Roman aus dem Volksleben Rosen und Myrthen Von O. Elfter i:·-. FortfeyungJ Die guten Gerhards sperrten An sen nnd Mund anf. Maschinenfa fpettor und Künstlerin an einem gro ßen Theaters —- Das impanirte ih nen gehaltig·» Die Wahrheit freilich war, daß Heer Hänfeler ganz einfach Heizer und Kohlenträger war. daß Fräulein Margarettx Hönfeler als Tänzerin und in kleinen Sprechrcllen stritt-it, und daß das große Theater eine Barftadtbiihne im fernen Osten der Weltftadt war. Meine Tochter wird wohl nächstens an vie königliche Oper tatnmen", prahlte Frau hänseler weiter. »Und» auch meinem Mann is ’ne Stelle an; die Oper versprochen. Man hat eben! der Talent von meiner MargaretheI nnd die Wissenschaft von meineml Mann erkannt. Sie müssen uns mai» n unsere Wohnung besuchen, Herr» Der-hard, liebe Frau Gerhara Wir; Fwahnen ietzt in vie Oranienftraße —i eine sehr feine Jegend, dicht bei’n Mo ritzlatz. Ich sage Ihnen. Frau Ger hard, Sie werden sich wundern iiber die Wohnung. Jotte doch, wenn ick an det Häusten in Friedrichshiitte zu rücke-ente, denn lönnt’ ich laut lachen. Ren nee. über Berlin jeht nifcht, man muß nur Talent un Wissenschaft da zu haben —« Der biedere Gtrhard und seine Gattin lamen sich unendlich tlein vor. diesen gebildeten Leuten gegenüber. Ein Gefühl des Neides quoll in Frau Gerhards herzen empor; sie verglich im Stillen die frische, anmuthige Er scheinung ihrer Stieftochter mit der blendendem durch künstliche Mittel ge hobenen Schönheit Grete Hänselerö und tatn zu dem Schluß, daß ihrel Anna auch wohl das «Talent« zu ei-( ner Künstlerin haben dürfte. « .Jch glaube. die Anna tönnte es auf dem Theater auch zu etwas brin gen«. meinte sie zögernd. «Laß einmal sehen«. rief Grete hänseler lachend, erfaßte Anna bei den hönden und drehte sie einiae Male im Kreise herum, ohne Rücksicht zu nehmen auf das Lachen des Publi Ums. Anna erriitbete tief und machte sich nrit sanfter Gewalt von der Künstle rin frei. «Die Gestalt paßt vortrefflich für dies-ähne«. entschied Fräulein häufe ler. »Schlant und voll —- und dann das prächtige, goldblonde haar, die gerufen. blauen Augen rnit den darei len Wimpern und Brauen. —- Das Gesicht ist etwas blaß. aber na, dage gen giebt es Mittel —« »Ich bitte Dich, Grete, laß —- ich habe nicht die Absicht, zur Bühne zu lieu-« »Sei nicht so zirnperlich Wenn Du Talent hast, so könntest Du Dein Glück Inian —« Ja das Talent! Dasz Grete hän ieler das Talent besessen. das bewiesen ihre seidenen Bänder, ihre bunten Blumen, ihre spitzenbeietzten Kleider. aber auch ihre gefchrnintten Wanqen und ihre dunklen. mit Kohle nachgezo genen Augenbrauen so wie die tirichq rothen Lippen. Mit heimlicheni WH derevillen beobachtete Anna das freie,? ungenirte Benehmen der friiherenJ Freundin Wenn ein here vorüber ging und einen erstaunt lächelnden slis auf die sonderbar zusammenge feste Gesellschaft warf, erwiderte Grete diesen Blick mit einem Lachen, das man als frech hätte bezeichnen können. »Du mußt mich besuchen, Anna«, flüsterte Greie ihr zu. »Aber ohne Deine Eltern —- sie passen nicht zu uns. Du sollst auch meinen Bräuti gam kennen lernen. Ein keiner Vett, soc ich Dir —- et spekulitt auf der Börse.« Ann wußte nicht, was das kost· Aber etwas Feines mußte es schon fein, denn Geeie wußte nicht genug von dem Reichthum und der Bot newheii ihres »Bköuiig-.ims« zu et zählen »Er ist übrigens hiet«, fuhr Grete spei, »fvll ich Dich mit ihm bekannt suchen? Dort kommt er —« Ein schlanckey hager-et here von Geisen dreißig Jahren in iadelloset" dunkles Toilette getleidei, den schwat - sen, glänzenden Cylindet auf dem Wesen Von-L im rechten Auge eis ersindettei Monokle, näher te seh dein Tisch und blieb zögernd sie-. als et bemerkte, is welcher Ge , sw sich seine »Dami« befand. « »so-nen, ich mache dick- tnie ihm-be Wec fis-state Orete dee Freundin »j- mkd Its die halb Widerstrebenpe sm. «Siegmund, meine Freundin möch te Dich kennen lernen —« » Mit einem leicht spötischen Lächekn fettachdeie Herr Siegmund die verle ces End etrötheud dastehende Anna. haft Du denn diese Freun sts ewiges-Weib Grete?« fragte et mit IV lispelnd-et Stimme. »«s eine Jugendstexendin von mir —-— aus dem dan Sie ist mit ihren Eltern hier erst zugezogen —- Anna, Du mußt Siege-kund seine Worte nicht iiber nehmen, er scherzt getnk »Ich sah Sie vorhin mit meinem Freunde Max Manßel«, fuhr Herr Sieginund Faltenftein fort. »Sie scheinen also schon Bekannts it ge macht zu haben, Fräulein ratulire zu der Bekanntschaft« «Was—-Du kennst Max MantelNi rief Grete Hänselen »Das trifft sich ja herrlich, dann können wir uns zu samtnen amiisiren Ter Max ist ein ganz samoses Kerlchen —" »Da kommt er« , sagte Siegmund, mit seinem Stöckchen nach dem Tanz-E saal weisend. ( »Ich möchte mit Herrn Mandel nicht zusammen treffenc stammelte Anna in großer Verwirrung i »Ihr habt Euch gezankt? Da merk ich Max einmal den Kopf zurecht setzen«, rief Geete und eilte auf hektn Mandel zu. der aus det Ferne ,die kleine Gruppe beobachtet hatte. Here Siegmund versuchte, mit An na ein Gespräch nnzuslniipfenz da ihm das aber nicht gelingen wollte. Tüfi tete et, kühl und spöttisch lächelnd, den Hut und entfernte sieh. Anna lehrte zu ihren Eltern zurück. Herr Hänieler und Frau empfohlen sich unter vielen höflichen Worten und luden Gerhards ein, sie einmal aus der Oranienstraße, nahe am Moritzplah. zu besuchen. Schweigend saßen die Eltern An na’s da. Friedrich Gerhgrd trank einen Gilta nach dem anderen, Frau Gerhard wars nachdenkliche Blicke aus ihre Stieftochter. die still und in sich gelehrt aus ihrem Platze saß und das Auge nicht zu erheben wagte. Sie fürchtete den Blick ihrer Stiefmut ter, sie fürchtete die Beaehrlichleit, den Neid, der in diesem Blick aufflackerte und sie verstand den stummen Vor wurf und die stumme Frage: »Wes halb haft Du nicht auch das Talent, wie Grete Hönseler?« —- und sie schau derte leicht zusammen, wenn sie an den kalten, spöttischen Blick des herrn Siegmund Faltenstein. des »Beste« gams« Gretens, dachte. Inzwischen ging Grete mit Max Manhel sprechend, aus und ab. Aus-· merksam hörte sie der Erzählung des n Manhel zu, der mit einem är gerlichen Ausruf schloß: .Jch habe die Geschichte seht satt. Das Mädchen ist ja so dumm wie ’ne Gans. Ich be liimmere mich nicht mehr um sie —« »Wissen Sie, herr Max«, entgeg nete Grete hönseler. »daß Sie es ganz falsch angefangen haben? Sie sind viel zu stürmifch vorgegangen.« Herr Max lachte spöttisch. »Ihr-n Sie nur nicht so, Grete, Sie sind ein lluges, oerstiindiges Mädchen, dehalb bringen Sie es auch zu was-« »Ja, ich habe einmal das Talent dazu', meinte Grete stolz. als die ge lehrige Tochter ihrer Eltern. ,Aber, Herr Max, was ich sagen wollte. Wir müssen der armen Anna helfen, dass sie ans der Noth und Sorge heraus tommt. ’s ist doch schade um das schöne Mödchen.« — »Was ist da weiter zu machen? Zum 1. Oktober tiinlsige ich Ger hard.« «Dos würd’ ich auch thun. Die Gewaer müssen in ’ne ganz andere Umgebung« und ich werde die Anna nicht aus dem Auge verlieren. Jch werde sie öfter zu uns einiaden —- na, und wenn Sie dann zufällig mit Siegmund kommen, dann wird sich ja« das weitere finden.« »Gute. Sie sind ein Prachtmiidels Daraufhin müssen wir ein Glas Seit trinlen —« «Aber nur mit meinem Sieg mund.« Lache-ed schob Max feinen Arm un ter den ihrigen und führte fie in das Jnnere des ertanranti. Jn einem Nebenzimmer des gro ßen Hauptfaalei ging eö iiberluftig s her. hier saßen die Radiahrey welche mit Max Mandel gelten-meet waren und tranken eine Erdbeer - Bewie. Mehrere Damen, die in der ausfallen den Kleidung mit Greie hönseler wetteiferten, begrüßten die lestere mit lauten Zumfen. «Wo ift denn Dein Sigitmnnd, Grete?« fragte eine große, rothblonde «Dame«. Jsr hat mir neulich ver sprochen. mich zu einer Flasche Cham pagner einzuladen« »Hier ist der Gewünschte«, sagte die lifpelude Stimme des Herrn Falten ssein. »Und die Einladung. von det; Fräulein heim gesprochen, halte ich aufrecht. —- Kellner, ’ne Pulle Sekt!« »Damit-! Jeßt wird's erst lusiig!« Die Pfropfen wallten und Grete schicken das Mädchen mit Talente-L begann den neuesten Walzer zu sm gesh iu den die übrigen lachend und jubelnd einstimmtev 10. K up itel. - Frau »BaumeiKek« Eugenie Man gel ruhte auf einem amerikanischen Scheutelftuhl hingegossen in ihrem Boudoit, das mit vertchwenderischem Luxus ausgestattet war. Jn schweren Falten hingen die feidenen W an den Fenstern und Thüren nieder. Dichte, persische Teppiche verschlungen jedes Geräusch eines noch so leiten Trittes, nnd die schwatzen Ebenholz niiibel glänzten von mattgeiben Eisen bein- und Perlmuttereinlagen. Zu dern gewaltigen Körperurnfcng der Frau Baumeister wollten diese zierlichen Rotlotomöbel eigentlich nicht recht passen. Man fürchtete, daß sie zusammen brechen würdet-» wollte sich vie gewich iige Dame auf einen der zierlichen Stuhle oder das kleine Puppenspphn niederlassen. Nur der amerikanische Schanieisiuhl machte einen iciiden Eindruck und in der That vertraute Frau Mandel auch nur diesem Stuhl; ihren Körper an. Fast den ganzenf Tag lag sie in diesem bequemen Stuhl, las die neuesten Romnne und empfingj in ihm auch die Besucher welche sich! nach dem Beiinden der Frau Baumeisj ster eriundigen wollten H Vor ihr aus einem niedrigen Ta bouret saß ihr hoffnungsvoller Soth Herr Max Mangel, und blickte lä chelnd auf den goldenen Kneifer nie der, mit dem seine hände unaufhör lich spielten. Auf dem runden Gesicht der Frau Mandel machte sich ein mißmuthiger Zug bemerkbar. »Also. Du meinst wirklich, Mar, daß es mit den Partiersleuten nicht mehr geist?u fragte sie aufseuszend, als laste das eben mit unerträglicher Wucht auf ihr. »Ich bin zur Ueberzeugung gekom men. Mama', entgegnete der hoff nungsvolle Svriißling, »daß der Mann trinkt. Er orrnachliiisigt seine Pflichten —- und seitdem sich Die TM ter einen Schatz angeschafft hat, geht in der Familie alles drunter und drüber.« »Die Person hat sich einen Schuh angeschafft? Das dulde ich nicht in meinem hause. —- Wer ist denn dieser Mensch?« »Du wirst nicht verlangen, Martia, daß ich rnich eingehend mit den Perso nalien dieser Art Leute deschiistige.« »Du haft recht, mein Sonn', erwi derte Frau Mangel, stolz uf die Vor nehrnheit ihres Sohnes. »Aber-, Du weißt, daß es mir entsetzlich ist, mich um solche Dinge zu detiimmern. Schi ete die Leute fort, wenn Du die Uebergeugung gewonnen hast. daß sie nichts tougen. Einen Portier be kommt rnan so alle Tage wieder.« »Du giebst mir also die Erlaubniß den Leuten zum nächsten Ersten zu tiitedigen7« «Rati"trlich —- las mickz nur iegt in Ruhc ich mußv mich er elen, Deine ErzähluM hat mich angegriffen ——« here anhel erhob sich. küßte der Mutter die fleischige Hand und ent fernte sich mit einem schlauen- trium phirenden Lächeln. « Jn der Portierroobnung des Kel lergeschosses sah es bei Weitem nicht mehr so nnbeimelnd und ordentlich aus« wie in der ersten Zeit, nachdem die Familie Gerhard eingezogen war. Es hatte sich sehr bald her-ausgestellt daß die große Familie von dem gerin gen Portiergehalt nicht zu leben ver mochte, es mußte von den Kindern noch zuverdient werden« wollte man sich redlich durchs Leben schlagen. Anna hatte in der heilnath das Weiß nähen gelernt, auch Frau Gerbard war lehr geschickt mit der RadeL und so suchten denn die beiden Frauen verschiedene Geschäfte aus, um Neben verdienst zu finden. Das bescheidene, sittsame Wesen Annai machte aus diej Geschäftiinbaber überall einen guten Eindruck. Aber die meisten hatten die Arbeit schon vergeben, nur in einem großen Ausstattungimagazin erhielt Anna Arbeit — versuchen-eile, wie der ..Geschsitisiibrer sagte. Ei war ein erbärmlicher Lohn, den Anna siir ihre Arbeit erhielt. Tag und Nacht mußte sie mit der Mutter sisen und nähen stellte sie nur die M einige Mart eicfrisen Dazu tam baß sie sich eure III-ist« Wer mußten, siir die sie jede Woche drei Mart ab zuhlten. Aber selbst die wenigen Mart, welche die Frauen verdienten, tonnten in dem haust-alt nicht ent behrt werden. Friedrich Gerhard tam tin-mer mehr aus Abwese; fast den ganzen Tag saß er nebenan in der Wirthschust oder er schlief in seinem Sessel an dem Portiersenster, wenn er aus einige Stunden nach hause tam. Eine innere Unruhe trieb ilyn umher; ei schien, als ob er stets aus der Flucht vor einer drohen-den Gefahr lebte. I Daß unter diesen Verhältnissen der Deus-halt litt, daß Ordnung und Reinlichieii nicht mehr in dein Maßes Iroie früher herrschen tonnien, war na tüelich Die beiden Frauen saßen und nahten. Berge von Seinen, fee-· tigen und anfertigen Wäscheftiickem thürmien sich in dem einzigen Zimmer ani; die Kinder durften sich in dein Wohnzimniet nicht mehr aufhalten, da sie sonst an den Wäschestiicken et was verderben konnten; sie trieben sich auf der Straße umher, da sie sich im hofe nicht aufhalien durften. Ihr lärmendes Spiel, has laufe, rohe Ge schrei der Kinderfchaar auf der Straße schnitt Anna oft durchs Herz mit schmerzlichem Empfinden. Sie hätte die jüngeren Geschwister so gern be aufsichtigt, mit ikimen gespielt, aber sie mußte nähen, nähen and immer wie der nähen. Frau Gerhard evard mürrisch und zäntisch Sie zanlte mit dein Mann. wenn er nicht rechtzeitig heimlam, sie zantte mit den Kindern, wenn sie Be ichmnht und rnit zerrissenen Kleidern ron ihren wilden Spielen zurückkehr ten, sie zanttr vor allem mit Anna über die geringste Kleinigteit »Wenn Du den Bartels heirathen wolltest, wäre alles anders«. sagte sieJ mißmuthig. »Der wird ein wohlha-; tender Mann und lönnte uns unter-i stühen.« I Anna schwieg und neigte sich tiesers aus die Arbeit nieder. ’ »Aber Du scheinst große Pläne zu haben«, suhr die Stiefmutter in är gerlichent Tone fort. «Hossst trohl gar auf den jungen Herrn Neapel-« »Mutter, ich bitte Dich —« »No, ich hätte auch nichts dagegen«, sagte die Frau, »wenn Du ein wenig freundlicher zu Deren Manhel wärest Man weis doch nicht —« Jn diesem Augenblick wurde die Thiir heftig ausgestoßen und Ger hard stolperte -herein. Jn seinem Ge sicht machte sich eine ärgerliche Erre gung geltend. Jn seinen Augen sta cterte es- unheimlich,—drol)end aus. Er hatte wieder einmal getrun!en. Heftig schleuderte er einen Brief aus den Tisch. . »Da haben wir vie Geschichte«. rief er rauf- lachend. »Jeht geht das Ver gnügen erst recht an —« «Was ist geschehen?« fragte Frau Gerhard erschrocken .Da sies — soeben habe ich den eingeschriebenen Bries erhalten. Raus geschmissen sind wir-aus die Straße gesest —- Dns ist ja leicht und ein sach —- hier steht’i·« Und den Bries wieder aufnehmend, las er: «Laut Anweisung meiner Mutter, der Frau Baumeister Man tel. tiinsige ich Ihnen hiermit die Wohnung in unserem hause. Zu gleich erlischt von diesem Tage an Jdre Verslichtung als Partien Jch macht Sie daraus ausmertsam. daß laut ge seylicher Bestimmung die Wohnung bis zum Abend» bei 1. Oktober ge räumt sein musi. — Max ManIeU «Unmiiglich!« ries Frau Guts-ari osus und entriß den Bries den hän den des Mannes. »Ja, unmöglich«, spottete dieser. »Bei solchen vornehmen Leuten ist al les möglich —- rvenn sie einen nicht mehr brauchen, werfen sie einen einsach aus die Straße!« Er sont nus einen Stahl und blickte sinster briitend vor sich nieder. Anna gab es einen Stich durch das her-, Also das war die Rache des qbgewiesenen Liebhaber» So hntte er es gemeint, als er ihr drehte: Sie werden ej noch bereuen! — Ach, wie schlecht waren doch die Menschen! Sie näherte sich ihrem Vater nnd legte sanft den Arm um seine Schulter. »Stei- es gut sein, lieber Vater«, sagte sie tröstend. »Wir sinden eine andere Woynnng und werben fleißig arbeiten, dann werden wir schon durchconimen —« ; «Denn wir nicht verhungern«, ; stöhnte Gerhard. ’ Irr-: Gerhard starrte noch immer ans den Unglück-pries Dann oth nrete sie heftig aus. »Wenn man Herrn Mandel recht schön bäte, die Kündigung wieder zu rücksank-um's flüsterte sie, «et hat doch ein Auge auf unsere Anna ge worfen, vielleicht tsnnte Anna mit ihm sprechen« »Un- Gotteswictem nein — um tei nen Peeiit Lieber verhungernk tief Anna entieit dazwischen. Auch in dem alten Gethstd regte» sich etwas wie von Ehegesiihl unvs Stolz. Anna hat ganz recht!« brüllte er. »Hu haft mich zum hehley zum Trun tenbpld, zum Faullensee gemacht — nun sieh nur Du zu wie Du uns wieder aus der Patfche hetauishilsst!« —- Dabei hatte et sich so tn Muth gere det. daß er die Frau packte und sie to heftig schüttelte, daß sie laut auf teeifchtr. »Vater, ich bitte Dich —« legte sich Anna ins Mittel. Er ließ seine Frau los. schlug sich mit der Faust vor die Stirn und sant schwer aus einen Stuhl nieder. Frau Gerhard wollte schelten-d aus ihn lossahrem aber Anna« hielt die Zurnige zurück l »Geh, Mutter«. sagte sie bittend. k«Lasz mich mit dem Vater allein — Ees tann zu nichts Gutes sühren, wenn s Du ihm seht Vorwürfe machst —« ; Sie schob die Mutter mit sanster »Gut-alt in das Nebenzimmer. Eine -Weile blieb sie hestig athmend neben der Thür stehen; mit sunssglichem Mitleid hingen ihre Augen an der ge brochenen Gestalt des Vaters. «Vater —-« sliisterte sie mit bei-en der Stimme. Er blickte empor, wie ans einem Traum erwachend. Dann streckte er nach ihr die Arme aus und ries schluchzend: »Mein Kind —- mein ar met Kind -« und Anna eilte aus ihn zu, stürzte vor ihm nieder aus die Knie und umschlang ihn mit den Ar( men, das Haupt an seinem setzen verbergend. Auch er schlug die Arme um ste, beugte die Stirn aus ihren Dlonden Scheitel und weinte leise. So lagen sie schweigend eine Weile. bis sich Gerhard ausrasste. Sein Rausch war verschwunden, ein Zug der sriiheren Energie durchzuckte sein Gesicht. «Anna«, sagte er mit unsicherer Stimme, »tnnnst Du mir vergeben. was ich an Dir Böses gethan —?" «D-u hast mir nichts Böses ge than, Vatet.« »Ja, ja, ich »weiß· Wenn ich nicht in der Nacht —- doch lassen wir alte Geschichten ruhen, sie sind nicht unge schehen zu machen. Du hast recht. Anna, wir müssen seht arbeiten —- ar beiten—arbeiten! Und auch ich will arbeiten —- ach, ich tann noch arbeiten« wenn ich mill!" Er teckte die ital-ten Arme empor und schüttelte die Iiiuitr. »Aber Du. Anna: Du sollst nicht arbeiten, Du sollst es gut haben -— weshaib heimtheft Du den Batteiö nichts Dann hat alle Noth ein Ende.« «Vatet, ich tann ei nicht — Du weißt selbst, weshalb ich es nicht kann —« , .Ja, ja, ich weiß es«, murmelte et. Ell-er geichedene Geschick-ten sind nicht ungeschan zu machen —« .Laß mich bei Die bleiben, Bettes-'s bat Anna. »Ich tann und ich will arbeiten —- tvenn’s nicht anders geht« suche ich mit eine Stelle ais haus miidchen —- abet nur nicht das eine, nur nicht die Frau des Mittels wet den —« Gebanlenooll strich Gerbard iiber den blonden Scheitel seiner Tochter »Guk, Du sollst bei mir bleiben, Anna —« ,,hollob, was gebt denn hier vor?« rief eine laute barsche Stimme und der lange Bartels trat ein, während sich Frau Gerbard hinter ihm in das Zimmer drängte. »Der Prot, der Lasse da in dem ersten Stock bat Euch gekündigt? —- Na, was ist denn weiter dabei? Ihr zieht —- das ist aller hier in Berlin lernt man das Zie hen. Das ist doeb tein Unglück? Ich hab’ schon ’ne Wohnung siir Euch. Fein, sag’ ich Dir, Frihn Aber un Norden —- mn Weddingplah —- oter Treppen hoch freilich, aber nobel —' Anna hätte das Anerbieten am lieb sten abgelehnt, aber ibre Eltern waren sebr ersreut, daß sie so rasch eine Wohnung finden sollten und ibr Vo ter machte sich rnit Barteli gleich auf den Weg, urn die Wohnung zu besich tigen. Nach einigen Stunden tam er rote ———————-—-— der· »Die Wohnung ift gut. die neh men wir«, entschied er. »Ich habe schon fest gemiethet.« Unter strömendem Regen wurde am i. Oktober der Umgug bewertftelligt. Der geringe Hausrath, der noch übrig geblieben war, ward auf den Wagen des langen Bartels geladen, Frau Gerhard mit den Kindern thronte oben auf den aufgethiirrnten Fischen. Stüh len und Betten, Bartels führte den mageren Gaul, Gerhard und Anna gingen hinterdrein und sa« zog man durch die regenfeuehten, in die frühe Dämmerung des Oktoberabends ge büllten Straßen der Riesenstadt nach dem Norden hinauf, in einen fremden Stadttheil, als ob man in ein ferne-, wild-fremdes Land zöge. Als der vollgepfropfte Wagen var dem Hause in der Blilorostraße abfuhr, blickte Anna noch einmal an dem mächtigen Hause empor. Trosdem sie so manche bittere Stunde in ihnr retlebt hatte, erichien es ihr doch fest, als sollte sie zum zweiten Male vie Heimath verlassen. Als ihr Blick iibee die Fensterreihe des ersten Stockwerlli streifte, begegnete ihr Auge plöhlich dem spöttischen Blick des jungen Mangel, der. nn einem Fenster ite hend, dem Auszuge der Portiertsfai rnilie zuschautr. Er verneigte sich in spöttischer Höflichleit, als er Unnas Blick auffing, und warf ihr eine Kuß hand gu. Rasch wandte sich Anna ab und ging aus die andere Seite des Wo genc, wo sie vor den grausam-MON schen Blicken des jungen Mannes ge schüst war. Ein Gefühl der Verach tung für diesen Elenden quoll in ih rem herzen empor. Jn diesem Augen blicke erschien ihr der rauhe, brutale Bartels, der mit dem- Strafgesehe schon öfter in Berührung gekommen war, als der edlere Mann. der wenig stens ebenso aufrichtig in seiner Freundschaft wie in seiner Feind schaft war. Gartels war ver Richtung ihrer Blicke gesolgt. Auch er bemerkte den jungen Mandel. Ein iinsteres Lä cheln Nichte über seine dunklen Züge. »Warte nur, mein Junge«, mur rnelte er in den Bart, »Dir besorgen wir Deinen Irenndschastssdienst noch eilig —-« Dann schlug er auf den mageren Gaul ein und der Wogen holperte da von. »An det Umziehen müssen Sie sich gewöhnen-, Anna«. meinte Bartels gutmüthig zu dem traurig des-hinschrei tenden Mädchen. »Bei is ja gerade det scheensie Vergniegen sür die Welt stadt. Paßt et eenen nicht mehr in den eenen Welttheil, oder steht man sich mit der Polizei nicht ani Jrüß süß, na, denn zieht man in 'nen an deren Welttheil ——« Gortsesnng solgt.) Jn New ersey hat etn neunziajähs riger alter rr ausgerechnet daß et tin Laufe seines Lebens 819,000 da durch erspart hat« daß er niemals von einem Barbier tasieren ließ. Aber es ist nicht gerade ein Verdienst, andere Leute nichts verdienen zu lassen. Und wo sind die 819,000? I O f Der Gesundheitszustand eines ver utteilten Zuckertrustbeamten soll sich im Gefängnis bedeutend gebessert ha ben. Dennoch ist daran zu zweifeln, daß andere Truftmagnaten zu einer solchen Kur Luft verspüren. . - — Die Kohlenförderung übersteigt fehl ben Verbrauch; in ungefähr sechs Mo naten werben wir eine ähnliche Nach richt über das Eis hören. aber bie Preise fär die beiden Alt-Mel bleiben doch hoch. set-it .«o — »Wie kommen Sie zu der Vermutung, daß ihr Ichwimckfcbn Simon acht gut qesinnt ist Ins-II Röiiti?' »Seht e Macht Ich hab' ihn data-i ettavpt wie er dem Höfe-, der shch gestern ins dein gebissen, —- einc große Wurst geqebeu dau«