cHeimweh Roman von Rheinhold Ortmann (14. Fortsetzung Quö einem neben ihr liegenden Um islag hatte sie die Einlage herausge nommen und reichte sie ihm der. Er entfalteteYas mit triyligen ungleich Isäßigen Buchstaben bedeckte Papier, nnd fein Interesse war sogleich ge streckt, als et auf der zweiten Seiee die Unterschrift las: «hartioig Langsamnter, früher svreauvorsteher bei dein Rechtsan Dalt Doktor Dallwig.« Jkennen Sie den Abiender dieses Schreibens, Fräulein Laufen-« »Nein. Jch irr-h feinen Namen hier sum erstenmal.« Herrnann Artner hielt das Blatt in den Lichtiteis der Lampe nnd las: »Gut-des Fräulein! Obwohl meine Schwäche mir kaum noch gestattet, die Feder zu führen, wende ich mich an Sie mit einer Er öffnung, die dazu dienen soll, im An gesicht des Todes mein Gewissen zu erleichtern Denn ich bin der Mith-: fee eines schändlich-en Betruges, durch; den Sie und Ihre Schwester um Jhr rechtmäßiges väterliche-s Ethik-il ge bracht worden sind. Ein schurtiicher Kaufmann und ein gewisseniofer Rechtsanwakt hatten sich vereinigt« die sen Betrug zu begehen. Jn meinen Händen befinden sich die von jenen-. Rechts-unwa« wissentlich unter-drückten Doturnente. mii deren hilfe Sie jeder-i seit Jst gutes Recht nachweisen tön neIL Und ich bin bereit, sie Ihnenl auszulteterm wenn eie tnir veripre chen, erst nach meinem Tode GebrauchI davon zu machen. Eine andere WI dingung stelle ich nicht, denn ein Ster lsender begt keine hibfiichtigen Wün- I Jchse mehr Aber ich rathe Ihnen drin ! send, sich zu beeilen. damit bie Pa j piere nicht doch vielleicht abermals in die unrechten Hände gelangen. Wenn Sie nicht selbst zu mir tornsnen wol . ken so schicken Sie mir eine Mittels , person rnit ausreichender Vollmacht-« Ich werde dann mündlich alle Auftlä s rungen geben, fiir deren briesliches Fittheilung meine Kräfte nicht aus reichen." Die leiten Zeilen hatte Dermann nur mit Mühe entziffern können. JnI höchster Erregung wandte er sich an das junge Mädchen: .Und dies Außerordentliche iiißt Sie so ruhig? Sie haben nicht dass Verlangen gefühlt, auf sder Stelle zu dein Manne zu eilen, der Jshnen so Kostbares verspricht?« »Nein. Jch bin nicht mehr naiv« und hoffnungsvoll genug, um an sol I che Berueißungen zu glauben, besäße dieser Unbekannte wirklich den Talis- l man, der meines Vaters Ehre wie derherstellen kann. so würde er doch hohl einen andern Weg gewählt ha ben, mich davon in Kenntniß zu seyen« »Wie es denn auch iein mag, je denfalls muß etwas geschehen. Und da Sie nicht selbst zu diesem Fremden gehen dürfen, bitte ich Sie um die Er laubniß, es als Jhr Beoollmiichtigter ZU thull.« H Sie schlug die Augen nieder und erwiderte leise: » » ch danke Ihnen fiir die freund liche Absicht, Herr Doktor — aber ich möchte nicht, daß Sie sich in dieser Weise um mich bemühen« «Wie?« fragte er betroffen. »Sie verbieten es mir? Und mechale »Weil ich-nichts als meinen guten Renten besihe, und weil ich gerade in eneiner Verlassenheit und Armuth da rauf bedacht sein muß, ihn mir zu er Alten« Er sah, wie schwer sie sich diese Er Xlärung abgerungen !;-atte, und- in sei nem heißen Verlangen, ihr beizuste lxen, faßte er ohne lange Ueberlegung einen raschen Entschluß. »Werden Sie aus dieser Zurückwei iung beharren, auch wenn ich Ihnen sage, daß — daß ich verlobt bin"s« Er erschra! über sich selbst sobald er es ausgesprochen Dean eH war ihm. als hätte er erst jetzt den eigent !ich entscheidenden Schritt gethan, reach dem es keine Umke,r mehr gab sub sein Zurück. Nie hatte ihm das Weide und Unmoralische seines Eilöbnisses mit einem ungeliebten LStäbchen so greisbae deutlich vor Au geige gestade als in dein Augenblick, d- er die Thctsache dieses BEIDE-nis iei wie einen unübersieiglichen Schutz III hatte cufrichien wollen zwischen m M Besen, sdem seine Seeie III-I M gehörte KIND-Ist gefallen, und H- sit-W Reue konnte ei W W. M ei qui Mie, offenbarte ihm G eWis alt ihr M Allerdings hoffe sie ja — — W seiden könne-, alt ik is Ivsi miet Wen me. II 54 hatte außerdem den Kopf so weit zur Seite gewendet daß er ihr Gesicht Inur noch im verkennen Profit zu fe Then vermochte. Jhse Stimme aber illang ganz ruhig. alj sie nach einem Meinen Schweigen erwiderte: i »Ich danke Ihnen fiir diese Mit Itheiluna Herr Doktor, aber ich meine, daß Ihnen aus einer Thätigieit in meinem Interesse trofdens Ungelegen heiten erwachsen tönnten. Der Kanfz mann, von dem in Dein Brief die Rede! ist, kann nur der verstorbene Ihm-i ining gewesen fein. Und ich glaub-e gehört zu haben, Faß Sie in freund schaftlichen Beziehungen zu feinctr hause stehen« Ihr Einwand traf ihn wie ein Schlag vor die Stirn. hatte er »denn so ganz alle Uebertegung netloremM ils-en erst durch ihre zartfiishlenden Be denken zum Bewußtsein gebracht wer den mußte, wie Unmögliches er da hatte auf sich nehmen wollen? Nein. solange er Eife- Verlobter war. durfte er in der That nicht hinter ihrem Rü-: cken den Sachverwalter ver beiden Schwestern machen. Das tarn ihm fest mit voller Klarheit zur Erkennt nis, und er zögerte nicht, es auszu sprechen. »Sie baden recht«, tagte er. »Mein Verhältnis zu den Flernniing’fchen Dnmen verbietet mir allerdings-, einen Auftrag zu übernehmen. wie ich ihn soeben oon Ihnen erbot. Verzeih-en Sie, daf-« ich eg nicht sogleich bedachte! Für meånen Bruder aber giebt es gliicklicherweise derartige Rücksichten nicht. llnd da er teinen fehnlicheren Wunsch haben kann als den, Jhnen zu Jshrem Recht zu verhelfen, wird er mit Freuden als Jhr Beoollmiichtigter morgen zu jenem Langhaiumer ge hen." Auch jetzt noch wollte Eifriede Ein wendungen erheben aber er bestand mit Feftigteit auf feinem Verlangen Und als hertha jetzt das Köpfchen wieder ins Zimmer steckte, fchob er rasch den Brief des ehemaligen Bu reauoorftehers in feine Brufttaiche. Dann, da er von der Fruchtlotigteit alles weiteren Zuredens in Bezug auf den ursprünglichen Zweit feines Be suches überzeugt war, griff er nach seinem Dut. »Sie miissen mir erlauben, morgen wiederzutommen, gfriiulein Lornfen«, iogte er. .Wollen Sie mir einen Be weis Jhres freundschaftlichtn Ver trauens geben, fo verschieben Sie me nigftens bis dahin den Abschluß des Vertrages, der Sie dauernd in Jhrer neuen Stellung verpflichten toll. Viel leicht gelingt es mir innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden doch noch, etwas Passenderes fiir Sie aus findig zu machen." Sie reichte ihm freundlich zum Ab schied die Hand. Ein bestimmtes Ver sprechen aber gab sie ihm nicht. und Herthas betrübte Miene zeigte deut lich, daß sie unter diesen Umständen die Mission des Doktors für gänzlich gescheitert hielt. Sobald er das Zim mer oerlafsen hatte, nat-m Elftiede die Hand ihrer Schwester und faote in ei nem fo-ernften und eindringlichen Ton, daß Hertha ganz befiiirzt zu ihr aufsah: »Ich weiß, daß Du es gut mit mir im Sinne hattest, als Du in Deren Doktor Artner einen Bundesgenossen gegen mich fuchteit. Und ich will Dir darum teine Vorwürfe machen. Aber ich verlange von Dir das feste und un oerbriichliche Versprechen daß Du nie Iioteder etwas Iehnlichei thun wirft Denn er darf künftig nicht mehr mit uns und mit unfern Angelegenheiten zu schaffen haben. Je fettener er seines Befuche wiederholt, desto besser ift est Ifiir ihn --— und für mich.« hertha öffnete die Lippen zu einer raschen Frage. Aber als sie die Au gen ihrer Schwester in Thriinen schwimmen fah, umschlang sie voll lei denschaftlicher Zärtlichkeit Elftiedens schlanken Leib und schwieg. Wie un schuldig und unerfahren auch immer ihre Kinderseele fein mochte, der na türliche Instinkt des Weibes hatte sie doch in diesem Augenblick ahnen las sen, was in dem zuckenden Herzen des geliebten Wesens vorgang. Und sie fühlte zugleich, daß dies Weh zu tief und zu heilig wäre. mn auch nur die leiseste und zartesie Berührung zu er tragen. 17. Kapitel. Wie ein schwarzes, mit zahllose-I glisernden Edelsteinen bestickiei Tuch breitete sich sder sterneniibersäte Win terhinemel über die ersichtlich stille Leu-Ischan als Doktor seiner eine halbe Stunde später durch das Gar ten-Weichen m feines Bruders Lille fW Die dicke Schwebet-h die hier Ihr-sahn nsch dall ihre jusgfräutiche Reinheit nnd Meiste bewahrt hatte, lieh seinen Jus tief einsinien wie in einen weichen Teppich und dämpste den Klang seiner Schritte zu einein leisen Knirschen Er sah vie Fenster des Woher-int tneri erleuchtet und zog daer sit einein Gesiihl der Erleichterung den Schlus, duß er Noli daheim finden würde. Aber wie er nun den Blick noch einmal über das Haus hinglei ten ließ, bevor er den Glockenzug ne ben der Eingangsihiir in Bewegung setzte, gewahrte er zu seiner Ueberra Jselntng qui dein ileinen Alten an der( äSchinalseite der Villa eine dunkles menschliche Gestalt Es war die re-l gungölose Gestalt einer Frau. dies beide Hände auf die ichneebederlte stei nerne Ballonbriiftunj geküßt hatte und mit vorgeneigiem Lveriörper in der haiiung einer Bausch-enden oder Iräurnenden vor sich hinausstarrie in die schweigende Dunkelheit Mit ei nigen raschen Schritten durch den ins cheliiefen Schnee war er unter dem Ballen. »Frau Tuima —- sind Eises« ries er halblaut hinauf. Und er salz, wie sie zusammenschrarl bei dem Klang seiner Stimmr «Ja!'· tan: es zurück lind dann nach einein kurzen Schweigen: »War ien Sie nur enen Augenblick —- ich gehe feinst, Isan zu öffnen-X Sie verschwand uno eine Minute später knirschte der Schlätiel ver Ein gangsthiir. Jir ihrem einfachen dun teln Hauslleid stand Inian vor dem Doktor, ein Löckeln aui den Lippen wie immer, wenn sie ihr ivilllpnnrten hieß. Ader die: Lächeln. dessen Lieb-« reiz ihn sonst stets aufs neue entziickt hatte, täuschte ihn diesmal nicht« Er gewahrte, dzß ihr Männliches Ge fichtchen merllxch Irr-mai geworden war. und er fah auch den lrainpfdsften Zug unter ishr-n Augen. Die dank-, die sie ihm reichte. war brennend heiß, während die zarte liindergeltalt der jungen Frau fröftelno erzitterte «Jch freue knich von Herzen iiber Ihren unverhofften Beinch«, wieder holte fie, während er Hut und Ueber roet ablegte. »Aber wenn Sie get-im cnen find, um Noli zu fRechen, fo ha lsen Sie es schlecht getroffen Er ift nicht zu Hauz.« Sie hatte die Ihjir des winzigen, aber behaglich warnsen Wohnzixnniers geöffnet. und sie traten ein. .Sie find alleini« fragte herniann Eber rnein Bruder wird bald zurück lehren —- nicht wahr? Denn nur, nrn nach ihrn auszufchouem begingen Sie doch wohl die sträfliche Unvarfichtigs teii, sich in so leichter Kleidung auf den Balle-n hinausznwagen.« Sein forschender Blick war ihr oii fenbar unbeaueni. »Mir war ein wenig heiß aeroorden hier vrinnen«. fagte fie hastig. »und ich sehnte Inich nach einem Atheinzug frischer Luft. Aber daß Rolf bald zurücklomrnen wird —- nein, das glaube ich nicht. Diefe Dinners und Gefellfchaften find ja in der Regel erst nach Mitternacht zu Ende.' »Wie? Er ist in einer Gesell fchafti Ohne Sie?« »Aber das ift doch nichts Schlim ines. Jch felbft habe ihn ja nach der Soiree bei den Rodenbergs dringend gebeten, mich liinftig daheim zu lafs fen. Denn ich fühle mich in den bie frgen Verhältnissen boch noch nicht hei tnifch genug. Und ich bin so gern in meinen vier Wänden« .Sie wären gern allein? Nein, Frau Tuirna. das glaube ich Jhnen nimmermehr Denn wenn es sich fo verhielte, müßten Sie entweder un glücklich fein oder trank »Auf wai fin Vermischungen Sie doch tonnnenl" wehrte sie ab. »Nein, ich bin gar nicht unglilitlich Denn ich fehe es vollkommen ein« daß Rolf sich nicht tun meinetwillen den Ver-s vfllchtungen entziehen darf, die feine gefellfchaftliche Stellung ihm aufer legt.« »Es ist also heute nicht das eine Mal, daß er Sie allein läßt? Seine gesellschaftlichen Verpflichtungen ha ben ihn schon öfter dazu gezwungenf » »Was soll er denn thun, wenn von allen Seiten die liebenswürdigsten T Einladungen kommen? Und er hat ja auch so viel Freude daran, nach den langen Entbehtungen. Glauben Sie mir, es würde mich nur eine einzigei Bitte kosten, ucn ihn hier fiir mich zu; behalten. Aber ich müßte das schlech-? teste und ietbltsiichtigste Geschöpf irinJ wenn ich ihn darum bäte.« herniann erwiderte nichts, denn fein Tattgefiihl verbot ihm, die hand lunadweile des Bruders in seiner Ab wesenheit zu mißbilligen oder zu ver dächtigem viBilder er forschte um so aufmerksamer in Tuimai Gesicht Und dann, ehe sie es hatte verhindern können, bemächtigte er sich noch einmal ihrer hand. - «Wissen Sie auch, daß Sie ein re gelrechtei Fieber haben, Frau Schwä gerini Sie werden Ihre Univers-ch tisteit diißen müssen; denn Sie haben ji« ohne allen Zweifel draußen er kaltet« - »Ich nein«, meinte sie kopfschüt telnd. «Vie Keine Unpäßlichkeit ver folgt mich Meer seit einigen Tagen Und ich füdie ini GegentIyeil ineener eine gewisse Kleide-rang tvesn ich mir die iolte Luft urn Ue Schiäfen streichen lassek .Sie sind trank —- nnd man sengt mich nicht einnrai um Inthi Oder hält Nols es siir zweckmäßig einen niederen Arzt zu ionsultirenY » - ·Jch habe ihm nstsirlich gar nie-U den-n gesagt. Weshalb sollte ich ihn denn ohne Noth beunrnhigen —- das geht schon voriiber.« F Sie hustete. und unwiMür!ich fuhr ihre sreie Hand nack: der Brust, wie wenn sie da einen reiiigen Schmerz empiände. Jeßt wurde der junge Arzt ernstlich besorgt und begann sie ein gehend noch den Symptomen ihres ans gedlich so unbedeutenden llnroolilseins zu befragen Anfänglich zwar suchte sie ihm auszuweichenx dann aber konnte sie der-n zu Herzen gehenden Klang innigrr Theilnahme in seinen Worten doch nicht widerstehen Und plöizlich sont sie weinend aus eineni Stuhl, das Gesicht in den Höndens versiegt-end so daß die wirren. viru leln Locken iiber ihre schlonken Finger fielen. Iies erichiittert trat er an ihre Seite und beugte sich liebevoll üben sie heran JES ist, wie ich sehe. noch vie! schlimmer, als ich'- vorhin gefürchtet hobe. Sie sind trant und unaliickiich, Tuimok Und es ist hohe Zeit« für beides das rechte heilmiitei zu finden. Dazu aber miissen Sie vor Allem vol-« les Verirouen hzben zu Ihrem Arzt Können Sie sich nicht entschließen es mir zu schenken?« »Ich satte niemals bietber tommen iotlen". schluchzte .fte. »Ich fiibie. daß iet- bier nicht Leben lann. Und es wird ein io langsameg Sterben sein —- ein io entsetzlich ianatames Sterben.' »Tai-im liebe Tuima ---—— weichen abscheulichen schwarzen Gedxnten ha ben Sie da Herrschaft eingeräumt iiber Jhr GemüthI Wenn das Kli ma Jbrer Gesundheit nicht zuträgiich iit »i- und ich bate von vornherein ge fürchtet, daß es io iein würde — so müssen Sie bis-zum Eintritt der warmen Jahreszeit ein milderes auf suchen. Vom Sterben aber dürfen Sie mir nicht wieder sprechen; denn Sie sollen ja jetzt erst anfangen, sich Jhrez jungen, sonnigen Lebens zu sreuen.« Sie erhob den Kopf und tilgte rasch, in sichtlicher Beschämt-Un die Thriinenspuren von ibretn Gesicht. .Ein milderes Klirna——saaen Sie? Ja, das ist es. was mich gesund kna chen tann. Ach. wenn Sie Noli be wegen tönnten. baß er dazu seine Ein willigung giebt — aus tiefste-n Her zen würde ich anen danken.« »Da er Sie lieb bat. und da Sie kein liebstes Besisthum auf Erden sind, wird er teinen Augenblick zögern, das Zweckmäßige und Notbwendige zu thun. Eine Reise nach Italien bedeu tet ja glücklicherweise tein so gefähr lichee nnd gewaltiges Unterneh men -—«' Mit einer verneinenden Geste siei sie ihm in die Rede. »Nicht nach Italien —— das wäre siir mich nicht-i anderes als eine ver längerte Qual. Wenn Ratt mich lieb bat, muß er mich nach Sarnoa zurück schieien —— in meine schöne, geliebte heimath. Und darum Jtlein dürfen Sie ihn bitten.« «Nach Sarnoa?' wiederholte er be troffen. »Aber bedenten Sie doch,( Liebste Tuima « das wär bei der un geheuren Entfernung ja beinahe gleichbedeutend mit einer dauernden Trennungs« An ihren langen dunkeln Wimpern funtelten tchon wieder krystallene Tropfen. Aber sie hatte sich offenbars vorgenommen, nicht mehr zu weinen.? Und sie weinte nicht« ? »Ja, darum wird er vielleicht nicht etwaigem Das ist es ja, was ich itirchte.« »Und Sie ieldnf cte konnten um in Wahrheit mit einem fo( chen Ge danken vertraut machen? Nein, Frau Tuima, ich tenne Sie befiel-, und ich weiß, daß es Ihnen nicht ernst ifi mit diefem Wunsch.« Da öffneten die schönen« nachtdun teln Augen sich ic weit und groß, wie er fie nie zuvor gesehen Und ei war ihm. als ob er eine fremde Stimme hörte da sie sagte: »Bei meiner Leebe zu Jst-ein« Bru der fchwöre ich Ihnen, daß es mir ernst damit ist. Und wenn Sie es gut meinen mit ihm und mit mir, fo bie ten Ssie Ihren ganzen Einfluß auf, feine Zustimmung zu erlangen - Sa gen Sie ihm daß ich an jedem ande ren Orte der Welt zu Grunde gehen Imiißte —- fagen Sie es ihm als Arzt, denn mir würde et es ja nicht glan ben. Oder er würde einen anderen Beweggrund Dahinter vermuthen als die Ingft am mein Les-ein« Ein heiser Zorn gegen feinen Beu det flammte in hermann Artners Versen anf. Wie graufam mußte er dies sanfte, geduldige, hingebende Oe fchspf mißhandelt haben. um es da hin zu bringe-! Wie schnell nnd wie traurig waren alle die langen se-, fiirchtnngen in Gefäqu gegangen. den Doktor um das Glück des armen jungen Weibes hatte zittern lassen! Er war in tiefiter Seele erregt; aber er nah-m sieh energisch zusammen, uni ee nor Tuirna zu verbergen. .Ml«, sagte er init erztvungener Ruhe, »der Sie es to wünschen liebste Tanne-. werde ich rnit Noli ernsthaft und eindrinnlich darüber reden. lind Sie diirien versichert sein, daß ich ihm meine Befugniß um Ihre Gesundheit nicht verheimlichen werde. Aber auch Sie müssen mir ein Versprechen geben —— due Versprechen, sich nicht wieder so frevelhaft leicktsinnizi einer Gefahr cnkzuieizem wie Sie es an diesem Abend nett-ein Sie geb-en mir Ihre Thand daran ---- nicht wahr-. Frau Scipiotinerin?« j Sie that, was er gefordert hatte; aber sie that es halb mechaniichj alj ob die schon bei ihrer ersten Begegnung ihre Gedanken bei ganz unteren Din-" gen weilten. Dann sprachen sie noch eine lleine Weile von allerlei anderm, das doch in diesem Augenblick sicherlich iiir lei nes von ihnen auch nur das allerge ringfte Interesse hatte. Aber dies nich tige Geplauder gab hermann wenig stens die ersehnte Gelegenheit, durch eine scheinbar beiläufige Jrnge zu er fahren, wo sich Noli an dem heutigen Abend befand. Der Name des Ge nerallonsuls Rinlhardt, dessen Gast er nach Tuinus Milttpeilnng war, klang ibrn nicht fremd. Er war den! Manne wiederholt bei geirllschaftli eben Veranstaltungen im Flennnings schen berufe begegnet. Und während er sich dessen erinnerte, wurde re Ihm gleichzeitig fast zur Gewissheit daß sein Bruder auch heute wieder unter dem Dache jenes gemeinsamen Be kannten smit Elie Flemniing zusam tnengetrossen sei. Bis Zu dem Augenblick, da er den erschütterndrn Schmerzensschrei aus Iuimas herzen vernommen, war sein Glaube an Nolsö Ehrenhaitigteit ein zu fester gewesen« als daß er ihn such nur eines in Gedanken veriibten Ireubrucbs gequ seine Gattin söhia gehaiten Jeyt aber war alles in ihm erschüttert und ins Wanten gerathen. Er erinnerte sich der spöttischen Be merlungen jenes Erichsem der sich be rechtigt geglaubt, Else Flemmingj Namen in eine so rieldeutige Bezie hung zu dem seiner Bruders zu brin gen. Und es war ihm mit einem Male. aks dürfe er keine Minute mehr hier in müßigem Geplauder verlieren, während es galt« in raschem und ener gischem handeln das furchtbare Un heil abzuwehren, das er wie eine schwarze, verderbenschwangere Ge witterwolte iiber dem hause seiner armen jungen Schwäaerin schweben sah. Schneller vielleicht. als sie es er wartet hatte, verabschiedete er sich von Tuima. Und schon nach einer kurzen Viertelstunde hielt die Droschie. in die er sich eilig qetvorserh var dem Rini ikardtschen Hause, dessen glänzend er bellte Fensterslucht ihren verführeri schen Lichtschein weit hinauswars in die stille, verschneite Straße. --45ortseszung soigt.) Vie Sprachen der Menschheit Berühint nlg Sprachenbeherrscher ist del Kardinal Me,zzosanti, der 58 Sprachen verstanden und gesprochen haben soll. An den mündlichen Ge brauch werden wohl nicht immer hohe Ansprüche gestellt worden sein. Jn kessen selbst zugegeben, er hätte sich jene 58 Sprachen vollständig angeeig net, so tam doch erst aus je 15 bis 16 Monate seines siinsundsiebzigjährigen Erdenwallens eine neue Sprache, oder höchstens aus jedes Jahr, wenn wir, um eine glatte Rechnung zu erzielen, die weniger ergiedige Jugendzeit ab streichen. Wie lange müßte nun der llardinal gelebt haben. unt alle aus zählbaren Sprachen des Menschenge schlecht- zu erlernen? Wir haben einen lleberschlag gemacht und sinden, daß» er, der im Jahre 1774 das Licht von Bologna erblickte, so ziemlich genatn zum das Jahr 4000 nach Christi Ge burt den Deckel der letzten Sprach lehre zutloppen würde, gewiß mit ei nein vernehrnbarenAnsathmen der Be sriedigung. Unsere Rechnung stützt sich ans das Buch die Sprachstiimme des Erdlreisei. dessen alphabetischez An( hangcverzeichnisz nach annähernd-ern Ueberschlag 2200 bis 2250 Sprachen oder wenigstens start abweichende und als selbständig anzusehende Mundars ten auszahlt. Dieses in der Teudneri schen Sammlung »Aus Natur und Geistes-den« erschiene-re Wert des Ber liner Sprachsorschers Professor Dr, Franz Nilolaus Flnel enthält in ver hältnismäßig lleinem Umfang eine sehr ils-ersichtlich gestaltete Darstellung aller bekannten Sprachen, ausgehend von der obersten Eintheilung verspra chen der laulaslschen, mongolischen, amerilanischen und äthiopischen Rasse Die erste Abtheilung zerfällt in den indes-germanischen den »hainito-senris tlschesn den l kasischen. den dravidli schen Sprach annn und einige andere, noch nicht recht unteriubringende Sprechen wie vqr Gern-nich- und das saslisesr. Die zweite umfasst den anslrischen, den indes-chinesischen den nrnlsaltnischen Sprnchstamrn, die art tisrhen oder hyperboreersprarhen nnd das nsrh nicht genügend erkannte Su rnertsrhe, die Sprache der vor-semin schen Bevölkerung Akkord-stammt Die dritte enthält in je drei Gruppen die Sprachen Nord- und Mittelomei rilns nnd Südnrneritnt, die vierte die Sprachen der usrilnnischen und der ozennischen Regen Eine sehr beach tenswerthe Einleitung rechtfertigt wis senschaftliche Benennungen und berich tigt volksthiimlirhe Vorstellungen vorn Wesen der Sprache. Der gedrängte, mit einer großen Zahl von Namen durchseste Stoff ist durch eine geschick te Art der Darstellung dennoch sehr lex-bar geworden; auch stößt man im mer wieder aus gelegentlirhe Einschlu tnngen, die von neuem anregen. Als Beispiel sei ein merkwürdiger Zusam menhang erwähnt, der zwischen dem durch Jndianererzählungen deswe «tnnnten Stämme der Sion und dem durch Schiller unsterblich gewordenen todten Nodowessier besteht. Der Name Ssiu ist eine von den Franzosen wei tergetragene Entstellung eines tschip peweischen Uebernatnenn silr die Da lvtas oder wenigstens deren nördliche Stammesangehiirige, welcher Rat-owe ssigwag d. i. Schlangen der Feinde lautete nnd dessen zweiter nnd dritter Bestandtheil das sranzösifche Siour hervorrief, während der erste und zwei te zu der Benennung Nndowessier An laß gab. die durch Schillers Toten tlnge in weite Kreise getragen worden ist. ---— Einen Schritt ans dem Allge meinen ins Besondere hinein vollzieht das von demselben Gelehrten gleich falls in jener Sammlung herausgege beneBuch »Diehauptthpen desSprachs baues«. Acht Sprachen hat hier Pros. Find ausgewählt als Vertreterinnen von acht Gruppen, denen man die Sprachen der Erde ohne iibsermäßigen Zwang ziitheilen kann, und die, wäh rend sie sich einzeln genügend unter scheiden. um eigenartige Formen der menschlichen Rede darzustellen, in ihrer Gesammtheit ein Abbild des menschli chen Sprachtiaues geden. Die Merk male dieser Gruppen liegen in der Art, wie eine in sich zusammenhängende Vorstellung oder Anschauung durch die Sprache zerlegt und wie diese Trüm mer wieder zu einem einheitiichen Ge dantenausdruck ausgebaut werden. Ein Hund verfolgt einen Oasen. Was sehen wir? Nicht etwa einen hund, dann ein-en hasen, hierauf die Thätigteit des Verfolgen, die wieder auflöst in die Laufthiitigteit deihasem den Zwischen raum und die Lausthätigteit des hun des, sondern wir fassen das Bild alt Ganzes aus« fügen auch noch aus unse rer Erfahrung etwas hinzu, was wie nicht sehen, niiinlich den Schluß. das der Hund nicht zufällig hinter denihas sen läuft, sondern ihn ergreifen will. Diesen Gesamteindruck können wir ei nem andern nicht in der gleichen Eins - heitlichteit wie etwa ein Augenblicks kild übermitteln, sondern miissen sprachliche Zerlegungomittel anwen den. die hier etwa die Einzelbegriffe ergeben: Vase laufen Zwischenraum hund laufen gleiche Richtung Absicht greifen. Wie wir sie hintereinander hingeschrieben haben, sind sie nicht nur zerlegt, sondern auch schon verständ lich aufgebaut, eben weil sie schon zu gleich mit der Zerlegung eine sprach liche Benennung erhalten mußten. ilnd das Chinesische begnügt sich damit, die einzelnen Teile des Satzes aisWurzeli warte ohne irgendwelche auf das Gan ze dezugnehmende Aenderung neben einanderzustellem das Samarinische geht ähnlich vor, nur daß die Bestand-— teite ais schon bestimmten Klassen zu gehörige Stämme anzusehen sind. An tere Sprachen, die neugriechische, aka liische und georgische, drücken eine Be ziehung derGrundbestandtheile zu dein ganzen Satze nus, aber m sehr ver schiedener Weile· so daß ste, in obiger Reihenfolge, als stammbiegend, als wurzeldiegend und als gruppendiegend bezeichnet werden tönnen. Jn ähnli cher Weise erscheint das Türtische als nntervrdnend, das Grönländiiche als einverleidend, das Siuhiiaische (eine Bantusprcche am obern Simois-i at anreihend. Wir halten hier zugleich die achtSprachen genannt, die dcheri fasset als Abbilder aller übrigen aus gewählt hat und die er in kiikxtlnen Darftellungen durch Beschreibung des TBaueö und Anführung längerer iSprachproben, losmhl mit Begriffs «iihersehung als mit deutscher Wieder gabe, in allgemein veisliindkicher Weife kennzeichnet Es- betarf wohl ·ii.t.t dec Erwähn.ing, daiz unterDeutkclz in die. sein Zusammenhange durch das Grie chifche vertreten sit Denk-nicht wei teiten Kreisen der Gebildeten denen e nicht möglich ist« t« ch eigeneForschet arbeit eilen fu«-then Uebeevliel auch - nur annähernd Zu erringen, wird durch diefes Buch eine der anziehenditen Be thätigungen des menschlichen Geistes. die Natur und die psngemejneijjlannigs faltigteit des Sprachbauez in ihrem Weer hergeführt Der größte Leuteschinder in Pius dutg hat lich auch als der größte ist-after entpuppt. Ein Zeichen, das auch das Graftertum entgeten tann. denn fonft haben die Gmfters meist als sogenannte gute Kerle gegolten. c i It Die meisten Worte, die ges r n. werden, gehören nicht aus die IXon sondern nu die Blechwage.