Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 22, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    Ver Weg seines Vaters-.
Rwelle von Alire Gerland
Steelr. Uebersth von Wal
terJarobi.
l.
Der alte Doktor saß in seiner Halb
tutische mit einein Gesicht, als ob er an
einem Pferderennen theilnahm, ob
schon er noch eine halt-Stunde übrig
hatte, um den Vieruhrzug zu erreichen
und die Station nur zehn Minuten
weit war. Magag trottete sriedlich
durch die Dorsstraße und ließ sich
nicht aus der Ruhe bringen. —- Der
Dotter überlegte in großen Zügen alle
Augenblicke des Lebens seines Soh
nes. Dieser Sohn, der seine Studien
vollendet hatte, wollte nämlich nach
Hause lomnten, um immer daheim zu
bleiben!
Sein Vater sah ihn im Geiste wie
drr als lleinen Jungen um das alte
weite haus spielen; er sah ihn mit
den medizinischen Büchern Bau-werte
errichten und aus seinen lindlichen
Entdeetungsreiien den Staub von den
Dachsparren mitnehmen. Bently war
sehr rege und aufaewecit gewesen. Sein
späteres Leben hatte ihn bald hierhin,
bald dorthin geführt und erschien dem
Doktor, der niemals iiber Lang Hol
loev Form. swo sein Distrilt endete.
hinausfahr, wunderbar.
Bentley war anders als der Vater
gewesen. Dieser aber wußte, daß die
Leidenschast der Jugend sich legen und
er sich einst in den schönen, qriinen Ge
filden niederlassen würde, wo der Va
ter so lange Jahre artrirlt hatte. Er
wußte, daß die Wanderlust ihn end
lich nach dem sichern Port der Hei
math slihren würde. So hatten die
Eltern, wenn er als Kind nach dem
Mond schrie, ihr Bestee gethan und
ihm auch nachher. als er iort zum
Studium wollte, alles gewährt.
Es waren einsame Jahre gewelen
Aber nun waren sie vorüber, und er
lehrte zurück, um den Weg seines Va
ters zu gehen. Er hatte Medizin stu
dirt und sollte hinfort an der Seite
seines Vaters arbeiten und den Leu
ten briftehen und Glück um sich ver
breiten.
Magog trottete zur Station heraus,
und mit einem Ruck hielt der Doltar
an. Er stieg aus und ging newöo aus
der Plattfarm aus und ab, indem er
aus den schrillen Pfisf des Zuges
wartete. Der Billettschafsner tam
vertraulich näher.
.Sie warten aus den Zug, Dos
tor? Er hat etwas Verspät«ung.« Der
Dritt-r niste
,.Jan)ohl, ich erwarte meinen Sohn
heute.«
»Das ist schön. Jedoch wird er
wohl bald wieder fortfahren, nicht
wahrs«
»Weder fortfahren? Ich dente nicht.
Er bleibt jetzt für immer, Pertins, —
siir immer!"
Der Drltor sprach mit lirregunky
denn er haßte dieses Warten und Aus
fragen. Der Beamte, überzeugt da
von, das-, er einen Fehler aerracht hat
te, nahm seinen Hut ab und beweh
tete das abgetraaene Futter darin.
Dann Dichte er seine Nase mit einem
rothen Taschentuch und begann wiede
rum.
«Tak ist aut siir Sie und die gnä
diae Frau· Was :r:ill er anfangen —
ein Geschäft eröffnen? Jch hörte, daß
Sam Waller verkaufen will und ver
muthe wohl recht, daß Ihr Sohn
Bentln ——«
»Nein, nein!« unterbrach ihn der
Dritte-L »Ich will meinen Sohn in
lkeinem Geschäft fehen.« Er räufperte
fich. »Er triro mir beistehen in mei
nem Beruf, —- jn, ja, in meinem Be-j
ttlf!« s
Der Beamte erröthetr. z
»Ja, es ist schön, in einen Beruf zul
lkmmen« wo alles schon so wohl vor
bereitet ist. nicht waer Aber er wirds
nie trie Sie selbst sein." !
»Er wird mich iiberra,ieci, Tierlini;.i
Es ist junges Blut, nie wir esJ heut
zutage brauchen. Dort tommt der
Zugl« Er trat etwas zurück, als der
Zug einfuhr; seine Augen suchten eis
ria die rnuchaeschtviirzten Fenster ab.
Als er Bentlh erblickte. trnt er vor.
»Lieber Sohns« !
»Ach, Vaterl« Bentlen gab ihm diei
Hand. «Froli, Dich zu sehen. Dachte
nicht, daß Du hier am Bahnhos seini
würdest. Glaubte, irgend ein alter«
hausirer würde um 4 Uhr gerade ein
Pslaster oder eine Pille nöthig hat-en.
und dieö·tviirde siir Dich iwichtig gest
nug sein, mich nicht aber-holen«
Der Doktor siihrte ihn lächelnd zumi
Wagen. s
»Ach, ich lonnte crbtommen Jetth
besindet sich ziemlich alles wohl, mit
Ausnahme der alten Frau Hall« Er
seuszte ein wenig. »So ist’s recht,
stelle Deine handtasche hinten aus den
Wagen. Was soll niit dem Koffer tret
den?« Die elegante Gestalt im blauen
Anzug hielt einen Augenblick an.
»Ach, ich brachte iilserhauspt teinen.«
»He-achten teineni"
»Nein. Die handtnische reichte. Ich
habe noch einen Anzug darin und zu
hause sind auch noch einige Meidungss
Rücke, falls ich etwas brauche. Aber-,
wie geht es der kleinen, lieben Ma
mas«
Der Doltor ergriff langsam die
Zügel
»Sie ist nicht ganz wohl, Bently.
Sie fühlt sich einsam, oermuthe ich.
Doch fest bist Du zurück, dann wird
es wieder besser werden«
Der junge Mann maß mit kriti
schen Blicken die Gegend, durch die sie
fuhren.
»Die arme Mama! Ich habe ihr
viel zu wenig geschrieben. Sage, Va
ter, die Stadt ist noch unverändert;
warum läßt Jim Squires auf seiner
Scheune lein neues Dach einbringean
»Es war ein schweres Jahr, und die
Ernte war schlecht.« ·
Bently gähntr.
.Die alte Geschichte. Selbst wenn
ein Bauer nicht in den Himmel käme,
würde er der Ernte schuld geben!«
Der Doktor schüttelte den Kopf.
»Mnnchrnal ist es schwer-, ein Fort
tomrnen zu finden, mein Sohn." Er
dachte an das Loch, welches die Rech
nungen seines Sohnes in seinen klei
nen Schatz gefressen hatten. Aber er
sdachte plötzlich, daß er es ja so gern
gethan hatte; er war so stolz aus ihn.
»Magog wird nlt«, saqte Bently.
Kannst Du nicht ein wenig mit der
Peitsche nachhelfen?«
Der Doktor würde Mago ebensowe
nig wie Bentln geschlagen haben. Er
zog nur die Zügel etwas an, und nun
verfiel Magog in schnellem Trab. Zehn
Minuten später befand sich Bently mit
seiner Mutter in der Bibliothet »Bist
» Du müde, Gebilan Vierhundert
Meilen, folch’ lange Fahrt! Ach,
Bentlh, es ist so gut, daß Du wieder
zu Haufe bist!«
»Ja«, sagte er, »es ist sehr schön,
Mama.«
Er dachte daran, daß ihm noch nie
aufgefallen war, wie einfach und ab
genutzt alles hier im Zimmer aussah.
Durch all dies aber sah er die Freude
seiner Mutter, und diese Liebe schien
ihm zu überschwänglich und zu weit
hergeholt Er hatte auf der Univer
fitöt die Kunst der Selbstbeherrsctwng
gelernt; und daher swar ihm die Rüh
rung der Mutter zu lebhaft und zu
offen.
Dann begann er von seinem Leben
außerhalb und von den Damen, die er
in der letzten Gesellschaft getroffen
hatte. zu erzählen.
Die Mutter list-te andächtig zu.
»Es wird Dir bei uns anfangs ru«
hig vorkommen, Liebling. Doch hier
gibt ei auch einige Wicht Mädchen«
Sie nahm ein Bündel Stiefmiitterchen
vom PulthDorothh hardin brachte
sie fiir Dich aus ihrem Garten.«
Er stand aiuf und trat ans Fenster.
,.Warum bringt Vater das Pferd
selbst in den Stall? Wo ist Jones
Junge?«
Seine Mutter zögerte.
»Ach, er Verließ uns letzten Winter,
—- deg Geldes wegen, Bently. Auf-»er
dem sollte er lernen. Dein Vater
macht sich nichts daraus, gerade ietzt
-·1vo sckönes Wetter ist. Aber er ist
nicht mebr jung, und die Anstrengung
im Beruf --— er war ganz lrant im
Dezember«
Bentln warf den Kopf zurück.
»Ach. Vater ift ganz gesund.«
Er beobachtete den zurückkehrenden
Vater. Sein Gesicht swar gerothet und
das graue Haar war an den Schläer
bereits ivie Silber. Bentln schaute
fert. Es war i!;m, als ob seine ruhe
losen Finger hie zarten Stellen in sei
nem Innern suchten. Alles dies gab
ihm ein Gefühl der Ungeduld. Diese
beiden letzten traulichen Stunden er
schienen ihm zu viel für die inneres
Ruhe eines Mannes; sie brschten dast
Leben aus dein gewöhnlichen erichJ
aewicht. !
»Der Vater hatte einen stolzen Glanzs
in den Augen, als er Mutter und
Sohn zusammen sah.
,,Ben:ln, Junge, ich sreue mich, daß
Du daheim bist! Ich tras Bekannte
heute, — sie planen allerlei Vergnü
aen nächste Worts-e und —-«
Bentln unterbrach ihn. ,.Nächste
Woche werde ich nicht hier sein« Der
junge Mann lächelte verlegen.
»Warum, Bently2« Seine Mutterl
erblnkte· »Du sprichst gerade, als
wenn Du hier nur zu Besuch wärs !«
»Ja, ich muß dann wieder sort von
hier. Ein Freund geht nach dem We
sten; sein Onkel hat Da eine Farnt,
und ich habe beschlossen mitzugehen
und dort zu arbeiten«
»Pen«y!«
Der Dotter suchte die Augen seiner
Frau. Der Glanz sder Freude war
darin erloschen. Der Dottor siihlte
sich hist-lich alt und hilflos.
,,Bentlet;, wir dachten, Du würdest
mir hinfort zur Seite stehen!«
Der junge Mann wandte sich hitzig
zu ihm hin. s
»Da hast Du etsgvsas gethan, tnozut
Du tein Recht hattest, —- niimlich an-?
: derer Leute Zukunft gebaut. Jch habeJ
Jahre verschwendet, um Formeln und
Regeln zu erlernen. Was hnst Du aus
Dir selbst gemach-it Du bist ein Sita-»
ve jeder alten Frau. die an Abram-«
tistnuj leidet! Jch bin vernünftig ge
worden. Ich erhielt ein gutes Auge-»
bot und werde ei onnehrnen!« i
Einige Minuten blieb es todtenstill.
Dann sprach seine Mutter. »Bentlly«,.
schielte diese Aussprache bitte bis enor-l
gen aus. Dein Vater ist heute Abend«
zu miide und überangestrengt.« s
I Ohne ein Wort zu sagen. wandte
r sich zur Thür. Er war froh ütber
über die Schwachen.
»Mutter, es thut mir leid«, sagte er
zögernd. »Wenn Du alles nur in
Ruhe überlegen würdest -—"
Die Mutter erhob absoehrend die
Hand.
»Wir wollen es versuchen, Lieb
ling." Das war alles, was sie erwi
derte.
»Ich möchte hinausgehen«, sagte er.
»Ist mein Zimmer fertig. Ich muß
Briese schreiben.« ·
»Es ist alles fertig. Bentlnx Du
wirst alles so sinden«. ihre Stimme
zitterte etwas, ,,:vie es immer war.'«
ll,
Beim Thee wurden nur wenige
«Worte gewechselt. Die Stimmung war
gedrückt. Ueberall serh Bently das
Walten der Mutterhiirm —- den
selbstgebackenen Kuchen, die Erdbeeren
aus dem kleinen Garten und sonstige
Ausmertscimteitem Jedes Geräth,
jede Speise waren Beweise der Freude
über seine Heimlehr.
Als sie nachher alle drei schweigend
in der Vorhalle beisammen saßen,
siihlte «er. daß er alles eher ertragen
könnte wie diese stille Atmosphäre ih
rer Liebe und —· Enttiiuschuna. Ab
untd zu richtete seine Mutter wohl eine
Frage an ihn. Das herzliche aber
fehlte·
Um 10 Uhr erhob sie sich und sagte(
·zu seinem Vater-:
diesen Sieg, —- den Sieg des Starten .
l
l
»Du hast einen langen Tag ge
habt.«
Mit einem letsen »Gute Nacht« ver
ließen sie Beide den Sohn. Lange noch s
saß er da und lauschte in die Nachts
hinaus, in tiefes Sinnen versunken.
Um Mitternacht begab er sich bin
auf in sein Zimmer und schrieb einen
langen Brief an einen Freund. Er(
schilderte, wie sich sein Leben im ser-i
nen Westen gestalten würde. und nach- l
dem er in glänzenden eFarben alles
ausgemalt hatte, fühlte er sich erleich-1
tert und frei von Gewissensbissen, die
ihn Idoch verfolgt hatten. Dann gingt
er zu Bett und verfiel bald in einen
tiefen Schlaf.
Er träumte, daß er weit fort reiste,
weit fort von der alten Heimath —
durch wunderbare Städte· Er ließ sie
alle hinter sich; seine Augen waren nur
auf ein weitentserntes Land gerichtet,
weiches durch den Nebel gleich einekl
Perle leuchtete. Er träumte, daß er,»
als er es endlich erreichte, von oieleni
Leuten erwartet wurde, die ihn zu
ihrem Führer machten; nnd nun be
gann er, eine Mauer aus Marmor zu
bauen. Höher und höher wurde sie:
» aber als sie vollendet war, sah er, das;
idie Leute schweigend darum standen
Tibig ein Fremder erschien und sagte,
Yder Erbauer habe unter der Mauer
seine eigene Seele begraben. Danni
hörte er seine Mutter rufen und well i
ste sie tiissen. Er war aber zu weit
! fort, und seine Arme konnten sie nich«
erreichen. Aber wiederum hörte er sie
aus weiter Ferne rufen:
»Bentin« lomm schnell. Drin Vater
ist lrant!« «
Er erwachte und sah die Mutter im
Mondenschein vor seinem Bette stehen.
»Er ist sel:r lranl«, murmelte sie
»Es ist ein SchlaganfalL denle ich: er
lann nicht Zu inir sprechen. Fleis»
Bently!«
Er richtete sich auf und sah die
Angst in ihrem Gesicht.
»Komm schnell. Gott sei Dial,
daß Du hi-r bist: Du roirst wissen,
stvas wir thun müssen!«
Die Mutter tvar wieder sortaeeilt,
und er zog lieb schnell an nnd liei in
der Eltern Zimmer. Hier sah er die
gebeuate Gestalt des Vater-Z aus dein
Ruhebett nnd die Mutter darüber leb
nen. Sein Herz stand bei diesem Lin
blict einen Moment still: dann ging
es wieder in sicheren Schlägen
»Gleich bin ich wieder du«-, ries er.
Er eilte zuriiet und lies blindlinass
in des Vaters Zimmer an den Medi
zinalichr.1nt. Einen Auaenbliet später
toar er wieder oben mit der Flasmr.
die seinem Vater das Leben retten
sollte
»Noch niemale krnr sein Geist io
klar und überlegend gewesen Trotz
der Angst hatte er eine ungewöhnliche
Sel-bstbeherrschung, die Mtirleln und
Augen leitete. Er sagte der Mutter,
was sie thun sollte; und sie geborchte
seinen Anordnungen schnell und ohne
Fragen.
Es handelte sich um einen Schlan
ansall; darüber hegte er nicht den ge
ringsten Zweifel. Die Gefahr uberi
ließ seinen Muth wachsen und übte
Kontrolle über seinen Willen aus«
»Mutter«, sagte er, »ziehe Dich
schnell an, Du mußt Maaoa anspan
nen und schnell zu Dosltor Vater sah
ren. Jch trill alles thun, bis er ein
ttisst.«
Sie geherchte ihm Hinblin Rie
rnalI-.tvieder konnte er ihr Vertrauen
und ihren unerschittterlichen Glauben
an sein Können vergessen. Er tätnpste
die hervorquellenden Thriinen zuriich
als er sie fortgehen hörte und dann
vorn Fenster aus zusah, wie sie alles
zur Absnhrt vorbereitete. Wenige
Minuten später rollte der Wagen da
von und verschwand in der Daniel
lreit Nun war er dankbar, daß das
Pferd alt, treu und erprobt war.
Dann war er allein in der Nocht
mit einem Brennen im Kopfe und ei
nem Gebet, daß das Schlimmste ab
gewendet werden möge.
So verging die Zeit. Er hörte nur
das schwere Athmen des Kranken. Al
les erschien ihm so verändert und so
schrecklich; und doch zitterte seine Hand
nicht, wenn er die Meditamente wh
mnsz, unv er verlor auch nicht die Ur
theilgtmst
Jn jenen Stunden lernte er sich
selbst tennen wie nie zuvor. Es schien,
als ob in dieser geheimniszvollen Ge
genwart des Todes die Hülle von
isaoigmus und Selbstvertrauen von
ihm abgefallen wäre, und er nun nackt
und beschämt dastiinde. Sein Herz
tvurve weich, und er beugte sich vor
der stillen Kraft, die von seinem guten
Vater ausging. Er sah nun ein, wa
ruxn die Leute den alten Doktor ge
liebt hatten und ihm ihr Leben an
Vertr.uiten: weil sie nämlich wußten,
dag er fiir sie tämrste nnd lebte, bis
er krie ein Soldat aus dem Schlacht
setde sallen würde.
Jn dem Verlangen, sein Unrecht
gut in machen und dem Vater seine
veränderte Gesinnung iniizutheilen,
neigte sich Bently über den Kranken
nnd ries:
»Vater, Vatert«
Dann wandte cr sich mit Verzireis
lung wieder seiner schwierigen Auf
gale zu. Wenige Minuten später öff
neten sich die schweren Lilngen des
Kranken.
»Bently«, lispelte er. »Mein Sohn!«
Ill.
Als der Morgen dämmerte, lnm
seine Mutter mit dem Freunde des
Vaters. Bently hielt des Kranken
Hand trockenen Auges und mit leiser
Hoffnung in dem übernächtigten Ge
siclkt Dottor Vater raubte sie ihm
nicht, denn er sagte:
»Bently, dsante Gott, daß Du hier
narstt Jch dente, Dein Vater ioird
am Leben bleiben.«
Da verbarg die Mutter ihr Gesicht
an des Sohnes Schulter.
Am Nachmittag desselben Tages
slain Doktor Baker wieder.
»Er ersird sicher leben«, sagte er
freudig erregt. »Dir, mein Junge, ist
es zu danken. Wenn Du nicht hier
gewesen wärest —«. Seine Stimme
mirde ernst. »Bently, Du wirst nun
assber an Deines Vaters Stelle treten
müssen. Er nsird nicht mehr wie bis
her arbeiten tönnen.«
Bently erhob die Augen zu dem
aiitigen Gesicht in seiner Nähe. Ein
neues Licht alänzte in ihnen.
»Ich werde niemals das vollbrin
gen, wag er aetban b.it«, Doktor Bri
ter. Seine Stimme zitterte ein we
nig. »Aber ich werde versuchen, mein
Beftes zu thun!«
--....-,-.....—
Bin Dabei als Künstler-.
Aug London wird gemeldet: Die
Royal Draxvina Society eröffnete die
set Tage in der Fishmeitger«5 Hall
eine eiaenirtiae Ausstelluna. Diese
Gesellschaft, deren Ebrenpräsident der
König und deren Priisidetitin die
Prinzesfin Lonise ist, will die maleri:
sche Beobachtungsgcibe in jugendlichen
Personen entwickeln und das Zeich
nen aus dein Gedächtniß fördern. Die
Ausftellung bringt Versuche von künft
lerifchen Arbeiten, die von Kindern im
Alter von L bis 19 Jahren herrüh
ren. Sie umfassen Architektur-, me
chanische, dekorative, finiirliche und
selbst imprefiioniftistfche Zeichnungen,
die freilich recht oft einen entsprechend
ftilechten, kindlichen Charakter auf
weisen. Der Stolz der Jüngsten im
Reiche der Kunst in Scott Siolomon,
ganze zaoei Jahre alt und stolzer Be
fihee des Goldsterns der Gesellschaft.
Seine Zeichnunaen sind selbstverständ
lich impressionistisch und mit, freilich
sehr nothrrendiaen Randbenteeknngen
seiner Mutter versehen. Seine erfte
Zeichnung verfertigte er im Alte von
17 Monaten und wie die Randbemers
tung besagt, foll sie einen impressioni
ftifch aesehenen Baum darstellen. Viel
leicht hat aber die ganze Phantasie ei
ner liebenden Mutter dazu gehört« den
Charakter dieser Arbeit zu enträtliseln
Der ertte Locomoetvenpmh
Von dem Ursprung des ersten Lo
tomotivenpfiff aibt Mon Dimanche
eine interessante Schihernng. Jm
Jahre 1823 stieß die Lotomotive Sam
fon der von Leicefter nach Stvsanninq
ten führenren Bahn bei der Kreuzung
der Landstraße von Thornfon auf ei
nen Karten, der von einem Pferde ac
zoaen wurde-. Der Masrtrinist setzte
sofort das Horn an, das eintige Sig
nal, über das er verfijate, aber der
Lärm des Zuges übertönte den War
nungsruf, der Wagensührer fand nicht
mehr Zeit, auszutweichem und der
Karten mitsammä feinem Inhalt wur
de svon der Maschine urnsgetvorfen. Der
Unfall machte damals großes Ausse-!
·hen; noch am selben Tage eilte der
Direktor der Bahnlinie zu George
Steplpensotn der ein Hauptattionär
des Unternehmens war und hielt ein
Vortrag über das Ereigniß. Dabei
machte er den Vorschlag, man möael
doch die Lotomotive mit einer Pfeife?
ausriistem die gleich durch den Dampfj
der Maschine in Thätigleit gesetzt wer
den tönnte. »Die Jtdee ist guc«, meinte
Stephenson, ,,man muß eine Prosbes
machen.« Von einem Instrumenten-s
händler wurde die erste Pfeife geliefert
und ihr Erfolg war so günstig, daß
die Bahngefellschaft beschloß, alle ihre
Lolomotiioen mit solchen Dampfpsfeifen
nuszuriiften. Die Gesellschaft bezahlte-»
den Ibeschädigten Wagen, ersetzte 50.
Pfund Butter und 80 Dutzend Eier,
die bei dem Unfall vernichtet worden
waren: die vielen Eier waren eigent
lich der Anlaß, aus dem indirekt die
Lolomotivenpfeife her-vorging Sie
war zuerst eine Art Trompete, die
durch Dampfe zum Tönen gebracht
wurde, aber bereits im folgenden Joh
re ging man zu regelrechten Pfeifen
iitser, wie mir sie noch heute an den
modernen Listomotiven finden.
W—
Das Ewig-Weiblich«
Ein ainiisantes kleines Erlebniß bei
einer türzlich in eiaer Chemnitzer
Mädchenfchule abgehaltenen Prüfung
erzählt die Chenmitzer Allgemeine Zei
tung. Bei der Prüfung wurde uber
die Gewinnung und Verwendung des
Eifens gesprochen. Der Lehrer rich
tete an eine der tleinen Evastöchter
die Frage: »Kannst Du mir einen Ge
brauchsgegenstand aus Eisen nennen?«
Prompt erwidert das illeine Spottg
-inädel, froh der schnell gefundenen
Antwort: »Die Rollschuhe, Herr Leh
rer!« ,,Nein«, meinte der Lehrer, sol
che Gegenstände meine ich nicht. Nen
ne mir doch mal den Gegenstand, der
in jeder Hauswirthschaft unbedingt
lvorhanden sein muß und der sehr oft«
ja fast den ganzen Tag gebraucht
wird·« Der Lehrer meinte den eiser
n« Küchenofen Die Kleine aber;
sinnt einige Augenblicke nach: ein Ge-l
genstand, der in jeder HauswirthschafH
unbedingt vorhansden sein muß, ders
den ganzen Tag über unsgezählte Male ’
gebraucht wird? ..... »Ich hab’s,
Herr Lehrer«, ruft die aufgewecktes
Kleine aus, und leuchtenden Auges-s
verkündet sie: »Die Brennscheere, Herr
Lehrer, die Brennscheere!«
b
Das Uhtandhsmi tu Athen-ein
Das den Ersten des- verstorbenen
Prosfessors der Philosophie v. Sig
rrart gehörende U«t,landsihaus in Tü
bingen, in dem Ushrland von seinem
fünfzigsten Lebensjahre bis zu seinem
Tode gewohnt hat, und das bisher
pietätvoll in feinem alten Zustande er
halten «ivurde, steht in Gefahr, durch
Verkauf in andere Hände überzugehen
und vielleicht zu geschäftlichen Zwecken
ausgebaut zu werden. Es wäre in
hohem Maße bedauerlich, irrenn das
an der Neckarbriicle aelegene Hang mit
seinem terrassenförznig aufsteigenden
augsichtevollen Garten profanen Zwe
cken dienstbar gemacht würde-. Es hat
edoch den ’!lnschein, als ob diese Ge
fahr noch rechtzeitig abaexoandt wer
den könnte· Die Tübinger Ztadtvers
swaltung erwägt den Gedanken dag
Haug zu erwerben und später ein find:
tifcheS Museum daran-J zu machen.
Auch der Schmäbische Schiller-Verein
und der Bund fiir Heimathschntz ha
ben Schritte gethan im Sinne der Er
haltung der denlsrviirdiaen Stätte.
Zerfall der Weftmtnftewbtet.
IBeunruhigende Mittheilungen hat
kürzlich« wie aus London geschrieben
-wir«d, der Delan von Westminfter in
der Jahresversammlung zur Be
lämpfnug des Kohlenrauches in Lon
don gemacht. Aus seinen Mittheiluns
gen geht nämlich l,ervor, das-, die ebr
würdige und schiine Westminsteraktei,
bekanntlich Englands größtes Na
tionalbeiligthuin, infolge der zersetzen
den Einfliisse der im Kohlenrauche
enthaltenen Säuren in der Gefahr ei
nes ununterbrochenen imo ziemum
schnell fortschreitenden Zerfnllg steht.
Der Detiin erklärte, das-, der Einfluß
des Koshlenraucheg auf das der Abtei
benachbarte Parlamentggebäude schon
unmittelbar nach dessen Vollendung
ltrsahrnehmsbar gewesen sei, auch die
Abtei zeigt an fast jedem ihrer Steine
Zeichen des Verfalles infolge des Koh
lendiimpfes. Seit fünfzehn Jahren
hat sbie Var-verwaltung beqonnen, sich!
gean diese Zerstörung der Hilfe der’
Wassenschast zu
—-—-— -.——-»
Vorschlag zur Güte. .
Annoncenslsxpeditor szur junqu
Dame, die ein Heiraths Gefuch ein
rücken lassen wills: «Jn dieser Großes
würde die Anzeige 4 Mart 50 Pfen- !
nige kosten!«
Junge Dame (erfchtoclen): »Wie
so theuer ift das?« s
Annoncen- Expeditor: »Wisfen Sie»
was, Fräulein, nehmen Sie gleich
mich, da können Sie das Geld spa
ren!« s
Jus streut-It
Erster Gast: »Warum schauen Sie
denn den ganzen Abend immerzu nach
der Wand hins«
Zweiter Gast: »Ich schaue nach
meinem Ueberzieher.·«
Erster Gast: »Der wird schon nicht
fortlaufen.«
Zweiter Gast: »Darum gerade
schaue ich hin; denn Jhr Ueberzieher
ist schon sortgelausen.«
Der Vorsichtige.
Herr (an der Straße zu einem
Schultnaben) »S—sage m—mal, Kl
——.Kleiner, its-wo ist hier d—die P
Post?« .
Schuljunge grinst und schweigt.
Herr (ärgerlich ab): ,,Sch—Scha—
Schasgkopf!«
Ein Schusterjunge (h:nzutom
mend): »Na, warum sagst et ihm denn
nich?«
Schuljunge: »Das-damit h-—er
d—dentt i—ict w—tvill ihm u—uh——
iizen , und h-—r ha—haut m—mit
eene?«
Das gute Kind!
Fritzchen erfährt zu Beginn der Fe
rien in der Sommerfrische, daß sein
daheim weilender sehr strenger Wpa
eknen Unfall erlittten hat, der ihn vor
aus-sichtlich aus vier Wochen im Kran
kenhaus festhalten wird, und strömt
nun über von Thränen und Heulen!
»Der gute Junge!« meint, ihn zärt
lich streichelnd, eine gerade bei seiner
Mama weflende Dame, »so sehr
nimmst Du Dir das Mißgeschick Dei
nes Vaters zu Herzen?«
,,Och nee,« erwidert Fritz, noch im
mer schluchzend, mit schöner Aufrich
tigkeit, »es is man bloß, daß es
Papa’n gerade jetzt passiren muß, wo
er mich doch sotvieso nicht hauen
tann!«
Passe-nd.
»Wie können Sie nsur Jhre Sachen
so im Zimmer herumliegen lassen,
durcheinander wie Kraut und Rübenf
»Erlauben Sie, das thue ich mit
Absicht, ich bin Vegetarianer.«
Gelungcnc Bestätigung
«Der Kiebitz ist wohl ein unange
nehmer Mensch?«
»Jawohl, nicht einmal mischen kann
man die Karten, ohne daß er sich hin
einmischt.«
Gute Austern-.
Sie: »Aber Fritz, Du hast ja gani
vergessen, daß heute mein Geburtstag
ist!«
Er: »Ja, mein Schatz, das kommt
aber daher, daß man Dir’s gar nicht
awsieht, daß Du wieder ein Jahr älter
geworden bis .«
Galant.
»Mein Papa hat mir zum Geburts
tag einen Flügel geschenkt«
»Aber, gnädigeg Fräulein, ein En
gel wie Sie, braucht doch keine Flü
gel mehr!«
Parallele.
Ehemann swälyrend eine- Vot
tragg : ,,«furcht«bnr langweiliger Kerl;
mag der in zwei Stunden «)orbringt,
erzählt meine Frau in siini Minuten!«
Schlau.
Freund: »Bei Dir ist doch vorhin
eine ganze Menge junger Burschen
lerauggetommen . . . wac- madrten denn
die da?«
Komponist: »Nun, ich habe mit ih
nen die Melodien meiner neuen Ope
rette einstudirt, damit sie gleich nach
der Ausführung aus allen Gassen ge
issfiffen werden« -
A
Følqrn dri- Bier-steuer
«Mmtusc» nicht mrhr niiln«i1.lcn, LM
ksniz Bier m nun-r xusmnrdcn!«
Hei-nicht vom Bock.
Frau: «Mnnn, tun-:- tust du denn nur
in der Wicht-W
Mann tfcinm nrncn Cvlindkrlntf un
tcr die Wasserleitunq haltend« »Gehst
— tm - Gottlicly ich habe cø dir ja —
gefagt, —- das -—— das Achtcl ist —- noch
.langc nicht lcct!«