Jahtom Nebraska Staats— »An-Zeiger und J set-old. M(h)m· Nummer 36. - Fkniktiugsnen Winier war es! Schnee bedeckte Rings die Welt rnit weichem Flaum. Doch der Frühling tam und weckte — Wald und Flur aus ihrem Traum. Wanne Strahlen schickt die Sonne. Ruft die Drossel auf zum Sang. Sie prohirt ils-r Lied, o Wonne! Herrlich tönt der Stimme Klang. Und der Drossel fröhlich Singen Lockt der muntern Finten Schnar. Ach. das ist ein lnittges Klingen, Schöner mass in keinem Johr. Aus der Knospe brauner hülle Lugt ein Blättlein scheu hervor: «Ssagt, was soll des Jubels Fülle Sagt, was soll der Sönqer Chors« Was ist das? Es sprengt die Klause, Fort sind Eis und Schnee, hnrra! Kommt ihr Schwestern aus vemHause, Kommt, Ver Frühling ist ja da! Er ist da. Des Frühlings Regen Fiitlt mit Leben an die Welt; Blumen sprossen auf den Wegen, Wo der Lenz den Fuß hinstellt. Auch den Menschen faßt die Freude, Jedes Herz regt fröhlich sich. König Lenz befreit vom Leide, König Lenz, wir preisen dich Gustav von Weisen· Trudel’5 Hut. Novellette von D o r a D u n a e r. 1. Der Papa war nicht zu bewegen die Mama sp- was ein wahres Wuc der war --— blieb gleichermaszen hart herzig. Die Kasse für die Sommer garderobe war gesperrt. Alles Rotb rrendige und darüber war angeschafft, nichts mehr fiir neue Ausgaben zu cr betteln. »N och ein neuer Hut -—- vielleicht gar ein Wartthurm von Iopfhuts Gnbe nicht!« lautete der tategoriiclke Jmperativ. Trudel lief mit oekheulten Augen umher. All ihre Freundinnen hatt-n zwei, auch drei neue Hüte, Topfbiite natürlich, sie allein sollte mit der alt motischen Glocke zu dem Sommerfeft nach Tegel gehen? Lieber in die Spre-, wo sie am tiefsten war! Endlich sah Trudel mit ihrem ge sunden Menschenverstand ein, daß sie mit Heulen und Jammetn den Dingen um tein Jota auf die Beine halt. Jus Gegentheil. Der Termin des Som mersestes rückte immer näher, die Ast-I srcht auf den Topfhut immer weit-»r, ergo galt es nicht zu heulen, son. dern zu handeln. Sie zählte ihre Baarschaft nach. Als geborenes Leckermaul hatte Trudcl lesthin siir Erdbeeren und siißen Kirichtuchen unverantwortlich viel Ta fchengel vernafcht. Ein fchäbiger Rest von zwei Mart trieb sich in ih rem Geldtiiichchen umher· Den Topf hut hätte sie sehen mögen, der sich iiir diefe Summe erftehen ließ. Ihren Willen aber wollte sie haben, und ils ren Topsbnt auch. Was ioute w junge Bantbeamte - tvohlbesta!!t-.r Volontär bei der »Datnistädter" siik einen Begriff von ihr betommen, wenn sie in Tegel mit einein vorsint fluthlichen Hut erschien? Denn baß bet hübsche »todtchicle« junge Mann von der Partie sein würde, wußte Irudel aus nicht mißzuverstehenden Andeutungen. Es war Montag; bis Samstag mußte der Topf zur Stelle sein« weiß mit rosa Rosen und einem weißen Taubensliigel Da gab’s nichts. Was Trukel wollte, setzte sie durch. Truhel wars sich aus die Jnsekate der Tageszeitungem Waarenhäuser, Kausböuser, Konkutsniassem Auson iäuse. Wenn sie siir ihre armseligen» zwei Mart —- Vorschuß aus Monats gelb gab Papa grundsiivlich nicht nur wenigstens das Rohmaterial er-l stand, würde man schon weiter sehen. Endlich batte sie etwas gesunden, das einem Hoffnungsschimmer gleich sah. hoch oben ini Norden, ausgerech net aus halbem Wege nach Tegel, sün digte ein Geschäft mobeene hutsorinen zu 75 Pfennig an. Dazu 20 Pfen nig Straßenbabn, verschlang eines der beide-i Markstiicke weniger siins Pfen nige. Rest, eine Matt silns Pfennige siir die Genieungi Mager was-, aber ei mußte geben. Von hutsuiter .«.—.«-—.» .. As· ----«-.·...- . . «-s-——.—.-—-. konnte man absehen. Ebenso von Draht und theurern Laub. Der Tau bensliigel lonnte die Welt nicht kosten. Schließlich und endlich müßte die Ge sliigelfrau «—-— Stand No. 7 -— einen ’rausriicken. Trudel würde ihr dasiir einen heiligen Eid leisten, dasz Papa-i Taube, sobald er seine Magendispepsie bekam, von keiner anderen Quelle je bezogen würde. Wollte Gott ihssv ausgiebige Magendispepsien beschee ren! Warum war er so gnietschigj« dachte Trudel gefühllos. Aber die Rosen! Sie plünderte in Gedanken ihre und Mamas sämmt liche Hüte, garnirte Gesellschafts-klei der, alte Kramlästen -—- nirgends eine brauchbare Rose und sie brauchte einen Kranz. Dir Hutsorni in der Jnoalidenstrasze war erstanden, ordinärstes Stroh al lerdinge, aber sonst ganz nett. Jeyt lani »Stand T« an die Reihe. Aber Frau Vitmsth war hartherzig, hart herzig bis zum Aeuszersten. Bei dem mageren Gesliigellonsnm von Tru del’s Vater konnte sie nichts daran geben, beileibe nicht! Kein Eid nüytr. Konnte das Fräulein ihr schwarz aus weiß geben, daß die Magentranlheiten ihre-I Herrn Vaters sich wieder ein stellen wiirden. Trudel schwieg be schämt. Na also! Aber siir ’ne halbe Mart sollte sie ’nen Taubensliigel ha ben, schön weiß, blihblant und aus recht ohne Knick. Trudel besann sich nicht lange und griss zit. Billiger lani sie doch nicht dazu. Frau Biiiiislh nictte wohlgesöllig hinter ihr her: ’n hübsches svrsches Mädel, alles was recht war. Aber mit ’n Mann würde es hapern bei die Povertät. Schade dr’uin! Trudel nahm auss Neue ihre Zu flucht zu den Jnseraten. Die Rosen hatte sie ausgegeben. RosasBand würde es auch thun. Jn der Lands bergerstrasze gab es großen Bandw stenausvertauf. Diesmal ging sie zu Fuß und erstand für ihre letzten 55 Pfennige zwei Meter dünnes rosa Seidenband Zu Hause saß sie und mühte sich ab. Es wollte lein Chic in die Sache toini inen. Ihre niedlichen Fingerchen wa ren gar zu ungeiibt in dergleichen Dingen. Jminer wieder rannte sie vor die Schausenster der eleganten Modegeschäste, ihnen ihre Geheimnisse abzugucken Wie leicht und natürlich wanden sich die Bänder, schlangen sich die größten Flügel hinein, warum sollte ihr das nicht gelingen? Aber es gelang ihr nicht. Das dünne Band lag slach und armselig uin den hohen Kopf, so ost sie es auch ausgebiigelt und neu gesteckt hatte! Der Flügel ragte unvermittelt steil und gesiihllos zwischen den magereii Bandenden aus. Ja, hätte sie Rosen gehabt. einen vollen Kranz Rosen, es wäre ein Leichtes gewesen, Chic und Grazie in die Sache zu bringen! Mit zerstochenen Fingern gab sie das Rennen endlich aus. Sie würde wie eine Vogelscheuche aussehen --— auch gut. Wenigstens hatte sie ihren Topshut und ihren Willen durchge setzt. Z. Der Tag des Festes war ein wun dervoller Sommertag. Blau und wol tenlos wie ein gespanntes Atlaszelt lag der Himmel iiber der Stadt. No sen, Jasinin nnd Linden dufteten. Die ganze Lust schien davon erfüllt zu sein· Um sechs Uhr Nachmittags sollte die Fahrt nach Tegel losgehen, und um vier llhr war Trudel sertig ange zogen. Das srisch gewaschene weiße Battisttleidchen that noch immer seine Schuldigteit. Aber der Hut! Sie mochte garnicht in den Spiegel gucken. Das reiche blonde Haar hatte sie in großen Pussen und Wellen hervorge zogen, damit man nur möglichst wenig von dem mißgliickten Topshut sah. Trudel’s Eltern wohnten weit drau ßen im neuesten Westen Berlins. Da sie das Fest nicht mitmachten, wurde Trudel zu der beseeundeten Familie »geschickt, in deren Schutz sie gegeben worden war. Jhr Weg dorthin siihrte sie über Feld. Langsain schlendert sie aus der abgetretenen Wiese daher. Einen gröulichen Gassenhauer singend, i kamen ihr drei schmußige Kinder, die hände voll Feld- und Wiesenblurnen, entgegen. Weiß, roth, goldger und blasslila blühte es in den kleinen drecki gen Fäusten, die sich Trudel entgegen streckten. »Men« srische Blumen. Fräu legnchen Ach, toofen Se uns wat a ." Jn Trudel sprang blitzartig ein Ge dante auf. Blumen! Frische, bunte Blumen! Und welche Fülle von Blu men zum Ara für ihren Hut! Blu men, um seine ·lrmseligieit, fein Un geschici zu decken! Sie griff in die ileine Lebertaichh die sie am Arm trug. Geld hatte sie keines bei sich. Die Mama wollte nach träglich mit den Freunden abrechnen, aber dafür zwei große Tafeln China-« lade als Wegzehrung. »Wollt ihr die Chotolade für Eure Blunien'cM fragte fie hastig. »Und. wollt ihr mir helfen, einen Kranz zu· binden?« Mit Freudengeheul waren die drei kleinen Strolche dabei Dann hockten sie zu viert auf dem abgetretenen Wie fenland, banden einen dicken, bunten Kranz und schlangen ihn über das magere Seidenband, und Frau Wams ins Taubenflügel stand inmitten der bunten Pracht io hell and aufrecht und natürlich da, daß es eine wahre Lust war. Trudel’5 Herz klopfte vor Freude, als sie sich im Tafchenspiegelchen besah. Nun brauchte sie sich vor Niemanden mehr zu verkriechen, am wenigsten vor Hans Waldegg, dem jungen Volontär. Er hatte sie sogleich herausgefun Vcll Und bot sich lyk als Paul-er ueuu ersten ReigenspieL Dann, als es zum Abendbrot in das hochgelegene Wald haus ging, blieb er dicht an ihrer Seite, zuerst aus dem schmalen Weg am Seeuser hart am Wasser, aus dems purpurgliihend Lag Abendroth lagJ dann durch den leise dämmernden Wald, unter Eichen und Buchen hin. Sie wußte nicht recht, wie es tam, daß sie plötzlich die Leuten und sast allein waren. »Wie reizend Sie heute sind, Fräu lein Trudel!« sagte Hans Waldegg und sah ihr dabei so herzlich und voller Bewunderung in die Augen. »Und; wie entzückend der Hut Sie kleing Eine ganz neue originelle Jdee, dieser frische Blumentranz! Eine völlige Kostbarkeit!«f ! Trudel lachte halb verlegen, halb; geschmeichelt aus: aber dann berichtetes sie. Sie wollte sich nicht unter fal i scher Flagge bei ihm einschmuggelni Er sollte nicht glauben, dasz sie eine» Modedame sei, die ohne Weitereg und selbstverständlich zu kostbaren Topshii ten komme. s Als der junge Mann die Geschichte’ dieses Hutes hörte, nahm er erst ihre kleinen zerstochenen Finger und küßte» sie andächtig. Dann zog er sie ein wenig zur Seite, aus einen schmalen Psad wieder zum See hinunter, an dem es noch hell genug war, sich nicht nur in die warmen, jungen, glücklichen Augen zu schauen, sondern auch einen Brief zu lesen, den der junge Mann in seiner Briestasche trug. Jn dem Briese aber hieß es: . . . . Du schreibst, mein lieber Junge, dasz Du ein junges Mädchen liebst, das-, wie Du anzunehmen Ursache hast, mit äußeren Glücksgiitern nicht eben ge segnet ist. Meinen Segen gebe ich Dir trotzdem, denn wir brauchen es gliict licher Weise nicht daraus anzusehen Wichtiger scheint mir, daß sie gesund, frisch, resolut und bescheiden ist, selbst weiß, was sie will und das Leben im Großen und Kleinen praktisch zu neh men versteht — --« Weiter lasen sie nicht. Stvtt des Papieres hielten ihre Hände einander, und dann hatten auch ihre Lippen sich gefunden - ,,,Trudel « bat Hans Waldegg als tnan spät am Abend auseinanderging, den Hut mußt Du mir schenken, so wie er ist. Ich schick ihn morgen der Mutter nnd schreib’ ihr Deine Beichte dazu.« Und so kam es, daß Trudel ihren schönen, felbstverfertigten Topfbut nur dies eine Mal getragen hat III-lice Frenndint »Wende Dich doch mal an den Heirathsvermittler Meier, der verschafft Dir sicher einen Mann« Aelteres Fräulein: ,,Meinst Dut« Freundin: »Ganz gewiß der hat ja schon die ältesten und häßlichlten Frauenzimmer an den Mann ge bracht.« Daß die Mormgnen gerade bei den hellen Sachsen dle Proselytenmacherei so eifri betreiben, ist eigentlich ver wundet ich. Oder hängt es damit zu sammen, daß dort die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen? Schah-Erinnerringeii. Muzuffer ev din Mirzta -—— Wer erinnertssich nicht der unzähligen Amt Ioten, die sich an die Eurvpireife des» verstorbenen Schahs von Persien Muzaffer ed din tnpftent Aber esl hielt stets schwer, zwischen Wahr-f dent und Dichtung zu unterschei den.« Daher verdienen die Erinnerun gen des bekannten Pariser Sicher heits —- Kommissars Xavier Pooli, die dieser jetzt im McClurr’g Magazine veröffentlicht hat, ein besonderes Jn teresse. Paoli war dem Schah bei des sen Aufenthalt während der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 als Schutzwache zugeteilt worden. Er hatte alfo Gelegenheit, Muzaffer ed din auf Schritt und Tritt zu beobach ten. Paolis Aufzeichnungen sind nicht nur psychologisch interessant, sondern sie offenbaren auch einen löstlichen Humor. Paali erzählt zuerst, daß er seine Ernennung zum Schutz - Trabanten der persischen Majeftiit mit sehr ges mischten Gefühlen aufgenommen habe, weil er sich der vielen ,,on dit« erin nerte, die noch iiber den Besuch des Schahs Nafsr ed din im Umlauf wa ren. Hatte Rassr ed din doch den Wunsch geäußert, einer echten Pariser Hinrichtung beizuwohnen.Das »Gliick« war Nassr:ed-Din hold, denn das Ge fängniß an der Plaee de la RoquetteI beherberate gerade einen zum Tode verurtheilten Verbrecher Nassr ed din erschien also am Morgen der Hinrich tung auf der Plaee de la Roquette und harrte der grausigen Dinge, die da temmen sollten. Als der Verbrecher zur Guillotine geführt wurde, schien icdoch das totenblasse Gesicht des De linquenten das Herz des Schahs zu rühren, denn er ersuchte die französi schen Beamten, den »blassen Mann« zu begnadigen und nur den anderen, der sich viel gefaßter beuehme, hinzu richten. Dem Verlangen des Schahs konnte nicht entsprochen werden, weil der »andere der --Staat«sanwalt war. Paoli fürchtete, daß Muzaffer ed "din ähnliche Wünsche äußern würde, und der Kommissar sah sich bereits selbst unter der Guillotine. Seine Be fürchtungen erwiesen sich jedoch als grundlos, denn Muzaffer ed din ent puppte sich als ein so friedlicher Herr, daß Paoli oft Mühe hatte, den Angst zustanden des Schahs ein Ende zu bes reiten. Der Schah litt an einer ent setzlichen Furchtsamleit, die sich nach dem Attentat des Anarchisten Salson fam 2. August 1900) bis ins Krank hafte steigerte. Wie Paoli berichtet, war es nur der Geistesgegentvart des Hofmarschalls Mohammed Khan zu verdanken, daß das Attentat rnißlang. Mohammed Khan packte den Attentä ter so fest am Arm, daß dem Anarchi sten die Mordwaffe entfiel. Paoli er zählt, daß ihm am Morgen des At tentats eine Warnung zuging, er die ser jedoch wenig Beachtung schenkte, weil er sich auf die den Schah stets be gleitende Kavallerie-Estorte verließ. Am Tage des Attentats aber traf es sich, daß der Schah früher ausfuhr als gewöhnlich, die Estorte kam daher zu spät. Nach dem Anschlag befahl der Schuh, sofort umzukehren Als er vor seinem Hotel größere Menschenkin sammlungen bemerkte, fragte er ent setzt: »Jetzt will wohl noch einer schie ßrn?« Jn der Folge wollte der Schuh auf allen seinen Wegen einen Ade tanten mit einem geladenen Revoloer z in der Hand vorangehen lassen. Paolt konnte ihm nur mit größter Mühe ver- L ständlich machen, daß dies gegen die europäischen Sitten verstoße. Ganz auc- deiu Daugchen geriet Muzaffer ed diu bei einer lliadiums Vorführung des Professorg Curie. Der Schuh hatte den Wunsch geäußert, die Entdeckung Curies persönlich in Augenschein zu nehmen. Da die Vor-. Hfiihrung nur in einem dunklen Raume erfolgen konnte, so wurde der Keller des ElyseesPalaigOotelg ausgewählt Kaum waren jedoch die elektrischen Lichter derloschen und Curie wollte mit seinen RadiuuisDemdnstrationen beginnen, als der Schah in Schrei lrämpfe verfiel und schleunigst nach oben gebracht werden mußte. Muzafs fer ed din wurde schließlich so nervös, daß er nur noch in einem hellerleuchte ten Gemache schlafen konnte, wo sich feine Umgebung laut unterhalten und ihm zuweilen auf die Beine und Arme klopfen mußte. Der Schuh bildete sich nämlich ein, wie Paoli erzählt, daß er auf diese Weise im Schlafe nicht vom Tode überrascht werden konnte. Paoli plaudert auch ilber die Kauf tvut des Schahs. Muzaffer ed din kaufte einfach alles. Wenn ihm etwas gefiel, so ertlörte er nur: »Je prends«. Ob es ein Panorama, ein Automobil, ein Tintenfaß oder eine — Frau war. Muzaffer offenbarte nämlich das Ver langen, jedes weibliche Wesen, das ihm gefiel, mit nach Teheran nehmen zui wollen. Da aber die Worte ,,je prends« seine gesamten französischen Sprach herrlichieiien umfaßten, so glaubte Muzafser ed din sich mit seinen »je Prends« jede Pariserin erlausen zu können. Dadurch geriet Paoli zuweilen in die tomischsten Situationen Eines Nachmittags weilte er mit dem Schuh im Boig de Boulogne· Der Schah be merkte eine Gruppe junger Mädchen, die er durchaus photographieren woll te. Paoli spielte den Dolmetscher und unterbreitete den jungen Damen den Wunsch der persischen Majestät. Das fidele Quartett lam dem persischen Er suchen bereitwilligst nach und ließ sich tnipsen. Plötzlich aber wies Muzafser ed din mit dem Finger auf die jungen Mädchen und sagte: ,,Paoli, je prrnds!« Dieser spielte abermals den Dolmetscher, aber die lustigen Mädels rissen schleunigst aus. Der Schuh gerieth jedoch einmal an die unrichtige Adresse.« Er saß in der Präsidentenloge in der Großen Oper und schaute nnverrvandt durch sein LPernalas nach dem vierten Ranges uiaou zerbrach nch den Kopf baruoet, wag für Gespenster Muzaffer ed din dort oben wieder einmal sehen könnte Endlich lam der Hofmarschall des Schabs zu Paoli und sagte: »Majestät hat dort oben eine wunderschöne Frau entdeckt und Sie möchten sie fragen, ob sie mit nach Teheran kommen will.« Wie Paoli launig bemerkt, hatte ihn die französische Regierung zwar nicht zum persischen Postillon d’Amour be stimmt, aber er gab trotzdem einem seiner Untergebenen den Auftrag, der Dame den ,,Je-prends«-Wunsch des Schahs zu unterbreiten· Der Deteli tiv kehrte nach der Pause mit wüthen dem Gesicht zu Paoli zurück und theilte diesem mit, daß die persische Hof-Os serte mit einer schallenden Ohrfeige beantwortet wurde. Als der Schah dies vernahm, verließ er entrüstet das Theater. Paoli erzählt ferner, daß Muzafser ed din zuweilen sehr bissig werden» konnte. Als man ihm im Louvre das« sogenannte ,,Persische Zimmer« mit den aus Persien stammenden Kostbar-; teiten zeigte, meinte er: »Wenn wir es i in Teheran zu einem Museum gebracht haben, so werde ich auch ein ,,sranzösi sches Zimmer« einrichten lassen.« Und als Paoli den Schah bei einem Besuch des Zoolgischen Garteng auf drei Kas mele aufmerksam machte, sagte Mu zasfer ed din mitleidig lächelnd: »Das ist alles? —- Jch besitze zu Hause neun tausend Kamele.« Eines Morgens äußerte der Schah den Wunsch, das Schloß Fontaineg bleau zu besuchen. Als man vor dem Schlosse eintraf, bestand er daraus, daß die Dragonerestorte absitze und ihm in den Schloßhos folge. Jm be rühmten »Cour des Adieux« ließ Mu zasfer ed din die Leute antreten und betrachtete sie längere Zeit mit ver schränkten Armen. Dann begab er sich ins Schloß. Erst später erfuhr Paoli. daß der Schah ,,Napoleons Abschied von seinen Garden« in Szene gesetzt hanc. Amüsant ist auch die Geschichte mit der Großfürstin Wladimir. Der Schah hatte die Fürstin zum Frühstück einge laden. Als man sich zur Tafel gesetzt hatte, präsentierte ein Beamter dem Schah aus einem goldenen Tablett ein -- — falsches Gebiß, das Muzaffer ed din, ohne sich zu genieren, in den Mund schob. Am nächsten Tage übers sandte er der Großsiirstin mehrere herrliche Teppiche, dieselben Teppiche, die die Fürstin im Heim deg Schahs bewundert hatte und die, wie Muzaf: ser ed din in einem Begleitschreiben er-« klärte, nach dein Betreten Durch Großsiirstin von keinen anderen Fü ßen entweiht werden sollten. »Auch ich hätte beinahe einen werth« vollen Perser erhalten, schließt Paolt seine Erinnerungen »Der Schal) hatte einen seiner Begleiter angewiesen, mir ben Teppich zu über-senden Jch erin Tncrte den Herrn mehrmals an das IVersprechen deg Schah5. Aber stets kam man mir mit neuen Ausreden )Sogar auf dem Wege von Paris zui deutschen Grenze, bis wohin ich Mu zaffer ed bin begleiten mußte, vertrö stete man mich von Station zu Sta tion auf meinen Teppich. Nahe der Grenze wurde ich ersucht, mit nach Straßburg zu kommen, dort würde ich den Teppich sicher erhalten. Jch glaube, ich hätte bis — Teheran mit teisen können, es wäre nur bei ben Versprechnngen geblieben . . Felix Baumann. — Fremde Feder-. Mit fremden Federn sich zu schmiicken, Das mag ja wohl manchem glücken; Doch damit sich aufzuschwingen, Das dürfte keinem gelingen. Etne selimqene persopemtiou gehört noch immer zu den größten Seltenheitem wenn man aber be denkt, daß Operationen am Herzen früher überhaupt für unmöglich gal ten, so muß man den Muth und die Geschicklichkeit der Aerzte bewun dern, die sich an einen solchen Ein griff wagen und wenigstens zuweilen wirklich die Rettung eines sonst unter allen Umständen verlorenen Lebens erzielen. Einen solchen schönen Er folg konnte Professor Schnitzler der Gesellschaft der Aerzte in Wien vor stellen. Ein Mann war eines Tages, scheinbar in bereits sterbendem Zu stande, mit einem selbst zugefügten Stich in der Brust in ein Kranken haus eingeliefert worden. Die Wun de befand sich dicht an der linken Brustwarze, war einen Zoll lang und bluteie start. Der Puls in der Hauptschlagader des Handgelenks war unsühlbar. Da es sich sichtlich um einen sonst hoffnungslosen Fall handelte, schritt der Arzt mit der größten Eile zur Operation. Der Be fund war derart, daß er nicht viel Aussicht aus einen erfolgreichen Ein griff eroffnete· Nicht nur der Verz beutel war durchstochen, sondern die Wunde reichte durch die ganze Dicke in die rechte Herztammer hinein. Trotzdem machte sich»der Arzt daran, die Herzwunde mit Seidenfäden zu vernähen, was äußerst schwierig war, da das Herz bei der Berührung hef tige Bewegungen ausführte. Dann wurde auch der Herzbeutel vernähi. Wie zu erwarten gewesen war, traten schlimme Folgen ein, namentlich in folge einer Entzündung der rechten Lunge, die wieder noch mehrere Ein grifse und schließlich sogar die Her ausnahme von zwei Rippen nothwen dig machte. Dennoch wurde der Mann vollständig wieder geheilt. Professor Schnitzler hatte früher schon zweimal ähnliche Operationen ausge führt, aber ein günstiges Ergebniß nicht erzielen können. Muthes Wasser-. Jedermann weiß, daß das lange. schmale Meer zwischen Arabien und Afrita das ,,Rothe« Meer heißt. Die große Mehrzahl der 200,000 bis 800, 000 Reisenbem die alljährlich diesen Weg nack- Ostindien und Ostasien zu rückleaen, wird aber diese Bezeichnung sur ganz unbegriindet erklären. Nichts destoweniger ereignet es sich bei ganz stillem Wetter. daß große Strecken die-« fes Meer mit einer röthlichen oder gelblichen Farbenschicht überzogen werden, so daß man den Eindruck hat, als fahre has Schiff durch Blut. Wer diesen eigenartigen Anblick einmal ge babt hat, vergißt ihn so leicht nicht wieder. Dicht an der Küste, nament lich in den geschützten Buchten, ist die rötliche Farbe ganz allgemein. Diese seltsame Erscheinung rührt von einer mikroskopischen Alge her, die im Was ser oft in ungeheuren Mengen vor iommt, vielfach in aufgelöstem oder schon verfaultem Zustande. Auch an der indischen Küste hat man diese Rot färbung schon beobachtet, und ebenso vor einigen Jahren an einem ganz ent gegengesetzten Punkt der Erde, nämlich bei Rhode Island in Nordamerika. Die Algen traten dort in solchen Men-« gen auf,· daß das Wasser undurchsichtig wurde, und die verfaulten Pflanzen mengen verbreiteten einen widerlichen Geruch, während zugleich viele Fische abstarben, eine Erscheinung, die auch Ein Rothen Meere schon öftere- beobach tet wurde. ——-— - y Geblendet Ali- Graf Zeppelin in Berlin feinen Besuch abstattete, waren die Berliner von ihm geblendet, im übertragenen Sinn des Wortes und leider auch im buchstäblichen. Der 29. August, der Tag Jer Ankunft des ZeppelinsLufb schiffs in Berlin, war wunderschön; bei hellem Sonnenscheine und wollen freiem Himmel wurde der Lentballon von aller Welt stundenlang, zumeift auf hohen Dächern stehend, erwartet, und ungefähr zwei Stunden lang be obachteten die Berliner bei grellem Sonnenschein die Bewegungen des Luftlchisfes. Das hat nun namentlich bei Frauen und Kindern zu Blen dungserscheinungen geführt. Nament lich scheint daran, wie die ,,Berliner tlin.Wochenschrift« aussiihrt, die grelle Lichtquelle schuld zu sein, die der vom Sonnenlicht bestrahlte mächtige Schifsstörper bildete. Bei Kindern traten noch mehrere Tage nach dem Ereigniß anfallsweise Schmerzen in zden Augen auf, andere sahen längere Zeit alle Gegenstände roth. Und fo. mußte mancher infolge zu vielen Aus schauenö nach dem Zeppelin ins Dunkle gebracht werden, um den über-inge sttengten Augen Ruhe zu gewähren.