Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 01, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    Vas gute Herz.
Eine lustige Dienstbotengeschichte von
Käte Luvoiosti.
So oft Frau Amtsgerichtsriiihin
Fieber das vierteljährliche Wirth
schastigeld von 350 Mart durch 6—
die Zahl der am Verbrauch Betheilig
ten —- dividirte. sagte sie mit weblei
digem Gesicht und tiefen Seufzern:
qUnd damit müssen wir nun bei den
heutigen Fleischpreisen standesgemiiß
auslommen...« —- an Erklärung:
Wir« waren Frau Faber und Mino.
Lentere war denn auch mit aller Ent
fchiebenbeit siir die schwebende Spät
sommergesellschasi eingetreten:
»J«emiise triegt man reine zu.
Fleisch is auch billtier und — denn
die Krebse.'« —- — Herr Faber war
zwar Anfangs entschieden dagegen.
»Liebe Kornelia«, sagte er zu seiner
Frau, «tein Mensch giebt am Schluß
der Gerichtzserien steife Gesellschaften
Du bist eben nicht mehr in Putschuls
kamen, sondern in Berlin. Hier send
sie stob, daß die Sache endlich über
standen ist." —- Fran Faber lächelte
nachfichtig. »Es soll jn nuch gar
teine Gesellscheft in diesem Sinne
werden. Mar. Nur ein zwangsloses
Beisammenseim ein vergnügtes Som
mersest mit leichter Von-le nnd einem
Braten; der Präsident bat neulich mit
besonderem Nnchdrnck zu mir gesagt:
»Ich bedauere es aufrichtig, daß die
biibsche Sitte, auf geräumigen Bal
tons unter griiner Winde zwangzlos
miteinander vergnügt zu sein, immer
mehr schivindet.« Er bat gesprochen
und ich verstanden. Max·«
Frau. Du bist eine elende Strebers
naturi«
LII«.. t·:- .-.--"--- N ..... - Jst-.- FI
«III« Hut use-bit Junker-eh Haus« obs-,
fiir mein Theil vertröche mich am
liebsten in einem Winkel, wo sie unter
dem biblischen Begriff »Landvlagen«
noch die Autos verstehen, und der
Langfchläser von Sommergast die an
gebriiteten Eier noch in dirs warme
Bett betommt, bis Ersatz siir die un
getreue Glucte gesunden ist.«
Der Gerichtsrath seufzte schwer.
»Was wirld denn diese Jntirnität to
ften. Kornelin?«
Sie rechnete noch einmal nach, ob
wohl die Höhe der Ausgaben längst
mit Mino festgeleqt war.
»All« in Allem 100 Mart.
Herr Faber suchte nach einer lekten
Rettung. »Du sagtest doch neulich,
daß Dein Service siir Gäste nicht
mehr ausreichte?«
»Wir werden diesmal ausnahms
weise das alte Porzellan Deiner Ur
großmutter in Benuyung nehmen. Es
steht bereits im Feemdenzimmer aus
einem Tisch.«
»Es ist gut, sagte er tonlrs. »Geh
denn und t-esorae. Jch muß mich fiir
den Beweistermin des moraioen Ta
ges noeh vorbereiten. 32 Zeuaen.«
——— —- So war es also be
schlossene Sache. daß Fabers sdieö
Sommerseft gaben. Mina arbeitete
für drei und ask für ein halbes Dud
en-d. tDie Fleischraiionen für vie üb
rigen Hausgenossen wurden dadurch
täglich zierlichen Das Familienober
dauvt leistete sich dann und wann in
aller Verschtoiegenheit ein Brdtchen
auswärto, und die Jungen wurden
aus die Reste sder bevorstehenden Ge
sellschaft vertröstet. —- st2 Personen
waren gebeten. Davon hatten 17 mit
bestem Danl fiir die reizende Jdee an
genommen. Darunter auch Präsi
dent-Z. Frau Faber strahlte, und Mina
hatte bis heute das qleiche gethan.
Sie war immer fröhlich und guter
Dinge gewesen bis zu dem Augenblick,
eoo Frau Faden von einem Besse
gungsganqe zurückkehrend, sie in
fassungslosesn Schluchzen in einem
Winkel der Riiche sand. Frau Faber
war sofort Theilnahme und Her-flich
leit.
- - - P-. .«..,-I CI
»’.Uilllll, wu- ssnurn clc nas. »H
etwas bei Ihnen zu Hatt-I paisirt5«
Mine- ictsiittelte den Kopi. Jhr
Wiinxnern tirtete in Schreien ank.
»Sprecben Sie sich doch aus, Miit-n
Tas erleichtert. Oder tönnen Sie es
mir nicht sagen?« Mino schrie wei
ter.
»Sie sind nun drei Jahre bei uns,
M«ina. Wir sind stets gut miteinan
der aueaesommern Denten Sie, ich
sei Ihre Mutter.«
Das war eigentlich eine starte Zu
mnthung, denn Wind zählt nur ein
Jahr weniger als ihre Gnädiae. Asber
in diesem ersten Auqenbliet dachte
seine von beiden an etwas so Neben
sächliches. — Frau Fabel- betarn all
mählich Schüttelsrost. Morgen war
die Gesellschaft Wenn Mino aus ir
gend einem Grunde plötzlich versagte.
Was sollte dann werdens Sie stiirzte
Zur Madeiraslnsche und goß von der
zur Filettunte bestimmten eigabe ein
volles Wasserglas siir Mnn ein.
»Trinten Sie, vielleicht hilft Rast
Jbrer ·Starrheit.« Aber es hals nichts.
Zu Mittag mußte es Saht mit Eiern
geben, treil Mina sich nicht an der Be
reitung der Mahlzeit betheiligtr. Sie
saß unbeweglich in ihrer Ecke und
weinte. —- Nachtnittags ging Herr
Inder in ihr· Seine Gattin hatte ihn
schief gemacht. O hatte sein heile
Haukjäekchen mit einem ernsthaften,
vor Mitgefiihl glänzenden Rock ver
tauscht.
»Ich komme seht nicht als L hr Herr
zu Ihnen, Mino, sondern als Jhr
Freund. Lassen Sie mich an Ihrem
Schmerz theilnehmen. Vergessen Sie
nicht, daß wir auch die Ehre haben
sollen, morgen den Herrn Präsidenten
bei uns zu sehen.«
Diese Worte hatte sich der Gerichts
rath als wirtungsvollen Schluß sei
ner Rede zurechtgelegt Er ging dann
hinaus und sagte zu seiner Frau, die
natürlich an der Thiir gelauscht hatte:
»Sie äußert sich noch nicht. Es ist
wohl etwas durch ihr Leben gegangen,
daß sie tief getroffen hat. Man muß
gut und weich mit ihr sein und Rücks
sicht auf das vorläufig Unbekannte
nehmen. Bestelle Dir nur zu ihrer
Unterstützung die Aushilfe.« Und er
ging noch einmal in die Käche und
drlielte Minc- einen blan·len Thaler
in die Hand.
—- —— Mina stand also fortan im
Mittelpunlt des Allgemeinknteresses.
Sie mußte sich frühzeitig zur Ruhe
-begeben, und Frau Faber machte ihr
mehrere Stunden kalte Kompressen
Am nächsten Tage mußte sie bald
nach Mitternacht ausgestanden sei-.
denn als Frau Faber zum Vorschein
kam, waren Zimmer und Küche be
reits in bester Ordnung. Jhre Thra
nen flossen aher immer noch. Da
griff die verzweifelte Hausfrau zu
oem letzten Trost-nistet Sie schenkte
Mino das himmelblaue Leinentleid,
das schon längst deren heimliche Sehn
iurbt war-.
»So, nun geben Sie mir die Hand
und erzählen Sie mir alles«, sagte
Frau Faber mit einem letzten weh
muthsivollen Blick aus das Hintertei
lslaur. Und Mino, bezwunaen durch
all die Herzensgiite, beschentte sie end
lich mit ihrem Vertrauen.
»Ich habe den Zappen nich —- in
den diimlichen Disch gesteclt ----- — mein
Jott -—- man is doch ooch man een
Mensch W ide jnädige Frau veriiszt
ovch nml mat. —- Wie ick uu dat Je
scbitt tufsjestellt hab, is er zusammen
ierutschL Alles in dausend Stücken
llrjroßmutterg ooch —— blos-, der tieene
Henlelpott ig- janz jeblieben —- dem
-..ll die Tiille sehlte.«
—— ——- Tag intime Zuiainmeniein
unter niaenden Winden wurde kriegen
»plötzlicher Ertrantung der Haus
srau« in letzter Stunde abgefagt
Mina aber tiindigte zum Ersten. Bei
der Verabschiedung sah sie in dem
neuen Himmelblauen und in der
Hälfte von des Gerichtsratbs Jeder
gel-d, das sich in einen grünen Hut
verwandelt hatte, wirklich sehr statt
lich aus. Sie weinte auch wieder.
»Wenn Sie nich jleich so ussjeregt
waren, wiir’ iet noch jeblieben«, tagte
sie zu iljrer gewesenen Herrin in vor
ivurssvollem Ton.
sehe-Meter ne Zerseunw pg
erneute-um«
Eine deutsch sranzösische Gerent:
seier an den ZeppelimPatrouillenritt
ist, wie aus Meß berichtet wird, von
sranzösischer Seite angeregt worden·
Für die Feier ist der 24. Juli, der 40.
Gedenttag des berühmten Retognoszi
rungsritts, der bekanntlich das erste
Rentontre zwischen beiden Armeen bil
dete, in Aussicht genommen. Die
deutsche Kavalleriepatrouille, bestehend
aus drei Ossizieren und drei Leuten
des badischen Dragoner s Regiments
unter Führung des Grasen Zeppelin,
trang mit großer Kühnheit mitten
durch die französischen Linien, wurde
aber aus dem Riictioege von einem
französischen Jägerdetachement bei
Niederernn auseinandergesprengt
Dabei iiel ein Ossizier, die iibrigen
geriethen in Gefangenschaft, allein dem
Grasen Zeppelin aebang es, zu ent
kommen. Zur Vorbereitung der
Feier werden jetzt alle Theilnehmer an
dieser Asiaire «in einer Zusammen
tunit aufgefordert, und man hosst,
das-: auch Gras Zeppelin an der Feier
stheilnehmen wird.
D
Imu tin äußerster Not- »J«11 Iunnimc
Wunders-im du wärest toll«
Monat »Ja, das mumtc dir wohl so
vniicsu aber das sage im du-, so lange ich
fein-, wirst du nicht Windel«
Vsshnft
Dichten Jn den legten Jahren bin
ich so popuer geworden, daß mich fast
jedes Kind auf der Straße kennt!«
Dame: »Wir haben bei uns auch so
ein . Original!«
Er zieht schon wieder aus«
—
Aus dem Schwedischen von Marie
Franzok
Ter alte Oelonomierath Linge hatte
bereits sieben Jahre bei dem Koniul
Werner gewohnt, und sei es nun,
weil die Frau seine Nichte war, oder
iweil man erwartete, daß sein kleines
Vermögen einmal der Familie zufal
len würde --— genug. es geschah alle-«
Mögliche siir sein Behagen.
Obgleich die Summe, die er bezahl
te, nicht groß war, hatte er dennoch
ein gemiithliches, ja beinahe elegant
möblirtes Zimmer. Dir weiblichen
Dienstboten des Hauses waren doin
Morgen bis zum Abend seiner Winke
gewärtig. Es wurde besonders für
ihn gekocht, und wenn man an seiner
Thiir vorbeiging, sliisterte man, um
ihn nicht zu stören.
Aber iroß all dieser rücksiihtsvollen
Aufmerksamkeit äußerte er regelmäßig
zwei- bis dreimal im Jahre die Ab
sicht, auszuziehem
Er war dann stets derileberzeugung,
daß man ihn nach irgend einer Rich
tung bin oernachliissigte und mißhan
delte. Und eine so merkwürdige Gabe,
wie er sie besaß, die verborgenen Ur
sachen gewisser Ereignisse und Ver
hältnisse auszudeaem war eben nicht
allen eigen.
Hatte man vergessen, ihm initzuthei:
len, daß man Gäste zu Tisch erwartete,
so faßte er das so aus, daß er als ein
Außenstehender betrachtet wurde, den
man nicht für würdig hielt, in dag
Vertrauen der Familie gezogen zu
werden« Bat ihn seine Nichte, den
Kindern —-- einem achtjäkirigen Jun
gen mit eine-n sechsjährigen kleinen
Mädchen --- nicht zu viel Bonbons zu
geben, so gönnte man es ihm nicht,
das; rie Kleinen sich an ihn hingen.
Und sah man ihn an. wenn er as-» so
sandinan wth daßer rinen Urgattn
Vlrpetit entwickelte. Und dann wollte
.er sofort ausziehen.
Wenn Konsul Werner von diesen
seplanten liebersiedelungen hörte, sag-—
!e er nur: »Dumm.«,eiten, lieber On
tel! So einke- lomtnta gar nicht in
Frrge!« lind dann gina er in fein
siimmer Ochlug die Thüre zu, um dem
ganzen Lärm zu entgehen nnd lief-,
feine Frau alles ausfechten Sie war
es, die zum Oetonomierath hineinge
hen und ihm zwanzig Mal den richti
gen Zusammenhang der Dinae er
klären mußte. Sie mußte weinend
versicheru, daß er sie alle so unseiglich
betrüben würde, wenn er fortzöge,
und sie mußte schließlich, auf seinen
Knien sitzend, seine Verzeihung ent
gegennehmen. Aber es war ermüdend,
in alle Ewigkeit dieselbe Komödie zu
spielen, und je öfter sie sich wieder
holte desto weniger war die junge
Frau dazu geneigt Sie versprach sich
immer wieder, dieses Spiel nicht liin
ger mitzumachen Und einmal, als lie
ungewöhnlich nervös und mit der
ganzen Welt zerfallen war, hielt iie
Wort
Sie hatten eines Tages isten
Schwager und ihre Schwögerin und
überdies eine Freundin zu Tisch·
Nachdem das Mittagessen vorüber mar,
und man in aller Gemüthsruhe beim
Kassee saß und plauderte, fiel es
Frau Werner ein, ein paar Möbel
stoffmuster heraus-zunehmen und die
Anwesenden um ihren Rath zu trauen.
Was iriirde fiir den Ueberzug Der
Enlongarnitur besser passen, das
grüne oder das aelbe Muster?
Tie Proben gingen von Hanf ;::
Hand. Erst fnate die Jet:.m·cigeriii ittre
Unsicht, dinu die Freundin, dann Der
Schwach kann Der Herr res .s«).iu
sei, dann Kztrt und Gretchen, und
dann wurden die Muster der Hut-:
srau zurückgegeben, die bald in lilrii
keleien itber ibre Vorzüge und Nach
theile versank. Der Gegenstand war
se interessant, daß sie es gar nickt
mertte, wie ein pnnr kleine, Innre
Augen unter ihren buschiaem rreißen
Brauen beroorblinzelten und starr »in
ihr hängen blieben. Der Oetouoznie
rntb hatte die Stoffstiictchen nickt iust
den teluaen gelassen. Er saf-, ziemt-dir
da und ;o.irtete, begieriq, wann die
Reihe an ihn tonnnen würde. »Wer
eo tmn ibrn nicht in den Sinn, zu in
cen, daß er sie sehen wollte. tsc- war
nicht seine Gewohnheit, sich den Leu
ten nuszudränaen Aber es wnr kein
iiblet Spaß, zu sehen, welche llrilkeile
man zuerst und welche man Zuletzt zu
hören verlangte.
Als die Muster nn Frau Werner
zurückgegeben wurdenbläbten sich ieine
Nüstern erwartungsvoll. Aber als
diese die Proben in einen Briefuiw
schlag legte und das Ganze in eine
Nähtischlade schob, da trank er erbit
tert die letzten Tropfen feines Fens
fees aus« setzte die Schale klirrend auf
die Untertasse und ioerließ das Zim
mer«
Beim Abendessen war er unsichtbar
und ließ sagen, daß er sich nicht aanz
wohl fühle. Und als am nächsten
Morgen seine Nichte zu ian hereiniah,
um sich nach seinem Befinsden zu er
funden, war et eben damit beschäftigt,
Strümpfe und Kragen in einen Man
telfack zu stecken, der geöffnet auf
zwei Sesseln lag
Dieser Anblick war nun zu alt und
wohlbekannt, um bei der jungen Frau
irgend einen Schrecken hervor-zurufen
und sie fragte darum ganz gelassen,
was es gäbe.
Erft gab es natürlich gar nichts,
aber einen Augenblick später brach der
Sturm los, und da erfuhr fie, das-, er
pemertt hatte, wie man ihn als eine
Null betrachtete und daß er hier ein
fünftes Rad am Wagen wäre. das
alle los sein wollten. Darum scllte
ihnen auch geholfen werden« und
zwar sogleich. Seine Nichte saß da,
ohne sich zu rühren, und ließ ihn spre
chen. Jhr Kopf wirbelte vor Müdig
leit und Ueberdruß, diese alte Leier
taftenmelabie wieder ahhaspeln zu hö
ren. Obgleich der Gesause an die
Erbschaft und an das Wahl der Kin
der ihr Hirn durchlreuzte. konnte sie
fich heute doch nicht entschließen, ein
einziges Wort zu fagen, um ihn mil
der zu stimmen. Sie konnte einfach
nicht mehr, und als er einen Augen
blick verstummte, ftand sie auf.
»Ja, Onkel, Du kannst natürlich
thun, was Du willst«, sagte sie.
»Wenn Du so schlecht von uns denkst,
Onkel, tann es ja nicht angenehm
fein, zusammenzuleben.«
Und damit verließ sie das Zimmer.
Er stand wie gelähmt da und fah
die aeschlossene Thiir an.
Das hieß ja rein aus die Straße
geworfen werden! Sie warf ihren ei
arnen Onkel auf die Strafeel Man
j:a!e ihn aus dem einzigen Winlel der
Welt fort, den er sein Heim nennen
trnntel Wer zuerst vom Aug-ziehen
gesprochen hatte, war ihm aanzlich
cntfallcrk Er wußte nur, daß kraft
gesagt hatte. er solle seiner Weste iste
icn. Und die alten, runzeliaen Händ
reaannen zu zittern, während er ziel
1r5 an den Riemen des JJianteliacles
ifnaerte.
Wohin sollte er gehen mit ieineni
Siebensachen? Taran hatte er nie
aid.ick.t, nnd er tonnte es auch jetzt»
nicht herausbringen Nachdem er ims
Zimmer aus und abgeschritten ivar,;
setzte er sich ans einen Stuf-l und
starrte trostlog vor sich hin. Dann zog
er seinen Ueberrock an nnd aina fort.
ltlber obgleich er mit dem Vorsatz dig
Haus verlassen hatte, sich Zimmer an
zusehen, kehrte er doch nach ein paar
Stunden zurück, ohne den Fuß in eine
fremde Wohnung sgeietzt zu haben.
Später am Vormittag tamen Kurt
und Grete herein. un-. ihn. wie ge
wöhnlich, wenn sie von der Schule
heimtamem zu begriißen, und als sie
die Neuigkeit erfuhren, entstand gro
ßer Lärm. »Aus-ziehen« war sü: sie
ein unheimliches Wort, das unerbitt
liche Trennung bedeutete, denn Onkel
Heinrichs Uebersiedelungen waren bis
dahin nie so weit gediehen. daß sie
ihnen betannt gegeben wurden.
Aber sie liebte-i ihren Ontel Hein
rich, Denn er verzog sie nach besten
Kräften, nnd so hattest sie sich jeder
an einen seiner Arme fest und erklär
ten, daß sie es nie zulassen wollten,
daß er von ihnen sortginge. Und als
er sagte. daß dies aus jeden Fall ges
schehen müßte, fragten sie, warum.
Und als sie mit ihrem »Warum« bei
ihm nicht iveiter kamen, aingen sie
durch die ganze Wohnung zu ihrer
Maina und singen dort dasselbe Spiel
an. So liefen sie eine ganze Stunde
lang hin nnd her, big ihr Vater her
einlam und sraqte, ob dkig Mittag
essen bereit sei.
Und io entstand eine Pause, iväb
tells Ihm ap« Delle sole nuiuel our-tu
bei Tisch nicht sprechen. Jm Uebrigen
sagten auch dietfrioachsenen nicht vie
le Worte. Ter Konsul versuchte wohl
zu scherzen, obwohl er Von der Ueber
siedelunggsatsicht unterrichtet war, aber
das Gespräch wollte nicht recht in
Gang loinrnen, und sobald man sich
erhoben hitte, zog er sich in fein Zim«
mer zuriiet
Tag irir seine Art, Familien-irr
wiirfnisse zu behandeln· Frau Werner
hingegen setzte sich ivie gewöhnlich mit
ihrer Etirlerei ans Fenster und der
Oetono:niers.ith nahm im Schwiel
stiihl li!.:t3, mit Gute auf einein Knie
und Iiurt auf dem anderen. Das war
die hübsche Märchenstunde, nach Der sie
sich immer io sehnten, denn Onkel
konnte so wunderbare Geschichten er
zählen. Aber heute saß er stumm da
und leinee der Kinder verlangte eins
Märchen Die kleine Grete schlangs
nur den Arm urn seinen Hals und heil
gnnn wieder: »Du sollst nicht wng
gehen, Lnlel.« »
»Liebe Kinderchen«, sagte OnleD
heinrich in trösten-dem Ton, »es wird
nach mancher Richtung sehr gnt siirl
euch sein. Da werdet ihr nicht mehr
ausgeznntt, weil ihr Vonhong von mir
bekommt und euch sdamit den JJixgen
Verderbt.«
»Dein-is machen wir uns gar
nicht5«, sagte Kurt kühn, mit einem
heftigen Blick nach dem Fenster.
Diese Antwort war eine Heraus
sorderung an seine harte Mutter, die
sich jedoch beherrschte, die Nadel flie
gen ließ und sich in der Stille ärgerte
»Und übrigens kommt ihr vielleicht
auch hin und wieder und besticht euren(
i
armen, alten, einsamen Onkel, wenn
Mama und Papa es erlaudi."
Bei diesem Vorschlag war es mit
Kurt und Gretchens Selbstbeherrschs
und zu Ende. Kurt schluchzte, Gretc
dergoß strömende Thränem nnd beide
hingen sich wie Kletten an ihn fest,
während sie auf das Bestimmteste er
klärten, daß er nie, nie gehen diirfe.
Frau Werner biß sich auf die Lippen
und sdrehte hastig ihre Stickerei um.
Sie fand, daß es eine Schande war,
ihre gemiithvollen Kinder so zu quä
len.
»Ihr dürft euch nicht ärgern!« sag
te Ontel Heinrich und’ftreichelte die
lichten Köpfchen »Seid nur vergnügt
und -brav, dann bekommt ihr jeder
ein Andenken an euren alten Onkel,
damit ihr euch manchmal an ihn erin
nert. Du, Kurt, sollst meine Silber
uhr haben, und Grete bekommt das
tleine Goldmedaillon.« Es war ge
rade, als läge er auf dem Todtenbett
und machte sein Testament Und ob
gleich die Silberuhr und das Gold
medaillon kostbare Schätze waren,
flossen start und Gretchens Thränen
heißer als zuvor, und Grete preßte
ihre Arme um Onkel Heinrichs Hals
nnd legte ihre kleine, rathe Wange an
seine runzeligr.
»Ich will tein Medaillon ha«ben«,
fchluchzte sie« »ich will nur, nur, nur,
»daß Onkel Heinrich dsableibt.'«
Ihre Mama sah mit einem zornigen
Blick auf, ein fcharfes Wort auf den
Lippen,
Aber dieses Wort wurde nie ge
sprochen, es- verstummte, als sie den
Ausdruck in dem Gesicht des alten
Mannes sah. Jeder Gedanke an die
Bitterkeit der Trennung nnd ein be
rorstehendes einsames Leben war von
ihm verschwunden Er genoß nur die
fiebernsde Wonne dieser Kinderthrä
nen, die weiche Umschlingung dieses
Aermchch den entschlossenen, zurück
lxaltenden Griff der festen Knaben
faust um seine Schultern.
,,Armer, alter Ontel! Er sbrauchte
diese ,,Uebcrsiedelungen«. Sie waren
sune LJann in dent grauen Lvunen
fand der Alltäglichteit. Sie waren
seine Kriegälistem um sich den Beweis
zu verschaffen, daß auch er nicht ohne
alle Bedeutung in der Welt war! Sie
waren seine Art, sich ein bischen Zärt
lichkeit und Liebe zu erbetteln, womit
sonst hier im Hause nicht gerasde ver
schwendet wurde . . ..
Auch ihre Augen wurden feucht; sie
itand aus und ging aus die Gruppe
«in dem Schautelstuhl zu. ,,Ontel
chen«, sagte sie, »wenn Du nun siehst,
:wie lieh wir Dich alle 'haben, so wirst
Du doch nicht mehr davon sprechen,
augzuziehen.«
Sein Gesicht wurde durch die Freu
de der Ueberraschung beinahe noch hel
ler, und obgleich er versuchte, einige
Proteste zu erheben, um sich nicht nach
gkbig zu zrigen, ivaren sie docki so
schwach, da sie sofort von den Kindern
iiberstimrnt wurden, die siegesgewiß
durch oen mütterlichen Beistand mit
den kleinen Zeigesingern gerade Vor
seiner Nase heruntfuchteltm »Nein,
nie mehr darfst Du so etwas sagen.
Hörst Du, nie mehr!«
Erlachu· »Im sihtimxich wriß
doch nicht, ob ich dac- versprechen
tann,sag« er. ’
Und seine Nichte lachte auch, indem
sie seine Wange streichelte. Nein, das
konnte er allerdings nicht versprechen.
Sie ioar überzeugt. dasi sie heute nicht
zum letzten Mal um seinetwillen Ue
bersiedelungäioraen gehabt hatte, aber
sietvußk auch gemiß,daß siesk oon
nun an mit größerer Ruhe ertragen
würde.
—-—.—.
Ein neuer Riesenvahnhof.
Das tleine Dover, das neuerdings
als Anlegehasen der großen Amerika
dampser erhöhte Bedeutung gewonnen
hat, macht gewaltige Anstrengung-Im
sich vollends zu einer Hafenstadt ersten
Ranges zu entwicteln. Augenblicklich
ist dort ein neuer Bahnhos der South
Castern und Chatham Railwah ini
Entstehen, der die meisten ähnlichen
Anlagen dieser Art in den Schatten
stellen wird. Gegenüber dem Lord
Warden Hotel wird gegenwärtig eine
steinerne Mole nach der See hinaus
errichtet, die mit deni großen Admira
litiits-Pier parallel verläuft. Der
Raum zwischen diesem und der Male
wird mit Kreide aus den benachbarten
Clisfs zugeschiitiet und auf dem so der
See abgewonnenen Boden der neue
Bahnhos errichtet. Zur Aufschiittung
sind nicht weniger als 1,:;()«.()00 Ton
nen Kreide erforderlich. Das Bahn
hossgebiiude wird 235 Meter lang und
102 Meter breit und in seiner ganzen
Ausdehnung iiberdacht. Die Kosten
der Erdarbeiten sind aus 8 Millionen
Mari, die des Bahnhossbaues ans
2,8 Millionen veranschlagt Die ge
sammie Anlage hosst man in siins
Jahren dem Verkehr übergeben zu kön
nen.
L weh!
DichterinI »Wie ich mit Freuden
sehe, haben Sie in der heutigen Mor
genzeiiung mein Gedicht abgedruckt.«
Redalteur: ,,Allerdings, aber ich
habe bereits eine ganze Anzahl von
Drohbriefen getriegt.«
Kindern-unt
Jn ihrem Klassenaussasz schreibt
Die liebe, kleine Grete:
»Frantfurt a Main ist sehr berühmt
Durch Wurste und durch Goethe. "
Zukechtweisung.
Frau (die ihren Mann wiederholt
in der Küche antrifst): »Ja, Mann,
sag’ mir, bist Du Familien- oder
Küchenchef!?'·
Im WaarenhaaC
Verkauer »Bei mir gehen alle Ar
iiiel.«
Ein Kaufen ,,Nur die Uhren nichi.«
Höchste Leidenschaft
Marie (zu ihrer Freundin): »Ich
sage dir, Emma, der neue Zahnarzt
ist ein so reizender Mensch, daß ich
mich jetzt schon auf ein Zahnsweh
freue!«
Titus-erforsch
Bei Meyers ist großes Diner.
Eine Konversationsschülerim die
ewig von Musii spricht, läßt keinen
Anderen zu Worte kommen.
Da unterbricht sie endlich ihr Nach
bar:
»Gnädigeg Fräulein, halten Sie
den Schnabel oder — —«
Entsetzteg Zurückprallen der jungen
Dame und allgemeine Entriisiung in
den Mienen der Anderen.
,,—— — halten Sie den Schnabel
oder den Busoni siir den bedentenderen
Pianisten?«
Die muiitaliiche Hausfrau.
Köchin: ,,«,Aiso die Familie, wo Du
jetzt bist, ist sehr must alifch?!«
»O, sehr, wenn die Gnädige ’n1al
leiht hat sie immer die Stimmgabel
in der Hand!«
Rinden-malt
Die lleine Mizziex »Du, Anna, ha
ben die K.imele auch Frauen?«
Die kleine Anna: »Freilich! Das
sind doch die Cameliendmnen.«
Die höhere Tochter
,,Was macht denn Ihre jüngere
Schwester Klarn?«
»Sie hat Elementnrnnterricht.«
»Nun1: -—— Die ist doch schon sech
zehn Jahre«
»Ju, sie lernt eben Knödel kochen
-— und das ist Vaters Element!«
,
Vorwurf
,,Da sieh het, wie schön ldie Blumen
nieder geworer sind, weil ich sie in
den Regen ’nauggestellt hab’ «
»JessnL-, Weil-, warum hast du dich
denn nicht gleich dazu gestellt?«
Nu also!
Gast: »Kellner, das Bier schmeckt
mir nicht, das gestrige war viel bes
set!«
Rellner tvettraulich): »Aber das ist
jn Von gestern.«
Lehrer-sehnlich
Lehrer: »Mayer, lesen Sie die näch
ste Aufgabe vork«
sMnyerJ »Ei in Obetlehrergehalt be
ttäat jäbtl ich — —- — —
Lehrer: »Lohnt sich nicht: nehmen
Sie gleich die folgende Ansgabe.«
t. -·.
« —"-t
(
Tichtcrr »Ja den letzten Jahren bin
ich so populär Ucworduh dass mich fast
jedes Fund auf dcr Enan kenntl«
Tamci »Wir haben M tut-:- ancli sc
ein Lrigsnnl!·'
- -. «
I«X:» ,-)X-I
chrlebm Hanf dem Gipfel cincö Ber
gco):«».c)iek iitdz herrlich, hier möchte
nmn netbcn.«
Führe-F »Bitte mir an Talck geb’u,
schmeiß I Eabna «nuntcr."