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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Nov. 26, 1909)
wi- dqs nipixksqpxiichfkis ZzapT Harzkäse kam Ein duftigez Märchen von G u st a v hochstänen Wenn man Jgnaz Knoblauch heißt und man will ein hochoornehmeg Pack sümeriegeschäsi eröffnen so sind das zwei Dinge, die sich recht schlecht auf einander reirnen. Begreiflicb also, wenn Herr Jgnaz Knoblauch einen Ausweg suchte, um nicht iiber dieTbiir seines düstereichen Ladeng groß und breit seinen Namen schreiben zu brau chen, der jedem empiindsarnen Men schen direkt aus die Geruchsnerven sal len mußte. Jgnaz Knoblanch sand den Ausweg. Ueber der Ladentbiir ließ er ein Riesenichild anbringen mit der verlockenden Aufschrist: »Pariii merie zum Riviera Veilchen« Und in nur ganz winzigen Buchstaben, halb verdeckt von der Rolljalousie verlor sich aus der Spiegelscheibe des Schau sensters der Zusatz: »anaber Jgnazj Knoblauch«. » l O O I s Entgegen allen Vermuthungen zu« denen das Parsüm seines Namens er muntern konnte, stand Herr Knoblauch bei allen Nachbarn, Bekannten und Lieferanten im besten Geruch Er war ein Mann von sympathischem Aeuszern und liebenswürdigen Manieren. Und so that man ihm denn gerne den Ge fallen und vergaß, daß er eigentlich nicht »Rivieraveilchen«, sondern viel mehr NKnoblauch hieß. Wenn er in das Kasfeebaus oder in das Restau rant trat, so sagte man: »Da kommt das Rinieraveilchen«. Wenn man ihm durch Postkarte oder Brief eine Bestel lung zu machen hatte, so adressirte man nicht »An Herrn Knoblauch«, sondern »An das Rinieraoeilchen«. Und die Lieferanten, welche Fächer und Kästen mit duftenden Oelen und Pult-ern füllten, waren strengstens an gewiesen ihre Fabrikate zu versen den: »An Herrn Hosspediteur Karl Frante zur Verfügung der Parfiime rie Ridieraveilchen«. So war es auf den Bestell : Formularen des Herrn Knoblauch — pardon, des Nie-ina veilchens vorgedruckt. Manchmal freilich kam es aum vor, daß ein Lieferant ein Packet direkt »An das Rinieraveilchen« —- ohne weiteren Zusatz — avresftrte, ein Ver-: sehen, woran zumeiit irgend ein neu eingetretener Lehrling die Schuld trug. Da hatte denn das Riviera veilchen immer viel Lausereien und Scherereien. Denn die Post lieferte zwar Telegramme, Dructsachen, Post tarten und gewöhnliche Briefe, welche »An das Rivieraveilchen« —- ohne weiteren Zusatz —- adrefftrt waren, prompt ab; aber wenn es sich um Packete handelte, da kannte die Post keinen Spaß. Da verlangte sie, daß here Knoblauch sich zunächst erst ein mal als Inhaber der Parfiimerie Ri nieraveilchen legitimiren solle. Und das konnte Herr Knohlauch nicht, denn das Rivieraveilchen war keine eingetragene Handelsfirma Hrrr Knoblauch hatte bei der Gründung seines Geschästs die Kosten für die Eintragung ins Handelsregister spa: ren wollen. So oft nun diese Scherereien unv Lausereien mit den »unbestelldaren« Packeten anhaben, nahm sich Herr Anoblauch vor, die Eintraaung ins Handelsregisier jetzt bestimmt vorneh men zu lassen, sobald er Zeit habe. Nur —- er hatte niemals Heit. So kam es, daß immer auch das nächste »nnbeftellhare« Pactet von der Post wieder drei- oder viermal vorgezeigt wurde; der Postbote streckte die Sen-· bang Herrn Knoblauch entgegen, aberl wenn dieser darnach greifen wollte,? wie Tantaluö nach den über seinem Haupte prangenden Früchten, so schnappte die Kaiserliche Neichsvost so fort wieder zurück. Erst legitimiren! dritte Einwohner der ganzen tadt hätte mit zehn heiligen Eiden beschwören sonnen, das-, Herr Knob lauch der Empfangsberechtiate roarx jeder Nachbar hätte mit Vergnügen eine diesbezügliche eidegftattliche Ver sicherung abgegeben. Zum Ueberslufz wußten alle Postboten selbst schon ganz genau, daf; Herr Rnoblautki »das Rinieraveilchen« toar, aber sich leaiti miren — sich leaitimiren im Sinne der Kaiserlichen Post das konnte der Mann nicht! So wanderte denn jedes derartiqe Packet als ,,unbeftel1 bar« an den Absender zurück; der Ab fender glaubte, wenn er das Packet mit dem ominösen Bermerk zurück er hielt, zunächst im ersten Schrecken, daß seinem Kunden jenes kleine Malbeur zvaesioßen sei, das man im kaufmän nischen Leben ein »Ar:an»qement« nennt. Der Absender fragte dann schnellstens vermittelst Eilbotenbriefes an, wer zum Konkuröderwalter be stellt fei, und wieviel Prozent der muthcich in der Masse lägen? Dem also bange Fragenden ward die heitere Iuikunst zutheiL daß das Nil-ina Ieim munter machte blähe und ge deide nnd daß ei vorläufig noch nicht us Ver-selten denke. Dann wanderte Its W wieder den alten Weg zu sy. dies-ist sit der sicheren Ave-He W DOMAIN-U Its-use zur sBerfiigung der Parfürnerie Rinieroi I Milch-M« . I st- « s An einem sonnigen Fedruarsonntng sgönnte ficy Herr nnooraucy——paroon. gonnte sicy one Rtvrewveilcyen eine wanderung nn winterlichen Harzge: thirge Er — pardonl es war rntt dein Fruyzug nach Goglar gefahren und pugerte oon da mutterseetenaltein zu Fuß Hin-aus in die froftigeyerrlich »teit In der Nacht zuvor war Raun frost eingetreten; alle Bäume, eilte Eisingen alle Steine waren mit wun derticocm gutzernoen Kristallen bedeckt Ein paar stunden lang wanderte das Rinieraveilchen ohne auszuruhen, dann wurde es müde und es freute sich von Herzen, als bei einer Biegung Des Weges ein einsames Gasthaus aus tauchte. Nach wenigen Minuten saß das Rinierciveilchen neben einern mol ligen Ofen hinter einein blanlen Holz tifch, auf dern die Leckerbissen des Har zes aufgetragen standen: Pumpernickel nnd echter harrtäsr. Wie das schmeckte! Besonders der Käse! Der schmeckte Jan-i anders-, als sonst Harztäse zu schmecken pflegt. Viel besser, oiel nitanter, kurz, eben ganz anders. Außer rein Rinierareilchen und dem Wirrtz war noch ein Dritter in dein Lo Lal: der Lieferant und Fabrikant eben dieses ganz vorzüglichen Käses. Das Rioirraveilchen äußerte vie Ab: sich-t, sich für den dausoedrauch ein größeres Lug ntum dies-es edlen Er zeugtnisses zuzu enen Dar- Geschäft war schnell abgeschlossen Der Händ ler iioerliesz dem Rinieraoeilchen ein Fünf-Kik- Partei das er mit sich sä.,rte dann empfahl er sieh Das Gastdaus war gleichzeitig Losiltilscs stelle Der Wirth brachte eine Partei adresse· Das Rinierweilchen begann eben die Adresse nuszusiillem um so III erworbene Gut bequem ins Haus zu bekommen. da — — Ta betarn die Sache auseinmat eine neue Wen-dring: »Besten Sie, Sie!« Taste der Wirt-b zum Rinieraoeilcben, »den Käse hätten Eie besser nicht aetauit3« ; »Warum denn nichts« weinte dass Veilchen harmlos, »er schmeckt doch so; igmos?« » »Jawobl!« war die Antwort, »am: ersten TIaL Ich bestell’ ibn ins-mer bloß Sonntags und bei autem Weiter, weil; ick da Nachmitiaa viele Gäste babeJ Sie Tollen mal Jeden. wenn der zweii Taae alt wird oder aar vier, ZU kein-! nen Zie teinen Bissen mehr davon ac- » nießenk Da können Sie stch mit ixoeis Händen die Nase zuhalten. wenn Ziel auf hundert Schritt an Ihrem Käse racket vorbeigehenk »Wirtlichi« »Ehrenroort! Da sind Sie schön bei-eingefallen! Haben Sie nicht gefe ben, wie ich fortwährend abzetointi :abe?!« Das Rinieraoeileben dachte 5 Mi nuten lana nack« Dann guckte ein freu- J diger Strahl iiber sein Antliß. »Den Herren von der Post werde ich's merk besorgen!" murmelte das Mvieraveil eben vor sich Zin. Dann schrieb es auf die Packetadresset »Werft- Mt. 10,000. An das Rivieraveilchen in ...« si- sc i Am Montag wurde das Käiepacket oomVostboten in ter »Parfi"rmerie zum RivierarseilcheM vorgeseng wanderte aber als »unbestellbar" wieder zum Poftamt zurück. Am Dienstag wiederholte sich dieser dentnxiirdiae Vorgang. Das Käieprcket bielt sich hierbei nur 2 Minuten lan; im Parsiirnerieladen ani, aber der La den mußte danach drei Stunden lang aeliiitet mer-den« Arn Mittwoch gab dis Käieoacket wieder eine zweiminutenlanae Gift tolle im Ostern an diesem Tage wur den die Ladentbiir und die Hosieniier überhaupt nicht wieder geschlossen Die Itostbeamten trugen am Dien stag Watte in den Naienlöebern Arr Mittivoch genüate Watte nicht mehr: alle —- oom jüngsten Gehilfen bis zum Direktor — versckaistsen sirb Wachs, drehten daraus kleine Kugeln und stopiten sich dieie in ibre refpettioen Nasenlöiter. Arn Donnerstag iollte das Packet an « den Absender zurück-ziehen Es wurde Freitag, Sonnabend, Sonntag — das Packet blieb immer noch im Postarntz es konnte dem Ab serrdee nicht ou liefert werden. Denn als A endet stand aus der Adresse: »Das Rivieraveilchen!!!« Die Beamten des Poftamg fielen urn wie die Fliegen. Kopfschnterzen und Miaräne waren In der THIS ordnung. Unfälle von Ohnmacht kn menstündlich vor, auch bei Denjeni gen, rie sonst die kräftigsten Naturen hatten. Das Publikum beschwerte sich über den penetranten Geruch, der schon auf der Straße wahrnehmbar war und den Aufenthalt im Schalterraum fast un möglich machte. Wenn das Käsepacket ein »einsaches« Packet gewesen wäre. wäre es »vetstei geri« worden. Aber es war ein Werth packet und mit zehntausend Mark ver sichertm Die Postdttettion shielt Konserenzen über Konserenzen ab. Der Adressat war nicht empfangöbes rechtigi. Versteigert konnte das Packet nicht werden. Ver-richtet durfte es erst recht nicht was-erteilt t te e fcho «cht onn e n r ne werden. Oder doch? Sollte Inn ein knnl etue Ausnahme mach-as Aut, schön. ja! Man würde eben einenng eine Ausnahme machen. Der PMB-vie solle das Pecket init verstopsten Nasen löchern zum Riniergoeilchen hintre-gen und lasen: »Wir rvsollen gnädig sein und machen eine Ausnahme.« II O- O Was? War es möglich?! So unverschämt tonnte dieser Kerl sein« dieses RinieraveilcheniR Läßt uns da durch unseren Postboten sagen: nein, cis Ausnahme nehme er das Pu cket nicht an, entweder wir bestellen O. l le Partete mit dieser Adresse oder teines..» TagggnK Posiamtrostr. Aber schließlich half alles nichts. Man lonnte nicht das ganze Post-« personal wegen dieser Sache der Ge fahr einer Epidemie aussehen Das Lanze Postamt lapitulirte vor der Findigkeit des Rivieraveilchens. Das Partei wurde bestellt. Das Backet wurde bestellt. Nicht als Ausnahme sondern als Präzedenzsac Das Rinietaveilctzen versentte den Präzedenzsall von der nächsten Brücke aus in den Fluß . .. Vcn diesem Tage an hatte das Bi vieraveilchen von Post wegen niemals mehr Schererrien und Lautereien selbst wenn eine Sendung noch so mangelhaft adresstrt war. vie Sektsiasche. Berliner Eli-me von D o r a D- u n ck e r. i An einem grauen. regnerischen Nach ; mittag turi vor Ostern hielt ein Hand xmqen knit einem magerem sehnt-irdis sraunen Ziel-bund bespannt vor ei nein zum Abbruch bestimmten hause des sitt-westlichen Berline. Alle an deren Parteien hatten das baufällige Haus mit dem abbröctelnden Pud, dessen Scheiben blind, schmutzig zer iprungen in den grauen Tag hinaus faliem längst verlassen. Eine Schsar Neugieriger hatte sich Um den Hand-wagen gesammelt. Man war begierig zu sehen, was der alte, morsche Kasten noch herzugeben hatte. Nach einer Weile, der Regen war inzwischen stärker geworden, trm ans dem lancien, duntlen Ihm-weg vom Hinterbanfe der ein Mann mit einem chten Betten, einein dreibeini gen Wafchgesiell und einer Kiste; ein zweiter mit einer flachen Kieiderlnde und einem Zuber. in dein drei Töpfe mit ipilleriqen qrunen Pflanzen Uber einander losem folcite ihm. Hinter diesen beiden trippelte ein kleines, ver troctnetes Weibchen Grauiveiße Haar iträhnen hingen ihr aus dein brzunen ;Wolliuch, dag- sie um den Kot-s ge . ich-langen trug, bis über die müden, traurinen Augen. In der rechten Hand tqu sie einen Vokjelbauer mit einem Kanarienvoget Der ängstlich mit den Flügeln ichlua und laut piepste: in der anderen Hand hatte sie einen KleiderriegeL einen verbeulten Wasserlessel, einen Besen nnd eine alte Schuhbiirite ohne Borsten. Den linken Arm hielt sie unter dem schwar vien Schultertuch enq und vorsichtig an den Leib gedrückt, als ob sich etwas sehr kostbarez hinter dem Tuch ver « bärgr. das um keinen Preis Schaden leiden dürfe. Ohne eine Miene zu verziehen, hörte die alte Frau die boshgsten Be merkungen mii an, mit denen der leste ’ Rest ihres Besitzthums tonimentirt niede· Der trübe und bittere Verlauf ihres Lebensabend hatte sie stumpf ge macht gegen Bosheit und Grausam: leit. Ihre Aufmerksamkeit theilte sich »in-Hoden den Betten, die der immer » stärker nieder-gehende Regen zu durch nässen Drobte, und dem geheimnisvol «len Gegenstand unter dem linken Ober-sum B:—:» aus den Boaelkauer krnr Die »Es-e auixeeiust Ter eine der IJLZn irer mer gerade bexnähn Dai- Draht-se itelt qzristten die Lade und dem Zu Ter ieitiallenkmen Das arrne Thier »ck«en hatte sich ver detn Reaen in die chte aecudt und Piepite ängstlich sm. Einer Der Jungen tipnte die Alte aus« Die Schulter nnd iaate nicht ohne » Gutmüthiateitz »Na, Madamlen Je Troer’n Ihrr-. Pieprnatz doch nich in san Alatichreaen spazieren fahren lassen, ohne wat Drum und dran, das oerträqt io’n Kanallieoieh nich. Heini-» gen Eie ’m man Ihre feine Mantille um, Jhn’ wenn de Federn dabei nich naß wenn-" Und ohne eine Antwort abzuwarten, zoq der Bengel der Alten das schwarze Tuch von den Echul tern und wollte es über das Bauer hänaen als eine ichreiende, brilllende Lachialoe feine Bewegung aufhielt. Das Geheimniß unter der linlen Ach iel der Alten hatte sich enthüllt: eine leere. dickoöuehiqe Seltflaiche redte ihren aoldenen Hals nackt und hilflos in den grauen llatschenden Regen. Die Jungens brüllten nnd lachten durcheinander und tanzten wie eine Schaar verrückter Derwiiche um die Alte been-m, die die Flasche mit beiden! blinden mnllarnmert hielt, wie ein’ Heiliathmn. das sie vor rohen Angrif-« ien ichühen müsse. hilflos fah sie sich um- ob niemand sich ihrer erbarme. Aber die Verstan ten gingen lachend·vortiber, ohne sich einzuhalten und du Männer schnall ten die Gurte über dem Geräth auf dem dank-wagen leit, ohne sich um das schreiende tleine Gesindel zu kümmern. Jetzt waren sie fertig. Mit ihren träf tiaen Ellen n stießen sie riictsichtss los die johien Rotte beiseite. Der Weg war nicht weit, iibee die Palleicht Ihm-drücke m eine der stil m Straßen den Beatiilm - pläiem Da M von alter-her T - . - 4 - —»-- »F , Altweiherstifi mitten in einem qroßen Garten. An seinen Mauern verhallte der Lärm des Tages, sein rastloses Treiben und Zagen, seine bunte wir belnde Luft. sein herzbrechendes Wei nen, sein rohes Lachen. Ein Seufzer der Erleichterung kam über die Lippen der alten Frau. Die Settflasche in die Falten ihres ver schlissenen Kleides aewickeli. betrat sie das Stift und meldete sich beim Pförtner Der sah kopfschüttelnd aus die klein-e zerbrochene Gestalt und hruinmelte Unverständliches in feinen fiattlichen Schimmeln-et das ungefähr heißen mochte: na, die wird uns hier nicht lanae den Platz fortnehmen. »Nu!nero 5:1«, sagte er dann, »zwei ter Stock links-M Als der Pförtner bemerkte, daß die alte Frau sich unschliiifig noch dein Hundes-vagen uniij der vor der os ienaeblirbenen That hielt, nickte er ihr gutmüthig iu. »Gehst Sie man Frauchen und ma chen Sie sichs ein bißchen bequem. Ich werd« Ihnen Ihren Krani schon raus beforgen.« Die Alte sah den großen Mann mit dem Schnauzhart verwundert an. Daß jemand freundlich mit ihr sprach, war ihr ganz etwas neues, lange nicht mehr aecvohntes. Sie dankte höflich und fügte hinzu: »Was der Mann zu bekommen hat. ist schon bezahlt.« Bann stieg sie langsam. mit gebeug tem Rücken. die Seitflaschr sorgfältig in den Falten ihres Kleides einhe wickelt, die weißgescheuerte Treppe hinauf. Bis zum zweiten Stock nim sie niemandem begegnet. Da traf sie aus ein junges Ding, das rnit einer Wörmtrnle nnd einer dampfenden Kanne an ihr vorüber stürmte. Als sie die Alte überholt hatte, drehte sie sich noch einmal um« « ,Wir haben eine Kranke hier o ven aus 54, die uns eine schreckliche Wirth- s schaft macht. Zweimal am Tages tommt der Doktor.a Dann faßte dass junge Mädchen die alte Frau näher ins Auge. »Ach Sie sind die Neue die heute erwartet wird! Da wo die Thür offen steht, ist Ihr Zimmer ge genüber von der Kranlen Machen Sie man recht schnell Qrdnung bei sich, Mutterchen Wenn der Jnspeltor nachher rauflommt und findet schon alles an seinem Platz, haben Eie’n Stein bei ihm im Brett.« Die alte Frau nictte der jungen Rathgeberin freundlich zu. Zum Spre chen war sie beim Treppensteigen zu sehr außer Athem gekommen. Dann schritt sie durch die offenstehende Thiir in das Zimmer. in dem sie voraus sichtlich ihre mühsalbeladenen Tage beschließen sollte. Es war eng und schmal und dürs tig ausgestattet« aber man sah nach dem Garten, aus Bäume. die nun grünen würden, und der Lärm der Straße drang nur wie ein fernes, dumpfes Rauschen zu dem stillen Ge mach empor. Der Pförtner und der Hausknecht — die beiden einzigen männlichen Be wohner des Stifts, der Jnspettor wohnte drüben in einem Gartenhäus chen —- brachten Betten, Lade, haus geriith, den Vogel und die spillerigen Pflanzen Der gutmüthige Schnauz bart half die schweren Stücle so gut als thunlich unterzubringen Sobald die Alte wieder allein war, machte sie sich daran, die Kammer aufzuräumen Wirtlich sah es nach einer Stunde wohnlich und beinahe zierlich darin aug: die Pflanzen auf dem Fensterbrett, der Vogel auf der Kommt-de, die Gardinen nett zurecht 1 gezupft, das Waschgestell mit saube-s rem Geschirr gestillt, «-,ttber, Kiste unr Wcisserlessel von Der alterthiinilichen sileiverlabe geschickt verdeckt. Auf dein. Tisch brannte die tleine Petroleutn-. lampe, Die Der Pförtner mit heraus-; gebracht hatte. Jhr Strahl ließ deni goldenen Hals der Seltflasche auf leuchten, die jeyt unverhüllt als Zier ftiick neben Dem Vogelbauer aus der Kommobe stand. Es klopfte an die Thur. Ohne das schwache Herein der Frau abzuwarten, trat der Jnspeltar, ein kleiner Mann mit grauem Zpitzbart und raschen, lebhaften Bewegungen, ein. »Ei, ei, sieh, sieh« sp— er entfaltete einen kleinen Zettel, den er zusammen getniillt in der band hielt und blickte rasch hinein »Frau Winller, hier· sieht es ja fchon sehr manierlich ausJ das hab’ ich gern. Nun, wie fühlen ste? sich bei uns?« » Die Alte hatte bern Jnspeltor benz einzigen Stuhl hingeschoben und sich selbst aus den Bettrand gesetzt· »Dann ber Nachfrage, here Jn speltor. Es ist schön still hier bei Ih nen, eine wahre Wohlthat nach bern schrecklichen Lärm da draußen« Der lleine bewegliche Mann sah die Frau verwundert an. Jhr Organ, ihre Sprechweise, ihre ganze Art sich zu geben, war himmelweit verschieben von dein Gebahren der übrigen alten Weiber, die hier itn Stift ihre letzte l Zuflucht suchten. Beinahe ein wenig verlegenenusterte er die feine gebrechliche Gestalt und sah, weil er siir den Augenblick nicht recht wußte, was er sagen sollte, noch einmal über das Zimmer hin. Sein lebhafter Blick fiel aus bie Sektslasche. halb erstaunt, halb lachend fragte er: «Ei sieh ba, schon Einzug gefeiert, Frau Winllers Und wiss scheint, mit leiner schlechten Marte.« Die Alte schüttelte den Kopf und fuhr mit denr dritten Finger der lin len band ein paarmal iiber die thriis nenden Augen. »Ich hab heute schon viel Bittens um sie erduldet und doch lann ich mich nicht von ihr trennen.« Der Jnfpeltor wußte nicht recht, was er dazu sagen sollte. Aber die Alte enthob ihn der Antwort, indem sie scheinbar unvermittelt fragte. »Haben Sie Kinder, Herr Inst-el tor?'« Der lleine Mann lächelte stolz. »Na ob! Einen Jungen bei der kai serlichen Marine und einen im Steueramt. Und ein Mädel, das auch nicht von Puppe ist, das bilft Mut Itern drüben im haust-. Alle gut ge rathen." Ueber das Gesicht der Alten zuckte es; sie zerdriiate eine neu aufsteigende Thräne »Ich hatte auch ein Kind, Herr Jn speltor, einen Jungen, unsern Stolz und unsere Freude Mein Mann, der ihat ihn studiren lassen und wir durf ;ten uns das schon erlauben, denn mein Mann hatte sein gutes Auskom fmen und war ein honoriger Mensch J Doch er starb ganz plötzlich, noch ehe der Junge mit dem Studium fer tig war. Es war vieles anders und nicht besser geworden, aber so viel blieb mir doch um dem Jungen weiter zu helfen; er war ja mein Stolz und mein ganzes Glück Anfangs nach Vaters Tode war er denn auch fleißig bei der Arbeit und bescheiden und art spruchslos. Oft sagte er mir: »Wenn ich erst meinen Doltor gemacht habe, sollst du teine Sorgen mehr haben, Mutterchen.« Dann — die Frau sprach noch leiser als zuvor —— wurde auch das anders. Er zog von mir fort und ging mich immer häufi ger um Geld an und immer schwerer wurde es mir, es zu be schaffen, bis denn arn Ende ein Stück nach dem andern ins Leidhaus wan derte. Er aber blieb guten Muth, lachte und meinte, wenn nur erst das Gransen vorüber sei, lollt’ ich mal sehn. Und ich kiißte ilzn und glaubte ihm und kein Opfer war mir zu ich-sur Tann eines Tages kzm er und iaate knir aeteimnißoolh .llel«er moraen ist der große Taa und ganz allein mit dir will ich ihn feiern, mein altes Mutterchen.« Rein Mensch war srolier als til-« Nachdem er gegangen war, lief iet rasch die vier Treppen herunter und kaufte die Flasche Selt, iiir die icks schon monatelana Groschen auf Gro schen zuriiaaelegt hatte. Und allerlei anderes noch holte ich terbei. was er gern aß und trank, und Nachmittags hatte ich mir eine Spaziersahrt ausge-, dacht; es sollte ein rechter Festtag mer« den! Früh-er, als ich ihn erwartet hatte, lam er an, blaß im Gesicht, mit schwarzen Rändern um die Augen, und einem Ausdruck, den ich nicht be griff. Zuerst erschrak ich, dann tagte ich mir, das lamint wohl von der Ar beit urrd der Aufregung und muß mit in den Ran genommen werden. Jch ftreichelte ihm das schöne. volle Haar und fragt-e ihn: «Al1es vorüber, mein Junge?« »Alles vorüber, ja«, sagte er dumpf, mit seltsamer Betonung. Ein plöyliclxier Gedanle lam mir: »Du haft doch nicht Pech gehabt-s« Er alchte laut heraus. «»Jch Pech? Wo denkst du hin? Ich hab' nur Glück im Leben« Und dabei lachte er noch ein aml aut, io recht bitter und schnei dend, daß mir’5 durch die Seele ging »Al:er hundebin bin ich. Mutter, und was zu trinlen möcht' ich haben« Da schlich ich in die Küche und holte die Poknrnern aus der Wasser leituna· »w« war-s oenn mir dem bas« fragte ich-, aus ein besseres Lachen wartend. Er aber wendete sich ab« fährt mit der Hand iiber die Augen« Dreht sich kvieder um und küßt mich, mie er mich nicht geküßt hat, seit er ein tleiner Bengel mit Kniehosen ge wesen ist· Dann schneidet er Bindi iaden und Draht von ber Flasche ber unter, daß der Stöpsel bis an die nie dere Stubendecke fliegt, und stürzt den Zeit hinunter ein Glas nach dem an dern, fast ohne tu sprechen, nur an sehen thut er mich dabei mit mer-mür bigen Augen, bald verzweifelt bald als ob er mir was abzubitten hätte. Ich beschtvöre ihn, das unsinnige Trinten z lassen, wir wollen essen und ein ,chen spazieren fahren, er hörte gar nicht aus mich. Er sieht mich nur immer nn, und drängte mich Im Ende ein Glas mitzutrintem Wir stoßen an, dann schentt er den Rest der Flasche aus und nimmt mich in « die Arme. »Ich muß fort, ich hab' noch einen Weg vor, Mutter." »Aber du tommst bald wieder, mein Junge?« stag’ ich ihn, Todesangst im Herzen. Er antwortete nicht und stürzt ba von. Ich hab’ ihn niemals wiederge sehen. Jch weiß nicht« lebt er, oder ist er todt.« Der Irrspettor trat zu der Alten und streichelt ihr unbeholfen den mit oen, gebeugten Rücken: »Ur-ne Frau, arme Frei-K Sie nieste stumm und thränenlos. »Auch ein paar Tagen lam ein Frem der zu mir, einer, der es gut mit inei nem Jungen gemeint haben mochte. Der sagte mir, es sei schon lan mit ihm berng gzmgern Er ei in chlechte Gesell st, in Spiel- und hechstlschulden gerathen. Seit einem Fabr und länger habe er kein Buch mehr angesehen. Von dein Efamen habe er nur gesprochen. um rn ch zu beruht-gen. habe wohl auch gehofft, er käme noch mal dazu. Die Stunde du iiir habe er genannt, weil er gewußt, es sei die legte, die er in Berlin babe zubringen dürfen. Sie sind than Mf den Fersen gewesen. Er selbst habe ibm den Rath qeaeben, über den gra fien Teich zu geben, vielleicht, daß er ’ sich ienseits des großen Wassers noch i mal aui sich beiönne. i Er bat sich nicht besonnen. Einmal bat er irgendwo trank gelegen· wo — . Miß ich nicht, es tann in Asien gewe » ien iein; durch ein Mädchen bat er srnir schreiben lassen. Da bab’ ich das s letzte, was ich besas, zu Gelde gemacht« E eine Antwort ist nie gekommen. » Die Alte machte eine tleine Pause ; und lächelte trübe vor sich bin. ? »Ich iann ibm nicht böse sein, wenn » er mich auch bis hierher gebracht hat, und wenn es auch sündhait ist, ich kann nun mal nicht dafür, lieb bab’ ich ihn doch. Und das letzte da, was er vor meinen Augen in seinen lieben Händen gehalten, das ledte von mir, » was ibni Labung gebracht, ihm viel leicht seinen schweren Entschluß leich ter gemacht hat« das soll mir niemand nebmen. und niemand Verlachen·" Bärin-b bina das Auge der alten Frau an dem goldenen Hals der Selt ilasche, bis Tbriinen ibr auss neue den L Blick verdunkelten i Ein decteauimdisheesei Der-. Auf einern unhebauten Stück Land, das nördlich der Eisenbahn nach Yo lthown (Bournemouth) auf einem beherrschenden Hügel liegt, ist ein al tes britisches Dorf entdeckt worden. Aus dem Terrain sollte gebaut wer den, wobei man auf zwei alte Hünen gräber stieß. Das eine enthielt eine große Menge von Feuersteinen und Knochenstaub Jn dem größeren Hü nengrab entdeckte man llrnen aus älte ster Zeit, von denen jedoch nur wenige jvollständig erhalten waren. Sie ge hören der Zeit vor dem Bronze und JEisenalter, also der Steinzeit an und sind ca· dreitausend Jahre alt. Es jwurden dann auch Feueriteine mit ; roh herausgenrbeiteten Pfeilspitzen ge Isundem oder teine Spur von Bronze f oder Eisen. , Jn der römischen Station Corvopi ’tutn on Inne, die jüngst entdeckt kwurde, ergibt sich aus ten gefundenen iTövferqeschirrem daß die Kote-nie zur » Zeit des Kaisers Anricola bestand. An einem Gebäude wird das Meuerwerl als überaus sein und solide geschil » deri. Selbst in Both soll man Aehn Jliches nicht entdeckt haben. Es wird »ongenorncnen, das-, das Gelände vorn »Stoat errichtet wurde, und wahr j scheinlich durch dessen Militörbehördr. J Einige von den in den Ausgrabungen zgesundenen Kunstgegenständen sollen die bemerkenswerthesten Werte römi scher Kunst sein« die je gesehen wur den, wie überhaupt die gemachten Entdeckungen von unvergleichlicher Wichtigkeit sein sollen. Der Anfang. ,Ich glaube, mein Mann wird such nicht mehr lange bei den Begetarienen bleiben: er ietzt sich schon auf der-. Bal » ton, wenn unten eine Gang gebraten wiro!" r W Lebenslicht Vertheisisnns. T »Wie können Sie nur glauben, mein Fräulein, daß ich in Gesellschaf . ten geäußert kätte, Sie wären dumm j-— im GegentheiL überall, wo von Ihnen gesprochen wurde, war ich stets der einzige, der das nicht gesagt hat!« Ja der Oesmeteiefesndr. A »Ja welchem Vethältniß stehen die beiden Achsen zp einander?« Junge schweigt-) · »Bengel, wußt du überhaupt, wag das ist —- ein Verhältniss-« Inn (heulend): »Ju—a—a, mei ne gto e Schwester hat eins « «