Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 06, 1910, Zweiter Theil, Image 10

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    Wandlungen «
Boman von Grilm Jliedberw
(4. IorisetznnU
Siebentei Kapitel.
«Siehst du! Wer hatte denn wie
der rechts Ganz unniih all die Auf
regung, ganz überflüssig das lange
Diiputirerk Dem Jungen fehlt nichts,
nur ein bißchen Ohren-schmerz. Ader
das mußte dir erst der Herr Sant
tätsrath bescheinigen, dein gesunden
Menschenverstand deines Mannes
traust du nicht« Roddin stand de
reits in iadellosester Gesellschaftstoi
lette in dem Antleidezimtner seiner
Frau. Vor ihm lag ein Berg von
Schmucketuis, die er auf ihren Inhalt
hin prüftr.
Der Friseur, der Eugeniens wun
dervolle schwarze Haarwellen zu einer
txt-streichen und doch anscheinend so
einfachen Krone geordnet, hatte sieh
eben empfohlen, mit einem stummen,
huldigenden Blick, der halb seinem
Machst-etc galt und halb der reizenden
Trägerin dieser aparteften und nur
mit fo seltenem Material, wie es ihm
hier zu Gebote stand, aussähebaten
Frisur.
Eugenie warf den Frisierrnantel
von den Schultern, und Rvddins Au
Ien fuhren rnit verzehrendem Triumph
an der königlichen Gestalt auf und
nieder.
Milchloeißer Atlas mnrieselte sie·
Die Schleppe und die schmale Vorder
bahn aus goldgefticktem weihen Sara
widerlichen der Toilette wahrhaft
siitstliche Pracht.
Müden Sie « die Brillantagraffe,»
die den Federn-ff im Haar hält, et
was weiter nach vorn Faan befahl
er der Jungfer. »Ach nageschickte Ver-i
spu. Spi« Er schob das Mädchen bei-;
seite nnd befestigte selbst schnell nndi
sicher das Schmnckstiicb
Dann nahm er aus einem Etui
ein mindert-alles Brillanttollier und
der sich in schneeiger Weiße aus deml
von weißen Straußensedern umwinde
ten Ausschnitt ihrer Taille hob.
«Fertig! Legen Sie nun vorsichtig
den Pelzniantei um. Bitte, Eugenie,
der Wagen wartet seit einer halben
Stunde.«
»Noch einen Augenblicks« Sie rassteI
die Schieppe zusammen und eilte hin
aus«
Lautloi schlüpfte sie durch die Kot-;
ridortihiis in die Kinderstube— da lag
er in seinem Bettchen Das Gesichtchen
guckte roth und sieberisch aus den mei-i
Kompressem unwirsch drehte er
n Kopf hin und her, aber dieSchrner
sen schienen doch etwas gelindert durch
die kühlen Umschliigr.
Jest hatte er die Mutter erblickt.
Entzückt blinzelte er zu der schim
mernden Erscheinung aus und streckte
ihr die Uerrnchen entgegen.
«Mitterchen ist schön! Mütterchen
soll die alten nassen Dinger wegneh
men. Mütterchen soll hier bleiben bei
Mschench bettelte er. Eugeniens
setz trampste sich zusammen. Unbe
iiismrnert um ihr tostbares Kostiim
sank fiev r dem Bettchen in die Knie
und ums lang das Kind.
»Wie gern, wie vieltausendmal lie
ber biiebe ich bei dir, mein Liebling!
Aber sieh, es geht nicht. Für ein paar
Stunden muß Mütterchen fort, dann
aber kommt sie wieder und bleibt bei
die, innner, immerzu. Nun weine
nicht, mein einziges Herz. Doris
bleibt bei dir, Doriö wird sehr lieb zu
dir sein und dir viele schöne Geschick
ten erzählen, nicht wahrt« Sie tußte
thörlich die kleinen hände und
M mit Thriinen in das enttäuschte
W
»Er-genie, bist du bei Sinnen? Was
soll diese Komödie?« Zorntoth stand
didin in der geöffneten Thür.
Sie erhob sich sofort, aber völlig
ruhig.
»Ich samme. Sie werden gui acht
seben, Dorisl Jch verlasse mich ganz
suf Sie. Adieu, mein Liebling!« —
Und eine halbe Stunde später
stand Eugenie in dem lichidurchflu
theten Festfaab Mit einem leisen
Minnen der Bewunderung fah man
der strahienden Erscheinung nach. Die
ren überstiirzien sich fast, in ihre
he zu kommen, ihre Tanzkarte zu
MEer ja, felbst die Frauen er
stunken ihr neidlos die Palme des
W du«
- "Vet Festgeber haiie seinen stolzen
W so tief vor ihr gebeugt als
Muse er eine Fürstin, und rnit
M stammenden Blick der Huldi
Ins sugesliifiern
»Ih« meine gnädigfie Frau, wir
wes »so-. die Sonne würde
s» sieht aufstehen über uns Un-:
W«
« III Mir lächelte, hier freund
G M me knoc- nachme
" » und dieses Lächeln wieder
II Wi, alle diese Menschen,
« fah-, wie leer und theil
I
i
nabmslos die Augen dieser Frau über
sie binwegblickten
Plöslich aber nahmen sie ein war
mes, freudiges Leuchten an. Sie hat
ten in dem bunten, durcheinanderwos
genden Gewühl zwei hobe, schlanke
Gestalten erblickt —- Robert und Erna
Waltropp. Er in der Uniform eines
Dauptmanns der Artillerie, feine
Schwester in einem blaßblauen Sei
dentleide.
Jeht war auch sie von ihnen be
mertt worden. Sie grüßten herüber,
und Erna bob leicht den Fächer. Aber
durchzudringen zueinander war vor
läufig noch nicht möglich.
Da wurde sie auch schon wieder
von anderer Seite in Anspruch ge
nommen. Nur mechanisch gab sie
Antwort und war gerade dabei, der
kleinen. etwas bausbackenen Frau
von M. Austunst über ibre ausge
zeichnete Köchin zu ertbeilen, die so
vorzügliche Diners herstellte, daß ihr
Mann stets in hellster Begeisterung
nach hause lomme, als sie die llare
Stimme Ernas plöhlich neben sich
hörte:
»,Aber mein Schatz es ist ja leich
jier durch die Mauer einer feindlichen
ZFesiung zu dringen als diesen dicht
gedrungten Kreis deiner Basallen
Izu durchbrechen. hier« mein Lieb
»chen, dieser große Mensch sehnt sich,
Ldir feine allerdevoteste Huldigung zu
sFüßen zu legen.« Scherzbaft drängte
sie ihren Bruder vor Eugenir.
- »Wie ich mich freue! Erna, du
Gute, Treue! Und Sie, Robert.
jSie sind fest wieder bkr und Haupt
mann? So früh, so jung? Nehmen
Sie tausend Glückwünsche." Etwas
zaghast lächelte sie ibn an.
»Als hauptmann zurückversesi in
mein altes Regiment, wohnbaft bei
Mutter nnd Schwester!' meldete Erna
lachend den militarischen Ton nach
abmend.
»Wie mich das sreut1" wieder-»
holte Cugenie träumerisch, «ihr drei
wieder zusammen, ihr glücklichen
Menschen« ihr guten Menschen«
»Ja, Kindchem ganz unoernünstig
vergnügt find wir auch darüber. Un
ser Muttchen löst sich noch ganz auf
in Anbetung für ihren großen Schlin
geL Sie versieht ihn, es ist schon gar
nicht mehr schön.«
»Modei du ihr wacker assistirft,
wenn nicht gar sie übertrifft, mein
Schwesterlein,« unterbrach sie Robert
lachend, und dann mit einem forschen
den Blick in Eugeniens Gesicht:
»Und Sie, Eugenie? Wie ist es
Jhnen ergangen? Wissen Sie wohl,
daß es heute genau fünf Jahre find,
seit wir uns zulest gesehen?"
J »beme? Mein Gott, so wäre
heute —« sie ftockte, »so wäre heute
mein hochzeitstagi Ja, ja, gewiß
—- ich hatte das ganz vergessen. Der
Kleine ist nämlich nicht wohl, ich war
in großer Sorge —- und schließlich
dieses Fest. Ja, es sind heute fünf
Jahre·« Sie sah verwirrt, mit einer
leichten, oerlegenen Röthe auf den
Wangen, zu Robert auf.
»Und so lange haben wir uns nicht
gesehen! Sie sind unverändert, Ro
bert, nur etwas ernster, etwas finster
beinahe kommen mir Jhre Augen vor.
Sie waren immer zufrieden und glück
lich? Sie haben erreicht, was Sie
wolltens Aber was frage ich. Stän
den Sie sonst so vor mir, so ganz ein
Mann: das tann ich, das bin ich! Ge
wiß, Sie müssen glücklich sein.«
«,Zn meinem Beruf habe ich aller-»
dings erreicht, was ich wollte, frühen
vielleicht, als ich in meinem Ehrgeiz.
hoffen durfte —- für mein Glück aber;
doch zu spöt. Ob ich immer zufrieden!
war, fragen Sie — nicht immer, nein. j
wahrlich nicht immer. Ader dieses
hier« — er faßte Ernas Hand —;
»und das Muttchen und die Arbeit,1
diese Erlöserin von allem Trübsinn
gegen das Trio lommt leine Unzu
sriedenheit dauernd auf.«
Sie waren während des Ge
fprächs langsam aus dem ärgsten
Gewiihl in ein kleines Nebenzimmer
gelangt. Eugenie ließ sieh ermüdet
zu einem von Blattpflanzen übersehe-t
teten Sessel geleiten, und Erna zog
sich ein Taburett heran, während Ro
bert vor den beiden stehen blieb.
«Wir sprechen immer von mir, Eu
genie,« sagte er, »und das ift ja fo
gleichgültig. Von Jhnen möchte ich
hören, aus ihrem eigenen Munde hö
ren, daß die Wünsche fiir Jhr Glück,
die ich Ihnen vor fünf Jahren mit
gab in Jhre neue Zukunft, sich erfüllt
shaben. Sie sagten vorhin daß« —
er athmete eine Sekunde tiefer —
s daß der Kleine nicht wohl sei. —
Sie haben ein Kind —- Sie sind also
glücklichi«
k Eugenie erbebte. Ihre eben noch
Efo weieh nnd lieblich geöffneten Lip
Jspen paßten sich zusammen, und der
schweifende kühle Zug trat wieder
Diesem Manne, der mit seinen
klaren Augen bis auf den Grund ih
rer Seele drang, kennte stem- eine
Welt nicht einen Einblick in die
Schmach ihrer Existenz zeilattet
Mochte er denn die Me. die g
spielte. iiir wahr nehmen. mochte
halten fin das, was sie bier dsan
stellen hatte, eine eitle, aberslächliche
Frau. die volles Genügen «·sand legt
gesellschaftlichen Erfolgen und böchhr
EleW .
«Qu«a«len Sie mich nicht, Robert.
Sprechen Sie überhaupt nicht von
mir. Was fragen Sie aschi —- Sei
ben Sie doch nur meine Toilette, diese
Steine um meinen Hals, sehen Sie
mein haus. meine Dienerschast, meine
Equipage —- und fragen Sie noch, ob
»ich glücklich bin.«
» Sie lachte auf und preßte das Tuch
an die Lippen. Sie ahnte nicht, wel
che Stümperin sie diesen beiden Men
schen gegenüber in der Anstellungs
lunst war, wie sie mit jedem Wort ihr
Elend verrietb.
Die Geschwisier wechselt-n eineni
traurige-i Blick, und ein tieser SeuH
zer hob Robertö Brust. Dafiik also
hatte er das Opfer gebracht, dasiir
alles schweigen heißen, was in seinem
Herzen aufschrie gegen diese Verbin
dung. Sie brauchte ihm nichts zu sa
gen, et brauchte auch nichts mehr zu
fragen; so deutlich toie in einem Buch
las er in diesen vertrauten Zügen.
Schön war sie geworden, märchen
hast schön — aber ibm wurde weh zu
mutbe bei ihrem Anblick.
»Nun sage rnir aber mal, du kleine
Rabenrnutter. was ist mit deinem
Buben? Jst er denn wirllich traniitu
Erna legte ihre schlanke, tiihle hand
aus die zuckenden Finger Eugeniens.
Wie ost hatte sie sriiher durch diese
beruhigende Bewegung einen Sturm
bei der Freundin beschworen.
»Kannst du dir denken, Robert, daß
ich den Jungen erst ein einziges Mal
gesehen habe? Ein süßer, blondlocki
ger Wicht ist er, mit den blauen Au
gen der Martia, sonst aber —- weißt
du, Eugenie, das habe ich dir auch
noch nicht sagen können, er gleicht ge
radezu frappirend dem Bilde deines
Vaters. Sieh mich nur erstaunt an.
hast du das noch nicht gesunden?«
uNein. wirtlich nicht« Ertra. Woh!
fah nrich etwas Vertrautes, längii
Brianntes aus dein Gesichtchen an.
aber an das Bitd dachte ich nicht«
Doch du hast recht, das wellige.
blonde haar, Nase und Mund. der
ganze Ausdruck ist wie aus des Ba
ters Bild.«
Die junge Frau war jetzt froh er
regt. Jhre Augen glänzten, und ihre
Lippen lächelten.
Erns, die Kluge, hatte ihren
Zweck erreicht, sie hatte ihr gehol
sen, deu unnatürlichen Zwang ab
zuschiittelm nun saß da wieder die
alte Eugenie aus ihrer Mädchenzeit,
die so lieblich lachen und plandern
lonnte in dein traulichen Heim in
der Prinzenstraßr.
»Ja der nächsten Zeit werde ich
Sie aussuchen, Eugenie. Sie dür
sen die Meinen nicht mehr io der
nachliissigen wie bisher. Mama ist
ganz traurig darüber.«
»Ich auch, Robert, das glauben
Sie mir. Vernachlässigung ist das
wahrlich nicht, und ich weiß auch
noch nicht, ob es in Zutunst anders
werden kann-" Mit einem Male siel
ihr wieder bleischwer ihres Mannes
Verbot und sein Mißtrauen aus die
Seele. .
»Das wollen wir aber doch sehr
hossen! Oder wärest du lleine Jn
trigantin, irn Stande und ließest dich
verleugnen, wenn der neugebaaene
herr Hauptmann an deine Thür
tlopstk
urna sprach imerzencz over in
ihrem Blick lag Ernst und Span
nung.
Eugenie errötheie. In sichtlicher
Verlegenheit machte sie sich an ihrem
Fächer zu schaffen. »Verleugnen ge
wiß nicht. Du weißt, Liebste, neben
allen Talenten fehlt mir auch das zur
Lüge —-— leider möchte ich sagen.«
»Sage, wie dir alles Unreine,
häßliche fremd ist. so auch die Lüge,
diese Waffe ver Feigen und Heuchler.«
Erna sah mit Rührunq aus die
Freundin, die zu schühen sie sich be
rusen gefühlt hatte. »Nein, lügen
konntest du nie, du Kind du, du rei
nes Kind.«
Eugenie drückte ihr dankbar die
hand, dann sagte sie lächelnd:
s «Sag mal, du Großmiitterchen,
Twieviel älter bist du denn eigentlich
I alt ich?«
»Ein ganzes Jahr, du Kiesindies
welt.«
»Ein Jahr nur und hast mich von
jeher bemuttert und bist vor allem
nie irre an mir geworden, hast nie
m Vertrauen zu mär verloren, auch
in den le ten Jahren nicht, wo icksi
nicht ver nt habe.«
«Jq, siehst du, daran sind meine
Vaters-gen schritt-, die sehen mitten
durch Seide und Sammet in das
goldene Vers hinein, die lesen da
rin nnd in den träumerischen Augen
die Langweile an all den-. leeren
Treiben hier« die sehen die versteckte
Sehnsucht nach einem Pisuderstiinds
Uhr- mit den einfachen Menschen in
i
der Prinzenstraße, der mag so gern
folgt. wenn -——«·
»Stift. Liebste. sehe Wenn heute.
sit Dosen einmal denken« es gäbe
überhaupt kein Wenn sub Aber in
der Welt. Mit wächst det Matt-.
ich glaube, ich bringe es fertig, euch
nächstens einen Besuch zu machen,
und sollte such —'
»Am mein lieber Den Baue-oth,
hier finden Sie Jhee Frau Gemah
lin."
Der Präsident stand aus der
Schwelle des kleinen Nebenzimmeri
und ries diese Worte dem hinter ihrn
folgenden Raddin zu. Dann näherte
er sich den drei Entdeckten und sagte
in seiner liebenswürdigen Ueber
fchivenglichteit, die er leicht im Ver
lehr mit schönen Frauen annahm:
»Aber, meine Gnädigste. eine solche
Grausamkeit! Jm Festsaal herrscht
Theile Verzweislung. Alle Ihre Tänzer
sind im Begriff, Selbstrnord zu det
iiben. Warum entziehen Sie sich uns
so konsequent? Und auch Sie, meine
Herrschaften Herr Hauptmann, die
jungen Damen werden Thriinen ver
gießen —- der slotteste Tänzer umha
tig in einem Schtnollivintel!«
Eugenie war leicht erbiaßt
Mit einem Schlage war ihre über
miithige, lleine Amomdluna verflo
gen, sie hörte ihre Ketten wieder klir
ren.
Gezwungen lächelte sie dem Prä
sidenten zu. dankbar-für sein liebens
würdiges Geplauder. das ihr Zeit gab,
sich genugsam zu fassen, um ntit mög
lichster Ruhe den sinsier drohenden
Augen ihres Gatten zu begegnen.
»Ich bitte, meine Herrschaften. ge
hen wirs« drängte der Präsident
«Verehrteste Künstlerim welche Gete
aenheit zu Studien lassen Sie sich
entgehen! Gnödigste Frau, dars ich
die Ehre haben?«
»Verzeihung, ErzellenzS Ich sehe,
meine Frau ist ungeioishnlich ermüdet.
Eine Unpaßlichleit, welche unser Er
scheinen hier schon heute sriih in Frage
stellte. scheint wiederzulehren Jch
muß daher leider bitten, Erzellenz
möchten gestatten, daß wir uns schon
seht zurückziehen«
»Vor dem Sonder? Aber, mein
bester Baurath, in der ganzen Resi
denz wird mein Fest morgen als
total mißgliictt verschrieen werden.
Das thun Sie mir nicht an, schönste
Fraul«
«Mein Mann hat recht. Erzellenz
Jch siihle mich in der That nicht wohl.
Jch werde Exzellenz sehr dankbar sein, ;
wenn mir Urlaub bewilligt iviirde",i
lächelte Eugenie mit blassen Lippen.
»Aber geroisz. wenn es so steht.
Ich bin doch tein Barbar Aller
dings rnit blutendern Herzen —- ge
statten Sie wenigsten-, daß ich Siei
zur Garderobe sühre.« l
Er reichte Eugenie den »Am
Sie wandte sich um und drückte(
fliichtig mit niedergeschlagenen Augen
den Grschtoistern die Hand: stt
DIhl!« i
Unzusehen wagte sie die beideni
nicht mehr. Grenzenlob beschämt undl
gedetnüthigt kam sie sich vor «
«pehiit dich Gott, Eugeniei Aus
Wirdrrsehen!" hörte sie Ernas ru
hige Stimme, dann führte der Prä
sident sie sort, und Naddin folgte ih
nen nach einer stummen Verbeugung
gegen die Zurückbleibenden durch den
Saal in die Garderobr. -
Achtes Kapitel.
Stumm saßen die Gatten sich im
Wagen gegenüber. Stumm stiegen sie
die Treppen hinan.
Eugenieng Herz tlopste in hangen
Schlägen. Sie tannte dieses Schwei
gen ihres Mannes, es war die Stille
vor dem Sturm.
Und was hatte sie gethan? Worin
bestand ihr Verbrechen? Sie hatte rnit
ein paar alten Freunden isiir turze
Minuten ihr Elend vergessen· Wie
würde sie das zu büßen haben?
Die Jungfer hatte ihr den Mante!
abgenommen und stand noch, des wei
teren Befehle ihrer Herrin gewärtig;
ein turzea »Gehen Sies« Roddins
scheuchte sie hinweg.
Eugenie schickte sich an, ihr zu tat
gen, da fühlte sie ihren Arm mit rau
hem Griss gepackt.
«Wohin?« Fast nntenntlich stand
ihr Mann vor ihr. Die Farbe tarn
und ging in jähe-n Wechsel aus seinen
entstellten Zügen, seine Brust arbeitete
wie unter einer tchtveren Last.
«Wohin?« wiederholte er heiser.
»Mich umtleiden und nach dem
Knaben sehen.«
Eugenieni Stimme zitterte, aber
noch gelang es ihr» ruhig zu ant
worten. z
»Zuvor möchte ich mir aller-gehor
samst eine Frage erlauben, du Auge-,
unschuldiges Täudchen du. Es hat
nämlich Interesse site mich, zu erfah
ren. seit wann dein edler Ritter, dieser
hungrige Leutnant, wieder hier ist«
und seit wann du davon unterrichtet
distk
»Zum-r möchte ich dich bitten, mei
nen Arm loszulatsen Man packt used
schüttelt eine Dante nicht so brutat.
Seit wann der Hauptmann Walter
nieder hier ist, fragst dui Das er
sihrst du wohl am sichersten aus dem
...
MIMRFIIIIDIIM
Ists-.
assan
I
S h e m a l i Te k K a i f ie r e r Cde r wegen tlaterfchlagung kiptek großen
Sumnkc eine Gefangnisstmfe verbükztek «Wie schlecht ich doch txt-me Freunde
beut-mit habe! Ach dachte, keiner von ihnen würde mich mehr· qntßejt nnd an
Lehenz da stehen sogar zwei vor dem Gefängnis und wollen much gletch ausnim
! Heul«
Bezirlstommando. Seit wann ich
davon wußte? Seit einer Stunde
etwa. Kurz vorher, ehe du mich wie
ein Schultind oder wie eine Verbreche
rin davonschleppteit. hatten mir uns
im Gewühl gefunden und in das freie
Nebenzimmer zum-gezogen
,.Wie dir in deiner Vertheidigunas
rede so unbewußt die richtigen Aus
drücke über die Lippen laufen! Wie
ein Schultind haft du dich betragen,
indem du mit diesen beiden Menschen
aus dem Saal liefest und dich in ei
nem Winkel oerlrochst. llnd wie eine
Verbrecherin hast du mich hintergan
gen —- Hahahal Du wirst mich doch
nicht fiir so naiv holten, daß ich dies
Märchen von dem zufälligen Finden
im Gewühl glauben solltet —- Ant
worte jeßt!'« schrie er sie an. »Seit
wann mußtest du von dem Hiersein
deines Galans?«
Wage deine Worte! Du sprichst
nicht mit einer Etraßendirne Auf
deine Frage habe ich dir bereits ge
antwortet. Glaubst du es mir jetzt
nicht, so wirft du es auch bei zwei
und dreimoliger Wiederholung nicht
thun. Jetzt las mich los. Jch will
zu meinem Kinde.«
»Nicht vom Flectl Hier bleibst du
und stehst mir Rede. Hat diese Schlei
cherin, diese sogenannte Malerin,
Briefe zwischen euch beiorat? Ihr habt
euch gesehen, euch getroffen hinter mei
nem Rücken? Rede — oder ich der
gesse, daß du ein Weib bist.«
»Das hast du längst vergessen! Und
nichts tönnte mich zwingen, deine
wahnsinniaen Beschimpfunaen anzuhö
ren; aber du bist unzurechnunasfiihig.
du thust mir leid in deiner sinnloien
Wut-h· So höre mein leßtes Wort zu
meiner Vertheidiaung und glaube mir
oder glaube mir nicht. Nie habe ich
seit meiner Verheirathung eine Zeile
mit den Waltroops gewechselt, nie
habe ich Ernas Bruder bis zum heuti
gen Tage wiedergesehen Daß dieses
Wieder-sehen ein zufälliges, von mir
nicht herbeigefiihrtes war, dafiir sollte
dir meine Weigerung, diesen Ball zu
besuchen, die beste Bürgschaft sein."
»Du glaubst wirklich, daß ich diese
Weigerung fiir ernst nehmen soll?
Ebenso ernst wobl wie die ganze Ko
"mödie in der Kinderstube. mit dem so
;dlößlich erkor-en Jungen? Wie?
»Die Anforderu gen, die dzrn deines
’Gutten Leichtglöubigteit
llst sind
etwas groß. du Hoheprieiterin der
Mutterliebe!«
«Sch-tr-eig!" Eugenie stieß es fast
teuchend heraus.
»Zerre meine Frauenehre in den
Schmut, du thust dir ielbft den größ
ten Schaden an deiner Seele damit —
mein Kind aber und meine Mutterliebe
laß mir rein. Daran riihre mir nicht,!
auch nur mit einem Gedanien deiners
schmußigem vergifteten Phantasie.« «
»Mein Kind! Meine Frauenehrel
Vergifieie Phantasie!« höhnte Roddin
ibr nach. Wie hochdrumatifcks du da
stehsiL Sollte man es glauben, naß
dieser Mund, der fo lieblich, einfältig
zu lächeln verfiehi, mit so imponiren
den Worten um sich werfen kanns-» Du
denkst wohl gar, mich zu verbiiiffenS
Du meinst, wenn du mir mii dem
Jungen kornme müßte ich zu Kreuze
krieg-en und reuig meine Ungerechtig
ieiien abbiiten2 Weit gefchiiL Was
sinnst du immer auf das Biid? Sieh
mich an!« herrschte er ihr zu·
Eugenie lehnte an ihrem Schreib
tisch, aus welchem auf einer Staffelei
ein reize des Porträt des Knaben
stand. Sie hatte es ersl lürzlich von
einein jungen Künstler anfertigen las
sen. Jehl hingen ihre Augen wie ge
bannt daran, als müsse sie aus den
lindlichen Zügen Kraft und Geduld
schöpfen, diese ichmnchvalle Stunde zu
ertragen,
Und wenn es ihr noch einmal ge
lang?
Was war damit erreicht? Mußte
sie nach nicht, wie unaustilgbar das
Mißtrauen ihres Mannes war? Daß
diese Stürme wiederkehren würden,
immer wieder? Wußte sie noch nicht,
daß ihr nichts übrig blieb, als zu
schweigen und zu dulden wie bisherlt
Lag nicht schon lange alle Optimum
hinter ihr Wie mühevoll arbeitete sie
daran, den Tag in möglichstem Frie
den zü Ende zu bringen« und war ein
mal einer vorübergegangen ohne auf
regende Szene, so schien ihr das ein
großer Gewinn.
Wie lange aber konnte man ein sol
ches Leben ertrageni Hielt ihre Kraft
noch bor? Auch die Kraft, die sie aus
dem Dasein ihres Kindes schöpstef
Eine unbezwingliche Müdigkeit be
mächtigte sich ihrer mehr und mehr.
Sie wollte ein Ende machen mit die
sem nuhlosen Kampf. sie wollte schla
fen —- wenn es ging. «
Sich abwendend, fühlte sie blöd
lich den heißen Athem ihres Mannes
über ihre entblößte Schulter weben.
Mit Schreiten sah sie, wie dunkel
gerdthet sein Gesicht war, und wie
stier seine cZlugen blickten.
»Was ftarrst sdu denn immerfort
auf das Bildt Antworten sollst du
mir. hörft du, antioorten!«
»Waran willst du Antwort? Noch
einmal aus deine sinnlosen Beschol
digungen? Jch gab sie schon. Ver
lange nicht, daß ich mich nochmals so
erniedrige. Jch bin es müde. deinen
ungliiiibigen Ohren zu predigen.'«
»Und ich, mich von dir düpiren
zu lassen. Sieh mich anl« Er legte
den Arm um ihre Taille und suchte
ihr Gesicht sich zuzuwenden.
»Und Auge in Augen versuche zu
leugnen —« er verstummte.
Ein Blick hatte ihn getroffen, der
selbst durch den Nebel seiner Wuth
drang und ihn momentan wenig
stens zur Besinnung brachte.
»Du glaubst ja selbst nicht an eine
einzige deiner Beschuldigungen. Du
haust nur blindlings um dich, gleich
viel, ob du aus Wahres oder Unwah
res trissst. Nun gib den Weg frei!
Jch wia hinab-!
Sie rückte vor die Staffelei aus dem
Schreibtiich eine schlanke Vase, in der
ein paar srische Maiblumen und Veil
chen dusteten.
»Mein alles dul« slüsterte sie leise
iend glitt mit der Hand schmeichelnd
über dat- Bild. Da fiel ei wie ein
Schlag auf diese ausgestreckle hand.
Mit einem abscheulichen Hohngp
lächter griff Roddin nach dem Bilde,
und ehe Eugenie, die entsth zurück
gewichen war, seine Absicht begriffen,
hatte er es in die lodernden Flammen
des Kantins geworsen.
»Dein alles? Da ist dein alles!
Dieler blondgeloelte Cherub!«
Eugenie stürzte vorwärts mit aus
gestreckten höndem als könne sie noch
in die Flammen greifen —- zu spät!
Die Leinwand lriimmte sieh bereits,
rollte sich auf im Feuer, war im Nu
verzehrt.
Mit dumpfen Stöhnen sank sie
vor dem Kamin in die Knie
Als habe man etwas Lebendiges
vor ihren Augen in die Gluth gewor
fen, ein so entsetzlicheö, schmerzliches
Grauen erschütterte ihr herz.
(Fortsetung folgt.)
Hörst du jemand sich bele en, du
specichest immer nur von dir, o frage
dich, III du ihm vielleicht nicht genug
Gelegenheit gegeben, von sich selber zu
sprechen.
- si- 0 e
» Kongteßabgeokdnetet hobson will
qutch eine tiesige Flotte das Gleichge
fwicht auf dem Meere herstellen. Nol
-wendiget scheint es jedoch, daß Hei-"
ifpeibson sein eigenes Gleichgewicht her
fe li.
, s- it i
. Vier Geistestranle in Morris
Plains verschafsten sich eine Säge,
durchschnitten die Gitterstäbe vor dem
Fenster und enttamem sie waren os
fenbar nicht so geistestrant wie die
Verwalter der Anstalt glauben.
f I i
Ein merkwürdiger Zug unseres
Untersuchungizeitnlters ist der, daß
die Untersuchungen sich so ost aus
Dinge beziehen, vie die Spahen von
den Dächern pseisen.
i ·- - i
Das ist so Brauch in dieser Welt
Jm schnöden Kampf um Sein
Wer selbst sich über Wasser hält
Tunlt gern die andern ein·
— sc i ·
Dr. Wiley sagt, es sei ein Verbre
chen sich zu erliilten. Na, schließlich,
zinsGesängnis tnnn p- v einen deshalb
doch nicht stecken