Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 21, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    " « Jahrgang
Nebraska
0Staats- Anzetger und I set-old
I9l0. Leisw k(Theli )
Nu mme k22
—
»h- ..--..-..-—-—..··.—. - — «·——
ciebe nnd Freundschaft
Lief-V ist eine schöne Blume,
Ausgetüszt vom Morgenroth,
Aber Freundschaft gleicht der Eiche,
Die Dich schützt in Sturm nnd Noth
Lieb’ ist eine srische Quelle,
Bald verändert, rasch bewegt,
Aber Freundschaft gleich dem Strome,
Der die schwersten Lasten trägt.
Du entschlummerst — und die Liebe
Legt Dir gold’ne Träume hin,
Du erwachst —- und sindest Freund
schaft,
Eine treue Pslegerin.
.—»--.·
Das Geheimnis.
Novellette von PierreMillr.
Madame Hermet öffnete die Thiir
de Arbeitszinimers.
»Armand«, ries sie mit ihrer hel
len, frischen Stimme, »das Bad siir
Bebe ist bereit, lommst du? Du hast
noch Zeit genug siit dein Bureau!«
Sie war so strahlend in ihrem
jungen Muttergliicl, dasz sich Hermes
wie elettrisirt erhob. Er war bereits
ein Vierziger. das Haar an den
Schläsen leicht angegraut, und eben
so start wie seine Liebe «zu Lucie
war sein Stolz, Vater zu sein, sei
nen Namen in einem mächtigen
Jungen sich fortpflanzen zu sehen.
Er solgte eilig seiner Frau, ihre
graziöse Gestalt mit frohem Lächeln
betrachtend
Die Banne hielt den Kleinen iider
dem metallenen Becken, das die Mor
gensonne umflirrte. Er begann zu
schreien, als see ihn in das Wasser
setzte, das genau der Temperatur sei
nes Körperchens angepaßt war,
schwieg aber bald, da nun seine
Mama den großen Schwamm nahm
nnd das sanfte Rieseln seine Nerven
beruhigte und ihm ein lallendes La
chen entlockte, das in dem rosigen
Fleische seines Qdertiesers einen win
zigen Milchzahn sehen ließe
In diesem Augenblicke lautete es.
»Madame, der Fleischer ist hier«,
meldete die Donne.
»Geh' nur, meine Liebe«, sagte ihr
Mann, da er sah, dasz Lucie zögerte.
Sie hatte die Gewohnheit, die töp
lichen Bestellunaen siir die Küche
selbst zu machen.
»Aber ..... Bebe?
»Du kannst ihn mir beruhigt las
sen, ich thue ihm kein Leid«, saate er
lachend.
Sie lächelte ihm ebenfalls zu, ehe
sie aina. Hermet trocknete den Klei
nen vorsichtig ab, die seidige Haut
des rundlichen, graziösen Körpers
tiissend· Marcel, den der Bart seines
Vaters kitzelte, wandte den Kopf
nich ihm um, mit einem Ausdruck
von Wohlbehagen
Als er aus den weichen Teppich
niedergelegt wurde, versuchte er als
bald, sich auszurichten nnd gegen den
nächsten Stuhl zu kriechen. Hermet
schnaltte mit den Fingern hinter
ihm her, doch das Kind schenlte ihm
keine Beachtung. ’
,,Murrel, mein kleiner Marcell«
sagte er laut, sast unwillkürlich
Die Kinder pflegen sonst, selbst
wenn sie erst einige Monate alt sind,
aufzuhorchem wenn man ihren Na
men ausspricht Doch Marcel- spielte
auf dem Teppich, unbekümmert
Sein Vater klatschte diesmal stark
in beide Hände, stampste mit dem
Fuße, ohne aber die Aufmerksamkeit
des Kindes zu erregen.
»Das ist seltsam«, murmelte er
verstört. Doch da seine Frau in dem
selben Augenblick zurückkam, smwiea
er und bemühte sich, ein heiteres lite
sicht tu machen
s
sc ·
Es eriftirt vielleicht eine Art von
geheimer Gedanleniibertragung bei
zwei Wesen, die einander lieben und
di-: ihre Beunruhigung verbergen
wollen. Als ihr Gotte die Wohnung
rerlaffen hatte und Lucie den Klei
nen anlleidete, ließ sie, iiker ihn ge
teugt, jenes zärtliche, lofende Ge
räusch der Lippen hören, in dein
die Kinder. oft erst wenige Wolken
alt, einen Kuß erlennen. Doch Mar
rel riihrte sich nicht; er schenkte sei
ner Mutter ebensowenig Aufmerk
samleii, alo er es’ gegenüber dem
verworrenen Lärm that, der von der
Straße herauficholl und um den fich
diefe lleinen Wesen nie tiimmern,
weil sie die Erfahrungbald gelehrt
unt, daß die-Z fiithe weder eine
Quelle des Kummers noch des Ver
gnligens ift. Und verwirrt, zitternd»
in einem jähen Schmerz, fchrie Lucie
auf, ebenso wie es Armand gethan
hattet
«Marcel, mein lleiner Marcell«
»Das Kind fuhr fort, den Sachen
ringsum zuzulächelm ruhig und still.
Madame Hermei ergriff ihr Kind
ungestüm. pre te es an sich, wie um
es vor irgen net drohenden Gefahr
zu befchilserh dabei frommelndx
»Mein Gott, mein armes, armes
Kind!« ;
Sie weinte lange, verzweifelt
Dann dachte sie: »Es ist vielleicht
doch nicht wahr! Und bis dahin
wenn nur Armand nichts ahnt!«
»t: it- si
So lebten sie mehrere Monate,
ihre Angst, die täglich wuchs, einan
der änastlich verhehlend. Hermet
wagte nicht, sich an den Hausarzt zu
wenden. »Er würde alles meiner
Frau sagen«, dachte er, ,«oder er
würde Versuche anstellen, die Lucie
meine Besotgnisse verrathen wür
den.« Dafiir suchte er einen Spezia
listen aus« der den Kleinen u sehen
wünschte. Da dies nicht möglzich war,
suchte er Hermet zu trösten. »Es
handelt sich vielleicht um eine Vergö
gerung in der Entwickelung des Kin
des«« sagte er. »Man muß eben war
ten. Oder es ist auch das Gegentheil
möglich; es giebt Kinder, die vor
dem sechzehnien Monat kein Wort
aussprechen können, eben weil sie sehr
incelligent und deshalb zerstreut sind.
da sie vor allem die tausendfältigsten
Eindrücke, die an sie herantreten, in
sich ausspricherm Geben Sie deshalb
die Hossnung nicht aus!«
Aber in dem Maße, als die Zeit
oerstrich. fühlte Hermet, daß nichts
mehr zu hoffen war. Marcel war
taubstunrm! Er stellte sich das Leben
des Kindes vor, eine lange, aualvolle
Existenz in bleiernem Schweigen,
ausgeschlossen aus dem Kreise der
übrigen Menschen. Und alles, was
er vernahm, Töne, Worte, Musil,
dies wurde ihm jetzt zu einer un
aussprechlichen Qual. »Mein Marcel
wird das nicht hören!« sagte er sich
wie vernichtet. »Er wird nie meine
Stimme vernehmen -—— —- niemals
— —— und ich hätte ihm so viel, so
viel zu sagen!«
Dann bedachte er, daß Lucie von
diesem Unglück noch nichts ahne, unt
er befirebte sich» ir feine gewohnte
Miene zu zeigen. eine Frau ahmie
ihm nach. Auch sie hatte mehrere
Aerzte lonfultirt, hatte ihr Kind in
die Klinil eines berühmten Ohren
arztes getragen, und sie wußte. daß
es teine Hoffnung mehr gab. Ach,
wenn fie wenigstens sprechen, ihren
Schmerz am Herzen ArmanW hätte
ausweinen können! Aber weshalb
sollte sie ihrem Manne die wenigen
Monate von Glück und Zufriedenheit
rauben, die ihm noch bis zu jenem
Tage blicken« wo er sieh doch einmal
über das Gehrechen des Knaben klar
wurde? Er fah Marcel tagoiiber nur
eine kurze Zeit, und alles, was er
sprach, zeigte deutlich, daß er nichts
ahne. Oft fagte er, das Kind be
trachend:
»Welch wunderbare Augen es
hat!«
Sie waren in der That aron
und strahlend wie ein töftlicheo
Blüthenvaar von einer absonder
lichen Schärfe und Hurtigteit im Be
schauen all dessen was ihn umaav,
als ob sie sich frühzeitig darin iilsen
würden, jene Sinne zu ersetzen, die
ihm mangelten. Auch vie Hände wa
ren ungewöhnlich aefchmeidig und ge
schickt, von einem fo überrafchenden
Taftvermögem daß Armand oft an
sich halten mußte, um nicht in Thra
nen auszubrechen
Die Existenz der beiden wurde all
mählich aualvoll, unerträglich Jn
der Ausopseruna, mit der sie ihr
trauriges Geheimniß wahrten, hat
ten sie das Gefühl, als entblättere
sich langsam ihre Liebe, schwände
allmählich dahin; sie fanden sich ver
einsamt, traurig, und hatten doch
den Muth nicht, zu sprechen, sich ein
ander anzuvertrauen
Es war um diese Zeit, das-, in der
Straße, wo sie wohnten. die Arbei
ten der Untergrundbahn beendigt,
wurden und die Züge des Metro J
politan ihren Dienst begannen· Deifl
Boden schien sonor und oibrirend ge
worden zu sein wie der Resonan«z
bot-en einer Riesengeige, und von
Zeit zu Zeit tlirrten die Fenster,
sprang eine Scheide, erzitterten die
Möbel- Eines Tages, als sie gerade
im Speise-Zimmer zu Tische saßen,
stumm und melancholisch vernahm
Armnnd an der Decke ein seltsames
Wistern Er blickte zur Höhe und
gewahrte, daß die Rette der schweren
Höngelumpe sich loszitlösen begann,
während der Gipsstaub der Stullatur
in tleinxn Wölkchen aussloa. Er schrie
mäs: »Achtung! Die Lampe fällt her—
a !«
»Sie. stießen beide ihre Stiible zu
rüel und sprangen mit einem Satz
Itur Seite. Marcel saß in einem
Karl-stahl nahe dem Fenster, außer
Bereich der Gefahr. Die schwere
Lampe siel lrachend aus den Tisch,
zerschmetterte Gläser und Tassen,
durchschlug die Platte; eine plötzliche
Explosion hätte licinen größeren
Lärm hervorbringen können· Doch
Mareel hatte nicht einmal eine Geste
aemachh sein Gesicht blieb gegen das
Fenster gerichtet, wo man ein Stiick’
des strahlend blauen Himmels sah.
»Er hat keine Furcht gehabt«, jagte
Lucie zitternd.
»Nein ..... er konnte keine
Furcht haben . ...«
Und diese einfachen Worte Gnüg
ten, um ihnen wie mit einem Miy
fchlag zu zeigen, wie es um jeden
stand.
»Wie, Du wußteft«, flüstert-e Lucie
athemlos. »Oh, Arm-mit —- und du
hast geschwiegen ——«
»Und du auchi« schrie Herinet auf.
»Lucie, meine Lucie! Wie tapfer du
bist! Mein armes Weibl«
Sie stürzten einander in die Arme,
in ein-er lrampfhaften Umschlingung,
weil sre wußten, daß sie jetzt das
Recht hatten, initsammen zu weinen,
und sie fühlten auch, daß sie sich
mehr liebten als ie zuvor, mit einer
löstlichen, reinen, aufopfernden Liebe,
die ihnen die Kraft zu dem langen
Leidensweg geben mußte, der ihnen
und dem Kinde noch bevorstand.
.«.---.
Umüsante Wissenschaft
Plaudnei IFHZ Tot-einst
»Ich will doch sehen, was meine Ge
frieroersuche machen,« rief Fritz und
eilte in die sibirische Kälte des Bal
lons hinaus, wo das Therrnometer seit
Tagen aus dem Gesrierpuntt stand.
Er kehrte bald mit einer gewöhnlichen
Bierslascke mit Paientoerschluß zurück.
Sie fah traurig aus-. Das Glas war
etwa in der Mitte geborsten, und ein
Theil des herausgelausenen Wassers
hatte allerlei Eiözapfen und Stalniti
ten gebildet.
»Dies traurige Beispiel von einem
Stempel liseigt,« begann Fritz, in der
Positur eines ordentlichen Prosessors,
»das das Eis ein größeres Volnmen
einnimmt als dng Wasser, aus dem es
entstand. « Daihm aber in der ge
schlossenen Bierilasche die Möglichkeit
dazu genommen war, sprengte es das
Glas. Die zertrümmerte Flasche hier
zeigt überzeugend die Gewalt dess
schmelzenden Wassers, jene Gewalt, die
im Laufe der Jahrtausende auch mit
dem größten und härtesten Felsen fer
tig wird, jene Erosivlrast des Frostes,
die in genügend langen Zeiträmnen
Der tssispsrovscn aus der Zettslaichr.
auch die Felsengebirge wieder abtriigt
und fortwischt.«
»Du redest siir dein Alter ganz gut,«
unterbrach ihn der Vater, »aber daß du
eine Flasche entzweigeinacht hast, kann
uns allein noch nicht zur Bewunderung
hinreiszen Laß sehen, was du außer
dem gemacht hast.«
Fritz verschwand und tam diesmal
tnit einer soliden, unverschlossenen
Champagnerslasche zurück. Auch sie
war durch und durch gefroren, aber
tsas Eis hatte sie nicht gesprengt, son
dern war wie eine Art Stengel reich
lich einen Zoll aus der Mündung her
ausgewachsen.
»Auch hter," hub jetzt Fritz wieder
an, .,hat sich das Wasser bei der Er
starrung ausgedehnt, und zwar setzte
die Erstarrung aus der Oberfläche des
Wassers selbst, die mit dem Flaschen
mund abschlosi, und ferner an den
iWandungen des Flaschenhalses ein
Das Wasser iin mittlere-: Theil blieb·
eunäehst noch sliissig. Da nun jedes
Wassertheilchen, das erstarrte, sich aufs
dehnte, so entstand in der Flasche ein»
Ueberdruck. Dieser tvirlte aber, bevor i
er genügend start wurde, um die Fla-«
sche zu sprengen, bereits so, daß der
oberste Eispsrobf nach oben geschoben
und so wieder Raum für weiteres Er
starren geschassen wurde. Freilich hat
die Flasche dabei ganz gehörige Druele
aushalten müssen, namentlich als die
letzten Theile imFlascheninneren gesto
ren und der obere Theil so gewaltsam
nach oben gewürgt werden mußte, daß
er unter dem Drucke wieder plastisch
wurde und herausquoll. Eine gewöhn
liche Bierslasche wäre wahrscheinlich
auch bei ofsenem Halse geborsten.
Diese hier hat die Geschichte jedoch
ausgehaltem Bei dünnem Glase tann
man das Experiment nur risliren,
wenn man genau zylindrische Gefäße
hat. Ich habe hier einige Glastuben,
von allem Papier gesäubert, bis oben
mit Wizsser gefüllt, dann die Metall
tapset daraus gesetzt und sie aus den
Balton zum Frieren gestellt. Wir
wollen ietzt sehen, was daraus gewor-»
den ist« Mit diesen Worten ging Fritz H
abermals hinaus und brachte einige!
Tuben herein. Alle zeigten einen Eis
auswiichs, der etwa ein Neuntel der
Tube lang war und obenaus die Me
tallkapsel trug.
»Wir beobachten hier dieselbe Er
scheinung wie bei der Champagner
ilasche,« begann er, »und können hier
auch gleichzeitig die ungesähre Ausdeh
Die flüssige Salzwasserlilule im Stint-nis
sent-.
nung des Wassers beim Erstarren be
stimmen. Wir messen bei dieser Tube,
die genau zehn Zentimeter lang ist, ei
nen Eispfropf von ungefähr elf Milli
nietern Länge, haben also eine Zunah
me um reichlich den neuni.a Theil des
vorhandenen Wassers beim festen
Ei e.«
»Du scheinst dir ja da auf dem Bal
lon in diesen Frosttagen ein kleines
Laboratorium fiir Kältetechnik ange
legt zu haben,« sagte jeht der Vater.
»O, ich hab’ noch mehr!« rief Fritz
und holte nun eine durchsichtigeFlafche,
die nur etwa halb gefüllt war. Man
fah, daß- das Eis nach oben hin beinah
massiv war. Etwa in der Mittellinie
der Flasche setzte jedoch ein Wasserfa:
den ein, der sich nach Unten hin immer
mehr oerbreiterte, und etwa einen hal
ben Zoll hoch über dem Flaschenboden
enthielt die Flasche flüssiges Wasser.
»Nun, was ist das?« fragte Fritz.
»Na, das ist Eis und Wasser,« ent«
aegnete Kurt. »Die Flasche wird
wohl noch nicht so lange auf dem Bal
lon stehen und ist daher noch nicht völ
lig gefroren.« «
»Falfch acrathen,« rief Fritz» »die
Flasche steht genau so lange draußen
wie die anderen, aber ich habe sie nicht
mit reinem Wasser, sondern mit einer
etwa dreiprxzentigen Salzliisung ge
füllt. Es war interessant, ihr Ver
halten in der Kälte zu beobachten. Als
alle die anderen Flasclken bereits deut
liche Eislristalle zeigten, war sie noch
völlig klar; als wir aber gtst«1n Nacht
auf 0 Grad lamen, fror sie ebenfalls
Aber wir wissen ja, daß das Salz sich
beim Frieren von Salzwasser ausschei
det, so daß reines Süßwassereis ent
steht. So ging es auch hier, und na
turgemäß mußte durch das ausschei
dende Eis das übrigbleibende Wasser
immer salzhaltiger werden nnd dem
Der»Vcksnm der Ucverfchmclzusm.
Ausfrieren immer qtöfzeten Wider
stand entgegenfetzen Jetzt ist die
Flasche durch und durch auf » Ger
;abgekühlt, aber ihr seht, daß ein Theil
Jdes Wassers nicht mehr gefriert. Wenn
;man sich auf Rechnungen und Messun
gen verlegen will, kann man diese
"Flasche als Thermometer benutzen und
aus der Menge des flüssigen Wassers
jederzeit die jeweilige Temperatur be
rechnen. Hier habe ich Salzwasser in
die Kälte gebracht. Bei einem ande
ren Versuch habe ich es anders ge
macht. Jch habe einen der Blechein
sätze aus dem Blumentisch mit Wasser
gefüllt auf den Balkon gestellt. Na
türlich ist das Wasser zu einem mas
fiven Eisblock erstarrt. Auf den habe
ich heute Mittag eine Handvoll Koch
salz geworfen. Wir wollen jetzt mal
sehen. was daraus geworden if.«
Als er mit dem Kasten zurückkam,
sah man den Eisblock, in den das Salz
auf der Oberfläche einen kleinen Teich
mit zactigen, wild zerrissenen Rändern
gefressen hatte. und auf der Eisober
fläche stand ein Tümpel ziemlich lon
centrirter Salzlake.
»Eigentlich,« hub Fritz jetzt an,
,,mijßte man mit solcher Kochsalzlös
sung doch jedes Eis anftbasien lonnen,
nnd wenn die Nordpolfahrer um ihr
Schiff genügend Salz streuten, so
müfzte es ihnen niemals einfrieren
tönnen.«
»Da irrst du dich nun doch,« unter
brach ihn der Vater. »Die Sache geht
zwar einige Zeit, aber keineswegs bis
in die ajchgraue Pechbiitte. Wie du
selbst bereits sagtest, wird in der Fla
sche hier die übrigbleibende Salzlake
immer koncentrirter, und er bedarf
immer ftärlerersiältegrade, um sie zum
Gefrieren zu bringen. Nun aber
geht auch diese Konzentration nicht bis
ins Ungemessene weiter. Bekanntlich
kommt ziemlich bald ein Moment, wo
die Salzliijung gesättigt ist und kein
weiteres Salz mehr gelöst halten kann.
Dieser Punkt wird auch mit der im
Eise übrigbleibenden Flüssigkeit ein
mal erreicht werden. Dann aber schei
det sich das Salz in Form weißer Kri
stalle aus, und die ganze Flüssigkeit
gefriert in ziemlich kurzer Zeit. Jn
den Polargegenden wird die dazu nö
thige Kälte aber häufig erreicht und
überschritten, man findet dort gelegent
lich Blöcle, die von Schnee bedeckt zu
sein scheinen, der sich bei näherer Be
trachtung als klares Salz erweist. Jn
solcher Kälte tann man natürlich be
liebig viel Salz streuen, ohne irgend
einen Schmelzefsett zu erreichen. Aber
auch bei uns hat die Salzanwendung,
z. B. um ein Straßenbahngeleise vom
Schnee zu befreien, sehr bald ihre
Grenze. Das Salz ist schließlich nicht
umsonst zu haben, und man muß mit
mäßigen Mengen große Strecken durch
Schmelzuna vom Schnee befreien. Da
bei aber gibt es start verdünnte Salz
lösungen, und die Wirkung ist pral:
tisch bereits bei s) Grad eine völlig
unbesriedigende.«
»Nun aber ein anderes E1«periment,«
rief Fritz. »Sage einmal Kurt, bei
wieviel Grad gefriert Wasser?«
»Natürlich bei 322 Grad,« erwiderte
Kurt.«
»Wir wollen einmal sehen, ob das
richtig ift,« entgegnete Fritz und trug
vom Valton sehr vorsichtig ein dünn
Ioandige5, großes Wasserglag herein,
in dem durch Schniire Vom Rande her
ein Thermometer senkrecht eingebunden
war. Die Thermoinetertugel reichte
beinahe bis zum Grunde des Glases.
Ueber dem Wasser befand sich eine
dünne Petroleunischicht. Behutsam
tellte er das Glas auf den Tisch Und
bat, das Thermotneter abzulesen. Es
zeigte 10 Grad. »Ihr seht«, fuhr er
fort, »daß ich hier Wasser Von 10
Grad habe, Wasser-, das iiberschmolzen
oder unter Kälte ist. Nun wollen wir
sehen, ob wir das ändern tönnen,«
sagte er und schlug mit einem starken,
hölzernen Federhalter einigemal leicht
gegen die Glas-wand Sofort huschte
es wie ein grauer Schimmer durch die
eben noch glastlare Flüssigkeit, die sich
in weniger als einer Selunde in star
res Eis verwandelte. Gleichzeitig be
gann das Thermometer rapide zu stei
gen und gelangte in wenigen Setunden
rion 15 Grad auf 532 Grad.
»Da-J war der Versuch der Ueber
schmelzung,« sagte der Vater. »Nun
will ich aber auch etwas zur allgemei«
nen Grhciternng beitragen. Schlage
einmal von deinem Eisbloel ein or
deutliche-·- Stiid ab, Fritz, und tlopse
eg in einem alten Handtnch zu seinem
Schnee.« Fritz that, wie ihm ceheisiem
während der Vater ans einer verschlos
senen Blechbiichie eine Tiite mit wei
siem, kristallinisrb schimmernd-ein Pnl s
ver zum Vorschein brachte. »Ich habe (
hier kristallisirtes Chlorerizuni,« be
gann er jetzt. »Ein einfaches, harm
iloses Salz, das man in jeder Apotheke
siir billiges Geld kaufen kann. Nun
wollen wir einmal einen Versuch mit
diesem Eispulver machen. Aber noch
«einen Augenblick, ehe wir damit begin
nen. Jch habe hier noch ein wenig
Quecksilber. Das wird uns gute
Dienste thun, wenn das Thernwrnetcr
versagen sollte. Dies Thermometer
hier ist bemerken-Zwertherweise bis auf
96 Grad unter Null eingerichtet. Nun
wollen wir einmal in diese große Por
zellanwaschschiissel in schöner Abwechs
lnug immer ein: feine Schicht Eis
schnee und eine etwa doppelt so starke
Chlortalzium geben. Laßt’s aber an
den Fingern nicht zusammenkommen,
sonst gibt es Frostbeuleni Du also
wirst immer eine Schneeschicht und ich
eine Chlortalziumschicht streuen. Da
bei werden wir erstens unser Ihn-mo
metet einbauen und ferner eine dieser
kleinen gläsernen Juden, in die ich jetzt «
das Quecksilber gieße.«
Fritz und der Vater thattn wie ge
sagt. Sie bauten Schicht auf Schicht
und isolirten die Waschschiissel gegen
die äußere Wärme durch ein dickes
Wollplaid· Schon während des Auf
baues vernahm man ein-fortwähren
des Knistern und Knirschen. Gleich
zeitig begann das Thermometer rapide
zu fallen. Jetzt war die oberste
Schicht Chlorlalzium gelegt, und der
Vater drückte alles mit einem hölzer
nen Lineal fest in die Schüssel hinein.
»Wir wollen nach zehn Minuten wie
der nachschanen,« sagte er. Während
dieser Zeit bildete sich ein wenig Flüs
sigkeit in der Schüssel, und man konnte
das Gemenge mit dein Lineal nicht
mehr zusammenpressen. Jetzt zog der
Vater das Therinomeier heraus. Der
Qiieelsilbersaden war verschwunden,
und das Quecksilber in der Kugel
erschien eigenartig milchig gefärbt.
»Mehr als 45 Grad unter Null,«
rief der Vater und zog nun auch die
Tube mit dem Quecksilber hervor.
Auch dies war zu einem niassiven Block
gefroren· »Hier haben wir die wirk
samste Kältemifchung benutzt,« sagte
der Vater. »Wenn- wir freilich eine
Lösung von verdünnier Schwefelsäure
auf dem Vallon bis auf 10 Grad hät
ten ausfrieren lassen, so hätten wir
durch das Zusammengießen Yon ge
fchlagenem tsris und raner Schwefel
säure wohl 758Grad unter Null errei
chen können! Heute freilich importi
ren solche Kältegrade nicht mehr allzu
sehr, da sich jedermann flüssige Luft
mit einer Temperatur von 325 Grad
unter Null verhältnißmäßig wohlfeil
laufen kann. Aber wir haben mit den
allereinfachsten Mitteln gearbeitet, ha
ben für etwa fünfzig Pfennig Chlor
talziuin immerhin ganz hübsche Nord
poltemperaturen erreicht. Nun aber
wollen wir für heute unsere Versuche
abbrechen und die diversen Trümmer
keseitigen.«
Kluge Hühner-.
Ein Professor der Universität Penn«
fylvania Begab sich vor mehreren Jah
ren nach dein Süden der Bereinigten
Staaten, um dort eine Sonnenfinster
niß zu beobachten Am Abend vor
dem erwarteten Ereignis-, sagte er zu
einein alten Neaer, den er gut kannte
,,Toni, wenn Sie morgen Ihre Hühner
beobachten, werden Sie finden, dass. sie
Vormittags geasen 11 Uhr schlafen ge
hen.« Der Farbige war überrascht
und zweifelte natiirlich an dieser Vor
hersage; er überzeugte sich aber bald,
daß um die angegebene Zeit der Hirn
mel sich verfinsterte und die Hühner
thatsächlich ihre Ruheftätten auffuch
ten. Das Erstarrenen des ehrlichenToni
kannte teine Grenzen. »Herr Profes
sor«, fragte er den Gelehrten, halb
schen, halb neugierig, »wi-: lange vor
her haben Sie denn schon gewußt, daß
die Hühner jetzt schlafen iverden?«
,,Ungefähr seit einem Jahre«, entgeg
nete der Gefragte mit schelmischem Lä
cheln. »Aber wie ist das nur möglich«,
schrie der Schwarze, den diese Antwort
nun ganz aus der Fassung brachte,
,»Vor einem Jahre waren ja die Hüh
ner noch gar nicht ausgebriitiet!«
Schneefau in vevecktem Raume.
Jn einer meteorologischen Gesell
fchaft berichtete Regierungsraih Helni
von einem Sch-noefalle, der sich in
Petersburg innerhalb eines Tanz
faales ereignete. Draußen waren fiinf
undzwanzig Grad Kälte. Als nach
Beendigung des Bsalleg die Fenster ge
öffnet wurden, verwandelte fiel) der
Wasserdunft infolge der plötzlichen
Abliililuna unmittelbar in Schnee-: es
schneite im Tanzsaale ivälsrend ei im
Freien trocten lalt mar. Littrow be
stätiate diese Angabe durch eine ähn
liche Erfahrung. Beim Heranstreten
aus« dem litedoutensaale in Wien fand
er einst das Treppen-bang mit Sehr-te
bedeckt: miibrcnd im Freien zwar ein
sehr kaltes-, aber heiteres Wetter
herrscbte schneite es int Trepveiibattfe.
— -——--—-O-.-0
So vielen stellt sich das Gliirl di
rett in den Weg, aber sie weichen ihm
ans-!
It- Iit sit
Am meisten sprechen die von »er
IchiipfteÆ Geduld. die nie welche hat
ens