Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 21, 1910, Zweiter Theil, Image 17

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    Ein erstehn-istsun
(Van Azor erzählt und von John D.
W a r n l e n niedergeschrieben.
Zwei herren standen mit ernsten
Gesichtern zusammen, und als ich an
ihnen vorbeiging, sagte der eine, mit
einein neidischen Blick aus mich:
»Ja« so ein hund, dem gehts gut,
der braucht sich wegen nichts den Kopf
zu zerbrechen.«
Jch ging auf den Herrn zu und
sagte höflich:
»Sie irren sich mein Herr, ich werde
Jhnen eine Geschichte aus meinem
Leben erzählen.'« —- -— —
Es war 11 Uhr und die Arbeiter der
Packhiiuser am Hasen hatten Mittags
zeit.
Einer hielt mir eine Miserinde hin
und rief »Azor«. Da sprang ich mit
einem eleganten Sake über Bord an
Land. Ich hatte ganz vergessen, daß
wir gerade in See stachen, und als die«
Erleuchtung über mich karn, setzte fast
mein Herzschlag aus, weil ich den
Pampfer nur noch in weiter Ferne
ah.
Natürlich llemrnte ich den Schwanz
zwischen-die Beine und heulte.
Jch war der Liebling des Kapitiins,
und wehe dem, der mir ein Haar
trümmte! Ueber-all an Bord durfte ich
hernmspazierem ein Vorrecht, von dem
ich allerdings in tattvoller Weise Ge
brauch machte.
Der beste Beweis für meine große
Beliebtheit bei den Passagieren ist
wohl, daß mich alle Damen gern auf
dem Schooß haben wollten, um beim
Romanlesen in meinem weichen, glän
zenden Fell lraulen zu können« so daß
es einmal meinetwegen eine Todfeindi
schaft zwischen einer englischen Lady
uns einer französischen Gouvernante
ga .
Die Gouvernante gab mir lleine
Käsestücle, die sie vom Dessert mitge
-bracht hatte, weil sie meine Vorliebe
dafür kannte. Das veranlaßte die
Lady in giftigem Tone zu sagen:
Belanntlich verliert durch viel Käse
das Fell den Glanz, Miß Choublierf
Woraus die Französin antwortete: "
«Wenn Sie das wissen, dann essens
Sie doch einfach leinen, Lady Salis- »
burhk s
Die Freundschaft mit den Hafenar
heitern war natürlich aus die Dauer
nicht haltbar.
daß ich nur an die beste Gesellschafts
gewöhnt war, und daß ihre plumpe«
Vertraulichleit bald in familiäre(
Grobheit überging, weil sie das wach
fame Auge des Kapiiiins von Bord
aus nicht mehr zu fürchten brauchten«
machte meinem Verkehr mit ihnen dass
Auftauchen eines großen Katerg ein«
Ende. Derselbe lam von einer län
geren Reise zu Verwandten zurück,
wie er behauptete, begegnete aber in
folge seines abgemagerten Aeußeren
allgemeinem Mißtrauen, und es wur- s
den beleidigende Bemerkungen über!
seinen moralischen Lebenswandel laut.
Die Wuth darüber ließ er nun an mir i
aus Weil ich gutmüthig veranlagt!
bin ließ ich mir viel gefallen, als ert
aber anfing, die Bethätigung seiner
scharfen Krallen auch auf das Gebiet
meiner Augen zu erstrecken, zog ich est
vor über die Brücke zu gehen und mir
aus der anderen Seite des Haseng ein
neues Heim zu suchen.
Bald empfand ich auf meinem La
ger roher Baumwolle, daß die Kraß
wunden über meinen Augen anfingen,
sich zu entzünden. Da fühlte ich mich
sehr vereinsamt und sehnte mich nach
den Menschen. Außerdem trieb mich
der hunger schließlich aus meinem
Schlupfwinlel heraus, und ich hum
melte der Stadt zu
Stundenlang trieb ich mich nnu in
den Hauptstraßen umher, und alle Au
genblicke hörte ich die Menschen laut
aufschreien, weil ich fast unter die Rö
der gekommen wäre.
Diese Beweise ihrer Liebe sür mein
kostbar-es Leben, die mich an meine
unvergeßlichen Seereisen erinnerten,
rührten mich tief. Wenn ich jedoch zu
ihnen lies. um meinen Dank auszu
drücken, jagten sie mich zurück, wobei
sie nicht selten meine Aufmerksamkeit
aus ihr elegantes Schuhzeug zu lenken
verstanden.
So kam die Nacht heran und ich
setzte mich philosophirend aus die un
terste Stufe einer großen Kirche. Dort
saß ich lange. Anfangs interessirten
mich die vielen, vorübersahrenden
Tramtvahs. Aber mit der Zeit wur
den es immer weniger, und endlich
tarn gar keine mehr.
Da blieb ganz in meiner Nähe ein
herr stehen und sprach beständig mit
sich selbst. Die Sprache erinnerte mich
an die Ladh, die mir die Käserinden
nicht gönnte, dagegen gewann er so
sort meine Sympathie durch seinen
Geruch
- Er roch genau, wie mein Kapitän
mitunter. Dann wagte aber Niemand.
ihm zu nahe zu kommen, weil er siir
sein Leben fürchtete.
Als der herr mich bemerkte, zog er
höslich den hut und sagteksp
«Entschuldigen Sie, Herr Nacht
wächter, wann sährt der nächste Tram
hier vorbei«
Weil ich aus seiner Stimme aus ein
gutes herz schließen zu dürfen glaub
I
te, legte ich mich winselnd auf den
Rücken, strampelte mit den Beinen in
der Luft herum und wedelte mit dem
Schwanz.
Das gefiel ihm und er fing an, mit
mir zu spielen. Endlich sagte er:
»Wenn lein Team mehr tommt,(
müssen wir zu Fuß nach Hause gehenJ
Elise. Prij nur auf, daß Du nichtH
ausrutschst, es ist Glatteis. j
Jch heftete mich nun an feine Fer
sen, während er wieder mit sich selber
sprach
An jeder Straßenecke blieb er stehen.
Dann sprach er mit mir. Immer das
selbe. Entweder: Der Whistey ist ein
ganz hervorragendes Laster, liebe Eli
se: dafiir hast Du nur nicht das richti
ge Verständnis;. Oder: Es war das
letzte Mal, liebe Elsex ich verspreche
Dir, morgen einen anderen Menschen
anzuziehem
Mit der Zeit —- unser Weg war
sehr lang, und mir kam es vor, als ob
wir in einer Straße mehrmals wa
ren —— taumelte mein Freund immer
weniger, und einmal sah er mich lan
ae an Es schien mir daß ich ihm in
dem Augenblick unbelannt vorkam. —
Aber endlich sagte er zu meiner Be
ruhiaung:
»Du siehst heute übrigens höchst her
unteraelommen aus, Elise. Na, das ist
i ja eaal. Schön warst Du ia nie.«
Mit einer gewissen Besoraniß sah
H ich der Bekanntschaft mit Elise entge
gen die jedenfalls seine Frau war. —
s Zweifel stiegen in mir auf, ob ich eine
j herzliche Aufnahme bei ihr finden
würde.
Da hielten wir ovr einem großen,
eleganten Haufe.
Mein Freund öffnete die Thüre und
wir standen in einer weiten Halle
durch deren Oberlicht der Neflex des
hellen Nachthirnrnels f:.el
Jn der Mitte stand auf einer schlan- l
len Säule ein großer Porzellanlübels
mit einer Palme, vor dem meinFreund
einige Minuten stille flind, ehe er vor
sichtig daran vorbei ging, wobei er
mich mit dem Rücken gegen die Wand
driickte.
Leise flüsterte er mir zu:
»Vorsicht, Elise! Das Ding da fällt
leicht runter. So’n Polterabenv loitet
fünfzehn Dollars.«
Von Ter Halle aus führten Thiiren
in verschiedene Zimmer. Jede fah er
prüfend an, bis er endlich eine ener
gisch öffnete.
»Spaziere hinein, Elisel Hier
lann uns iein Mensch heraussehmei
ßen· ohne uns vorher zu lündigen.«
Jch trat ein, und als er fagtec
«Mach’ es Dir bequem. Ziel-, Deinen
Rock aus, Deine Hemdsiirmel geniren
mich nicht«, sprang ich auf einen
SchaufelftuhL
Von dem Augenblicke an liitnmerle
er sich nicht mehr um mich.
Ich sah nur noch, daß er die Ofen
thiir öffnete und seinen but gewaltsam
hineinpreßte, und dann horte ich bald
ein lautes Schnarchen.
Da ich mich geborgen sah, hielt ich
es fiir das Beste, mich vorläufig nicht
um meinen Hunger zu liimniern, und
bald lag ich ebenfalls in tiefem
Schlummer.
Am nächsten Morgen weckten mich
Schritte auf, und ich sah durch dies
Spalte der nur angelehnten Thiir den
Brodmann durch die Halle geben. lss
wurde mir nun vliinlich klar, daß
Brod eigentlich doch eine gewisse Be
rechtigung hat« sich zu den Nahrungs
mitteln zu rechnen, wag ich higher an
gesichts ungezählter Teiilatessen stets
sehr lächerlich gefunden hatte.
Ich dachte: den Mann mußt Du
Dir zum Freunde machen. Aber mei
ne Neflerionen hatten mich zu lange
beschäftigt. denn ehe ich noch in die
Halle gertreten war, verschwand der
Mann schon wieder durch die Thür.
Ich wollte ihm nachlaufen, mußte aber
in der Halle bleiben, da er die Tdür
sestaeschlossen hatte.
Jn dem Augenblick kam ein Dienst
mädchen mit einem großen Eimer
Wasser und einem Schrubber Als sie
mich erblickte, schrie sie laut auf, lief in
den Gang zurück und ries:
»Madam, Madam; Da steht ein
ganz dreckiger Köter mitten in der
Ballet«
»chAhat Jth kommt die Elise, dachte
c .
Und richtig! Mit einer Feuer-fange
bewaffnet, stürzte eine mit in’s Maß:
lose übertriebenen Körperformen ge
segnete Frau aus der Kiiche auf mich
zu. —
Meine Sympathie erwarb sie sich
durch ihr roenia vornehmeg Auftreten
begreiflicherweife nicht. Ich zog es
deshalb vor, ihrer näheren Bekannt
schaft aus dem Wege zu gehen, und
entwischte wieder in’s Zimmer, wo ich
die hintersteEcte unter dem Bett mei
neö Freundes fiir die für meinen vor
läufigen Aufenthalt geeignetste hielt
Aber meine Verfolgerin trat aus die
Schwelle
Anstatt iedoch auf mich los sszustiirib
gen, griff fie nach ihrer Na
mich überzeugte, daß bei ihr der Ge
ruch, der mich zu meinem Freunde hin
gezogen hatte, tein·Verstiindniß fand.
»Er ist schon wieder betrunlen",
sagte sie zu dem Dienstmädchen
»Schade um den guten Menschen·
hoffentlich ist der Hund ihm nur nach
gelaufen. —- Wenn er ihn nur nichtge
lauft hat. —- Hunde will ich auf tei
nen Fall im hause haben. Das fehlte
noch. Aher..so’n nobler Miether findet
man nicht so leicht. Nie rechnet er die
Monatsrechnung nach.«
Dabei suchte sie mit den Augen he
stöndig nach mir.
«Wo steckt das etle Vieh denn ei
gentlich? Ah, dort unter dem Bett!
Na, da woll’n wir ihn ruhig laisen,
bis Mr. Clare ausgestanden ift."
Damii rauschte sie durch die Halle
nach der Küche zurück.
Drei Thatsachen ergaben sich aus
diesem Erlebniß zu früher Morgen
stunde: Erstens daß ich mich in ei
nem nicht besonders gastfreu ndlichen
Hause befand; zweitens, daß das nicht
Elise war, und drittens, daß Mr »
lare nur möblirter Herr war.
Jch brauchte nicht lange nachzuden
ten um mir zu sagen, daß ich in die
sem Hans-: überflüssig und unwill
tomrnen sei. —
Als ich endlich ein furchtbares Gäh
nen hörte, wußte ich, daß Mr. Clare
erwacht war. Schwanzwedelnd kam
ich aus meinem Schlupfwintet hervor,
um so bald als möglich durch einen
freundlichen Morgengruß die gestrigen
guten Beziehungen wieder anzulnii
psen
Er sah mich jedoch nicht, weil ex sich
minutenlang mit dem Rücken beider
Hände die Augen rieb. Deshalb sprang
ich auf sein Bett und setzte mich zu
seinen Füßen aufrecht hin.
Er zog die Hände von den Augen
und starrte mich lange an. Schließlich
sagte er:
»Was ist das für’n Vieh?«
Jn dem Augenblick drang von drau
ßen eine flötende Stimme herein:
»Mister Clare, soll ich Jhnen den
Kaffee an’s Bett bringen?«
»Bes, Mistreß Greenwood,« ant
wortete Mister Clare, und fügte für
sich hinzu: »Sie ist doch ein gutes al
tes Weib,« was durchaus nicht meiner
Ansicht entsprach.
Während Mr. Clare seinen Kaifee
schlürfte, sah er mich lange an, und
auch Madame Greenwood, die im ,im
mer geblieben war, blickte mir mit
tückisch freundlichem Lächeln tief in
die Augen.
Endlich sagte Mr. Slaret
»’n hübscher Hund ist dag, Mistreß
Greenwood Wo haben Sie denn den
her?«
»Aber Mister Clare, machen Sie
doch leine Wiße! Dac- isi ja Jhr
Hund!«
»Mein Hund?« fragte Mister Elare,s
als ob er langsam seine Gedanken
sammelte. »Wieso? . . . Ach ja! Mir
thun die Augen so weh! Ich tann
ihn nicht gut sehen. Jch muß doch ein
mal zum Doktor gehen, um zu hören.
wovon das tommt.«
Madame Greenwood lächelte, viel
sagend überlegen und sagte: »Ich habe
nie gewußt, daß Sie Hunde so gerne
haben, Mr. Clare?"
Wunde so gern haben-! Kann ich
nicht ausstehen. «
Jch zitterte und mein Freund fuhr
fort:
»Und das mufz ich Jhnen sagen,
Mistreß Greenwood, wenn ich den
Köter wieder in meinem Zimmer fin
de, ziehe ich aus« Und wie das Vieh
nach Whisley duftet!«
Dabei beugte er sich weit vor, um
mich genau betrachten zu können-. Ich
versuchte Haltung zu wahren: als aber
Madame Greemoood sich mir mit ih
ren Scharfrichteraugen niiherte, zog
ich mich so weit wie möglich zuruc«l.—
Plötzlich schrie sie laut auf und schrie,
auf meine vorn Kater zertr..t3ien Au
gen zeigend:
Und die Räude hat er auch! Das
stectt an! Kommen Sie mir um Got
teswillen nicht zu nah'. So ein drecki
ger Köter!«
Schnell lief sie hinaug, während
Mr. Clare mit einem ängstlichen Blick
auf mich sich erhob und sein Beintleid
anzog. Jch durchlebte eine Minute
entsetzlicher Spannung Da erschien
die tückische Greenwood abermals.
Diesmal bewaffnet. Schleichend und
mit zusammengebissenen Zähnen und
mich durch ihre starren Blicke hin-noti
sirend, näherte sie sich mir, öffnete die
Waffe, eine große — Feuerzange,
llemmte sie mir mit übermenschlicher
Kraft in’s Genick, hob mich hoch in
die Lust, trug mich, gefolgt von Mr.
Clure, durch die Halle bis vor die
Thüre, und dort gab mir der Mann,
aus den ich Nachts so große Hoffnun
gen siir meine Zukunft gesetzt hatte,
einen äußerst energischen Fußtritt, der
mich aus den Klammern der Feuer
zange bis mitten aus die Fahrstraße
expedirte.
Das ist meine Geschichte. Sie erse
hen daraus, daß auch ein Hund nicht
immer sit-beneiden ist, und daß auch
unsereins sich bisweilen seinen Kopf
zerbrechen muß. Adieu, meine Her
ren! —
’---—-.—.-—
Misoetftändnisk
Fremder-: Waben Sie nichts zum
Aufhängen?«
Dorfwiriht «Zwe,q’n was, Haut
Echna denn ’s L-:b’n nimmer?«
Frauenfreundschast.
Novellette von L. M a n g o.
Wenn ihnen immer wieder der Un
glaube begegnete, der Frauensreund
schast anzweiselt und gering schätzt,
dann niclten sie einander glückselig zu,
und in den lieblosenden Blicken lag
ein freudiger Spott: »Die Dummen,
was wissen denn die! Wir sind Freun
dinnen und bleiben’s, »wir haben in
all den Jahren die Feuerprobe unserer
Beständigteit wohl bestandenl"
f Es schien wirklich, als wären sie die
Ausnahme, deren die Regel zu ihrer
Bestätigung bedarf. Sie waren un
zertrennlich gewesen schon in den Kin
dertagen, die braune, schlanke, energi
sche Anette, und die blonde, rosige
rundliche, immer lustige Julia. Und
das Leben, weit entfernt ihre Wege zu
trennen, siihrte sie immer enger zu
fammen. Anette hatte die Künstler
lausbahn gewählt, die leidenschaftlich
geliebte Musil füllte sie ganz aus. Da
ihr Können aber ganz hinter ihrem
Willen und Wünschen zurückblieb, die»
Grenzen ihrer Begabung ein AufsteiO
gen zu den höchsten Höhen unmöglich
machten, versuchte sie es nicht erst mit
Mittelmiißigleit —-- und sattelte um,
das heißt« sie war bald eine gesuchte
und überaus geschätzte Lehrerin.
Julia wurde Bollsichnllehrerin,
lebte in engen. kleinbiirgerlichen Ver-—
höltnissen, bis die Mutter starb und
der Vater ihr nach kaum einem Jahre
folgte. Es schien, als hätte Anette
dzraui gewartet, um die Freundin
wirklich völlig siir sich zu gewinnen.
Ihrer etwas genialen Mißachtung al
les Aeuszerlichen war eine gewisse Un
ordnung und Mißwirthschast in ihren
Verhältnissen zuzuschreiben, die sie
recht unangenehm empfand ohne die
slrait zu besitzen, jemals Wandel zu
schaffen Dazu war nun Julia da,
diese glücklicke Ergänzung ihres
Selbst. Jhr lfintomiren als Musik
lebrerin. der sich die ersten Kreise der
Stadt öffneten, km Vereine mit Ju
liag Liszt-alt und den Interessen vonl
Anetieg Vermögen ermöglichte ihnen
ein überaus behaglirkes Leben zu
zweien. .
Sieben Jahre ungestörter Harmo
nie waren voriiber. Anettc und Julia
hingen voll ungetrübter, nngeschswäch
ter Zärtlichkeit aneinander. Sie wa
ren nun Beide über die Sturm- und
Dranaperiode hinaus, Julia neun
undzwanzig Anette zweiunddreißig
Die Auaenblicte stillen Sehnens, heim
licken Wiinschens, deren es wohl wel
che gegeben haben mochte, wenn sie die
selben auch niemals laut werden lie
ßen, kamen nun immer seltener. Im
mer abgellätter wurde ihr gegenseiti
ges Gefühl, das Bewußtsein ihrer Un
löölichteit immer klarer.
Und da —- eines Tages, lam die
brauncs«-·leidenschaftliche Anette spät
und erhitzt zu dem gemeinsamen Mit
tagessen, ohne wie sonst mit aller
Ruhe den Grund der Verspätung an
zugeben. Vielmehr erschien sie erregt,
zerstreut, hastig und zerfahren und da
bei doch bemüht, harmlog und unbe
fangen zu scheinen,
Julia, feinfiihlig und llug, merkte
sofort: ,..Hollah —-— da stimmt was
nicht!« Da Anette aber schwieg, fragte
sie nicht. Und doch war es das erste
Mal, daß sich eine H--inilichleit zwi
schen die Beiden stahl, die bisher auch
teinen Gedanken vor einander bewußt
verborgen hatten.
Anettesz Unpiinttlichteit nahm iu.
Ein: oder xweimal war sie überhaupt
nicht zu Tische aclommen, sondern hat
te im letzten Angenbliel einen Boten
geschickt, und dann später iiber lieber
biirdung aellagt.
Julia schwieg. lind Anette, die sich
durch dieses Schweigen bedriielt fühlte,
wurde nervög und tritiich, wie sie es
nie vorher gewesen.
»Warum iibt sie schweigend Stri
til?« grollte sie erbost, ,,schlief;lich bin
ich frei nnd tann thun, was ich willi«
»Warum spricht sie nicht?'« fragte
die blonde Julia tiefgetränkt, »wir ge
hören zusammen, warum schaltet sie
mich ietzt aus? Aber anfdränasen wer
de ich mich nicht!«
Julia war tret ungluctuch ließ es
merken, schinollte einsilbia, kurz, es
war unsagbar peinlich und nngemiith
lich, so dass, Anette eines Tage-Z kurz
resolvirt Julia an beiden Händen
Packte und oorroursgvoll fragte:
,,Soll das so weiter geben zwischen
uns?«
»Kann ich dafür? Warum sprichst
Du nicht«-»
»Warum fragst Du nicht « ich
wartete nur daraus!«
»Wie konnte ich das ahnen. Ich
dachte, Du wolltest mir etwas verber
gen!«
»Ist ja Unsinn —- schließlich sind
wir doch srei und auabhängig!« sagte
Anette wie lauernd
Julia riß denn auch ihre hübschen,
blauen Augen erschreckt aus: »Du be
tonst das so sehr —«
»Ja, Kind —- weil — ich hab’ einen
gern, rasend —- abgöttisch — und er
mich! So —- jetzt treißt Du’s!« stieß
Anette erregt heraus, wie erlöst, daß
es nun so weit war.
Und Julia? Sie weinte verzweifelt,
sassungslos. Nun war Alles aus.
Anette begütigte, tröstete. Das sei
ja Kinder-ei. Er naknn ihr nichts, gar
nichts. Liebe und treue Freundschaft,
konnten die nicht gleich start in der
Seele leben. Sie möge ihn, der ihr
so theuer geworden. doch nur erst ten
nen lernen, und sie würde sehen, daß
sie, anstatt die Freundin zu verlieren,
noch einen Freund dazu gewann. Julia
wollte sich nicht beruhigen, aber schließ
lich gelang es Anette doch, sie zu beru
higen, »ihn«, Herrn Doktor Richard
Vollradt, bei sich zu empfancen. Sie
sandte sofort eine Dei-ichs ab, und
eine Stunde später sah die verweinte
blonde Julia in das tluge, Ringe
schnittene Gesicht ihres »Todfeindes«,
mit dem sie eine halbe Stunde nachher
bereits so animirt plauderte, daß
Anette mit einem nerviis zerquälien
Gesichtsausdruck daneben saß und sich
sehr überflüssig vorkam.
Kaum allein geblieben, siel Julia
der Freundin erregt um den Hals-:
» »Du hast recht, Anne --— er ist ent
"ziieiend —- ich werde ihn lieben wie
Dicht«
»Das ist nicht unbedingt nöthig!«
gab Anette« Julia wegschiebend, so
unwirsch zur Antwort, daß die ganz
erstaunt aufsah und ein wenig höh
nisch bemerkte:
»Mir scheint gar, Du bist eifersiich
tig?«
«Könnie mir einfallen! Auf
Dich?!«
»Na, na, sei nur nicht gar zu sie
gessicher!«
»Seine Scherze finde ich geschmaeL
last«
»Ich scherze gar nicht! Du reizest
einen ja förmlich mit Deiner Ruhe.«
»Sol! dag eine Drohung sein?«
Julia gab keine Antwort; aber zum
ersten Male seit den Kindertagen gin-i
gen die Beiden ohne Gruß zu Bei-. s
Es herrschte ein schiviile5, drücken
des Schweigen zwischen den Freun-;
binnen. Julia war ruhig und heiter, «
Anettc voll leidenschaftlicher Nervosi
tiit. Und eines Tages-, als sie von ei
nein gemeinschaftlichen Ausfluge zu
rücktamen, brach der Sturm los. Zit
ternd vor tfrregung faßte Anette Ju
lia an der Achsel: »Du scheinst offen
bar zu vergessen, daß ich Vollradt’g
Braut bin!«
»Ich deute nicht daran!«
»Dann finde ich Deine Koletterie
und Vertraulichieii schmachvoll!«
»Und ich Deine Eifersuchteleien lä
cherlich. Sagtest Du nicht, er solli
mein Freund sein?«
»Allerdings, nur scheinst Du es
r iraus anzulegen ihn völlig zu dein
Deinen allein zu ma en!« ;
»Das ist eine gemeine Bett-Eichst
guug."
»Viel gemeiner alg die Wahrheit!«
schrie Anette, ihrer selbst nicht mehr
mächtig.
»Lügnerin!« Die nicht allzu kleine,
schön gesormte Hand Julias saß mit
ten drin in Anettes grünlichgelbem,
nervös verzerrtem Gesichte.
Wie eine Katze hatte sich aber Anette
auf die viel stärkere Freundin gewor
fen, sie gegen die Thüre gedrängt,
diese ausgerissen und mit einem Ruck
die Ueberraschte hinauggestoßen
Sol« Hoch aufathmend lehnte sie
sich erschöpft gegen die Wand. »So
vertheidige ich mein Eigenthuin,« sagte
sie dann sehr befriedigt.
Wenn seitdem die beiden Unzu
trennlichen einander zufäng aus der
Straße begegnen, dann schaut die
Eine rechts, die Andere links, als
hätten sie einander nie gekannt
Und die »lieben Freunde« reiben
sich tichernd die Hände. Hatten sie’s
nicht gleich gesagt? Weibersreund
fchaft! Lächerlich!
--.-.--—
Der Fleck.
Bei dem Professor der Chemie
B . . . n ist grosse Gesellschaft Ein
Diener sernirt so ungeschickt, dass er
einen Fleck in das tostbare zileid der
Frau Titegierunggrailsiu G . . .d
macht Der Herr Professor erbittet
sich sofort die Robe für den nächsten
Tag, um in seinem Laboratorium
den Fleck zu entserueu, welchem An
gebot unter allgemeinem Beifall zuge
stimmt wird. Nächsten Tag wird
nun der Flect milrostopirt, extrahirt,
mit Benin gewaschen, ausgeäthert
usw« aber alleg umsonst. Der Uebel
thäter verschwindet nicht. Ein Miß
erfolg wäre einer Blamage gleichge
toinmen, und so schickt nun der Pro
fessor die Robe in die chemische Putze
rei. Als er des Abends die Robe
selbst abholt und vollkommen stecken
rein findet, fragt er aufs höchste er
staunt: »a, wie haben Sie denn das
gemacht?«
»Mit Seife und Wasser,« antwor-»
tete der Fleckputzer. l
Schreckliche Drohung.
Der Winter sivsar mit Schnee nnd
Eic- aetamrnen, und der arme Vagas
bund hatte bitter unter der Kälte zu
leiden. Da, eines Tages hatte er
Glück. Ein Gendarm griss ihn auf
und ver-haftete ihn wegen Vaaahundi
rens. Außer sich vor Freude iiher die
sichere Aussicht aufein warmes Nacht
lager und ein Abendessen marschirte er
laut singend neben dem Manne des
Gesetzes her. —- «Still!« herrschte die
ser ihn schließlich an, »oder ich —
lasse Sie laufen!«
Immer die gleiche-.
Jn einer Gesellschaft wird eifrig
über die Bewohnbarteit des Planeten
Mars distutirt Frau Kommerzien
räthin Bittterherz, die gerne mit ih
rer, in allen Welttheilen vers-weitsten
Verwandtschaft renoinniirt, meint
zum Schluß: ,,Neugierig wär’ ich
aber wirklich, ob aus dem Mars Men
schen wohnen! Man weiß nicht, ob
man nicht doch jemanden dort hat.«
Konsum-.
ist-·- fsftfks -«-«—«"·"-—-1
Zwei Hochtouristen, die aneinander
aeseilt sind, stürzen beim Abstieq ab
und bleiben zum Glück nur leicht ver
letzt, an einer schwerlich-en Stelle hän
qen. »Den Eliachmittaqsschnellzug«,
meint einer, seine Uhr ziehend, »wer
den .wir wohl jetzt nicht mehr errei
chen.«
Der Unterschied
»Herr Kollege«, sagt ein Doktor det
Rechte zu einem Doktor der Medizin,
»was glauben Sie, was sür ein Un
terschied zwischen mir und Ihnen
ist?«
»O« versetzt dieser, »ich weiß. Die
Doktoren der Medizin machen kurzen
—— nnd die Doktoren der Rechte recht
lange Prozesse.«
Abwehr.
Photograph: »Aber, Herr Grimmig.
die Hände dürfen Sie nicht ballen,
nnd ein viel, viel ireunsdlicheres Ge
sicht müssen Sie machen."
»Lassen Sie- nur; meine Sah-wäge
tin hat mir heute geschrieben, sie wolle
mich mit ihren fünf Kindern besu
chen, und da möchte ich ihr vorher
mein Bild verehren.«
Untierwttstlich.
Studiosug Pump: »Der Paletots
staff sieht aut aug; ist er aber auch
dauerhaft?« .
Schneiden »Ich sage Ihnen, Herr
Spund, der swird noch ganz sein, wenn
Sie die letzte Rate auf den Ueberzieher
zahlen lverden!«
Malitiös.
«Dent’ Dir nur, der Müller, dieser
freche Mensch, hat mein Alter auf
dreißia Jahre geschätzt . . . ich hab’ ihm
aber ordentlich die Wahrheit gesagt!«
»Und was-·- hat er dann zu Deinen
fechgunddreißia aemeini?«
Der Noth gehorchend. .
Richter: »Sie aestehen also ein,
dem Herrn Apotheier, als er Jhnen
die verschriebene Medizin nusfo.late,
nie Tafehenuhr gestohlen zu haben?
Können Sie einen Ijiilverunasarund
anaeben?«
Anaellaaterx »Ich befand mich in
einer Zwanaglaari Ich hatte keine
Uhr, und auf derTsJiedizinflaschse stand:
.,Stündlieh einen liszli.iffel ooll«!«
Alter Adel.
«Zl.: »Ich alaule die Genfenhau-—
serg sind irohl von altem Adel?«
B.: »Da haben Sie aanz recht, die
haben noch Don den streuzziiaen her
Schuldeu!«
Einzigeo Mittel
Hausfrau eleise tu ihrem Gatten):
»Du, Anaqu die Unterhaltung stockt
jeden Anaenblict, ich alaube, unsere
Gäste lanaweilen sich schrecklich, was
machen wir nur«-m
Hausherr: »Ja Da bleibt uns nur
eines übrig, wir müssen auf einige
Zeit das Zimmer verlassen, damit sie
iiber uns tlatfchen lönnen!«
Zweieclei Standpunkt
»Da. schau her, Alte, endlich hat die
Kellnerin qui einaeschenkti«
»Na, da brauchst nur ein Glas zu
trinken!«
»Na, na, da trink i nacha erst recht
—- ztvoa!«
Reis-endet Ahan·
Its
Freier: »Ich komme, Herr Kommer
zienrath, um die Hand einer Ihrer
Fräulein Töchter zu bitten-«
Bankier: .,Werde sogleich nachsehen,
ob noch eine da ist«