Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 04, 1910, Zweiter Theil, Image 10

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    In verzMell ogi·loresi.
Vomqu ZMEHZZE ässpgkktik
(12. FortsesungJ
17. K a p ite l.
Jn jenem unentmirrharrn Straßen
chaos Napels das damals noch unter
den Namen ·Lazzaronidiertel« be
stand, aber nach der letzten starken
Choleraepidemie zum größten Theile
niedergerifsen worden ist, existirte zur
Fett unserer Erzählung eine vielbe
iuchte Schenke. di- das semka- Fix
nzenschild »Zum springenden Esel«
fuhrte. Die Schente stand ungefähr
im Centrum des Lazzaroniquartiers,
war als-er tagsiiber nur auf wenige
Stunden geöffnet, wie denn überhaupt
in diesem merkwürdigen nunmehr fast
ganz vom Erdboden verschwundenen
tadttheile erst rnit Beginn der Nacht
das Leben sich zu entfalten pflegte. ,
·Slillschweigend duldete die Poli
zei dies nächtliche Treiben, ja, sie be
giinstigte es sogar, weil sie dadurch,
daß es sich so öffentlich, gewisserma
sen unter ihren Augen abspielte,·eine
ziemlich scharfe Kontrolle ausüben
konnte. Gegen die Schenle »Zum
springenden Esel« schien die heili
hermandad aber ein besonderes Mi -
trauen zu hegen, denn in ihrer Nähe
konnte man zur Tag- und Nachtzeit
beständig einige unisormirte Polizi
sten wahrnehmen. die mit scharfem
Au die iin Gasthause verlehrenden
Jus-unten titulierten. freilich nur lei
ten Gelegenheit fanden, in energischer
Weise ihr-es Amtes zu walten. »Im
«Springenden Esel« gina es äußerlich
kaum anders ber, wie in allen übrigen
Sasihiiusern gleichen sang-es, und
doch hatte die Polizei allen Grund,
das Treiben in dieser Spelunle auf
merksam zu beobachten: sie galt näm
lich als ein hauptverfammlungsort
der leitenden Mitglieder einer zwar
unpolitischen. nichtsdeftaweniger aber
überaus gefährlichen geheimen Ber
bindung, die in allen gesellschaftlichen
Schichten Neapelg unter der Benen
nuna «die Camorra« bekannt und —
gesitrchtet war. .
Wer längere Zeit in Neapel gelebt
hat, und mit den kaufmännischen
Kreisen daselbst in Berühruna ge
kommen ist, wird wissen. daß dem
Reapolitaner noch heute die »Ca
morra« als ein wahrhaftes Schreck
espenst ilt. Jn Wirklichkeit ist der
chädigen Einfluß dieser Gesell
schaft freilich längst fo abgeschniiicht
werde-, daß man ihn nicht mehr zu
fürchten braucht; es gab jedoch eine
Zett, in der er speziell auf die Kaus
msannsswelt der Golsstadt im höchsten
Grade niederdrückend einwirkte. Wer
nicht pünktlich seinen Beitrag in die
Kasse der »Er-mona« zahlte, der konn
te gewiß sein, daß geheime Mächte un
auzgesetzk und tiicksichtslos an feinem
Iuin arbeiteten; fein Kredit wurde
durch allerhand Machinationen unter
graben, feine Waarendestände wurden
verdorben, kurz, man suchte ihn an
den Bettelstab zu bringen.
Der «Springende Esel« gehiirte,
tote erwähnt, zu jenen Lokalitäten, in
welcher-, den Muthmaßungen der Po
li et nach, die leitenden Häupter der
« morra« zeitweise zu tagen pflegten.
Das wachsame Auge der Polizei sah
nun zwar richtig, aber dennoch nicht
scharf genug, um die Mitglieder der
gährlichen Bande einmal aus frischer
at zu ertappen. Erst als beim Nie
derreißen des ganzen Stadtviertels,
das dei allen Choleraepidemien, die
Neapel heimsuchtern immer den Haupt-.
rd der schrecklichen Seuche gebildet
tie, Sturmbock und Art auch gegen
die morschen Mauern des verrufenen
Gasthvses tobten und sie niederbrachen i
h man, in welch’ schlauer Weise die
lizei von der «Camorra« getäuscht
worden war. Aus dem größten Kel
ler des Gastdauses führte nämlich
durch einen verdeckten Eingang ein un
terirdische-r Gang in eines der Neben
hiiuser, ssen Bewohner als harmlose
und ungesährliche Leute galten. Jn
diesem Hause, nicht im »Springenden
Esel« selbst, auf den man in der Ab
cht, die Behörden irrezuleitem die
erlsamkeit der Polizei lenkte,
amtnelte sich.in gewissen Zeiträu
men eine Schaar verwegener, mit dem
Cesese zersallener Männer: die Un
fsihrer der neapolitanischen «Camor
tll .
Der Saal, der ihnen als Aufent
haltsort diente, war gleichfalls ein
großes Kellergelaz das indessen mit
einer gewissen Behaglichteii ausge
iiaitei worden war. Eine Matie aus
sinsengeilecht bedeckte den ganzen
Fußboden und darüber waren noch
hier und da kleinere Teppiche get-tei
tet Verschiedene Tische und zahlreiche
SiühLe standen umher; die artiinchten
Wände ichmiickten einige Bilder. Von
derarwiilbien Decke hingen in un
äleichmäßiaerb Vertheilung mehrere
erneln herab
—--——--—
Es war schon spät am Abend·
draußen in den winkeligen Gassen
nn lich nach nnd nach das ge
heiliche nächtli Treiben zu eni-’
glitt-. Nur bis inah in das Keller-l
Nchts des baufällige-i ufes ne-!
dein Gasthofe »Zum pringenden
l« dran phrenbeiiiubende
m des srerieli nicht ier war
es Mil, ip unheimlich still, aß einer
der beiden soeben durch die nur für
W entdeckbare Thiire ein-l
tretenden Männer eine Bemerkung
nicht unterdrücken konnte.
»Gebt es noch tiefer hinab, Con
tri« sagte er. »Ich muß gestehen.
daß die Kellerlust meine Nerven ein
wenig bedrückt.«
Der andere lachte. Er nahm an ei
nem der Tische, aus dessen gmlich
sauber gescheuerte Platte die either
hängende Ampel einen treisrunden
Lichtschein malte, Plas. und winkte
Basis. sich ihm gegenüber zu seyen.
In dein großen Raume befand sich
außer den beiden tein Mensch, jetzt
aber imängte sich durch die schmale
Thiir ein behäbiges Männchen rnit
L schlau-drutalern. roth gednnsenem Ge
sicht und tleinen weinleuchtenden Au
gen. Eine schmutzig-e Schürze um
spannte den gewaltigen Leib in beei
ten Faltem ans dem ungeiiigen Kopfe
thronte eine braunrothe, abgegrisstvt
Kappe.
.hierher. Don Enrico«, rief Sac
eone. »Erlaubr, daß ich Euch einen
neuen Freund. den Herrn Botilio,
-vorstelle, so, und nun bringt uns
Wein! Aber nicht jenes dünne Ge
»k-riiu, alter Freund. das Ihr schänd
lich-r Weise als ,Latrirnae Christi’
,unter die Leute bringt. sondern un
;verwösserten Zypern-im ich weiß. daß
TEuch erst kürzlich wieder eine volle
zäadrzäa ins hanc aktcknnuggelt wor
« n r .«
»Wie trefflich Sie in meinem Kel
ler Befcheid wissen, Signor Emilio«,
grinfte der Dicke, «mein eigener Mi
»fer kennt die Fässer nicht bessert Ha
jben Sie fchon das Reuefte gehört,
.Signor Emilio? Eine Schreckens
:nachricht, die zwar noch verheimlicht
lwerden soll fiir deren Wahrheit ich
wich aber verbürge: drüben im Vi
Eroletto Trentonte sind gestern Nacht
zwei Cholerafiille vorgekommen .....
» .Den Teufel auch!'« Saccone er
Ischral und auch Laczarowsti konnte
lsich eines Gefühls geheimen Grauens
»nicht erwehren. »Ist es sicher, En
"rico, dass es thatsiichlich ztvei Fälle
asiatischer Cholera gewesen sind?'
»Ganz sicher. Einer unserer Freun
de. Doktor Benedetto, der Armenarzt,
hat die beiden behandelt. Die
Somvtome wären unverkennbar, sagt
er.«
" »Die Polizei ift noch nicht vom
Auftreten der Cholera benachrichtigt
worde fragte Saccone.
»Im Gegentheil«, erwiderte der
Wirth, »die Sache soll geheim ne
halien werden, wie ich Ihnen schon
sagte. Doktor Benedetto zittert am
meisten vor dem Umsichgreifen der
Seuche: er lann nicht vergessen, daß
das Volk vor drei Jahren einen feiner
Kollegen buchftiiblich in Stücke geris
sen bat.«
»Das ist allerdings eine wenig ver
lockende Aussicht für den Pflafterla
sten. da begreife ich feine Angst. Wie
lommt’s, daß es heute so leer ift?«
t Don Enrico zuckte mit den Schul
ern.
.Weiß nicht, es wird wohl noch
ooll werden. Es giebt übrigens viel
zu thun, seit die Fremdensaifon he
gonnen hat. Bei Girolama Leri ift
gestern Nacht die Kasse erbrochen und
ausgeraubt worden«
»Aha. das ist der Kerl, der sich un
feren Mahnungen gegenüber auf das
Geseh berief! Sehr brav, wer hat
den Coup eingeleitet?'
«Reni, der ,Baumeifter’.«
«Famofer Bursche, er versteht das
Geschäft! Ich erwarte ihn iihrigens;
er versprach, pünktlich um Mitter
nacht hier zu fein, und er pflegt doch
sonst Wort zu halten. Aber nun
Wein her, Cnrico, Ihr habt uns mit
Euren Cholera-Geschichten die Kehle
noch heißer gemacht!«
Der dickie Padrone nickte, wischte
sich mit dem Schützenzipfel den two
fenden Schweiß von der Stirn und
trottete ah.
.Worum so schweigsam. Basil?«
Sacrone schaute durch fein Monocle
den« Gegenübersitzenden forschend nn.
«Srnd Ihnen die Schauerneschichten
des fchwahhasten Enrico in die Glie
der Lefahrenis
«Das weniger, aber ich muß mich
erst nach nnd nach an die seltsamen
Geschäfte gewöhnen. die hier bespro
chen werden. Mein einziger Wunsch
ist der, mit Dampflrasl über den
Ozean zu lommen.«
«Es würde Ihnen indessen nicht
unangenehm sein, einige Hundert
tausend mit hinüberzunehmen?«
»Das kann ich nicht kugnen, ich
glaube aber nicht mehr an die Mög
lichceit eines solchen Glücksfalles.«
»Weil Sie aus Aerger über die
letzten Mißerfolge zaabth aeworden
sind, mein Theater. Ich denke an
ders. Der Plan, den Sie seit Jah
ren verfolgten und den Sie thörichter
Weile aufgegeben haben, weil Ihre
Kombinationen nicht ineinander grei
sen wollten, muß unter aklen Umstän
den weitergeführt werden. Zu diesem
Specke brauchen wir Geld, viel Geld
Da Ihr Schivaaer Jllburg Ihnen, re
spektive uns nicht gutwillig helfen
will, le müssen wir uns seine Hilfe
erzwingen und ich denke, eine
,Seauesiration’ wird zum Ziele fiihi
uns
Fest das ein Knaitansdruck7«
Lis- vieseia me is. Die dir-sch
sitte des Sein-seiden- stanante ur
sprünglich aus Sizilien doch auch
in Neapel wird sie. wie Sie aus den
Zeitungen ersehen können. noch recht
häufig gehandhabt Es ist ein sehr
einfaches Verfahren. Das Opfer der
Seguesiroiion wird zu grimmer-Stun
de von einigen handsesten Burschen
überfallen, gelnebelt, gebunden und in
aller Berschwäegenbeit an einen poli
zeisicheren Ort gebracht. an dem man
den Betreffenden so lange zurückhält.
lsis das aesorderte Lösegeld gezahlt
worden ist. "
Also ein ganz gewöhnlicher Ban
ditenstreich?«
Sagen wir .energische Selbsthil
ie’, das llingt besser. Ich bin liber
zeugt» daß Herr von Jllburg nicht
lange zögern würde. uns eine Anwei
sung über einige hunderttausend
Franken zu geben —- die Langeweile
thut viel. Haben wir aber erst ein
mal dieses Kapital in der Hand dann
können wir unsere Rachsorschungen
nach dem verschwundenen Millionen
diebe mit bei weiten. erhöhterer Krast
fortsetzen. Madame Buliloss ist uns
zwar zuvorgelonnnen und bat bereits
einen Spezialagenten, den Doltor No
cera, ans die Suche geschickt, aber ich
glaube nicht« daß dieser Edle hervor
ragendes erreichen wird, denn seine
Austraggeberin soll in letzter Zeit
recht sparsam geworden sein."
Laczarorvsli stierte glanzlcsen Au
aes vor sich bin. Ein wildes Lächeln
spielte um seinen Mund. während
die aufeinander arpreßten Zähne leise
tnirschten. Plötzlich richtete er den
iiber den Tisch aeneigten Ober-körper
auf und feine Rechte legte sich fest um
den Arm des Genossens
.Sie ist geizig die schöne DUR
saate er mit besserer Stimme, «da
weiß ich am besten! Aber ich tvei
auch. daß ihr von dem erschtoindelten
Vermögen ihres Gatten auch noch ein
stattlicher Itest verblieben ist« ein Rest,
der es wohl lohnen würde —«
Der Sprechende brach ab und
schielte zu Saecone hinüber, um die
Wirkung seiner Anspielung zu beo
bachten. Der »Conte« war indessen
ziemlich aleichmiithia geblieben, er
nickte nur mit dem Kopfe.
’,.Ein doppelter Fang. desto besser«,
meinte er kurz. »Die tecten Jdeen schei
nen Sie zu reizen. Wie kommen Sie
aber auf die Muthmaszung, daß das
Vermögen der Bulitosf ein ersehn-in
deltes seii’«
Laczaroiosti lachte. «Muthsnnßung?
Obo, lieber Emilio. ich pflege nur mit
Thatsachen zu rechnen! Der alte Billi
loff, geheimer Staatsrath, Ritter ho
her Orden, Präsident aller möglichen
und nmnözlichen Attienschioindeleien
und was weiß ich, war von meiner
Mutter Seite her ein entfernter Ver
wandter von mir. Eine noble Ver
wandtschaft —- ich häit’ mich den
Teufel um diese Blutsbnnde geiiims
mert, wär’ der Alte nicht mehrfacher
Millioan gewesen! Grad’ so wie ich;
dachte auch meine selige Mutter und
ihr Töchterlein Wanda, meine vielge
liebte Schwester. Kanten da die beiden
eines schönen Tages oon ihrem polni
schen Gütchen nach Peter-barg her
iibet: sie hätten gehört. dem lieben
areisen Oheim aehe es recht schlecht, sie
« wollten daher den armen alten herrn
» mit weiblicher Zartgesiihligteit pflegen,
- damit er sich noch recht viele,
viele
»Jahte des schönen Daseins erfreuen
könne. Jn Wahrheit hatten indessen
die beiden erfahren. daß Bulilosf mit
seiner jungen und schönen Gattin in
bitterster Feindschaft lebe, und dasz er
gesonnen sei, sie zu enterben. Der Alte
hatte Madame Clelia auf einer ita
lienischen Reise in irgend einem Sa
lon Neapels kennen aelernt. Die dii
monische Schönheit dieses Weib sachte
in seinem ansaebrannten Herzen
Gluthen an, die ihn zu verzehren
drohten. Der Marquiå Ventiventi, an
den er sich thörichterweise zuerst wand
te, schlug ihm rundroeq die Hand tei
ner Tochter ab, der reiche Rasse war
dem adelsstolzen Herrn tein würdiger
Scknvieaeriohn Anders dachte (5.le!i.1
felbstx sie war der beftiindiaen Ent
kehrunaen und des- alänzendes Elends-,
das sie im oäterlicben Haufe umgab
müde; die Millionen Bulitojsg nnd
die Aussicht, eine Rolle in der vor
nehmen Welt spielen ru können, reit
ten sie mächtig. Und to tonnte die
Gesellschaft Neapels sich eines freund
lichen Morgens an der Nachricht er
göhen. daß die Tochter Bentioentis
von demrnisilchen Nabob nach ame
ritanischem Muster in höchst romanti
icher Weise entführt worden war.
Die turze Ehe war übrigens sehr
unglücklich Ich trieb mich derzeit in
Petersbura herum und hatte die schöne
Madame Bulitoss bei Gelegenheit ei
nes Wohlthätiateitsbazars, aus dem
sie als Sizilianerin brillirte, tennen
gelernt. Sie selbst, mehr aber noch
die absonderlichen Verhältnisse ihres;
Ehelebens, die übrigens ganz os en
tundiq waren, interessirten mich leb
haft. Eine Unnäberuna war nicht
schwer, es dauerte auch nicht lange,
so waren wir gute Freunde. Ich zog
meine magilchen Kreise um die schöne
Frau enger und enger, bit eines Ta
ges meine Mutter und meine Schwe
fter ans der Bildflöche ericbienen und
mir die wohlerwoaenen Berechnungen
n zerstören drohten. Bulitoss hatte
iehon vor zwei Jahren. zu 'ener Reit,
da er mit Elelia noch in rem in
vernebinen lebte, ein Testament zu
Gunsten leiner Gattin aus dem Ge
richte devonirt, lich aber Klauleln vor
behalten. Wenige Stunden vor feinem
Tode tam er, durch Bands nnd mei
ne Mutter beeinflußt aus die,Jdee,
diesen beiden io große Leaate auszu
Rern date fiir Etelta nur verhältniß
stg unbedeutende Kapitallen Me
sse-. Elelia hatte von der Ali-sieht ih
reä Gatten Kenntniß erhalten nnd
itiirzte eilig zu mir. Meine Maßre
geln waren fehnsell getroffen; es ge
lana mir, den Diener Berlin-ist« der
die Gerichtöperfonen holen sollte, und
den ich bereits öfters fiir meine
Zwecke gebraucht abzufanaen und un
schädlich zu machen. Während her
Bursche in meiner Wohnung einge
schlossen gehalten wurde. starb Onli
loff. ohne seine Absicht durchgeführt
zu haben. Frau Clelia blieb fomit
seine Universalerbin, und Wanda
mußte mit ihrer Mutter grimmigen
Denkens wieder abreifen; von vieler
Zeit ab datirt aber ihr unversöhnlicher
Haß gegen mich. Der Diener Billi
loffs gab sich anfangs mit den Be
stechurrgsfumrnem die Clelia ihm zu
wgri. zufrieden. doch nicht lange;
seine Forderungen wurden immer un
rerfchiimter. und als er einft die
Kühnheit befas, der Buliloff in ei
ner so frechen Art geaeniiber zu tre
ten. daß diefe sich in ihrer Ehre ver
leht glaubte, feuerte fie in aufklinkt
mender Muth eine Pistole auf ihn ab
und schoß ihn nieder. Das Verbrechen
wurde nicht offenkundig, die vor Ver-I
zweiflung iiber ihre That halb wahrt-»
sinnige Buliloff aber duldete es nicht
liinaer in Petersburgx sie floh nach!
Genf —- und ich iolate ihr. Lange Zeit!
hindurch wußte ich lie als verlörpertes
böles Gewissen in Schock-Ja halten.
bis der Teufel fein Spiel trieb und sie
, mir eiltfiihrtr.k
»Das deißt", fiel Sacrone mit ei
aentbiimlichem Lächeln ein, ,,bis Ma
dame Buliloif beimweb verspürte
und sich unter die schützenden Fittiche
ibres Derrn Papas begab. Das ist
zweifellos ein höchst fataler Aus
cuna der Sache für Sie gewesen,
mein lieber Basil, aber trösten Sie
sich, wir werden doch noch einmal
mit der schönen Clelia in Geschäfts
verbinduna treten-.- Ein Besuch bei
Madame Buliloff lohnt sich nicht al
lein der Wertbpapiere balder-, die
sie in ihrer Kassette bewahrt, sondern
auch wegen der Brief Nocerasx es
ift immerhin möglich das; der schlaue
Fuchs im eiqensien Interesse mit
Eifer nach den Spuren des verlchel
ten-en Jllburg sucht »und über seine
Tbötialeit der Buliloff berichtet. Ich
trage mich übrigens mit noch weit
eebenderen Plänen. Wir müssen ver
suchen. die wirtliche Erbin, jenes jun
ae Mädchen· das sich gegenwärtig im
Hause Jbres Schmaus befindet,
gänzlich in unsere Gewalt zu betont
men. Mir sind genug Ortlichleiten in
und um Neapel bekannt, die das an
sich schon etwas trübe Auge unserer
Polizei laum je finden wird, und
eine Entführung ist unschwer in Szene
aefeht.«
»Ich febe nur den Zweck eine sol
chen nicht recht ein«, warf Laczas
ioivtli dazwischen. »Was niiht uns
Mal-ei Luvo da doch auch ibr der
Aufenthalt des Rauberö ihres Ler
mögens unbekannt ist?«
Saccone runzelte die Stirn und
wiegte den Kopf bin und her.
»Sie llamniern sich immer an das
Rächstliegende und lassen das Ent
ferntere außer Betracht«. entgegnete
er in leicht ärgerlichem Tone. »So
bald Mabel Luvo erschwcnden ist,
tann sie nicht me r als rechtmäßige
Erbin austreten, das wäre der haupt
vortbeil dieses Eos-ps· Ueberlassen Sie
alle diese Arrangements nur mir, lie
ber Freund; ich tann thnen versi .
daå ich mit großer Vorsicht zu ertr
ge .«
Saccone rückte mit seinem Stuhl
niiber an Larzarowgtj heran, der
ziemlich interesselos vor sich bin
starrte.
18.Itavitel.
»Es ist ein Fremder draußen. der
dem Herrn Baron seine Aufwartung
machen möchte«, meldete der Diener
Jllburgs.
Egon wandte sich ärgerlich um, er
vermuthete eine Bettetei oder derglei
chen
»J.fieide dem herrn, daß ich um
feine Karte bitten tasse«, gab er zu
rück.
Es währte einige Minuten, ehe der
Dener ziuritcktehrtr. Er trug einen
tleinen Briesumichlaa ohne Adresse in
der hand, den er Jllburg überreichte
Mit Erstaunen betrachtete Egon ei
nen Augenblick das verschlossene ton
gelbe Couvert und schlißte ej dann
mit dem Falzbein aut. Eine Visiten
tarte siel ihrn entgegen; sie trug in
winzigen Lettern den Namen: «Albert
E. Datton«; darunter war rnit Blei
stist geichriebenc Geheimdetettiv« und
«rnit besonderer Vollmacht«. Jn der
linken Ecke der tleinen Karte stand,
litographirt wie der Name Datton,
die Adresse: »Landon. 107 Vittoria
Street.«
Jllbura schüttelte den Kons. Was
wollte ein englischer Geheimnotizist
bei ihm?
«Lasse den Zerre- eintreten«, sagte
Mr. Dalton war ein hochgetvacksses
ner Mann, mit einem Gesicht, as
einem presbnterischen Geistlichen hätte
angehören tönnen.
Er ver-beugte sich ehrerbietig und
trat rnit einer wissen gernessenen
Feierlichteit aus on zu.
»Es-treiben Sie meine Störu ,
herr vyn Jllbutg«, sagte er, un
gestatten Ste, daß ich mich legiti
mire. Das gehört zur Sack-«
Er griff in dte Tasche, holte ein
riesenhafteö Notizbuch hervor und leg
te Jllburg einige Papiere vor.
»Es handelt sich turz unt sorgen
des. mein durch begann er aber
mali- «J1n April dieses Jahres ek
bat tid der Spur-erneut von Mit-r
et
E die Untersiiihung der Londvner ali
zei in einem interessanten Keim nat
z falle. Jch habe nicht die Absicht. Sie
smit den Detailj dieser Angelegenheit
s zu behelligen. sondern siihre nur das
wichtigste an. Das jamaitanische
Gouvernement ersuchte uns auvörderst
; um möglichst genaue Recherchen iiber
den Verbleib einer gewissen Misz
Mabel Lupo, aus Kingstvn gebürtig.
Man vermuthete ein Verbrechen und
man belegte diese Muthmaßungen mit
Beweisen. Jch wurde vom Chef der
Kriminalabtheilung mit den nöthi
ngn Jnstruttionen versehen und be
sgann ungesäumt meine Forschungen.
z Leider lagen die Fäden ziemlich tlar
zu Tage, so daß ich zu meinem leb
jbditen Bedauern bis jedt mit nur
T wenig Schwierigkeiten zu tämpsen
; hatte. Die Behörden in Kingston be
Jnachrichiigten mich, daß Miß Mabel
’ Lupv Ende August oder Anfang Sep
tember Jamaila in Begleitung einer
Familie Stesierlon verlassen hatte.
Die Stessersone waren laut der Pas
sagierlisten des Schiffsbureau mit
dem Dampser Bring os Wales' iiber
Marseille nach Neapel gereist. Ich
fuhr sosort hierher-, durchstöberte die
Fremdenhiicher sämmtlicher Hole
und war so glücklich. den gesuchten
Namen schon in den ersten achtund
vierzig Stunden aufzufinden. Ader
auch nur den Namen —- die Steiser
sang hatten Neapel bereits verlassen
und waren nach Pisa übergesiedeltz
von Pisa trieb ihre Spur mich nach
Livorno und von dort nach Florenz.
hier fand ich sie endlich und mußte
von ihnen hören, daß Miß Lupo in
den Dienst einer deutschen Familie
in Neapel getreten sei: den Namen
dieser Familie hatte Mr. Stesserson
selbstverständlich längst ver isen. Der
letztere Umstand war mir ehr ange
nehm, denn nun hatte ich Hoffnung,
daß die Sache sich verwickelter gestal
ten wiirde. Leider war das nicht der
Fall. Auf der hiesigen Hauptpost
wußte man, dass Miß Lupo ihre Brie
se unter der Adresse Baron von Jll
burgs’ erhielt —- alleö weitere war
Kinderspiel. Entschuldigen Sie die
langen Ausführungen, sie gehören zur
Sache. Kann ich Miß Mabel Lupo
sprechen?«
Egon hatte den Schwall der Worte
ruhig über sich ergeben lassen und war
äußerlich tühl und gleichgültig geblie
ben, obwohl jeder Nerv an ihm zit
terte.
Er erhob sich.
»Gewiß«, entgegnete er. »Miß
Lubo ist im hause.«
Er drückte aus den Knopf der elek
triichen Glocke neben der Thüre und
ließ Mahel durch den Diener rufen.
Sie erschien sofort und schaute ver
wundert aui den sich tief oor ihr ver
nergenden Detettiv.
.Der derr hier« Mr. Dalton aus
Londonc sagte Egon und wies mit
vorstellender sandbewegung auf die
sen, .ist Beamter der englischen Po
lizei und hat Sie, Misi Lubo, mit
vieler Mühe aussindig gemacht,f um
Ihnen wichtige Nachrichten zu über
bringen.
Mabel guckte bei den betonten Wor
ten »Den-erriet der englischen Polizei«
zusammen nnd alles Blut trat aus
ihrem« Antlitz. Ein Zittern überliei
re.
«Wichtige Nachrichten?« stamnielte
sie und schaute fragend aus.
Mr. Datton trat einen Schritt
vor.
.Allerdings, mein Fräulein«, ent
gegnete er. Er wiederholte zunächst
kurz das, was er schon Jllburg er
zählt hatte und suhr dann fort:
»Bist Jahresfrist ereignete sich in
Marseille ein Verbrechen, iiber wel
chcc die dortigen polizeilichen Behör
den lange Zeit vergeblich nach Auf
tlärung gesucht hatten. Am Quai
de la Joilette, in der Nähe des Deuts,
war der Leichnam eines iunaen Man
nes gesunden worden dessen Brust
aenau an der Stelle des Herzens von
einem tiefen Messerstich durchbohrt
worden war. Daß ein Mord vorlag.
erschien durchaus zweifellos. Die Lei
che war im Baisin de la Jvilette an
den Quai herangespiilt worden« man
nahm daher an. daß der Mörder-sein
Opfer im letzten Moment tn das Wat
fer gestoßen hatte. Der Getödtete war.
toie ich schon erwähnte, ein noch jun
ger Mann von schlanler und vorneh
mer Erscheinung. Auffallend nur,
daß er leinen Rock, sondern nur Weste
und Beintleider trug, diese aber aus
feinem Tuch und von elegantem
Schnitt. Selbstverständlich nahmen
sich die Polizeibehörden der dunklen
Angelegenheit sofort in energischer
Weise an· Ein genaues Signale
ment des Todten tam in allen Zei
tungen zum Abdruck, außerdem tout-»
de demjenigen, der zur Entdeckung
des Mörderi beizutragen vermochte«
ein Preis zugesichert. Wochen und;
Monate verstricben, und niemand
meldete sich; der Ermordete war!
längst bestattet morden und seitens
der Gerichte begann man bereits zul
zweifeln daß die diiftere That ent-;
biillt werden wiirde Da meldete sich
eines Tages ein alter Fifcher auf eis?
nem der stiidtischen Polizeibureaux.
Er hatte beim Krabbenfang mischen
den riesigen Molensteinen. die das
Baffin de la Joilette umgeben einen
Rock gesunden, der von den Wassern
jedenfalls in die Steinrinen hineinpe
drängt worden immer tiefer gesun en
und schließlich in eine kleine böblenars
tige Oeffnung gerathen war, in ver
die zerstörenden Einflüfse der Wellen
und der Lust ibm nicht mehr schaden
tonnten. Der Rock war noch ganz
gut erhalten. bis aus ein genau ab
WXWM sebenales Loch auf der tin
sen Seite, das von dunklen Flecken
umgeben mar, in denen die Heri«
lichen Ebemiter verwaschene B nts r
but-gen erkannten. Nach den genauen
Untersuchungen, die man bezii lich
des ermordeten Unbeiannten ner
Zeit vorgenommen hatte, und nach
einer Vergleichung mit den durch
bohrten Kleidungsftiickem die jener
getragen, ließ sich ermitteln« daß auch
der ausqefundene Rock dem Getödtes
ten angehört baben mu tr. Es la
demnach tein Zweifel me r vor, da
der Mörder seinem Opfer, bevor er
letteree in das Wasser gestoßen» dies
Kleidungsstiick ausgezogen hatte. Auch
der Grund, der den Mörder zu dieser
Vorsicht aetrieben, war bald gesunden.
Auf dem inneren Kronen des Rocke
tvae nämlich mit rotber Seide ein
Name eingestictt, wie man vermuthete,
die Adresse des Schneider-, bei wel
chem das Kleidunasstiick angefertigt
worden war. Jch habe diesen Namen
vergessen, er tbut auch nichts zur
Sache. Unter dem fraglichen Namen
standen dagegen zwei Worte, die de
buss Feststellung der Persönlichkeit
des Ermordeten von eminenter Wich
tigkeit werden sollten —- die Worte:
»Kinaston —- Jamaita . . .«
Ein leiser Seufzer, den Jllburg
ausstieß, unterbrach den Erzählenden
in diesem Augenblicke. Mr. Dalton
hatte bis fest in ruhigem, sast ge
schäftsmäszia tlinaendem Tone ge
sprochen, als statte er nur einen schlich
ten Bericht ab, der in feinen Zulpörern
nat lein tieferes Interesse erwecken
könne. Und doch —- mit wie ge
foannier Aufmerksamleit lauschten
diese beiden den Worten des Dei-»l
tivsl Der schlanke Körper Mabels
lang ties in den Polstern des Fau
teuiliz idr haudt war aus die sich
leise debende Brust gesenkt, und die
langen, dunklen Wimpern fielen über
die dAugen herab, den Blick verschlei
ern .
lFortsetzung solgt·)
»Da schau einmal diesen phänome
nalen Glockenhut!«
»Die Glorie wäre schon recht ·
abkt der Glockenschweugel!«
’s is ichs-ein
- ,,
Student Faß: «Wi!clkch wahr, 's
ist fo; fett hatte ich mit vorgenommen,
spatfamet zu leben, aber seit ich nicht
mehr so elegant angezogen bin,
pumpt mit kein Mensch mehr Ida-P
Wisse-muten. «
»Johann. holen Sie mir aus dem
Schreibiifch in meinem Akbeitszims
met . . . .«
»Die ileine Kiste Cigareen?«
»Ja wie haben Sie dir denn
gefunden?«
«Großatiig, here Baron!«
sue Kniee-ruhte
»Was sind Sie, Haktmann«i«
«Eiaiiihrig-Freiwilliger ien ersten
Instinkt-ie-Leibgarde-Regitrieni.«
»Schon »gut. M meine, was sind
Sie in Ihrem Civilbetufe?«
«Minetaloge, Herr Uniewifi ier.«
- »So! Wir gebrauchen s r Uer
» keine Feemdwörier... Sie sind also
i Selierswasserfabrikani.«
Eine Sussragette hat bei-an tei,
daß große Füße ein Beweis von r
stand sind. Die Dame iii sur seit in
Chicago.
Am onbiinglichsten find die Sorgen,
.sie verlassen uns nicht, wenn es uns
auch noch so schlecht gehi.