Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 25, 1910, Zweiter Theil, Image 10

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    III ver Malt aerlmeic
Roman von Yedo-r v. Zobektitz.
(15. Fortsetzung.)
20. K a p i te l.
Es tos- ein unheimlicher Zug, der
sich in tiefer Nacht aus der breiten
Landstraße zwischen Bajä und Neapel
der Golssiadt zu bewegte. Voran
fuhr ein zweispännige-: Bauerntan
utm der vollkommen mit schwarzen
Tüchern bedeckt war und infolge die
irr diisteren Dekoration beinahe ei;
arm Leichengesiibrt gleich· Und eine
Leiche ruhte auch unter den dunklen
Decken—der Schnitter Tod hatte ei
ne vollbliibende Rose geknickt; das
leuchtende Haupt, das Tagsiiber der
Sonnenschein mit lichtem Glanze um
zaubert, ruhte nun schneeig weiß aus
einer Schütte Stroh, und nicht ein
mal der Mond tonnte mehr die blei
chen Wangen küssen —- »Prinzessin
Goldbaar« war todt.
Todt hatte man sie aus den Was
sern des Lago Fuiaro gezogen. Der
in Eile herbeigrusene Arzt hatte
Detzschlag konstatirt —- da war nichts
mehr zu bossen gewesen«
Der Schreck und das Entsetzen un
ter den Gästen des Marchese San
salbi über das unerwartete Ereig
niß war unbeschreiblich.- Diejenigen,
die mit ihren Damen an dem Aus
flnge ibeilgenommen. hatten schleu
nigst ibre Wagen bestiegen und warens
til-gefahren Nur wenige blieben zu-.
rück. um die nothwendigen Anord-»
nungen in Bezug aus Fortichassung
der Entseetten zu treffen. San Bal-;
bi selbst fiiblte sich, vielleicht insolges
der Aufregung oder einer plötzlichen»
Erkiiltung, die er sich bei seinem Ret
tungsbersuch zugezogen. so unswobl,
daß seine Freunde in ibn drängten,
gleichfalls nach der Stadt zuriickzu
sit-bren; er tbat es denn auch, doch erst,
nachdem zwei seiner Freunde, der
Oberst Gienio und der Cavaliere Bo
di. sich bereit erklärt hatten, den un
glscklichen Jllbutg schonend aus die
Sack-laue vorzubereiten und sür die
Ueberfiibrung der Leiche Sorge zu
trauen.
Es mochte Mitternacht sein· Rings
um war es still, nur das Meer rausch
te und in den Pinien am Wege flü
sterte ein leiser Wind. Gegen Capri
hatte eine Wolkenwand sich schwarz
und massitt über den halben himmel
geschoben, Sturm prophezeit-no doch
aus der anderen Seite leuchtete noch
das Firmament in hellem Blau.
In weitern Kreise sunlelten die Lich
terreihen Neapels und seiner Vor
Iädte, und hoch iiber der Menschen
Setriebe wirbelte der Veon seine
Feuetsiiule zum Himmel empor.
Der Wagen bielt vor dem Schlöß
chen Jllburgs und die here-n stiegen
aus. Sie fanden die Gartenthiire
noch offen unAdurchschritten rasch die
Partanlagsen Im Dunkel der klei
nen Veranda vor der Van saß der
Diener Jllburgs und wartete aus sei
ne Gebieterin: er erbob sich er aunt,
sls et Bäc beiden Herren auf Ich zu
kommen sah.
»Ist der Baron Jllsburg noch zu
sprechen?« sragte Oberst Gieno und
liiftete leicht seinen Hut.
.thvobl, mein Herr, er ist noch
auf. aber —«
- »Nein aber, mein Freund«, wandte
der Oberst energisch ein. »Wir müs
sen Deinen hetrn sofort sprechen; der
Frau Baronin ist ein schwerer Unsall
zugestoßen Also melde uns an, hier
sind unsere Karten«
Der Diener stürzte fort Lieno
und Lobi hatten nicht lange zu war
ten. Illburg selbtt kam ihnen in gro
ßer Aufregung entgegen.
»Verzeiht Sie meine Formlosig
leit. Signori«« rief er, von trüben
Uhuungen ersiillt, »mich treibt die
Unwi- —— was ist mit meiner Frau
wish-beni« . —
Oberst Lienio, ein Mann von ru
higem, gesehten Wesen und männlich
schönem Gesicht, trat auf ihn zu und
ergriff seine Rechte. (
»Ist-Heu Sie sich, Herr Baron«,s
sagte er ernst bewegt, »ein tragischesi
Unglück hat Ihr Haus betroffen. Jhre
Gemahlin stürzte bei einer Bootfahrt
über den Lagp Fusaro in den See
nnd —«
Ein Zchzender Laut unterbrach ihn.
Jllburg hatte mit beiden Händen den
Arm Gienioi gepackt —- seine Augen
fnnlelten.
«Machen Ske es lurz«, stöhnte der
Unglücksang .,mein Weib ist todt?«
Der Oberst neigte stumm den Kopf
nnd wie zerschmettert brach Egon auf
des Stuhle nieder. Er preßte die
ndr vor das Gesicht, und feine
ruft lrampfte sich in wildern
Schluck-gen zusammen· Gienio und
der Ehevalier traten, den Schmerz
des verwittiveten Mannes ehrend,
Als-neigend zurück.
Minuten verflossen —- da richtete
inwrs den Kopf in die Höhe; sein
H Gesicht hatte die ruhige Milde
j; - unmen, nnr in seinem Auge
i ne unendliche Wehmuth Er
ff » dem Obersten.
It ,- lm’i?« fragte er matt. »Er
:·( , Sie mir-«
sie-kl- schllderte in fchonenber
, den sang des Tranerspialx
ni- si is s ihn set-sit hatt-— m
- . es be nat-Z einer bl ice-n
« Ini- gegkifsen und w
.- Mteht verloren. Sie
sei wahrscheinlich start erhin gewe-.
sen. das Wasser des Fusan-Sees seii
eiskalt — nach Ausfa e des Arzteel
habe fie ein Schlagflug getroffen, das
alle Wiederhelebungsoerfuche erfolg«
los geblieben seien. —- — —
Mit Hilfe des Dieners und der
Bauern aus Bajii, welche die Todte
transportiri hatten, war die Leiche
der jungen Frau in ihrem Schmng
mach auf dern Bette aufgebahrt wor
den. Oberst Gienio und der Cada
liere Bobi hatten firh empfohlen —
Jllbura war allein geblieben mit fei
net Todten.
Das warmorftarre Antlitz trut
nicht den fchreetenerrengenden Aus
druck. den der Tod feinen Erwähb
ten oft aufzudriicken pflegt — wie
eine milde Trauer lag es auf den
schönen Zügen. Von dem feuchten
Gewande rann zuweilen ein hliyender
»Tropfen herab; Egon hatte nicht dar
Jauf gearhtet, daß die Kleider seines
Itodten Weibes noch naß waren von
den Wassern des Fusan-Sees- Er
lag vor dem Bette auf den Knien.
starrte unverweilt in das weiße An
arficht der Verstorbenen und hielt
ihre taSte band in der feinen Jn
dieser Nacht waren alle die herben
Enttäufchungen, die ihre Latinen, ihr
Troß und ihre Genußfucht ihm be
reitet, vergessen —- er gedachte nur
der Stunden der Liede. die sie ihm
geschenkt Er gedachte der ersten Zei
ten feiner Ehe und des unendlichen
Glücksgefiihls, das damals fein her;
erfüllt, und es war ihm, als sei die
ses Glück niemals getrübt worden.
als weiche es nur erst von ihm. Und
dabei flriimten über feine Wangen
die Thriinen.
Ein leiser Ausruf des Schreckens.
der aus dem Duntel deg- Zimmers
lam, ließ ihn zufammenfahrem Er
wandte sich um. Die Thüre zu der
anstoßenden Kindetftube hatte sich
aeriiufchlos geöffnet, und auf der
Schwelle stand Mabel Sie hatte ein
Plaid ieknaeworfem aus ihrem blas
fen Gesicht ftarrten die arofzen bunt
len Augen entfeßt auf das tnaifche
Bild, das sich ihr bot.
Jllburg erhob sich, als er das junge
Mädchen fah. Er trat auf sie zu und
nahm ihre Dank-.
»Sie wissen noch nicht was sich
iugetraaen hat«, faate er leife und
weich: »Gott hat mich fchwer geprüft.
Wanda ist auf einer Booth hrt iiber
den Fusan-See in das Wasser ge
ftiirth ein herzfchlaa hat sie getrof
fen-—- man brachte sie mir tadt zu
ru .«
Stillschweigend wenn auch heftig
zitternd, schritt Mabel an das Bett.
Sie fühlte tein Grauen, nur eine un
hemessene Ehrfurcht vor der Majes
stät des Todes. Eine turze Minute
blieb sie vor der Leiche stehen und
fchaute ihr in das Gesicht, dann kniete
auch sie nieder, tüßte der Todten die
Hand und neiate den Kopf zu einem
stummen Gebete.
Der Worte des Beileids, vie fie an
Jllburg richtete. waren nur wenige,
aber Caon fühlte, aus welch’ mitein
pfindendein bergen sie kamen.
»Und nun, Herr von Jllburg",
fuhr Mabel rafcher fort, bitte ich
Sie herzlich, Ihre eigene Gesundheit
zu schonen. Gehen Sie zur Ruhe,
sie thut Ihnen noth. Jch bleibe zu
rück, denn ich habe noch eine Pflicht
zu erfüllen —' und sie dentete auf
die nassen Gewänder der Todten.
Caon verstand. Si sind aut,
Mabel«, sagte er. »ich gehe aber ich
lehre bald zurück. «
-—
Er vetltesz das Gemach und gings
aus sein Zimmer. Hier wars er sich
in einen Sessel und vergrub sich in
seine Gedanken, bis die erschöpite Na
tur ihr Recht forderte und der Schle
den Ermüdeten übermannte.
Mabel hatte inzwischen ihr Liebes
wert beendet. Jn weißes Leinen ge
hüllt lag Wanda wie eine Schlum
mernde da. Mal-et psliiclte von den
weißen Rosen, die ans dem Blumen
tische im Boudoir standen, einige das
tende Knospen ab und legte sie der
Todten aus die Brust. Dann täßte
» sie noch einmal die talte band. lösch
: te die Lichter und schritt in das Kin
derziknmer zur-lich dessen Thiir sie
oerriegelte.
Nun war es still, nur der Sturm
draußen erhob sich plötzlich n:it voller
Gewalt und psifs, schrie und heulte,
als wollte er die schlmnknernde Seele
zu neuetn Leben erwecken. Das Meer
donnerte gegen die Felsen, und haus
hvch sprudelte -der Gischt empor.
Längst war der Mond in die Fluth
getaucht; am himmel jagten die Wol
tenschaaren, die der Wind vor sich
hertrieb . . . .
Durch das Tosen des Sturmes
klang jedoch plötzlich ein anderer Ton
—- das Klirren einer Fensterscheibe.
Ueber den oberen Rand des Gesimseö
erhob sich ein Männertopi. und zwei
blitende Fluge-n spät-ten in das Zim
mer hinein. Im nächsten Moment
stand eine »duntle Gestalt itn Genioche,
eng an die Wand gepreßt, mit ver-!
seltenen-. Athem lauschend. Nichts-.
rührte sich. (
Der unheimliche Besucher bewegte
sich leise, dann zischte plötzlich ein
stattgeer Lichtstrahl aus einer klet
nen Mendlaterne quer durch das Stin
nsrer nnd glänzte in dichl-reitet Tinte
iiber den Teppich und die atlaeiiberis
zogene Wand aeaeniijber dein Feniter.
An dieser Wand stand eine Bot-le
Krmmode, ein zierliches Rotptoßiiel
mit bizarren Gatdverzierunnen nnd
schönen Jntarsien. Naickien Schrittes
crean auch unerhörbar über den Tep
pich gleitend. trat der Fremde an die
Korn-mode lksrran and zog das oberste
Schnbfach auf. Er hatte richtig Fee-.
rechnet: da laaen verschiedene Etuii,’
die sich durch einen leichten Druck der
Hand öffnen ließen. nnd ArmbiinderJ
von hohem Werth. Brillanttoclieri,s
Rinieren und sonstige Schmuckftiicke
zeigten. Wahllos und mit siebet-n
der Haft riß der Mann die Geschmeide
aus ihren hüllen und steckte sie ein«
Dann öffnete er auch noch das zweite
und dritte Schubfach, aber statt des
baaren Geldes, das er dort suchte,
fand er nur zierliche Morgenhäub
dien, duftige Mrillftoffh Nosetten und
Schleifen und ein Chaos von farbi
gen Ländern
Der Dieb war araerlich Mit un
vorsichtiaer Heftigteit stieß er das
zweite Schubfach wieder Zu, krick-rat
aber feibfts bei dem tlirrenden Ge
räusch. das dabei die Ringe an den
«veraoldeten Griffen ertönen ließen.
Er blickte sich unt .. wie seltsam war
es, daß er nicht einmal die Äther-i
ziiae der Schlunimernden vernahm,
und er war doch sicher, saß das Ge
mach. in dem er stand, das Schlafzitns
mer der Herrin vom Haufe war. Ein
prietelndes Gefühl der Manier-regte
sich in then — dann takn iyxn niasnckn
ein anderer Gedanke. Er brauchte
Geld — baar Geld; wie, wenn er
Wanda tveckte und mit der Pistole in
der Hand sie zwange, seine Forderung
Zu erfüllen? Es trat nicht anzuneh
men, daß sie Lärm schlagen und naer
Hilse rufen würde. sie wurde sich hit
ten, vor ihrem Dienstverional den s«
eigenen Bruder alr- Tieb zu bund
inartent —
Der Strahl der Laterne zeigte
dem Verlag-merken an der Schmal
seite des Gemacheö das große Him
melbeit, dessen Gardinen hoch oben
an der Decke ein Amorettrnpuar trug.
Mit raschem Sprunge stand der
Mann dicht net-en dem Bette. Ein
grausamer Ausdruck leate sich um iet
nen sestgeschlossenen Mund. als er in
die Brusttaiche griff, eine Pistole her
vorzaa und dann mit rascher Bewe
gung die Gardinen zurückrisz. Ins
selben Augenblick zitterte der Licht
straltl über das Trdtenqesicht Wandaå
und die weißen Roten aus ihrer Brust.
Der Verbrecher taurnelte s— als aber
zufällig seine Rechte vie eisige Hand
der Todten streifte, da packte ihn ein »
unsäaliches Grauen und rnit einem
dumpfen Ausschrei stürzte er an das
Fenster zurück und schwang sich tiber
das Gesirnse.
—--——---.--—--.-.
Aus der anderen Seite der Van
hatte sich ungefähr zu derselben Zeit
eine nicht minder eigentbämliche und
dramatiiche Szene abgespielt. Unter
den großen Adornbäumem die das
Rasenrondel von den Zimmern Jll
burgs beschattete, standen drei Män
ner.
»Der Sturm iit von außerordent
lichem Nutzen iiir uns«, meinte der
eine; .Basil wird ieinen Auftrag Jus
siibren lönnen, ohne gehört zu wer
den« Sollen wir denn in der That
warten, bis er zurückgekehrt ist, Eini
lioi Ich meine gerade diese Stunde
ist auch iiir uns die günstigste Zeit-"
.,Gen)iß, ist sie da5«, gab ver An
geredete zurück, »ich hab-. Batl auch
nur versprochem iinszebn kinuten
zu warten; sind diese oerstrichen, und
das ist nunmehr der Fall, ohne daß
er unsere hilfe notskoendia b:t, so be
ginnen wir. Unter allen Umständen
halte ich es aber sür nöthig, daß einer
von uns hier, an der verabredeten
Stelle. aus Bastl baut. Ich traue
ihm nicht; sein gestriges gelungenes
Debut bei der Buliloss hat ibn über
miiihia geamacht. und ich weiß be:
stimmt, daß er die Absicht bat, aus
Neapel zu flüchten, sobald er mit ge
nügenden Baarmiiteln versehen ist«
Seh-ein« Euch nichi ani besten, ich
selbst warte hier unten?«
Ein leises Lachen war die Ani
wori.
·Dai ist die ungefährlichste Post
iion! Der here Graf ziehen es vor,
sich so wenig wie möglich mit der Aus
iiibruna bochseiner vorzüglichen Plä
ne zu besassen! Bleibt übrigens be
ruhigt unten, mein wackerer Sakra
nel Reni und ich besorgen die Sache
allein, aber sperri qesiilligst die Au
gen und Dbren auf, ibeuree Emilio,
« damit uns nicht noch im le ien Mo
Jmeni ein ungebeiener Ga über
raschii habt Ihr Euch denn beiresss
der Laae der Zimmer auch genau
orieniiri?«
Der Sturm psisi in diesem Augen
blicke so laut, daß der Gefraqte sich
dicht zu dem Ohre des Sprechendeu
herüberneigen mußte.
«Genau, lieber Nico«, erwiderte
Sarrone, »genau. Hinter dem Er
ler an der Ecke liegt das Schla -
s mach des Bart-ris, daneben die Bi .o
’ thei, und an diese stößt sein Arbeit-s
. zirnmer, in dem der Geldschrant steht.
Ich vermuthe, die Jalousien werden
herabgelassen sein. aber es ist ja eine
Kleinialeit, die Gurte zu durchschnei
ren. Aber nun vorwärts Habt Jhr
die Strickleiter?«
Statt aller Antmari holte der rnii
Nico Anaereoete das fragliche Jus-ru
-«rnent aus der Tasche und wars ei
über seinen Arm. Dann lletteete er
behend wie eine Katze anr Stamme des.
dem hause sam nächsten «stel)enden1
Adernbamnes empor, glitt an einein
Aste hinab und befestigxe von dort
aus die Strialeiter an dem verschnitt
telten Eisenqitter. das die Balkonvors
spriinqe der einzelnen Fenster in Me
terhöhe unrgad
Sake-see wurde bereits ungeduldig.
2 »Teufel. was dauert das langes«
s rief er hinaus »Es ist kein Vergnü
en, hier unter im Regen zu stehen«
s lch spüre die Kälte in allen Gliedern!
« Weiß der Geier. was auf einmal in
« mich gefahren ist, niir ist arm-l sonder
« bar zu Muibei Run, ich hoffe, ein
»Gut-wein bei unserem wackeren Don
»Es-anie wird mir den rlten humor
wiedergeben; Iseeilt Euch aber ein we
nig, damit wir so bald wie möglich
unter Dach und Fach tornmen!' —
Die beiden Männer klommen die
schwankende Leiter hinauf, kein leich
tes Werk bei dem entfesselte-r Orkan,
der mit furchtbarer Gewalt das ein
iam gelegene Haus umioitr. der in
den Kronen der Bäume wiidlte und
die schon falls-en Blätter haufenweise
rrirbelnd durch die Lust trieb.
Saccone schaute den beiden Genos
sen einen Augenblick nach und lehnte
dann den Kopf an den nnßtalten
Sie-nun des- Ahorn-L Er siihlte sich
urplötzlich nnmenlos elend. Schon am
Vormittsge hatte sich feiner ein einen
titiimlicher Schwächezustand Wu
del- und Kopiichinerz, sowie Neigung
zum Erbrechen bemächtigt; das fatale
Unwohliein war dber mich wieder
vorübergegnngem er Hatte bei seiner
zähen und stählernrn Konititution es
auch nur aus Rechnung der anstrengen
Den und ausregenoen leg-en Lage ar
fchrieben. Nun aber trat-In die merk
ioiirdigenkranlheitserschemungen ganz
unerwartet mit erneuter Heltialeit auf.
Sarrone iiiblte sieh tobesnsath ein
talter Schweiß trat auf ieine Stirn.
die Kehle wurde trocken und es schien
ihm, als schwelle feine Zunge an. Ein
ariißlicter Gedanke tauchte in ihm auf:
wollte-sich die niörderilche Rranlheit
die drunten in den Tslrxnenvierteln ver
Stadt hauste. auch bei ihm inclbenk
Mit iiberwöltigender Macht drang die
ler Gedante auf ihn ein und erfüllte
ihn mit io qrauenhafter Furcht, daß
et wie sinnlos zu Boden stürzte-. «
Seine beiden Genossen hatten in
zwischen das Ballongilter der Ten
lter erreicht. Die äußeren Jalouiem
grün angestrichene hölzerne Rouleauxy
waren in der That herabgelassen Re
ni holte fein Messer hervor und be
gann die Gurte, welche die einzelnen
Ovbtsporren miteinander verbanden
z, vorsichtig zu durchschneiden Die Ar
; beit aelana niiihelog, das feuchte Holz
glitt jedoch plijtzlich aus her Hand
des Verbrechen und fiel laut polternd
— und gleichzeitig eine Der hohen Fen
lterlcheiben zerschlagenb zu Boden
ij selben Augenblick umwallte ein
; blendend heller Lichtschein die beiden
Iwie erstarrt ltehen bleibean Betr
. schen. Das Jnnere des Zimmers, in
« M die Banditen einbreehen wollten
. Mr nicht duntel, wie sie erwartet hat
ten, sondern durch rneherere Lampen
erleuchtet. Von außer yet rannte
man ietzt dag- ganze Gemach bequem
sit-ersehen In einein Erser am Mit
teltiscbe saß ein Mann mit vorniiher
qeneigtem Kopie, anscheinend schla
fend. Erst das Geräusch der zertrüm
merten Jalousie und das Mirren der
zerbrochenen Fensterichsike mochte ihn
erwebt haben. Er sprang jählings
empor, und sein erster Blick fiel aus
Pie draußen schnttenhast ooriiverhus
Ichenben Häupter der Banviten. Im
Nu war er an der Thüre und feste
die eleltrische Glocke in Bewegung,
dann ris; er aus einer Schublade des
. Schreihtiiches einen Revolrer hervor
und stürzte an tas- z nster.
»Wer ist d;?« s rie er. und ein
Schuß tnallte durch die Nacht·
Wie ein geiaqteö Wild flohen die
Eint-reiten Ohne aus ihre von den
scharsen hansstricten zerrissenen, blut
iiberlausenen Finger zu achten, ließen
sie sich an der Strickleitee herab und
stiirmten fort.
«Reni — Carlos« rief eine ächzem
de Stimme hinter ihnen her. »Um
ver. Mal-onna willen, nehmt mich
mit-«
«hierl,(r, Emiäio!« hriillte Reui
aber nur ein ersticktes Jammern ant
wortete ihm
Qer Bandit sah hinter den Fenster
reihen der Villa Lichter unstauckzeoig
ei wurde lebendig im Hause, und
lehrte er noch einmal zurück. War
dein Genossen ein Ungliiet zugestoßen?
Hatte Die Kugel von oben herab ihn
beruht-entity schaute er in ein schmerz
verzerrtei Antli .
»Bei allen he ligen, was ist Euch?
Unser Unternehmen ist mißnliickt, vie
Leute sind uns aus dem dalie, rasst
Euch aus« sonst kommen wir alle
J sammt noch in des Teufels Miche!«
4
aetrossens Fast schien es so. denns
Ernilio wand sich stöhnend acn Bo-I
den« und als Reni sich tiefer über ihn
»Reni«, sbeulte der ungtuanche,
und feine Arme tchlangen sich stampf
bait zuckend um die Beine des vor
ihm Stehenden, Juli mir auf, ich bin
trank und kann nicht fort! Lasse
mich nicht allein, hörst Du, fürchte
Dich auch nicht, ich habe nicht die Cho
!era, glaube es mirs«
Der andere stieß einen Laut des
Entsetenö aus. Doppelte Angst pack
te ihn; er rieß sicb los und stürzte
von dannen, in die ftutmdtttchpeitsch
te Nacht hinein. Es galt, das eigene
fLeben zu retten, vor den Ver-folgern
oben und hier unten vcr der vergif
tenden Berührung des Ranken.
Die Thüre der Van öffnete sich
und der Schein brennende-: Laternen
fiel auf die Veranda.
»We- sind die Burschen?« tief die
Stimme Me. Daltoni. «Lenchten
Sie, Pietro, und halten Sie das
dankt-etc fest. Sobald Ihnen die
Kerle zu nabe kommen schießen Sie,
Friedrich! Cz miiszte mit dem Teu
fet zugeben, wenn wir die frechen
Eindringtinge nicht erwischten!«
»Hei-re Unüberlegtheit, Mr. Dol
ton«, wandte Jllburg ein« aber der
Detettio fühlte sich zu sehr in seinem
Ekementr. um out das mastmende
Wort Egons zu achten· Pietro, der
Koch. mußte aus seine rechte Seite
treten, der Diener aus die andere,
dann eilten sie die Berandatreppe
herab.
»Borsicht mit den Laternen, damit
sie der Wind nicht austöschtt Das ist
in ein toller Sturm! Unter den Rock
mit der Pistole, Friedrich, und jetzt
rasch «- so — wir müssen doch sehen.
ob unsere liekn Freunde sich noch in
der Nähe versteckt halten! — Holla —
wos ist denn dos?«
Man stand nnter dem Ahornbaum
dicht oor Saccone. Der Elende hatte
sich mübiam aufgerichtet, aber er war
unfähig, tu gehen. und lebnte zusam
mengetriimmt an den triefenden
Stamm. Sein Gesicht hatte einen er
schreckend unbeimtichen Ausdruck on
nenommenx vie Lippen waren Min
tich gefärbt und die nmschatteten Au
nen stierten die vor ihm stehenden
fürchteriich an. Jegliches Denken
Tchien in ibm gestorben zu sein. er
itammelte nur mit heiseren verlö
ichender Stimme das eine Wort: »Er
barmen!«
Mr. Dalton schob mit energischer’
Bewegung den Diener sur Seite.
1»Was soll das beißen?« fragte er
Fraun »Sino Sie trank? Gehören
» Sie mit zu den Dieben, die in das
sZinmier oes Baron Jllburg einbre
chen wollten? Antworten Sie. Mensch,
und veritellen Sie sich nicht!«
Saccone ioimrnerte laut auf.
«.Heiliae Mutter —- toie ioll ich mich
oerstellenT Ich will ja alles gestehen.
nur brinat mich um Gottes willen
nach Hause « in ein Hoff-ital —
wobin Jbr wollt. doch fort —- fort!
Die anderen sind entfloben, ich wurd:
plötzlich trant und konnte ihnen nicht
solgen, und die Schatte nahmen mich
nicht einmal mit! Laßt mich nicht
liegen, ich flehe Euch an, ich sterbe
ionit!«
»Der Mann scheint in der That lei
denn zu sein« Mr. Dalton«, wandte
sich Jllbura an den Engländer· »Ich
alaube, wir tbuen am besten, ihn vor
läufig in einem Zimmer irr. Erdge
schoß unterzubringen. bis der Arzt
sein Votum gefällt hat«
Mr· Tatltcn naan Jllknrg bei
Seite.
»Hei-te Uniiberleatbeit«, iliilterte
er, »ich gebe Ihnen Ihre Mahnung
von oorliin zurück. Vorläuii glau
be ich allerdings noch nicht o recht
an die Krankheit diese-s Burschen, ist
er es ater wirklich, dann miissen wir
doppelt vorsichtig fein. Ich würde
Ihnen den Rath geben in jenem
tleinen Papillon drüben ein Bett auf
schlagen den angeblich Kranken dort
einschließen und sofort zum Arzte
senden zu lassen. Wir werden ja er
fahren. roas dieser sant.«
Saceone ließ alles mit sich gesche
57en: er befand sich in einem Zustande
stnntpser Apathie, aus dein ihn nur
zeitweise ein traiupfortiger innerer
Schmerz, der seinen ganzen Körper
durchbebte. ausruttelte. —-—
Als Jllbura in die Vill: zurau
tehrte, tam ibm tchon in dem Flur
MabeL völlig angeileidet und ein
Licht in der band entgegen. Sie
war sehr blasz und in großer Aus
regung.
»O Gott. Herr von Jllburg", riet
«sie zitternd, sagen Sie mir nur, was
ist abermals geschehen? Ich hörte
den Lärm im haufe. auch nebenan-«
Die Stimme orrsagte ihr; sie war
vor innerer Angst so erschöpft. daß sie
das Licht aus der Hand setzen und
sich aus einer der Eichenlsänte, die an
den Wänden standen, niederlassen
mußte
Egon schaute mitleidig aus das
Mädchen herab.
»Armes Kind«, sagte er, »auch Sie
haben viel ertragen müssen. Legen
Sie sich beruhigt wieder schlafen, die
Gefahr ist beseitigt. Ein paar Strei
che haben bei mir einzubrechen ver
iuchtx glücklicherweise wachte i? aber
noch rechtzeitig aus und konnte re mit
bilse Mr. Daltonz und meiner Leute
vertreiben. Aengstigen Sie sich also
nicht, Miß Mal-eh es ist tein Grund
dazu oorbanden.« -
«Glauben Sie mir, Herr von ;ll
butg«, entgegnete Mabel, sich wie r
erhebend, »ich bin leine surchtsame
Seele und ich würde mich auch in
minder großer Etregung befinden,
wenn ich nicht im Zimmer nebenan.
im Schlosaemache der gnädigm Frauh
-—— sie sagte dirs mit zögernder Bei
tonung -—— «einen vernehmlichenSchreis
vernommen hätte. Ich schlief nicht.
lann also auch nicht geträumt haben;
ich hörte den Aufschrei, dem ein leises
Klitren und Pollern folgte, ganz ge
nau und mit geschörsten Sinnen, war
aber vor Schreck wie gelähmt, so daß
ich mich erit getroute, das Kinderzinp
mer zu verlassen, als ich den sich stei
gernden Lärm im cause, Ihre Stim
me und die Mr. Daltons vermith
Jllburg hatte mit Befremden zu
gebiirt nnd schüttelte mit ernste Miene
den Kopf.
«Sie werden sich getäuscht haben,
Miß Madel«, erwiderte er, «vielleicht
hat das Weisen des Sturmes, viel
leicht ein Echo Sie irritirt. Gleichs
viel, wir wollen das Zimmer unter
suchen. Kommen Ste.«
Mr. Dalton. der soeben vrn drau
ßen in den Flur trat und dem li
bura in kurzen Worten die Miit i
lnnn Mit-bet- wiedergah, schloß sich
ihnen an.
» »Ein-n öffnete die Thüre zuniSchlas
kzitnnier Wandere, überließ aber Mr.
J Dalton die Durchsuchung desselben; er
siiiilte sich nicht fähig dazu. Er rückte
» sich einen Stuhl an das Bett, aus dem
die Leiche ausgebahrt lag, nnd ver
; sank in siuniines Brüten.
Mit Eifer ging Dalton inzwischen
seine-n Geschäfte nach. Sein scharer
» Auge hatte sofort »die nur halb zuge
schtsbcnen Schubsiicher der Kommode
entdeckt; im ersten derselben fanden
sich die geöffneten und ihres Zerr
haltes beraubten Schmucketuis. r.
Dalton nickte bedächtig.
»Sie haben recht gehöri, Miß
Lupo«, sagte er zu dem jungen Mäd
chen, »auch in diesem Zimmer sind
die Diebe gewesen, zum mindesten ei
ner, und dieser eiue hat mit größerem
’Gliick operirt als seine Genossen-Und
doch, wie merkwürdig! Hier aus dem
Tische liegt die goldene Uhr der Ba
ronim es ist nicht möglich, daß der
Mensch sie übersehen tonnte —- ah,
nun glaube ich zu verstehen! Der Blick
des Burschen ist aus die Leiche gesal
len. in seiner abergliiubischen Furcht
floh er, so schnell er konnte, und mag
dabei jenen Schrei ausgestoszen haben,
den Sie hörten!"
Mr. Daltvn hob den Vlrinleuchter
empor und untersuchte den Fußboden,
leuchtete dann in die Ecken des Zim
aiers und trat schließlich an das Fen
er.
«Eine ichmuiige Fußfpur auf dem
Atlas des Fensterlissens«, sprach er
weiter und beugte sich tiei herab, um
die verdächtigen Zeichen näher in Au
genschein zu nedmecy .natiir!icher
weite: der Dieb ist nach derselben
Seite entflohen, von der er gekom
men ist«
Er neigte sich aus dem Fenster her
aus, aber die Nacht war zu dunkel,
um auch nur aui einige Schritt Weit-»
sehen zu können. Trotzdem verharrtf
Mk. Dalton in feiner unbequemen
Position, neigte sich sogar noch weiter
vor, ihm war, als habe er von unten
herauf ein teier Aechzen vernom
men. Gewiß: das Heulen des Sturi
nies ließ auf eine kurze Minute nach,
und nun erklang wieder jener eigens
tbiimliche Ton, fast wie ein zitternd-Z
Stöhnen.
«Merlwiirdig, aani merkwürdin«.
sagte Mr. Dalton und fuhr sich nach
dentlich mit der Hand über die glatt
anliegenden Saate. seit das ein
zweiter Kranteri Dir Angelegenheit
scheint sich immer verwickelter in e
italten· Ich muß noch einmal Je re
Leute in Anspruch nehmen« here Ba
ron: es ist nothwendig, daß wir den
Gartenauen nach der Meerseite zu
durchsuchen.«
Entsetzung folgt)
cminöfe Gefie.
— —
»Teine Bran ist allq etwas lleiner
wie du?"
»Jo, sie geht mir gerate biz d:
herl«
Misslseftes Einst.
,» . . . Manchmal bezweifle ich wirt
lich, ob Du glücklich init mir bist!
Daß heute unser Verlobungstag ist,
haft Du wieder vergessen!«
.Asber Jema, das ist ja der beste
Beweis dafür, daß ich qliietlich bin:
«Gliicklich ist, wer vergißt, was nicht
mehr zu ändern ist«!«
steil-Find
Weit-reisender ials er Menschen«
fressern in vie Hände gerathen ist nnd
ver-speist werden soll): »Na, gar is
ins Innere von Afrita wollt’ ich Cra
de nicht«
Stint-eh ·
Er: »Deine Schwester feiert auch
morgen mit Dir zugleich ihren Ge
burtstag?« »
Sie: « reimt-, wir sind bot zusam
rnen auf ie Welt qeiommen!«
Er: »Ja, ja! —- Ein Unglück kommt
lelten allein!«
Ins Lunis-lieu
Menlckenfkessm »Weil! ich da die
fchöne Jnmba heirajhem derweil hab
ich das Möbel ganz in Gepanken auf
Masse-M