Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 31, 1909, Zweiter Theil, Image 10

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Roman von Jeder v. Zobekth
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(7. FortsesungJ
Wirbel hatte schwer mit sich selbst
Zu kamt-jen- um ihre Ruhe und Fas
ung wiederzugewinnen Der starke
Wille in ihr siegte schließlich — der
Wun, der ihr helfen sollte, brauchte
nicht Zeuge ihres Schmerzes zu sein.
Mit klaren Worten schilderte sie die
Einführung und das Auftreten des
Rechtsantpaüs Garder in ihrem Hau
se zu Lin stpn und fuhr dann nach
sliichtiger ufe fort: »Am 12. Sep
tember hatte das Schiff, auf dem
mein Bruder und Mr. Garder sich de
fanden, den Hafen von Kingsion ver
lassen, und erft um die Mitte des Ok
tober erhielt ich aus Marseille ein Te
legrsnrnn dessen Wortlaut genau fol
gen-der war: Mut-schalt Reif unter -
Junge-, ich wurde mit sechzehn an -
ren gerettet. Sarder todt. Willictm.«
IS hatte keinerlei Utiache, an einen
rug und an ein Verbrechen zu den
ken; hätte aber wirklich die leiseste Re
gung von Mißttauen in meiner Brust
gewohnt. so würde see durch die sitt-E
lle Bestätigung jener Depeiche zer
nt worden fein. Jn der Lisie der
Seretteten des .Marschall Ney’, die
von seiten des Gouvernements verge
fentlicht wurde, war nämlich glei
falls der Name Wisiams angegeben,
fiir mich konnte also kein Zweifel
mehr obre-alten Zudem kam mir et
wa Ende Dezember oder Anfang
nuar ein zweites Rlegramm zu
n dem William mir meldete, die Erip
schaftiangelegenheit sei geordnet, er
kehre zurücks dies Telegramm war
aus Neapel deutet-·
Aus Neapel?« Der Adpotat fuhr
qui, dann winkte er, gleichsam das
eigene Erstaunen niederlämpiend und
sich selbst-beschwichtigend. mit der
Hand und sagte mit leichtem Lächeln:
«Lassen Sie sich nicht durch meine Un
terbrechung stören, Miß Lum, ich bin
begierig, Sie weiter zu hören.«
TTEWTTTTTUPTTAP s
I »Sie wissen das alles, mein Gott,
aber woberik fragte sie stockend.
»Von meinen Leuten, liebes Fräu
lein· Aäwissenheit gehört nun ein
mal zu unserem Beruf, aber sie reicht
leider Gottes nicht immer aus. Ha
ben Sie Jllburg von Ihrem Bruder
und der Erbschaftsaffiire erzählt?«
Mabel errötbete tief. «Nein, herr
Doktor«, entgegnete fie. »das that ich
nicht« und ich weiß selbst nicht, wa
rum ich ei unterließ. Jedenfalls laan
ich feinen stichbaltigen Grund dafür
anführen Js- datte das unbestimmte
Gefühl, als werde man meine Er
zählung fiir sehr abenteuerlieh und
unwabricheinlich halten, und ich
fürchtete, man wärde demgemäß auch
kneinen Charakter unrichtia beurthei
en.«
»Das isi tein Unbestimmtez Ge
füdl’, sondern eine scharfe und logi-.
ichs Denttvseise, mein Fräulein: ich
kann anen nur durchaus Beifall
zollen. Im übrigen haben Sie aufs
Gründen, auf die ich später noch zuii
rücktommen werde. sehr recht daran.
gethan, die ganze ErbschastiangeleH
genbeit als ein Geheimnis für sich zu
bewahren. Jch werde Sie später bit
ten, mir einige nothwendig-e Boll
machten zu neben. vorläufig gestatten
Sie mir. anen über das Unglück«
das Ihren Bruder betroffen dat. nä
dete Mittbeilungen zu made-.
den Hauptzügen beruht das, M ich
Ihnen erzählen werde, auf unniniiök
lichen Thatsachenx verschiedenes Re
bensächliche ergiebt sich aus den ein
fachsten Kombinationen«
Nocera strich sich flüchtig mit der
band iiber die Stirn; er hatte längst
überlegt, daß es am zweckmäßigiten
fein würde. dem jungen Mädchen in
allen Theilen die Wahrheit zu sagen,
so weit fie nicht seine eigene Person
betraf. Nur dadurch, daß er Mabel
vor den fremden Gewalten warnte,
die sie bedrohten. tonnte er sich selbst
vor einem Eingriff dritter in feine
Pläne schühen
«Ei wunderte mich nicht', fuhr
Mabel fort, »daß William vor seiner
Mitteln einen Abstecher nach Italien,
in das Land unserer Voreltern ge
macht hatte; er hatte verschiedentlich
davon gesprochen, sich nach Erhebung
der Erbschaft hier anzusiedeln« und
ich hielt es nicht fiir unmöglich. daß
er die Gelegenheit ausnuien und sich
schon zur Zeit nach geeignetem Land
besitz umsehen würde. Erst als Wo
chen und Monate verrannen, ohne
das ich eine weitere Nachricht von
Billiasm erhielt, begann sich meiner
eine furchtbare Angst zu bemächti
gen; ich lief auf die SchiffsbsureauL
um mich zu vergewifsern, daß teine
neuen Unglücksfälle auf der See
gattgefunden hätten, und war bei
ntunft jedes europäischen Dampfers
am Hafen —- aber ich spähte vergeb
lich nach dem Verschwundenen aus.
Der Frühling ging vorüber, und
noch immer hoffte ich von Tag zu
Tag auf Williams Rückkehr: meine
Yerzweiflung wuchs, und schließlich
wandte ich mich. urn Vermittlung
bittend, an unseren Konsul in Ring
kårsn einen deutschen Großtaufmann
en Liebenswiirdigteit und Men
schenliebe mir bekannt war. Der
äonjsul ließ sofort bei den Gerichten
srantfurt Ertundigunaen über
William einziehen, aber die umge
hend erfolgende Antwort war fiir
intch wenig ermuthigend. William
hatte sich in der Zeit vom Ende Ot
tober bis Ende Dezember zwecks Er
ledigung seiner Erbschaftsangelegew
heit in Frankfurt aufgehalten und
daselbst laut polizeilicher Anmeldung
im ,hotel Union’ gewohnt; wohin
er später gereist. war unbekannt ge
blieben. Ich wiederhole Ihnen, herr
Doktor, daß ich zu jener Zeit an ein
Verbrechen, wie Sie es mir andeute
ten, nicht im entfernteften gedacht habe,
r nicht denten konnte; auch der Kon
nl, mit dem ich eingehender über die
sacht gesprochen habe, schien keinerlei
Beförchtungen zu hegen —- ioir konn
ten doch nicht ahnen, daß die offiziellen
Astr- iiber die Geretteten des Plat
scholl ketf gefälscht vorent
Nach kurzem Räuspern begann er:
.Es ist Ihnen bekannt, Signorina.
daß das einzige Testament des alten
Liestrnann, aus früheren Jahren der
rülfrend die Schweizer Anarchisten zu
Erben einsettr. Dies Testament wur
de gerichtlicherseits aus staatsrechtli
chen Gründen filr null usw nichtig
erklärt, eine anarchiftische Genossen
schaft in Genf aber beschloß, sich troc
dem durch List und Gewalt in den
Besit des ihnen verloren gegangenen
Vermögens zu sehen. Die besagte Ge
nossenschaft, an deren Spihe ein Pole,
ein Abenteurer gefährlichster und ver
wegenster Art, steht, sandte eines ih
rer Mitglieder unter der faschen
Flagge eines Rechtsanwaltj Garder
zu Ihnen nach Kingstom um zunächst
Ihren Bruder einzufangen Der
Plan war raffinirt schlau vorberei
tet; die genauefte Kenntniß Ihrer Fa
milienoerhöltnisse und eine gro An
zahl sehr geschickt gefälfchter piere
beaiinftigten das verbrecherische Un
ternehmen jenes Mr. Garben Jdr
Bruder ging, aus meinen Ruf nicht
achtend, in ie geschickt gestellte Falle.
Garder bekam vom Chef seiner Settion
den Auftrag. William Lupo nach
Europa zu bringen. dort unschädlich
zu machen, das heißt, ihn zu ermor
den, ihn seiner Papiere zu berauben
und dann unter seinem Namen alt
rechtmäßiger Erbe die Erbschaft an
zutreten . . .
Ein ähnliches Verbrechen, wie das
von Garder aeplante«, fuhr der Ad
votat nach turzer Pause sort, »isi
vor etwa iiinszig Jahren, wie ich
tiirzlich in einer Sammlung interes
santer Kriminalsiille las, schon ein
mal verübt worden: die Idee war
also nicht neu, die Ausführung muß
te aber, wenn sie einigermaßen ge
wandt inszenirt wurde, gelingen.
Und sie gelanq in der That auf ganz
unerwartete Weise. Der ,Marschall
Reif fiel einein Wirbelsturrne zum
Opfer und ging unter; die Menschen
leben, die das schreckliche Unglück gesor- i
dert hatte waren zahlreich — auchs
Ihr Bruder zahlte zu den Ertrunte-;
nen. Ich muß hier eine Liicke in mei
nern Berichte freilassen; es ist nicht
festzustellen — bis jetzt wenigstens
nicht —-——, ob Williarn Luna wirklich
verunaliickt ist, other ob der Agent der
Anarchisten ihn getödtet hat. Fast
glaube ich das letztere, da Garder sich
in den Besit der gesammten Legiti
mationspapiere Jhrei Bruders zu
seien wußte. Jn Wahrheit war
ner Mann, der iich aus den Schi s
" bureaui in Marseille als Williarn
- Luna vorstellte und der unter diesem
s Namen das bewußte Telegrannn an
Sie absanbte, um Sie in Sicherheit
zu wiegen, also tein anderer als Gar
der Mit hilie kleiner leicht bewert
. stelligter Aenderungen in der Perso
’ nacheschreibu des Luposchen gisei
und Infole
mattenemri lieiFu is rie, gsiel
es Sarden der sichbei in et eines
sehe WÆWW Idvo ten bedient-,
zahlt-has der Gri
its-Ist
le
seid enges-neuster s
..Dus waren sie auch nicht, jeden:
falls nicht mit Absicht«, wars Nocera
ein, »die Sache liegt anders-, als Sie
glauben. Doch davon nachher; sah
ten Sie nur fort, Miß Madelz wie
kamen Sie nach Neapew
»Ich hörte zufällig, daß eine in
Magst-m anfassige amerikanischeKauf
mannisamilie — Stesserson mit Na
men —- eine Reise durch Italien un
ternehmen wolle und daß für die Frau
des Hauses eine Gesellschaftsdame ali
Begleite-in gesucht werde. Dies Ge
ss brachte mich aus den Gedanken
se wilich nach meinem verschwunde
M stude- zu forschen; aus Neape«
Hatte ich die lejte Nachricht von ihn
erhalte-, und ein unbestimmtes Ah
mssaefiihi ließ mich dessen- ih
Pt zu sinke-L Nach Neapel abe1
sie Ue Reise der Stessekspns zu
· M; ich überlegte ni t lange
M sich Ist Dame vot·un wurd·
»;- « . Drei Wochen später war icl
irg« f h »I, nnd bin -«
,Ieennte ein tiges Geschick Si
s« U set-niest- ichen Danteesamilii
deutschen Esel
sei W M lächelst
is- M«
M W des M
weder von sehr-. noch sonii von be
tlpeiligter Seite til-er den unverschäm
tes Betrug-soll den zuständi n Ge
richten Anzeige gemacht wor n iß.
hat bisher eine polizeiliche Verfol
guna Garders verhindert. Dai ist
ein großer Bortlieil siir ung, da ein
Ausgebot der Polizeibehörden nachge
drungen immer von mehr oder weni
ger Lärm begleitet wird, der
Berbrecher gewisser maßen warnt. hi
ben Sie meine Ausführungen verstan
den, Misz Mubeli«
Mal-et nickte, Thränen in den Au
gen.
«Vollstiindig, Herr Doktor«, sagte
sie, »und mein Herz zittert über die
ses ena oerftrickte Netz oon Bosheit
und menschlicher Niedertncht; um
wie biel besser barmherziger Gott
wäre es aemesen, wir hätten uns gar
nicht um diese unselige Erbschaft be
s tümmert sondern unser Leben stillen
Glückes im fernen Jamailn weiter
gesiihrtl . . . ."
Nocera spielte mit dem vom Tische
genommenen Isalzbeim
1«Jch bin eine trockene juristische
Natur-, liebes Fräulein« , erwiderte er
!sreundlich. »und hol-e siir derartige
Neilerionen wenig Sinn. Jch be
Mte es aber troh meiner sieptischen
Weltanschauung qewisserrnaßen als
« eine Fugunq von hoherer band daß
Sie in einer Familie Ausnahme ge
sunden haben, die zweifeleodne in ge
wissen Beziehungen zu- dem Verbre
cher steht.
»Wer —? Die JllburgR —- Ader
das ist ja unmöglich?« — Mabel
starrte den Advoloten großen Auges
an.
·Doch nicht unmöglich«. entgegnete
dieser. »Zum Mr. Garder ift der
verlorene Sohn einer hochangesehenen
deutschen Familie und fiihrte im ge
fellschaftlichen Leben denselben Na
men. den Ihre Herrschaft trägt. In
welchem oerroandtschaftlichen Ver
hältnisse er zu dieser steht, weiß ich
deute noch nicht, ich denle aber, mit
Ihrer Unterstüsuna werden wir in
älde dahinterlommen. Und nun
horen Sie mir einmal aufmertfam
JU, Miß Mal-el: Sie hatten mit
Jhrer Aeufzeruna oon vorhin nicht
unrecht — es ift ein wahrhafte-J Netz
von Bosheit, das man um Ihre Per
son aefponnen bat, ich will mich aber
bemühen, die einzelnen Fäden zu
entwirren, damit man nicht auch Sie
wie ein armes Vögelchen einfcingt.
Jch notire Ihnen drei Namen. die
ich fest im Gedächtnis zu behalten
bitte. Der erfte derselben lautet,
Saft von Laczarowsti’ —— das ist
jener polnische Abenteurer, der alt
Chef der Genfer Anarchiftensettion
den Anstoß zu dem fchmiihtichen Jn
trigenspiel gegen Sie und Ihren
Bruder gab, und der sich aeaenroärs
tia in Neapel aufhalt· Er fteht in
intirner Geschöftsverbinduna mit der
zweiten Persönlichkeit, die Sie sich
werten müssen. Es ift eine Dame in
der hiesigen Gesellschaft, die an einen
Rufsen verdeirathet war, eine Frau
Clelia Bulitoff ——«
.Jch tenne fie«, fiel Madel in stei
gender Aufregung ein« »ich sah sie
neulich während eines Befuches mei
ner herein bei der Fürstin Tokats
liano —- und ich hörte später eine in
ziemlich heftigen Tone geführte Auc
sprache zwischen Madame Buliioff
und der Frau von Jllburg an, die
ich aber leider nicht verstand, da
man rufftfch sprachl. . . .«·
Der Adooiat runzelte die Brauen.
»Das giebt zu denken. Ich glaube
beinahe, liebes Fräulein, Sie wer
den sich entschließen müssen, in aller
Stille und Heimlichteit ruiftsch zu
lernen, was Ihnen ja nicht so gar
fchtver fallen kann. Wir fprechen
noch darüber. — Der dritte Name,
den ich Ihnen notire, lautet Lini
lio Sarrone' —- Conte Saccone nennt
sich der Heer, der zu den thiitigften
Unenten Laczaeotvstis gehört, ge
wöhnlich. Vor diesen drei Leuten, die
aus bestimmten Gründen friiher oder
Mist zweifellos in Beziehun en zur
Familie M nnd vor a em zu
Ihnen is treten den Versuch machen
werden- Iaene ich Sie dringendst.
Brod-Its Sie fchatf das Verhalten
und sehn-en der drei, aber ftellen Sie
sich ihnen, falls sie fich nähern wol
len, durchaus zurück-stund wenn
auch nicht abweifendzaegentiberz es
·haden; eine Bande räuberischer Ge
sind unsere aeiahrlichnen weqncrs
Mabel war nahe daran, in Thräs
nen auszubrechen Der Kopf schwirr
te ihr, der Eindruck aller dieser aus
regenden Mitt-heilungen, die Nocera
ihr in einem Tone machte, oer sich
nur selten über eine gewisse ge
schäfismäßige Gleichgültigleit erhob.
wirkte wahrhaft niederdrückend auf
sie. Sie bereute ej fast, die Familie
Stesferson nach Neapel begleitet zu
sellen umgab sie hier, und sicher wäre
sie ein Opfer dieser dürnonischen Ge
walten geworden, wenn sie nicht zur
rechten Zeit den glücklichen Gedanten
gefaßt hätte, sich an den vor ihr
Sihenden zu wenden.
«Ich werde mich bemühen, Ihrer
Anweisung Folge zu leisten«, ent
gegnete sie, «odwohl eine solche heim
liche Spionage mir wenig zusagt.
Im übrigen glaube ich laan an die
erwähnte Verwandtschqu da hat
von Jllburg keinerlei seliürzung
verra n at, als er meinen Namen
und den i meiner Geburt hörte,
n abgesehen davon, da die Per
ktfnlqichte des Genannten e nen durch
aus vornehmen und eheenwerthen Ein
druck erweckt «
Ums thelte ungeduldig den
M
ji«-si- . « «- ki«
wwteexMMdesti
von Ist-arg von der s iden
dandlunglvkiie seines meniaeti
ter-. die noch niät einmal in die
DestentMitett gedrungen in. iiheri
hauen eine Wen-ne hatt here non
Jllbvz mag ein Ehrenmann vorn
Scheitel hie zur Sohle sein. das
schließt baeh die Möglichkeit. daß er
Oknen heruneergetommmen Verwand
een besitzt. nicht auss
»Nein. gewiß nicht. Sie haben
recht, Herr Dotier. ich habe voreilig
aeurtheitt und werde tünstighin mit
meinen eigenen Anßchten zurückhal
tender iein." Mabel warf einen
Blick aui die Uhr und erbot- lich
müde. »Ich darf nicht länger blei
ben«. iuhr sie fort, «mein Fehlen im
Hause tönnte ausfallen. Nehmen Sie
meinen wärmsten Dant, herr Dot
tor ——«
Nocera niette und brachte Mabel
hie an die Thüre. wo er sich mit ei
nigen sreundlichen Warten und leich
ter Verbeugung von ihr verabschie
dete.
12. Kapitel.
Jm San Carus-Theater gab man
zum ersten Male in der Saiian Bei
tos Oper »Mefistolele«.
Jn der zweiten Reihe des Partetts
hattensnh soeben zwei herren in Frael
und weißen Kramatten erhoben, um
durch ihre Gläser die Jnsassen der
Logen bequemer muftern zu lönnen.
»Ist das nicht die Bulitossisp fragte
der eine; «driihen, im ersten Rang
link-. die Dame in grünem Sammt?«
»Ich tann sie noch nicht ertennen,
mein bester Sacrone,« gab der andere
zurück, .sie wendet das Gesicht zur
Seite. Natürlich« sie ist ee, da taucht
ja hinter ihr auch ihr würdiger Va
ter aus« geichmiegelt und gestriegelt
wie ein Dandh, der aus die Werbung
geht!«
»Ein unangenehmer Patron, dieser
alte Bentioenti,« brummte Saecone
leise; «er genierte sich neulich im Case
Roma gar nicht. ganz laut über die
Tische hinwegzurufem »Sie müssen
mich demnächst mal besuchen. Conte,
und mir nähere Austlärungen iiber
Jhre Stammtafel geben; ich habe
selbst in Bertinis Geschichte der abli
gen häuser Ober- und Mittelitaliens
Ihren Namen nicht gefunden. und
Sie sagten mir doch einmal, Jhr Ge—
schlecht stamme aus der Lombardei!'·
Sie können sich denten, Nocera, wie
unangenehm mir diese Bemerkung
war, zumal ich mich zufällig in Ge
sellschaft höchst angesehener und eh
renwerther Leute besand."
Nocera lächelte spöttisch. »Glaub’s
wohl, edler Gras,« meinte er, »daßi
Jhnen der ,feudale Tastsinn’ des bra-!
ven Marauis mitunter recht peinlich
ist; ich würde Jhnen daher rathen,
mit der handhabung Jbres Grasen
titels ein wenig vorsichtiger umzuge
hen. — Sehen Sie, da tritt die schöne
Deutsche in ihre Loge und das ge
heimnisvolle Mädchen aus Jamaica
folgt ihr. Ein allerliebstes Geschöpf
mit ihren rosigen Wangen und den
nußbraunen Augen« aber so unnah
bar. daß ich beinahe fürchte, wir wer
den mit dem ganzen Erbschastsschwin
del zeit unseres Lebens nicht ins reine
tommenl Ein undankbares Geschäft
— die Bulitoff hätte fiir eine ge
winnbringendere Thötigleit Sorge
tra en tönnen3«
Zu diesem Augenblick rauschte der
Bühnenvorhang empor, und man sah
aus chaotisch durcheinanderwogenden
Woltenmassen, in denen der Erdball
hing, die dämonische Gestalt Mephi
stos auftauchen, der sein Zwiege
spräch mit der unsichtbaren Gottheit
begann
Nocera und Saccone mußten sich
sehen, aber sie führten ohne den Vor
gängen auf der von elettrischem Licht
überflutheten Bühne Beachtung zu
schenken, leiser sprechend ihre Unter
haltung fort. »
«hab’ ich Jhnen erzählt, daß Lacsi
zarpwsti mich gestern mit feinem Be- Z
suche beebrt hat«-« fragte Saccone, sich
zu dem Genossen herüberneigend. »Er
lam in aller Frühe, als ich noch im
Bette lag, und schien nicht bei beson
derem humar zu fein. Mir wäre am
liebsten, ich lönnae mich mit einem
Schlage von diesem unbequemen Skla
venauffeher befreien· Jch bin über
zeugt, dasz er längst alle Fühlung mit
dem Zentrallomite in Moskau verlo
ren hat und daß er das ,Geschiift’ nur
noch auf eigene Dand weiter betreibt
—- ia, ich glaube sogar, daß er sich in
Genf selbst nicht mehr sicher fühlt, da
er den Entfchluß gefaßt hat« sich län
gere Zeit in Neapel aufzuhalten.«
-«Liingere Zeit,« murmelte Nocera,
»das ließ sich voraussehen, nachdem er
erfahren hat« daß sich die kleine Ja
mailanerin hier befindet! Ich habe
ihn nie gesehen. bin nie in Berührung
mit ihm getreten, und dennoch ift mir
Laqarowsli im Grund meiner Seele
zuwider.'
Saceone lachte leise. .Wai Wun
dert« meinte er. »Wer seine hand
nach dem Goldhaufen ansprach den
ich in Veichlag ju legen begriffen bin,
ist mein Freund auch nicht! Wenn Sie
Tatsarowsii librigens kennen lernen
wollen, brauchen Sie nur die Lege
der sulilois in beobachten, er W
neben der schönen Glauben«
Nocera griff nach feinem sagen
e.-—
llaseteitstvenigepktnutennechsu
evm Ist-Im MERMIS
Ist-le Akt-ihm
Dur welcher von zwei Sirt-Zehen bis aufs demd ausgeplilndert wur
de): Aber, aber, sehen Sie mit wenigstens meine Hofe wie-du« dort kommt
eine Dom-, und ich bin Votsitzenm des hiesigen SittlichleitsvereiniZ
rowtti sich in der Loge Cleliai ein
gesunden.
«Jch sah Sie aus dem Wogen stei
gen, meine Allergnödigste,« sagte er,
»und da tonnte ich es mir nicht ver
sagen, Sie zu begrüßen« Sein Auge
siel aus die zusammengebrochene Ge
stalt des Marqnis, der beim Eintritt
Basils leicht ausgeschren war, und
ein Blick des Verständnisses flog iiber
sein tühnei Gesicht. »Dort ich Sie
bitten, mich vorstellen zu wollen,« fuhr
er flüsternd sort.
Clelia machte nur eine leichte
hondbetvegung.
»Erlauben Sie, lieber Papa: der
Starost von Laczarowsti — mein
Vater, der Marquis BenttoentisRap
poldi."
Bosil verneigte sich weltrnänniich,
während der Alte sich taum erhob —
vorn polnischen Adel hielt er nicht
viel.
Leicht mit den Achseln zuckend trat
Laczororosti wieder an die f- Seite
Clelias.
’ »Ich sreue mich, daß ich Sie end
2lich einmal treffe. Clelio,« sagte er,
»den Kopf neigend, mit leiser Stim
me; »dreimal tchon war ich bei Ih
nen, und nicht ein einziges Mal hatte
ich die Ehre. empfangen zu werden.
Waren Sie in der That nicht zu
hause oder wollten Sie mich nicht vor
lassen?«
igkakhkm peiknich im hschneu Grade
ZWie ein echter Abenteurer hatte er sich
Fbie heute durch das Leben geschlagen,
Zhunderttausende von fremdem Gelde
waren durch seine Finger gerollt, und
Zimmer neue hilssauellen hatten sich
sihni aufgethan. Nun aber stockte
plöhlich der goldene Fluß Ali die
uson ihm betriebene Propaganda fiir
kdie Wiederherstellung Polens nicht
jmehr recht ziehen wollte und nur noh
geringen Gewinn abwarf, hatte er sich
Eben rustischen Nihiliften angeschlos
!sen, aber ihre Organisation war eine
zu feste und straffe als daß er da
-dei aus eigene Faust hätte agitiren
und im trüben fischen können. Ein
lZufall führte ihn alsdann nach Gras,
Fund hier lernte er eine Anzahl ausge
wiesener Nihiiifien kennen, die längst
außer Berührung mit der Zentrallei
tung standen deren Jdeen ihm aber
gesieien. Man griindete einen anat
chistischen Klub, der sich bald der
Mitgliedschast zahlreicher tin-zufriede
:ner zu erfreuen hatte suchte Verbin
; dung mit den Sozialisten der Schweiz,
Ernit den Irredentiiten und Feniern,
jden Umsturzfanatitern in England
jund Amerika. und schließlich wieder
.mit den Nihilisten in Rußland anzu
itniipfen, und sehte einen gewaltigen
EApparat zur Erreichung von — nichts
Hin Szene. Laczarowjti erwies sich
zbei diesem großen Gaukelfpiel als ein
Hebenso umsichtiger wie thatiger Re
gisseur; in feiner hand vereinigten sich
,alle Fäden des weit ausgesponnenen
UGewebes und nur seiner eigenen Un
ivorsichtigteit hatte er es zu verdanken,
daß diese reiche Fundquelle plöhlich
spersiegtr. Eine großere Summe, aus
IRußland gespendet sollte unter einer
IAnzahl von Genser Exilirien vertheilt
Clelia zapfte gleichmiithig an ihren
handschuben »Wenn der Diener Sie
abwies, so war ich jedenfalls nicht zu
sprechen,' entgegnete sie turz.
»Sie haben eine seltsame Art und
Weise gegen mich angenommen, aber
ich bin tein Farnienmensch und lasse
mir auch einmal eine Grobheit gefal
len! Jch brauche Gelt-, Clelia.«
Die Angeretete wandte jetzt dein
Sprechenben ben Kopf ein tlein wenig
zu und streifte ihn mit einein eisig ver
ächlichen Seitenblickr.
»Das thut mir leid," antwortete sie
kühl, »ich bin seit einigen Tagen Mit
glied be- Vereins gegen Bettelei.«
Ein Augenblick verstrich, dann
flog über das Antlis des Polen ein
sartastischer Zug, und ruhig, als
wäre nichts geschehen, fuhr er fort:
»Das ist mir lieb, Clelia, halten Sie
sich die Schmarotzer fern. Jch glaube,
Sie haben mich falsch verstanden: ich
brauche Geld, sagte ich Ihnen -— nicht
fiir mich, sondern im Dienste unserer
Sache, der auch Sie mit Gut und
Blut zu dienen sich eidlich verpflichtet
haben. Von allen Seiten fließen uns
Summen zu, aber auch Sie müssen
beisieuern —- bören Sie wohl: Sie
m ii s s e n!"
Laczarowiti batte sich ties herab zu
der vor ibrn Sidenben geneigt. Jest
wandte diese sich um, und ein flam
mender Blick traf VastL
«Sie lügen,« sagte sie hart; »wir
Jbr ganzes Leben, so ist auch jedes
Jlsrer Worte Deuchelei. Ja wüsten
Ausschweisungen haben Sie die Gel
ber, bie Ihnen leichtgläubige Thoren
zuwarsen, vergeudet und verschwendet
— ich weiß bas. mich werden Sie
fürderhin nicht mehr betrügen!«·
Basil richtete stch aus; er biß sich
lauf vie Lippen und sein Auge
Hpriibtr.
werden; Baiil zog es tndesfen vor, das
Geld in einem Spielbade in den Py
renöen binnen wenigen Tagen durch
zubringen, und diese Thorheit weckie
das Mißtrauen gegen ihn. Er floh
jeilends aus Genf.
Aber auch Neapel bot ihm feine
Sicherheit mehr vor der Verfolgung
siener unsichtbaren, wie er aber wohl
Ewußtg überaus starlen Mächte· die
xer in frechem Uebermuthe Jahre hin
durch betrogen hatte; er war zudem
in gewissem Sinne »europamiide« ge
worden und hatte sich schon öfters mit
dem Entschlusse beschäftigt, das Feld
seiner Thätigleit in einem anderen
Welttheil zu suchen.
Laczarowsti stiigte den Kopf in die
Hand und nippte an seinem Absintlz
Ein neuer Gedanke zog durch das
rastlos arbeitende Hirn: es war seine
Lage infolge der »Verriitherei« Ele
liai, der er grimmige Rache geschwo
ren hatte, auch peinlich genug gewor
den, zu unthäiiger Verzweiflung lag
noch tein Grund vor. SeineSchtves
fter mußte ihm helfeni —
Basil hatte sich noch nicht bei Wan
da gezeigt. Seit langer Zeit mit sei
ner Familie zerfallen« wußte er, das
auch Wanda ihn verabscheute. Aus
diesem Grunde aber wollte er zunächst
nicht als ein Bettler vor sie treten, er
wollte vielmehr versuchen, eine Aus
siihnung mit ihr herbeizuführen, utI
bequemer und ungehinderier seine
Pläne in Beng aus Jllburg verfolgen
zu können.
Angesichts der drohenden Noihla
in der er iich befand, mußte er fr
diesen Versuch ausgeben. Jn erster
Linie lag ihm daran, sich Geld zu der
schasfen; er war so ziemlich don allen
Mitteln entblößt und nicht einmal im
Stande gewesen, seine hotelrechnung
zu bezahlen, die ihm am Morgen vorn
Obertellner dräsenttrt worden war.
Gortsegung folgt.)
»W. -.-«-...— -
IIij
i »So verweigern Sie rnir also tut
’alle Zeit jeden weiteren Zuschuß?«
fragte er.
»Jeden.«
»Ist das Jhr letztes Werk-«
»Mein legtes.«
Basiiö hand umfaßie plößlich mit
hartem Druck den Oberarrn Cleliai.
»Gut denn," zischte er, »also
Feinde von heute ah! hüten Sie sich,
ich hin ein eebarcnungsloser Sieger!«
Er verbeugte sieh und verließ vie
Lage.
Laezaeawsli schritt den Logeni
gang und die ins Veftihiil führende
Treppe hetah. Er war mehr verzwei
felt als zornig. Die schroffe Uhfage
Nella-, hie einem unheilharen Brit-he
gieichtant, vernichtete rnit einein
Schlage einen guten Theil feiner Aus
sichten. Alles heaeh mn ihn zusam
men, die lehten Wochen waren böse
en.
Dafil liest fieh im menschenleeren
Feder auf einein Bin-an nieder, he
bei dein answartenden
Kellner ein Glas Ichfinth und begann
a Ibetlegeih Seine Lage war unan
Eine New Yottek Witwe, die viele
Millionen in ihrem Besit hat und ei
nen vornehmen Auliinder mit einem
hohen Adelstitel hätte heiraten tön
nen, wenn sie gewollt hätte, ist die
Gattin eines simpeln Ametitaners se
wotben, der nicht einmal Oberst atn
Stabe eines Gouverneurs ist. Es
gibt also doch noch mknünftigeFeM
in Ametita.
O I .
Da hat sich eine vierundacht igjäp
tige Frau von ihrem fünfund ig
jöhri en Manne nach deeijähe
Ehe chetden lassen. Leute solltenn
eher heiraten, bis sie alt genug ,
um zu wissen, was sie tun.