Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 22, 1910, Zweiter Theil, Image 11

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    Wenn Kreisel-ritt von
Tinte Isnkstkngki.
No. 511. Jhstern sin jetzt auch
windet gepiilyft und wisse Se was, ich
hen ganz dran vergeffr. Da lan- mer
sehn. daß mer alt werd un daß mer
sich nit mehr enit die alte Gebriiuche
verstehn duhn, wo einenr in die alte
Kontrie lieb un werth un theuer odder
eafpenfief, wie mer auf deitfch tagt
dUht, ware. Was war das for e Zeit,
die felige fröhliche thterzeit. Schon
Woche vorher hat met lamentiet, daß
dieMa dazu fehn follt, daß der thter
Röbbit ionrme dnht. Was ware trir
for gute Bunxe und Meedetcherx all
hen tner uns beheft als ob es Krifzcnefk
wär un wann dann der thtetdag
tvmme is, dann is mer fchon Morgens
in alle Früh aus den Bett un in die
nactiqe Behrft un mit nias an Als
fei Neitgxumsxvmet in das Haus un
in oie Jahed er gelaufe un hen nach
die Jliftetehls gesucht. Jn den dämpe
Grös hen mer am met-richte gesucht:
jedes Gräshiilmche hen mer eruni ge
dreht un was ten ntet uns gefreut
wenn mer eins von die schöne gelwe
mit Onjiens getvllerte Ehts gefunne
hent Jedes hat e kleines BLiSlet ge-’
habt un da sm die Ehtö eneiaeiegt
worden. O du mei, was iH das für
en Fonn un e Vergniege gewese, wenn
ener fo mit e ganze Böstet voll Ehts
windet ins Haus is! Dann bat als e
Rnhl e Feit gestatt. Met hat es doch’
nit den Weg errehnfche könne, daß
eins fo viel Ehts gefunne hat wie»
das annere, bilahs eins is fchnrartetf
wie das annere. Wenn dann fede-’
feine this gekannt hat« dann hat der?
Numpus gestatt. Die am wenigfte1
hatte, den verlangt, daß die annere
von ihre Ehts aufgewwe fellte, un
trenn die reffjuhft l;en, dann hen mer
uns gehaue for fehr, bis dann endlich
der Pa mit feine große Fieß daztnifches
getrete is un Die Feiterfch ihre Ehköl
all abgenomme hat. So is oft der?
schöne Daa niit e großes DisepenntsI
inent zn End nannr. Was is heutzu
Taan von die Jhstere siir die Kids
non-er aebliwwei Nat 1notfch. Nie
inand von se duht an den Jhsterrähbit
ala1:we. Wenn se e paar Svehrpens
niee hen, dann tause se sich in den
Fiebndiestodr Kehndieeier un das is»
all irae se sor kehre· Wenn mer auchs
als Ma dazu tenoe wollt, die schönel
alte Sitte aufrecht zu erhalte dann
tönnt mer es gar nit, bitahs eH aibt
teine Ehts mehr. Wenn mer sich se
nit selbst lege lasse tann ron die
Schickens, dann muß mer en Preis
dafor bezahle, daß eint die Ohre steif
stehn un mer tönnt dann grad so gut
Jedem von die Kids en Deimentring
laute .lln dann noch e anneres Ding,
nset nat bei jedes Eht den Risi, daß
es e böhd Eht is. Ich tann nit sehn
wag das noch gewwe soll.
Der Philipp, was mein Hosband
is, der will alles so gut wisse un mit
den hen ich emal in «Riegard zu die
Ehls gesproche. Er hat gesagt, in dies
erschte Lein dehte vie Gebieten-B nit
mehr so viel lege, als wie früher. Die s
Schickens hätte auch Menscheoerstands
triegt. Se dehte dente, sor warum
sollte sie so dunnn sei. sich mit die Ar-·
beit zu «tattere, bloß sor den eine Nie-(
sen daß mir Mensche ebbes gutes zus
esse hätte. Wenn sie sor ihren Trabell
wenigstens e wenia mehr tonsidderet
getriet dehte weni. dann wollte se noch
aar nias sage, awwer wie dehte se
denn von die Mensche behandelt wer'n?
Je Futter müßte se sich selbst suche,
aus jeden WetschtebbelsGarde dehte se
verdriwwe wer«n, aus Anast, dass se
mehbie e paar Lettisblättcher abtnap
rere dehte. Un wenn so e armes
Schiaen in die Nacht in sein Driem
emal e wenig gackere deht odder en
Rat-steh wo doch sozusage das Haupt
von vie Familch wör, deht morgens
süh, wenn er ausgeschtase hat« sei
stöhtiches Kieseritie ertöne lasse« dann
deht die Botizet einschreite nn der
Bahg iniiszt die Schickens abschesse,
Mahs die Nehbersch dehte tomplehne,
dass- se aus ihren Schlas gestört hehte
wee’n. Das wär atmet noch ntt at
lesx wenn sich so e armes Schtcken set
ganzes sen-e lang mit den Eieetege
aebattett hätt, »dann deht eines Pages
der, saht tonnne un dedt then den
ice-pp abseits-. For so e nndantbare
sgeskaschqft stache- se sich auch nie zu
ifiickrifeise un das wär ver Wiesen«
warum fe nit mehr soviel Ehls lege ;
dehte wie ftiislper —- e Riesoli von diei
immer weiter fchreitende Ziehviehlifa-z
tion. Dann is noch e anner Ding, hat !
der Philipp gesagt; wenn die Schickens !
wirklich emal den Rappel kriege sti
werzeit zu schaffe un zu lege, als obs
se die Welt biete wollte, dann miißte
ssdie viele Eier in Kalb Storetich ge
; legt werde, ior daß fe nit fpeule dehte, »
Jvas deht awwer Geld kofte un dies
sEckspenzes iniifzte off Kohrs von denl
sPoslit bezahlt werde; mer könnt doch.
Inn von die Dieieksch komisch-, daß sie«
;die Piebels e Fehiver dichn un auch
noch die Eckfpenzes bezahle folle.
Da hen ich gesagt: »Zchott.ibb, Phi
lipp«, hen ich gesagt, »du machst michi
sick m- keikki mit dein Tat-t; dies
Schickens lege grad noch fo viel wies
früher un es fin nur die Menfche wo’
den Preis so schrecklich in die Höh
.schrouwe, biiahs fe könne nit schnell
Egenug reich wer'n. Jch hen awiver
smein Meind aufgemacht Ich schaffe
mich Schickens an un dann wolle mer
emal sehn, ob mir nit jeden Dag un
sere gute lihls hen könne« mitnus dafi
mer so schreckliche hohe Preise for be
zahle mssr. Morgen gehn ich un kaufe
mich die Schickens un ich will, daß du
mich en Schickenluhp ficlie duhit. Die
annere Arbeit will ich un die Buwe
du-hn.« Da hat der Philipp gesagt:
·Ahlkechi eim ahn«, un jetzt wolle mer
emal fehn wie das Ding schaffe duht.
Mit befte Riegarvs
Yours
Lizzie Hanffiengei.
Die neue Hinterteil-.
’ 'U«I1ullss
»Versiche-! Sie denn auch mit Kindern
umzugelven'.-«
«Lv Ich das verstehe! Ich war fünf
undzquzm Jahre lang bei ein und dem
selben Hund«
Msm Ratt-.
k--I r--·
- »Ist-A -z
«kou:»1«en Hut sehe-M icli Jhneul Er
ist von meinem seligen Mann. Vielleicht
pa l er Jlmenl«
eltlcr lden arg zitacrichtelen Gut be
trachtenle »Ach Madame-um« wissen Se,
behalten Sen lieber. Vielleicht heiraten
Se noch wall«
Obersten-.
« i
Jllsmek »Noch eins-, ro waren seht ge:
mdc dreuclmt "
Its dein Anmut-alt ,
Dame (zn einem sie ver-folgenden
Domino): »Mein herr, Sie scheinen
mir ein recht lofer Strick- zu feink«
Domina: »Seht wohl, schöne Mag
te, darum suche ich ja eben eine An
tnüpfung!«
Schersstssr.
»Warum trinken die Frauen weni
get als die Männer?«
»Weil sie beim Trinken nicht reden
Löwen«
Hinter den Kulissen.
Als der französische Dramatiler
Drtave Mirbeau noch ein sehr junger
Mann war, veröffentlichte er unter
dem Titel Halbmenschen einen Arti
kel, in dem er iiber die Eitelkeit der
Komödianten manch kräftig Wörtlein
zu sagen wußte. Der Artikel
erregte einen Sturm des Un
wissens unter den Pariser Künst
lern, aber etwas wesentlicheg zu erwi
dern wußten die braven Leutchen;
nicht. Es ist eben noch heute eine tauml
zu leugnende Tatsache, daß nur ganzi
besonders kräftige Naturen und starke
Intelligenz dem die Eitelkeit steigern
den Einflusse zu widerstehen vermögen,
den die Schauspielerei auf jeden aus
übt. Der Schauspieler soll sich in je
den anderen Charakter hineinzufinden
wissen, und das neue Wesen wird ihn
bald drücken wie ein zu enger Schuh,
bald saltig um ihn herumschlottern wie
ein zu weites Gewand. Auf der ande
len Seite muß der Schauspieler jeden
Abend aufs neue mit Einsetzung feiner
ganzen Persönlichkeit um den Erfolg
kämpfen. Der Dichter-, der Maler. der
Bildhauer bieten dem prüfenden Auge
der Menge nur ihr Wert, nur ein
Stück, das sich losgelöst hat von ihrem
Wesen und als freie Schöpfung er-l
scheint, hinter der die Persönlichkeit
des Schaffenden diskret verschwindet.
Anders der Schauspieler. Seine
Kunst ist er selbst, das Kunstwerk das
er schaft, ist sein eigenes Ich. Kein
Wunder darum, daß bei den meisten
Schauspielern, je länger sie ihre Kunst
ausübem ein gesteigertes Selbstbe
wußtsein sich geltend macht, das oft in
Eitelkeit und Selbstbeweihräucherung
ausartet. Das alles ist freilich zum
größeren Theil ein Fehler des Berufes
und nicht der Persönlichkeit Deshalb
muß man den Schauspieler, der nicht
immer Einsicht genug mitbringt, den
zerriittenden Einflüssen seines Berufs
energischen Widerstand entgegenzu
seßen, eher bedauern als verurtheilen.
Um unfruchtbarsten ist dies egoistische
Hervordriingen der Persönlichkeit na
türlich für die Kunst selbst, die nur
gedeihen kann, wenn sie von reifen, in
sich abgeklärten und gesesteten Men
schen gepflegt wird. Um dieses Jdeal
zu erreichen, müßten wir freilich mehr
Künstler und weniger Komödianten
haben.
Mildernde Umstände darf man dei
Komödianten - Eitelkeit also immer
hin zubilligen, so störend und auf
dringlich sich ihre Aeußerungen auch
qeltend machen. Charakteristisch für
ihr oft über jedes Maß gesteigertes
Selbstgesühl ist« daß die meisten von
ihnen unter allen Umständen ihre Me
moiren schreiben müssen. Der leuchten
de Mittelpunkt solcher Auszeichnun
gen, die Achse. um die sich alles dreht,
ist selbstverständlich der Schreiber
selbst. Was sonst in der Welt vorge
gangen ist in der Zeit, da er lebte und
-nimte, davon spricht er taum. Aber
rewissenhast verzeichnet er jeden Lor
beerlanrz, der ihm geworfen, jeden
Orden, der ihm verliehen, und jedes
teutselige Wort, das von irgend einein
gekrönten Haupte einmal zu ihm ge
äußert wurde. So erzählt der be
rühmte Tenorist Roger in feinen Me
moiren über ein Gastspiel in Berlin.
.Der König von Preußen und der Kö
iig von Bayern kamen eigens aus
Botsdam herüber, um mich zu hören.
Der König von Preußen winkte mir
freundschaftlich zu, und als ich geru
ien wurde, trat er bis an die Brüstung
»seiner Loge vor, um mir zu applaudies
ren.« Aus Meß, das damals noch
sranzösisch war, weiß Roger über ein
Fest zu berichten, das ihm von begeis
jterten Artillerieossizieren gegeben
wurde· Jm Verlan dieses Festes habe
sich die Begeisterung für ihn derart ge
steigert, daß die Ossiziere ihre Hemden
auszogen, fle in Brand steckten und die
brennenden Hemden vor den Fenstern
aiishängten. Herrn Nogers Worte in
Ehren, aber man muß schon ein Ko
mödiant oder gar ein berühmter Te
nor sein, um so etwas zu erleben.
Belannt ist die Aneldote von dem
ersten Zusammentreffen zwischen Lud
wig Barnay und Ernst Possart. Bars
nay war schon ein Künstler von Ruf,
und Possart tvuszte das ganz genan.
Trotzdem begrüßte er den Kollegen,
als dieser ihm vorgestellt wurde, nur
mit den vertnissenen Worten: »Auch
beim Theater?« Ludwig Barnay selbst
hat seine Erinnerungen in zwei dicken
Banden niedergelegt, die natürlich
kaum ausreichen, seine phänomenalen
Erfolge aus allen deutschen und aug
ländischen Bühnen gebührend zu tolle
digen. Mit Vorliebe erzählt Barnay
darin, wie sein Kommen, wo er auch
gastierte, die erbeingesessenen Künstler
an die Wand gedrückt habe. So be
richtet er, wie er 1884 am Dresdener
Hostheater gastierte. Er habe sich dort
hauptsächlich deshalb nicht sest enga
gieren lassen, weil die zitternde Be
sorgnis sür sein Rollensach den dorl
alt gewordenen Schauspieler Karl
Porth zu allerlei, übrigens ganz ver
srühten und unnützen, Gegendemoni
strationen veranlaßte. »Mit vieler
Betonung riet er mir sein »·l’y sung
H koste-« entgegen.« Ueberhaupt äu
ßert sich ·Barnay über Kollegen, die
sich ihm ir endtvie mißliebig gemacht
haben, spez ell über Siegtvart Fried
mann, nicht gerade in sreundlichster
Weise.
Die Kollegen und die Konkurrenz,
die sie machen, sind ja den meisten
Künstlern ein Dorn im Auge, denn
ihre Eitelleit verlangt kategorisch, daß
das Publikum keine anderen Götter
have neben ihnen. So erzählt der Ko
miker Lassouche von der Zeit, als er
cm Saite-Theater in Paris engagiert
war, eine niedliche Anekdote von der
berühmten Dejazet, die 1857 im Gaite
gastiertr. An derselben Bühne war eine
Schauspielerin Leontine Rougemont
tötia, die sonst nicht ohne Erfolg das
Fach des gefeierten Gastes spielte. i
Die e Leontine Rougemont hatte die
Raivetäi, zu ihrer berühmten Kollegins
zu sagen: »Wissen Sie auch, das; ich
sdie Dejazet vom Boulevard du Temple
genannt werdet« Woran die echte De
jazet iühl erwiderte: »Das wundert
mich weiter nicht! Der Herzog von
Orleans hat in seinem Stall eine
Stute, die er Dejazet nennt."
Die gekränkte Eitelkeit treibt bei
Komödianten oft die wunderlichsten
Bliiten Jn Olrniitz verließ vor eini
aen Jahren ein Fräulein B. ihr Enga
grinent, weil sie sich von einem dorti
gen Kritiker ungerecht rezensiert glaub
te. Jn ihrer Abschieosvorstellung hielt
sie zum Schluß an das Publikum die
frlgende Ansprache: »Die Muse hat es
sich gefallen lassen müssen, die Säulen
ihres Tempels in einem Kuhstall ge
gründet zu sehen; er war bisher mein
Glück, ich fühlte mich darin heimisch
und zufrieden, bis mich eine grausame
Feder mit dem Giftgesicht daraus ver
trieb."
s Der Charakterspieler Otto Lehseld
war bekannt dafür, daß er sich nach
Schluß der Vorstellung nur schwer
wieder aus der eben gespielten Rolle
lieraugfinden konnte. Eines Abends
war er in Weimar als König Richard
llt aufgetreten. Als er nach Haus
z lain setzte ihm seine Frau ein etwag
Imiszrathenes Beefsteat vor Lebseld
leistet davon, schleudert dann den gan
zen Teller wütend aus die Erde und
rust empört: »Und das soll ein Essen
fiir einen König sein?!«
Als Gegenstiick zu diesen lleinen
Zügen loniödiantischer Eitelkeit sei
»zum Schluß noch erwähnt, daß es auch
einmal einen bescheidenen Bühnen
tiinstler gegeben hat. Dieser seltene
Vogel hieß Easpare Pacchiarotti. war
Sänger und ist in Padua allerdings
jbereits im Jahre 1821 gestorben. Jn
lscinem Testament, das er wenige
Stunden vor seinem Tode diltierte,
steht folgendes zu lesen: »Als Beweie
dafür, wie sehr ich die erhabene Ge
sangslunst stets bewundert habe, gebe
ich allen Sängern, die nach mir kom
men, nachstehende Rathschlöoe——·aller
dings in der festen Ueberzeugung, daß
niemand sie befolgen wird. Erstens-:
Ehe du vor das Publikum trittst,
priise dich sorgfältig, ob deine Mittet
iauch ausreichen, ihm zu gefallen.
Zweitens: Sei streng gegen dich selbst
lund traue nie dem Lob der Kollegen.
’Drittens: Tritt nie vor den Vorhang,
wenn du nur- von vier oder fünf Per
sonen gerusen wirst. Vierteng: Wenn
du detonierst, gib nicht dem Orchester
die Schuld. Fünftens: Schreibe nie
selbst, und veranlasse auch nicht ande
re, dich in den Zeitungen zu loben.
Sechstens: Sagt dir jemand, geh vom
Theater ab, du passest nicht dahin, so
salle ihm um den Hals-. Er ist dein
wahrer Freund.« Solch ein weißer
Rabe unter den Koniödianten ist gewiß
die größte Seltenheit. Jch fürchte ..
wir werden nimmer seinesgleichen se
ben!
i
Jin tiefen Keller.
Als ich das Vorige Mal das schöne
Lied »Im tiefen Keller sitz ich hier«
so recht aus voller Brust sinien hörte,
da stand ich droben auf der til-ern
bnrg bei Münster am Stein. Einer
von drei fahrenden Gesellen, die
von Heidelberg aus, die sclsöne
Nheinpfalz durchwandernd, Ruheg
heim zustrebten, schcnetterte eS in
das Thal des goldenen Nahe
weing hinab. Wir tamen ob dieses
»Unstimmigteit« in einen lustigen
Streit über die Frage, wo es sich bes
ser trinke, oben auf Bergeshöhe, hoch
über der Erde Sorge und Alltag, oder
unten im tiefen Keller, wohin tein
Ton der Auszenwelt dringt? Die An
sichten gingen sehr verschiedene Wege,
Zeit und und Ort, Alter, Charakter
und Beruf wurden mit in die Debatte
gezogen und schließlich lam es zu ei
nem Vergleich: § l. Getrunten wird
allemal. §2· Oben freudiger. §53.
Unten gründlichen §4. Ausnahmen
bestätigen die Regel!
Ein tiefer, liihler Keller war schon
im alten Aeghpten, bei den Jsraelitem
in Hellag und in Rom der Stolz des
haufesk Aber die Poesie des Keller
trunts ging erst dem deutschen Mit
telalter auf. Der Kellerschliissel ge
bührte deni Hausherrn, und stieg er
hinunter, um einen guten Tropfen zu
zapfen, so war das ein weihevoller
Augenblick. Was dein einzelnen Bür
ger recht, war der Gemeinschaft der
Bürger natürlich billig. Das ganze
Mittelalter hindurch waren die »ou
blique« Keller ldie Stadt- und Rats
leller) die besuchtesten und vornehm
sten Trintstäiten. Jn ihnen führte
der Kellermeister ein gar strenges Res
iment. Ratsherren, Edle sonderten
ch von den Bürgern, nicht selten sich
den Wein, jenen das Bier zuerteilendt
tir vornehme Gäste gab es eigene
ftühle und lauschige Eckchen, oft mit
einer hunstvoll aus Glas oderSchmie
deeisen gefertigten Rose am Kunstge
wölbe, wo dann ganz im Vertrauen —
sud rot-u »- der hochmögende Bürger
meister mit dem kaiserlichen Burgvogts
gewichtige Reden tauschte. Ost genug
gab es im Keller Zank und blutige
Köpfe, und daher war in vielen Städ
ten das Waffentragen im Ratsleller
verboten.
Dem schönen Geschlecht verschloß
man nicht immer die Thür und das;
war sicher zum Vorteil des Umsaßes,«
denn damals tranken die Frauen an
ders wie heute! Was so einer fürstli
chen Dame an Wein und Bier geliefert
werden mußte, wenn sie einmal eine
Stadt durchreiste, ging nicht nach Glas
und Flasche, sondern nach Eimern und
Fässernl Es ist bekannt, daß die schöne
Philippine Weiser jedem ihrer Gäste
— und deren waren nicht wenige, denn
sie war eine Freundin der Geselligieit
—mit einem Paßglcrs rothen Tirolcrs
zutrank, und daß die Ritter sie zu häu
figer Wiederholung dieses Willkom-«
mens veranlaßten, »weil sie eine so;
feine Hüut hatte, daß man sah, wie der«
Wein ihr durch die Kehle rann«. ’
Magistrat und Landesherr waren
Weinhändler mit bedeutendem Umsatz
und Lager und überboten sich gern in
»großen Fässern«, von denen viele noch
heute berühmt sind. In ihren Kellern
führte der Humor eine unumschränlte
Herrschafsk »mitgesan·qen, niitgehan
gen« hieß es, ein Nachtragen der oft
recht derben Späße sollte nicht sein.
Launige Sprüche Und Lieder, Karten
und Würfelspiele und die verwickelten
Trinlvorschriften wurden hier gebo
ren. Drollige Bier- und Weinnamen
gab eg in jeder Stadt, wie z. B. Klotz
milch, Biet den Kerl, Gulgut, May
notz, Mord und Totschlag, Surius,
Krügen Dreimännerwein. Dazu ge
hörten natiirlich ebenso merkwürdige
Trinkgefäße. Eine Chronit aus dem
16. Jahrhundert bemerkt darüber-:
,,Heutigen Tags trinlen die Weltlini
der und Trinthelden aus Schiffen,
Windmühlen, Laternen, Sackpfeifen.
Schreibzeugen, Büchsen, Krummböri
nern, Weinwagen, Weintrauben, Ae
pfeln, Birnen, Affen, Pfauen, Bauern,
Todtenfchädeln, Bären, Löwen,
Hirschen, Rossen, Straußen, Katzen,
Schwamm Schweinen und anderen
ungewöhnlichen Trinkgefchirren«. Von
diesen Becher-formen kommen die Be
zeichnunaen für die Stadien und Fol
gen des Rausches: Spitz, Affe, Bär,
Later! Bei vielen dieser Gefäße, be
sonders bei größeren, zum Antrunt
bestimmten, war irgend ein ,,Scherz«
angebracht. Neigte der Trinler z. B.
einen silbernen Pfau zu sehr, so schlu
gen ihm die schweren Flügel um die
Ohren; oder unterhalb der Trinlftelle
befanden sich tleine Löcher, die der
Eingeweihte mit dem Daumen oder
mit breiter Unterlippe zuschloß ——
dem Neuling aber lief das Naß aufs
Gewandt Das grüne Gewölbe in
Dresden enthält viele derartige
Scherze und im Berliner Märtischen
Museum befindet sich der berühmte
Ratsherrnbecher aus Lippehne, ein
Glaszhlinder von anderthalb Fuß
Höhe und dreiviertel Fuß Durchmes
ser, der die Inschrift trägt:
Qui-s bit-it ON Irr-gu
tij THA( litt-usv tin-ihn t!l«-.
Sonst wiiren die junaenRathsherren
nie zu einer frischen Blume gewin
men! «
Die Gegenwart hastet über die alte
Gemüthlichteit hinweg. Es werden
auch heute nochRathsteller gebaut, aber
sie sind so neumodifch, daß der alte
trinlbare Genius loci schaudernd ent
weicht. Heute will der Bürger in Pa- ;
lästen trinken. Wirklich alte Keller
sind nur noch wenig in Betrieb. Zu
nennen wären die Ratgteller zu Gera
und in Bremen, das Schifferhaus in
Lijbel, das Haus Seefahrt in Bremen,
der Schweidnitzer Keller in Breslau,
die Lur-Höfe in Elsasz, Auerbachs Kel
ler in Leipzig, Esterhazyteller inWien,
Lutter und Weaeirer in Berlin. Da
mit soll aber nicht gesagt sein, daß,
wenn auch die Keller der Zeit vielfach
zum Opfer fielen, im deutschen Lande
nun auch feuchtsröhliche Laune und
trinlfeste Seßhastigteit verloren gegan
gen sind. Oh nein!
Noch gibt es einen Rest Kellerpoesie
und wirklich tiefe Keller. Jn allen
Welngegenden lzumal findet man noch
solche oft weit in das Felsengestein ge:
trieben und von Sagen umwoben, wo
sich der Fässer Reihen endlos dehnen.
Oder you stößt aus ein unterirdisches
Plätzchen, das sich ,,Privat:.Kr-ntor'·
nennt und dag nur Auserwählte betre
ten diirfen. Mitunter höchst einfach,
niitunter aber auch sehr üppig einge
richtet, sind diese geheimnifkvollentljiini
tel stets bereit, die Perlen des Keller-Z
in das hellste Licht zu setzen. Marten
lrmmen da zutage, Martenk Auch
mancher Privatmann hat sich in seiner
Villa ein weinfeuchteg Burgverließ ge:
schaffen — — wie in Tegel ein belannter
Berliner Possendichter in höchst eigen-.
händiger Arbeit -—- und ich behaupte,
es gibt in jeder großen und kleinen
Stadt solche heimlichen Weinwintel,
seien es auch nur tleine Stäbchen hin
ter Apotheker- oder Kaufmanns-leiden
Wer sie gefunden hat, sei dankbar und
verschwiegen! Sie bergen oft Köftli
cheres als die Londoner Docks und die
goldstrotzenden Prunlteller der ameri
kanischen Milliardäre, in denen Wein
fontänen sprudeln, wie bei weiland
Kaiser Franzens Krönung in Frank
surt am Main.
Kurzsichticn
Daisy: »Was macht denn der Pro
sessor bei den Rosen im Garten? Suchti
er Blattläuse?« l
Dolly: »O nein. sit ist sehr kurz
sichtig. Er sieht sich nur die Gegend
an.«
Unglücke-fällt von Cis-nimme
Zug-stellten.
Jm Bericht des Arbeitsamtes, Ab
theilung fiir Handel und Arbeit, findet
sich eine Abhandlung über Unfälle, die
in der Zeit von 1888 bis 1907 den
Eisenbahnangestellten im Staate New
Jersey im Dienste zugestoßen find. Die
Aufstellung gründet sich auf sorgfälti
gefouellenstudium nach den Berichten
der Kommission für zwischenftaatlichen
chen Handel und der verschiedenen
staatlichen Eisenbahn - Kommissionen,
und hat den Zweck, einmal eine ge
naue Uebersicht über die Gefahren des
Dienstes unddie Häufigkeit und Art
der Unglücksfälle unter den Angestell
ten der Bahnen zu gewinnen. Es ist
schon so viel davon die Rede gewesen,
daß es eigentlich nie bekannt wird,
wenn den Bahnbeamten selbst etwas
zuftößt, außer wenn gerade ein bedeu
tenderes Unglück vorliegt, und auch
dann werden die Beamten nur so ne
benher erwähnt, weil ja in solchen Fäl
len den übrigen Verungliiclten gegen
über ihre Zahl verschwindet. Nun ist
aber schon von manchen Seiten darauf
aufmerksam aeniacht, daß der Eisen-—
bahndienft an und fiir sich, auch ohne
besondere größere Unfälle, fortwährend
Opfer fordert, und daß man in der
Oeffentlichleit diese Opfer zu wenig
beachtet, hie und da freilich auch zu
hoch einfchiitzt und übertreibt. Da
durch kommt diese Seite der Unfallfta
tistii aber in ein a...cz falsches Licht
und deshalb ist es gut, daß einmal der
Anfang gemacht wird. einen klaren Be
griff Von der Sache zu gewinnen.
Es handelt sich in dem vorliegenden
Falle zunächst um ein verhältnismäßig
kleines Gebiet nnd um einen Zeitraum
von 20 Jahren· Das darf man nicht«
vergessen, trenn man die Zahlen liest,
die siir die Zeit sowohl wie fiir den
Raum eine erschreckende Höhe aufwei
sen. Ermittelt wurden durch die Un
tersuchung in dem genannten Zeitraum
im Staate New Jersey 18,555 Un
glücksfälle, wovon bei 18,002 die Ur
sache angegeben war. Durch Verthei
lung der Unfälle auf die verschiedenen
Beschäftigungszweige, wie Stationsbe:
amte, Zugebedienstete. Werkleute, Auf
sichtsbeamte, Trachtarbeiter u. s. w. ist
die Möglichkeit gegeben, auch die grö
ßere oder geringere Gefährlichkeit der
einzelnen Dienstzweiae und die Ver
antwortlichkeit der einzelnen Beamten
festzustellen Da finden wir, daß von
den Unglückgfällen, denen Bahnange
ftellte außer den Stationsbeamten,
Wertleuten und Zugbediensteten zum
Opfer gefallen sind, 93.9 szent
durch fahrende Züge, Lolomotiven oder
Wagen veranlaßt wurden, während der
Tod von Stationsbeamten in allen
Fällen, der von Wertleuten zu 85.3
Prozent, und von Zugbeamten zu 95.6
Prozent auf diese Ursachen zurückzu
führen ist. Von sämmtlichen in Frage
kommenden llngliicksfällen lamen 93.5
Prozent auf Rechnung von fahrenden
Zügen, Lotomotiven und Wagen. Aus
der Ursache der einzelnen Unglücks
fälle geht hervor, was ja auch schon bei
anderen Bahnunfällen verschiedentlich
hervorgehoben ist, daß eine ganz be
denkliche Anzahl der Gleichgültigteit
oder dem Leichtsinn, wenn nicht gar
strasbarer Fahrlässigleit und Pflicht
verletzung der Angestellten zur Last
fällt. Die Gewohnheit stumpft eben
ab und die ewig drohende Gefahr
macht den Menschen aleichgiiltig gegen
sein eigene-J Leben und gegen das sei
ner Liliitmenscben lWH «P.)
Erklärliän
»Sie meinen, die Weiber widersprä
chen immer den Männern —-— ich ers
tläre Jhnenx wenn ich eine gefragt
habe, bat noch nie eine »Nein« gesagt!"
»Wer sind Sie denn, daß Sie sich
in unser Gespräch mischen?«
»Ich bin — Stiindegsbeamter."
Heirathvkunsh
»5 ist doch inertwiirdia: Kaum
zwei Monate aelst Geheiinra«hs Gre
te zn Professor Spachtler in die III-at
stunde, nnd schon ist sie verlobt!«
»Ja der Einladung zur Theilnahme
an dem Rursns war ja auch ans
driicklich gesagt: ,,11ntermeisnng ini
Freien«!«
Eine bekannte stleiderniacherin bes
haupiet, daß die best getleideten
Frauen die prächtigsten Aussichten ha
ben, die Herzen der Männer zu er
obern. Das mag sein,« aber wenn die
Männer später die Rechnungen der
Schneiderinnen zu sehen bekommen,
gehen die Frauen oft der Herzen der
Männer wieder verlustig.
Mondschein Whiskea, der kurzlich
von Bundegbeamten beschlagnahint
wurde, enthielt, tvie die Analyse fest-·
stellte, roten Pfeffer, Karbolsänre und
Tabatssast Stein Wunder, daß die
Beantwortung der Frage, was Wins
key ist, der Regierung so viel Schwie
rigkeiten macht.
Zwei neunzigjährige Russen haben
sich wegen einer auch nicht mehr ganz
jnngen Wittib geschlagen Nun nen
ne noch jemand Rußland eine kühle
Gegend.
Jn Saginatv, Mich» lebt ein Mann
von neunzig Jahren, der den Hallen
schen Kometen bei seinem Erscheinen
vor 75 Jahren von einem Hügel and
beobachtete. Na, die Freude, wenn sich
die beiden alten Herren nächstens wie
dersehent