Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 21, 1910, Zweiter Theil, Image 14

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    In Tier Moll verloren.
Roman von Zedor v BRUNO
(10. Fortsetzung)
Laezarowjti llingelte nnd befahl
eine Droschle zu holen. Während
dessen hatte der Hatelbesiper den Po
lizisten in die Fensterni che gezogen
und sprach dort heimlich einige Worte
zu ihm: der Beamte schien ansanglich
erstaunt, nickte dann aber und wech
selte einen stummen Händedruck mit
dem neben ihm Stehenden
Basil bemerkte das, sah auch das
eigentbiimliche schadensrobe Lächeln.
das dabei den breiten Mund des Ho
telbesitzers umk«pielte, und ein Gesiihl
der Bangigkeit zog durch sein Herz.
Man fuhr nach der Hauptwache qui
derPiazaz del Plebiscitm Lug-Ironie
ii wurde durch das Wachtloial in ein
einzeln gelegenes kleines Zimmer ge
führt, dessen niedriges Fenster vergit
tert mar und dessen Mmblenient nur
aus einem eisernen Bett. einem Tisch
und einem Schenkel bestand. Basi!
konnte sich eines unbeimlichen Ein
drucks beim Anblick dieses Gefängnis
ses nicht erwehren, aber er sagte tein
Wert.
aNehmen Sie einen Augenblick
Plas, mein herr«, —- der Beamte
wies auf einen Schemel, —- —-,,ich wer-.
de dein Herrn Obersten Ihre Sache
vortragen und sofort zurückkehren«
Er ging und kaum hatte er das
Zimmer verlassen. so sprang Basil
wie ein Rasender empor, schlug sich
mit der geballten Faust vor die Stirn
nnd stürmte in dem lleinen Gemache
mit dröhnenden Schritten auf und
nieder. Der unselige Jälizorn —- wie
verwünschte er ihn und wie hatte er
nicht schon gegen ihn angelämpstl —
Fasi eine Stunde verrann, ehe der
Beamte zurückkehrte Jn seiner Be
gleitung befand sich ein schnauzbärti
ger alter Herr in der Oberstenunisorm
der Carahineri und ein barhäuptiger
Cioilist, der ein Aktenstück unter den
Arme, ein riesiges Tintensaß in der
Hand und hinter dem Ohre eine Feder
trug, Der Schreiber nahm sofort am
Tische Platz und legte seine Papiere
zurecht -
Laczarowski hatte sich erhoben und
aus das kurze »Er-ten Morgen« des
Obersten mit einer Verbeugung ge
antwortet. «
»Wie heißen Sie?« sragte der
Oberst rauh.
.Basil von Laczarowski.«
.Woher?« .
l .Gebiirtig aus Beßfchvwo in Po
en.«
»Ihr Berufs«
«Jngenieur.«
»Zeigen Sie mir Ihre Papiere,
Paß oder was Sie an Legitimsationen
bei sich tragen.«
Ueber dem Gesicht Basi!3 huschte
ein Schatten; das scharfe Auge des
Obersten sah, wie die in der Brust
tasche greifende Hand seines- Gegen
übers guckte, die seinen Asdern unter
der weißen Haut stärker hervortraten.
Basil blättette in seiner Brieftasche
und legte dem anuirirenden seinen
Paß vor. Er war von sder Polizei
prösettur in Petersburg ausgestellt
und durchaus in Ordnung. Der
Oberst las ihn aufmerksam durch, da
bei schielte aber sein Auge nach dem
Porteseuille herüber, das Laezarowöti
noch immer in der Hand trug. Plöt
lieh griss —- ehe noch Basil einer Ge
nbewegun fähig war —- die
ehte des bersten nach diesem Por
Musike
«Erlanhen Sie mir.« s
«nicht freiwillig vorlegen will, zu durch
Laczarowsti stieß einen Fluch aus
und zog die Hand zurück. Es war zu
spät: der Oberst hatte bereits die
Brieftasche ergriffen, zwischen ihn
und Basil aber war in drohender Hal
tung der Polizist getreten.
Tiefe Blässe zog über Basils Ge
sicht, als der Oberst das Porteseuille
öffnete. Ein zweiter Paß siel heraus
und aus die Erde. Jn demselben Au
nblick aber, als der Schreiber sich
iickte, um denselben aufzuheben und
ihn dem Obersten zurückzureichen, sag
te Laczarowsti fest: »Ich protestire bge
gen diese Vergewaltigung. Sie ha en
nicht das Recht, Papiere, die ich Jhnen
suchen. Ich stelle mich unter den
Schuh des russischen Konsuls und
geerlangr. zu diesem geführt zu wer
n.«
»Sie haben nichts zu verlangen.
mein Herr, gar nichts«, entgegnete
der Oberst barsch. »Sie sind von ei
nem italienischen Unterthan, dem Di
rektor des Hotels ,Minerva’, des Be
truges.angeklagt worden; rufen Sie
die Autorität Jhres Konsuls an,
Denn Sie sich von diesem Verdachte
gereinigt bischen« «
Der Oberst ließ die einzelnen
Mtier des zweiten Paßbuches dur !
eine Fin gleiten, und ein höhn -J
ches Lä ln spielte dabei unt seinen
ichiuanrttgen Mund.
«Du haben wtrBT sagte er, wenn
das nicht ein speechensdet Beweis ge
E Sie ist, aketn Berehrtesten so will
ei s L deni i N s« !
M sk- nsk.. nan Fi
ist-«
, ssr rein-it itterte nicht mehr-,
M laitblii rechheit konnte
WL Verm-site swsrinder
ein Meter hat seit-te,
Yissqmeknmdem , us.
M
III-er, et bei
Pakt-i ten-et passiv-b est-toten
Verhaitung, deren unangenehme Fol
gen er zu dem vorher kaum a n
tonte. hatte er vergessen, sich dieses
aeiährlichen Beweisitiicles zu. ent
iiußerrn .
Ruhigen Blickes schaute er seinen
anuisitor an.
»Der Paß, der wie Sie fehen, auf
den«·N-amen des Gutshesihers Waffe
li Borganowitsch ausgestellt ift'·, er
widerte er, »befindet sich nur aus Zu
fall noch in meinen Händen. Ich war
in Rom von einem Freunde, der mich
bis dorthin begleitet hatte, gebeten
morden, einen rekommandirien Brief;
für ihn von der Post zu enthebenz u
.diesem Zwecke gab mir Borganowitech
Heine Legitimation. Jn de: Eile des
zAdichiedes vergaß ich, meinem Freun
Ide den Paß zurückzuerstatten; ich er
warte nur Nachricht von ihm, um die
Legitimation, deren er bei den eigen
thiimlichen Vertehrsverhiiltnissen in
Italien wahrscheinlich dringend be
darf, an seine Adresse gelangen zu
lassen."
«Natiirlich«, knurrte der Oberst,
»eine derartige Entgegnung tonnte
ich wohl erwarten! Wunderlich nur«
daß Ihr Freund der ehrenwerthe Bor
aanowitich, qenau dasselbe Aeußere
haben muß. wie Sie.«
»Ich bedaure, daß meine oft an
geltaunte Aehnlichkeit mit Borgano
witich Ursache io schwerer Anichuldi
gungen geworden ist. Meine Geduld
ist erschöpft; ich werde mich Ihnen ges
genüber, mein Herr. nicht weiter ver
theidigem Nun eine letzte Frage: wann
wir-d man mich vor das ahurtheilende
Richterkollegium führen —- d. h. ioie
lange soll ich noch in Haft gehalten
werden?« .
»Das wird vom Ganae der Unter
iuchung und ron dem« Charakter der
Papiere abhängen, die Sie noch wei:
ter bei sich führen«
Laczarowsti biß sich aui die Lip
pen.
»Gestatten Sie«, fuhr er nach tur
zer Ueberlegung fort, »daß ich an
einen biet wohnenden einflußreichen
Verwandten, der möglicherweise fo
fort das Peinliche der Situation, in
die mich ein Augenblick des Jäbzorns,
eine Unbprsichtigleit gebracht bat. klä
ren könnte, einige Zeilen schreit-F
Der Oberst strich sich den grauen
Zwickelbart, sein Gefangener sprach
so zur-ersichtlich, daß das bocbgradiqe
Mißtrauen des alten Polizisten doch
etwas erschüttert wurde.
»Wenn Sie Ihren Brief in ita
lienischer oder französischer Sprache
abfassen wollen, so daß ich denselben
lesen lann«, erwiderte er, »habe ich
Wts gegen Jbr Anliegen einzuwen
Laezarvwsii nicktr. »Ich werde
französisch schreiben — darf ich um
Papier und Feder bitten?«
Der Schreiber reichte ihm beides,
und hastig warf Basil folgende Zeilen
auf das Papier:
Liede Schwester! ·
Dreimal war ich vergeblich bei Dir;
der Diener sagte mir, Euer Kind jei
ertranlt und Jbr wäret daher für me
mand zu sprechen. Heute soll mich
Deine Vermittlung vor schwerem Un
glück —- mebr noch: vor der Schande
retten. Eine Geldfendung, die ich er
wartete, ist nicht eingetroffen; der
Wirth des botels ließ mich verhaften,
und so befinde ich mich denn augen
blicklich im Gefängnisse, wie Du Dir
denken kannst, in geradezu verzweifel- ,
i
ter Stimmung. Jch flehe Dich an."
Manda, tomme sofort, oder besser
noch, sende Deinen Gatten zu mir, da
mit ich mit ihm Rückspracke meiner
Entlassung wegen nehmen kann; ich
bedarf seines Raihes und seiner hilft
dringend. Vergiß allen Groll in die
ser schweren Stunde, dente nur daran,
daß es gilt, unseren Namen vor tie
fer Schmach zu bewahren. Man hat
mich vorläufig aui der Hamprache an
der Biazza del Plebiscito unterge
bracht, und hier erwarte ich Jllburg.
Dein Bruder B a s i l.«
Laczarowti reichte dem Obersten
das Billett, der es durchlas und dann
mit stummen Kopspiaen zurückgab
Basil louvertirie den Brief« schrieb die
Adresse, notjrte auf der Rückseite des
Umschlages seinen Namen als Adieu
der und auf der Borderseite den Ber
merk: »Wichtig und eilig.«
Dann wurde ein Dienstmann ge
holt ——— Basel wollte nicht, daß einer
der Carabinieri den Brief keförderte
—- und ihm eingeprägi, er sollte die
Antwort um hend zurückbringen
Bis zur Rii hr des Boten blieb
Laczarowsii allein. Er hoffte ganz
sicher darauf, daß Wanda —- mochte
sie auch sonst jede Verbindung mit
ihm meiden — schon um ihreszGatten
willen den Appell an die Ehre ihres
Namens und ihrer Familie berücksich
tigen unsd Jllbura zu ihm senden witt
de· Jllbura aber war reich, und ein
noli-euer Schlüssel öffnet ja schließ
« lich auch die Thüren der Gefängnisse.
» Doch Laczarowsti sollte sich täu
sckxrn Wanda las seinen Brief nicht.
» Den ihm geaebenen fehle fol
kgenin »nur der Dienstma n so s nell
Hals möglich nach der INan chen
Villa am Bosilip geeilt. Ein Die
ner nahm ihm n stiFLiBafiltt ab
need lex-fee ihn der gna gen Frau.
M as in ihnen Boudoir m
MS Wisse-er und blätterte
-——
I in einem Rom-ane. Ihre schöne Stirn
i verdüsterte sich, als sie den Namen Bos
sils auf der Niictseite des Couverts
ignd und auch peßen Hand-Meist H
tannt, Einen Momentszögerie sie. «
sie den Bries erbreckIen rean lesen sollte.
aber sie erinnerte sich rechtzeitig. daß
sie dadurch die Wirlunq ihrer früheren
Absiiunxen hinHllig und eine M
lere Ann her-Inn des Verbaßten its
tersiiissn Riese Und sie war tluq Ie
nug, sich zu sagen. daß eine vollkomme
ne Nicktbeachtunq Basils diesem ge
genüber die richtige Tottit wor. »
Ihr Entschluß war schnell-gefaßt
Sie wollte aus den Brieiumschlagx
einfach die Worte: «Unerösfnet zui
riicl« setzen, das Schreiben dJnn noch
einmal iouoertiren und dem Boten
wieder übergeben Jn dem Augen
. blicke ober, da sie sich erhob, um an
»den Schreibtiich zu geden, zerstörte
» ein kleiner Unoliicksinll ihre m
sprüngliche Idee. Der auf ihrem
Schooße rnbende Brief Vaiils glitt;
bered, und ehe noch der an der Thüre
wartende Diener hinzuspringen lonnsl
te, war das zwischen vie qliihenden
Kohlen am Rande des Kamins gefal
lefee Papier ein Raub der Flammen
geworden.
Wanda nickte mit dem Kopfe. »Auch
so ist ei· gut«. nmrmelte sie leise und
wandte sich an den Diener zurück.
»Theilen Sie dem Boten mit«, sagte
sie hart und fest. »daß ich iiir seinen
Auftraggeher teine Antwort götte.« —
Lacznrowsli salir aus tiefern Besi
ten empor, als die Thüre seian Ge
iiingnisses sich öfsnete und der, Oberst
dasselbe in Begleitung desåieuteg
nants, sowie des abgeschickteg imst
mannes zum zweiten Male trat. L
Voll fieberhaft-s Spannung heftete·
sich Basila Auge auf die Eintretenden.
Der Oberst lächelte; ein arirnmiget
Hohn lag aus seinem martialiichen Ge
sicht, als er. aus seinen Gefangenen
deutend, «sich an den Dienstmann
wandte.
»Wiederbolen Zie diesem Herrn«,
sagte er, »noch einmal« texts Ihnen
aufgetragen worden ist«
Und der ehrliche Facchino ravpor
tirte vilichtgemöß: »Die aniidtgc
Frau läßt sagen, daß sie fiir den
Herrn keine Antwort habe«
Laczarowsti verstand nicht mehr,
sich zu beherrschen; das Unerwartete
sit-ermannte ihn. Seine Knie wantten
und er brach auf dem SchemeL von
dem er sich beim Eintritt der Carabi
neri erhoben hatte, ivortlos zusammen.
»Ich wußte das«, sagte der Oberst
brutalx »das rührseliae Ende darf
bei einer aut einstudirten Komödie nie
fehlen-Aber die naiv gläubige-i Fu
schouer fehlen, mein Bester, und das
ift ein Mangel, an dem Jhr ausge
zeichnete-J Spiel scheitert. —- Der
Mann bleibt die Nacht über aus der
Wache«. befahl er dann. «eö itt zu
spöt, ihn in das Unterfuchungsgesiingi
nisz abzuliefern. Ich werde indessen noch
heute Abend meinen Rat-dort auf
setzen, damit Sie den Gast morgen
früh loåtverden.'«
Larzarowsli hörte die fiel-, entfer
nenden Schritte der Drei; hörte die
Tdiire schlagen und im rostixsen
Schlosse den Schlüssel mischen Er
hatte den Kopf aus die Arme und diese
übereinandergeschlagen auf den Tisch
gelegt. JHm war sterbenselend zu
Muth. Der letzte Schlag war so
plötzlich gekommen« da die tiefste
Niedergeschlagenheit si seiner be
mächtigt hatte. Ein sehnlicher Wunsch
zu schlafen und zu vergessen, tain iiber
ihn: er schloß die Augen« aber der
Schlummer floh ihn, nur bunte Bil
der flatterten an ihm vorüber: sein
Gewissen war nlößlich erwacht, und
das Gewissen riittelte tausend Erinne
rungen in ihm auf. Er gedachte seiner
Vergangenheit
Das Blut seines Vaters rollte durch
die Adern Vasild. Jn Polen hatte der
alte Roman Lactarowsri als aewanw
te,r politischer Abenteurer und gewis
senloser Parteiaiinaer eine nicht unbe
deutende, wenn auch vom moralischen
Standpunkte aus immer sehr zweifel
baste Rolle gespielt
Und wie der Vater, so war auch der
Sohn geartet: geistig wie körperlich
war er sein Ebenbild Die glänzen
den Fähiateitem die Bgsil schon als
Knab-. an den Taa letzte, oerbieszen
ihm eine Mutende Zukunft Der
wilde Junge blieb nicht lange unter
der Obhut der Mutter im elterlichen
Hause; man stectte ihn in iein Pensio
nat tu Kratarh wo er zahllose dumme
Streiche verübte und trotkdem glän
zend sein erstes Staatserarnen be
stand. Das erste Jahr auf der Universi
tät brachte jedoch ein Unaliirt mit sich,
dessen Folgen entscheidend sür sein
späteres Leben werden sollten. Jn
Duell erschosz er einen Kommilitonem
mit dem er irgendeinen unbedeutenden
Zwist gehabt hatte. Die Gerichte saß
ten die Sache ernst aus und verurtheil
ten Basil zu zweijähri er Festunas
haft. Basel entsloh, u von diesem
Tage ab datirte sein ruheloses, an
Abenteuern reicheö Wunderleben
Der Schlüssel treischte in der Thür;
ein Wärter trat ein, um den Gesange
nen die Mahlzeit, bestehend aus
Supde mit einem Fleiichstück und ei
ner Schnitte Brot, zu bringen, Laza
rowtti sah sich den Mann an. Er war
der echte Typus eines Italieners aus
dem Volke; eine mittelgrosze Figur
mit verschlagenern Gesicht und schlau
bittenden Augen.
Mit einem gewissen Respett in der
Gattung setzte der Wärter das Essen
vor Laczarowsti nieder
. »Was-he guten Appetit, mein
get- sa te er dabei mit breitem
n un wandte si wieder zum
Oe , doch Laezarpivit ries ihn zu
stande cis-w ers-Mira Zum-,
Hiaate er· »Wer seid Ihr? Der Schlie
ßer des Köiigöik
»Mir zur bestimmte-n T: aeszeiten,
Wlich Morgens Mittags und
Ahn-U Ich bin in der Küche be
dienftet und habe den Soldaten das
Essen zu bringen, ebenso den Gefan
genen ·- tvenn S welche aiebt «
»Und das ist häufig der U«
LSV eieaante. sie Sie » nd. mein
Herr, nicht Music Die gewöth
werden auch unten unteraebracht Das
Zimmer in dem Sie sich befinden. ist
für vornehmer-e Gäste Das leite Rai
logirte hier ein wirklicher Graf, der
einen andern aui offener Straße nie
veraeichossen hatte. Er blieb aber nicht
lanae.«
Er wurde bald in die Untersu
t chirnassait abaelieiert?«
»Mir-IT — die Hand des Spre
chenden beschrieb einen Krgis vom
Fenster zur Tbiire —- »er berftaniYS
zu entwischen.«
»Ist das so leicht?«
»F r jeden nicht«
»Als so — — ich verstehe. nur fiir die
Vornehnxeren nnd —- Neicheren.«
Tier Mann nickte stumm: in feinem
Augen laa ein lanernder Ausdruck, der
Lacrarotvski auffiel.
»Wobin inter der Korridor, an dem
dies Zimmer liegt?« fragte er.
»Lints hinunter in die Wachtstube,
nach rechts in das Souterrain und
nackt der KEEC «·
»Und von dort aus kann man un
bemerkt ins Freie?«
Wieder nickte der andere. Laczas
wwgki Huren- heimiich aus: er hatte
fein Poetemonnaie aus der Tasche und
leate aus auf den Tisch.
»Seht einmal, mein Freunds sagte
r, »das ist alles, was man mir gelas
fen hat. Jhr findet noch siebzig und
einige Frant darin. Jch lege meine
goldene Uhr dazu: ihr Werth beträgt
sicher das Dreisache. All das iit Euer.
wenn Ihr heute Nacht vergeßi. die
Thüre meines Zimmer-g und den Aus
aanza von der Küche ins Freie zu
schließen-«
Der Wörter schritt »iur,Tkijre, öff
nete sie unr- lugte aus den Gang hin-—
aus« Dann lehrte er an den Tisch zu
rück. Er nahm das Portemonnsie,
prüfte seinen Inhalt, und ließ es in
die Tasche gleiten, betrachtete die Uhr
suf das qenctueste wog sie in der
Hand, öffnete die Klapve zum Räder
mert und ließ sie dann gleichfalls in
seinen Beintleidern verschwinden.
«Einverftanden«. sagte er. »Es ist
nicht das erste Nol, daß ich einen-I ar
men Teufel aeholsen halte, und immer
half ich’s so schlau angestellt, daß lein
Mensch auf mich den Verdacht lenten
tonntr. Hören Sie zu, mein Herr:
Punkt zwei in der Nacht öffne ich Ihre
Thür und stecke von innen einen Diel
rich in's Schlüsselloch —- ez tann Ih
nen ia gleich sein, oh der Lieutenant
glaubt, Sie hätten Diebeshandwekl
zeug bei sich gefiihrt — dann schlei
chen Sie sich leise und vorsichtig den
Gang rechts hinunter, steigen die
Treppe herab nnd gehen in die Läche,
in der ich ein Licht brennen lasse. Von
dort aus führen einige Stufen inden
vorderen Hausflur und zur Hausthü
re, die gleichfalls oisen sein wird
Dann müssen Sie selbst sehen, wie
Sie weiter tommenl«
Ohne noch eine weitere Antwort
abzuwarten, entfernte sich der Bur
sche. Laczarotvsti vermochte noch gar
nicht an das Glück zu glauben. das
sich ihm zuwenden toolltr. Die Be
reitwilliqteit des Meters, mit der
dieser auf seine Iluchtidee eingegan
gen war, hatte ihn mißtrauisch ge
macht; er hielt es nicht siir unmöglich,
daß der verschlagene Bursche mit sei
ner goldenen Spende durchgehen und
ihn sitzen lassen würde. «
Er täuschte sich in seiner Befürch
tung. Nach den qunlvoll oerbtachten
ersten Rock-Monden hörte er das leise
Drehen des Vorsichtigertveise start ge
ölten Schlüssels in der Thüre, die
sich gleich daraus öffnete. .
«Schnell« mein her-M flüsterte
eine Stimme, »es ist alles bereit —
tasten Sie sich längs der Wand den
Korridor hinabt«
Basil war schon draußen. Aus den
Fußspitzen gehend mit der rechten
Hand die Wand streitend, schlich er
sich vorwärts. Plötzlich sah er gerade
vor sich ein Schwefelholz ausflaclern
und erkannte in dessen gleich wieder
verlöschendem Lichte seinen Befreier
uns dahinter die abwärts führende
Treppe. Ohne Aufenthalt qelangte er
in das Souterrain, die siiiche und
den hausflur, dann öffnete sich die
letzte Thüre vor ihm, liihlende Nacht
lust streifte sein heißer Gesicht —— er
war frei! —
Ohne zu wissen, stürmte er die
Straße hinab. Seine Pulse flogen
nnd trotz der frischen Mnrgenluft
tropfte ihm der Schweiß von der
Stirne. Aber sein Herz jauchzte rn
wilder Luft; er fühlte sich dem Tiger
gleich, der mit gewaltiger rnnle
iIII-tet Thüre seines Näsigi geprengt
a .
Ueber eine Stunde irrte er planloö
in der Stadt umher. bis er schließlich
ermüdet zwischen einer Gruppe von
Palmen und Johannicbrotstränchern
aus eine eiserne Banl niedersank. Vor
sich-hörte er das Meer rauschen; er
befand sich in den Anlagen der Villa
Meale, auf derselben Promenade, auf
der er noch vorgestern inmitten eines
armes junger Studer geluftwan
del war
Der Kopf schrnerzte thin, er naan
daher den t ab und stellte tbn ne
ben sich. « nn begann er zu liber
le en: was thun, urn sich der unaus
. betbltchen Verfolgn selten- der
s Polizei zu entziehet-l eapet zu ver
lassen, war thm rnr Augenblicke un
----- —--—--—-. — ——-—
möglich, denn er nannte nicht einen
Centesirno sein eigen. Schließlich fiel
ihm ein. daß er möglicherweise bei
Saccone Zuflucht finden lönne. Lac
zarowili tannte seine Adresse nnd
machte sich daher ioiort auf den Weg.
III er das haus, in dem Sacrone
wohnte, erreicht hatte, begann ei hel
ler zu werden. Der Vergeudung
stieg in die höhe, ist-as man d
lichtblaue Farbe des Himmels erleu
nen konnte. Vorn Osten herüber zit
terte schon der erste mattrothe Tages
ichtim »
- Laczarpwttr zog die Hauiglocke.
Es währte geraume Zeit. ehe der
Partien noch ver-schlafen, und in frag
wiirdigem Koitiim, öffnete, um den
frühen, ihm unbekannten«Beiucher mit
iragender Miene anzustarrem der
rasch an dem brummenden Zerberus
vorüber die Treppe hinauf eilte.
! Laczarowsli fand sich schnell zu
recht. ,,Emilio dei Conti Saccone
di Lodi« —- »Emil aus dem Ge
schlecht der Grafen Sack-one von
Levi« stand, in läppiicher Nachah
mung der bei der aristolratischen
Jugend Neapels gebräuchlichen Na
mensbezeichnung, auf einem blank
geputzten Messingichiide in der zwei
ten Etagr. Basil llingte, zwei-,
dreimal, dann begann er zu klopfen.
»Wer da?" tönte fchließlich eine
müde und heisere Stimme ,hinter der
Thüre.
»Oeffnen Se. Conte«, tief Basil,
aich bin es, Laczarowsli. ich habe eine
Nachricht-von Wichtigkeit —- von größ
ter Wichtigkeit! Oeffnen Sie sofort,
wenn ich bitten darf!« Die Thüre
tnarrtr. »Ur-malen Sie herein!« rief
Sacconr. Basil tchlüpfte durch die
Thüre, dann klirrten wieder die Rie
gel.
Im Vorilur war es dunkel, aber
Saccone hatte die Hand des Genos
sen ergriffen und-zog ihn in sein»
Schlaszimmer. s
»Sie lommen zu etwa-Z unge«
wohnter Stunde. Herr von Laczad
rowsti«, sagte Saccone; »wenn Sie
gestatten, schlüpfe ich noch einmal
in mein Bett, ich bin verteufelt miidr.
Wer ist denn auch gewöhnt, so friih
gestört zu werden! Nehmen Sie Platz,
Werthester ——- ist Ihnen ein Glas ge
ichmuggselten Aticante gefällig? Er
weiien Sie mir den Gefallen und he
dienen Sie sich selbst, in jenem
Echtante finden Sie alles. Dann er
zählen Sie. Zu meinem Bedauern
härte ich terms-, daß es Ihnen schlecht
ergeht: die Seltion Gens liegt in der
Auflösung«
»Das ftort mich am wenigsten«,
gab Lariarowsli zurück, der Auffor
derung Sacrones solgend und sich
durch ein Glas schweren spanischen
Weines itiirtend. »Die Leute sind
wahnwitzig, ich war noch der einzige,
der diese tolle Bande zusammenhalten
tonnte, und siir alle meine Bemühun
gen wirst man nunmehr mit Steinen
nach mir, weil einige tausend Frant in
der Clubtasse fehlen, oder pur-g weih
ich. Beim Zeus, man hat mir mit Un
danl gelohnt, und hängen will ich mich
lassen. wenn ich je wieder einen Fin
ger fiir jene Gesellschast rühre!«
Saccone dehnte sich behaglich- im
tiefsten Herzen freute er sich re.t in
nig über die verzweifelte Stimmung
des gehegten Genossen, der ihm ehe
mals ein oft unbeauemer Vorgesetzter
gewesen war. «
»Ich hätte Ihnen vielleicht die
Schlusresuitate Jhres Wirtens vors
aussetzen tönnen, lieber Larzarowfk
ti«, meinte er, »wenn Sie die Güte
gehabt hätten, zeitweise etwas offen
herziger gegen mich zu sein. Statt
dessen hielten Sie mir aber noch vor
vierzehn Tagen lange Reden ——'« -
»Das mußte ich«, siel Basil aus
geregt ein; »in erster Linie lag mir
doch meine eigene Sicherheit nahe.
Jch hatte die Absicht Neapel möglichst
schnell wieder zu verlassen, denn ein
so start vultanischer Boden paßt nun
einmal nicht zu meinen Plänen, und
aus diesem Grunde hütete ich mich
auch, mich vorzeitig zu verrathen.
Jetzt liegt die Sache anders. Wie
ich «aus Ihren Andeutungen ersehe,
scheint man in den betheiligten Krei
sen bereits ziemlich vertraut mit dem
mir widersabrenen Mißgeschick zu
sein, und gerade setzt hält mich der
Teusel wie mit eisernen Klammern
an diesem unseligen Orte fest!«
»Aha, ich fange an, zu verstehen!
Das Material ist Jsbnen ausge an
gen, goldene Brücken über das teer
zu bauen."
»Das nicht allein. Jch war thö
richt genug, bei einer Streitigkeit den
Oberlellnee meines Hotels die Trep
pe hinabzuwerfen; der Kerl brach sich
den Arm, mich aber steckte man au
der hauptwache in ein nichts-würdiges
Loch.«
»Coöpetto!«
»Da der Kommandani der Haupt
wache unglücklicherneise einen nicht
aus meinen Namen lautenden Paß
bei mit sand und mikdeähalb als
Dochverriitber nnd Störer des so
zialen kriedeni in Neapel eine lau-s
gere Ha t in Aussicht stellte, so schüt
tete ich mein Poetemonnaie in die
hände meines liebenswürdigen Wär
terö aus. bat ihn, auch meine Ubr
noch als Andenken anzunehmen, da
siir aber die Thüre meines Kerlers
ossen zu lassen, damit ich ein wenig
spazieren geben könne. Das that er
denn auch, und so bin ich biet-«
Sehr erfreulich, dieser Morgen
bes«uch«, murmelte Saccone halb un
verständlich. «Daus ich fragen, was
Sie nunmehr anzufangen gedenkeni«
Laezarowili stand au
«Saceone, glauben ie mir, es
gebt mir verdammt nahe, so vor b
nen sieben zu ntilssem Es giebt m
mer noch gewisse Saiten in metnose
setzen, die start klingen, riibrt man
an ibnen. Zeit meines Lebens hab'
ich mich allein, gan allein durch«
Strudel und Untielen hindurchge
rungen und keines Anderen Dilse
gebet-Un Heute bab’ ich Hilfe nö
thig, and von Ihnen, Saeeone, er
bitte is sie.« «
»Von mir-?u Saccozre richtete sich
im Bette auf. Reichen Sie mir ein
mal meinen Cigarettentasten, wenn
ich bitten dars. Das Anliegen kommt
mir derart unerwartet, daß ich mi ,
um nachzudenken, erst wie weiland d e
delpbische Pytbia in Wollen biillen
muß. So —- nnn ein Zündbölzchen
—- ich danke bestens. Wie aber. Lac
iarowöki. wie um himmels willen soll
ich Ihnen helfen? Mit Geld-? Dort
liegt mein Poetesenille, Sie ie!1en, es
ist mager genug: die letzten Wochen
waren saul und vie Einnahmequellen
flossen fpärlich.«
Laczarowsii starrte vor sich hin.
Seine Augen blickten gläsern und
seine Mund-winket senkten sich schlaff.
Plötzlich wandte er sich mit wilyr
Hast dem Sprechenden zu. ’
»Ganz gleich, Saccone, Sie mits
len!« ries er heftig. »Haben Sie
selbst kein Geld-blinden Sie Freun
de genug in Neapel. die Sie gern
aus der Berleaenbeit reißen!"
»Leick,ter gesagt, als gethan. Ich
sab Sie· neulich in San Carlo in
der Ler einer betannten neapolita—
niichen Schönheit, der Bulikoff. sind
Sie mit ihr befreundetZ Vielleicht
hilft diese anen.«
»Sie haßt mich. wie ich sie hasse!
Ich habe keinen Menschen am Orte,
von dem ich Rettnnq erwarten könnte
—- ich schwöre es Ihnen, Zaccone —
,ielbst meine eiqene Schwester bat mir
die Thüre aetvielen!«
»Wie, Jbre Schwester? Lebt eine
Schwester von Ihnen in Neapel?«,
»Allerdinas, und Sie iennen sie
sicher dem Aeuszeren nach, die gan
ze Stadt schwörmt ja von der roth
lpetiaen Jllburg!«
Saccone fuhr in die Höhe.
lFortsetzunq folgt.i
—
Der Wasser-leiern
»Ei. ei. Herr Zabfelbergen was ma
chen Sie denn mit der Wiinschelrnthe.
da t«
« »Die hab’ ich mir ana’schafst, damit
ich dem Wasser besser aus ’m Weg
qehen tann!«
Ein anglo-ameritanischer Zeitungss
schreiber behaupte-, daß der Mann
sein Bestes im Alter von R Jahren
leiste. Das mag schon stimmen mit
der Einschräntnng, daß viele Leute
schon mit 21 33 sind, viele erst mit
60, und noch andere überhaupt nie 83
werden«
Es gab niemals einen weiblichen
Rot-inson; denn teine Frau hältIs sie
ben Jahre aus einer Jnsel aus, aus der
ihr teiner zuhört. «
So hat Kopenhagen uns auch et
was beschert.
Die Prätdentenwahl von Nitaras
gua finde demnächst in Washington
statt.
Ein hübsches Stimmchen, das wir
alljährlich dem Auslande site impor- «
tierteö Spiel eug entrichten, aber ein
Kinderspiel gen die Riesensumrnen,
die bei uns anderweit verspielt werden.
Liebe macht blind, Ehe öffnet meist
die Augen!
Verschiimte Arme haben ost die un
verschämtesten hönde. «
Die Chinesen trurnpsen gegen Por
tugal aus. Sie haben es wohl nicht
gehört, daß der König Edtvard den
König Manuel einen hohen Verhän
deten? nannte, der serchten sie sich
nicht
Jetzt streiten sich Ge chichtssoxsckxr
darüber hernm, ob riedrich der
Große Washington einen Degen ge
schenkt habe oder nicht. Das ist«-B
och ganz belanglot, die gar-Ists
bleibt, daß Washington n Degen
ia gar nicht nötig hatte.
»Ja taum- ee m e- Es sei-te- sau
Paris-»Man Sie machen s
einen verliebten Einst-M«
Sie mit fein meine Maus in It
lassen!«