Nebraska Staats— Anzeiger und J cerold. Jahrgang W Grund Island Rohr» l7 Dezember 19..0) Zweiter (Thcil.) NIIInmer l7. F fBesuch. - l Zu mancher stillen Stunde Wenn matter Lampenschein Erhellt des Zimmers Runde, Trittft Du zur Thür herein. Du nahst Dich mir ganz leise, Reichst mir die Hände dann, ; Siehst mich in alter Weise l Mit ernsten Augen ans. " Und hast den Geist, den müden, Du mir vorn Druck erlöst, Dann lächelst Du zufrieden I Und neigst Dein Haupt — und gehftJ Ich aber tranl zur Stunde, Was wahr und schön und gut, Aus Deines Auges Grunde, Aus Deiner Seele Fluth . . . Eine Minute vor Mitternacht Slizze von Thea von Harbou. Die Riesenuhr in der Halle von Mi. Cutlehs haus holte wuchtig zum Schlage aus, doppelt machtvoll und feierlich in der tiesen Stille der Nacht. Rudolf Wegner hob das Gesicht von den händen und zählte. Elf Uhr. Also noch eine Stunde. Um Mitter nacht toürde es geschehen sein. Seit der Entschluß, ein Ende zu machen, iit ihm zur Gewißheit gewor den, war alles zum Schweigen ge bracht, was ihn elend hatte werden lassen -—— selbft der Haß gegen den« der schuld dran war. Er war schon völlig ausgeschieden aus dem Leben· Und wäre dieser eine, wühlende Schmerz nicht gewesen, diese dumpfe Qual, ihm so vertraut, daß sie einss ntit ihm geworden —- er hätte verges sen lönnen, daß er noch lebte. i Aber das schwieg nicht, das schrie» auf in ihm, heiß, leidenschaftlich, be gehrend, qualvoll süß in seiner hoff nungslosen Gläubigteit: die Erinne rung an das, was heut vor zwei Jah ren war. « Und wie ein Priester vor dem hei-» ligen Fest sich selber weiht, so wollte der Mann die letzten Minuten feines Lebens ausfüllen mit dem Gedanken. an das Glück. i Sie -war’s zuerst, die ihn aufrüt--I telte aus der Dumpfheit seiner Re signation. Mit ihren kleinen, weichen. Mädchenhänden hatte sie ihn an denI Schultern gepackt. s «Nols, Rols, wach doch auf! Wehr’ dich doch! Du gehst ja daran zu Grunde! Sei doch du selbstl« Und er hatte sie angestarrt. Du weißt nicht« wag du sprichst! Dein Vater hat mich aufgehoben, alg ich, vater- und Immeer herrenloses Gut, aus der Straße lag, er hat mich erzogen wie einen Sohn, was ich bin und wag ich habe, dant’ ich ihm, ich lebte nicht, wenn er nicht wäre. Nun hat er ein Recht auf mich, —- größer und schwerwiegender, als wäre ich fein Sohn in Wahrheit-« — »Kein Mensch hat ein Recht auf ei nen anderen,« sagte das Mädchen, und in dem blassen Gesicht loderten die Au gen. »Was wir thun, thun wir der Welt, der Menschheit, der Zukunft. Und daß Vater dich retiete als Kind, sollst du ihm nicht danken, indem du dir dein Leben nach seinem Willen verpsufchst und zerbrichst, sondern die Tausende von Menschen« denen du heilung bringen willst. Jeder Puls schlag drängt dich dazu, Arzt zu wer den« jede Fiber in dir schrickt vor dem Kaufmannswesen zurück, —- giebt es da noch eine Wahl? »Nein,« antwortete er. »Ich habe keine. Dein Vater hat mein Schick sal in der Hand gehabt und ihm die Bahn gezeichnet. Meinst du, ich würde nicht verbrennen vor Scham« wenn ich, der ihm alles dankt, uin mei ner selbst willen sein mühsam ausge -bautes Lebensweri zerstören würde, meinst du, ich eririige eg, von ihm als Undankbarer verachtet zu werden?« »Gegen Menschen« die uns zum Dank fiir eine Wohlthat fesseln und inechten wollen, ist Undankbarieit Ge seh,« sagte Marie Luise. »Und wer der Schöpfer eines großen Lebenswa tes sein will, steht iiber der Werthung gewöhnlicher Menschen« Das war der Weckruf seines Wil lens gewesen. Da sing das Kämpfen an. Rudolf Wegner eeaie die miiden Schultern. Drüben in der Oalle schlug die Uhr halb Zwölf. Ei brannte Licht in einigen Räumen. Er sah ei, ohne dariiher nachzudenken. Die Inappe lehte Stunde, die ihm gethte, hatte nicht Raum fiir alle Erinnerun gen, die ihn überflutheten. Da war die erste heiße Aussprache zwischen dem großen Kaufherrn und ihm, dem Findling das erstemal, daß harte Worte an die Kette mahnten, die lange Jahre genossener Wohlthat um seine Füße geschmiedet. Friedrich Franz zur Wehre bestand auf seinem Schein. »Wo wärst du ohne mich? Jm Sumpfe! Nun geh’ die gerade Land straße, auf die ich dich gestellt.« Da waren die heimlichen Studien, Nächte hindurch das fiebernde Ler nen, das ihm die Nerven zerrieb in seiner Hast und Heimlichleit. Da lam die Stunde, da ihn der Pflegevater überraschte mit einem medizinischen Wert, als der Haß des Unterdrückten und des Enttäuschten zuerst in bösen Flammen aufschlug, —- und der Tag, als er entdeckte, daß man ihm seine Schätze, seine Heiligthiimer, seine Bit cher weggenommen und verbrannt hatte . . . . Und über all dem Widerwärtigen und Traurigen als milder Stern das blasse, leuchtende Gesicht Marie Lai seng. Und dann — heute vor zwei Jah ren war er geflohen. Niemand wußte davon. Niemand sollte davon wissen. Aber eine errieth es doch. An der Kirschenallee, die der Stadt ,qufiihrte, holte sie ihn ein und ging mit ihm — im gleichen Schritt und Tritt. Sie sprachen kaum mit einander. Aber als sie sich trennen mußten, lagen ihre weichen Hände auf seinen Schultern, und ihre Au gen strahlten wie zwei Kerzen ,,Du thust recht«, sagte sie und legte allen Ernst und alle Kraft ihres Herzens in die Worte. »Vergiß das nie, daß ich es dir gesagt habe, Rotf; du thust recht, daß du gehst. Vergiß auch nie, daß ich an deiner Seite ge gangen bin und stolz auf dich war, und daß meine ganze Seele voll Zu versicht und Vertrauen dich begleitet. Nun leb’ wohl!« Sie hatten sich nur die Hände rei chen wollen, aber plötzlich standen sie Brust an Brust und Mund an Mund und fühlten in diesem Kuß, daß aus Bruder und Schwester Mann und Weib geworden, die fiir einander leben und sterben wollen. Und so strahlend, so überwallt-« gend war das Glück dieser Minute gewesen, daß Rudolf Wegner den Tag seiner Erinnerung wie ein Fest deging und auglosten wollte bis sur letzten Minute, das ihm diese letzten Minuten verklärte und alles Elend vergessen ließ. Denn das Elend tain und kam bald Mittellos, unerfahren. tauni der fremden Sprache mächtig, warf ihn das Leben von Stufe zu Stufe in Noth und Verzweiflan Schließ lich mar es- tein Leben mehr, nur noch ein Ringen tun Luft, ein trimpfhaftes Llntlannnern an fein Ziel und feine Liebe. llnd :nitten in Jammer und Leid wuchs eine siegend-e Freude großs ttnter den Schicksalsgenoffen die Sie chen und Wunden, das ivurden feine Freunde, feine Lieblingr. Da raffte er alles zufammen, was Wissen und Genie an örztlicher Kunst geschaffen, — uno er half, heilte, rettete. Jn den jarnmeroollen Schlupftvinteln des Lasters und des Elends bliihten die heilandgrofen feines Lebens auf. Da tarn der Rückfchlag, eine An fteckung durch einen Typhustrantem den er noch hatte retten können Monatelang lag er, und der eherne Schritt des Schicksals ging über ihn hinweg. Das Leben liefz eg ihm« aber es nahm ihm, was iverthvoller war, den Muth zur-i Leben, die Kksft zum Wollen. Rudolf Wenner empfand fein Gefchick til-J ein Straf gerichts er glaubte ni.t.t mehr an Maria Luifeng trasige Zusekfichh an fein Recht auf fich felbft. Dis- Leben veetvarf ihn. Und er gab fikt- Es siegt. Rudolf Wegner priifte die Tit-is unter feinem Kammerfenfter. Ter Schatten eines Lächelns- ainq über fein Gesicht. Er tonnte unbesorgt fein. Wer da hinunterfprang, der hatte Ruhe. Und nun ftand er und fah dem Monde zu, der die Dächer sitt-ern färbte, und wartete auf den Stundenfchlag der Mitternacht. ? hinter den erleuchteten Fenftern des Vorderhaufes glitten unruhige fSchatten hin und her. Schlie lich ’w"urde Rudolf Weaner aufmektam. »Das hofihor wurde von hafttgen ihänden aufgeschlossen ein Diener rannte nach dem Schuppen, tn dein dai Auto ftandund donnerte mit den Händen an die Wohnung des Cshauffeur5. Gleichzeitig flog driiben ein Fen fter auf und Mr. Eutley beugte sich , heraus. - .,,Boice und Gobler sollen in der »Nicht suchen. Doktor Bristler ist nicht in der Stadt. Weiß Weeter Bescheid. Hundert Pfund dem, der den ersten Arzt zur Stelle schafft! Sagen Sie das den Leuten!« »Jatvohl, Sir.« Rudolf Wegner fuhr sich mit der Hand nach der Stirn. Und dann jagte er aus dem Zimmer uno die Treppe hinunter. Als er iiber den Hof eilte, warfen die Lampen des Autos ihre mächtigen Lichtteile in die Nacht. Er wandte sich an den Die net. »Sie suchen einen Arzt? Ich the schon vielen geholfen! Metden Sie mich dem Herrn!« Und zwei Minuten später stand er vor Mr. Cutley. Vorstellungen und Fragen sparten sie sich »Meine Tochter ringt mit dem Ersticken. Niemand weiß, was ihr geschehen ist. Können Sie helfen?« »Ich will sie sehen«, antwortete Rudolf Witwen Er sah jetzt weder, die mäkchenhast reichen Gemächer, die ihn umgaben, noch die weinen den Frauen um sich her, er sah nur das blutiunae, seine, tämpfende Le ben sin den Spitzenlissen Und dann kam eine große Ruhe über ihn und die Gewißheit des Sieges· Diesen Feind hatte er oft bezwungen Er holte die Jnstrnmententaiche aus seinem sahenicheiniaen Rock und erbat mit ruhiger Stimme die nö thigen Handrseichunaem Zehn Minu ten später laq das Kind mit dem winzigen Schnitt in der Luströhre, mit verbunden-ein Hälschen sacht und schmerzlos athmeno in den Kis en ..... Mr. Cutlen begleitete Den Retter seines Kindes die Treppe hinunter. Durch die hohen Fenster schimmerte die erste Röthe des jungen Tages. Rudolf Wegner sah zu der mächtigen Uhr hinaus, die den ersten Pfeiler krönte. Er wurde todtenblnß. Der goldene Perpenditel ruhte. Der Zeiger wies auf eine Minute vor Mit ternacht. Mr. Cutley war dem Blick des jungen Arztes gefolgt. »Wir mußten die Uhr anhalten-E ertlärteer. Sie hat einen Schlag, wie eine Glocke, und das siebernde Kind erschrak vor jedem Geräusch Es ist jetzt elf Minuten nach Drei.« »Mein Gott«, murmelte Rudolf Wegnerx und dann packte ihn die Wucht der Erkenntnis-, wie ein Sturm. Er lehnte die Stirn an seine verstummte Freundin, und DaiJ Schluchzen des Erlöstseins schüttelte seinen entträsteten Körper-. »Na, na, nn«, machte Mr. Wut len, der scharfe Augen hatte. »Wir scheinen mit unseren Nerven ein«-« parterre zu sein. Dagequ habe ich einen qanz inmosen Tropfen in mei nein Arbeitgiiinmer. Kommen Exe. junger Mann, plaudern wir ein bit-, chen zusammen« Und Rudolf Wekmer erzählte Viel Worte zu machen, war nidlit Mr» Lsittlen’5 Art. leev als der junge Arzt an Diesem Morgen in feine Wohnunq hinanfstieg - um sir fiir immer zu verlassen « da mußte er, daß Marie Luise recht be ljalten mit dem antertiefen Glauben ihrer Liebe. Globetrotter. Ein Seufzer oon Ernst o. Wolsoyen Es ist wirklich ein qroszes Glück zu nennen, Daß unsere biedere Mutter Erde eine reichlich dicke Atmosphäre befest, und daß das Netotonsche Gravitattons -- Gesetz noch uner schüttert dasteht. Wer weiss, wo hin Ivir sonst mit unserem Ge genwart beherrschenoen Schnelligteitsi sanatigmus schon gelange wären. Jedenfalls wäre es dann das Ziel deg Ehrgeizes eines jeden ersindunggrei chen Kopfes, unseren sozusagen ange borenen Schnelligteitsretord zu brechen und die Reise um die Erde in weniger als 24 Stunden zu vollenden. Aber auch so geht’s schon recht zschnelL Von Zeit zu Zeit und end Jnieise kommt ein Tempo in den Forti «sckritt hinein, ein solches Prestissiino, naß selbst die Zeitung, dieser sonst so ztsrompt arbeitende Pulssiihrer der ’«--,.--t, zuweilen versagt wie der Lohng nsk irale des modernen Arztes in toll ste-n Fieberzustiinden Mit den sich te legruolnsch überstürzenden Retordbrij chen Der Aviatiter geht es gegenwärtig so. T ie Lösung des Flugproblemsz ist, man rcirs sagen, stündlich zu erwarten. Das »»tterpetuum mobile« stand aus der Franksurter Jla zur Abholunq be reit für den, der eine gewisse, nicht einmal unerschtoingliche, Geldsurnme htnteelegt Für die, denen ein brau ner Lappen mehr oder weniger keinen Seufzer wert-h ist, stellt heute bereits der ganze lumpige Erdball ein einziges sVergtitgungslolal ü la Tivoli in Ko pen gen dar mit den denkbar ab swechselnrigsreichsten Schaustiiclen aller l Art. Fiir Thatendurst, Schaulust und sBi tdungshunger ist die Tafel so über reich gedeckt, daß selbst amerikanische Milliardärgtöchter, die durch keinerlei Isemmungen vom ununterbrochenen .Genieszen abgehalten werden« außer Stande sind, alles Gebotene in sich auszunehmen So müssen wir denn Die betrüblicheThatsache feststellen, das-, leider mit der Vermehrung der geisti gen Nahrungsmittel die nothivenoige geistigeMagenerweiteruna nicht Schritt halt. Ueberwiiltigende Erfolge der modernen Technik werden erreicht durch die intensive Arbeitsleistung einer An zunl abnormer Gehirne, die meist schon dards Vererbung auf ein eng umschrie beneg Spezialgebiet der Bethätigung ei«:·gestellt sind. Da aber heutzutage schon die bloße Beschaffung des Le beiigunterhiilteg, ganz abgesehen von einer selbstschöpserischen Betbiitigung aus den höheren geistigen Gebieten, eine Anspannung aller Kräfte, eine strenge Konkentration auf ein Spe ziaigebiet verlangt, so rst eg kaum mehr möglich, daf; der einzelne Mensch mit wirtlichem Verständnis-, nnd tiefe rer Theilnahem mehr als höchstens die nächsten Nachbar - Bezirke seines eige nen Wirkens iiberschauen und die da rin erzielten Fortschritte sachverständig würdigen tann. Was man früher allgemeine Bildung nannte, ist heute billigerweise von keinem Menschen. dem seine Vernunft lieb ist, mehr zu verlangen Und der Begriff der allge erinen Bildung ist dadurch gleichbe jdeutend mit Oberflächlichteit gewor l den. So kann es auch teinen Verstän i d ain gron wundernehmen, daß in un seren Tagen, wo selbst der mittelmä fzig Begüterte sich zum Globetrotter augzubilden vermag, auch der neue Menschenmp des Globetrottels bereits heerdenweise auftritt. Von all den Tausenden und Aber tcusenden, die jahrein jahraus ins Blitzziigen und Ozeandampsern oder auch im eigenen Auto in schöner Unge bundenheit Kontinente durchsausen, bringt sicherlich kaum einer vom Tau «.ien·d einen nennenswerthen geistigen Gewinn mit heim. Sie sind wie die Kinder, wenn sie die Eltern auf weiten Spaziergängen begleiten dürfen. Sie können noch nicht um sich schauen, fon dern nur vor und unter sich. Die Weite sagt ihnen nichts. Ein blinken des Steinchen aber stecken sie in die Tasche, einein gemeinen Rohlweileing iaaen sie bis zur Athemlosigkeit nach und zerstören im Fangen sein armseli geö bischen Schönheit. Und die Blu in1en am Wegrand raufen sie biischeLs weise aus, wtihllos, zweeklo-3. Wun der-werte oon Köstlichkeit, seltene Bliis treu nicken sie oben amZtengel ab, ar-» diniireg Knhfutter taufen sie mit der? Wurzel aus. Und von der Wärmei ihrer derb zutmdenden Pritschhände loelkt der unformiae Ztrarisz. Schade nur, daß die GlobetrotteL die es just ebenso machen mit Un Reise tiindriictein die sie sich unter roch-i zusammenraffen teine Kinder mehr sind, sondern erwachsene Men schen. In seinem sinnlosen Sammel eifei, in seinem blinden Zerstöruner trieb lann so ein Kind dennoch »zum Fressen lieb sein. Aber der Erwachse ne, der ei- ihm gleichthnt, reizt einen nur iuni Prügeln Wenn man im Speise wagen, in den Salons der Luxus dampfer, an den Wirthstafeln der ele ganten Hotels auf die Gespräche hört, in denen die modernen Welt - Dumm ler ihre Elieiseeindriicke oerlautbaren, so weiß man nicht, ob man vor Scham roth oder vor Aerger blau werden soll, weil man seine Zugehörigkeit zu ihnen nicht zu leugnen vermag. Diese meist ohne jede Scheu, mit heraussorderng dem Selbstbewußtsein laut geführten Gespräches bezeugen nämlich nicht nur einen völligen Mangel an gewissenhaf ter Vorbereitung siir die Reise ——-- das wiiw bei vielen dieser Leutchen noch entichuldbir sondern eine totale Unfähigieit in sehen, zu hören und sich iiber Sinneseindriicke irgendwelche Ne chenschast ;u geben. Die charakteristi: schen Linien und Farben einer Land sae.ft. die architektonische Besonder. heit einer Stadt, der typische Ausdruck einer Rasse entgeht ihrem Blick voll kon.men. Aber das-, in München die Treus-bahnen blau und das; sie in Ber lin braun laairt sind, aasz die Ameri kaner mit Vorliebe knallbunte Streifen um ihre Koffer malen lassen und die Chinesen meist weiße Strümpfe tra gen,. das fällt ihrem Scharfsinn sofort anf. Die allermeisten Menschen sind überhaupt so geartet, daß nur kulina rische Eindrücke in ihrer Erinnerung haften bleiben. Sie werden weit eher imstande sein, das Sonntagsmenii ir gend eines Grund - Hotels in Kairo oder Kalkutta auswendig herzusaaen als eine nur halbwegs anschauliche Be schreibung der Memnonsäule zu geben. s Man sollte meinen, daß der Kodak,den j dich heutzutage selbst der mindestbe-: gabte Reisende einigermaßen zu hand- i —I haben versteht, zum Sehen erzöge.l Aber das thut er durchaus nicht. Er verengert den Gesichtskreis sogar noch aus den winzigen Ausfchnitt seines Oktobers-. Die Kodakleute brauchen ihr Gedächtniß weiter nicht anzustrengen. Der belichtete Filin, den sie nach Hause bringen, stellt sowohl ihr Gedächtniß wie auch den Umfang und die Wesens art ihrer geistigen Jnteressensphäre ge treulich dar. Die Verfertiger der mehr oder minder künstlerischen Ansichts postiarten in aller Welt thun das letzte, uns dein Sehvermögen und dem nach denklich vergleichenden Geschmack des Gtobetrottels jede eigene Anstrengung zu ersparen· Viele Reisende ersparen sich mit dem Kauf einer Ansichtspost tarte überhaupt die Mühe der eigenen Befielstigung Und da die gelauften Karten doch meist an die lieben Freun de und Verwandten verschictt und nur selten zur eigenen Erinnerung behalten werden. so oerschenkt der aroszrnütkiige Trottel sogar noch die hübschen Rei seerinnerungen verschwenderisch, die er von seinem guten Gelde gekauft hat. Man sollte meinen, daß die außer ordentliche Reifesreudigieit der Gegen wart auch fiir den gedankenlosesten und ungebildetsten Weltbummler wenig stens eine Bereicherung seiner geogra Phifchen Kenntnisse zur Folge haben miisse. Aber auch das ist durchaus nicht allgemein der Fall. Die Männer aller dingg. die nebenbei fleißig Zeitungen lesen, machen in der politischen Geo graphie meist erfreuliche Fortschritte durch vieles Reisen. Die physikalische dagegen ist den allerrneisten vollkom inen gleichailtig· Die Frauen aber scheinen wirklich nur unter der Bedin: gung geneigt Zu sein« ihre angeborene Antipathie gegen Geographie aufzuge ben, wenn sie dergleichen Kenntnisse fiir ihren Beruf als Lehrerin oder Poftbeaintin durchaus nöthig haben. Man könnte beinahe behaupten: je hübscher eine Frau ist, desto gleichgilti aer ist ihr die Geographie. Natürlich, denn die ganze Erdlugel bedeutet dann s ja nur ein Piedestal fiir ihre Schönheit. : Wer sollte sich um die kleinen Höcker-, jRillen und Risse des Piedestals auch ernstlich kümmern, wenn an der Sta tue etwas zu bewundern ist, die dar auf steht? Sie mengelirt Kontinente und panticht Meer durch einander mit i derselben Unmuth, mit der sie in Ge fchichtsfragen die Jahrhunderte durch einanderwirbeli. Jrn allgemeinen be steht ja fiir diese amiisantere Hälfte der Menschheit die Geographie aug Natio nal : Kostiinxen und die Geschichte ausJ Aneldoten, vorzugsweise ans dem Be reich der höfischen Cronique Scanda leuse. Die schlimmsten aller Wobe trotteln weiblichen Geschlechts sind jene j Damen, oder Vielmehr Diinichen, die» neuerdings mit auffallender Häufig-» keit als Reisetegleiterinnen flüchtig ge j aangener tiiissirer und fonstiier Hoch ftapler mit Fiaralierö Illliiren iilier all in der Welt Zu finden sind, wo et idsisJ Neionderesz lo-:1 ist, oder der Bä deier xirei Eternchen dahinter macht. Jedes ihrer Sittorie verdiente sofort mit der Fieienllatfche erschlagen zu mer den, wo es etioa ju den Ohren fremder Völker gelangt ist; denn die Meinungs äufierungen folcker Geschöofe pflegen meist geeignet zu sein, den geistigen Standpunkt der Nation, der sie ange hören, im Ausland heillos zu die-tre ditiren. Selbstverständlich sind die Biedermanner, die sich bei ihren großen Ausfliiaen mit solcher Begleitung be lasten, in der Meinung, sich dadurch ihre Reise genusireicher zu gestalten, zu den Globetrotteln allererster Klasse zu zählen. Das sind die Leute, fiir die es weder in der Natur, noch in der Ge schichte Wunder der Schönheit oder Schauer der Ehrfurcht gibt, die gros-, genug wären. sie vmo Citiren platte ster Tagesschlaarvorte aus albernen Operetten abzuhalten. . Das sind die Leute, deren Schaingefiihl sich einzig noch in der Furcht äußert, sich etwa auf einer ehrlichen Begeisterung, auf einem letzten Rest von Zartgefiihl ers tappen zu lassen.« Der ideale Gloketrottel ioar bisher der Gualanden In Bezug auf das Mindeftgetvicht feine-:- geiitiaen Gepäcks und imposante Riioelhaftigkeit seines Auftretens in der Fremde galt er als unerreichteiz Ideal. Es ist aber nicht zu leugnen, daf; ihm neuerdings aus dem jungen Deutschland der besitzenden Klassen eine redenlliche Konkurrenz er wächst. Seit die Deutschen eine Plu totratie besitzen, deren Sprösilinge Winter und Sommer reichlich Zeit und Geld zur Ausübung jeder Art Sporteg haben, ist auch in Deutschland der Ty pus des edel gebräunten Muskelprot zen von tadelloser Haltung in Dresz und Manieren so häufig geworden,dafz er taum noch als eine Ausnahme auf sällt. Dafür ist der läsebleiche, be brillte Akadeiniter mit zu langen Haa ren und zu kurzen Hosen, ebenso wie die zimperliche Gouvernante mit den unter sich gelehrten Aeuglein bereits zur komischen Ausnahmeerscheinung geworden Das ist gewiß erfreulich, denn eine unbefangene, unerschrockene, kraststrotzende Jugend beiderlei Ge schlechts bedeutet eine fröhliche Zu tunftshosfnung fiir eine Nation. Es scheint aber wirklich unmöglich zu sein, gediegene Bildung mit körperlicher Kraft und Gesundheit zu vereinigen, denn der imposante Stumpfsinn der englischen Jugend mit jener grinsend bekannten Verachtung aller Schul irseisheit blüht auch in Deutschland be reits-, und es gibt sogar gewisse exklu sive Kreise, in denen junge Leute Stumpssinn heucheln, um gesellschaft lich besser abzuschneiden Die außerordentliche Erleichterung des Verkehrs durch die moderne Tech nik hat es leider bewirtt, daß sich über all, wo etwas Besonderes zu sehen ist, sofort die Heerde einstellt. Es kann da her auch nicht wundernehmen, daß heutzutage die romanischen Völker, die noch nicht so völlig von dem allgemei nen Reisefieber ergriffen sind wie die Germanen, die größere Zahl verständ nißvoller Geniefzer stellen. So sind besonders die immer noch nicht zahl reichen Franzosen, sofern man sie au ßerhalb Paris und der französischen Modeböder draußen in der Welt an trifft, fast durchweg wohl vorbereitete und ernsthaft intseressirte Reisende, selbst wenn es leine Berufsliteraten mit seuilletonistischen Absichten sind. Die vielverspotteten königlichen Sach sen, die überall auf der Welt, wo etwas zu sehen ist, das Deutschthum zuerst und am melodischsten vertreten, erwei sen sich am häufigsten als wirklich rei setiichtig. Auf einem Dolomitengipfel traf ich heuer solch ein königlich sächsi scheis Ehepaar. Sie theilte mit schöner Aufopferung alle Strapazen mit ihm und er bereitete sich aus jede Gipfelbe steigung so gründlich vor, daß, obwohl er zum ersten Mal im Lande war, er sogar den Einheimischen durch seine ge naue Kenntniß des ganzen Panoramas zu impomren vermochte. Das mag manchem als Pedanterie erscheinen, aber ich behaupte: ohne pedantischen Fleiß und sanken Schweiß vermag sich Niemand des Schönen würdig zu ma chen, das uns ein sinnvolles Reisen zu spenden vermag. Wir haben eingangs gleich festge stellt, daß eine allgemeine Bildung, wie sie lzur genußreichen Bewältigung des ganzenGlobus in unseren Tagen nöthig wäre, kaum mehr denkbar sei. Aber es gäbe doch eine Möglichkeit, auch dem minder bemittelten, oberflächlichen jungen Menschen von der Schule aus schon vor dem Globetrottelthum zu be wahren. Sie läge darin, daß nach Absolvirung der Elementarlehrgegen stände die wichtigsten Entwickelungs juhre des jugendlichen Geistes aus schließlich durch Natur- und Kulturge schicktcsunterricht ausgefüllt würden. Das ist die einzige allgemeine Bil dung, die heutzutage noch Sinn hat und im Bereich des Möglichen liegt. lsrst später mögen dann Spezialschulen durch Sprach und anderen Rath-Un terricht auf die Verschiedenen Lebensbe rufe vorbereiten. Der geistig iiber Ge biihr in Anspruch genommene Durchs schnittgtnenseb muß ja seinen Halt bei der Herde suchen, und in der Heerde muß ein jeder vertrotteln. Also muthet der Jugend nicht zu Viel zu, auf daf; sie bescheidener und damit auch zufrie dener werde. Nur aus diesem Wege ist es denkbar, daß die lieberfülle der ge botenen Bildungsmiiglichteiten in Zu kunft nicht zum anmaßenden Stumpf sinn der Uelsersättigung sondern zum gesunden Hunger zuriickfiihrr. W Gånfttge Gelegenheit Zwei Freunde —- die »Story« ist von Senator Depew —- fuhren in einem flachen Seaelboot auf den Had son hinaus. Keiner von beiden war des-Schwimmen5 kundia. Durch einen heftiaen Windstoß tippte das Boot um nnd die Jnsassen fielen in’H Wasser. Der tsiaenthiimer Des Boo teg bemühte sich verzweifelt, aus der Oberfläche zu bleiben, während der Andere, Litettuna abwartend, sich an Denk Boot festhielt. Zum zweiten Mal schon soar der Mann im Wasser unteraesnnlen, da wandte sich fein am Boot festaetlammerter Freund herum und rief: ,,Cherleh! O tsb.1r!ey! Wenn Du vium dritten Mal nicht mehr austauchst« kann ich dann das Boot bebalten?« W—« Höflich- grob. Student lsich verabschiedend): »Herr Professor, ich mer-be stets dessen einge denk sein, daß ich mein ganzes Wissen Ihnen berdaute.« Professor: »Bitte, bitte -— wir wol len nicht weiter reden von der Kleinig teit.« Der Satiriter erheitert die Men schen — auf ihre Kosten-. e « Einsädeln ist schwerer-, als Weiter nähen.