Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 24, 1910, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats-Inzeiger und Esset-old «
JCII
Ein Bemch
VonAdelheidSliet. j
Der Abendsonne holdes Wellsverlläken
Fiel in dein Ziknmek als ich's beut.
betrat. i
Du würdest bald vom Ausgang wie
lehren, j
co hieß es- da man mich zu wartet-;
but. ;
Lang« saß ich einsam in dem stillen
Nunme.
Die Wunde-he lickte, und vom Son
nenlcheln
Goldübeeflossen stand, gleich Mönem
Traume,
Bot mit ein Lilienltengeh schlank und
rein.
Sein Wohlgekuch durchfluthete das
Zimmer,
Sein wildes Leuchten hielt den Blick
gebannt; I
Da mass-, als spürte ich dein Feknfein
nimmer.
Alls ob ich mich in deiner Nähe fand.
Ich fühlte um mich deines Wesens
Walten,
Hötl’ liebe Worte aus dem lieben
Milch;
Vertraute Zioiesprach’ haben wir sie-l
halten,
Und beichten ourft’ ich dir von Her
zenzarund
Den Segen fpiirt’ ich deiner sanften
Hände,
Und ob mir uns in Wahrheit trink-i
gesehn
Ich lonnte aus dem Frieden Deiner
Wände
Getrostet, wie so oft, nach hause gehn.
W !
Vor Himmelsboten
Skizze von Vetty Rittroeger
Mutter Kürlein war der guteJ
Geist des Altenheims. Fiir jedeni
hatte sie ein freundliches Wort, unds
irrer ihr in das runzliche Gesicht sichs
in oem die blauen Augen wie zweis
helle Lichter standen, dem wurdes
wohl zu Muth. Die alte Kiirlein
hatte stets Geld, und sie wohnte ins
der schönen Stube mit dem breitenl
Fenster. Wenn man sie Nachmittage
auf ein Stündchen besuchte, dannj
gabg immer eine gute Tasse lkaffee
mit Zucker und einem miirben Wert.
Besonders den Kranken spendete sie
manche Erquickung. Wurde einer der
Jnsigfsen cvers Allenheimg krank, oann
gerieth Mutter Kürlein jedesmal in
große nud sonderbarerweise förmlich
freudige Aufreguna Sie besuchte un
ermüdlich den Patienten, uno ihr Jn
terefse an ihm erlosch erst wieder.
swenn die Gefahr vorüber war. Oder
wenn Oder Tod eintrat. Zunächst al
lerdings brachte jeder Todesfall sie
ans Rand und Band, selbst wenn der
Sensemnann als Erlöser von schweren
Leiden zu begrüßen war.
Wieder nix«, seufzte sie, wenn
ein Bewohner des Altenheims das
Zeitliche gesegnet hatte. Fragte snan
sie, roao der Seufzer bedeuten solle,
dann erwiderte sie ganz kurz:
»Gut nit soll’o bdeut’ gar nir!
Halt, wie man so 'wao daherredt!«
YDcnn Um Iclllcll Plclv ist-U Irr tu
sagt, was es mit dem Seufzer ans sich
butte. Das war ihr Geheimnisk. tfin
mal würde es ihr doch glücken, was sie
jedesmal geplant hatte, wenn eins im
Hause ernstlich traut war. Einmal
mußte sie Dort einen lziwerlössieren
Boten sinden siir nas, was ihr guter
Alter im Himmel wissen sollte.
Jttt guter Alter! Der schon vor
zclm Jahren heimgegangen war. lan
dessen größte Sorge aus seinem lan
ven, schweren Krantenlager die um
sein Börbele gewesen war.
»Ich ging ja gern«, hatte er ost ge
sagt, »wenn ich nur Iviiszt·, das-, Du
nicht Noth leiden brauchst, mein gutes
Börbele. Du hast Dich so müß’ plac
Dein Lebensang. Und aus Deine Jl
ten Tag' sollst am End noch banger
leid!«
»So arg schwer hatte der Gedanke
ihrem guten Ehrtstel das Sterben
gemacht! Und taunr war er todt. da
erbte sie von einem Vetter 1700
Mart Nun tonnte ste sich elntansen
stW Altenheim und tonnte noch an
MMart auf die Sparrasse legen.
Und hatte Geld dte stille und FiMe
und konnte noch Andern Gutes thun.
Nur ein grosser Kammer dritste ste
daß ihr guter Christian nicht iotißte,l
wag für ein sorgenfreies Alter ihr be
schieden war.
Und deshalb wartete sie immer auf
einen. dem sieh hätte auftrcgen tön
nen. Aber to oft sie auch einen Kran
tenbesuch machte, immer sprachen die
Patienten nur vom Gesundtverden,i
nie vom Sterben. Wenn sie merkte«
daß Jemand gern gesund werden(
wollte, dann wünschte sie ihm von»
Herzen baldige Genesung und verzieh-s
tete auf ihren beißen Wunsch, ihreml
Alten Botschaft zu sen-den. Und da
alle gesund werden wollten, mass
eben bei jedem Sterben »wieder nix«.(
An einem herrlichen FkiihtingsJ
nachrnittag saß Mutter Kürlein am;
offenen Fenster, striekte emsig an ei-J
nein Strumpf« guckte dabei ab und zui
auf die Straße und erfreute sich amx
Sonnenschein und an den spielendenj
Kindern. ?
Als sie wieder einmal einen Blick
hinaus warf, sah sie den Doktor auf
das Altenbeim zukommen. Sie erhob
sich und bumpelte auf den Flur, wo
sie richtig den Doktor noch ers-wischte,
als er gerade die Treppe dinauftooklte.
»Tag, Mutter Kiirlein na, immer
gut zuwege«, fragte der freundliche
Herr und klopfte sie auf die Schulter-.
»Dante, Herr Doktor; man muß zu:
srieden sein. IS mir lieb, den Herrn
Doktor zu sprechen; der alte Rolkhagen
will mir aar nicht gefallen. Was wei
uen Herr Doktor non der Krankheit?«
»Es ist nichts zu hoffen fiir den
armen Kerl, Mutter Kiirleim Das
Wasser ftcbt ihm schon bis an’s
ber«(.«
Mann man ihm denn noch was
antbun zur Stärkungs«
»Zu: Stärkung taum, Mutter Kür
lein; Appetit hat er nicht. Das ein
zige, was ihn noch freut, ift fein
Pfeifchen. Er lehnt sich recht nach
sdetn Ende!«
,,ertlich? Das ift ja fchönk Jch
weine, daß lein Pfeifchen ihm noch
lchinecltl Da will ich ihm gleich ein
Pöclchen extra feinen Tobak holen.«
»Recht Mutter Kürlein —- Jhr fein
wahrlich eine gute Seele!«
Gegen Abend trat Mutter Kürlein
init einein Päckchen Tabact bewaffnetj
bei dein Kranten ein, voll Hoffnungl
auf endliche Erfüllung ihres heißen
Wunsches Einen besseren Himmels
boten hätte sie sich gar nicht denken
können Der alte Rollhagen war Kir
chenläutersgetoefen, der mußte dochi
mit .t,imnilischen Dingen besonders gutl
Bescheid wissen. Und wenn einem das
Wasser fchon bald das Herz abdrückt,
dann ift doch teine Aussicht auf Ge
nefung. Der alte Rollhagen wollte
ja gar nichts mehr ooni Leben ioii
fenl Mit ben. tonnte sie ein offenes
Wort reden.
Sie fand den Patienten in halb
sinender Stellung ini Vett, mühsam
atlunend und ganz verfallen ausse
hend Beim Anbiict des Tobacks er
bellten sich feine matten Augen etwas,
und er leuchte mühsam: ,.Jbr feid
eine gute Seele, Mutter Kürlein Jch
tenn die Sorte das is ne feine
Schönen Dank auch!«
Dann fafk die alte Frau neben dein
Bett und fragte noch seinem Befins
den
»Es ge )t mir aang schlecht, und ich
wäre zufrieden wenn unser Herrgott
mich nebmen wollt’.«
Mutter Knrlein zitterte nor treu
-diqer Erreanng und begann in Haa
hastem Tons »Ist das wirklich und
wahrhaftia lfuer Ernst, RollhaJeM
’ Könntet doch auch wieder aetnnd wer
den —
»Ni! da, Mutter Kiirleinl Bin
froh, daß «S soweit is W hab ich
aus’m Buckel und hab’ tein’ Menschen,
der mich was angeht. Diitft’ mir die
Rukf schon gönnen«
»Ja, wenn’5 so steht. da tsnn
man Euch ja nnr ein gnädig-es Ende
wünschen. Wenn’s so weit Lit, dann
tönntet Ihr mir aber einen akosxen
Gefallen thun. Jch hätt’ eine Bot
schast an meinen Alten. Wenn Ihr
ihn tu droben tkestt, wollt Ihr sie
dann bestellen?«
»Gem, Mutter Kürlein gern. Saat
nur getrost, was es sein soll.«
»Ach, nur ein paar Weint-. Einen
schönen Gruß von Bärbele und sie
hätt vom Vetter Matthes 1700 Mart
geerbt und sie hätt sich in’s Altenneini
eingekauft in idie schöne Stube mit
«dem breiten Fenster, und es gina ihr
nix ab. Und sie hätt noch Geld ans
der Sparkasse, nnd wenn sie sterben
thät, nachher würd’ sie neben ihrem
Alten begraben nnd sie kriegten ein
schönes Kreuz aufs Grab. Seht Jhr,
das ist alles. Und wenn er das weiß,
dann hat er erst die rechte Seliigteit
im Himmel nnd tann in Ruh auf mich
warten.«
,.«Bestcllen will ich’5 schon. Mutter
Kürlein Wenn ich nur Euren Alten
auch richtig finden thu«. Dass ist ge
wiß nicht so einfach."
»Ach, da ruft nur recht laut: »’s
Bärbele Aürlein aus Kreuzhura» aus
in Mauergäszle läßt schön grüßen. Do
sollt Jhr ’mal sehen. wie fir er gelau
fen tommt.«
»Schön, Mutter Kürleim ich will’s
so machen. Mein Gedächtnis-; ist noch
ganz gut, nur mit der Luft, das ist
"ne böse Sach! Kaum, daß ich noch
meine Pfetife tauchen kann. Gelt, Jhr
stopft mir eine von dem guten Tabak,
den Jhr mir gebracht habt.«
ZDer alte Kirchenliiuter setzte sich mit
Mutter Kürleins Hilfe noch etwas hö
her und paffte sein Pseifchen, so gut
oder schlecht es bei der mangelnden
Luft eben ging. Und Mutter Kürleim
in deren Antlitz die blauen Augen toie
zwei Lichter standen, sah frohgemuth
zu.
Und am andern Morgen lag der
Klirchenläuter todt in seine-n Kissen.
Das Drehbätzle stürzte mit der Neuig
leit zu Mutter Kilrlein
,.Endlich!« rief die aus und oth
mete tief auf, während ein freudiger
Glanz ihr Antlitz überzog und ihre
blauen Augen heller blitzten. »End
lich lriegt er'o zu wissen.«
»Was soll denn das heißen, Bär
oele?« fragte das Drehbätzle verwun
dert.
Und Mutter Aiirlein erwiderte ha
stia: »Was denn? Hals ich was Dum
mes gesagt? Ja, ja, im Alter schwätzt
man oft ganz verkehrtes Zeug«
Am anderen Tage aber yumoeue
Mutter Kürleim unterstützt von einem
Nachbarskind, zum Gärtner nnd lauf
jte einen wunderschönen Kranz aus«
tgriingefiirbtem Moos mit brennend
rothen Wachsrosen fiir ihren Him
ntelgboten.
--«--—-. —
Quecn Bluts
Zu den liebenswürdigsten Frauen
gestalten an den Hösen Europas ge
hört die englische Königin Mary
die Abkürzung May. unter welchem
Namen die Prinzesfm bis-lang allge
mein bekannt war, dürfte bald
wieder in ihre Rechte treten.
) Kann sie auch in ihrer äußeren Erschei
’nung kaum mit der strahlenden
Schönheit ihrer Schwiegermutter
wetteifern, deren iugendliches Aug-se
then noch heute in Erstaunen setzt, fo
liind doch sowohl die schlanke Gestalt
als-« auch das offene Gesicht mit der
etwas spiyen aber sehr charakteristi
schen Nase und dem energischen Mund
von hohem Reiz. Wenn auch ihre
Mutter einst stolzen Herzens bekannte,
den Titel einer englischen Prinzessin
tviirde sie allen anderen in der Welt
vorziehen, so hat ihre Tochter, in deren
Adern noch mehr deutsches Blut fließt,
manche Züge in Lebensführung und
Lebensauffassung, die sie deutschem
Etnpfinden nahe bringen, und da ihr
Einfluß aus ihren Gatten außer
Zweifel steht, mag es nicht ohne Jn
teresfe sein, etwas mehr aus dem Le
ben dieser fürstlichen Frau zu ersah
ren, die jetzt in den Neigen von Euro
das Königinnen eintritt.
»Sie ist wirklich ein so siiszes und
entiiickendez Kind, als man sich nur
vorstellen kann, voll von Leben und
Frobsinn und spielen möchte sie tote
ein junges Kätzchenx mit tiesblauen
Augen« eitler Menge blonden Haares,
einem kleinen Rosentnöspchen von
Mund« entiürtendem Teint lroiig und
weißt nnd tadellos gewachsen. Jn ei
nem Wort: ein Muster von einem
Baby!«
Das sind die eigenen Worte ihrer
glücklichen Mutter kurz nach der Ge
.burt der sey-gen Königin am 2·"3. Mai
1867. Prinzessin Marn von Cam
«bridge, die den Sohn des Herzogs
Alexander von Württemberg mit dein
Titel eines Herzogs von Teck glänzen
deren Verbindungen vorgezogen hatte,
war immer der Liebling des engli
schen Publikums gewesen, obgleich es
in ihrem Haushalte manchmal etwas
genial zuging, nnd die liebvolle Aus
nserksamteit des englischen Volkes hat
eigentlich auch ihre Tochter von jungen
Jahren an begleitet. Obwohl ur
spriinglich Träger eines deutschen
Namens. ist dennoch Queen Man die
erste Königsgemablin aus englischem
Blute, seit dem Tag, da Heinrich Vil.
die beiden häuser Lancaster und York
durch seine Heirath mit Clisabeth, der
Tochter Eduards HI, vereinte. Als
Urenkeltn König Geotgs Ill. ist die
neue Königin mit der Atmosphäre des
englischen Hofes von Jugend an ver
traut, obwohl sich ihr Leben nicht im
mer in Königsschlössern abgespielt
hat, und die erste Sorge, die sonst ge
suöhnlich einer fürstlichen Frau war
tet, die Liebe eines ihr fremden Volkes
zu gewinnen, blieb ihr erspart. Jn den
Räumen des alten Kensington-Pala
sies in London, dann auf den weiten
Rasenslächen um White Lodge im
Richmond Parl spielte sich ihre Kin
derzeit ab im Vollgenuß einer der
schönsten Landschaften, die England
zu bieten hat. Dann begleitete sie ihre
Eltern auf Reisen· Ein längerer Auf
enthalt wurde in Florenz genommen,
wo die jungePrinzessm einen Blick that
in die Wunderwelt italienischer Kunst.
Zurückgelehrt, wohnte ihre Mutter zu
nächst in einem möblierten Hause am
Chefter Sauare, so daß die junge
Prinzessin vollauf Gelegenheit hatte,
das Leben von mancher Seite kennen
zu lernen und von hier ans machte sie
ihre ersten Schritte in die große Welt.
Obwohl eine sichere Reiterin, ist die
Königin keine englische Sportsdarne
im eigentlichen Sinne. Sie hat dage
gen regen Sinn fiir Häuslichleitx mit
der Nabel ist sie sehr gewandt und
lunstvolle Sticlereien von ihrer Hand
sind schon auf tunstgewerblichen Aus
stellungen wiederholt bewundert wor
den. Gelesen hat sie - —- so heißt es
immer viel, und der freiere Sinn ihrer
Mutter hat dafür gesorgt, daß ihr
auch ernstere Bücher mit weiterem
Horizonte in die Hand kamen. Schon
in jungen Jahren soll sie GeorgeEliot,
Carlhle.Motleh gelesen und bewundert
haben. Sie ist sehr musikalisch und
ihre Stimme wurde bon einem be
lannten italienischen Meister Paoio
Tosti ausgebildet Ob das Gerücht,
daß sie die Ullendelgfohnsche Musik der
Wagnerschen vorstehe, auf Wahrheit
bciuht, muß dahingestellt bleiben.
Hier mag eine Aneldote aus ihren
Mädchensahren Plan finden, fiir de
ren Richtigkeit sich der Schreiber die
er Zeilen allerdings auch nicht ver
gen kann: Prinzessin Man besuchte
einmal einen Bazar im Garten von
New in unmittelbarer Nähe von Lon
den. Eine Besucherin, die gerade ei
nen Fächer erstanden hatte, trat mit
diesem aus die Prinzessin zu und bat
sie, ihren Namen daraus zu schreiben
zur Erinnerung »Gerne,« erwiderte
diese; »aber verwechseln Sie mich
auch nicht mit meinen Cousinen von
Maler-: ich bin nur Marh von Teck.«
Jhre erste Verlobung mit dem älte
sten Sohne des damaligen Prinzen
von Wales, den eine tückische Jnsluen
za nach ganz kurzer Krankheit dahin
rasste, ist zu bekannt und braucht hier
nur kurz erwähnt werden. Nach dies
sem schweren Schlag brachte die Prin
zessin eine Zeit lang in Südsrautreich
zu, und später, anläßlich eines Besu
ches bei dein Herzog und der Herzogin
von Fisc, der altesten Tochter König
Eduards5, erbat sich der Bruder des
Verstorbenen, der jetzige König, ihr
Jawort. Die Hochzeit wurde am ti.
Juli 1892 in Geaenwart der alten
Königin Viktoria in London gefeiert.
Die Ehe ist eine äußerst glückliche,
und zum erstenmal seit dein Tode des
Vrinzgemahls Albert zieht init dem
Elternpaare wieder eine srohe Kinder
schaar in den alten Budinghampalast
ein.
Dic Kaiseriölnie.
An festlichen Tagen ift es in Berlin
nichts Seltenes-, den Kaiser im Kreise
feiner fechS Söhne zu sehen Die
Jungen Prinzlein« sind nunmehr zu
hochgeivachfenen Männern herange
reift, die den Vater faft urn eines
Hauptes-lange überragen. Des Dien
stes ewig gleichgeftellte Uhr läßt ihren
Schlag auch fijr die itaiferföhne genau
«fo laut und mahnen ertönen, wie für
andere Sterbliche. Jn der Zeit der
Erholung zeigen aber die Prinzen, daf;
fie sich auch ihre Lebensluft bewahren.
Die Leibbatterie des l. Garde
Feldartillerie — Regiments beging vor
turzem die Feier eines Gedenttags.
»Der Kronpriiiz, der im vorigen Som
.nier die Vatterie einige Zeit geführt
hatte, war eingeladen und hatte mit
feinem Bruder, dem Prinzen Dr. Au
guft Wilhelm fein Erscheinen zuge
fngt. Wenige Tage vor dem Feste
überreichte ein junges Mädchen, eine
ehrbare Bürgerstochter, dem Thron
folger, als dieser durch eine Straße in
Moabit ging, ein BlumensträUßchen,
das mit freundlichem Dank angenom
men wurde. Bei dieser Gelegenheit
lud der Kronprinz die junge Dame
zur Kaiserfeier in den Hohenzollerm
sälen ein, die ebenso wie die Kasernes
ments des genannten Regimentg in
Moabit, dem nordwestlichen Stadt
theile Berlins, liegen. Am Feftabend
fand sich die Schöne mit ihren Ange
hörigen pünktlich ein und begrüßte die
Kaiserliche Hoheit nach dem offiziellen
Empfange mit einem zarten Strauß
chen. Kronprinz Wilhelm nahm die
Blumen, schiittelte der Geberin herz
baft die Rechte und fragte freundlich
lachend: »Na, Sie bleiben doch zum
Tanz?«, wag die liebliche Kleine tief
tnirend bejahte. Jm großen Saale
begann nun ein richtiges Soldatenfest
roll derben Humors. Da wurden
tinplets gesungen, Keulen geschwun
gen, Theater gespielt, Quadrillen auf
geführt, und die Stimmung war ver
gnügt. Die prinzlichen Brüder saßen
vor der Bühne, auf der ein Kinemas
tograph unter schallender Heiterkeit
lustige Bilder aus dem Batteriedienst
des Kronprinzen vorführte, im Kreise
der Offiziere und Wachtmeister beim
Schoppen Lagerbier und unterhielten
sich töstlich. Nach der Vorstellung
gings in den Nebenraum, wo bald
eine drangvolle Enge herrschte und im
kleinen Kreise sich einige Paare im
Tanze drehten. Bei der ersten lustigen
Polta war der schneidige Kronprinz
ii itten im Gewühl. Er hatte die be
wußte junge Dame aufgefordert und
siiberragte in seiner lleidsamen Perse
)ioalter Kürassieruniform die meisten
seiner Mittänzer. Gleich darauf
schwang auch der schlanke, feine Prinz
August Wilhelm das Tanzbein. Und
nun ließen die hohen Herren, stets
umringt von einer Schar hübscher
Tänzer-innen in weißen, rosa und
blauen Ballteidern, nicht eine Runde
aus.
Prinz Ostar von Preußen wohnte
liirzlich dem Stiftungsfeste des Ver-—
iins ehemaliger Angehöriger des l.
Gardelllegiinents zu Fuß im Berliner
Ersten Kriegeroereinshause bei. Er
lehntc es ab, an der blumengeschmiicl
ten Ehrentafel Platz zu nehmen, wo
die Generalität saß. An der ersten
LönggtafeL inmitten alter Weißbärte,
der Neteranen des Vereins, wählte er
seinen Platz. Bei schäumendem Bier
und Zigaretten sang er die Kommerz
licder träftig mit, taufte Ansichtsposts
tarten des Deutschen Kriegerbundes
und unterhielt sich mit seinen Nach
barn in angeregter Weise. Jn seiner
zwanglosen Art bestellte sich der
Prinz ein Eisbein mit Sauertohl, das
er sich ausgezeichnet ninnden ließ.
Später trat der Tanz in seine Rechte.
nnd man konnte es dem Prinzen an
inerten, daß er sich, frei von jedem
Zwange, sehr wohl fühlte.
Prinz EitelsFriedrich und Adalbert
treten im Verhältnis zu den Vorge
nannten weniger in die Oesfentlichteit.
Jn Berlin tennt man wohl allgemein
den Prinzen Eitel, der die Umwand
lung vom blondgelockten, lieblichen
Knaben, dem Augentrost der hohen
Mutter, die vor einigen Jahren, als
die schwere Krankheit hereinbrach,
nicht vom strantenbett deg Lieblings
sohneg wich, zum kräftigen Major in
der leuchtend rothen llniforin derPots
tinner Gardehnsaren durchgemacht
tiat — aber der Prinz.geht als Soldat
mit Leib nnd Seele so völlig im
Dienste aus, das-, man ihn in »zivilen«
Kreisen selten zu sehen bekommt. So
osl eg geschieht, lernt man ihn als rit
stcrlichen, liebenswürdigen Ossizier
kennen. Prinz Adalbert wohnt an der
I Waterkant nnd ist Seemnnn, will nur
sSeeniann sein. Manjagth daß er
nicht gern zu groszen Vorrenen komme
« nnd sich an Bord seines Schiffes oder
; in den einfachen Salong seines kleinen
in der Diisternbrooker Allee in Kiel
gelegenen Landbauses am ivohlsten
siihle. Der ietzt 26 Jahre alte Prinz
jst bisher allen Verlobunggaeriichten
aus dem Wege gegangen.
Prinz Joachim, das Nesthakchen un
ter den Söhnen, ist auch schon dem
JU. Geburtstag-.- nahe gekommen.
Jhn tennen die Berliner alg den
Jiingsten der Brüder-, der, ehe er nach
Plön kam, alle Vormittage nach dem
Stadtschloß Bellevue fuhr, tvo der Un
terricht »genossen« wurde· Kurz vor
ein Uhr brachte eine schlichte Stadt
kutsche dag Prinzlein zur kaiserlichen
FrühstückstaseL nnd Joachim wurde
auf der Fahrt unter den Linden nicht
müde, den tztoriibergehendem die ihn
ngiißtem zuzunicken nnd zu salutieren.
iJn Kadinen tollte er mit seinem um
zwei Jahre jüngeren Schwesterchen um
die Wette; sie kletterten auf die Bän
me und arbeiteten in Lehm, um oft in
einem wunderbaren Zustande zur
Mutter zurückzukehren, deren giitigeg
Herz sich an dem reinen Jugendgliick
ihrer beiden Jüngsten erfreute. Frei
lich, als Prinz Joachim vor zwei Jah
ren konsirmiert wurde. da war er
schon ein richtiger schneidiger Leut
nant mit männlicher Stimme getobt
ten.
Man hört in der Welt leichter ein
Echo, ais eine Antwort.
Die Schädlichkeit der Gewürze.
Die Gewiirze gehören zu den Ge
nußmitteln und sind als solche fiir den
Körper ebenso nötig, wie die eigentli
chen Bau nnd Brennstoffe. Der Kör
per braucht eine gewisse Hilfe, einen
Reiz, der von außen kommend den«
Appetit anregt und die Absonderung
der Verdauunggsäste erhöht; wir wis
sen alle, wie sehr der Geruch und der
Geschmack eines Gerichts auf unsere
Eßlust wirken können. Wenig oder
gar nicht getoiirzte Speisen würden
ung widerstehen oder nicht genügend
verdaut werden, der Körper würde
solche Nahrung sehr rasch ablehnen.
Den Geioiirzen sind keine der neu-M
Hanregenden oder zerstörenden Gifte ei
3gen, wie den alkohol- und altaloidhal
tigen Getränken, die man in erster Li
nie zu den Genußmitteln rechnet, ihre
Wirkung beruht in der Hauptsache auf
gewissen ätherischen Oelen, die ihnen
die eigenartige Würzkraft geben. Aus
dem Wert dieses sich rasch verfliichti
genden Bestandteils erklärt sich der
Gebrauch, Gewürze immer in geschlos
senen Behältern aufzubewahrem weil
sie sonst ihrer Eigenart rasch verlustig
gehen und ihre Wirkung nicht oder
nicht genügend ausüben können.
Ueber die Schädlichkeit der Gewürze
sind vielleicht hier und da übertriebne
Vorstellungen verbreitet, während sie
andererseits wiederum eine hohe Wert
schätzung genießen. Es ist wahr, daß
ein geschickter Koch mit Gewürzen
ganz außerordentlich viel erreicht. Er
kann Gerichte, die sonst vielleicht ent
jrüstet abgelehnt würden, durch kluges
zWiirzen zu Leckerbissen machen, kann
Haus an sich wertlosen, ausgelaugien,
»ja verdorbenen Stoffen mit Hilfe sol
cher, den Geschmack verändernder Zu
«taten den Gaumen ganz außerordent
lich reizende, scheinbar erlesene Spei
sen herstellen. Man braucht nur, um
.bekannte Beispiele herauszusuchen, an
Fälle zu erinnern, wo scharf gewürzte
Wurstwaren bei der Kundschaft ganz
außerordentlichen Beifall fanden, bis
die chemische Untersuchung zeigte, was
siir Grundstoffc diese Leckerbissen zu
sammensetzten
Eine Hausfrau, der das Wohl der
Jhren am Herzen liegt, wird die Ge
iriirze aus ihrer Küche auf keinen Fall
v,erbannen wohl aber wird sie sich
shiitem durch unvernünftige Verwen
ldung in Wettbewerb mit der Gast
Iliauskiiche zu treten Man gewöhnt
sich leicht an scharf gewürzte Nahrung,
auch Kinder werden leicht daran ge
wöhnt und finden dann alle andern
Gerichte reizlos. So wertvoll die fei
nen flüchtigen Oele an sich auch sind,
so können sie doch, wenn sie in über
großer Menge dem Körper zugeführt
werden, einen allzu starken Reiz aus
iiben und dadurch Gesundheitsschädi
gungen hervorrufeu.
Gewürze soll und muß man ver
wenden -- — im frischen, scharfen Win
ter wird der Bedarf vielleicht nicht
ganz so grosz sein, als im heißen Somit
nier, der die Verdauungsorgane eher
erschlafft -- aber man darf die Ani
wendung nicht übertreiben und die
ganze Nahrung, die dem Aufbau und
der Ergänzung des Körpers dienen
soll, dadurch zu einein Genußmittel
stempeln, von dem man in erster Linie
scharfe Geschmacks-s und Nervenreize
erwartet.
Sprüche ver Leben-weichen
Der einzelne ist immer besser als
die Masse.
sk II- II
Vertranen recht weiter als Ver-«
stiindnisz.
Is- IIc III
Die Entschuldigung ist oft schlim
mer als die Echulth
SI- Ik Q
Die edelsten Bäume haben daE här
teste Holz.
sit II· If
Der Mensch kann alles, was er
ernstlich mill.
di- sk si
Gliictlich Ver Mensch, der seinen
Beruf richtig erkannt bat.
II- slt II
Wer sich selbst befiehlt, bleibt immer
Knecht.
s- III III
Jn manches Menschen Herz ist auch
am helllichten Tage Nacht
dk Is- II
Wohl dem, der sich zur Treue ge
wöhnt im geringsten Geschäfte und
dessen Zweck es ist, durch alles sich
selbst zu beredeln!
sll di- Il·
Der Müßiggang macht unendlich
vivel müder und nervöser als die Ar
beit nnd schwächt die Widerstand-Z
lrast, aus der eigentlich alle Gesund
heit beruht.