Der verschollene Sohn Roman von M. Betzhold (20. FortsesungJ »Ich glaube allerdings, das hoffen zu durfen«, erwiderte er, »aber mir Gewißheit darüber zu verschaffen, da zu wurde mir keine Gelegenheit gebo ten. Der gerade Weg ist immer der beste, deshalb wende ich mich ver trauensvoll an Sie, und ich glaube auch. Sie kennen mich hinlänglich ge nug, um meine guten Eigenschaften beurtlseilen zu können.« Papa Riedel wiegte sinnend das Haupt. - »Von Jbren schlimmen Eigenschaf ten habe ich noch nichts bemertt«, sagte er, »und was mich persönlich betrifft, so giaude ich meine Zustimmung nicht verweigern zu dürfen, aber Sie wer den auch begreifen, daß ich Ihnen in diesem Augenblick eine entscheidende Antwort noch nicht geben kann. Der Antrag ist zu unerwartet gekommen, er hat mich überrascht und ich allein dann nicht entscheiden, ich muß zuvor rnit meiner Frau und mit Eugenie darüber beratben. Wenn Eugenie Id nen das Jawort gibt, dann haben Sie auch meine Zustimmung« »Ich danke Jsbnen«, erwiderte Win ter.,, dieses Versprechen läßt mich hof fen, daß ich das ersehnte Ziel erreichen werde. Ich bitte Sie nur« eFräulein Eugenie nich-i zu drängen, wenn sie nicht sofort sich entschließen kann, da durch könnte —« »Wann müssen Sie die Stellung in Praa antreten?" fragte Riedel rasch. »Nach den Osterserien.« »Im nächsten Jahre erst?« «E’tawcbl.« »Dann baden wir Zeit genua«, nickte der alte Herr. »ich glaube auch, das-, es besser ist, wenn wir die Ange legenheit nicht sorciren. Mit meiner Frau rede ich heute noch, sie soll gele gentlich das Mädchen sondiren; zeigt Euaenie sich geneigt, das Jttoort so fort zu geben. so rücken wir mit der Sprache beraus, im anderen Falle schweigen wit, unddann müssen wir es Ihren überlassen. mit dem Mädchen ins Reine Zu kommen.« »Aber wird es nicht ausfallen, wenn ich noch länger bier bleibes« agte der Dotier, der mit d« i Re ltake dieser Unterredung immerhin zufrieden sein kennte. »Die schöne Jahreszeit ist zu Ende, man bat wohl fchoize längst erwartet, daß ich abxeisen wur —« »Gut, reisen Sie ab, wenn die Ver lobung nicht in den nächsten Tagen stattfinden kann. Einiae Tage dürfen Sie immerhin noch warten, bei dem schlechten Wetter reist Niemand, wenn er nicht dazu gezwungen ist· Gehen Sie dann nach Praa, urn Jahren künf: tiaen Wohnsitz sich anzusehen, die kurze Trennung bringt Ihnen eher Vortheil als Schaden. Jm nächsten Monat werden wir wohl nach Köln übersiedeln, dort treffen wir mit Ih nen wieder zusammen und Sie fin den dann irn Laufe der Wintermonati Gelegenheit aenua. Jdre Liebenswür diakeit zu entfalten. Was sagen Sie zu diesem Plane?« »Er ist vortrefflich«. erwiderte Winter lächelnd, indem er dem alten herrn die Hand reichte, »ich danke Ihnen noch einmal, und ich werde Ihnen dankbar bleiben, solange ich lebe. wenn ich das heiß ersehnte Ziel erreiche.« Damit war die Unterreduna been det, Bruno Winter verabschiedete Fch, nachdem Riedrl ihm das Versprechen gegeben hatte, am Abend in’g Hotel zu kommen, um ihm weitere Mitwi Iungen zu machen. Er hatte kaum die Van verlassen, als Euaenie in das Zimmer trat, in dem ihr Vater gedankenvoll am Fen ster stand. Er wandte sich um und er schrak, als er in das bleiche Antlitz seiner Tochter blickte. »Er bat um meine Hand vqui-or denk iraate Euaenie in unverkenn barer Erreguna. Der alte Herr nickte beiahend, sein sltck ruhte forschend und erwartungs voll ans dem Mädchen «Und welche Antwort hast Du ihm Kessel-At- PART« »Mentlich noch keine. Aber so be Mhige Dich doch, der Antrag dieses Deren tann Dir nur angenehm sein, bedeute einmal. liebes Kind, ein Dot tor und Professor —« «Unaenehm?« unterbrach Euqenie eh in bitterem Tone. »Ich könnte ehe-e darin eine Beleidigung sinden.« ’Wa Riedel zog die Brauen hoch W und sah seine Tochter starr an, M war in einen Sessel niedexgv Mir-. sie drehte beide Rinde aus UBIIM MI- Deu « « » ist mir aanz unbearetsslitls«, L- Her. «ieki habe uiernali entdeckt, "· D- geqes diesen Herrn Abnei J M. It hat einen Ruf all or ans set-« erboste-c —« chen, »hoffentlich wird mich das be ruhigen.«« »Na. was sollte ich ihm antwor ten-? Mir persönlich ist der Doktor ais Schwiegersohn ganz angenehm, das habe ich ihm auch gesagt, aber ich sitate hinzu daß ich die Entscheidung Dir allein überlassen müsse. llnd wenn Tu ietzt Dich noch nicht ent scheiden könntest, dann möge er ruhig adreisen und später wieder in Köln mit uns zusammentreffen« »Und wie nahm er diese Antwort auf's« fragte Eugenie, die in der That ruhiger geworden war. »Er war sehr Befriedigt. Ich kann ihm nun unser Haus in Köln nicht verschließen, aber es hängt ja von Dir allein ab, »Die lange er unsere Gast »sreundschaft benutzen wird.« »Gut. ich bin damit einverstanden, ich aewinne Zeit und brauche dabei nicht zu befürchten, daß er mir ent mischen wird.« Und nun berichtete sie dem staunen den Vater ihren Verdacht, inre letzte Unterreduna mit Felswa. die Mit theiluna Lina’s und den Inhalt des Briefes, den Kurt v. Bach an seine Mutter geschrieben hatte. «Alles dies muß meinem Ver-dacht zur Bestätigung dienen,« schloß ste. »und da das Gericht sich um die An aeleaenheiten nicht zu kümmern scheint, so habe ich mir vorgenommen Alles. was in meinen Kräften steht, aufzu bieten, um mir Gewißheit zu ver schaffen. Jch will Dir nun auch ge stehen, daß ich Eduard o. Steintadl liebes diese Liebe wurzelt so tief und fest in meinem Herzen, daß tein An derer sie daraus verdränaen tann.« Der alte Herr hatte die Hände auf den Rücken gelegt, er wanderte rastlos aus und nieder. diese überraschenden Mittbeilunaen stiisten sich aus tu aute Gründe. als daß er leichtfertiq dar über binweaaeben konnte. » »Und was willst Du mit Deinen schwachen Kräften erreichen?« fragte Ter. »Wie kannst Du hoffen, daß es Dir aelinaen werde, diese Gewisxbeit zu erhalten?« »Ich habe gethan, was ich thun konnte, nun muß der Erfolg abge wartet werden." »Und darf ich nicht wissen, was Dir gethsu basi?« »Ich wollte es Niemandem sagen. Elsriede und ich haben Alles verabre det. Aber wenn Du mir versprichst, zu schweigen —« »Jch verspreche es Dir!« »Gut, so höre denn! Jn Bezug aus das Schicksal Eduards müssen wir die .oeiteren Mittheilungen des Herrn o. Bsach abwarten, er wird nicht ruhen, bis er volle Gewißheit erhalten hat Jakob will sich in Prag ertundigen ob dort eine Professur erledigt und dem Doktor Winter angeboten worden ist; wir werden dann ji erfahren. wie die Dinge liegen. Schwieriger wird es sein, das Ende Felsing’s zu erforschen. aber auch über diesen Punkt hoffe ich Gewißheit zu erhalten. Felsing hat eine Schwester hinterlassen. die in England Gouvernante oder Erzieberin sein soll. Das hat der Dottor Winter mir zögernd und gewissermaßen noth gedrunqen erklärt, nachdem er früher die Existenz dieser Schwester aeleugs net hatte. Jch muß hieraus schließen, daß Fräulein Felsing das dunkle Ges heirnniß kennt, welches zwifchen den «Beiden schwebte. ebenso heae ich die «Ueberzeuaung, das; dieses Geheimnis-, hauptsächlich den Doktor zu dein Morde bewogen hat. Ich habe nun in der Londoner »Tirnes« eine Aut sorderung on Fräulein Felsing erlas sen, ihre Adresse unter einer bestimm ten Chissre poste restante hierher zu senden. woraus ihr nähere Mittheis lungen über das Schicksal ihres Bru ders gemacht werden sollen. Diese Aufforderung soll von Zeit zu Zeit so lange wiederholt werden, bis die sun ge Dame daraus antwortet, und sind wir nicht mehr hier« so wird Elsriede aus dem Postarnte nachsragen, ob ein Fries unter jener Chiksre angekommen r .« »Nei, da ist freilich Alles geschehen, was geschehen konnte«. sagte NiedeL der seine Wanderung unterbrochen hatte und vor seiner Tochter stehen ge blieben war, »aber an dem Ersola zweiile ich dennoch. Alle diese Ver muthunaen schweben in der Lust, ich kann rnir nicht denken, daß der Dot tor Winter ein solches Scheusal sein soll. Schließlich wirst Du ihm auch noch die verschiedenen Einhriiche aus kreiden wollen ———'« »Ich bitte Dich, spotte nicht dar über«, erwiderte Eugenie ernst, »meine Ueberzeugung wirst Du dadurch nicht erschiittern.« »Und nun willst Du die Komödie sortseteniw »Ich bin dazu fest entschlossen Ei ist mir lieb, wenn er in den nächsten Tagen ahreiQ wir gewinnen freiere Hand. Aber sage ihm-JU- könne-mich seit noch nicht entschließen, ihm eine desinitive Antwort zu geben« aber ich würde mich freuen, ihn in Köln wie » derzusehen. Bis dahin hosse ich dem « Ziele näher gekommen zu sein« sobald kcki Beweise habe, werde ich dem Oe richt Unzeige machen.« Unds wenn Du den Beweis er nst-. so v- oid seine den« »Dann werde ich dem Derrn einfach erklären. daß ich feine Liebe nicht er widern und die Hand ohne das Herz s nicht vergeben lönne.« I »An» heimer wirst Du ihn rei nesfalls?« aRein, in keinem Falch Papa Niedel schüttelte bedenklich zdas Haupt, dieser Entschluß schien ! ihm doch nicht zu gefallen, aber er kannte auch die Charakteriefiigleit fei nes Kindes, und Eugenie mußte ja selbst am besten wissen, was zu ihrem Glück diente. Der Eintritt Linn-? unterbrach das Gespräch sie meldete einen fremden Herrn, der mit Riedel allein zu spre chen wünfchtr. Engenie verließ den Vater, und gleich darauf trat der Fremde ein. Er war ein großer, hagerer Herr. schon ziemlich befahrt und einfach bürgerlich gekleidet. die Züge waren scharf markirt, Kinn und Wangen glatt raiirt, der Blick forschend und durchdringend. Riedel vermuthete in dem Fremden sofort einen reisenden Schauspieler. s der ihm feine Noth klagen und unt s einen Neiieqroschen bitten wollte: um die Sache turz crbzumnchem griff er schon in die Tasche, aber das spöttische ’ Lächeln des Fremden bewog ihn doch, einstweilen die betreffende Bitte abzu warten, « »Ich sehe, Sie halten mich für ei »nen Bettler«, sagte der Fremde mit gedämpfter Stimme, »das ift mir lieb, ich darf daraus schließen, daß ich auf Ihre Dienstboten denselben Eindruck gemacht whe, und das eberi bezweckte ich. Wir sind ja allein, und unsere Unterrednng kann hoffentlich nicht belauicht werden?« In den Zügen Riedeks spiegelte sich wachsendes Erstaunen. »Mit wem habe ich die Ehre?« fes-g te er. « »Ferdinand Hagen, augenblicklich Helifändlen im gewödnlichen Leben aber Beamter der Kriminalpolizei. Bitte. erschrecken Sie nicht, Sie wer den sogleich hören, was mich zu Jll « nen führt. Sie erlauben wohl, daß ich strich setze?« Ganz verwirrt und vor Erstaunen sprachlos- deutete Riedel aus einen Sessel, dann nahm er dem Beamten gegenüber Platz. »Ich muß vor allen Dingen um die strengste Verschwiegenheit bitten«, fuhr der Letztere fort. »und ich darf mich derselben wohl versichert halten, da es ia in Ihrem eigenen Interesse liegt, mir die Lösung meiner Ausgabe nicht zn ers wer-en. Es sind in der letzten Zeit bei der Staatsanwaltschaft viele Beschwerden iiber die Unsicherheit in diesem Städtchen eingelaufen, Dieb stöhle unter erschwerenden Umständen bleiben unbestraft, weil die Tbiiter niemals entdeckt werden können, es sollen auch andere Verbrechen vorlie aen, über denen ein Duntel schwebt, ras nicht gelichtet werden tann. Die Staatsanwaltschast hat sich auf diese Beschwerden hin bewogen gefunden, mich mit den nöthigen Nachforschun gen zu beauftragen, und ich hoffe, daß es mir gelingen wird, diese Aufgabe zu lösen.« .,Na« das gebe Gott!« sagte Riedel, ties ausathmend, »das ganze Städtchen würde Ihnen dantbar dafür sein. und was ich dazu beitragen kann —« »Bitte, ich verlange einstweilen nichts weiter von Ihnen, als die strengste Verschwiegenheit. Vergessen Sie ferner nicht, daß ich nur der hols händler bogen «bin, vergessen Sie dies hauptsächlich dann nicht, wenn wir einander an einem öffentlichen Orte , begegnen sollten." l »Gut, sedr aut, ich werde daran denken!" »Ich bin nun zu Ihnen gekommen. um weqen des hier in Ihrem hause oeriibten Diebstabls einige Fragen an Sie zu richten. Es ist allerdings da: rüber ein ziemlich aussübrkiches Pro tokoll aufgenommen worden, aber ictx vermisse darin noch Manches, wac darnals schon hätte erörtert werden müssen. Aus dem Protokoll scheint hervorzugehen, dasz der Diebstahl wäh rend des Festes. welches Sie gaben, verübt worden ist?'« »Fawobl, das ist meine unmaszgeb liche Ansicht.« »Sie batten fremde Leute zur Be dienung der Gäste engagirt, und die Hausthiir ist wahrscheinlich ofsen ge wesen —« r iäBis der letzte Gast das bang ver ie .« .Somit war ei also wohl möglich, daß der Dieb sich in das Vaus ein schleichen konnte«, sagte Zagen ruhig, während er in seinem Rotizbuch blät terte, »es war vielleicht auch möglich, daß er es unbemerkt wieder verließ. Ich komme nun zu der Frage, wo be sand sich das Silbergeschirrs Es war ans der Tasel gebraucht worden, und die Tasel wurde asbqetragen, während die Gäste sich im Garten besanden.« »Ganz recht«, nickte RiedeL «nur die silbernen Kühleimer und Frucht aussähe blieben aus der Tasel.« .Und auch von diesen sind zwei Kübleimer und· ein Tasclaussah ver schwurwen?« »Sie mögen mit tn die Küche ge kommen sein.« .Richttg, die Kellner sagen aus, sie bätten das sämmtliche Silbergeschirr in die Küche gebracht Wer war hier beschäftigt?« . «Jn der Küche? DieFfrau des Po lizeidienets Des, die Köchin aus dem hotel zur Sonne und das Dienstmäd chen «des deren« General- ,v. Stein that. » et O Dten "dchen bei-MU, Steigst-wahr « a um »Ist-MAX »Dann kehrte es zurückf« »Am Sacke daraui.« . »Und die Frau Deß verrichtete in zwischen die Arbeit, sie ichiief wohl auch hieri« .Natiirlich.« «Und wann gingen Sie zu Betts« .Na. ei tann drei Uhr Morgens ge wesen sein, die Herren Studenten zo gen mit dem Rachtschifs wieder ab, da ich sie nicht logiren konnte; mit ihnen gingen auch die letzten Gäste.« »Und ehe Sie u Bett gingen, ha ben Sie sich noch nmal in der Küche umarfchaut?« »Dann war nicht zu denken«, er widerte Riedel kopfschüttelnd »ich da te nachgerade stenua und war herzt-; lich froh, daß ich endlich in’s Bett« tam.« » »Ihr-e Angehörigen schliefen wohl: schan?« »Meine Damen hatten sich eine hal be Stunde früher zurückgezoaen.« »Und wer war außer diesen noch im Haufe?« »Mir die Frau Heß.« »Sie baden am andern Morgen keine Spuren eines Einbruchs ent deckt?" .Richt die arrinasten.« »Und wann entdeckten Sie, daß Ihr Etretiir beraubt worden wart« »Erst am Nachmittag, als ich Geld herausnehmen wollte, um die Fleisch tieferung zu bezahlen. Jch hatte ei niae Tage vorher von meinem Hause in Köln eine Geldsendung erhalten und die Bantnoten in die betreffende Schuf-lade gelegt, es lagen außerdem noch einige Goldrollen in idr.« »Und die ganze Summe war ver ickssiounden?' «3wei Goldrollen, von denen jede fünfzig Friedrichd’or enthielt und tau send Thaler in preußischen Darmw ten.« ..Können Sie die Bantnoten,näher be·ieichnen?« .Es lwaren Roten von fünfzig und iiinsundzwanzia Thalern, aber die Nummern vermag ich nicht anzuge ben.« »Der Dieb hatte sich eines falschen Zchliifsels bedient?« »Dder eines Dietrichs7 Spuren, die auf eine aewaltsame Oeffnung deute ten, fanden sich nicht vor.« »Aus all’ diesen Angaben aeht doch hervor, daß der Thäter sich Zeit aes nommen haben musi«, saate der Be amte, nachdem er seine Notizen ge macht hatte. »Sie beweisen ferner, daß der Dieb in Ihrem hause betannt und rnit der Einrichtuna desselben ver traut ist. und ich beareife taum· wie man annehmen kann, daß iraend ein« fremder heraelaufener Strolch den Diebstahl verübt haben soll. Ein fol-: cker Bursche würde das Erste, Beste ergriffen und sich aus dem Staube ge macht haben« er hätte sich wahrlich nicht die Zeit qenommen, Ihren Se tretiir zu erbrechen und dann noch die Last Silberaeschirr aus der Küche mitzunehmen Ich bezweifle überhaupt. ob es möglich ist« daß ein Mann die ses aesammte Silber tragenjannf Papa Riedel nickte aedanlenvoll. »Ich habe daran auch schon ge dacht«, erwiderte er, »aber es tann ja nicht anders sein« weil eben tein Ein bruch stattgefunden hat.« »Hm, darüber denle ich doch an ders. Sie haben aus-gesagt, die Kell ner seien brave Leute —« »Durchaug ehrliche Menschen, auf die tein Verdacht fallen lannl« »Und die Frau besi« fragte Ha aen rnit schärferer Betonung. »Sie ist ein armes Weib, aber Schlirnmes hat ihr noch Niemand nachgefaat«, erwiderte Niedel achsel ruckend. »Und dann die Frau eines Polizeidieners «- glauben Sie, daß — die paan wird«—·" « s« a »Ach WIL, im have icqon andere Dinge erlebt! Aber ich ersuche noch einmal dringend um Verschwiegeniieit, auch Ihren Angehörigen gegenüber, Niemand außer Denjenigen, die ich selbst einweibe, dars erfahren, wer ich kin, was ich beabsichtige und welchen Verdacht ich bege.«« Zagen satte sich bei diesen Worten erbeben, er tnöpite den Rock wieder zu, und als das Dienstmädchen ihm die haustbiir öffnete, musterte sie ibn mit einein recht geringschätzenden Blick, in dem sich unverlennbares Mißtrauen spiegelte. 18. Der Fremde schlug, als er die Van verließ, den Weg zum Rathau se ein; Niemand beachtete ihn und unbemerkt trat er in das Bureau des Bürgermeisters, der ihn erwartet hatte. »Ich bin meiner Sache ietzt ziemlich sicher«, sagte er leise, »denn-ich idrchte ich, nicht so energiich vorgeben zu tön nen, wie ich es gerne möchte und wie es auch wohl-nöthig wöre.« »Und wen halten Sie siir den Thä ter?« iraiite der gestrenge herr. »Den Polizeidiener heß und dessen Frau.« »Ein allen Fällen-i« «Jawo l. Jchchabe mit dein Gene ral, der F u Brigitte und dein errn Riedel ausführlich gesprochen un Ul les erfahren, was ich zu wissen wünschte. Jch wiederhole, et ist meine feste Ueberzeugiing, daß nur dieses iaiibere Ehepaar an allen drei Orten den Raub begangen haben kann. » lanii inir das nicht denken«, sagte der Bitt ermeister sinnend, wäh rend er in i nen Papieren blätterte, bat niemals große Au den ge t, und wenn er auch ni immer nüchtern war, so konnte inan ihn doch stets aiii ieinein Posten finden. Die Leute baben seine Kinder, sie konnten - rnit dein Gehalte auitdnnnen und die Frau bat als Mrtemi auch manchen Thaler verdient. abgesehen von der Medicinalpfuscherei. die ihr auch hie ! und da etwas eingebracht haben mag.« »Wie lange ist derMann im Amtes« ! fragte Hagen. der die Zweifel bei ge z strengen Herrn nicht beachten zu wol len schien. »Seit zwanzig Jahren!« »Und wie lauteten seine Zeugni ei« »Ich habe sie vorhin hervorge ucht »und nachgesehen. Es läßt sich nicht leugnen, daß sie gerade nicht sehr vor theilhast lauten, und wäre ich damals schon Bürgermeister gewesen« so wür de ich ihn vielleicht nicht angestellt ds ben. Jndefz hat er sich in diesen Zwanzig Jahren nichts zu Schulden kommen lassen, was zu einer Kündi ung berechtigt hötte.« »Aber vor Kurzem ist ihm getün digt worden!« »Weil er eben alt geworden ist.« »Aber diese Kündigung ist gegen feinen Wunsch und Willen ersolgt«, sagte der Beamte, »und er wird nun fiir seine Zutunft Sorge tragen wol len. Uebrigens ist auch früher schon während seiner Amtsieit hier Man ckes vorgefallen, was ungestraft blieb, weil der Thäter nicht entdeckt wurde. Wie kommt es, daß Deß in allen die sen Fällen niemals den Thiiter ent det hat? Wenn er sich damit ausre den will, die stiiter seien jedesmal fremde Strolche gewesen, so tann ich das auch nicht gelten lassen, denn ge rade diese Strolche fallen sost tegelsl mäßig der Polizei in die Hände. Jch gebe Ihnen die Versicherung, alle diese Verbrechen sind mit der größten lleberlegung ausgeführt worden. man bat sich sowohl zum Entwersen des Planes, wie zur Ausführung Zeit ge nommen, und der ganze Raub liegt seht in einem sicheren Versteck.« Wieder schüttelte der Bürgermeister das haupt, er konnte der Ansicht des ersahrenen Kriminatbeamten nicht bei stimmen. »Das Sie an vielem Verdacht sen baliem begreife ich«. sagte ek, »aber ich glaube auch, daß Sie Ihre Zeit nut los verlieren. Deß hat nicht den Muth, fvlche The-ten zu begeben, und die Sache wäre längst an den Tau ge kommen. wenn er sich auf diesem Wege bereichert hätte. Er würde üppig ge worden fein und sich das Leben ange nehm aemoche haben, er hätte längst ieine Entlassuna genommen —« »Die arößeten Diebftähle sind erst in der jüngsten Zeit, und zwar nach der Kündiguna veriibt worden«, schal: iete der Beamte ein. »Er wird das aeraubte Gut erst Inn verkaufen, wenn er diese Stadt für immer ver lassen hat« Der Büraermeisier blieb eine Weile in Nachdenken verfuniem er« konnte nicht leugnen, daß die Behauptungen » Lunens viel Wabricheinliches enthietk ten. Mortlehung folgt.) Eine Jagd im Kaukasus. Es ist HerbsinachU Soeben hat un sere Jagdgesellschaft, meistens aus Offizieren der russischen Armee und Deutschen bestehend, den Passagierzug Tislis-Baku aus einer kleinen Mari schen Station verlassen. Gewaltig faucht und stöhnt der riesige Ko loß, die durch Nadhtda geheizte Maschine, und gespenstifch starren seine Feueraugen den Schienen strang enlang in die schwei gende, nächtliche Stille. Der Bahn steig, von kleinen, elenden Hütten de grenzt, ist nur durch eine Laterne spärlich beleuchtet. Um so unheimlicher erscheinen die uns erwartende-i de waffneten Landwächter und Polizi sten. Schmuhigr. verschlafene Gesich ter, von hoher, tief über die Ohren gezogener Lammfellmütze bedeckt, schauen aus der Ferne neugierig auf die Anlömmlinge. Es mus; doch heute nacht rüstig dorwärtsgefchritten werden« daß wir mit aufsteigender Morgenröthe die Pufzta durchauert und unsere Jagd gründe in den Sümpfen des Kur er reicht haben. Für das ca. 40 Mann siarte Soldatenpitett, das zum Trei ben dienen soll, sind mit Büffeln be spannte zweiräderige Karten bereit. Die zu zweien aneinander getoppelten Treibhunde, auch ea. 40 an der Zahl, werden hinter die Wagen gebunden, Gepäct und unsere Furage aus diesel ben verstapeli, und unter dem Gesphle und Gekreische der Büssellenker der lassen die Begleitmannschaften den Platz. Auch für uns sind schon tatas rische Pferde dereitgehaltem Kleine, siruppige, schädige Gesellen, schlitzs äugig und schmutzig wie ihre herren selbst Tief in unsere Mäntel gehüllt, die Flinte iiber dem Rücken, den Revolver entsichert und schußbereit im Gürtel siedend, verläßt die Kavalkade schwei gend den Bahnsteig und damit sogleich —- die Cioilisation. Der Wind ächzt stoßweise über das Blachfeld, grau, düster,- unsäglich lechzend liegt die weite halbe vor uns. Der Glanz der Einsamkeit ringsum. Jn süßem Duftl schwimmend, klagt die Steppe der brannt und ausgedorrt unter den Du-· fen unserer Pferde. . Ein Kosakenlied tönt durch die Nacht, von un eren Offizieren ange stimmt. Ein luß wird reitend pas sirt, und in seinen Fluthen werden durch kurze Rast die Pferde getränkt. Dann gehst in verstärkter-i Tempo unter luxigem Geplauder voran, bis wir die agerfeuer unserer tatarischen Wirthe erreicht haben. Die Pferde werden iusammengekoppelt, mit kräf tigern blindedruck und einem: »Alten« each in curi« — Gott schiise dich — schnell Gaftfreundschafi geschlossen, und nun beginnt «ein Leben, niie es abenteuerlicher nicht gedacht werden kann. Ein Riesenfeuer, um den halb verdorrten Stamm einer alten Eiche oder Buche entzündet, gibt dem Gan zen ein bizarres, märchenhaftes Aus sehen. Während unsere Begleitmanni schaften vollan beschäftigt sind, große Stöße trockenen Holze« zur Speifung der riesigen, brennenden Laterne an zubringen, gehen wir selbst daran, die mitgebrachten Thiere zu zerlegen und zum Braten herzurichten. Da gab es auf unserer Speisetarte: junges Ham melfleifch« ferner die Stücke eines Spießers und Filet vom Rinde. — alles am Spieße gebraten. Der Wein, der in Burdhucks, d. h. zusammenge pe ten häuten von Kälbekn. mitge fiih t wurde, hilft die fröhliche Stim mung erhöhen, und Späfze und Jagd abenteuer würzen das schmackhafte Mahl· Das war ein wackeres Zechen am Ufer der brausenden Kura, und mancher alte Tatarenbeck (Graf) ver silberte sich die Nase mehr, als es sich mit seiner Würde vertrug. Unruhig guckte unser alter Jäger meister nach Osten. Ein heller Strei fen verkündete den nahenden Tag, und wir alle wußten, daß bei dämmern dem Morgen das erste Treiben be ginnen sollte. Natürlich blieb keiner sitzen: denn das Jagdfieber hatte uns gewaltig gepackt. Jn kurzer Zeit roas ren die Plätze ausgeloost, und mit langsamen, aber langen und ziigigen Schritten ging es im Gänsemarsch durch Sumpfe und Urwald an den Strand. Jch hatte eine gute Nummer gezogen und stand nun, mein erstes Wildschtoein erwartend, auf meinem Posten. Die Einsamkeit ringsum, der Anblick der sich langsam beleben den Natur ergriff mich unwilliiirlich. Sinnend rubte mein Blick auf dem er wachenden Walde in feiner erhabenen Stille. Schüchtern noch flötet Wald vögeleins Lied in den Zweigen, leise. ganz leise, .wie aus dem Schlafe er wachend. Es ist, als ob es seinen Ge fährten den Morgengrusz sendet Kühl und feucht ist die Luft im Mor genthau. WürzigerDuft steigt aus der Halde und berauscht Herz und Sinn Da donnert auch schon der Signal schusz zum Anfang des Treibens-, und kurze Zeit darauf hört man das Knarren, Schießen und Nufen der Soldaten und das Lautgeben der ja genden Meute. —- Da bricht’z var mir im Unterholz. Ein großer Keiler steckt sichernd seinen Kopf auf die Lichtung, auf der ich stand. Mit seinen blinzelni den Lichtern hin und her schweifend, eräugte er mich. Unsere Augen nsaszen sich in brennender Leidenschaft. Mit bellendeni, abgestoszenem Gegrunze lam derSchwarze hervor getreten und trottete aus mich zu. Nun is« Zeit, nun tann ich ausziehen. Rollend bricht sich das Echo des Kugelschusses zwi schen den grauen Stämmen. Aus der Blöße liegt ein iodier Keiler, und ein fröhliches »Waidmannsheil« jubelnd, siehe ich neben meinem ersten erlegten Stück Schwarz-bild. Es ist im allge meinen noch eine gute Jagd im Kau tasus aus Sauen, und nicht selten werden von einer Jagdgesellschaft in der Anzahl der unsrigen 10 bis 15 Thiere zur Strecke gebracht. Nach turzer, waidmännischer Ar beit, die dem Entweiden der erlegten Thiere gewidmet ist, hat sich bald alles bei dem signalgebenden Posten einge funden. Nach tleinem meisz geht’s zurück zur Lagerstatt und bald daraus auch zur Bahnstation, um rechtzeitig Tislis zu erreichen. Zwei Güterwagi gonö werden von den Ossizieren re guiriert. Der eine enthält uniere Jagdbeute, der andere nimmt uns selbst aus« Jagdgesellschast; Treiber und Hunde im bunten Gemisch. Die Waggons werden an irgendeinen ab sahrenden Güterzug angetoppelt, und unter der launigsten Kurzweil geht es den heimischen Penaten zu. Aus un seren Gepäckstiieten sitzend, haben wir eine gemiithliche Nun e gebildet. Da wird getanzt und gesungen, aus der Balalaita, der hand- und Mund harmonita gespielt, und die allgemei ne Verbriiderung will gar tein Ende nehmen. Was Wunder, wenn die vielstiindige Fahrt wie im Fluge ver geht und der schrille Psiss der Ma schine uns die Endstation anzeigi. Noch ein turzer höndedrua, und mit Waidmannsgrusz trennt man sich von der fröhlichen Schaut. —- Wenn auch bald die Sorge des Lebens mich wieder umfing, noch lange lag mir im Ohre das Raunen und Lispeln der Waldgipsel am User des brausenden Kur. Alexander Mosler. here howard war ein Mann, der außerordentlich wenig sprach. Er haßte es einfach, mehr zu reden, als absolut nötig ist« Eines Ta es ging er in ein Musitalien · Geschäft um site seine Schwester Roten und Text einer Oper zu tausen. Der Clert tam heran, und rr howard sagte in seiner ruhi gen se: »Milado — Libretto.« — .Wie meinen Sie? stagte der Clert.— «Milado — Libretto.« —- »Wir niz parla italiano,« sagte der Cleri. ! I I I s Jn Indiana olis wurde ein Aut stionator zum iirgerrneister erwählt. IDaI neue Stadtoberhaupt wird has ssentlich seinem alten Berufe soweit treu bleiben, dass er siir Gerechtsame den höchsten Preis herausschliigt.