Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 04, 1910, Zweiter Theil, Image 16

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    Jnr Tour-e.
III Elifabeth Miit-ring
sså Luft«Wiederfeben. Kinder, in
»Es. Ireddn, wenn uns die Win
ther nicht schon nach 24 Stun
; Its Eber sie Grenze abschieben So
M W ist-P ich mich tücht- Und
Isuie W ein Gesicht wie Kof
fer-dem als sie die Ahnungen kriegte.
Ins, Kleine, länger als Tag und
Rache werden sie uns wohl da hinten
bei den Laffuben nicht behalten, uns
Verliner Rangen2« «
Die bewußte Kleine zog ihren
grau-en Reifefchleier über ihr niedli
elxes GesichLchM und lächelte«vielfa
geno.
Und der Leutnant draußen vorm
Coupe lacht laut auf. Dann bequemie
sich der Zug zu seinem Burnmeltenp
po, und Leutnani von Donlelmann
pfiff sich fchmunzelnd vom Perron.
Die Lissy fraß sicher was aus —- dies
Irr-sit dazu geboren — so fein Genre.
Und über feinen brüderlichen Stolz
ließ er das Telegraphenamt links lie
gen.
Der-weilen nifteten sich die Regi
nrenisiöchier, Lifo unv Annie von
Danielrnann, in ihrer Couxeecke ein.
Innie machie sich über die London
niere, und Lissv nahm die Reisegeer
irbaft unterö hockebrett. Die Ecke
rechts — altes Fräuleinstifts-Juven
iar mit ’ner Engelborn-Leltiire, und
dieser uniiquirten Jungfräulichteii,
.pisa-vi5« eine viele Harknlosigieit.
Ue sich für eine Weltteife verbro
Iiantirt zu haben schien. Und dann
noch gerade ibneipgegensüfser ein We
sen, das Liffy nicht unterzubringen
vermochte, fah einfach tommun aus,
der aKerl« mußte sich verirrt haben,
vielleiHi blinder Passagier, und sie
innorrrie ihn, schob den Kopf mög
lichst fesi in ihr Polftereclchen, schlon
die Augen halb, daß sie unter den
Bimpern hervor noch das Noth-wen
digfie seiden konnte. und dachte an
ibr Ein in Winielsyaufen Acht Tage
Jleesenlufi —- einfach lächerliche Per
lpeiiive fiir Lissn von Dankelmann
«Annie«, sliisterte sie aus ihrem
Zukunftetranm heraus, »Annie«,
Onlel Landrath is ’n aller Cato und
Tante Rein ’ne sogenannte deutsche
hauöfrau mit sechs Kindern. Pass·
mal auf, vicknasige Kartosielrangen
mit Lederschiirzen Acht Tag-e Klein
kinderluftl denn das letzte Exemplar
ist doch noch im Wickelzuitand——unv
Jait not leas«' —«ich glaube, zu flir
ten gibt es nichts. Jn Winlelöhaus
sen heißts von Lande-othe- bis zu Ka:
minratshs: »Wir lebet-. ganz der ka
milie.« Einfach reizend, Annies «ch
berste —- mir wird schlecht —- ich
rieelxe Gören.«
Sie räsvnirte in lebhafter Steige
rang. Annie nahm die Sache tran
-uil. Sie war bis zum letzten Fon
«ant gekommen, den schob sie zwischen
sie Zähne und meinte phlegmotisch:
·Es bat alles einen Ueberczang, sagte
der Fuchs, als sman ihm das Fell
Mr die Ohren zog. Immer noch
kenn-, acht Tage liebevoll tanteln,
als daheeme Staubbesen fein und nn
ter Umzugöfrost leiden.«
Das sah Lissy ein·
«Na ja doch, zumal Freody bei fei
Ien Regimentssreunden nomadisirt,
nnd man keinen Ult in Asche und
Stiibfal hätte· Mama steht Kopf mit
dein ganzen «corps de cuisine«.
Und resignirt nahm sie die alte
Pole ein. Der »Kerl« hatte aufge
hprcht »Winlelshaufen? Wer wa
ren die Kleinen?" Besuch bei Land
rnths, no doubt. Nice little Sirt-·
very nice and sinlifh— indem Wbat
n iunl« Und er stemsmte feine brei
ken rothen Fäuste auf seine Knie und
ziudte sehr ungenirt in Lissys hoch
miithiges, etwas verstimmtes Gesicht.
Die hob ein wenig die Lider und
warf ihm von der Seit-: so eine Ah
nung von Blick zu, die soviel sagt
sie: «Guckt doch vie Aas den Kai
ser an« und würgte weiter an ihrem
Verbannnnggsgram ·
»Wellen dichten! Was aus Win
lelihanien«, plaßte sie endlich wieder
los. »Winlelshaufen —- grausen —
das geht schon. An welchem Fluß
liegt das wsensche Athen?«
»An der Warte, Fräuleins, ließ
Ich eine Stimme vernehmen, die sehr
wenig von- Salonschmelz hatte. Das
var der »Kerl«.
Annie machte etwas Dumrne Kin
deraugen und wollte ein schüchternes
Danke« wagen, aber L.ssys Gesicht
verbot das. Und Lissn war Unnies
guter Ton in allen Lebenslaaen Sie
satte fo eine Art Piniofkelfeetchem
das sich unter eine Autorität stellen
muß. Deut speak to him be doesnt
loot gentlemanlike Look oniv bis im
pertinent red fifts J beliere kksim a
«Schweineprinz«. «
Es war Pensionsenglisch, aber
sicher von Wirkung auf den Barbaren,
zumal unter Begleitung einer unra
hoheitsvcllen Miene, mit der man die
Danaillk bändigt. Der Gerne-nie
mochte auch ein Gesicht —- ein riesigi
müsirtes — und sagte, die Armes
ineinanderfchlagend:
«Friinlem. Sie können ruhig
deutsch reden, das bieior sich ganz
sagt'
Rein, zu dergleichen sprach man
sin: Friedrich pusen Sie mir die
Mehl sbet schnell. »Schweineprinz«
— M paßte; aber er sah nicht mal
erben aus. Die Beinkleider —
Der-set W ju e ntn die Knie!
sen »He-ni
-s-«--.Ms ist-is- Isi
schließlich wohl satt gefehen an
Bringeg »Ist-r mich nicht an«.
sah oerstaubt und reifemilde aus und
schloß die ZW, die sicher das Prä
ditat »Wer-dian blau« belommen
hatten, wenn Lissh hineingeguat.
Aber außer Zeintleid, Fäusten und
Uebrrzieher hatte nichts ihr Interesse
erregt, denn in die Augen guckt man
bekanntlich nur seinesgleichen . Aber
das Plaudern der beiden hielt ihn
wach. Das war wirklich amiisant und
Wintelshausen sah er dabei in ew
nem Lichtec Er war nur vor Jahren
dort auf ein paar Tage gewesen und
also auch ein Fremdling in den fried
lichen Mauern. Er wollte auch zu
Landraths, aber ohne Grufeln vor der
landriiihlichen Kinderftube, zu der er
in nahen Beziehungen hand. Zum
Dandsv hatte er nie Talent gehabt,
» und seine Mutter hatte ihn ins-mer als
eine Art Elefantentiilen der Gesell-»
schnit oergefiibrt, mit verlegenem Läsz
chrln, als ob sie sich entfchuldigen
müsse. solch einen grobtehligen Kuckuck
in ihrem Grasmiirlenneft zu haben.
Zieht war er Kapitän auf eineneLiond
dampser, und auf dem fesien Lande
hatte ihn eine Sehnsucht zu der ver
beiratheten Schwester gefaßt die ihm
alle zwei Jahre das Bild eines flach-l
töpfigen Kernjungen geschickt. Was
die lleinen Möbel wohl fiir Augen
machen würden, wenn sie bei Land
raths feine großen Fäuste ebenbürtig
finden miiffenZ Er nahm ihnen die
Kritik nicht übel. Nerer mind —- er
hätte sich. wenn er fo ein hyperfeines
Ding gewesen wäre wie die Lilie-, auch
nicht verliebt in folch Exemplar hoino
fabiens, wie er eine war. Aber spa
ßig war die Sache —- ein rechter
Landwih und er horchte aus das Ki
chern her beiden, die von ihn gerade
so viel Notiz nehmen, wie ein Adler
vom Maikäfer. Mit dem Dichten
schien’s nich-i zu gehen, denn sie he
wegten sich in Berliner Prata da sie
dem Schweineprinzen gegenüber sich
zu keinem Gene verpflichtet fühlten.
Die alte Jungfer taute mit ganzem
Gemüth in dem Engelhornroinan
ihren eigenen wieder, Mr. Greedn
übte feine Kinnbacken nach wie vor,
als oh er als Kannibale reiste und
sich auf rohes Pferdefleisch präparie
te, warum sollten sie also nicht herli
nern und etwas »flang« reden. da sie
doch sonst das »mttern'· einer Lady
waren? ,
Freund Zweigen-eins hatte Loch
r
Er
-Wo Tanie Rein uns wobl überall
on der Leine berumschieppt wie
Spiye«. meinte Annie, die wirklich
einen guten kleinen Seit-niin abge
geben hätte
ofNee Annie, ich fühl mich als Rai
sekiiter, den man unter Fleischen
möpse steckt. Und nen Maulkorb
trägt man ia leider als wohlerzogene
Dankes
«Du beißt doch; mir sei-want so
wos. Menngie dich bloß, LiisnF
Na ja, Friedensenget Aber an
dere beißen, das thut nichts —- ich
beiß nur meistens mir auf die Zunge
dabei Und ich babe fon Seelen
zuelem das Du »Abnung« nennst.
Uebrigens, Mama hätte uns ein
Fäßchen «Marinirte« mitgeben fol
len· Jch kenne dar- oon Ebers
walde ber —- alle Iaae Kafieeiisung
von Forstmeiiterb bis zu Raths 7.
Klasse runter mit Selbstqebaekenein
das aus Stolz die Form eingebüßt
hat, dann zwei vorgeschriebene Pud
dinqs, Du so so la la »garftig, glat
let, glitschriger Glimmer, kaum halt’
ich, noch fass ich das schlecke Ge
ichlüpfee«. Und Tante Refr- iit auch
ein Modena-Genie mit Wnckelpndk
ding· Das stopft den Sechien den
Mund und verklebt den Wein-ins. "
Und Lissn Dankelmann machte
eine Zungen- und Speiseröhrengyw
naskil, die dem Pseudoschläfer ver
hängnißvoll geworden wäre wenn
ein Schreckensrui nicht Allen zur Re
veille geblasen hätte.
»Lissv, mein Regenmantelknapfl«
»Fuisch!'« konstatirke Die «Gnek’
mal unten nachl«
Annie biickte sich, Lissq bückte sich,
die Schlingrsflanze in der cke
trümmte sich, so weit ihre Verhält
nisse ei- neftattetem der Schweine
prinz rührte sich nicht, der amiisirte
sitt-blos
—
»Du m Wintelshauien —'«
« ,,Verurfacht ein abgerissener Knopf
’nen Frauentonareß und erweckt Vor
urtheilr. Kleine, morgen Abend steht
unter dem Tagesbericht der »Ausp
alocke« oder sonst eines ersten politi
schen Wintelvhauiener Organs: »Ge
stern Abend tamen hier zwei Damen
an, die durch ihr sicheres Auftreten
Verdacht erregten, zumal die eine
mit größter Unaenirtheit einen Re
aenmantel trug, an dem ein Knopf
fehlte. Man fürchtet, es mit hoch
staplerinnen gefährlichster Art zu
thun zu t-,-aben.« Kleine, Du hast nun
das Erste zum Mißtredit gethan-«
»Lissy, auatiche nicht. Was thun?«
»Das Unverrneidlicke mit Würde
tragen. Uebrigens Phomme aut
laraes mains tönnte sich auch mal
bemüshen.«
Sie faate das leise, aber mit dem
aehofften Eriola. Ahorn-ne aux
laraes mainö kroch auf den Boden
und brachte nach einem Krachen in
seinen Ueberziehernähten das corpus
delicti zum Vorschein. Sonderbar,
.er verneigte sich —- faft tadellos —
. nach Lissys taxirenden Blick.
»Meine Gnädiae, darf this awful
red fikt Ihnen den Aufreißer über
reiche-ist«
Eis-sprach sogar leidlich anständia
und machte sich aar keiner Ist-drin -
lMrit schuldig. Also ein holde-o
M —- dann die Indisserenz der
i
und die
Sache war abgetharn Vblleicht war
er drtiben Kellner gewesen. Die Ku
nailie guckte doch an allen Ecken
durch. —- —— —
Und weiter ging's in die gottver
lassene Provinz· Der Abend trech
fchon feucht und neblig aus den
Stoppelfelderm Sie fchwiegen Alle
und fingen an. zu drnfeln, als der
Burnnkelzug in die vorleste Station
eintrach- Die ewige Jungfrau und
der Wärwolf schliefen weiter, sicheres
Zeichen. daß das Ziel ihrer Sehn
sucht noch weiter jenseits der Kultur
lag. Ader Lissy und·Annie von Dan
telmann griffen zu »1711«, bearbeite
ten sich, guctten ein Weilchen andach
tig in ein Tafchenspiegelchen und stie
gen dann in ihre Dänen. Der
Schweines-eins fuhr nun einmal mit!
einem riesigen Tafchentuch um den
ftaubigen steifen Hut herum, zog den
verrutfchten «fuchsigen« runter und
gähnte träftig. «Endlich!' — So,
und da lag Wintelshauien —- fehr
friedlich, denn die Abendfwve hatte
fchon vor einem Stündchen dem Win
telshaufemTage ein Ziel gesetzt, und
von den im Broeldaus oermerlten
2000 Seelen war nichts als des Sta
tionsoorftehers rothe Mütze sichtbar.
LRichts weiter« nicht einmal der tand
riitdliche Kutscher, der doch sicher keine
ganze Seele fiir sich in Anspruch
nimmt· L’homme aux largez maini
ftand etwas abseits, dicht beim Aus
gange. Die Sache versprach drama
tisch zu werden, und dann wäre er als
»in-In of fact« eingesprunaen
»Freddy', puftete Annie mit zwei
Hutfchachteln am Arme.
»Du-unter Bengel«, ichimpfte Lissd.
»Den natürlich die Derefche vergessen.
Wenn sich blos irgend ein Führer
auftreiben ließe. Du, soll ich mal?«
Und sie wies auf den Riesen, der
wie ein Roland aus dein Dunkel
ragte. Der Selfmademan war sitt-r
lich Allerlei gewohnt und nicht spröde
im Geldderdienen. Vertrauen stö
rende Bedenken lanien dem Kinde
aus Berlin W. nicht,- und sie machte
sich energischen Tone-I an den Frem
den
»Wir möchten gern zu Laut-rath
von Dantelrnann, uno werden,
scheint’s, nicht abgeholt Würden Sie
uns hinbringen. falls Sie hier orien
tirt sind? Natürlich gegen ——«
»Eine Vergütung; gewiß, Fräu
lein, ich werde mich schon zurechttreus
zen, lange nicht hier gewesen, tornrne
von drüben·"
Liser that sich etwas aus ihren
Scharfdlick zu gute, und Annie dantte
ihrem Schöpfer« unter der schwester
lichen Intelligenz nützt-segeln Sie
bedactten also den ·Kerl« und schrit
ten stolz ihm voraus. Fünf Schritte
Distanz bis zum Kommis —- das war
so unerzogen. Aus den Wiesen brann
ten Spiitherdstnehel, so dasz selbst
Lissh «Löwenherz« sich dichter an den
Packesel drängte, in dem fre eine ehr
liche Haut gewittert. Das« Groß
stadttind hetarn ein reguliires Gruseln
unter den abendlichen Feldgeistern und
dazu brach ein Wild durchs Gestrüpde
am Waldessaunh und von der Wegs
hiege tlang ein urwiichsiger Bauern
daß. Die Schauer des Thiergarteng
und heerstraßengeschichten fielen ihr
ein, und sie blieb aushorchend stehen.
Der Mond stand hoch über der drolli
gen Karawane und sah hörnisch in die
erschrockenen Mödchenaugen, und ein
anderer that’s auch. Das waren ja
allerliebste Landratten.
»Fräulein,« sagte er mit gutrniithi
ger Breite irn Ton, «Fräulein, wenn
Sie Jhr leichtes luggage selbst neh
men wollen« tönnen Sie ja meine »
hand nehmen, ’n bischen roth und
dick ist sie zwar, aber das hilft nun
mal nicht-, asher sichs-. ist sicher.«
Jhn amiisirte das Spiel tiistlich
Annie streckte gleich ihr höndchen
hin und Lissh war auch nicht Hinwei
lich, aber sie wollte doch liebenswür
dig sein und zeigte ein leutseliges
Interesse siir die schweineprinzlichen
Interessen. -
»Sie baben wohl Jhr Glück drübens
gemacht? Amerika soll ja ein großar
tiges Land sein. Man sagt sogar,
die Amerikaner sind uns voraus.
Wollen Sie hier im Ort Familie bes
suchen?«
»Ja, Fräulein, meine verheirathete
Schwester. Die bat sechs Kinder s
und aus die freu« ich mich.«
Natürlich, Plebejer haben immer
Freude an viel Kindern. Lissy Dan
kelmann hat ein aristokratisches
»tendre,, fiir stanzösische Familien,
aber so etwas ging doch über den
Bolksborizont.
«Gesunde, frische Kinder,« fiel wie
der der fremde Bärenfiibrer ein, »mit
deutschen Flachsköpfen und kräftigen
Fäusten zum Dreinschlagenf
Wieder ein Stoß gegen das
Empfinden gewisser Leute, aber in der
,Spbiire des Riesen ein ganz begreif
lichei Schönheitsoerständnisz. Drum
sagte sie gnädig: »Gewiß, die Leute
Haus dem Volke müssen zu kräftigen
Soldaten erzoaen werden«
Der Mann war gar nicht so unge
nießbae sin seine beschränkten Ver
Fbiiktnisse aber dai Organ —- und der
schautean Gang —- einsach —
»Min» «
=
.Da unten, das is das Last-rathe
arnt. dahinter der Parl and dann das
hanc mitten irn Wirtdichaftsdaf. Ich
bringe Sie durch den Part, denn da
ists finster.«
«Ontrl wird anen wirllich dani
bar sein« und wenn er anen von
Diensten sein kann —"
»Ja, er ist ein guter Mann und bat
eine gerad’ so brave Frau.«
Das that dem verwandtschaftlichen
Gefühl der Dantelmiinner gut, ob
wohl sie vorher ein modernei Grufeln
bei der altiränliichen Bravheit gefaßt
hatte
Unter den alten Parlbiiumen drück
ten sie sich dicht an den schädigen
Ueberzieher, unter dem ein Seebören
herz vor Erwartung ian Geschwind
tetnpo schlug. Das Hofthor war ver
raminelt. Schweineprinz bearbeitete
es träftig mit feinem Rücken und ließ
die kleinen Mädchenbönde nicht los.
Drinnen schlugen die Bluthunde an,
und ein Knecht fragte nach dem Be
gebr.
»Sagen Sie dem herrn Landrath,
Verwandte aue Berlin und Kapitiin
von Götzen aus Meinen-"
, Donnerwetter -— mai war das?
. Seine hände waren plötzlich srei und
« vier Augen guckten ihn an, aber nicht
gerade mit der berühmten Berliner
Intelligenz. Da glaubte er seinen
Moment gekommen. Er nahm den
ganzen »Salonauart« zusammen und
war einsach tadellos. ;
»Meine Damen, bitte. keine gene!
Nebmen Sie die Aventiure io lustig
wie sich. Sie bleibt unser Gebeimniß,
bis Sie ee einer Busenfreundin beich
ten. Parole d’b-onrieur. Jch habe mich
sehr wohl in meiner Schweineprin -
baut befunden und eine iamoie siei
gehabt —- uno voila meine mißaliieb
ten Vetternbiindel hübsch sind sie
nicht« aber träftia. Als Seebär habe
ich das Privilea, zu flunkern —- ich
werde schon die Sache »managen«.
llnd nun — «-all people on board!«
Fassunal Ich bös das Pförtchen
aebenl'«
Der Rest ist Schweigen. denn es ist
eine wahre Geschichte und ka bleibt
man distret Man bat nur bald
nach dieser Geschichte unter den sent-a
len Familiennachrichten der Kreuz
Zeitung« die seltiakne Entdeckung ge
m.icht, daß Lisin von Dantelrnanm
die Schneidige, sich mir einem Kapi
tan von Görien verlobt hat« der in
Gival einfach »unmöglich« anstreichen
Haben soll
Geiöhrliche Voppelgängerei.
dumme-te von A ools Thiele.
Nachmittage geht es in den Gast
wirthichasten bekanntlich recht ruhig
zu, die Mittagsaäste, auch diejenigen.
die einen Skat als Dessert anschließen,
find fortgegangen, uno die Vesper
schiiprler sind noch nicht da.
Die einzigen Gaste, aus denen sich
noch dazu der Wirth nicht viel macht,
sind da nur die Fliegen, die herum
schwirren und bie und da naschen.
Bis-teilen kommt auch einmal ein set
ter Brumsmer und fährt summend
durch die Lust, oder ein Bienlein
schwebt durch's ossene Fenster herein
und spionirt herum....
Für einen Gastmirth, ver sich Nachts
erst spät überzeugen dari, wie der lehte
aus dem Rücken aussieht, ist dies die
richtige Stimmung, ein Nietercksen zu
machen. Also tsbat es auch Herr Karl
DroiseL Inhaber der Gastnsirthschaft
»Brllevue«. Weber der Gedanke an
seine Bierrechnuna und Steuerquit
luna störten ihn augenblicklich, noch
sein bisweilen auftretenderAerger, daß
der Vollsmund sein Lokal das ,,Belle
sonnt-dich" nannte er leate sich im
Nebenzitnmerchen aufs Sopha und
schlies. Um so eher durfte er sich die
ser ersrischenden Tbätigteit hingeben.
als seine Gattin im Gastzimmer
weilte und aus die Gäin wartete, die
da lonnnen sollten. «
Plötzlich alles in bis-see Wen m
plötzlich --- plötzlich öffnete sich die
Thür, und herein trat mit freundlicher
Miene ein herr, defsen musterliaste
Höflichteit und Mustertoffer sofort den
Geschäftsreifenden anliindigten
Frau Drossel blickte ihn mit jenem
kritischen Blick an, mit dem Geschäfts
leute die Reisenden von Gottes- Gna
den stets ausnehmen, doch da er nicht
gleich ins Zeug qina, sondern zunächst
um eine Tafie Kassee bat, so blieb sie
friedlich und ging in dir Miche, um
den imitirten Kaffeetrant in's Leben
zu rufen.
Der Reisende nahm Platz und sah
lich im Zimmer um« dann aber erhob
er sich, um ein schiefbängendes Bild
an der Wand, das einen fröhlichen
Zecher darstellte, geradezubiingem
Mancher kann so etwas eben nicht
mitansehen.
Bald bemerkte der Fremde, daß die
ses Ziel unerreichbar war, der baten
war nicht in ber Mitte, und da- Bild
fusbr wieder schies.
Nun lebrte die Wirtbin mit dem
braunen Saite zurück, und der item
de Mann erkundigte sich höflichst, ob
Herr Drossel nicht zugegen fei. »Ich
mache nämlich in Eigarren", motioirte
er, »und da möchte ich Offerte ma-s
. chem« l
»Wir werden wohl nichts brauchen«,«
wehrte Frau Drossel instinktiv ab,
»wir sind noch orrselien.«
Der Reisende entwarf nun von sei
nen Sorten und deren reislage ein
derart paradiessfches V kd, daß die
leidlich aunnlllshiae F sagte, lbr
Mann wiirde bald an wachen und
lsnne stel- dnnn einmal die Muster nn
feheth »Von welcher Firma lpnnnen
Sies« sagte sie dann, nachdem sie den
sresnden Mann lange nenrusterl hatte.
Linn Dietrich Doldlauqe in Freiat
surt um Main!« erwiderte der Rei
sende.
»Sind Sie da ichs-n langes« fragte
sie weiter.
-Seit zwei Jahren, ja, seit zwei
Jahren!«
»Nun Sie«, sorschte die Wirthin
weiter, «nmen Sie nicht früher schon
einmal hier, siir eine andere Manni«
»Nein —«
»Ach, doch, natürlich", unterbrach sie
ihn, »Sie sind doch schon einmal dane
wesen! Ich kenne Sie am Haar und
Bart und dem ganzen Gesicht wieder.
Ich lann Jänen da nur rathen, schnell
fortzugehen! wenn Sie mein Mann
sieht —- nn, der ist iurchtltnr wüthend
auf Siek Er will Sie todtschlagen!«
Das Opfer einer ieniationellen
Mordniiiire zu werden« macht be-;
lanntiich Niemandem Spaß —- und sc)l
wurde denn auch unser schmächtigers
Reiseoniel um eine Nuance Wissen J
»Aber ich verstehe gar nicht«, sagte;
er mit leisem Beben, »ich bin dochj
noch nie hier gewesen. Wie ioll denn
der Fremde qeheiszen haben-P
.Das weiß ich nicht« mein Mann
f wirft wissen«. erwiderte die Wirthin.
z Der Fremde wies nun in langer
; Rede der besorgt-en Frau nach, daß er
dies nicht gewesen iei.
Jn der That weilte er zum ersten
Male in der Stadt. und er legte dies
der Wirthin in so treuherziger Weise
dar, daß sie davon überzeuat wurde.
»Da musz ich mich doch aeirrt babenl«
sagte sie endlich. »Ja, es muß doch
ein Anderer gewesen sein, der meine-m
Tät-Inn damals das Zeug aufgehöngt
.t.«
Jn diriem Moment tiyelte eine
Fliege die Nase des Herrn Drossel·
Dieser beliebte zu niesen und erwachte.
Als er draußen reden hörte. ing er
langsam an die GlastViir und· ah ins
große Gastzimmet
Plsslich verwandelte sich aber sein
ganzes Wesen. er riß die Thiir aus«
itiirmte vorwärts aus den erichrotlenen
Gast zu und packte ihn mit eiserner
Faust aen Rock. «Habe ich Sie endlich
einmal erwisclzt!« riei er grimmig.
»Na. ietit tönnen Sie sich aratullren.«
»Halt. las-« doch!« mit diesen besänf
tiaenken Worten wars sich seine bessere
Hölite zwischen die leiden Männer.
Dies und der Eintritt eines Radlers
brachten den Zornigen zur Besinnung·
Ja, Jie sind doch der Kother aus
Leipzizak rief er trotzde aus.
»Das dachte ich Hure-a auch«, nahm
dieGattin das Wort, »aber der Oerr
hat mich überzeugt, dasz er noch nicht
hier war.««
Meine Spur. ich bin der Köther
nichts« saate nun auch der Reisende
mit mattem Lächeln. .Mein Name ist
Meredia, ich tomme von der Firma
Dsietrieb Hohlauae in Franlsurt am
Mainst - --
«Da iehen Sie dein Kiither aber
mächtig ähnlichs« stöhnte der Wirth
indem er seine mächtigen Fäuste, wie
um sie zurückiuhaltem lrampfhaft aus
den- Rücken ballte.
»Ich war noch nie hier in der
Stadts« saate nun Meredig in vollem
Gefühl seiner Unschuld. »Wie ich
hörte, hat Sie der Kiitljer hereinge
legt.«
»Na und wie!« arunzte der Wirth,
»da hatte er eine Sorte, »Brillant«
hieß sie. die siel ganz siertig aus« jeder
Gast drehte sie dreimal herum und gab
sie zurück. Dann die «Svmpathica«,
na das ioar ein Kraut, die schwelte an
einer Seite herunter, und die andere
brannte nicht. Und dann «Lieblin ";
so ma- babe ich noch nicht aesehenl « ie
hatte gar teine Luft, die Gäste zogen,
baß ihr Gesicht roth und blau wurde.
und dann schmissen siesie an die Erde.
Aber das allerichliinmste war doch die
»Komm d’Eivaana", mit dem Gestant
hätte man Ratten vertilgen tönnenl
Ub. wenn ich den Kerl noch einmal le
bend erwiichte!«
»Verel7rter Herr Drossel«, sagt? Mr- "
redig, »ich verstelse Sie vollkommen,
derartige Neiniiille schmerzen. Bei
meiner Firma baben Sie dergleichen
nicht zu erwarten!«
»Sie sehen dem Menschen zu abn
lich!« grollte der Wirth, der sich von
seinen schrecklichen Erinnerungen im
mer noch nicht losreißen lonnte.
»Seien Sie versichert ich bin D
nicht«, sagte Meredia. Währenddessen
war der Radler ausgestanden, um den
fröhlichen Zecher an der Wand gerade
zubiinaery sah jedoch bald ein, das-,
dies nicht ging. »Das Bild bleibt
schäep saatle er dann entmutbigt und
a lte
Mit abttlicher Ruhe bemertte Dres
sel: »Ja, das wollen viele aeradebiin
aeni Bald wieder die Ehre!«
Der Radler entfernte sich, überrasch
te einen Jungen. der sich an seinem
Rade zu tbun machte, mit einem jener
DentzetteL die der Genius der deut
schen Sprache so treffen mit Dachtel
bezeichnet, und subr davon.
»Nun aeben Sie mir noch ein Glas
Bier, irsenn ich bitten darst« sagte der
Reisende. »Bitte, herr DrosseL lassen
Sie sich in Ihre-n Schläschen nicht stil- «
ren ich babe Zeitl«
Der Wirth aiihnte rnit Ausdruck und
begab sich wieder ins Nebenzinimer.
Sie entschuldiaen meinen Manni«
flüsticte Frau Drossel als sie das
Bier binsente »Er iit um die Zeit im
mer müde.«
Meredia traut nun einen Schluck,
Mir mit der hohlen Band über den
Tisch, um eine Fliege zu sangen, die
jedoch schneller war als er, und der
suchte dann Mal-, das« Bild ge
I radezubiingem Aber auch vielmals
blieb ver lriihliche Zecher Sieger und
teant lchiset weiter-.
Etwas verstimmt über dlexeMthev
folge, lehrte Meredia aus se neu Tit
zuriich Von Neuem beobachtete ihn
lett die Wirthtn. in ihrer Seele rang
und woate es anscheinend.
Ihr Gatte hatt-e ei lich indessen aus
dem See-Ihn im Rebenziminer, dessen
Ihiir offenftand, wieder bequem ge
macht und er iant in Halt-schlummer.
Meredig wollte nun, um ihn nicht
zu stören. halblaut ein Gespräch be
ginnen und sliisierte, während ein lie
lsenswiirdines Lächeln sein Gesicht
iikerstrabltc »Priichtiges Wetter«
deutel«
» Da, als sie sein Lächeln sah, rief
Frau Trossel laut aus: »Nein. Sic·
sind doch der Kötkser aus Leipzig!«
Dieser Ruf, ein vultanischer Aus
brach ihrer tämuienden Gesiihle, war
laum ertlunaem als der Wirth, ver
ihn vernommen, krieinstürnrte
»Ja. Sie sinlw hochl« ariihlte er.
erariif den armen Meredig, priiaelte
ihn mit seinen starken Fäusten braun
und blau und warf ihn zur Thiir hin
ans.
»Ich biss- ia gar nicht!« »Sie
sind’s!!!" Diese Rufe tönten mehr
mals in die stille Nachmittagöruhe
hinein.
Als der iiihlings hinausgewirbelte
feinen but. tut-erziehen Schirm und
Mustcrtoffer vom Dienstmädchen über
reicht eejalten hatte, g na er langsam
die Straße hinunter und tröstete sieh
mit den Paragraphen des Straige es
buchei. die iiir den soeben erlebten ll
vorgesehen sind
Dann aber blieb er stehen, rieb sich
seinen Rücken und seufzte: »Daß es
Polen .Menlchen gibt, die sich so ähnlich
e .en.«
site Oetbttsersöeeberhsnptsssw
Jrn 18·»Jahrhundert, als die öf
fentliche Sicherheit in Frankreich
überall viel zu wünschen iibrig lie ,
hat es in der Bretagne einen tveibl -
chen Röuberhauptmann gegeben, der
weit und breit berühmt und fürch
tet war. Aus dem Leben die er küh
nen, heute foft völlig bergessenew
Frau erzählt Jean Loredan nach un
veriiffentlichten Urkunden interessan
te Erlebnisse in einem demnächst er
scheinenden Buche, aus dem der
«Gauloie« sent bereits einen Vor
drurt bringt. Im Jahre 1743 hatte
die .ichöne U)arioii'«. eine Handvoll
entschlossener Männer um sich gesam
melt, mit denen sie die Bretagne
unsicher machte. Dabei war es ihr
Grund-fah nicht die Groß-en und Rei
chen zu plündern, Die sich hätten
rächen, oder sie bestrafen lassen kön
nen, sondern sie oliinderte die armen
Leute aus. sMaria Finesont. wie ihr
Soigname lautete, pflegte mit ihren
Getreuen etwa einen mäßig begiirs
ten Bauern, der angetrunken aus
dem Wirthshaufe nach hause ging«
im Dunkeln zu überfallen und völlig
auszuraubem sie überfiel auch wohl
einen tleinen Bauern, der eine Kuh
auf dern Markte verkauft hatte und
das Geld bei sich trug. Keine der
Unternehmungen Marie Finefonts
durfte gefährlich sein, denn es sollte
niemand, weder von ihren Leuten
noch von den Ueberfallenen getödtet
werden. Die dauptfache war alfo
das Ausspionisen der richtigen Gele
genheit, das sie selbst rnit großer Ver
fchlagenheit aus-führte Das Merk
wiirdige dabei ist nun, daß Marie
Finefont, obgleich sie überall bekannt
war, sich ganz frech, bei hellichtern
Tage in die Dörfer und auf die
Märtte wagte. Es schien, als wolle
das Land nichts gegen den Tribut
unternehmen, den sie von ihm forder
te. Die Erklärung dafür !iegt«darin,
daß sie überall Leute hatte, die fast
als belierehelfer zu bezeichnen wa
ren, nämlich solche, die geflissentlich
die Augen zudriictten nnd ihr, falls
man sie ern-gegriffen hätte, wohl auch
mit Gewalt beigeftanden hätten.
Diesen batte sie gegen Zahlung einer
geringen Summe einen Freipaß ver
schafft, der ihnen unbedingte Sicher
heit gegen ihre weitoerzweigte Bande
rusichertr.
W
sitt-er Trost.
Gläubiger »Ist denn Ihr Herr
ixse zu sprechens«
Diener: «Schweklich, aber et wltd
schon selbst zu Ihnen kommen, wenn
er wieder Was braucht!«
Speis-time Ostens-list
»Im-kitz. unser neues Kindetfriiw
lein hat gesagt sie wollte lieber weni
ger Lohn —- abet dafür recht qule
Behandlung.«
»Hu-. wie holst — werden mer se
behandeln susgezeichnet.«