Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 12, 1909, Zweiter Theil, Image 18

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    Die Ulgr.
sen E r n e st L a u t. Autorisirte
Uebersetzung von A lsr e d Br ie.
»Ist es wahr daß die »Ursula" mit
Mann und Maus unteraeaanaen iiti«
Nikolaus Fuaaer hob die jagen
von dein mit Zahlen bedeckten Buche
und blickte finster aus den ungern-ritte
ten Besuch Es war ein junges silb
sehes Mädchen. aanz einaehiillt in den
weiten Kapuzenmsantel der flandri
schen Frauen. Wirte blonde Locken
stählen lich aus der Hülle hervor, und
die Augen, die änqstlich den mächti
gen handelslserrn anblictten, strahlten
im tiefsten Blau
»Wenn ich Jedem hier Rede und
Antwort stehen müßte»
Aus Mitleid, Herr»
Jhre Stimme klang so flehend, daß
der Brit-Her Rheder weniger schroff
sortsuhr: »Wer hat es Dir gesath«
»Man erzählt es sich in der Stadt
..... ich wollte Gewißheit haben , ..
Ihr seid der Besitzer des Schiffes.
ist es wahrZD ,saqt es mir, Herri«
»Hast Du einen Verwandten an
Lords-«
Gilliodts Hapleni st wie-in Bräuti
aamf
«Armes Kind....«
Der Hindelsherr konnte gerade noch
hinzusprinaen, um das zurücktamnelw
de Mädchen in feinen Armen aufzu
fang-en Er verwünschte die plötzliche
Anwandluna von Mitleid die iom die
brutale Wahrheit entrissen katte, nnd
versuchte, so viel wie möglich noch au:
zu machen: Natürlich werde die »Ur
sula« schen seit mehr als vierzehn Ta
pen zurückerwartet, aber das sage
noch lange nicht. baß sie verloren mä
ret Vielleicht habe ein Sturm das
Schiff verschlagen und was be
deute überhaupt eine Verspätung von
vierzehn Tagen bei einer Reise von
vier Monaten! Wie konnte ins-an nur
solche tbörichten Geruchte autortnztenx
So lange er noch hoffte, hatte kein
Anderer das Recht zu orrzweifeln...
Das junae Mädchen hatte seine
Fassung wiedergewonnen Sehn-einend
hörte sie zu und schien mit ihren Bli
cken seine innersten Gedanken lesen zu
wollen. Aber Nikolaus Fuaaer oerlors
nicht gern seine Zeit. Er lehrte an
sein Schreibpult zurück, nahm aus ei
ner Lade eine Handvoll Goldstücke und
reicht-e sie dem jungen Mädchen.
»Da. mein Kind ..... und Muth
Doch das Mädchen wies das Ge
schenk zurück.
»Ich danke, Herr, ich brauche kein
Geld. aber wenn Sie mir Nachricht ge
lcen wollen, ich heiße Barbara Winkel
und wohne Färberäasse lZieht am Kai.«
Langsam schritt Barbnra die Stra
ßen entlang bis zu den Kaniilen, die
die Wälle umspülen. Ein schöner
Herbsttag aina zur Neige, leichter Ne
kel stieg aus den Fluthen empor und
schwebte wie ein Hauch iiber die Dä
cher der Stadt. Geichästia eilten auf
den Kais Kaufleute und Matrosen
umher, und aus dem Wasser treuzten
Schiffe aus aller Herren Ländern.
Achtlos aina Barbara durch das
Gewühl; ihre Füße strauchelten über
Tonwerk, und große Wanrenballen,
Tonnen und Fässer versperrten ihr
den Weg. trunkene Seeleute riefen
ihr derbe Schermorte zu ..... sie
sah nichts, sie hörte nichts, nur der
mitleidiqe Ausruf des sonst so aestren
gen Nikolaus Fug-get hallte noch im
nser in ihrer Seele wieder. Dicht Im
Ufer blieb sie stehen uno ließ sich auf
eine Bank nieder. Aus die Fluth die
scktrsiaende, unerariindliche hinaus
blutend deckte sie nach...
Hier aus dieser Bank Hatte sie Gil
liodts zum letzten Male aekiißt
Hier hatte sie ihn beschworen, diese
Reise aufzustehen und dort drüben
hatte die »Uriula« ihre Antel aelikxa
tei! Von der Komntandobrücke hatte
ein fröhliches »Aus Wiedersehen!« zu
ihr herüberaetiint, «— ein »Auf Wie-l
dersehen«, das ein Abschied iiir immer;
geworden . . . . i
Trauria dachte das arme Iliädchen’
an disk rseraanaenen Zeiten Barbier-»
Winkel und- lililliodtg bunten Hatten
sich geliebt, so l.1nae sie sich tannteIL
An Beilage Der Stadt, in Der Die
Schätze der Unzen Welt zusammen-»
flossen, waren damzlg nur zrnei Wege
möglich, usm Das Glück zu erhoffen:
Handel oder SchiffialirU Gilliodts
hatte das freie Matroienleben dem
aufreqenden Beruf-e des in die enge
Stufe gebannten Kaufmannes vorge
Zoaem und seit acht Jahren diente er
in der Flotte der Fuaaers, die den
Ruhm von Hollands Arbeit und Fleiß
sin allen Oceanen verbreitete. —- Jn
die Nebel des Nordens, in die Gluthen
des Süden-Z hatte ihn das Bild feiner
Braut begleitet, und ietzt, da endlich
der Zeitpunkt gekommen, daß sie ihre
Wünsche verwirklichen konnten, war
tete R vergeblich auf den Geliebten.
Ttot ihrer trüben Vorahnungen hatte
er die Reise unternommen, am qegen
die Erzeugnisse hvllands Rauchwerk
aus Mvrokto und Tuniö, die Gewür
ze Emptens und Palästinas und die
goldgeltickten Teppiche Syriens ein
zutauichtss »
»Meine lette Reise soll ei sein«,
hatte er ihr gesagt, »ich werde Dir so
viel Perlen und Juwelen mitbringen.
daß Du an unserem» Hochzeitstage
We bitt act vie heilige Jungfrau
m Rotte-Dame« —- -—— —- —
Vieitacht me dereinst-rochen aus
da Ferne töteten vie Klange der Glo
sse. Ue den Bürger, den Arbeiter in
das m M, in dem die Gattin ih
- sk- , sie-d Barbara dachte da
. Use-Oe dassliick dieser Feier
m Mdoo o o .
J
In ihrem einsamen Stäbchen ange
langt, nahm sie das letzte Andenken,
das ihr der Liebste in einem Briefe
gesandt, eine getrocknete, feingezackte
Alge, an einer fernen Küste gepflückt,
— und weinend küßte sie die Blätter.
Und die Alge lag neben ihr, wenn die
Nadel hurtig die schweren Seidenstos
se durcheilte, die die vornehmen Pa
trizierinnen den geschickten Händen
des jungen Mädchens anvertrauten,
und aus denen sie köstliche Gewänder
zu fertigen verstand, —- sie lag vor
ihr in den wenigen Mußestunden, da
die sleißigen Hände ruhten und die
Gedanken nach jenen fernen Gestade
eilten, wo ein einfaches Kreuz ein ein
sames Grab krönte . . .
I So vergingen Tage, Wochen . . .
Die ,,Ursula'« war verloren, und
selbst Nikolaus Fugger hatte die Hoff-.
nung aufgegeben, feine stolze Galleone
wiederzusehen.
Barbara Winkel verschloß ihren
Schmerz in sich und kannte keinen an
deren Trost als den Anblick des letz
ten Lebenszeiches ihres Geliebten.
Aber auch dieser Trost sollte ihr ent
schwinden: die welke Blume drohte zu
zerfallen. Vergebens suchte sie, die
einzelnen Blätter aus weichen Stof
fen festzuhalten, doch sie zerbröckelten
unter ihren Fingern. Da brachte die
» erfinderische Liebe sie auf den Gedan
"len, die zierlichen Formen der Alge
aus den Corsages der Brügger Patri
zierinnen zu neuem Leben zu erwecken.
Und die Mode bemächtigte sich des
neuen Ornamentes!
Jsabella von Portugal, die Gemah
lin des stolzen Herzog-«- Philipp des
Guten, erschien aus den hoffestlichlei.s
ten mit der neuen Stickerei. und die
Damen des Hofes folgten ihrem Bei
spiel.
Bald wußte Barbara nicht mehr,
wie sie alle Arbeit mit einer Nabel
und mit einem Faden bewältigen soll
te, und so erfand sie ein Kissen, auf
dem sie mit mehreren Fäden zugleich
llöppeln konnte. Der Erfolg war
wunderbar« der Ruhm der Brügger
Spisen verbreitete sich schnell, und
aus der ganzen Welt lamen Bestel
lungen in das bescheidene Heini des
jungen Mädchens. So entstand aus
dem Schmerze eines verwundeten
Herzens eine göttliche Kunst, die Her
stellung der Klöppelspitze . . .
Dösislichet sticsiktsseh
Jn den Pariser Stadtarchiven liegt
ein Schreiben des Francois Myront,
Vorstehers der Kausmannschast, an
Heinrich IV» sowie die Antwort des
Königs.
Myront schreibt: »Paris, 17. Ot
tober 1604. Theurer Sire, erlaubst,
daß ich abtrete. Als ich dem Könige
Treue schwor, gelobte ich, die Königs
würde zu unterstüsem Nun aber be
fiehlt mir Ew. Majestät eine siir die
Königswiirde gefährliche Sache. Jch
verweigere es und ich wiederhole es
meinem theuren Herrn und vielge
liebten Souverän: es ist ein unseliger
Gedanke, Stadtviertel für eine ge
wisse Klasse zu bauen. Jn einer
Hauptstadt, wo der Herrscher thront,
dürfen nicht die Kleinen und Gerin
gen aus einer, die Großen und Fet
ten aus der anderen Seite sein. Viel
besser und sicherer ist es, wenn sie ver
mischt sind. Eure armen Stadttheile
würden Zitadellen werden, die Eure
reichen Viertel blocliren würden. Da
nun der Louore im schönen Theile
liegt, so könnte es sich ereignen, daß
Kugeln gegen Eure Krone prallten.
Jch aber, Sire, will nicht Mitschul
diger dieser Maßregel sein. Francois
Myront.«
Die Antwort des Königs lautete
»Gedatter, Jhr seid ausbrausend wie
ein Maikäfer, aber im Grunde ein
braver Unterthan. Gebt Euch zufrie
den, man wird Euren Willen thun,
und der König von Frankreich wird
bei Eurer Klugheit und Biederteit
lange noch zur Schule gehen. Ich er
warte Cuch zum Abendessen und um
arme Euch. Henri.«
»dann-u
Vor dein Eingang eines Berliner
Konfettionsgeschäfteg, dessen Inhaber
kürzlich gewechselt hat, befindet sich
seit langen Jahren auf der Schwelle
der freundliche lateinische Gruß:
»Salve« eingemeiszelt. Der neue Jn
haber des Geschäftes hat, wie eine
Leserin uns schreibt, im Gegensatz zu
seinem Vorgänger angeordnet, dies
Auszeichnungen aller Waaren als feste
Preise zu achten. Kürzlich wollte eine
biedere Berlinerin in dem Geschäft
J ein Jackett kaufen und gab sich alle er
’denkliche Mühe, etwas von dem ge
forderten Preis herunterzuhandeln
Die Vertäuferin machte sie aber da
raus aufmerksam, daß sie sich in einem
streng reellen Geschäft befinde, in
dem Handeln ausgeschlossen sei. Un
gliiubig lächelnd meinte aber die
Dame: »Na, hören Se mal, Fräulein,
da müßten wir doch Salven nicht len
nen! Schon zehn Jahre taus’ ich jetzt
bei Salven, und noch immer haben
wir gehandelt . . .«
san-irr
Oft reui ei mich, daß ich in meiner
Jugend
Den Wen nicht ging. den mein Ver
« stand mir wies,
Doch heiße Ihrs-neu nzöcht ich beut
noch weinen,
Um nasche Scheel-ji« die ich unterließ·
Berliner Humor vor Gerichts
»Flotte Bursche-«
Auf der Antlagebanl erscheinen
drei jugendliche Einbrecher, die wäh
rend der Abwesenheit eines aus sei
ner Ferienerholungskeise degrissensn
Lehrers in dessen verschlossene Woh
nung eindrangen, wo sie eine Wand
uhr, ein Dutzend silberne Löffel und
einige Gegenstände von geringerem
Werthe erbeuteten. Durch ihre Unbe
ssonnenheit wurden jedoch mehrere
I Hausbewohner auf das Kleeblait auf
merksam, und die rasch herbeigeholte
Polizei bemächtigte sich der stechen
Eindringlinge, bevor sie noch ihren
Raub in Sicherheit gebracht hatten.
Von den Angellagten hat Emil V.,
der gewissermaßen den »Minder
hauptmann« spielte, bereits eine Vor
strafe wegen einfachen Diebstahls auf
dein Kerbholz, während seine beiden
Komplizen noch unbestrast und nach
ihrer Angabe durch V. verführt wor
den sind.
Vors. lzu dem Angellagten V.):
Sie heißen mit Vornamen Ernil, sind
19 Jahre alt und wegen Diebstahl-«
mit 3 Tagen Gefängniß borbestraft.
Jst das richtig?
Anget.: So ziemlich· Nur, dat icl"
mir bei der Portemonnaie: Fledderei
im Thierjarten erwischen ließ, war
nich richtig von mir. Ja brauchte da
nur jemand, der Schmiere stand,
während ick mir an den einjeschlafe-·
nen Herrn heranmachte. Doch wag
hilft die Reue, wenn sie zu spät
lomthZ
Vors.: Sie scheinen ja ein nettes
Früchtchen zu sein. Jst es richtig, daß
Sie die AngellJaten P. und K. zu der
Theilnahme an dem Einbruchsdieb
stahl angestiftet haben?
Angell.: Jch hatte an diesem Tage
Jeburtsdag, Herr Präsident, und
hatte mir die beiden als Jäste einje
laden. Leider hatte ick aber leene
Wohnung, und zu einer Jeburtsdags
feier bei Mutter Jrün war dat Wetter
zu miserabel; et regnete jrade an dem
Dage in eenemfort. Um ins Wirths
haus zu jehen, fehlte es uns an Plat
ten. Da lam mir een juter Jedante,
um den ict mir beinah selbst beneiden
könnte. Mir fiel eener von meinen
früheren Lehrern ein. Der wohnte
janz in der Nähe, und icl hatte kürz
lich jesehen, wie er in eener Jepäcli
droschte mit Frau und Kindern
nach’m Bahnhof rasselte. Er hatte uns
Jungens, als wir die Schule verlie
ßen, recht herzlich die Hand jeschiittelt
und dabei jesagt: »Bleibt alle hiibsch
jesund. Und wenn Jhr mal jemand
braucht, der Euch mit Rath und That
beisteht, dann wißt Jhr ja, wo ick
wohne· —- Er war nämlich sehr
fromm und überhaupt een sehr lieber,
guter Mann —,
Vorf.: So. so. Und das brachte Sie
aus den Gedanken, dort einzubrechen
und zu stehlen.
Angeli Nich in de Tiete. Wir
wollten ja dort nur meinen Jeburts
dag feiern. Uff een paar silberne Löf
fel und eene Wanduhr tonnte et ja
nich ankommen, da der Mann ja
sicher jejen Diebstahl versichert war.
Als wir bei ihm Unterricht genossen,
hat er oft versichert, dat er unser Be
fteg wollte. Nu wollten wir ooch sein
Bestes, nämlich die Wanduhr und die
silbernen Löffel.
Vors.: Sie sind witzig, dürften aber
bald gewahr werden, daß das Gericht
nicht mit sich spaßen läßt. — Sie
sollen auch noch die Frechheit gehabt
haben, in der fremden Wohnung ei
nen wahren Heidenlärm zu machen,
sodaß das ganze Haus in Aufruhr
aerietb und Ihre Feftnahme ersolate.
Anaetl.: Wo man Jeburtsdaa fei
ert, jebt et ji nirgends ohne Kla
vierspiel und Jesana ab. Eener spielte
den Walzer ,,Flotte Bursche« und
dazu wurde ietanzt, wobei’n paar
Stuhle umieworfen wurden und een
jroßer Spiegel in’n Klunw sing
Dann wurde een Hoch uff mir aus
iebracht: »Tai Jeburtsdaaslind hoch
und dreimal hoch, hurra, burra, hur
ra!« Die Uhr und die Löffel erhielt
ick dann als Jeburtsdaasjeschenl.s —
Bei der Urtheilvertiinduna zeigt
es sich, daß V. auch vorn Gericht reich
lich bedacht worden ist. Er scheint
über die Strafe wenig erbaut zu
seiin .und ruf erblassend: »Das ist zu
ri e.« «
Koiseeiu Hunderte-i Ende·
Jn Budzpest ist dieser Tage ein
Buch der Gräsin Jrina Sinn-am der
Hosoame der ermordeten Kaiserin von
Oefierreich, erschienen. Die Gräsin
war die einzige Begleiterin der Kaise
»ein, als der Jtalienet Luccheni in
Gens das Attentat aus diese verübte.
Die Gräsin schildert das Attentai in
folgender Weise:
»Es war ein herrlicher herbsltag.
die Kaiserin war in beiteester Laune
Sie hatte ein Grasmmaphon sür ihre;
Enkel aelaust und lächelnd ihren Na-;
men in das All-um geschrieben, das
ihr der Geschäsisinhaher überreichte.
Als wir ain Nachmittag spazieren
gingen, bemerkten wir plößlich einen
Menschen, der ans uns zukam, aber
sich in merkwürdigen Zickzackschriteen
zwischen dem Uset des Sees und der
Baumreihe, die sich am User befindet,
hin- und herbewegte Der Wenig
wird uns sicher aufhalten, dachtei
ärgerlich, denn wir hatten Eile und
wollten noch rechtzeitig zum Dampf
WA - —
)
schiis kommen. Ich behielt den Mann
unausgesetzt im Auge. Plötzlich än
derte er feine Richtung und lam direkt
aus uns zu. Jnstinttiv trat ich ein-en
Schritt vor und deckte mit meinem
Körper die Kaiserin vollständig .Lur
cheni zauderte erst einen Augenblick,
stürzte sich dann aber aus die Kaiserin
und brachte ihr den Tolchstoß bei
Tie Kaiserin sant ohne einen
Schrei und einen Seufzer um. End
lich öffnete sie die Augen« aber man
erkannte, daß sie bewußtlos mar. Ich
kniete neben ihr. Langsarn kam die
Kaiserin wieder zu sich
»Wie siihlen sich Euere Masestät?
Es ist doch tein Unglück passirt?«
fragte ich stammelnd.
»Nein!« erwiderte sie lachend. We
der ich, noch sie hatten in diesem
Augenblick eine Abwqu davon, daß
der Anareifer einen DOIch in der
Hand gehabt hatte. Schließlich erhob
sich die Kaiserin ordnete ihre Frisur,
nak m Fächer und Schirm aus« und
wir ainaen weiter
»Was wollte der Mann eigentlich
von mit i« sraate mich ainz ruhia die
Kaiserin.
»Ich weiß nicht. Aber er ist sicher
ein Verbrecher!«
»Vielleicht wollte er mir meine Uhr
entreißen!«
Nach einer Weile fragte die Kaiie
rin: »Ein ich bleich-« und oaio pai
raus: »Ich alaube, ich bin berzleidend
aber ich weiß es nicht genaus«
Als wir aus der Brücke zum Dams
user ankamen, bat mich die Kaiserin
um meinen Arm. Jch versuchte sie zu
stiitzem aber ich konnte sie nicht bal
ten. Sie wurde wieder odnmächtig
und alitt abermals Zu Boden. Dann
össnete die Kaiserin langsam die
Jluaen und blieb eine tleine Weile
still, als wolle sie sich besinnen, wo sie
sich besände, und was passirt sei.
Jbre Augen waren roie mit einem
Schleier bedeckt, und ihr Blick ging
unsicher und irr. Die anderen Pas:
saaiere des Dampfers umstanden in
respektvoller Entfernung die Leidende.
»Was ist mit mir gescheian« innr
nielte sie. Das waren ihre letzten
Worte, damit fiel sie bewusztlos hin.
Die Kaiserin trug eine leichte
Bluse aus schwarzer Seide. Ich
wollte sie etwas öffnen, damit die
Kaiserin leichter attjmen könne« Als
ich die Bänder gelöst hatte, bemerkte
ich aus dem Batisthemd in der Nähe
des Herzens einen schwarzen Fleck
von der Groß-. eines Zweimarkstiickes
Jetzt wußte ich die schreckliche Wahr
beit. Ich schob das Hemd iur Seite
und sah in der Gegend des bergens
eine kleine, dreieckige Wunde, bedeckt
mit einigen Tropfen aeronnenen Blu
tes. Der Mensch hatte die Kaiserin
von Oesterreich erstochen!«
Our tun-euer sieht-fu«
Der «Nimrod«, das zähe Schiff,
das Leutnant Shackletbn in die Eis
meere des Südpols führte, hat aus
seiner Nückreise auf einer einsamen
Jnsel sernab vom Schisssverleht ei:
nen modernen Robinson entdeckt. Jm
Mai passirte der «Nimrod« die 690
englische Meilen südwestlich von Neu—
seeland liegende kleine Maequarir.s
Insel. Mit begreiflicher Verwunde
rung entdeckte Kapitän Daois dabei
aus dem Eiland zwei hätten, wäh
rend am Strande das Wrack eines
Schiffes in der Sonne bleichte. »Plötz·
lich sahen wir mit Erstaunen,« so be
richtet der Kapitäw »wir aus der
kleineren Hütte Rauch ausstieg. Da
die Jnsel als unbewoh t betannt
war, wurden wir ausmerk am. Dann
erkannten wir mit unseren Gläsern
einen Mann in der Thiir der Hütte.
Wir warfen Anker, und ein Boot
fuhr ans Land. Der Mann tam uns
zum Strande entgegen, von zwei tlei:
nen Hunden begleitet. Es war eine
schwere Brandung, aber unser Rohm
son zeigte uns eine günstige Lan
dungsstelle und half uns das Boot an
den Strand bringen. Der Name des
Einsiedler-s ist William MacKibbem
er war Mitglied einer Jagdgesell
schast, die in der vergangenen Saison
Seehunde und Pinguine gejagt hatte.
Als die Saison vorüber war und die
Oelsiisser des Schiffes gestillt waren,
entschlosz sich Mac Kibben, allein aus
der Jnsel zurückzubleibem um ein
Jahr lang Oel siir die nächste Saison
zu sammeln. Jn seiner Einsamkeit
siihlte er sich sehr wohl. Während der
Rücksahrt tonnte der »Nimrod« fest
stellen, daß die Rohal-Soeiety-Jnsel,
die Nimrod-Insel und die Dougherth
Insel, nicht existiren. Bei der Aus
nahme der letzteren Jnsel in die Kar
ten hat man anscheinend einen Eis
berg als sestes Land betrachtet; der
Eiiberg ist inzwischen geschmolzen
und verschwunden.
hundert und tausend·
Es ist eine eigenthiimliche Erschei
nung, daß die Zahl »tausend« viel»
populärer in deutschen Gauen ist alsk
die Zahl »hundert«. Ob es daran
liegt, daß das Wort »hundert« in sei-’
ner heutigen, harten Form erst spät
aus dem Altsiichsischen herübergenom-.
Inen ward und erst in mittelhochdeut
fcher Zeit das ältere »hunt« ver
drängte, ob der größere Wohltlang
von »taufend" oder nur die Sucht, zu
übertreiben und recht kräftig zu un
terstreichen, daran Schuld trägt —
Thatsache ist« daß das Voll, um grö
sere Mengen zu bezeichnen, sowie
auch bei übertragenen Zahlbegtissen
und Zulammenletzungen den Gebrauch
der Zahl «100« nicht liebt und lieber
J
- W
gleich zur »1000« greift. Der »Ton
sendkiinftler«, der «Taufendsasa«, das
«Tausendschönchen sind der beste Be
weis dafür. Man sendet sich »mu
fend Grüße«. »Ich grüße dich viel
tausendmalt« heißt es im bekannten
Liede. ,
Ja selbft in derWiffenschaft herrscht
eine gewisse Vorliebe für die Zahl
10()(), die dazu geführt hat, für »mus
fenhaft« oder »sehr zahlreich« lieber
gleich »tausendfach" zu gebrauchen;
fo werden z. B. die Gliederfüßer we
gen ihrer zahlreichen Beine einfach
«Tausendfüfzer« genannt. Eine
Pflanzenbenennung welche klar die
Zurückfehung von 100 gegenüber
1000 zeigt, ist das »Tausendgülden
traut« stJerba centaurea). Es sollte
eigentlich Zentaurenkraut heißen, da
es seinen Namen zu Ehren des träu
terlundigen Zentauren Chiron trägt.
Die spätere Zeit, welche von den heil-.
kündigen Zentauren nichts mehr
wußte, zerlegte das ihr unverständ-l
liche Wort fälschlich in centum II
hundert und aurum :: Gold, beeilte
sich aber gleichzeitig, das Hundert
güldenkraut in ein Tausendgiilden
traut umzuwandeln.
Erst in neuerer Zeit hat man auch
der Zahl ,,hundert« zu ihrem Rechte
zu verhelfen versucht, aber das Volks
beharrt nach wie vor bei seiner alten«
Vorliebe, es ist ihm nun einmal »tau
fendmal' lieber. »
—-.—.-.--s- s
Die Lokomottvenpfeese. s
Jm Anfang des Bestehens der EiU
senbahn führten die Lolomotiven noch
teine Pfeife und erst im Jahre 1853
veranlaßte eine Verordnung des Ge
richtshoer zu Leicester den Englander’
Stephenson, die Lotomotiven der von
ihm erbauten Strecken mit Pfeifen zu
versehen. Die Maschine »Samson"
hatte bei einem Wegiibergang den
Wagen eines Landmanneg überfahren
und dessen Jnhalt an Butter und
Eiern vollständig vernichtet. Um
tünftighin solche Unglüasfälle zu ver
meiden, brachte Stephenson an der»
»Samfon« ein Waldhorn an, dasj
beim Einströrnen von Dampf einen:
lauten Ton von sich gab. Die Ein
richtung erwies sich als praktisch, unds
in kurzer Zeit waren alle Lotomotiven !
Englands mit diesen »Dampswalb-J
hörnern« versehen. Die heute ge
bräuchliche, orgelpfeifeniihnliche Loto-»
motivpfeise wurde gleichfalls zuerst inf
England angewendet, und zwar vonl
dem Leiter eines großen englischen
Eisenwerles, Sir John Guest. Um
die Arbeiter, die auf der Bahnstreae
zerstreut arbeiteten, zusammenzuw
fen, tam Sir John auf den Einfall,
aus London eine ausgediente Orgel
pfeife kommen zu lassen, mit der er
Versuche anstellte, sie durch Einlassen
von Dampf zur Hervorbringung me
lodischer Töne zu veranlassen. Der
Versuch gelang vorzüglich.
Dilemma.
»Was, Sie putzen Jhre Stiefel
selbst. haben Sie tein Dienstmäd
chen?«
»O sa, sogar zwei, aber die eine ist
zu fein für diese grobe Arbeit und die
Andere wird grob, wenn ich ihr so
etwas zumuthe.«
Ach so!
A. (einen Freund nach fünfzehn
Jahren wiedertreffend, im Laufe des
Gespräch5): »Sage ’tnal, was ist ei
gentlich aus Fritz Ectart geworden?«;
B.: »Ach, der ist schon vor vierzehn;
Jahren gestorben, und ich habe nie
aufgehört, seinen Tod auf das Leb
hasteste zu bellagen.«
A.: »Wieso? Hattest Du ihn so
lieb?«
B.: »Das nicht; aber ich habe seine
Wittwe geheirathet.«
Das gebildete Stannard-sen
,,Aber, Anna! Jeht haben Sie die
Schillerbüste in tausend Scherben sal
len lassen!"
Wegen Sie sich deshalb nicht auf,
gnädige Frau! —- Wenn uns nur
seine unsterblichen Werte erhalten
bleiben!«
sitte tun Ansicht-L
Junge Frau: »Also von morgen ab
werde ich versuchen, allein zu tochen.«
Mann: »So warte doch wenigstens-,
bis die Hausapothete eingetroffen ist;
sie muß jeden Tag tommen.«
Immer derselbe.
Student izu einem Herrn, der auf
einem Ozeandampfey während eines
fürchterlichen Sturmes, in Todesangst
auf den Knieen liegt): »Mein Herr,
das Schiff geht unter! Da sind Sie
wohl so gut und pumpen mir hundert
Mart. Sie können sie ja doch nicht
mehr brauchen."
Die Wichtige.
Junggeselle (zu seinem verheirathe
ien Freunde): » . . . Sag’ mal, wie
merkt man denn eigentlich, daß man
die Richtige hat2«
» Freund: »Wenn Du sie nicht mehr
? los wirst!«
seicht-seyn
Bäuerin: »Da schau« het, Sepp,
alle die Eier sind diesen Morgen schon
gelegt worden —- und Du Faulpelz
liegst noch im Bett!" —
Poesie und Prosp.
- I
Frau: »Welch entzückende Luft, lie
bes Männchen!«
«hm, hm, das scheint Schweinebra
ten zu sein.«
Umfchrieiem
Klavierlehrert »Ich tönnte Jhren
Kindern den Klavierunterricht auch in
Jhrer Wohnung ertheilen.«
»Ja — würde es Jhnen aus die
Dauer nicht lästig werden, Jbr Jn
strunient jedesmal mitzubringen?"
Korrektur-.
Junge Hausfrau lihrem plötzlich zu
Besuch getommenen Onkel die Wirth
schastsräume zeigend): »Und hier
kommen wir zur Speiselammer!«
lSie öffnet die Thüre und prallt zu
rück, da ein Soldat drin steht, den die
Köchin schnell versteckt hat.)
Ontel: »Das scheint mir schon
mehr Schaylammer zu sein!« -
Gewissens-sur Ehre-rann.
»Aber so bleiben Sie doch noch,
herr Knixsbergeri Pressirt’s denn
gar so heut’?'«
»Freilich, meine Alte bat heute ihre
Seidenbluse an. die hinten mit 35
Halen geschlossen wird und die lrieg’
ich blos auf, wenn ich total nüchtern
bin!«
Erklärt-up
Hausfrau: »Du Alter, sag’ ’rnal,
was ist denn eigentlich die Inspira
tion, von der mit unser Zimmerherr,
der Dichter, immer erzählt?«
hausherr: »Weißt, Alte, das is
ungefähr dasselbe, was siir uns der
Durst is!"
Nath.
Jadtlinw »Mama, sieh’ mal das
Kalb an, das geht auch mit seinem
Papa und mit seiner Mama spazie
ren!«
Gelt-eisen,
Arzt szum Diener, durch den er
schon mehrfach einen ehemaligen Pa
tienten mahnen ließ): » . . Und so
oft Du mit der Rechnung tommst, da
macht er nichts anderes, als daß er
mit der Achsel zuckt?«
Diene r: ,,« a . . er sagt, Sie hätten
während der ganzen Behandlung
auch nichts- and’res gethan!«
Durchschnitt
» Student szum Freund): »Dein
iOnkel hat also wirklich auf Deinen
Brief hin fünfzig Mart für Bücher
igeschickU Da glaubt er also anschei
nend an den Schwindel?"
» »Na, darüber bin ich mir noch nicht
ganz im Rlaren, denn er schreibt aus
die Postanweisung nur »Prosit«!«
; Karzer Dienst.
s Hausfrau szurn neu eingetretenen
Dienstmädchen): . Also bei Doktor
lNiedermosers waren Sie zuletzt in
Dienst?. .Eine ganz nette Dame, die
Frau Doktors . . Wie ist denn der
here Dottor2«
Dienstmädchen: »Ich tenne ihn
nicht. Als ich hinkam, war er schon
ausgegangen, und als er zurückkam,
war ich schon sort!«
seneidensiserth.
»Der kleine Reichmann hat jetzt eine
StellungI
I ,,,So wo steht et denn?«
JUntet — Kuratei. «