Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 29, 1910, Zweiter Theil, Image 10

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    WORK-Of Ts
Wandlungen
Roman von Grika xliedverg.
JOOIDUUHJ
(3. Fortsetzung) I
, Jlnd ich stelle sie dir, mein Schat»
Ihm nue nicht so tragisch mit deinen
Mtterpflichtem Jn erster Linie kom
nse ich. Und ich verlange-, daß du heute
Ubert-d neun Uhr in gemähltester Tot-.
ten- dekeit bis-, mit mir zum Meist-f
deuten zu fahren. So, war ich nun
deutlich genug? Hast du mich begrif
seuf«
«Begriffen wohl, aber« — Eugenie
Ipb den Kvpf ———» wenn ich mich nun
weigere?«
«Reize mich nicht!" vadin packte
die Hände seiner Frau. Aber Eugenie
gab die Angst um ihr Kind unge
mhnten Muth. Sie zuckte mit keiner
Bimpet troh seines bkntalen Druckes,
fee blickte nur nnverwanvt in fein
itengliiihendej Gesicht und wiederholte
leise: »Und wenn ich mich weigere?«
»Du dich weigernt Du Spielzeug.
du Puppe, die ich form-e und modele
nach meinem Wunsch und Willen.
Was bist du? Heute Königin, mor
gen Sklavin — wie ich will. Du
lebst, du leidest und du jubelft — wie
ich will. Weißt du das noch nicht?
Nach fünf Jahren noch nicht? Hast
webt gar biölang in- aller Einfalt
geglaubt, das Leben hier das ginge
so nach deinem allerhöchsten Befehl?
Rein, wer mit dem Raddin lebt, der
gehorcht, und wo der Roddin haust,
da herrscht er auch.«
»Ein stolzes Wort! Mögest du nicht
dereinst daran zu schanden werden!
Uebrigens, neben all den schönen Din
gen. die »du da aufgezählt hast, ver
gaßest du zweierlei —- daß ich die
Mutter deines Kindes, die Herrin
dieses hausez bin.«
»Die Herrin dieses Hauses? Ein
stolzes Wort!" ahrnte er ihr höly
nisch nach. «Aber, wer hat dich dazu
gemacht, mein schöner Schatz? Mein
Wille und meine ganz unsinnige Lei
denschaft fiir dich. Manchmal habe
ich schon sie und dich von ganzer See
le verwünscht.«
«Sleichpiel, was mich dazu ge
sucht hat —- ich habe mich hierüber
niemals Jllusionen hingegeben —
ich bin es nun, und ich verlange für
meine berechtigten Wünsche Gewäh
iung unb Achtung für meine Per
son.«
»Was wiinscht du dir denn? Noch
etwas Schmuck, noch etwas Seide?
Sprich, und es steht da!«
Wittwe nicht! Du weißt am be
sten, wie verhaßt mir dieses ewige
Busen und Behängen mit Schmuck
und Tand ist. Für andere Wünsche
möchte ich Gehin finden ——— aber las
sen wir das —- augenblictiich for
dere ich Rücksicht und einen Arzt für
mein krauses Kind.«
Wn sah vom Fenster aus zu
seiner Frau hinüber, und allmählich
verdrängte die alte Leidenschaft sei
nen Spott und Zorn über ihre un
gewöhnliche Opposition Wie schön
diese Frau war! Gleich einein Lö
nigsgewand flossen die schweren,
weichen Falten ihres tiefrothen Mor
gentleides uin ihre schlanke, hohe Ge
riistnng hatte eine liebliche Röttie auf
vie Bangen gebaucht, die blauen Au
gen brannten in einen-i düsteren Feuer.
Thatsächlich bezaubede sah sie aus.
Herrlich hatte sie sich entwickelt in den
fünf Jahren. Wohl erwartete er viel
damals-, aber selbst er fand mit Stau
nen sie täglich schöner und schöner er
bliiben. Zu dem Mädchenhaiten, Uns
berührten ihrer stillen, liililen Natur
gesellte sich jetzt vollentmickelte Frauen
schönheit, die im Verein mit einem
Anflug von Träumerei zu einer be«
ranschendeu Wirkung wurde.
Und diese seltene Perle war sein —
ganz und willenlos, und das sollte si
bleiben. Was fiel ihr denn nur heute
eint In dieser kampfbereiten Haltung
hatte er sie noch nie gesehen, noch nie
solche Worte von ihren Lippen cic
hsrt War es die Sorge um den
Jungen, die ihr diesen ungewöhnli
chen Muth verliebt Scharmant, da
wußte man ja endlich die Stelle, wo
sie sterblich war, das konnte man ja
stva als Waffe gegen ihre Riege
rischeu Gelüste benutzen, um sie im
W zu ersticken.
Ins den Ball sollte und mußte sie
sit thin,d bat war gar keine Frage,
M durchsehen würde er seinen Wil
iet, Wn gab es überhaupt lein
-» —aber immerhin war es
Miclich, dieses bleiche Dieser
mit sich Wes-schleppen Viel
mr elm AM, er thut ihr
» bes Use-. Gab er ibr nach
Oe- eM ließ er den alten Schwä
· IM warmen, so
Uri- Iti nie st- etige-tu nickt-z
MLU voll Daselbst-seit
gis used me betete Umb,
set me, die Mk
ntb er ber essen-i
Sit einer schnellen
Bewegung stand er plötzlich vor ihr
und zog see zu sich heran. lere
Schönheit hatte mocnentan seiner
Herrschfucht den Sieg abgerungeii.
»Was bekomme ich, wenn ich mich
von dem holden Bittfteller da für
überwunden erlläre2« Er tippte
leicht "mit dem Finger auf ihren
Mund. Eugenie blickte froh über
rafcht auf. Wirklich, der ichs-etliche
Ball sollte ihr erlassen werdens Sie
sollte zu Haufe bleiben und den llei
nen Kranken pflegen dürfen
Roddin sah entzückt in ihr reizen
des, belebtes Gesicht, dann neigte er
sich und schloß ihr den frägenden
Mund mit einein langen Kuß. Und
Eugenie, ganz erfüllt von dem Froh
gefiihL endlich einmal Geiför für
ihre Wünsche gefunden zu haben,
hielt feinem Ungestüm geduldig staat-,
J
p—
so sehr ihr auch nach dem Vordergr
gangenen graute, seine wilde Zärt
lichkeit ertragen zu müssen.
.Laß mich, ich flehe dich nn. Du
erstictst mich«, stammelte sie endlich
und suchte sich loszumachen Aber
Roddin drückte sie wieder in seine
Arme und preßte ihren Kopf so fest
an seine Brust, daß sie sich nicht zu
rühren vermochte.
»So ersticke, du schüchternes Reh!
Kannst du schöner sterben? Aber was
frage ich? Nichts dergleichen findet ja
einen Widerhall in deiner eigaepanzer
ten Brust. Wo wird ein Weib gleich
dir gelieth Und wie ver-giltst du es?
Da müht man sich und tlopst nnd
pocht vergebens —- aus dein Stahl
springt tein Funke, von den Lippen
fällt tein Liebeswort.«
.Doch, doch«, rief Eugenie, ängst
lich iiber sein wieder verfinsterte-s Ge
sicht. »Ich bin dir sogar von ganzem
herzen dankbar, lieber Otto. Du
glaubst nicht, welche Wohlthat du mir
damit erweist, mich von dein heutiaen
Fest zu dispensiren. Ich will dir ge
wiß —"
»Was sprichst du da fiir Unsinn?
Wer dispensiei dich? Kein Gedante
—- bitte« nicht noch einmal dasselbe
Lamento!«
aAber Otto — bin ich denn von
Sinnen? Treidst du dein Spiel mit
mirs Mir iit wahrlich bitter-ernst zu
muthr. Was anderes lag denn vor
hin in deinen Worten, als die Zu
stimmung zu meinem Wunsch, zu
Hause zu bleiben?«
«Dazu? Nein, mein Tätibchem tei
neswegs. Vorhin in einer galanten
Anwandlung, hervorgerusen durch dein
heute ganz besonders dortheilhastes
Aussehen« ——— er machte ihr eine spöt
tisch cheoaleresti Verbeugung-—- «habe
ich deiner Bitte, den Sanitiitsrath ru
sen zu lassen, nachgesehen Vorn Ball
war gar keine Rede, der wird besucht,
und damit Punttum!«
Er drückte auf die Schelle und be
sahl dem eintretenden Diener, nach
dem Arzt zu telephoniren. Dann
wandte er sich der wie erstarrt daste
henden Euenie zu und hob spielend ihr
gesenttes Gesicht.
»Nun komm, gib deinem guten, ge
duldigen Mann einen Kuß sitt seine
Rachgiebigteit und versprich ihm, dich
heute Abend recht schön zu machen.
Nun, was soll das heißen?« tiefer im
Augenblick wieder zornroth, als sie
seiner liebtosenden Hand mit schlecht
oerhehltetn Widerwillen ausreich.
»Nichts, nicht-, ich bim dick, um
Gottes- nIillen nicht schon Lieder eine
Szene. Ich muß ohnehin zu Wolfss-«
»Noch einen Augenblick, wenn ich
bitten darf. Was soll dieses Zuriicks
weichen vor mir, alH sei ich ein wil
des Thier? Trotz, tindischeg Schmol
len über eine abgeschlagene Bitte, tann
,dich das trösten, gut, ich störe dich
inicht. Nie aber wieder laß mich diesen
isfsenlundigen — Widerstand wollen
wir sagen —- seben! Bis heute habe
ich mit wahrhaft lächerlicher Geduld
Deine alberne Prüsderei ertragen, sie
kleidet dich ganz gut, und ich war eben
unsinnig verliebt — mache nicht, daß
ein Tag kommt, an welchem mit mei
ner Leidenschaft auch meine Geduld
und Nachsicht aufhört! Weiß G-, es
möchte dich gereuen. Run, iibe was
geruhst du dich so zu verwundern?«
fragte er hohnvolL als Eugenie mit
unverduhlenem Erstaunen diesenMann
ansah. der mit einer wahrhast naiven
Selbsttäuschung von seiner Rachsicht
und Geduld zu sprechen wagte, er,
der noch vor wenigen Minuten stott
ipie ein Imperator behauptet hatte:
Wo »der Roddin haust, da herrscht er
auch, und dem dies Wort keine blose
Lebensart war.
- Deine Antwort? Gut. ich über
lasse dich fest deinen tiefsinnigen Ge
danken. Ich Ums ohnehin squ BU
M sei meiner Mir-sehr wünsche ich
eine vernünftige Frau vorzusinsein
der die steinern alle-liebsten Eisenst
Mliiste endgültig vers-engen
N
sei- weine-. aus«-. nd weht mein her-·
der Schoßk«
Er sah ihr boöhafi forschend eine
ganze Weile in das W M
drückte donn langsam und absichtlich
zsgsernd einen Kuß auf ihre zitternd-en
Lippen. Endlich fiel die Thiir hinter
ihm zu
Sechstessapiieb
Mit einem Aechzen sanl das arme
Weib in einem Sessel zusammen
So war es nun immer. io ging es
nun schon all die lange, lange Zeit,
und würde so weitergehen, immer wei
ter. endlose Jahre hindurch.
Heute schlug er ihre Seele wund,
roie mit Peitschenhietem trat sie mo
ralisch mit Füßen, verachtete, miß
bandelie sie als fein Geschöpf. morgen
hob er sie auf den Sockel seiner Be
wunderung kniete vor ihrer Schön
heit, eroriielte, zermalmte sie mit sei
ner Leidenschefi. Was war ihr uner
träglicheri Was oüalte sie das Sei-we
rere? Ach, es elelte ihr vor sich selbst!
Sie haßte sich fiir diese Erniedrigung!
Sie ballte in Scham und ohnrniichtii
gem Zorn die Hände-, wenn ihr diese
Zärtlichkeit dasselbe Grauen durch die
Adern jagte, wie sein Jädzorn undl
sein ewiges Mißirauen, das uoeraiii
Verrath und Untreue wittertes
Ach« daß er sie doch zu Hause ließe!
Abend für Abend schleppte er
sie in genau der Toilette. vie· er fiir
sie bestimmt, so oft selbst mit Finst
lerischem Geschmack siir sie entworfen
hatte, in Gesellschaften. aus Völle,
ins Theater oder Concerte. Er ließ
dann kaum ihren Arm aiiH deni sei
nen, und hatte sich wie gewöhnlich
ein Kreis von Bewundererri um sie
gesammelt, so stand er «niit wart-sa
nien Blicken daneben, und auf seinem
Gesicht war deutlich der Triumph de:
Besisseo zu lesen.
Und merkwürdig, so deutlich auch
die Disharmonie dieser Ehe zutage
trat, so sehr Eugenie auch der Mit
telpunkt aller Iestlichteiten war, teiner
von all den Lebemiinnern und Kava
lieren wagte es, ihre Tugend aus die
Probe zu stellen, sich ihr als sogenann
ter Retter zu nahen.
Sie hatte ost das Gefühl. als mi
sche sich in diese Huldigunaen etwas
wie Mitleid mit ihrer ftlaoifchen Ah
hängigteit von ihrem Gatten, vielleicht
auch ein leises Undehagen iiber ihre
sich stets gleichbleibende tiihle Höflich
teit. So wußte sie genau, daß ihr
Gatte noch nie die leiseste Veranlas
sung zu dieser ewig an ihm dohrenden
Eifersucht gesunden - haben konnte
Uninittelbar nach ihrer Hochzeit
hatte er damals dank seiner Verbin
dungen mit einslußreichen Persön
lichkeiteri die Versetzung des Leut
nants Waltropp in ein anderes Re
giment durchaeseyt Sie hatte das
erst später erfahren, und dann leb
haft bedauert, nicht ihretwegen, fon
dern der Freundin wegen, wußte sie
doch, mit welch rührender Liebe die
Geschwister aneinander hingen
Schließlich hatte sie diese Versesuna
als eine Wohlthat schätzen gelernt,
brachte sie ihr doch nach dieser Seite
hin wenigstens monientan Ruhe vor
dein spürendeii Miktrauen ihres Man
nes.
Trotzdem hatte sie den Verkehr mit
Erna abbrechen müssen, so sehr ihre
Seele auch nach einem gleichgestiknm
ten Wesen hungerte das sie liebte und
das sie nicht peinigte mit dieser Liede.
Zuioeilen, ganz fliichtig waren sie
wohl in einer Gesellschaft zusammen
getroffen, aber da hatte es Roddin
nicht zu einem ungestörten Worte ohne
seine Gegenwart kommen lassen.
Dann, nach Jahr und Tag, war-d
das Kind geboren
- «
Noch jetzt Dumnuyr es ne euch
wenn sie In dieses unbeschreibliche
Gemisch von verworrenen Gefühlen
zurückdachte, mit dem sie zum ersten
mal das tleine Wesen in den Armen
gehalten. Das sollte sie nun lieben,
nicht allein als ihr eigenster Selbst,
sie sollte es auch lieben als fein Kind,
des Mannes Kind, der ihr innerlich so
sremd war, ihrem ganzen Seelenleben
so sern stand, dessen Liebe und Zärt
lichleit sie wie eine Schmach empfand,
die sie nur ertrug mit zusammenge
bissenen Zähnen und Grimm im her
zen, weil sie selbst zu ohnmächtig ge
wesen, sich zu retten, solange es noch
Zeit war, weil es jehi tein Zurück
mehr gab.
Finster und schweigend hatte er
an ihrem Lager gestanden, seine Au
gen unverwanvt aus ihr Antlij gehei
tet; das Kind streifte er kaum mit ei
nein Blick.
Mit unerbittlicher Strenge über
wachte er ihre Pflege, tagelang be
lani sie den Kleinen nicht zu Gesicht,
unt sich nicht aufzuregen und anzu
strenger-.
Und alt sie nach ein paar Wochenl
lschiiner denn je dein Krankenlageri
!ausstan·v, halte sein stürmisches Ent-!
wilde-, sein Irisrnphiiber ihren neu
jerblülslen Reiz keine Grenzen getannt.
TBie einen kostbaren, unerseilichen
susuigegensiand behaudelte und liebte
er sie s- ali die Mutter seines Kindes
gen ne ihm nun-.
E- rken- ee ask nicht« dieser nist.
.
I
c
Es blieb ihm gieichgiiitig vorn ersten
Tage an. Ateman wenn er sie in
eeinster Freude mit dein Meinen spie
Ien nnd tiindeln sch. konnte es wie
daß in seinen Augen aufleuchten
Rein, er liebte es nicht.
Und das kluge, tleine Geschöpf ein
piond et bald. Nie-reichte ei dein Va
ter freiwillig das Däan nie
schmiegte es sich an ihn oder tief ihn-.
entgegen. Scheu und trohig versteckte
es fein blondes Köpfchen hinter Enge
nie oder der Meter-im und auf alles
Zureden, den Vater lieb zu haben. ani
tvortete es hartnädig: »Von ist bös,
Papa hat Wölfchen aucki nicht tied«,
und Roddin stieß daran ein heisere
Gelächtet aus.
»O Mutter Natur« wie weise sprichst
du oft zu deinen Menschenkindern!«
Und auf ihren verwundert iragenden
Blick war er mit bösem Lachen din
auggestiirzt. Nein, er liebte sein Kind
nicht. Und sie, licht-! sie es denni Mit
der allgewaltigem alles tragenden
Mutterliebe? Zu viel Angst, zu viet
Bitterkeit hatten sich von seinem ersten
Lebenstage on für sie in das Gliick
seine-;- Besitzes gemischt Jm ersten
Jahre träntelte es häufig, di mußte
sie um jeden Besuch des Arztes mitL
ihrem Manne kämpfen. nie durfte sie"
sich seiner Pflege anders. als heimlich,
in des Vaters Abwesenheit widmen,
bei jedem heiteren Spiel war sie der-.
boghaftesten Nectereien ausgeseht
Ueberraschend, wie um sie bei etwas
Verbotenem zu ertappen, trat er plötz
lich in das-« Kinderzimmer, und wehe,
wenn er sie in einer durch fröhliches
Geländel deranairten Frisur oder
Toilette traf. Unerbittlich nahm er
dann das zappelnde Kind, das· feine
Tilermchen um den Hals der Mutter
schlang und seine blonden Locken an
ihr schwarzes Haar schmi te, von ih
rem Arm und führte sie hi aus.
»Zum Kindermädchen ist meine
Frau nicht da. Für mich, ganz al
lein für mich bist du da, merke dir
das, mein Liebchen. Das Gör drin
nen wird auch ohne dich groß. ich
will dich seinetwegen nicht entbeh
ren.«
Was war es, das sein Herz so ver
härtete gegen das kleine Geschöpr
Eisersueht aus ihre Mutterliebei
Gönnte er sie dem eigenen Kinde
nicht, oder mißgiinnte er ihr das ein
ziae Glis-, das ihr daraus erwachs?
Ach. aar so aroß war es bissang
noch nicht gewesen« dieses Glück. Was
sür sie eine Erlösung aus bitterster
Herzenjeinsomteit hätte werden tön
mn, er verstand es grausam zu ber
wanbekn. er tehrte es als Waffe gegen
sie selbst —- ihre Mutterliebel Wo in
der Welt gab es eine Seele, so ein
sam, so allein wie sie! Wer mußte so
inechtisch unterthan sein fremdem Wil
len, so ganz sich selbst verleugnen, wie
sie! —
Sie war wahrhaftig nicht mit Jl
lusionen in diese Ehe ergangen, aber
von dem ganzen Umfang ihrer Er
niedrigung hatte sie dcch keine Ah
nung gehabt.
Nie würde die entsetzliche Kluft, die
sie von- ihrem Manne trennte, zli über
briicken sein« nie konnte seine Liebe,
der alle zarten, achtungcpollen Regun
gen fehlten« die nichts begehrte als
ihre Schönheit, wärmere Gefühle bei
ihr erwecken. nie würde fie die Furcht
vor ihn-. albern-indem und nie die tödt
Ziche Pein, mit der seine zornigen Box
wiirfe über ihre Kälte, ihren Mangel
an Gegenliebe über ihre alberne, phi
lifierhafte Prüderie sie erfüllte. Jn
nerlich müde und abgehest war sie, wie
ein versolgtes Wild. Eine hübsche
Puppe, die sich jeden Tag neu außen
mußte nach Vorschrift des Besiserz
Pf lachen Illld Wslllcn Und ·pcccc»’cll
mußte nach Vorschrift, die gescholten
usid geliebtost« die gepeinigt uno ge
tiißt wurde nach Laune des Besiyerz
deren ganze Lebensausgabe darin be
stand, schön zu sein« der es zur Aus
gabe gemacht wurde, aus der Pflege
dieser Schönheit ein Studium zu ina
chen, deren schwache, tastende Versuche,
ven- Geist nicht so jämmerlich darben
zu lassen, ihre Häuolichieit durch Musit
und Kunst zu vertiefen, ein gutes Buch
zur Hand zu nehmen, so lächerlich
elend gescheitert waren. Nichts anbe
reS sollte sie eben sein, als sein Spiel
zeug. Selbstständiateit im Wollen und
Urtheil lonnte er nicht gebrauchen an
seiner Frau, das war ihm hiichst un-»
bequem, und danach hatte sie sich zu;
richten. O Stumpssinn, o endlose-—
Orde! Und nun auch diese Quelle,
nach ber sie sich sehnte tote ein Ber
schrnachtendey zu der sie immer wieder
pilgeete mit müde-n Fuß und hungri
getn herzen —- die Liebe ihres Kin
des, die Wonne seines Besihes. auch
sie wurde ibr verschüttet —- lag schon
verschüttet unter unbegreiflicherGleichs
gültisbeit und blinder Eifersucht.
Wo gab es einen Weg aus diesem«
Wirrsalt hatte sie ilsn übersehen,
oou Anfang an den rechten Pfad
verfehlt, war sie in die Irre gegan
« gen. Jahr urn Jahr?
E Ober gab ej sin sie, die nicht« an
sderei getannt, als geschoben zu wer
sben, als ba weiter zu schreiten, wo
Ihkn man sie gestellt. doch tetne Zahl,
teln rechts oder lintii War es the
Die Mai.
Ich hab heut kein Verlangen nach Bier-J betell’ mal am
Büfm eine lafche Einwande. Kann gehst du nicht«-!- f
Sepv:. genier mich, Dankt'
unentrinnbares Schicksal gewesen«
das siean diese Straße trieb, sie
weitergehen hieß, immer dahin durch
öden. tiefen Sand? — —
..Gniidige Frau, der Herr Sirni
tiitsrath fährt eben ver." Jn dedu-.
tefier Haltung stand der Diener auf!
der Schwelle - ’
Eugenie fuhr erschrocken auf. »
Was. schen zwölf Uhr? So lange
hatte sie hier geträumt? Jhr tran
tes Kind vergessen, die tositare Zeiti
versireichen lassen, die ihr in Abwe
senheit ihres Mannes zu feiner Pflege
blieb? :
Sie tupfte mit dem Tuch ihre
brennenden Augen und ging eilig
in die Kindersiube.
Durch die andere Thür trat eben
der Arzt ein.
»Nun, meine gnädigfie Frau, seine
Hoheit, der here Ekbprinz nicht wohl?
Wo fehlt’s denn?« Er beugte sich über
das Bettchen und fah aufmerksam in
das tiefgeröthete Kindergesichi.
»Weil-il ziemliches Fieber. wass«
Eugenie nannte die Temperatur.
Angst-soll hinaen ihre Augen an den
ernstfreundliclfen Zügen des Arzte-.
»Na, dag- geht ja noch. Nun neh
men Sie ihn mal heraus, Frau
Doric, und bringen Sie ihn mir an
das Fenster, damit wir den Hals un
tersuchen tönnen. Aber, beste, gnädige
Fran, wozu denn so schreckensbleich
werdens Es braucht doch nicht alles
gleich Diphtherie zu fein. Darauf
läßt fchon her zwar rasche, aber durch
aus freie Athem nicht schließen-« Er
untersuchte schnell und geschickt den
tleinen, weinenden Patienten, und
wandte sich dann zu der jungen Frau,
die heruhigend die hönde des Kindes
hielt. »Da, sehen Sie. das Völkchen
ist nur minimal geeöthet, ein tlein we
nig geschwollen. und da haben wir ja
fchon die Ursache. Sehen Sie die to
lofsale Cmpsindlichteit der Ohren und
Umgebung? Der arme Schelm hat ei
nen tüchtigen Dhrentatarrh, der ihm
gehörige Schmerzen macht. Ja, ichreie
nur« Kerlchen. das darf dir teiner
übelnehmen. Thun die Oehechen sehr
weht Ja? Glas-Wo schon! Na, in
ein paar Tagen ists wieder besser.«
Cytrug selbst das jammernde Kind
in sein Bett zurück.
»Wir machen also vorläufig talte
Kompressem um die Schmerzen zu
lindern. Geben Sie ihm tühlende
Sachen zu trinten und Ruhe, weiter
ist nichts nöthig. Nachmittags komme
ich noch einmal wieder nnd veinge ei
nenOhrenspiegel mit, vielleicht, daß ein
leichter Eingriff gemacht werden tann,
der ihm früher von den Schmerzen
hilft. —- Sie haben noch etwas aus
dem Herzen, lleine Frau, ich sehe es
Ihnen an. Nur heraus damit!«
Euaenie stand in peinlicher Verle
genheit vor dem freundlichen Manne,
dessen butchorinaende, kluge Augen
mit forichendern Ernst auf ihr ruhten.
»Sie haben recht gesehen, lieber
Herr Sanitötsratls. Mein Mann
wünscht ---— ich werde mich dem nicht
gut widersetzen tönnen —-, er besteht
darauf, dafz ich heute Abend auf dem
Balle beim Präsidenten —— es ilt das
große, alljährliche Fest, wissen Sie.
nicht fehle. Mit welchem Widerstreben
ich daran dente —- die Angst urn den
Kleinen — es ist ja geradezu wider
sinnig, tanzen zu müssen, während
hier das arme, tletne Geschöpf vor
Schmerzen wimmert.« Ihre Stimme
schwankte von verhaltenen Thriinen
j »Meine liebe, gnädtge Frau, wenn
»Ihr herr Gemahl ei absolut wünscht,
dass Sie iden Ball besuchen, so thun
Sie·s in Gottes Namen. Angenehm
ist das nicht für ein Mutterherz, ge
wiß nicht. Aber fehen Sie, helfen
können Sie dem Jungen wenig oder
gar nicht. Meine Verordnungen ftthrt
Frau Dorts gut und gewissenhaft
ani. Die Schmerzen muß er eben
aushalten —- leider —- dapan tsnnen
Sie ihm nicht helfen,.und Gefahr ist
vorläufig nicht die geringste vorhan
den.« ·
»Ist das sicher, herr Dottor. un
bedingt sichert Jeh kann mich voll
und ganz daraus verlassen?«
t . a
! »Ich gebe Ihnen mein Wort als
Arzt. Der Junge hat ziemlich große
Schmerzen, das Fieber wird noch er
heblich steigen. Sie müssen sich aus
ein paar unruhige Tage gefaßt machen,
aber Gesabr liegt monientaii nicht vor-.
Und nun schonen Sie Jhre Nerven.
Tbun Sie Jhteni Gatten den Willen
timd rauben Sie dem priisidentlichen
Feste nicht ieinen strahlendsten Stern.
Schön ausgedrückt, was? Ja, sehen
Sie, ein so grober, alter Dotter tann
auch noch poetisch werden. Also, vie
Verantwortung hab-e ich, und ich den
te, der alte Stetten ist sich dessen nach
immer bewußt geblieben. Servukz
meine Gnödigftel Gleich nach drei
Ubr toniiiie ich wieder-«
lsiigenie blieb allein.
Keine Geiahrl Gott sei Dant!
Nur viele Schmerz-ins lind die
tonnte sie ihin nicht abnehmen. Nein,
abnehmen« nicht, aber sie bätte sie
doch gern erleichtert und gemildert,
wenn auch nur durch ein leises
Streiche!n, einen steundlichen Blick,
ein Lächeln —- tvas ersinnt eine rechte
Mutter nicht alles, um Leid und
Schmerz zu lindern! Eine rechte Mut
ter! War sie denn dass Durfte sie
denn das sein? Ach nein, nicht wieder
grübeln. Nicht weitergraben unter die
sem Schutt, wo Enttiiuschung und
Bitterteit bergedvch gethiirmt lagen.
" Die bezahlte Wärterin wiirde ihr
Kind pflegen, und sie selbst würde in
JSeide und Spihen gen-Mein mit
jSchmuck behängt zum Balle sahren
jwiirde die albernen, tausendmal ae
hörten Phrasen hören und beantwor
Jten müssen und in ihres Mannes Au
gen die Befriedigung lesen; daß er
wieder-mal der Besitzer der elegantesten
und bitt-schelten Puppe sei.
j Ach, wie sie sie dahin diese Schön
liseiti Wie sie sich danach iednte, statt
idieses sinnlich bewundernden, ewig sich
igleich bleibenden: »Mein schönes Weil-,
du Schönste von allen« —- einmal tret
sund schlicht: »Mein liebes Weib mein
lautes mein braves Weib« tu hören.
Aber nein, das alleti war nicht nötige-«
danach fragte niemand; nur vollkom
men schön. nur vollkommen unterthan
brauchte sie zu sein. ——- —
tFortseZitng solgt.)
Q-—
Tausende von Briefen haben nur
den Wert ihrer Freimartr.
Q- I I
Die lett-ersten Gesellen halten oft
am sestrsten zusammen.
O O O
Mancher brachte D aus einen großen
Fuss durch sein großes Maul.
. I O
Ade, Pasthiirner und S almeien,
Kaum terrnt ein sriedlch Tal euch
nvchx
Die Welt pseist andre Melodeien,
Und wär’i auch —- aus dem letzten
Loch!
- s- .
Jn Piiisburg hat man einen Einw
vnter gesunden, der eine Beitechunge
sum-ne von 35000 zurückgewiesen
haben will. Der Mann ist entweder
sghk ehelich, oder keiner von denen, die
die Preise herabdrücken.
I O It
Ein guiherziger Richter muß jener
NewYorlerKadi sein, der einenMann,
nachdem et vierundzwanzigsstnuen ge
heiraiei ins Gefängnis schickir. Der
Aerinste muß solches-Zurückgezogenheit
wirllich sehr beviirsiig gewesen sein.
i i i
Er: »Billigen Sie das Tanzen?«—
Sie: .Rein.« —- Er: ,Warum nichts«
—- Siu »Ich. es ist ja eigentlich nichts
ais ein Umarrnen mit Musikbeglei
tangk —- Er: »Nun, und was hoben
Sie daran quizusetenisp —- Sie: »Die
Musicbegieiiungf
Entnegie tät erklätk Geid isi
Schau-V Lei r ist aber Schemen kein
Geld. .
Das Spieleesiiksienium Monate hat
fest auch eine Konsiiimipm Wo aber
Mit-i Mecilenburgi
i « i
Mancher würde vor sich selbst heilloi
erschrecken,
Tät ihm Eigenliebennichi so viel ver
stecken