Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 08, 1910, Zweiter Theil, Image 16

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Es kam anders.
ssine knstig Fürstenbesuchsepifooe von
Ostar Ungnad.
Ein Sommertag mit schönsten-Wet
ter in einer Provinzialgroßstodt. Die
senze Bevölkerung war aus den Bei
sen und staute sich in den Hauptfun
Dn in drangvoll sjjrchterlicher Enge
M allzu höasig geschah es nicht,
daß det Lsandesfürst seine »gute
Haupts und Residenzstavt besuchte«.
und so wollte sich niemand diese be
queme Gelegenheit, jenen in Petsona
zu sehen and ihm zujubseln zu tönnen,
entgehen lassen.
Schon von den frühesten Morgen
stunden an sammelte sich in den Stra
sen, die der hohe Brsucher Wechsel-ten
oder duechreiten wollte, das Publikum;
tin Laufe des Vormittags stieg die
Zahl der Zuschauer, und gegen Mkttan
hatte sich schon fast ein Kämper um
die besten Plätze entspannen
Unter denen, die mit zuerst augae:
rückt kosten. um ihrem Fürsten zu but
W, befanden sich auch Herr und
Frau Vogel· Paul ; so hieß er -—
nnd seine hete —- sie --— mußten dabei
sein. Eigentlich wollte er ja nur allein
hie-gehen, aber sein resolutes Ehegei
sponst ließ nicht eher locker, bis sie sich.
ihre Mittvirtnng an der Dränqelei ge- «
M hatte. Damit war her-en Vogel ;
schon die ganze Lust an dem Fürsten ;
besuch verdorben. (
Scholl am Abend vorher Haue er u
seireem Stammtischtreisfe »Zum großen
Topp« seinem Mißmuih iiber die
Theilnahme seiner Gattin Ausdruck
gegeben. Dort kannte man aber die
Zieldewußtheit des Vogelroeidcheng u.
hatte unter allerlei spöltelnden Redens
arten Zweifel daran geäußert. dal-,
Paul seinen Willen, allein Seine Ho
heit zu begrüßen. durchsehen würde.
Des Hutte ihn natürlich geärgert, und
lau-hatte er vernimmt den Stammtiich
einlassen mit dem festen Entschluß,
mit allen Mitteln seine here »von dem
gesiürlicheu und unaesniitlzlichen Ge
tos-gel« zuriickzudallem Er hatte auch
seine ganze Liebenswiirdigleit und Be
rodtsamckeit aufgewandt, war aber von
seiner Eheliebsten immer oertröstet und
sit-gehalten worden mit den Worten:
.Mn doch mal erst sehen. long inor
gen für« Wetter ist« wenn ec- qießl,
bleibe ich zu Hause-« Herr Vogel
mußte sich damit zufrieden geben und
legte sich schließlich mit dein Herzens
wnresche ins Bett, daß es morgen »reg
uen möge. soviel vom Himmel runter:
tarm«; ehe er sanft entschlummerte,
serslochl er eine ähnliche Phrase sog-at
in sein AbendgebeL
Ei hatte ihm aber alles nichts aea
nist. Denn als er Morgens gegen 5
Uhr die Augen öffnete, lugle er in
den schönsten Sonnenschein hinein.
Mit-stand es unumsiößlich seit, daß
W Dete Vogel mit von ider Partie
ste. Ist gestrenger Gemahl hatte lich
denn auch ohne weiteres in sein Schick
sal gesiigi und so waren sie selbander
sei Zeiten losgezogem um einen guten
Pius zu ergattern.
Nun waren ne schon irunoenmna
unterwegs. Ueber-all, wo seine Frau
sich postiren wollte, in der Meinuna,
dort gut die Straße übersehen zu kön
nen, schob ihr Mann sie anfanas sanft
aber energilch und schließlich derb nnd
rücksichtslos weiter, weil ihm der Platz
durchaus ungeeignet erschien. Jn
Wirklichkeit war er aber dafür, dass,
seine Frau nicht daheim geblieben
war, rachsüchtig genug, sich jetzt einen
Standort zu wählen. wo aedriingelt
wurde, das; seiner Frau Hören und
Sehen verging.
Schließlich glaubte er solch an
genehmes Fleckchen Erde gefunden
zu haben, deshalb blieb er denn plök
lich stehe-, indem er rief: »So, hier
an der Ecke pflanzen wir uns aus: bier
sehen wir die Wagen erst in der einen,
dann in der anderen Straße, und au
hevdem müssen sie um die Ecke lang
sam fahren.« Das schien seiner besse
ren hälste denn auch einzuleuchten; da
se aber nicht die arglistigen Hintergr
danken ihres Mannes tannte, bedzchte
sie nicht, daß gerade aus den von ihm
erWen Grün-den im entscheidenden?
Augenblicke an ihrem Standorte das«
Drangen nnd Drücben ein direkt
»Machde werden würde
sum e stand und wischte sich
des Weiß von dem gerötheten Ant
lit; nnd hinter ihr, bald rechts oder
links neben ihr, je nachdem er durch
das Mbl stichdben wurde, ihr lie
sehst-ab shsmäsch von dem einen Ge
W beseelt, der ihn seit dem Er
’M Dicht verlassen hatte. daß durch
das W enger werdende Gen-var
Were seiner «eigensiunigen
« eise Ielinde Ohnmacht be
stes-. Aber st- schisu »vie!
and Hieb noch immer
« . , die sen schon
, 7 M ra
« M der freuder
jsatte sen se lange im Stillen geheg
ien Wunsch nicht mehr in seinem hu
sen bewahren. und et sagte deshalb
Leise zu einein mitterweile an ihn
herangefchobenen Herrn: »Ich möchte
bloß, daß meine Frau hier mal ohn
mächtig wird, dann wird sie sich in
Zukunft nicht meer in so’n Georiingek
begeben, nnd mir immerfort um Rock
zu bou :neln!« i
Der Betreffende hatte iiber die ihm«
zuqezisckelten Worte herzlich gelnchij
und fech dann scheinbar willenlos wei
terdröngen lassen. Das hatte er aber
der selbst ein Spaßoogel war. nur ge:
schehen lassen, um näher on diejenige
heranzukommen der jener fromme
Wunsch galt, und der theilte et denn
sofort Paulchens Worte ebenso leise
mit, wie er sie vernommen hatte. Da
blitzte es einen Augenblick vor Muth
ini Gesicht der Frau Vogel auf, dann
waren die Unwiltenefalten oler sofort
wieder gegliitiet, nnd nichts oerrietky
tw- in ihr vorging. ,
Der Landessiirst ließ sehr lanae auf
sich warten, eo ist ja die-Z ein Vorrecht
vornehmer und ganz vornehmer Herr
schasten. Die hiye wurde immer uns
erträglicher· Frau Vogel war es
manchmal, als oh sie das Sieben hier
nicht mehr ertragen könnte, aber sie
biß sich auf die Lippen und hielt aus«
sie wollte die ihr von ihrem liebens
würdigen Gatten herbeiaewiinschte
Schwäche nicht zeigen. Indessen wur
de diesem imsmer »mulmiger« zu
Muthe, er hatte den Hut weit ins Ge
nick gerückt und pustete wie eine Loto
invtioe. Er neigte nämlich ziemlich
start zurn Embonpoint, eine Neigung,
die im Verein mit seiner zweiten siir
einen hier nicht erreichbaren srischen
Irunt edlen Gerstensastes. ihm das
Verweilen in dieser Enge und dieser
Hipe zu wahren höllenaual machte.
Schon wollte er einmal sagen. daß
er doch lieber Pius machen würde.
alser er riß sich wieder zusammen und
brachte nur sich selbst zum Troste seine
alte, selbst vaiirte Liedlingssentenz
her-aug: «Ersteni tommt ei immer
anders und zweitens als man dentt!'
Dann schwieg et lange still. sein
Wißbiichlein schien versiegt Seine
Frau tannte diese Ruhe. sie blickte
ihn bedeutungsvoll an, dadurch reiste
er sich noch einmal aus zu dem lautes
Gelächter auslösenden Witzchem »Hm,
mein Bauch hat schon Quetschsalten!«
Baid darnach war aber seine Geduld
zu Ende, und ziemlich unwirich meinte
et: »Na, wenn alte anderen noch län
ger Lust haben, sich wie Oelsardinen
in der Blechbiichse zusammenaserchen
zu lassen; sehe ich noch lange nicht ein,
warum mein Bauch das Fett dazu lie
zsern solt. Jch geh« iehsp
z »Ich denke. Du wolltest warten, du«
»ich ohnrniichtig werde?'· fragte seine
Frau piquirt zur Heiterkeit des Publi
tums. « »Nein. nein. komm man, ich
tann nicht mehr. mir ist schon ganz
.J·chlecht!'« stöhnte er fast. Und als- sie
nun bemerkte, daß er wirklich ganz
; bleich im Gesichte wurde, siegte doch ihr
Iguteg herz. und sie suchte sich mit ihn
dem Gedärnge zu entwinden. Dabei
konnte sie sieh aber nicht vers-agen,
möglichst laut zu bemerken: »Ja, ja,
Paulchen, es kommt immer anders: ich
follte ohnmiichtig werden« statt dessen
wirst Du es.'· Lautes Beispllslachem
mit dem der bewußte Zwischenträger
zuerst begonnen, tönte ihr nach, als sie
für ihren Mann mit den Ellbogen
Platz in den Reihen schaffte und ihn
so aus der Menge hinausdugsirtr.
Gerade als beide ein Lokal in einer
Seitenstraße betraten, vernahmen sie
das vieltauiendftiinmige Hurrah, das
den vorüberfahrenden herrschet in der
Dauptsiraße begrüßte —- Qb here
Vogel den Aufenthalt in dem Refun
rant nur zur «Rrsiaurirung seines in
neren Menschen benutzte, oder ob auch
seine standhaftere Ehehölsie «ihren
Seni« dazu gab, wissen wir nicht.
Sicher- ift nur, daß er sein Bäuchlein
zu hause kuriren mußte und es nie
wieder ins Gedränge trug. Jn Zu
kunft ging Frau hete stets allein,
»wenn wo was los war'.
Defects-L
« Ein junger Polizist hatte einen alten
Laut-streichet in die Zelle zu führen und
machte dabei die wohlgemeint-e Bemer
kung: »Bei-taugt Stufel«
En- vewchtunqövollec Blick des Arte
fmnteu lohnte ihn —— .Junger Manch
die Stufe kannte ich scheu-, ehe Sie auf der
»Mit munt«
Va- böie Gewissen.
Humor-rate von Lvdia von
Steinwalter.
Frau Oberleutnant Lisa Rettwii
saß wie eine getniclte Lilie aus der
Kante ihres Speisezimmersosas und
starrte abwechselnd aus die wunder
hiibsche und hochelegante Toilette,
welche aujgebreitet vor ihr lag, und
aus die Rechnung iiber dieses Schnei
dertunstwert, die sie rathlos zwischen
den zitternden Händen hielt. denn die
Summe wies eine Höhe aus, welche
sdai ihr von ihrem Mane zugesiam
sdene Toilettenbudget um 100 Mart
Hüberstieg
; Was sollte sie ieht beginnen? Das
HKleid war hier« war reizend und le
lig ihrem Geschmack entsprechend: je
der wiirde sie bewundern, wenn sie
darin erschien. Aber wie sollte sie nun
die Sappe, die sie sich eingebroat
hatte, aujessens
Das Kleid zurücksenden? Daran
konnte sie gar nicht denten! Ersten-,
weil es viel zu hübsch war, als dass
ihr das eingefallen wäre. und zwei-I
ten-, weil sie den Preis dasür nicht.
von vornherein vereinbart hatte. so-!
mit also bezahlen mußte, was man’
von ihr sordertr.
llnd dazu schrieb dieser unver
schämte Mensch von Schneider noch,
er hoffe. daß er sie auch bezüglich der
Höhe des Preises zufriedengestellt
habe, in Berücksichtigung dessen, daß
das Kleid nach ihren Angaben aus
da- Feinsie ausgesiihrt sei.
Jhr Mann würde allerdings nur
schelten, daß sie vutzsiichtig und eine
schlechte haussrau sei, welche das
Geld tnit vollen Händen zum Fenster
hinauswerse —- und dann war ihr die
ganze Freude an dem schönen Klei
dungestiick siir immer verdorben —-.
Da- mußte alio anders- angefangen
werden! ——
Sie dachte eine Weile nach. Möh
lich erhellten sich ihre Gesichtsziige. sie
sprang oom Sitze auf und wirbelte«
jubend durch das Zimmer.
»Ich hat« — ich hab’g!« ries sie
fröhlich, und schon im nächsten Aus
genblia nahm sie das Kleid, um es
einstweilen in den tiefsten Tiefen ihres
Schrantes zu verbergen. dann ergriff
sie Hut und Schirm und eilte in der
Richtung des Kasseehanseg, welches
ihr Vetter, der Leutnant Ewald
Mein. der bei demselben Regiment
wie ihr Mann Dienst that, stets Rach:
mittags zu besuchen pflegte.
«Bestellen Sie. herr Leutnant
Meter möchte die Giite haben und so.
sort einmal heran-warmem eine
Dante wünsche ihn zu sprechen!'« rief
sie dem nächsten Dienstmann zu, ihm
ein Geldstüa in die Hand drückend. - —
Ewald Meier koar sichtlich über
rascht. »Du hier -—- Lisa?« sragte er
sast erschrocken und bot ihr die Rechte
zum Gruße. »e- ist doch tein Unglück
geschehen bei Euch »T«
»Nein, Ewald « noch nicht,« gab
sie besänftigend und oialsagend zurück·
»aber -— es soll —- es musz etwas ge
schehen, zur Vermeidung eines solchen,
und dabei sollst Du mir helfen. Es
handelt sich um Karl. Ei liegt mir
daran. daß ee einmal von Euch, sei
nen Kameraden, verführt wird, zu
einer recht fröhlichen Sihung im Aa
sino oder in einem anderen Gasthause
—- aber die hauptsache ist dabei« daß
es recht lange dauert, wenn es ihm
auch eine Anzahl Scheine kosten und
er nachher ein recht böses Gewissen
haben rotirde —" erttiirte ste eifrig.
.Ra, wenn"s nur das ist« Consist
chen, das wollen wir schon machen!
Auch das mit den —- Scheinen wird
ja nicht allzu schwierig sein! Aber,
was zum Kuckuck soll das alles bedeu
ten, Lisa?' fragte er, noch immer der
dast tther das sonderbare Antwer
welches da an ihn gestellt wurde
»Ja, weißt Du, Ewatv, -— hm -—l
er war schon so lange nicht unter lu
stigen Menschen, und das taugt nicht-.
Er ist zu hause mürrisch und ver
drossen, und da möchte ich, daß er sich
wieder einmal gründlich ausheitert —»
so recht gründlich —--- und darum «—'«
»Na, Lisa, —- wer Dir das glau
ben soll«, unterbrach der Vetter un-;
gläubig ihre Rede .Doch das- geht
mich ja auch gar nichts an.«
»Alle —- abgemacht?«
«Abgernacht!« entgegnete er, und
schlug in die gebotene Rechte ein, und
gleich daraus war Frau Lisa hinter
der nächsten Straßenecke verschwun
den. —
EH war am andern-lage tutz var
dem Mittagessen, als eine Ordonanz
Frau Lisa Rettwig die Betschast ih
res Gatten überhrachte, sie solle ihn
heute zum Essen entschuldigen, er sei
so dringend itn Kasino zu einer Feier
eingeladen worden« daß es ihm un
möglich sei, bis zurn Nachmittage los
guts-aiment
»san« Ewaldl Jest geht die Uhr
richtig!« slttsterte sie stillvergnügt ver(
sich hin, und We sich sehr zufrieden
allein zu Tisch. Alter sie- ssußte airchj
das Abend-drob ehe ihren Gatten ein
nehmen, und sie mochte nachher sogar
schen eine gute Weile siist träumend in
Mut seinen gelasen haben, ais
der Oberlesntnani leife ins Zimmer
gefchlichen tarn und möglichst undisk
bar fein Lager anfinchtr. »- —
Der herrliche Sonnenschein lugte
bereits neugierig durch die Gardinen.
als der Oberleutnant Rettwiy aus
dem erften tiefen Schlaf erwachte. Er
fah nach der Uhr — sie zeigte auf drei
Viertel auf Elf.
»Alle Wetter noch mal —- das
war ja ein schöner Reinsall gefierns
Nur der Ewatd war an allein
schuld!« flüsterte er unwillig, dann
griff er nach der Brieftafche, in der
fiir tleine Scheine fehlten! Wie
sollte er das feiner Frau eingefiehen?
Und alles fiir « Champagner!
Doch er raffte sich auf und ging
.zu feiner Frau.
f »Liebe Lifa --« fagte er turz ent
Ifchlassem in ihr himmer tretend, »Du
»bist mir doch nicht böte. daß ich Dich
gestern fo lange allein ließ? —"
«Böfe —- gerade nicht --—!" entgeg
nete sie gedehnt und zog ihr allerlieb
ftes Mantel-en
uJa, weißt Du, Kind --- es ging
nicht anders· Bollrnann liefr nicht
locker, ich mußte feinen Festtag mit
seiern. Wir saßen erfi ganz vergnügt
bei unfereni Scham-en als ich mich ans
schictte. heimzutehrerr Da bringt
plöhlich die ganze Florana ein brau
senves hoch auf Dich aus. Ich be
ftellte fofart eine «Runde« und denke,
vie Sache ist damit abgewan. als
plötzlich Email-, der Schlingel, mir
laut zuruft: »Na, höre mal, Karl
Lifa ift zwar nur meine Base, aber
ich tann nicht dulden, daß auf ihr
Wohl blafz rnit Gerftenaft angeswfzen
wird —«-« und fchan steht die erste
«Goldhalsige« auf dem Tifch Nun
tonnte ich auch nichts thun als « — wei
ter bestellen: vie zweite ——- die dritte-«
big es zum Schlqu eine ganz hiibfche
1
Summe war, die ich zu bezanlenl
bate. Aber, ich dachte mir s— wir
sind doch materiell so gut gestellt, dass,
wenn einem schließlich einmal so et
was passirt, —- bin --—-" stotterte er.
«S—-o——o-—--? Und wie boch be
lief sich Deine Rechnung?«' forschte
die lleine Frau ietzt mit einein Blick«
der scheinbar nicht viel Gutes verhieß.
Rettwitz riiusperte sich oernebinlich.
»Hm es dürften so an die is
100 Mart gewesen sein!" beichtete er
bellominen. Nun war es beraus.
a»Herr des hinimelgl« Frau Lila
schlug die hände zusammen, »also
ebenioviel, wie Du mir zu meinem
Toilettengeld berweiaertest!« state sie
mit Rachdruet
»Nun, ja —— allerdings ich ge
stebe ossen, ich habe deswegen auch ein
scht böses Gewissen -— Wenn Du
aber noch Geld benötbigen lolltest —--—
natürlich bin ich zu der Ausbesserung
jederzeit bereit soll ich Dir vielleicht
jetzt gleich -—"
Nun vermochte Frau Lisa nicht
mehr an sich zu halten. «hurrab!!!
— Es lebe unser -— Desizitl." ries
sie, außer sich vor Freude, und fiel
ihrem Mane ungestüni um den halt
.Denn nun sind wir --·- quill, Männ
chen, denn auch ich habe Dir etwa-J zu
beichten, ich babe seit einigen Tagen
schon ein ebenso schlechtes Gewissen
wie Du seit beute Morgen s- — —
sliisterte sie, berschiirnt ihr Antl is ver
bei-send
.Cin schlechtes Gewissen -—— --——?
Liia —- — was soll das beißen ———!«
ries er bestürzt
»Ja, ich hatte ebensalls 100 Mart
Defizit -- bei einem neuen Kleide, :
—- aber nachdem Du es soeben aus-i
geglichen hast-— —« sagte sie- lachend. j
IRa ja —- dann sind wir allerdinng
— auitt —!« lachte jejt auch er mit
etwas sauersiiher Miene und erwi
derte zärtlich ibre Umarmung. Jn
Zukunft soll Oberleutnant Reine-is
jedoch stets sebr mißtrauisch gewesen
sein, wenn man ibn zu einer —- Feier
im Kasino einladen wollte —- — ——!
G. Meinrath, Gelegenheits
dichter-.
Eine GroßiiadLEtizze von Tds Indie.
Drinnen in der Altltadt, mitten
mischen hohen, rauch- und alter
schwarzen Häusern liegt ein hof. Viele
Wohnungen münden aus den lange-«
mäßig breiten, get-flatterten Raum,
der niemals weder Morgen-« noch
Abendsonne sieht. Dafür suchen des
Mittags, besonders im ochiocntney
die Sonnenstrahlen, von iiuwen und
Sträuchern nicht gehindert, jedes
Winlelchen auf und durchleuchten und
durchwiirmen ei, als wallten sie ihm
Erst-J bieten fiir viele Entbehrungen.
Und wenn diese Mittagssonnenstrahi
len ein abgescheuerteö, tnum noch le
serliches Schild an einer der Tiiren in
der äußersten Ecke des Hofes treffen,
dann tommt durch einen Spalt in der
hauitlpitt ein weißdonriger Männer
tppf zum Vorschein. Zwei- oder drei
inal zuckt er ins Innere der dahinter
liegenden dunklen Behaulung zuritch
und jedesmal hört man die ums-thi
genden Worte: »Vat« get-L Das Wet
ter ist schön, und dieLuit thut dir gut.
Wir haben nicht viele Sonnenlage«.
Und endlich wird die Tiir vorsichtig
« net, und ein vom Alter geben tes
machen mit schneeweißen, dt ten
aren iiber einem roti en Kinder-ge
tritt cul die Sinne le. Der dun
ptelgeaue Rock ist sauber und heil. aber
vielfach geflictt und sadenscheinig vom
Vätsten und Reinigen und vom langen
Tragen. Eine kurze Pfeife ins Mund,
stellt der alte Mann sich nun dat daii
verblichene Schild neben der Haustür-·
zieht ein großes buntes Schnupftuch
aus der Tasche und putzt daran het
um. «Muttet,« unterhält et sich do
l-ei, ins Jnneee des Hauses sprechend.
»ich müßte es erneuern lassen; man
lann lamn nach lesen, was daraus
steht. Mutter, was meinst du«-! Und
aus dem Hause lonnnt die Antwoih
»Ach, Vater, pu ' es nur gut ab.
Deine Augen tret n schon ein wenig
schwach, und die Sonne blendet dich,
daß du die Schrift nicht recht lesen
lannst.« —- ..Dvch, Mutter-, doch,« det
sichekt der Alte, stellt sich vor das
Schild und liest: »O. Meintatlz. Ge
legenheits - Dichtek.« Siehst du,
Mutterl«
Dann wird es still. und der alte
Mann gebt im Sonnenschein auf und
ab, bleibt hier bei den spielenden Kin
dern, dort bei den ichwatzenden Frauen
und schließlich bei der grauen, behag
lich binaeduelten Rose it,ei;en, wenn er
nicht Eintöuse nnd Beioranngen zu
machen hat. Sobald ater der letzte
»Sonnenftradl zu den oberen Stockwer
ten und den Dächern binanslriecht,
gebt der Alte wieder ins Hans und
murmelt im Hineingehen mit einem.
Blick auf das Schild: »O. Meinrath
Gelenenheitidichterf als ob er sich
daran erinnern wolle daß er das sei !
Und dann sitzen die beiden Alten
nach dem rasch eingenommenen
Adendbrot in der Dämmerung, undj
die fleißigen Hände der zarten, was
in sich zusammenaeiuntenen Frau
rnhen noch immer nicht. Die Rudean
stiegen durch den Strickitrnmpf, bisi
eine Masche stillt, oder dics es gilt die(
Hacke oder eine sonstige lleine Schwie i
rialeit zu überwinden und iie nnss i
steht, nm Licht anzuziinden Und
dann iihen sie bei der Lampe der alte
Mann noch immer mit der Pfeife im
Mund, es ist schon die dritte oder
vierte seit Mittag, ater von der billig- i
fien Sorte —- dne wird er sich doch
leisten diirsen ——, nnd die Frau noch
immer mit den tlavvernden Striche
dein.
Plödlich schrecken reife zusarmksens
und sehen sich stumm an. Dac- Lsöm i
mern und Klopfen, das man aus nicht
allzu qrosser tintiernuni l·iir7e, bricht«
nd. Die Urteilen die jetzt iinrnerl
ilererstunden mai-en, arhen nun vom
Bau nach Hause Da haben sie alle»
alten Häuser jenseits-« rer Straße ab ·
gerissen, alle Höfe tomnien trea, große«
schöne Häuser irerdeu hinaehaut, und
hier —— - —
Sie nmaen den Gedanlen nicht zu
Ende zu denten und noch viel weniaer,s
ihm Worte in verleihen, nur die bei
den Auaenvaare sagen es einander.
Die Hände sinlen setzt der alten Frau
in den Samst, und ihr stilles, weißes
Gesicht wird noch stiller, ihre Augen
seien in weite Ferne, so unbewußt
und ziellos. Vor dreihia Jahren roa
sie lsier ein, und Hoffnung und Noth,
ihre steten Hausqenossen seit den er
sten Taaen ihrer tfhe mit demSchrists
steiler, sind ihr damals aetreulich hier
her gesolit Sie waren ron ihrem
Leben unzertrennlich, wie alle die vie
len verailbten Manustripte, die da in-.
schmalen hölzernen Bort an der Wand
ausgestavelt siehen. Jhr Mann will
sich von leisem trennen. Er alaubt
immer noctx an einen Erfolg, glaubt
noch immer an sich und sein Talent.
O. sie alautte auch einmal daran,
lanae, lanae —- -— s- noch hier —— —
in der Erme, wo sie so viele schwere
Seusrer und stille Gebete zu Gott hin ·
ausschickte. wenn ihr Mann eine neue!
Arbeit vollendet und sie nach den Este-i
dattionen and zu den Verleaern unds
aus die Post aetragen hatte, und woJ
sie so viele heimliche Tränen vor ihm
verberaen mußte, wenn mit unsehlda
.rer Sicherheit eine Senduna nach der
innderen wieder ins haust lam. Ihr
IMann belam aber trohdem immer ein
stilles, sreundliches Gesicht von ihr zu
sehen, wenn er nach seinen Gängen zu
ihr zurückkehrte, und immer sand er zu
essen aus dem Tisch, und immer eine
fleißig nahende. strickende oder stielende
Frau, die mit den Minuten geizte und
sich niemals Ruhe gönnte.
Einmal, als er siir ein Trauer-Car
men von einer recht üppig bewirteten
Trauerversamrntung aus einein be
nachbarten Vase 10 Mart erhielt, da
hatte sie ihm die Backe gestreichelt, und
er hätte sie beinahe getuszt, wie in den
ersten Tagen ihrer Ehe, als er noch
manchmal an anderes als an den som
menden Erfolg dachte, und damals
hatte er zuerst davon gesprochen, das
ild an der haustiir erneuern zu
la en. Sie aber hatte behauptet, er
miisse einen neuen Rock haben, und das
war auch wo l nötig gewesen. « Wieder
trasen die tsen Augenpaare sich und
wandten sieh voneinander, und der alte
Mann strich-seinen Rock glatt.
Gewöhnlich gab es nur zwei oder
drei Mart siir ein Gedicht, und die
Bestellungen liesen so spärlich ein.
Gans gewiss. das Schild mu te er
neuert werden, es hatte nun chon w
Zahre gedient, dann kamen auch mehr
undeu· «Mutter. meinst du nicht
auehim fragte der alte Mann mit den
hellen, heiteren Augen und nahm die
talt ewordene Pseise aus dem Mund,
um neben sich in die Sosaetle zu
stiegen; denn mehr erlaubte sie ihm
n t.
»Ja, Bater.« bekam er zur Antwort
und die alte Frau nahm das Strick
zena wieder ur Dand und sah iibers
rascht aus, a s er fsen Mel-; denn He
W ...—
hatte gemeint, er habe davon gespro
chen. daß ej wohl Zeit für ihn sei, um
zu Bett zu gehen.
«Jo, wenn «Banto Söånk rnte für
meine Sammlung von elegenhettsi
gedtchten 30 Mart Anzahlung mach
ten. —- —— —« Er sah erwartungs
voll auf seine Frau, nker diese saß da,
als ob er nichts Besonderes gesagt
hätte. Und das wäre doch wahrschein
lich der erste Schritt zunr Erfolg:
denn eine Sammlung von Gelegen
heitsgedichten, dte hatte sicherlich eine
Zutunft. Und wenn er nur erst ent
deckt war, dann mußten auch alle
Schätze zutage gefördert werden« die
da nn der Wand dem Licht des Rud
nies entgegendarrten. «Mutter, —«'
»Ja, Vater, denn get-« nu man zu
Vett." kam es mit dem Kloppern der
Windeln still und gleichmitthtg herüber
j .Denn qute Nacht, Mutter-. Und
Fwenn sie mir km Mark Anzahlnng
; machten s— — —«
»Ohne Nacht, Vatek."
»Sei auch nicht zu lange mehr flei
ßig. Mutter. Die Leute tönnen im
mer mal auf ihre Strümpfe warten.
Was willst du dich siir sie so nbrats
lern?'·
Er geht, und sie ftriat weiter. Das
Paar muß heute abend noch fertig
werden: sie bat vorhin soviel Zeit ver
tareu. Sie tsscht die Lampe aus das
schlichte Stück bis zur Zehentpise
tann sie ebensogut im Dunteln strit
ten. Durch einen Spalt in der Tdiir
schimmert Licht. Jdr Alter findet
sich nicht anders zurecht, troy desVolli
niondscheiriö. Er lann sich nicht ans
Sparen gewöhnen. Nun erlischt der
Lichtschein, und ihre Nadeln tiappern
weiter, Plötzlich läßt sie das Strick
zeug sinken. aber nur. um es sofort
wieder zur Hand zu nehmen, es fein
säuberlich zusammenzuwirteln und auf
das Fensterbrett zu legen. Und dann
legt sie beide Arme darüber und preßt
die Stirn darauf, und in tonlosem
Schluchzen erbebt ihr Körper. »Er
hat es wieder versucht und nun tommt
wieder die Entsinnst-trink Und eine
neue Furcht aesellt sich zu der alten be
lanntent Wird man die Häuser und
hisfe diesseits der Straße verschonen.
wo jenseits alles ten Anforderungen
derÄNeuzeit bat nseietsen nriiifenit4
O, noeti einmal hinaus ins Leben,
noch einmal unniehen mit den Trüm
mern da an ker Wand, das wiirde sie
nicht iiberlelserh nnd sie mai-te doch
leben siir ihr altes, loelt und lebens
nntundiaes Kind, das in der Kam
mer längst schlies und von lsrsola und
Ruhm träumte Sie hats das Gesicht
n d dresrte die talten· steif gewordenen
Fynger an die Stirn. Nun stand sie
aus. Den Strumpf wollte sie morgen
fertig stricken. Zum erstenmal brachte
sie es nicht aus zwei Paar Füßlinae
am Tage. Das mußte morgen nach
geholt werden: denn heute abend —
-—-«-—— Nein, sie lonnte nicht nochmals
Licht entzünden das Leben war zu
grausam hart. im Dunkeln ertrug es
sich leichter. Hoch richtete sie sich aus«
strich mit den schmalen, maaeren Hän
den die Alvaclaictjiirze glatt, die das
adgetragene Kleid fait ganz verdeckte
nnd zoo· dann eine tleine goldene Na
del aus dem blütenweisien Kraaem
ihrem einzigen Schmuck, der das stete
Gespiitt der Nachbarn erregte. «Die
Vornehme« nannte man sie wegen des
schmalen Kraaens und der tleinen Rai
del aus ilseen Juaendtagen. Sie
schloß eine Schieblade aut, legte die
Radel und das Striazeug hinein und
let-lass wieder zu. Dann gina sie in
die Kammer Draußen im Hase um
spielte das Meint-licht das verblichene
und abgeputzte Schild wie am Nach
mittage, da die Sonne daransgeblist
hatte.
-
Unuitiise Ins-Oh
»L- weh! Nu hab Ich mjch verirrt.
wenn Imch III-r niemand In dem duftera
Wald iiit ern Reiher unstet-U "
scheinst-is
-«--«4
Stube net .Wo wollen Sie hin.
Den Geometet?« «
G e o m e t e r : «Gtesszfteme pet
sehe-U
S· t u d e nt mitleidig-: »Na-, für
werden Sie wohl auch nicht viel HevsU