Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 29, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    das Glück-bild. «
-.,
Novellette pon Käte Lubomgti.
Der Inhaber des kleinen Antiqui
tätenladenli und Psandleihinltituteg
war durch aus lein Gemäilzssnensch
Seine Nochbarinnen in der engen
Gasse, durch deren ungepstegte Rina
sieine die Reste der orrwirllichien
Speisezettel zueinander trieben, äng
stigten sogar unartige Kinder mit
ihm.
Augenblicklich seid ihr stiiL Sonst
tragen wir Euch zu Rude Kramert in
die Hölle« — » Durch solche und
ichliininere Einschätzung hatte der klei
ne Händler im Laufe der Jahre alle
Menschenfreundlichteit abgelegt. Da
rum schaute er denn auch zuerst mit
Behagen von feinem runden Fenster
aus aus die Lumpen gehiillte Frauen
gestalt die einen Gegenstand sorglich
mit beiden Händen festhielt. Der Blick
ihrer dunkeln, melancholifchen Augen
erinnerte ihn an das bißchen Glück,
das er vor den Menichen verborgen
hielt. An seinen Philipp. Und noch
mehr an dessen Mutter ——- — fein
längst eingeiargteg Weib.
«Was soll’s?« herrschte er die
Frau an. Mit zögernden Schritten
erstieg sie die nächsten Stufen.
«EI ist das erste mal'«, sagte ste,
wie um sich zu entschuldigen . . .. »ich
will nur zehn Mark daraus halten«
Unwilltiirlich wurde sein Interesse
geweckt. Sie gehört sraglos zu denen,
die nicht im Elend geboren sind.
»Lassen Sie sehen«. sagte er um
vieles freundlicher. s-- —— Aus dunk
lem Grund, angethan mit spitzen
steisgezackter Haletrause starrte ihm
der Kopf eines Mannes entgegen.
Das Gesicht war schwer zu erkennen.
Es sah aug, als hiitte es unhe
schützt Jahrhunderte hindurch ge
duldig Rauch und Staub ertragen.
»Nicht eine Mart ist das elende
Ding werth. Sie.« -s— Ruhig begann
sie es wieder zu verhüllen. Die brei
ten Lider lagen dadei fest über ihren
Augen.
»Dann muß inein kleiner Philipp
eben verk,ungern«. jagte sie starr. Ein
Ruck fuhr durch den mageren Körper
des Händlers,
»Lassen Eie dass Bild hier. Ich
will Ihnen die zehn Mart doch ge
ren.«
Kein Wort des Dankes lam uber
ihre Lippen. Sie sliisterte wie traum
verloren, mit einein Blick auf das
Bild in seiner hand:
Es war Jahrhunderte lana in un
serer Familie Eine Chronil nennt es
das Glücks-bitt'
Er hatte schon den Psandichein
ein-geschrieben
«Sagen wir Frist vier Wochen»
ja««.«· »
»Ja zwei Wochen hoffe ich es eins
lösen zu tönnen.« s
»Gut, wie »Die wollen. Hier ist das
Geld« l
Eine schmale. heiße Hand deriitirtez
die seine. Dann gab nur noch dale
lleine Bild Zeugniß von Rade Kra
mertg weicher Anwandluna. » —-— -
Der Händler nahm es und aina
mit leisen Schritten, nachdem er die
Thiir des Ladens von innen verrie
gelt, in das Nebenzirnmer. -—— -«—
»Schläfst Du, Philipp?«
»Nein, Vater, ich mische F.:rbeii."
Der Alte seufzte und legte die Hand
um den Puls des etwa Sechzehnsäh
eigen.
Gott sei Danl — -—- er aing ein
wenig ruhiger
Tiber ohne einen langeren Autent
kalt in Davos oder Götbergdors
wiiroe er doch nicht völlig gesunden.
Ein Windstoß eine Wolke
Staub brachte das heimtiictiiche Fie
see z-.seiick, und er mußte zusehen, wie
sein Kind, das die schwachen Lungen
von der zarten Mutter aeerbt hatte,
langsam zu Grunde ging. Dies Kind
rnit seinem starten , wundervollen
Farbensinn und der gesunden Sehn
sucht, dereinst Großes zu schaffen.
Der junge Kramert betrachtete mit
glänzenden Augen vao kleine, vers
dunkelte Bild-them das der Vater auf
ten Tisch gelegt hatte.
»Sieh nur diese gewaltigen Angen,
Vater. Und- oIS Gold der Kette, man
möchte es ihm vom Halse lösen und
zu Dir traaeu, Vater.«
Nude keramert lachte ivoblgesgitlia,
weil sein Sohn scherzte.
—- —« Sie gingen sriih an diesem
Abend zur Ruhe, denn Philika Kra
meet that nichts so wohl, als ein
zwölfstündiger Schlaf.
Arn nächsten Tage gab eg nichts zu
thun, als Plunder und Kostbarkeiten
zu betrachten, abzuschiiyen und liebe
roll zu streicheln. Gegen Mittag des
anderen Tages endlich ging —-— mit
ooetoursövollern Wimmern die
MingeL — — Ein seingetleideter
hesr wollte seine Pseifensammlung
urn rnelkrere antike Exemplare berei
ehern.
Er nannte sich Professor Givonni
und er ähite, daß der bekannte Pro
fessor nedix aus München ihn ans
Riese Krameeti Schäde aufmerksam
gemacht hätte.
f Dkk neine Hei-wies Irr-ihm pres
Tisch.
i »Ach, der liebe Herr Benedirt Jedes
YJohr im herbft besucht er mich und
hätt Umfckzam ob sich etwas Kostba
reg unter meine Sammlung verirrt
hat. Er tft ein großer Atterthums
tenner und ein begnadeter Maler.
Wenn mein Philipp nicht die schwache
Lunge hätte wäre der längst bei
ihr-M
I Professor Givonni erwies fich ais
ein fehr angenehmer Kunde. Er zahm
willig den geforderten Preis und hin:
’tertieß feine Adresse in Rom, ftir den
’Fnlt, dafk sich wieder etwas Possean
fiir ihn finden f;llte. Jm Begriff
.hinauszuoet)en, den tadellofen, filber
lgrauen Schtapthai schon auf dem
ichwarzqetockten Haupt, fiel sein Btid
auf das kleine Bild, das die arme
Fragt gebracht hatte. Sein scharqu
trimittenes bartlksfes Gesickkt oeriin
derte fich aussauqu
»Mann, wissen Sie denn, mas- Eke
ido baden?« fragte er aufgeregt und
Ittopfte auf den wurmftichigen Tit-di
’ n:en.
. »Im-JU. eine Dummheit meines
iLehenT Herr Prosessor.«
: »Die höchste Kl nahm« Eine Gnade.
IEin HimmelsgeichenL Ueberlassen«
»Sie es wir. Ich zahle auf der Stelle
Dom Lire dafiir« —— und er griff
trampfhast nach feinem Poetefeuille
i Rude Kramert trat der helle
! Schweiß auf die Stirn.
i »So viel ist es werth?"
! »Vielleicht noch mehr. Vielleicht
auch weniger. Genu« —--- ich wage es.
Beeilen eie sich also."
: Eine tot-ende Errcaung schüttelte
»den Handlu. Er dachte an seinen
jSohn —- — —--— nur an ilnti
»Ich car bis heute ein ehrlicher
Mann, Herr Professcr r. Die-: Bild ist
mir nur in Pfand argeben -- —-— «
fivenn sie es nicht cinlöft dann
vielleicht.«
,W.1rm läuft die Frist 1L?«
»Im zwölf Taster-'
. »Gut! Ich hatte sonst vor schon
iAnfang nächster Woche die Heimreise
Janzutreten Dies ändert roer meine
icntfchliissh Ich werde in Miinchen
abwarten Erscheint die Vesitzerin
nicht oder einigen Sie sich anf irgend
"eine Weise snit ihr. neben Sie mir fo
fort telegraphifch Nachricht nach Mün
chen, Hotel Bauer. Professor Iosi Gi
vonni aus Rom."
Die folaenden Tage durchlebte der
»lleine Händler in einer furchtbaren
Aufregung. Es wurde ihm nicht
kleicht, mit allein allein fertig zu wer
den. Aber seinem Philipp brachte
ijede Gemüthsbeweguna sofort jenen
ftoßtveifen Huften, der die Tempera
tiir erhöht.
..... Am vierzehnten Taae end
lich lam vie fremde Fran. nin ihr
blliickebild einzuliisen Sie fah noch
ärmlicher aus, wie zuvor. Rade Fira
mert glaubte leichtes Spiel mit ihr zu
haben. Aber er irrte sich -—- Sie
brachte ihm die zehn Mart zuriiel und
. verianate ihr Bild wieder Aller
andere nina sie heute nichts an Sie
hörte lauen zu, ais der tleine Händler
ihr fantet
»Gnte Frau, Ihre Noth hat ietzt
ein Ende. Für Ihr Bild hat sich ein
Käufer gefunden der es wohl nach
feinem Alterthusnstperth bezahlt· Ich
bin von ihm beauftragt, es tu erste
hen und biete Ihnen Zo« Mart."
Jhr Gesicht blieb nnbeweaiich
»Es ist snir nicht feil. Gehen Sie
es mir her.«
Wink Ollnnf Illllllllc klsbm Hell·
Alsng eines Beschwiireres an. ,,Ali...
eg ift Jlsnen clfo zu wenig. So wilI
ich zulegen Sind 500 Mart genug?
Denlen Sie, Frau, Im Markt Wenn
Sie Mutter sind, müssen Sie es
thun-«
Er fals ihre Lidei zucken und den
Mund zittern.
»Nein, nein lassen Eie mich,
ich darf doch nicht«
,,3iekenhundert und teinen Pfen
nia inelir«, sagte der Händler einla
r.ig, zog-« die Uhr und siiate hinzu:
»Jetzt krnrle ikli noch ;:nei Minuten
Danach rvill ich nicht mehr. Verfte
ben Sie mich-« -
Da ris-, sie das Bild an ilsre Lip
pen und Liifzte eg voller Inbrunst
»Gut ich milline ein ..... um
meines Philirns willen. Geben Sie
mir das Geld«
Noch in derselben Stunde aina ein
Telegrnunn on den Professor Ginenni
nach Mänchen ab:
»Bild zu Ihrer Verfiiguna. Er
warte Sie. Rudolf .ltr.:niert.«
Der lleine Händler laufte, auf dem
Rückwege von der Post. eine Flasche
Wein und süßen Cremelucben, den
Philipp liebte. Stumm hielten Va
ter und Sohn ein Mahl der Freude
und spannen mit dein flinlen Räd
chen der Phantasie so glänzende Ge
wänder, daß die nächste Zukunft alle
Stunden in. ein anderes schlupfen
konnte. Die ganze Nwt wartete der
Vöndler auf das Eintreffen des Pro
fessor Givonni. Am nächsten Mor
gen telegraphirte ek ihm nochmali.
Mittags wurde er unruhig --—
Abends endlich drslstete et ein drittes
Mal mii bezohliet Rückaniworl an
den Inhaber des Miinchnrr Hotels:
»Ist Professor Givonni etwa ab
gereist?«
Nun endlich wurde ihm ein Be
scheid:
»Herr dieses Namens in unserm
Haufe umwanan
Da verlor Ruhe Kramert zum ek
fien Mal im Leben alle Fassung
Sein Wesen wurde hilflos und ver
wirrt wie das eines verängsiiolen
Kindes. Die Thränen liefen ihm in
den struppioen Bart.
Philipp zeigte sich oiel ruhiger nnd
llarer wie sein Vater.
»Du. mußt sofort an Professor Be
nedir schreiben Er hat ihn zu Dir
geschickt, er wird alio auch wissen,
wo er sich zur Zeit aufhäli.«
Nun schöpfte der alle Kraineri
wieder neuen LIJiullL Philipp diilkrte
nno er schrieb, so gut es feine steifen,
sichtischen Hände zuließen. Tie Ant-:
work traf umgehend ein.
Lieber Lrameri.
Einen Professor Gioonni kenne ich
nicht. Die Geschichte, die Sie mir da
erzählt haben, tlinat überhaudt reich
lich abenteuerlich. Jch fürchte, Sie
sind einer vorher ausgekliigelteu Fio
mädie zum Opfer gefallen. Mit eini
gen Abweichungen tommt mir näm
lich -—— innerhalb desselben Jahres,
dies tragische Märchen zum dritten
Mal zu Gehor. Aber immerhin. fens
den Sie mir dac- Bildchen ein. Ich
werde Ihnen feinen Unmerth wohl
bestätigen müssen.
Jhr ftetg geneiater
Professor Benedir·
Wie ein Wahnsinniger durch
forfchte der alte Fernmer seither alle
Winkel und Gassen der Stadt, um
die elende Frau zu finden. Aber jede
Spur war vermischt.
Seine Verzweiflung wuchs-. Keine
Nacht vermochte er zu schlafen. Die
nach langem Suchen mühevoll ers
borgten siebenhundert Mart mußten
innerhalb eine- Jahre-'- zurückaezahlt
fein....
Wenn fein Sohn huftete, zog er
die schwere Der-te über beide Ohren
und verharrte fo, Jus er einer Ohn
macht nahe war. Die letzten beiden
Tage war er durch nichts zum Ver
lassen des Bettes zu bewegen gewe
sen.
Philipp mnsztc den Laden befor
oeu. Es wurde ihui leicht genug,
weil gerade jetzt niemand den Weg
hinein fand.
Als eines Tages endlich -— ohne
das Bild —— Profeffor Benedix’ Brief
eintraf, ließ ihn der kleine Hätt-Zier
viele Stunden hindurch uneröffnet
liegen. Erst auf Philippo Bitten
öffnete er ihn. Der Meister schriebt
«Begnadiguug ohne Antrag, lieber
Kramert, kann ich Ihnen heute aus
sprechen.
Vielleicht war das Bild ivir«lich
Jahrhunderte hindurch in der Fami
lie der Frau —-- vielleicht rührte eH
aber auch aus einem niemals aufge
deckten, längst vergessenen Diebstahl
her . . . .
Das schwebt alles in den Wolken.
Nur eins ift bestimmt, das lau
bete Pärchen hatte teine Ahnung von
ieineni wahren Werth. Der von Ich
nen mir übersandte Kon ist unztvei
felhakt ein echter van Dhck fiechzehn
tes Jahrhundert). fiir den Ihnen die
Pinakothet durch mich 50,000 Mark
bieten läßt —
Da riß Rude Kratnert seinen
Sohn in die Arme und merkte, das-.
ihn Engel umgaben, trotzdem die
Nachbarn seinen kleinen Laden »die
Hölle« hießen. ’
ais-weicheman mirs-. ;
»Wissen Sie, den jungen Dichter?
kenne ich doch schon, wie et noch so
klein 1v:.k!"
»Und ich kenne feine Gedichte sefson,
krie ich noch so klein war!«
Aus dem Llsfimqtkt.
»Dieses Obik, Madnmeken, kann ich
Ihnen unter keinen Umständen billiger
verkaufen!«
»Aber liebe Frau, sind Sie Josis
nicht so obfkinak!« l
Viel verlangt
,I
Jungek Mann sdcr in einer Elpcdition
cinc Heitats k Annonce mijibtn »Und
wann werde Ich da Hoch-Im halten tön
mI-«s" «
»Chuntecter« Ausführung
Der Pariser Korrespondent der
»Köln. Zta.'« berichtet über die Erst
saufsiilsrung des ,,Chantecler« wie
folgt:
Das große Ereigniß der Zaison,
die Generalprobe von Rostand’g
d,,Chantecler«, das, worum sich seit
Monaten alle Interessen, alle Erörte
rungen der literarischen Welt beweg
ten, ist also gewesen. Unr, sagen
wir's gleich vorweg, es war eine Ent
täuschung, und vom dichterischen
Standpunkte aus-«- eine große Ent
tauschuua·
Wer das Leben und Treiben am
Sonntag Abend vor der Pforte dxs
Theaters der Porte St. Martin sah,
wer Die aus dem Bouleoard davor zu
Tausenden zusauiiueimedränzite Men
ae beobachtete, die die Glückeichen zur
Generalprobe ansah-ten sehen wollte-,
dem mußte feststehen, dass Das aznze
Interesse von Paris sich auf diese eine
Ueneralprore tonzentrirte, und der
konnte an das Schlag-Dort von der
Schöpfung eines neuen ,,chant natio-—
ual« glauben. Ec- lonnte zum Nach
denken und zur Achtung vor einem
Volke kommen, das einem Runsttoert
eine solche Aufmerksamkeit sclsentt
Drinnen war alles, wag Paris- an
Schönheiten, an tileganz, an Be
rühmtheiten auszuroeiscn hatte. Die
1800 Eingeladenen preßten sich aus
den ziemlich engen Plätzen dieses
Tbeaters bis in die obersten Range
zusammen Man sah da die Frau
und die Kinder des Poeten. ferner
Lllsred Capug, Juleg Lemailre. Frau
Seberine, die Rejane, Jeanne Gra
Ufen Marcelle Lender, den Minister
Toumergue, sremoe Diplomatem
Vertreter der Presse aller iiins Welt«
theile, Künstler und Theaterdiretto
ren des Auslande-. Tom-Paris ioar
selten so vollständig ioie diesmal.
Nachher works interessant, in den
Zioischenpausen den Gesprächen deo
Foners und der Nünae zu lauschen,
non den Gesichtern die Eindrücke ab
zulesein Während die lsinbeimischen
sich mit nicht ganz über-zeugten Mie
nen gegenseitig anredetens »Welche
Schönheiten in diesem Werte sind!«
wurden die Gesichter der Fremden
liinaer und länaer. Sie blieben es
aurts big l Uhr Nachts, wo die Gene
ralprobe endete.
lliostand’5 »t!hantecler« ist ein Ge
dicht mit lnrischen Schönheiten, dessen
Wirkung völlig aus tzlusstattunagtüw
sten beruht. Diejenigen, die ein zug
lriistiaes Drama oder ein großes nas
tionales Heldenaeoicht erwartet hat
ten, werden arg enttäuscht sein. Im
Ausland dürfte dieser Hahn, oer aus
schließlich siir ein nationales Publi«
tum bestimmt ist, mit seinem Riteriti
nicht den geringsten Eindruck machen.
An Thieraedichten haben wir in unse
rer Literatur iveit Besseres-.
Der Inhalt des vierattiaen Schau
fpiels, dessen Alte Untertitel haben,
nämlich: der Abend der Fasanhexsnr.
der Morgen des Habng, der Tag des
Perlhubns, und die Nacht der Nach
tigall, ist kurz folgender: Chanterler.
der Hahn, spaziert auf seinen Hühner
lxos, angeketet und uingaclert von sei
nen Hennem ein etwas gelanatveilter,
philosophischer, aber sehr von sich
überzeugter Pascha. Er hat nämlich
von der Wichtigkeit seiner Stellung
einen ungeheuren Beariss; er ist
überzeugt, daß erst aus sein Geheiß
die Sonne erscheint, daß demzufolge
er allein Licht, Ordnung und thir
heit in die Welt bringt. Dar- ist sein
Geheimniß, dag, worauf sein ganze
Selbstbewußtsein beruht. Cbantecler
führt einen nicht sehr geistreichen Dia
log mit Patou, dem Hofhunde, sei
nein altem Freunde, mit der Amsel
einerle) oder Vielmehr eigentlich
Spottdrossel, da sie iiber alle boshafte
Bemerkungen macht, mit dem Perl
huhn und seiner alten Mutter, die in
einem Weidentorbe lebt. Da flattert,
vrm Jäger verfolgt, die Fasanhenne
in den Hos, wird von tstmniecler ge
schiin nnd gerettet, und sogleich ver
iieben sich beide in einander. Im
zweiten tltte kommt eine ron den
.Itachtvögeiii, den Eulen, Käkszen nnd
..nderen angestistcte Verschiviirung qe
gen Clmntecler zum Ulngbruch Sie
haben es satt, daß er ihnen durch
seine Stimme die Nacht verscheucht
nnd den Tag bringt, und sie wollen
ihn todten· Zu diesem Zwecke wollen
sie einen Kampfhahn veranlassen,
Chanterler heraiiözufordern nnd im
Zweikampf umzubringen Der Mor
nen kommt, die Nachtvöqel verschwin
den, nnd der Hahn verkündet mit
ioeitschallendem Cocorico lKiteritO
den Tag. Der dritte Alt bringt den
Empfanggtag bei dem Perlhnhn
Er ist thatfächlich fiir Gefliigelziichter
interessant, für das übrige Publikum
aber tödtlich langweilig· Etwa drei
ßig Arten von Häshnen marschieren
mit ihrem verschiedenen Federfchmuck
im Paradeschritt an uns vorbei. Der
Kampfhahn fordert Chantecler, ver
wundet sich aber selbst mit feinem
eigenen Sporn, fo daß unter Held
heil ausgeht. Er begibt sich dann
mit feiner Fasanenhenne nach dem
nahen nächtlichen Wald wo der vierte
Att spielt. Wir hören die Nachtigall,
sehen dac- Treihen der Nachtthiere,
hören eine Petition der Kröten nn.
die Chantecler bitten, die herrschafi
im Walde zu übernehmen, damit sie
nicht mehr die ihnen verhaßie Nachti
gall hören miissen, und verfolgen vor
allein den steigenden Einfluß der Fa
sanhenne auf den Hahn. Sie hat
ihn dadurch in ihr Bereich zwingen
wollen, daß sie, sein Selbstbewußtseinl
mindert; sie zeigt ihm jetzt, das-, die
Sonne aufgehi, auch ohne daf: er
kkähL Anstatt daß er nun aber, wie
man meint, dadurch vernichtet ist,
erhebt er sich von neuem und begibt
sich wieder zum alten Leben in seinen
Hüshllekth während die Fasgnhenne
ron eine-in Jäger gefangen mird und
sich unter-dem Netze duckt· »Die Meu
fchen kommen! Rasch jetzt der Vor
hang!« sagt der Hofhund Patou als
letzter im Strich DIE Thierdramn ist
zu Ende·
Bei einein derartigen Werte ist die
Frage, die alles entscheidet, die nach
dem Stil. Welch ein schonet Stoff
fiir einen ioirtlich großen Dichter,
ein Thierdrama mit syxnbolischer
Auslegung! Die größten Geister
der Menschheit haben sich daran ver
sucht, Aber wenn man sich an einen
derartigen Vorwurf macht, so muß
man dem uralten Gut der Weltlitera
tur etwas Neues hinzuzufügen ha
ben, eine besondere Augdrudzforni
finden, Die tm Schicksal der Hmere
uns Menschenempfinden wiederaibL
Man tann nur immer wieder der-.
Kopf schütteln beim Anhören oon
Chanterler, wie Rostand unter feiner
Aufgabe geblieben ist. Der ganze
Stil des Wertes isi vällia verfehlt
Der Dialog der Thiere untereinan
der wechselt zwischen Boulevard
witzen Ealembourg und einem rheto
rischen Pathos. Einzelne rlietoriiche
und ihrifche Stellen sind recht schän:
der Hhmuus Chanteclarg an die
Sonne, die erste Rede der Jason
henne und im letzten Alt der Dialoa
zwischen der Nachtigall und dein
Hahn· Der Rest ist dafür aber auch
beinahe ungenießbar Was so auf
fällt, ist der Mangel eines wirklichen
Natureinpfindens und die nänzliche
tlnfähigleit, eine kräftige und eiaen
artige Sprache zu finden. Jn tin
ran von Beraerae war Roftand noch
riet ursprünglichen Seine Thiere
find witzelude und flanierende Baute
bardier5, die auf die Tage-Ereignisse
Anfpielungen machen, Telephonges
fpräche nachahmen und mit literarisch
parodierien Citaten um sich werfen.
Ein Theil des Pariser Publikums
fand dag wahrscheinlich geistreich.
Wer anders denkt, bekommt ein Ge
fühl der Ungeduld iiber diese Un
fähigteit, die Sprache der Natur zu
reden, ja sie überhaupt nur zu ber
stehen« Der ganze thantecler ist aus
der innern Empfindung eines Som
merfrischterg geschrieben, der in sei
nem Dorfe zum ersten Male die
Sonne ausgehen sieht tnd sich nun
einbildet, Naturgefühl zu haben.
Auch der unllare und nicht zum
Abschluß gelangte Shniholismuo der
Handlung lann nicht befriedigen
Der Kampf des Hahng als dei- Licht
brinaerg gegen die Vögel der Nacht
ist ein sehr schönes dichterisches The
ma. Warum ihn aber abschließen
mit dieser auf der Bühne ungeschickt
dargestellten Selbstvertvundung deg
aegnerisehen Kampfhahnes Der Pa
rademarsch der Hähne in diesem Alte
ist dabei von einer gefährlichen La nge
siir die Wirkung-» Ferner, wenn Lstto
stand niit dem Schluß, wo der Hahn
friedlich in feinen Hühnerhos zurück
tehrt, sagen will, daß die Abenteuer
mit den romantischen Fasanenhennen
innner einen unangenehmen Nachge
schmack hinterlassen, so erscheint sein«
Chantecler doch in einem äußerst ba
nalen Lichte. Dem Dichter der »Na-«
manesqueg« wäre dieser Gedanke
vielleicht zuzuschreiben Aber in die-i
sem Falle würde er seinem Chanterler
als nationilem Shinbol des aallischeu
Hahneg eine aar ijble Rolle zuweisen
denn was diesen Hahn auszeichnet, ist
ja gerade der Kampf aeaen das Illl .
tägliche und dar- Hertoknniem der»
Sinn für leenteiier. Oder iollte der:
gatlische Hahn fich darin geändert has-;
ben?! (
Jsst Chanteeler ali« Dichtuna miß-I
limaen, so ist es als Alitgstattungisstiicki
höchst einziehend und ein Alleisterwert
der Direltion der Porte Samt-Mar
tin, der Herren Hertz und Jean
Eos-nähn Beim Anblick Dieser Aug
stattung begreift man die Miihen der
Einstudiruna und die ewia wiederhol
ten Proben. Sämmtliche Rollen des
Stiicles sind Thierrollen, und die
Schauspieler tragen daher Thier
tostüme. Das tenii man nun Zwar
aus dem Theater schon seit Aristo
phanes, aber schwerlich hat man die
Kostiime damals in solcher Vollen
dung hergestellt. Es ist dabei, wie
selbstverständlich daran festgehalten
worden, daß das Gesicht des Schau
spielers srei blieb, und daß die Be
wegungen nicht zu sehr gehemmt wa
ren. Da es sich um einen Geflügel
hos handelt, trugen alle Federtletder.
M Theater soll bei dieser Gelegen
jsheit nicht weniger als ng Fe
dern angefatasit und dafür etwa to
000 Fr. ausgegeben haben. Ferner
hatte man, um die künstlerische
Aufatike zu vervollständigen die
Maße aller Gegenstände auf des
Bühne verändert. Es war alles ver
größert worden. Der erste Akt spieit
im Hiihnerhofe, der zweite im Walde,
der dritte im Gemiisegarten, der
vierte wiederum im Wald. Schon
malerisch sind die Delorationen (von
Ansable und von Jusseaume) außer-.
ordentlich gelungen. Aber im Hüh
Jnerhofe sah man im Hintergrunde ei
Inen Karten« der etwa 4 Meter hoch
Irr-ar: die Hundehiitte von Patou war
ZZRO Meter hoch, ein alter Weiden
Horb 1,50 Meter. Es gab Blumen
itöpfe von 1,20 Meter Größe, Stüth
von 2 Meter Höhe und Rosen, die
einen Durclnnesser von 80 Em. hatten.
Das entsprach den Maßen der mensch
lichen Thiere. » Man muß trotzdem
von den Leistungen der Schausspieler
sagen, daß weder Herr Guitry noch
Frau Ziinone am Abend der General
probe recht auf der Höhe waren. An
Federtleider wie an Verse muß man
sich, scheints-, erst gewöhnen.
Der ungeheure Rum«mel, der um
Chantekler, besonders in der Presse,
gemacht worden ist, war dichterisch
nicht iin niindesten gerechtfertigt Am
Morgen nach der Generalprobe kam
denn auch in der Pariser Presse —
soweit sie sich verlauten ließ — ein
unzweideuliges Gefühl der Ent
täuschung, vorsichtig aber vernehm
k-ar, zum Ausdruck Kein Blatt
wagte von einem auszergewöhnlichen
oder glänzenden Erfolg zu sprechen,
end von einem solchen kann in der
That auch gar keine Rede sein.
Untat-historisch gebildet
Biichhiindleet »Vielleicht wünscht
der Herr etwas von Goethe und Schil
ler?«
Känferr ,,Jawohl, aber nur das
Neuefte von beiden!«
Gute Schule-.
»Was is denn mit Jhxecn Herrn
Sohn, ig der noch Poftadjiinkt?«
»Ja woher denn! Der hat si scho
vor zwei Jahren selbstständig gemacht,
der handelt jetzt mit Llnsichtstarten.«
Auch ein Griind
»Warum schreiben Sie in Kompag
nie?«
»Damit ich, wenn das Stück durch
sällt, alles meinem Kompaqnon in die
Schuhe schieben tann.« «i«,s
i
Zn qiitiq.
Papa: »Du weißt, Willie, daß dis
Schläge mir ircher thun werden als
Dir.«
Willie i"!nitleid5voll): ,’!lch, Papa,
sei nicht ,n hart deaen Dich. Dass ist·
dic Siebe am- nicht !vertl.')'
Vertsiiimnifivollct sent-um«
»So, so, Heer Apotheter, Sie hab’n
»Zyanlali statt ·n Braufepulrer arge
ben; bei mit ig- gestern was ähnlickfs
passirt: will mir a Flasche-il Bier aus
der Speis holl’n, nnd eriviich im Dun
keln a Selterflascherl.«
(srtliikiiiti.
Richter: »Im ihrem hohen Alter
fangen Sie noch an, Llntomobile zu
stehlen; wie tmnmen Sie dazu?«
TIlngetlagtet: ,,isntschnldi,1en Sie,
in meiner Jugend gab’«:« die noch gar
nicht!«
tksin Trick«
Baron (zn seinem Sctretär): »Nun
sagen Sie mir bloss, wie Sie diese
trotzigen Bauern heruingetriegt haben,
daß sie den fiir mich so günstigen
Jaasdpachtvertrag nrrterschrieben2«
»Herr Baron, ich hatte ihnen vor
her meine Füllseder gezeigt, und da
brannten sie nur so darauf, mit dem
,,nenmo:-sischen Ding« zu schreiben!«
L wol-!
Vater: »Na, mass saat denn Dein
Professor jetzt zu Deinen Alufsätzery
seitdem ich sie Dir mache?«
Quart-aner: »Heute hat er zu mir
gesagt: »Man sieht aan Deinen Ar
beiten, Du wirst täglich bködek’«
Neidisiik
, Is
Notwko ,.Jq, ja, solche Geiikjltek wen-I
unsereins schneiden xönnb da konnte man
heutiqu Tages Furore u:achm.'