst war hier das Wasser das herrschende Element, alg der Stör strom noch als starker Rede an den Userhiigeln der Jtzehoer und Heiligen stedtener Geest entlang strich, als die Sachsenschisse von ihren Beutesahrten nach den römischen Provinzen West europas ausruhten, der Feuerzeichen aetvärtiq, die von den waldigen Höhen loben sollten. Denn von hier aus wurden die toaalsaltiaen ceezuge un ternommen, von hier aug konnte man nach dem ess« ».ie11aesetzten Ufer der meerbusenbreiten Elbe gelangen, als noch kein Hamburg stand, das Elb telta unpassierbar war und das Vor dringen der Sachsen nach Sübwcsten euch nur iibcr die Geesthöhen bis We del und Blankencse von der Stör aus sitt bewerlsteltiaen ließ. Um diese Zeit haben sich auch große Sachsen fcharen von den Störusern ans nach dem von ten Römern geräumten Bri tannien einaeschifst. Unten am Störufer hatten wir ein wesentlich anderes Bild. Die An l)"ohen, aus denen sich das Städtchen lagert, sind nicht hoch. Die Perspetti ver-. wären eher lieblich zu nennen, be sonders ist der hügelige Vorsprung zwischen Jtzehoe und Sude, dessen Gartenhäuser und Anlagen über die Klostermarsch nach der Stör zu grü szen, recht idyllisch, aber die sich von der anderen Seite herandrängenden Fabtiten, der Bahntörper mit seinen zahlreichen Bauten und Schuppen ver-« leihen dein Stadtbild das Aussehen eines modernen Jndustriestädtcheng. Es gibt außerdem noch einen Beobach tungspunkt, der die Stadt wieder in einem anderen Licht zeigt. Dieser befindet sich gleich hinter dem soge nannten Delster. Nach einem Gang durch die Stadt gelangt man, den Hauptstraßenziigen folgend, über eine Brücke aus die Störinsel, die soge nannte Neustadt, die sich von der übri gen Stadt nicht wesentlich unterschei sdet. Am entgegengesetzten Ende der jNeustadt ist die Delsterbriicke. i Hier haben wir ein vollkommeneg ’Stadtidyll vor uns. Die Stiir windet sich in muthwilligen Windungen über eine liebliche Wiese, die von Waldhu gcln begrenzt wird. Der Wald geht allmählich in Gartenanlagen über; Villen blitzen aus dein Grün hier und da aus, dann drängen sich die röthlichen Dächer der Stadt immer enger zu sammen, so daß ein anmuthiges-, halb rundes Stadtpanorama über einem Flußthal entsteht. Da man die ganzen Fabrikanlagen jenseits der Störinsel im Rücken hat, wird das friedliche Bild durch keinen Mißllang gestört. Man glaubt eines jener verträumten Städtchen vor·sich zu sehen, in denen großväterliches Leben tagaus tagein iiber Märkte und Straßen wandelt, ohne sich viel uin die Gegenwart zu kümmern Jm Grunde ist Jtzehoe das eine ebenso wie das andere. EI ist eine durchaus moderne, hoffnungs voll ausbliihende Stadt, die sich sehr gut den Forderungen der Neuzeit an zupassen weiß, es hat Erinnerungen, die in eine altersgraue Vergangenheit zurückgreisen und es muthet hin und wieder wie ein großväterliches dell an. Das Stadtviertel in der Nähe der Bahn ist durchaus modern, wenn man iiber die schöne Alleestraße auf den St. Laurentiilirchturm zuschreitet. Dann wird dieser erste Eindruck durch ein dell unterbrochen. Der Prinzes sinhos, der ländlich vornehme Wohnsitz der jeweiligen Aebtissin des Klosters, mit seinem alten schattigen Garten hinter einer hohen Mauer, drängt sich an die Straße heran. Man wird daran erinnert, daß Jtzehoe bis aus den heu tigen Tag eine sremde Gemeinde, den sogenannten Klosterhos in sich birgt« Von den vier Jurisdittionen, die die Stadt einst in eine liibische, königliche, Gräflich Rantzausche und kliisterliche theilten, ist nur noch dieser Rest übria geblieben und von besonders idhllischer Schönheit ist der Klostergarten in der Nähe der Laurentiitirche mit seinem stillen Teich und den zerstreuten klei nen Häuschen der Stistdamen. Der Orden der Zisterzienserinnen, der hier einst große Besitzungen hatte, ist längst nicht mehr, doch ist sein Besitz in die Hände eines adeligen Damenstists übergegangen. Die Straßenziige selbst erinnern noch in mancher Hinsicht an uralte Zeiten. Sehr alte Baudentmäler hat daLs Straßenbild jedoch nicht mehr aufzuweisen. Die ältesten Häuser Jtzehoeg sind von 1657, aus der Zeit nach dem großen Bombardement, mit dem Karl X. Gustav von Schweden die Stadt Völlig zerstört hatte. Ess findet sich trotzdem ein gewisser Typus von alten sahlgrauen Häuschen mit dunklen steilen Dächern, der für ein zeer Straßenwintel Jtzehoes charak-» teristisch ist. - Der Hasen von Jtzehoe, der sich um die Stärinsel schmiegt, unterscheidet scclt wesentlich von den meisten nieder- « ethischen Häfen, er hat nichts von der - iddllischen Stille der blanten, glatten tianäle, in denen die Segelschisse und Kutter aussehen, als ob sie sich von ilts ren Fahrt-en ausruhten Schiffsleutin an Schissszrumps Mast an Mast, dicht an die Kairnauer gedrängt, an denen entlang die Häuser nnd Schrivven der Stadt eine ununterbrochene Reihe bil oen, tanen sie ein Bild entstehen, das s voll Geschäftigleit und reger Arbeit ist. : Die alten stillen Häuser und Straßen s züge tontrastieren oft ganz seltsam ; mit diesem Hafenleben, da-; nach dem ’ ffabrikviertel zu selbst etwas- dnrchausJ ’ Modernes- erhält, während es anderer seitg in ein friedliches Flußtlsalidnll oberhalb der Jnsel mündet, das nichts ron Handel und Industrie zu wissen « scheint. So verbinden sich auch im Strombilde die drei Elemente, die Jtzehoe ein besonderes Gepräge geben: Modernitiit, blasse Anlläuae an alte Zeiten und stilles delL s Wer diesen Zusanuuenllang am t stärksten genießen mill, der muß einen ; Gang oder eine Fahrt iiber die bracht-—- ’ volle Vreitenburger Chaussee nach dem ; Schlos- der Grasen Rantzau in Brei«- s tenlturg machen. Diese am Rande ei nes hiigeligen Waldes qelegene Land straße mit einer Menge komfortabler schöner Landbiiuser und Willen, die sich weit hinaus ziehen, mit Ausblick-: ins lieblicheStörthal, wo dieStör bald nah, bald sern aus dein Wiesenland ausblitzt, das Rauschen der alten Bu chen, mächtige Eichensilhouetten über'in . Wiesengrund und weit am Runde des » Thales, wie dunkle Nester, dieGeesthii-" gel, mit Miinsterdors, dem alten Wel na oder Welanao, dessen hohes Alter als Siedelung Reste heidnischer Grä ber beweisen, mit Nordoe und der Ranyauschen Breitenburg schließen sich zu einem würdigen, schönen Erlebnis zusammen, in das die dunkle Stimme der unsichtbaren Thurmglocle von St. Laurentii wie eine verträumte Mah nung hineinllingi. Auf diesen Streifzügen, während einen noch die Schicksale des tausend jährigen Jtzehoe umspinnen, ein langes Leidens-was voll ewiger Verheerungen, - Heminungen,Gewaltthaten,Unsicherheit und Schutzlosigleit.tommt man an dem ? lieblichen Forfthaus Trotzeburg vorbei, « einer Anhöhe, auf der die granitene Bismarcksiiule raucharau zum Himmel emporraat. Der Buchenwald ist zu- - riiclgetreten und das Radelholz bildet einenKreis sammtig dunklerWinel um zdas ernste, großziigige Moument, das wie das Wahrzeichen eines tausendjiih « riqu Reiches in seiner herbe-n Einsam keit dasteht, unverwüstlich dem Sturm JI iund Wetter trotzend, wie ein ewiger I Fels. Die Wendenziiae, die Ueberfälle der Deinem der erbitterte, verzweifelte Kampf der Sachsen, dann die langwie rigen Dynastienlämpfe zwischen Däm marl und Schweden, die Greuel des dreißigjährigen Krieger-, die Verhee runggs und Pliinderunasziige der Schweden, Ruffen, Polen, Dänen, Oesterreicher, Kaiserlichen, Franzosen, — wag hat sich nicht alles iiber diese Hügel gegen die Stadt gewälzt, was i hat nicht alles nach ihrem Hab und ; »Gut qetrachtet. Die Lifte der Brand schatzunaen und driielenden Lasten ist schier endlos-. Alles in allem, wenn ; man die Geschichte Jtzehoes nachprüft«, hat die Stadt im Laufe ihres Beste issisp » « Hm U .« « ; heng nur unter den Schauenburgern f sich eines längeren Friedens erfreut. Diese Vergangenheit und die Gegen wart. ——- freudig begreift man die-Mo dernität des thatiräftigen Städtchens und die Sympathie die diese Moderni tät erweckt. Es ist darin wie ein fro her Trotz. wie ein siegreiche-«- lleber- - . -s-»«- -«««H-iiz-z-.«H .. a-. »W winden des Gewesenen, wie ein erlö sendes Auflachen nach grauen, drucken- , » dei! Jahrhunderten « « Jean Paul d’»2lrdesck3ah. i. Eine Königin tm Exil. , Jn Paris lebt einsam, tränkelndI und in traurigster Geiniithsoerfassung. die Römgin Maria Sophia von Neapel, die wenige Monate nach ihret; Vermähtung, im Jahre 1860, mit ih rem Gatten Franz ll. die Reapeleri Königsburg verlassen und nach dem? Kirchenstaate fliehen mußte; von hier fliichtete dag vertriebene Königspaar - 1870 nach Frankreich. Der entthronte König hoffte immer noch, daß er den Thron einmal wiedererlangen würde; er umgab sich deshalb in Frankreichs Hauptstadt mit einer Art Hofstaat, der sich aus recht zweifelhaften und wenig vertrauengwerthen Elementen zusam mensetzte. Nach und nach schmolz aber auch die Schaar dieser wenigen Ge--« treuen zusammen, und als der un glückliche ErKönig vor zwölf Jahren starb, blieb die Wrttwe allein mit ih rem Beichtvater — dessen galante Abenteuer demnächst die Gerichte be schäftigen werden —- und mit zwei al ten ,,Hofdamen«. Die französischen Zeitungen behaupteten, daß die Köni gin sozialistische Ansichten habe — das ist aber zum Mindesten start übertrie ben. Jn Wirklichkeit handelt es sich um Folgendes-: Die Königin eröffnete in Paris ein Geschäft, in dem von be diirstigen Damen der Pariser italie nischen stolonie angefertigte Handar betten und Stictereien verkauft wet den; der Ertrag wird oder wurde -—· denn das Unternehmen hatte in Folge betriigericher Machenschaften der Ad mmistratoren nur kurze Zeit Bestand zu gleichen Hyenen oerineiu. Als vor etwa zwanzig Jahren in Frankreich das Gesetz in Kraft trat, dass die in der Republit lebenden Aus länder verpflichten, um eine Aufent lsaltgerlaiidniß nachzusuchein konnten der W König und die Er Königin von Neapel leinen Jdentitätgnachweis er bringen: sie hatten, mit anderen Wor ten keine Papiere und weigerten sich entschieden, von der italienischen Ne gierung, d. h. von den ,,Usurpatoren«, - sich irgend welche Dolumente ausstellens zu lassen. Der damalige sranzösische Minister des Innern drückte ein Augel zu und ließ die beiden unbehelligt, soI daß sie ruhig in Paris bleiben durs ten. Die til-Königin empfängt seit dem Tode ihres Gatten keinen Men schen und zeigt sich nie mehr in de; Oesfentlichteit; sie ist soweit ihre be scheidenen Mittel ihr das erlauben sehr lvohlthätig, unterstützt besonder« . junge italienische Mädchen und unter-« hält ein Waisenhaus, in dem nur Kinder armer italienischer Familien Aufnahme finden. . Nicht wer wenig hat, sondern wett viel wünscht ist arm.